Beiträge zur
Geschichte der
deutschen
Sprache und
Literatur
Wilhelm Braune,
Hermann Paul,
Eduard Sievers
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Ein blatt ;ius Notkers Psalter. Von E. Steinmeyer
Airs, tflosütui zur Vita Cuthberti. Voll «1 em sc Iben
Märchen im hürischeii eno«.. Von <i. Ehrismann .
Beiträge /ur wertgen&aiiischeii gremmatik. Von H. Weyhe . .
( A. Zur Vertretung von urtrrrm. -:/*• im westgenimniseheu.
x. .V>. — B. Zur lifhamllunir von we*tirenn. -J)l- MCfc kürze
im altenirlischen, s. f>7. — < Anglisch -weard (-tnt nh neben
•tcurä {•Word); hiirff neben /<//</-. s. 7<;. D. Zur gynkope
uach kurzer tonsUbe im alteiigliaelien. s. M4j.
Zur Stilistik der ftltenehsi.«.chen (ieuesis. Von F. Pauls - . .
Ein bnlirarisrher Oeilipus. V«»n 0. Behaghel
Nhd. itrkihi und die anderen nehenfnrmen von ttrtiUcrif Von
W. Horn
( ireiizscbreiber. Vwn O. Behaghel ...
Tolpatsch. Von A. K 1 uy ver >
Zu BeHr.29t3l7. Von E. H. Rod&kiewicx . . .
Zur nachrichf !
Es wird gebeten, alle auf die redaction der * Kt
liehen Zuschriften und Sendungen au Professor I
in Leipzig-Gohli.s (Pdlitestrasse 26) zu richte
<3
BEITRÄGE
ZUK
GESCHICHTE DER DEUTSCHEN SPRACHE
UND LITERATUR
UNTER MITWIRKUNG VON
HERMANN PAUL UND WILHELM BRAUNE
HERAUSGEGEBEN
VON
EDUARD BIETERS.
XXX. BAND.
HALLE a. S.
MAX NIEMEYER
17/78 GR. 8TEIN8TRA88K
1905
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INHALT
Sehe
Ein blatt aus Notkers Psalter. Von E. Steinmeyer .... 1
Ags. glossen zur Vita Cuthberti. Von demselben 6
Märchen im höfischen epos. Von G. Ehrismann 14
Beiträge zur westgermanischen grammatik. Von H.Weyhe . . 55
(A. Zur Vertretung von urgcrm. -zn- im westgermanischen,
s. 55. — B. Zur behandlung von westgerm. -JA- nach kürze
im alteuglischeu, s. 67. — C. Anglisch -wtard (-ward) neben
•tcard (tcord): hildi- neben hild-, s. 7G. — I). Zur synkope
nach kurzer tonsilbe im altenglischen, s. 84).
Zur Stilistik der altaächsischen Genesis. Von F.Pauls . . . 142
Ein bulgarischer Oedipus. Von 0. Behaghel 21)7
Nhd. arkeki und die anderen nebenformen von artdlerie. Von
W.Horn 208
o
Grenzschreiber. Von 0. Behaghel 211
^ Tolpatsch. Von A. Kluyver 211
Zu Beitr. 29, 317. Von E. H. Rodakie wicz 212
Grammatisches. Von W. van Helten 213
(LXIV. Zur entwickelung germanischer langer cousonanz aus
kurzem cousonanten -f- n-, 8.213. — LXV. Zur Vorgeschichte
von germ. stimmloser spirans -f- tenuis und von s(s) aus U,
s. 232. — LXVI. Zu ahd. (und altmittelfrk.) as. altostnfrk.
•o aus -ffa und verwantes, s. 235. — LXV1I. Zur entwicke-
lung von altgenn. jj und icu; s. 24(). — LXVIII. Zu germ.
-nj- (woraus -»inj-) aus -»i -f- t (oder daraus entstandenem
dental) -f- j-, s. 248).
Bemerkungen zum gotischen Wortschatz. Von C. C, Uhlenbeck 252
Germanisch *hüniz 'schwarz'. Von K. Helm 328
Ans der geschichte des adverbs. Von J. Franck 334
'Weg mit dem Schriftbild'. Von E. Sievers 344
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INHALT.
Seit«
Die adjectiva im Beowalfepos als darstellungsmittel. Von M.
Scheinert 345
Zur technik der mittelhochdeutschen dichtung. Von 0. Behaghel 431
Zwei conjectnren zu Walther. Von E. Hoffmann-Krayer . . 564
Althochdeutsches. Von J.Schatz 565
(1. Irmindeot, s. 565. — 2. Adalporo, s. 566. — 3. Hard, s. 567.
— 4. Garteiti, s. 508).
Zu Beiträge 30, 334. Von H. Paul 569
Zu Salman und Morolf. Von L. Schmidt 571
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EIN BLATT AUS NOTKERS PSALTER.
Als Anton Chroust in den letztverwichenen osterferien den
handschriftenbestand der Aschaffenburger Stiftsbibliothek für
die zwecke seiner Monumenta palaeographica durchmusterte,
nahm er auf dem innern rückendeckel des codex 53 ein per-
gamentblatt wahr, das einer altern deutschen psalmenversion
angehört hatte. Aus seiner mir freundlichst mitgeteilten ab-
schrift ersah ich alsbald, dass ein bruchstück des 28. psalms
in Notkers Verdeutschung vorlag. Daraufhin betraute mich
Chroust mit der publicatiou seines fundes, während der vorstand
der Stiftsadministration in Aschaffenburg, herr regierungsrat
Scholz, nicht nur meinem ansuchen um Übersendung der hs.
unverzüglich entsprach, sondern auch bereitwilligst gestattete,
dass das blatt von dem rückendeckel losgelöst werden durfte.
Beiden hier zu danken ist mir angenehme pflicht.
Das folioms. 53 (29 cm hoch, 21 breit) besteht aus 34, am
ende regelmässig mit einem custos signierten lagen. 3 der-
selben (die 24. 29. und 32.) befassen je 10, die restierenden 31
je 12 blätter; doch fehlen der letzten (34.) die leeren 6 schluss-
blätter. Voran geht ein einzelblatt, das nur auf seiner Vorder-
seite mehrere schwer lesbare notizen verschiedener bände (z. b.
den durchstrichenen besitzervermerk Liber mei Johänis Wimpfen,
den eintrag Dominus Johannes Schincke Cantor legavit und die
bibliotheksbezeichnung Lampartica historia \ Ad librariam . . .
ffnburgensem ... 1506 ...) aufweist. Diese 397 ungezählten papier-
"blätter, denen als Wasserzeichen teils ein ochsenkopf oder ein
ochse, teils eine Vignette, gelegentlich auch eine traube dient,
sind in zwei spalten zu je 22 cm höhe, 7 cm breite, welche von
zwei wagerechten und vier senkrechten, stets bis zu den seiten-
enden reichenden tintenstrichen begrenzt werden, ohne vor-
gezogene linien mit allmählich steigender Zeilenzahl (35 — 19)
Beiträge nir geschichte der deutschen spräche. XXX. 1
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2 STEIN MET ER
durch verschiedene hände beschrieben. Den inhalt bildet die
Legenda aurea mit dem hl. Kilian an vorletzter stelle (vor
der dedicatio ecclesiae): bl. 2a Intytulatur Legenda aurea rel
passionale nouum de sanctis Magistri Jacobi de Yoragine. Die
namen der jeweils behandelten heiligen stehen rot am köpf der
meisten Seiten. Vollendet wurde der codex am 26. September
1429: bl. 396b2 (R397 ist leer) Sub anno M'CCCC'XXIX feria
secunda ante festum Sancti Michahelis.
Zum einband verwendet sind zwei holzdeckeL deren aussen-
seiten graues papier umhüllt. Der vorderen innenseite der
breite nach eingeklebt ist eine rechts nnd unten stark be-
schnittene pergamenturkunde vom 11. märz {feria Quinta pro-
xima post dominicam Oculi) 1423, in welcher der decan Hein-
ricus Brunonis und die capitelsmitglieder des damals zur diöcese
Mainz ressortierenden Taubergaus ihre testamentsexecutoren
bestellen: dass derartige massnahmen in den competenzbereich
der landcapitel fielen, zeigt Hinschius, Kirchenrecht 2 (1878), 276.
Dem schütz der rückwärtigen innenseite diente das 28 cm hohe,
20 bez. unter einrechnung eines vor die 34. läge sich vor-
schiebenden falzstreifens 22 — 22, 5 cm breite Notkerblatt. Es
enthält auf einer beschriebenen fläche von 20, 5 cm höhe, 14 cm
breite vorn und rückwärts je 29 Zeilen, welche nicht vorgeritzt
gewesen zu sein scheinen. Die schöne, gleichmässig deutliche
schrift entstammt spätestens der mitte des 12. jh.'s. In dem
folgenden zeilengetreuen abdruck, der nur darin von dem
original abweicht, dass die langen s mit kurzen vertauscht
wurden, sind die rot geschriebenen buchstaben und worte
durch fette typen gekennzeichnet. Das A der z. 5 nimmt den
räum von 5 Zeilen ein, reicht also von z. 4—8, das A der z. 15
steht vor der zeile. Rote Verzierung ferner zeigen alle grossen
anfangsbuchstaben ausser dem 0 von Übe z. 23 und dem V
von Vnde z.51 (daher auch FFERTE z. 5), sodann das b von
breitint z. 14, das o von Vox z. 16. 27, das s von Bs z. 19, das
ox von Vox z. 25. 47. 55, das / von Et z. 32. 35. 40. 50. 58, das
/* von halb z. 47; in gleicher weise sind angemalt die buch-
staben ho von Also z. 52 und vazz r von uvai*ir ebenda.
Accente begegnen zur Unterscheidung von i und u nur in
Uute z. 18, diu z. 39, iudin z. 43, fiür z. 45, sonst bloss bei die
z. 27, si z. 29. Ich bemerke noch, dass der rubricator z. 27
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EIN BLATT AU8 NOTKERS PSALTER.
3
das erste a von gelossint durch untergesetzten punkt getilgt
zu haben scheint, indem er das wort misverständlich zum
verbum gelosen zog, dass z. 34 nach gestigin ein e radiert ist
und dass neben z. 5. 6 am beschnittenen rande von einer hand
des 13. jh.'s eingetragen steht: Alse ez zevil geregei [1. geregent] \
so sprich disen salm de [1. daz] \ ez got bechere (mit drei punkten
und einem komma dahinter). Analoge gebrauchsanweisungen
für diesen psalm finden sich Germ. 27, 341. 346. 348.
Notkers psalm 28 liegt bisher nur in dem Sangaller text
= SG (denn der abdruck seiner zwillingshs. bei Schilter bietet
kaum irgendwelche Varianten) und dem Wiener = WN vor.
Von beiden weicht unser blatt = A an folgenden stellen ab:
nach z. 3 fehlt Uox prophete ad fideles in ecclesia mit den
glossen stimmet, ze gloübigen SG = Diz ist diu stimma des
uuissagen ze den gloubegen in dero ecclesia WN; z. 10 fone
diu — pe diu SG, pe diu WN; z. 22 rouuin — penitentiam
[riüuua] tuen SG, die riuuua tuon WN; z. 34 f. in dir uuerlte
— in uuerlte SG, in uuerlte WN; z. 37 sinis fatir — patri SG,
demo uater WN; z. 41 quemadmodum — sicut SG, WN; z. 58
die da uueide — die dia uueida SG, die die uueidi WN. Auch
sonst mangelt es A nicht an versehen: dahin gehören z. 6
brigint st. bringint, z. 24 f. pdunde st. pdiunde, z. 39 uuahsint
st. sint, z. 56 der zusatz von pedes, ferner die graphisch leicht
begreiflichen fehler z. 44 f. seeidin st. seeidintin, z. 55 steinin
st. stein. Dass im übrigen A, von seiner durchweg jüngern
spräche, namentlich dem « der flexions- und ableitungssilben
und dem charakteristischen i der artikelformen (Dir 55, dis 9,
dime 3, dir 7. 35. 43. 54) abgesehen, näher zu SG als zu WN
sich stellt, liegt auf der hand. Trifft A mit WN in der gleich-
massigen Verdeutschung mehrere ausdrücke zusammen, die SG
lateinisch bietet (uuidere A 10 f., uuideri WN — arictes SG;
pdunde A 24 f., predigento WN — predicando SG; iüdin A 43,
iudeni WN — iudeorum SG), so wird man darauf schon des-
halb kein sonderliches gewicht legen dürfen, weil A manchmal
mit SG den lateinischen ausdruck beibehält, wo WN deutsche
widergabe bevorzugt (apostolorum A8, SG — dero poteno WN;
cedros A 31, SG — hirza WN; libani A 38, lybani SG — des
siduualdes NW). Auch wenn SG lateinischer Wendungen mit
deutschen interlinearglossen sich bedient, während A und WN
1*
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4
STEHs'MEYEB
in einer andern deutseben version übereinkommen (uuidir dime
thuuile A 3. uuidiri demo tiufifo WS — contra diabolum [uuider
ntderrise] SG; Offir A 37. Opfer WX — Yictima [friscinch] SG,
wogegen unmittelbar nachher A, statt das gleiche wort zu
widerholen, ein also setzt; in die uroste dir diele A 54, in die
uuosti dero dittc WX — in desertum gentium [in uuosti tieto]
SG), liegt grund zum zweifei vor. ob auf nähern Zusammen-
hang zwischen WN und A geschlossen werden darf: denn
gegenüber .t. superbos [die uforuuän] SG hat WN daz sint die
uhermuoten, während A 31 1 dm ist die hoffertigin steht Wol
aber spricht für einen solchen nähern Zusammenhang, mit
andern Worten dafür, dass zwischen SG bez. der originalen
Überlieferung und WN mittelglieder existiert haben, auf deren
eines auch A zurückgeht, der gemeinsame fortfall des artikels
A 17 f. ubir uuazzir, WN über uuazzcr — SG über diu uuazzer\
A 43, WN intercedentis — SG und Tulg. intercidentis; A 53,
\VN der Singular scrift — SG scripturas [serifte]; vielleicht
auch A 40 geuuedint, WN geuueidinot — SG geuueidot und
A 9 Si sint leitare dis cortirs, WN leitari des quartires sint
sie — SG Duces gregis sint sie.
[Vorderseite.]
[1] Diz ist daz sanc der P§ DD cösnniniacionis tabnaculi.
folletanin herberge. daz quit eccle. in der hie
ze fehtinne ist uuidir dime thuuile.
[Eine zeile leer.]
5 AFFEKTE domino filii deL afferte dno
filios arietum. Gotis chint brigint [sie] trohtine
bringint ime du chint dir uuidiro daz
quit apJorü. Ir chint bint ir. iuh seibin
bringint imo. Si sint leitare dis cortirs. daz quit
10 si uuisint den lut. fone diu heizzint si uuide
re. [2] Afferte domino glam et honore. bringint imo
uuole uuirchindo guolliche unde ere. afferte
domino glam nomini eius. bringint goulliche
sinimo namin. breitint sinin namin ubir al.
15 Adorate dominum in aula sca eius. Betont in
sinir pfallice. daz sint uvueru herein. [3] Vox do
mini sup aquas. Sin stimme scillit ubir uuaz
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EIN BLATT AUS NOTKERS PSALTER.
5
zir. daz quit ubir die Hute, dien er chundit
sina ea. Ds magestatis intonuit. Got der ma
20 gin crefte ir donrota. Der mahtige xpc gebiu
tit brutliche uzzir demo uuolchine sinis Ii
chamin daz uuir rouuin. Dominus super aqu
as multas. Obe manigin uuazzirn sizzit er. Ma
nige sint sin sez. uuander an in buit. so er si pd
25 unde becherit. [4] Yox domini in uirtute. Sin stim
me ist in crefte. uuande si gemac filo. un getut
mahtige die. die ir gelossint. Vox domini in ma
gnificencia. Sin stimme ist in michil uuerchun
ge. Si becherit si. in michilu uuerc. [5] Vox domini
[Rückseite.]
30 confringentis cedros. Sin stimme, diu ist stimme
des prehchindin die cedros. daz ist die hofferti
gin. Et confringet dominus cedros libani. Vffi
n libano dem berge uuerdint die hohistin ce
dri die brichit er. Die hohist gestigin sint in
35 dir uuerlte. die gedeumutit er. [6] Et comminuet
eos tamqua uitulü libani. Vnde gedeumutit
si nah imo selbemo. Offir uuas er sinis fatir. al
so uuerdint si imo. Vitulus libani uuas er. uu
ander ir uuelit chalb uuas. solih. diu uuahsint
40 diu uffin libano geuuedint uuerdint. Et dilec
t9 queadmodü filius unicornium. Vnde des fat
ir trut uuirdit mennischo. un ir stirbit also ei
nir dir iüdin. Vox domini intercedentis. ide
diuidentis flammä ignis. Sin stimme ist des sce
45 idin daz nur. daz quit die uvoutigin. den filo
heiz zu imo uuas. uvande halb nam er si zu si
ch. halb firuvarf er si. [7] Vox domini concucient
is solitudine. Sin stimme ist des irscutindin da
z einote. daz quit der herein die an got uuarin
50 tuot si sih ir comin. Et commouebit dominus
desertum cades. Vnde er iruuegit die uuoste
cades. Also er in cades tete rinnin uvazzir uz
zir steine, so tout er fon imo chomene scrift ri
nnin in die uvoste dir diete. Er ist selbe der
55 steinin. alsiz quit. Dir stein uuas crist. [8] Vox dorn
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6
STEINMEYER
ini preparantis ceruos. hoc est ueloces pedes ad I
tellectum. Sin stimme ist des. der sih der hirze
geuvarnot. die da uueide niezin suln. Et reue
ERLANGEN, juni 1904. E. STEINMEYER.
AGS. GLOSSEN ZUR VITA CUTHBERTI.
Tm glossar seines Codex legvm antiqvarvm (1613) citierte
Friedrieh Lindenbrog zwei deutsche gll. zu Bedas Vita Cuth-
berti, welche H. Hoffmann (Ahd. gll. s. XXXIX, § 87) für ahd.
ansprach. Beide nahm ich demgemäss in den 2. band der
Ahd. gll. (no. DL) auf. Später warf J. Zupitza, Zs. fda. 33, 238
die frage hin, ob ihnen nicht vielmehr ags. Ursprung zukomme.
Sein apercu bestätigte sich, als ich Ahd. gll. 4, 683 aus ab-
schriften Eckharts, Dietrichs von Stade sowie Lindenbrogs
selbst nahezu drei dutzend ags. Cuthbertgll., unter denen
wenigstens eine der zwei von Lindenbrog angeführten sich
befand, mitteilen konnte. Bei der minderwertigkeit dieser
copien musste jedoch die widerauf findung des Originals recht
erwünscht sein. Vor jähr und tag las ich nun zufällig in
Chr.Bruuns Aarsberetninger og meddelelser fra det störe konge-
lige bibliothek 3 (1890), 56 f. von einem alten Kopenhagner
codex der Vita Cuthberti mit ags. gll. Da derselbe der
Gottorper bibliothek entstammte, deren Vorsteher geraume zeit
Friedrichs bruder Heinrich war und in welche mehrere hss.
Friedrichs übergegangen sind (E. C. AVerlauff, Historiske efter-
retninger om det störe kongelige bibliothek 1844, s.159, anm. n),
so drängte sich mir alsbald die Vermutung auf, dass in ihm
die seit drei jahrhunderten verschollene vorläge des Hamburger
gelehrten zu suchen sei. Nachdem ich mir kürzlich die hs.
hatte kommen lassen, erwies sich meine mutmassung als richtig.
So vollständig allerdings, wie Lindenbrog sie kannte, be-
sitzen wir die gll. nicht mehr. Denn die Kopenhagner hs.
Gl. kgl. samling no. 2034, 4to (20 cm hoch, 14 breit) saec. X be-
steht nur noch aus 18 bll. mit je 25 vorgeritzten Zeilen auf
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AGS. GLOSSEN ZUR VITA CUTHBERTI.
7
der seite. Diese bll. hat eine hand des 15. jh.'s mit den Ziffern
9 — 17. 19—26. 18 versehen. Von ihnen bilden 9—15 einen
ternio, dem das einzelbl. 10 eingeklebt ist, einen ebensolchen
19—26 mit den eingehefteten bll. 21 und 24. 16. 17 und das
von dem hersteiler des jetzigen einbands fälschlich hinter statt
vor den ternio 19—26 placierte bl. 18 sind gleichfalls einzelbll.
Lagensignaturen fehlen. Bl. 9 a beginnt mit cap. XIII v. 10
der Tita Cuthberti: Non leti commune genus. sed demonis atri.*)
Die Vita schliesst auf bl. 22 b mit XL VI, 36 Vita manens castis
lumenque salusque per euum. Dann steht rot: Bede famvli
christi. et presbiteri explicit \ Uber de virhtibus sancti Cvtberti
Lindis \ farnensis aecclesie episcopi. \ Q : : scr \ps\t :•:[::.(.
:t q : : [80 für q : •: *] l.g.t l:t:t: :r. \ Incipit libellvs cvivsdam
sapientis. et vt fertur \ beati. Colvmbani, wonach die zuletzt von
KDümmler. MG. Poetae 1, 275 — 281 herausgegebenen und zwei-
felnd dem Alcuin zugeschriebenen Monosticha bis bl. 26 b Ex-
plicit Uber Colrmbani. I)eo Gratias folgen. Im 15. jh. gieng also
dem bl. 9 noch ein quaternio voran, der gerade räum für den
jetzt fehlenden anfang des gedichtes bot: rechnet man die
capitelüberschriften zu je zwei Zeilen, so machen das poetische
Vorwort und cap. I— XIII, 9 bei Giles genau 375 Zeilen = 7,/2 bl.
aus: la nahm dann der prosaprolog ein. Diese läge war aber
noch vorhanden, als Lindenbrog die hs. benutzte: denn unter den
a. a. o. von mir aus modernen abschriften publicierten gll. kann
eine, Caballum hyrs 683, 31, nur zu VI, 6 gehört, somit nur auf
bl. 5 a gestanden haben. Wann der quaternio verloren gieng,
ob er überhaupt bei der Überführung der Gottorper bibliothek
1749 nach Kopenhagen gelangte, lässt sich nicht sagen. Viel-
leicht war damals der codex noch ungebunden, denn auf bl. 22b
steht neben Q : : . scr \ps \t u.s. w. (s. oben) sehr verblasst von
einer hand des 17. jh.'s am stark beschnittenen rande . . . uocales
per | mcta notati \ unt: jedesfalls rührt der derzeitige halb-
franzband erst aus der zeit Christians VII. (1766—1808) her:
das beweisen die goldpressungen seiner Schmalseite, nämlich
ein ligiertes C 7, über dem die königskrone schwebt, und vier
medaillons mit den drei gekrönten dänischen leoparden.
') Ich citiere nach bd. 1 der ausgäbe von Giles und zähle die verse
seiner capitel. Abbreviaturen wurden aufgelöst.
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STEINMEYER
Der Vita Cuthberti sind von zwei händen gll. beigefügt:
interlinear lateinische von einer hand, welche dunkle tinte
gebrauchte; zumeist interlinear und nur dort (ohne verweis-
zeichen) marginal, wo der räum zwischen den zeilen schon
durch eintrage der ersten hand besetzt war, angelsächsische
neben spärlichen lateinischen von einer jiingern mit hellerer
tinte, die sich der charakteristischen ags. formen des f g, r
und der wen-rune (bezeichnet im folgenden durch tc) bediente.
Die gll. dieser zweiten hand sind nicht original, sondern einem
andern codex entlehnt. Das darf man zwar nicht folgern aus
unvollständigen wort teilen wie 81 onbu st. onbugan, 97 weorni
st. iceorniende, 139 ateli st. atelicum und 79 prymwealden st.
prymicealdende, wol aber aus folgenden umständen: 1) an drei
stellen setzt die glossierung einen richtigeren lat. text voraus
als ihn unsere hs. enthält: 41 hu oft passt zu quotics, nicht
zu dem corrupten quodsies (quod abbreviert), 113 ne scean
zu renitebat (so Migne), nicht zu retincbat, 114 su a ic gemunde
zu memorabar, nicht zu mcmorabor; 2) sie weist eine reihe
von fehlem auf. Als sicher falsch müssen angesehen werden
7 gcscyrte st. gcscyrpte, 25 getibode st, getipodc, 33 fexende
st. fexede bez. fexedne, 35 onicinnedum st. onwinnendum, 83 ascap
st. asccecp, sowie nach Sievers' Vorschlag 104 sceauegum st.
sccaücgum = sceawuncgum und 109 fence st. fencge. Falsch
bedünken mich ferner 12 wyrtcendlicum st. wyrpendlicum und
20 gecuemre st. gecucmne; denn masculinische form gegenüber
der femininischen des lateins und des zu supplierenden ags.
Substantivs zeigt ebenso 56 geweordmne, das änderung in ge-
tcordenne verlangt. Auch mit 16 ttince weiss ich nichts an-
zufangen, wenn es nicht aus dicce verderbt ist; 3) die nrn. 33
(koman). 138 (hu). 139. 140 begegnen auch unter den Cuthbert-
gll. des Harl.526 (Zs.fda.33,238), während mit den von A.Napier,
Old english glosses no. 32, p. 199 edierten kein Zusammenhang
besteht. Die punkte bei 1 10 wasron. g . yte, 132 g . fr . gde scheinen
mir nicht kryptographisch sein, sondern auslassung einzelner
buchstaben oder silben andeuten zu sollen; man könnte denken
an geyte (von ftan) und yctvlitig(o)de (Sievers zieht gcrcgnode
vor). Die formen (30 onihude, 70 gehidc muss man wol, im
sinne meiner 1898 ausgesprochenen Vermutung, für entstellt
aus onhigude, gehigude betrachten.
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AOS. GLOSSEN ZUR VITA CUTHBERTT. 9
Der abdruck befolgt die normen der Ahd. glossen. Runde
klammem um lat. worte weisen also darauf hin, dass ihre
glossen am rande stehen; eckige klammern kennzeichnen solche
worte, welche behufs leichteren Verständnisses aus dem Zu-
sammenhang mitausgehoben wurden, oder nehmen, wo sie nur
Ziffern umschliessen, bezug auf die Zeilenzahlen meiner früheren
teilausgabe der glossatur. Mit Ed. ist der text von Giles ge-
meint; seine capitelnummern bleiben stets um eine stelle hinter
denen von Mignes Patrol. 94 zurück.
(9 a) (Diris) unfaela — XIII, 11
([vesano — furore] Pressam) manful — XIII, 16
Suspicio wena — XIII, 16
Anchorissem a?neclif — XIV Überschrift
5 (9b) (Exors) orhlite — XIV, 2
(Fit) 7 hegewer}> — XIV, 7
Acuaerit gescyrte [29] — XIV, 16
(Laruaribus — flabris) deoflicü gasta — XV, 3
(Arcebat) forbead — XV, 4
10 Oonsortia gemanan [28] — XV, 4
(10a) Terrestri [aggere] eordlicü aeccere — XV, 8
Misilibus wyrwendlicü — XV, 13
Saxis stanü — XV, 13
(Iille sed — Sufficeren t) set sufficiebat acmihte — XV, 15 f.
15 Seges aecer — XVIL4
Ampla dince — XVII, 4
(10b) Sin alias .s. eles}>aenne — XVII, 13
Regebat friede [26] — XVII, 18
(IIa) Casulam cytan 1 cot [25] — XIX, 4
20 Aptam gecuemre — XIX, 4
(Citat) ontihte — XX, 1
2 Ueber ductor der zeile 13 Soluitur in lacrimas ductor, welche nach
z. 18 im codex steht, aber durch zeichen an den richtigen ort verwiesen ist,
hat die glossenhand i. hilnurr geschrieben: dieser uanie wurde Bedas pro-
saischer legende des heiligen c. 15 entnommen. 4 anachoresim Ed.
5 e.rsors Ed. 7 actiarit = Ed. bot auch ursprünglich unser codex;
die schleife des t fügte der glossator hinzu. 8 larcah'bus Ed. 12 mis-
silibux Ed. 14 Iille] I rot, • schwarz. Ille — Sufficeret Ed. Das o
der glosse hat eigentümliche gestalt, es scheint aus t'c oder u corrigiert.
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10
STEINMEYER
(IIb) Cetus weredes [24] — XX, 24
(Restabat) belaf — XX, 26
(12a) (Altiloquo — ore) deop)>anculü muj>e — XX, 30
25 (Annuit) ge^afode l getibode [22] — XXI, 8
Progreditur for]>stop — XXI, 9
Ergo forJ>i — XXI, 13
(12 b) (Nacto) begitenon — XXI, 29
Culmine hrofe [19] — XXI, 29
30 Licet oblatum peah j?e geboden — XXI, 32
Transacto forJ>aurnenü [20] — XXI, 40
Curriculo ymbrene — XXI, 41
(13a) Iubar alticomum heah fexende leoman [17] — XXI, 50
Pictorum piohta — XXI, 55
35 Infesto onwinnedü [15] — XXI, 55
Scottorum scotta — XXI, 57
(Spirabat) oroJ>ode — XXI, 58
Tyrio [in ostro] ontyriscü — XXI, öl
Tractat herecj» — XXI, 62
40 (13 b) (Lirico [plectro] getaenigenda) hearplicü siege —
XXII, 8
(14b) Quodsies huoft — XXVIII, 2
Peresos fornumene [14] — XXVIII, 2
Egestas waedliende [13] — XXVIII, 5
Per deuia |wh westena [59] — XXVIII, 7
45 Fugerit fleah [60] — XXVIII, 7
Horror ogha [61] — XXVIII, 7
Absentis aefwyrdan — XXVIII, 10
(Certam) ic biege — XXVIII, 11
Pictorum piohta — XXIX, 1
50 (Decretum) gedemed — XXIX, 7
(15 a) (Non multi) na welmaenie — XXIX, 13
24 ore mit einschal testrich Ubergeschrieben. 27 forfii] der untere
schaft des f erloschen. 32 Curriculo] das erste r übergeschrieben.
36 Scotorum Ed. 37 Spirabat] i von späterer haud in e corrigiert.
38 das deutsche wort untergeschrieben. 40 plectro] r mit einschalte-
zeichen Uber der zeile. plecto Ed. fehlerhaft. Die scheinbare randglosse
bl. 14 a neben XXV, 8 ist nur ein spiegelabdruck von hearplicü 8 bl. 13b.
41 quoties Ed. lieber hu steht vielleicht hoch oben ein circumflex.
43 peressos hs., das erste s mit punkt darüber und darunter.
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AGS. GLOSSEN ZUR VITA CUTHBERTI.
11
Fluxere fleowon — XXIX, 13
Dira rej?e — XXIX, 13
Necem cwale — XXIX, 14
55 Caneret bodude — XXIX, 14
(Confectam) geweordenne — XXIX, 15
Absentem aefwerd — XXIX, 16
Creuerat geseah — XXIX, 16
Mutua gemaene [57] — XXX, 13
60 (15b) Incubuit onihude [55] — XXX, 24
Potitum brucende [62] — XXX, 26
(16a) Cono helme [58] — XXXI, 17
(Deciduum) hrurulne — XXXI, 18
Solutis tolysedü — XXXI, 18
65 (16b) Ingenito onacennedü — XXXIII, 2
Sensim lytlan 7 lytlan — XXXIII, 2
Dolore sare [54] — XXXIII, 2
Castris ceastrfl wicum [53J — XXXIII, 4
Blandiloquis geswaeslaehtü [50] — XXXIII. 6
70 Studuit gehide [50] — XXXIII, 6
Retinacula gegrinu — XXXIII, 7
Gazas welan — XXXIII, 8
(Pendit) hangad — XXXIII, 9
Stamine stede — XXXIII, 10
75 (17 a) Dvm )>a)>a — XXXIV, 1
Iteraret eft — XXXIV, 1
([ac] Impetrant) 7 hibegetan — XXXIV, 6
[et] Superaddit 7 togeihte — XXXIV, 7
Altithronum p J>rywealden — XXXIV, 8
80 Regnum rite — XXXIV, 8
Cedere onbu [56] — XXXIV, 9
Fraudetur paeht — XXXIV, 11
(Quatit) ascaej>. oppe tobryt [48] — XXXIV, 13
Primeuo a flore fral>äfryj>elican blosme — XXXIV, 14
85 Dolos sar [44] — XXXIV, 16
Transacti temporis forf>gewitenre tide [46] — XXXIV, 16
68 wicum unter ceastrü. 71 Retinacula] nach c rasur von c.
73 pendet Ed. 78 Superaddit] u auf rasur. 85 Dolos mit Dolor
verwechselt.
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12
Cum \>on — XXXIV. 18
Alimenta bileofan [43] — XXXIV. 18
Canit bodaf> [42] — XXXIV, 21
90 () Larem haeto 1 fyr
() Axi su^daele
(17 b) (Turbo) hreohnes [34] - XXXIV, 24
Expedit framaf> — XXXIV, 29
Depincxit amearcode [41] — XXXIV. 31
95 (Debita soluam) agilde neadgild [33] — XXXIV. 41
Condat p he — XXXV, 2
(18a) Tabida weorni — XXXV, 9
(Inopina salus) faercu menhael — XXXV, 13
Regebat adreah — XXXV, 18
100 (Expendit) aspende — XXXVI, 5
(18 b) [Christique] Munit 7 trymede — XXXVI, 9
[animamque] Indidit 7 onsette — XXXVI, 11
Querula sub laude underceoriendülofe — XXXVII, 3
E speculis ofbesceauegti — XXXVII, 10
105 Nocturne [laudis] nihtlices — XXXVII, 12
(Suspecta) forwened — XXXVII, 15
(19 a) Sedato turbine alegenre hreohnesse [34] —
xxxvn, 24
Lirico hearplicü — XXXVII, 26
Gremio fence [32J — XXXVIII, 4
110 (Promuntur) waeron. g. yte — XXXVIII, 14
(19b) Ceu swylce — XXXVÜI, 16
(Eximie [vestis]) healices — XXXVIII, 19
[nee] Retinebat nescean — XXXVIII, 19
Memorabor ut swa ic gemunde — XXXf X, 2
115 Placidum gecwemne — XXXIX, 4
Desuper wijmfan — XXXIX, 6
(20a) Patroni mundboran — XL, 10
— . .. . ^ «
81) Canit] n, uncial mit roter anmalung, konnte bei flüchtiger ansieht
leicht für p genommen werden, cavit Ed. 90. 91 neben v. 2t. Auch
die lat. worte rühren vom glossator her; aus welcher schriftfsie stammen,
wein« ich nicht. 98 Inopina] das zweite n mit einschaltezeiehen über-
geschrieben. 102 onsette] das erste t sehr zweifelhaft, sieht wie c aus.
101 die nrilposition e mit accent. 108 Lirico] ri mit einschaltezeiehen
Übergeschrieben. 114 memorabar Ed.
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AOS. GLOSSEN ZUR VITA CUTH BERTI.'
Ipsam [partem] p — XL, 11
Morbigeni adlies — XLL, 1
120 Camini ofnes — XLI, 1
Patroni mundboran — XLI, 4
Consortia gemanan — XLII, 1
(20 b) (Oraria) heafodhraegel — XLII,4
Deserti alsetene — XLIII, 10
125 Erigit underwrif>ode — XLLU, 11
Matutinas mergenlice — XLIII, 12
Persoluere agifan — XLIII, 12
Prisco [vigore] f>ereaerran — XLIII, 13
Uacuatur aemtod 1 bedaeled — XLIV, 1
130 (21a) Stellantibus gliteniendü — XLIV, 5
[EJquiperant efenlaecaj? — XLIV, 6
(Redimita) g. w. gde — XLIV, 6
Anglum engliscan — XLIV, 8
. Boree noiteasternes windes — XLIV, 9
135 Prolapsa forJ> broht — XLV, 7
(21b) Cateruas preatas — XLV, 17
Sceptra cynedomas — XLV, 23
Vt fuerat hu waes — XLV, 30
(22 a) Informi ateli — XL VI, 3
140 Tumore geswelle — XL VI, 3
Squalens fuliende — XL VI, 4
131 initiale radiert oder erloscheu.
ERLANGEN, juli 1904.
E. STEINMEYER.
MÄRCHEN IM HÖFISCHEN EPOS. 0
Wenn man den Stoff eines Artusromans in die ursprüng-
lichen bestandteile zerlegt, so findet man eine reihe typisch
widerkehrender züge, die dem ganzen romangebäude mehr
oder weniger einheitlich angepasst sind, immer aber sich leicht
als einzelne episoden ausscheiden lassen. Man kann deshalb
einen solchen aufbau mit Saran (Beitr. 21, 290) episodenhaft
nennen. Wenn man ferner diese episoden auf ihre keime
zurückführt und auf einfache formein zu bringen versucht, so
wird man für die meisten bekannte märchen- und sagenmotive
nachweisen können. Das sind nun in erster linie diejenigen
stoffteile, welche den stärksten vorstellungsgehalt haben und
also in einer eindrucksvollen handlung bestehen, d. h. die
'heroischen partien'. Ihnen gegenüber können die sogenannten
'höfischen partien' ausser betracht bleiben — d.h. also jene
Schilderungen von festen und turnieren u. dgl., die zum costüm
dienen und welche der erzählung ihr eigenartiges colorit, jene
bestimmte ritterlich -romantische färbung verleihen, da diese
ja keinerlei sagenhafte bestandteile enthalten.
*) Der aufsatz ist die erweiterung eines auf der philologenversammlung
zu Halle im october 1903 gehaltenen Vortrags. — Mit märchen siud hier
auch solche erzählungen bezeichnet, welchen volkssagen zu gründe liegen.
Für die auffassung der höfischen dichter besassen diese Stoffe nichts mehr
von dem realen werte, welcher der volkssage insofern anhaftet, als sie
Schöpfung und ausdruck eines bestimmten Volkstums ist. Für sie waren
es nur mehr freie phantasiegebilde, poetische motive, lediglich literarische
formein. Speciell für Chrcstien sind es ästhetische bilder, in welche er eine
bestimmte, vorher coneipierte, sittliche idee einkleidete. Denn dass Chrestien
zuvörderst die idee hatte und dafür erst die gestaltnng suchte, geht aus der
entstchung seiner romane hervor, die gleichsam sinnbildliche darstelluugen
für die liebestheorien sind, über welche am hofe von Champagne verhandelt
wurde.
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MÄRCHEN IM HÖFISCHEN EPOS.
15
Die Untersuchung ist an den fünf ältesten Artusepen zu
führen, die die Vorbilder für die spätem geworden sind. Dabei
muss von Zazikhovens Lanzelet ausgegangen werden, denn in
ihm ist der rohstoff noch am wenigsten künstlerisch verarbeitet,
hier stehen die episoden noch deutlich isoliert nebeneinander,
hier herscht noch die freude vor an den bunten bildern und
noch ist die materie nicht nach einer einheitlichen idee um-
gebildet. Nächst dem Lanzelet hat der Wigalois den sagen-
stoff am reinsten bewahrt, darauf erst können die durch-
geistigten, weit über die ursprünglichen, naiven fabeleien er-
hobenen Schöpfungen Chrestiens, der Erec, Iwein und Parzival,
auf den Ursprung ihrer einzelnen bestandteile hin zergliedert
werden.
Wer nun weiterhin den versuch macht, die einzelnen den
heroischen partien zu gründe liegenden motive auf ihre her-
kunft hin zu prüfen, wird bei der matiere de Bretagne vor
allem auf den keltischen sagenschatz sein augenmerk richten.
Die beziehungen der Artusromane zu der sagenhaften geschichte
der Briten sind denn auch schon längst gegenständ der forschung
geworden. Aber diese liefert fast nur die allgemeinen umrisse
der literarischen Artussage, gerade über die einzelnen züge,
die oft deutlich märchenhaften Charakter tragen, gibt sie keinen
aufschluss. Und die späteren bretonischen, wallisischen, schot-
tischen und irischen Volksmärchen, die z. b. auch Alfred Nutt
in seinem vielfach verdienstvollen buch Studies on the Legend
of the Holy Grail stark berücksichtigt (vgl. dazu Zimmer, Gott,
gel. anz. 1890, 1, 488 ff. Nutt, Kevue celtique 12, 181 ff.), müssen,
wie die sog. Mabinogion, immer dem verdacht unterliegen,
secundäre und abgeleitete quellen zu sein. Die irische
heldensage dagegen reicht in ein sehr hohes alter zurück,
und die zwei wichtigsten mittelirischen sammelhandschriften,
der Lebor na hUidre vom anfang, das Buch von Leinster1)
von der mitte des 12.jh.'s bilden sicher eine vor Chrestiens
*) Auf diesen beiden quellen beruht auch im wesentlichen die abhand-
Inng von Arthur C. L. Brown: Iwain. A Study in the Origins of Arthurian
Romance, in den Studies and Notes in Philology and Literature (Harvard
l'niversity) 8, 1—147. Diese bahnbrechende Untersuchung ist für das Ver-
ständnis der Vorgeschichte des Stoffes der Artusromane von grosser bedeutung.
Sie kam mir erat kurz vor abschluss dieses Vortrags zu.
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MÄRCHEN IM HÖFISCHEN EPOS.
17
zur hilfe gegen ihre feinde, 2) um ihm dann ihre liebe zu
schenken. Die botin in den höfischen romanen ist, wie G. Paris,
Romania 10, 476 f. gezeigt hat, ursprünglich überhaupt nur als
dienerin einer fee denkbar und eine echt keltische sagenfigur.
Jene ausgeprägt irische form des Verlockungsmotivs, die be-
nutzung des beiden gegen den feind der fee, treffen wir im
Wigalois, im ersten teil von Ulrielis Lanzelet und in dem
Verhältnis von Orgeluse zu Gawan im Parzival. — Die Ver-
lockungsgeschichte kann nun eine weitere entwicklung nehmen:
der mann wird der fee untreu, er wendet sich zu einer irdischen
frau (motiv des verlassen»), dann muss die fee, die nixe, in ihr
element zurückkehren, wie Undine, oder wie Fand, da Ouchulinn
sie preisgibt, mit ihrem gatten Manannan über die wogen ver-
schwindet. Aber die untreue wird dem früher geliebten zum
verderben, er stirbt (Staufenberger), oder sein verstand wird
verwirrt (Ouchulinn), oder aber: er kehrt zu dem dämonischen
weibe zurück, wie Tannhäuser in den Venusberg.
2) Das zweite hauptmotiv können wir das befrei ungs-
mot iv nennen. Die einfachste formel für dieses ist: eine jung-
frau ist in der gefangenschaft eines Ungeheuers, eines drachen,
eines riesen oder irgend eines feindes, ein held besiegt ihren
hüter und befreit sie (Perseus, Sigfrid); oder der erretter muss
zur befreiung eine andere mutige tat vollbringen (Sigfrid
durchdringt die waberlohe); oder der eigene vater hält die
tochter in gewahrsam, er will sie keinem manne geben — oft
deshalb, weil er sie selbst später heiraten will (vgl. Panzer,
Hilde - Gudrun s. 218) — , dann steht die tochter auf der seite
des jünglings, der um sie kämpfen muss (dazu vgl. unten s. 21)).
Eine ausgesprochen irische fassung des befreiungsniotivs hängt
mit der sage vom menschentribut zusammen. Sie ist enthalten
in einer episode von Tochmarc Emere (Zimmer, Zs.fda. 32. 240 f.):
Ouchulinn trifft ein klagendes mädchen, das als tribut den
Fomore, das sind riesen, gegeben werden soll. Er befreit die
jungfrau, indem er die drei Fomore, die sie in ihre bürg ab-
holen wollen, tötet. Diese speciell irische abart des motivs,
den menschentribut, enthalten die abenteuer von Brandigau
im Erec, vom schloss des schlimmen abenteuers im Iwein, von
Schastel marveil im Parzival. Eine andere arbeit ist die be-
freiung der entführten frau aus der unterweit (Orpheus und
Beitrage zur geschieht« der deuttchen spräche. XXX. 2
18
ET1RISMANN
Enrydike; raub der Proserpina durch Pluto; raub und befreiung
der Ginover).
Das weib, das den jüngling mit dämonischer macht an
sich fesselt, der held, der der gefangenen frau die freiheit
erkämpft das sind die leitenden ideen dieses vielverschlungenen
fabelwerks. Noch ein zug ist häufig beigegeben, der aber
nicht in dem masse den gang der erzählung bestimmt, das ist
die tapferkeitsprobe: eine jungfrau nimmt nur den tapfersten
zum mann, der alle andern freier besiegt. In dieser einfachen
form allein erscheint dieses motiv in unsern fünf epen nichts
doch liegt der gedanke 'nur der tapferste erringt die frau'
eigentlich schon in den beiden hauptmotiven eingeschlossen,
denn der fee kann nur ein trefflicher gefallen (Verlockung)
und nur einem starken kann die befreiung gelingen (befreiung).
Bei einigen episoden der Artusromane tritt jedoch diese auf-
fassung der heldentat als mutprobe stärker in den Vordergrund.
Endlich sei noch die bekannte dümmlingssage erwähnt.
Der jüngling wächst in einsamke.it und einfalt auf, zieht in
die weit aus, erweist sich als trefflicher held und erringt die
braut, und lebt dann bis an sein ende glücklich und in ehren.
Das ist das thema derjenigen romane, die wir biographische
nennen, wie von Ulrichs Lanzelet, vom Parzival, auch, aber
mehr verwischt, vom Wigalois. Auch von der Sigfridssage,
nur dass hier der ausgang tragisch ist; aber das ende dieses
beiden wird überhaupt nicht reine erfindung frei schaffender
Phantasie sein, sondern beruht wol auf einer geschichtlichen
tatsache.
Im vorhergehenden habe ich versucht, die zwei wichtigsten
motive der Artusromane, das Verlockungsmotiv und das be-
freiungsmotiv, herauszuheben und ihnen beiden irische sagen
als gegenstücke gegenüber zu stellen. Es gelangen aber diese
irischen sagen zu vollem Verständnis erst, wenn wir auf ihren
Untergrund zurückgehen, das ist der irische Volksglaube, das
ist der irische niythus. Hier treffen wir, entsprechend unsern
zwei grundmotiven, dem von der Verlockung und dem von der
befreiung, eine zweiheit von Vorstellungen, wir treffen zweierlei
dämonenreiche. Es gab zweierlei übernatürliche wesen in der
mvthenwelt der christianisierten Iren, d. h. die christlichen
Iren hatten die abgesetzten götter ihrer heidnischen vorfahren
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MÄRCHEN IM HÖFISCHEN EPOS.
19
in zwei dämonengruppen umgebildet: die einen sind die Side,
das sind die den menseben freundlich gesinnten gottheiten, sie
wohnen entweder in hügeln unter der erde (hünengräber) oder
auf wunderbaren, wonnevollen eilanden weit im westen des
oceans. Die weiblichen Side, das sind die schönen frauen, die
wir als feen kennen, sie verlieben sich in sterbliche helden
und verlocken sie in ihr Wunderland. Die dagegen den menschen
feindseligen dämonen, die als riesen gedacht werden, sind die
Fomore, sie wohnen auf einer bürg auf der insel Torinis (Tory),
die der nördlichen küste Irlands gegenüber liegt. Alljährlich
am sommerende wird ihnen von den bewohuern Irlands ein
tribut dargebracht, bei dem ausser getreide und milch kinder
und auch jungfrauen eingeliefert werden (vgl. Zimmer, Zs. fda.
32, 240 ff. 33,274ff. Nennius vindicatus s.223). Innerhalb dieser
dämonenweit, die also aus den gütigen geistern, den Side, und
aus den feindlich gesinnten, den Fomore, besteht, spielen die
irischen sagen, welche jenen beiden hauptmotiven, dem ver-
luckungs- und dem befreiungsmotiv, zu gründe liegen. Beide
mythischen Vorstellungen, die von den Side und die von den
Fomore, setzen den glauben voraus, dass es gewissen sterb-
lichen vergönnt ist, in das reich der dämonen, in die andere
weit einzudringen (über den mythus vom hinabsteigen eines
gottes in die unterweit bei den Kelten vgl. Zimmer, Zs. fda.
32, 253 f. 330 ff.). Und diese erzählung vom eindringen eines
helden in die andere weit bildet gleichsam den angelpunkt, um
den sich die handlung dreht sowol beim Verlockungsmotiv als
beim befreiungsmotiv, und somit bei den hervorstechendsten
abenteuern der Artusepen.
Die doppelheit der motive, deren eines also auf dem glauben
an die gütigen Side, das andere auf dem an die feindlichen
riesischen Fomore beruht, kommt endlich auch in der scenerie,
in der landschaftlichen Umgebung zum ausdruck. Die Side
wohnen in wonnevollen gefilden, es sind die inseln der seligen,
es ist die andere weit, die angenehme ebene, das land der
lebenden, der jungfrauen, der verheissung, terra repromissionis
(San Marte, Gottfr. v. Monmouth 425 ff. Zimmer, Zs.fda. 33,257.
269. 274. 325. 35, 48. D'Arbois de Jubainville, L'epopee celtique
en Irlande bd. 2 passim. Rh£s, Studies in the Arthurian Legend
348 ff. U.Ö. F.Lot,Romania27,529ff. Alfred Nutt inTheVoyage
2*
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20
ETTRTSMANN
of Bran Son of Febal von Kuno Meyer und Alfred Nutt bd. 1
u. 2 passim, dazu die bemerkungen von Martin, Anz. fda. 23, 109.
25, 20<5. Brown, Iwain 82 ff. u. ö.), die Fomore dagegen hausen
zwar ebenfalls auf inseln, aber in einer uneinnehmbaren Zwing-
burg. Beide inseln sind ursprünglich in der heidnischen mytho-
logie als der aufenthalt der toten gedacht. Auf einer barke
oder auf einer gefährlichen brücke gelangt man dahin. Die
guten kommen in die seligen gefilde, die bösen an den ort der
strafe, welche Scheidung aber in der uns überlieferten irischen
sage nicht gemacht ist, jedoch durch die irischen legenden von
Patricius, Brandanus, Tnugdalus durchgeht, wo sie mit den
christlichen Vorstellungen vom paradies, fegefeuer und hölle
zusammenfällt. So ist die Schönheit der glücklichen insel den
Schrecknissen im lande der finsternis entgegengesetzt in Bran-
dans meerfahrt ed. Schröder v. 428 ff., dazu v. 557 ff., gegen
v. 515 ff., im Tnugdalus lat, ed. Wagner s. 30, 15 [ista via ducit
ad mortem] gegen den camjms htitiae s. 41, 1 ff.; über das 'toten-
reich' vgl. G. Paris, Romania 12, 508.
In dieselbe Umgebung sind nun auch die entsprechenden
scenen der Artusepen versetzt. Liebliche inseln oder wunder-
same gärten sind die reiche der gefeierten schönen, in mäch-
tigen bürgen dagegen sind die gefangenen eingeschlossen. So
liegt noch ein abglanz der Schönheit jener seligen gefilde auf
der Schilderung vom frauenland, von Behforet und von Vals
Ible im Lanzelet 204 ff. 3939 ff. und 4072 ff., von dem freuden-
reichen land im Wigalois21,17 oder von der hofesfreude im Erec
7888 ff. Und desgleichen werden gerade die märchenburgen
mit Vorliebe in reicher ausmalung beschrieben, wobei immer
ausdrücklich hervorgehoben wird, dass sie von wasser umgeben
sind und eine brücke hinüber führt, oder dass der fels, auf
dem sie erbaut sind, gedreht ist1) 'wie eine kerze', Lanz. 7122,
auch 210, Erec 7833, vgl. auch Parzival 220, 15 (dazu Heinzel,
Ueber Wolframs von Eschenbach Parzival s. 92), wie ferner
Iwerets schloss und die unheimlichen zauberburgen des Mabuz
(Schatel le mort), Malducs, Falerins 3535. 4091. 5036. 7155. 7359
im Lanzelet, Korentin im Wigalois 181,35, und die wunder-
*) Die ursprüngliche Vorstellung ist die, dass sich das schloss oder der
fels dreht, vgl. u. a. Friedwagner, Meraugis von Portlesguez s. lxxxviii f.
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MÄRCHEN IM HÖFISCHEN EPOS.
21
baren zwingfesten, wo die gefangenen frauen ihrer erlösung
entgegenharren wie Brandigan im Erec 7831, Schastel marveil
im Parzival 564, 27, oder wie die verzauberte gralsburg, Par-
zival 226, 12.
Ulrichs um Zazikhoven Lanzelet.
Zazikhovens Lanzeletroman zerfällt in drei abschnitte.
Die beiden ersten enthalten zwei in sich abgeschlossene erzäh-
lungen, denen zwei von einander ganz unabhängige Sagenkreise
zu gründe liegen, während der dritte teil, fast ganz ohne
heroischen stoff, wesentlich zur erweiterung angefügt ist und
um zugleich dem ganzen einen abschluss in höfischem geschmack
zu geben.
Die erste Lanzeletgeschichte geht von v. 1—4959, sie
lässt sich auf folgende grundform zurückführen: ein knabe wird
fern von der weit und ohne kenntnis des weltlebens erzogen,
herangewachsen zieht er ins leben aus, vollbringt tapfere
taten und erringt zum schluss die braut. Es ist also ein
lebensgang wie vieler märchenhelden, ein echter märchenstoff,
es ist die bekannte dümmlingssage, wie die vom jungen Par-
zival. Aber im Lanzelet ist diese dümmlingssage eingekleidet
in irische Vorstellungen und lautet, in diese auffassung über-
tragen: eine fee hat den knaben aus einem bestimmten gründe
geraubt, nämlich damit er dereinst, zum beiden herangewachsen,
ihren gegner (Iweret) besiege. Das ist also unser erstes haupt-
motiv, die Verlockung, mit dem bestimmten zweck der hilfe-
leistung gegen den feind.
Betrachten wir nun die einzelnen scenen, in welchen sich
dieses lebensbild entfaltet, so finden wir, dass ihnen lauter
sagen- oder märchenmotive zu gründe liegen.
Zunächst Lanzelets auszug ins blaue hinein. Mit dieser
ausfahrt ist er in die reihe der abenteuernden ritter getreten
und wir kommen zur erklärung dieser typischen heldenfigur
der Artusromane. Der fahrende ritter ist keineswegs eine
historische, d. h. eine der Wirklichkeit entnommene gestalt, als
ob etwa eine wirklich existierende abart des ritterstandes das
muster dazu abgegeben hätte, vielmehr ist umgekehrt die in
der poesie so vieler Völker beliebte person des jünglings, der
aus blossem tatendrang oder in der absieht sein glück zu
22
EHRISMANN
machen oder um einen verlorenen, etwa den vater, zu suchen,
das heimathaus verlässt, hier in die ideenweit des höfischen
rittertums übertragen. Der abenteuernde ritter ist also eine
märchenfigur. Derartige existenzen, die so vollkommen plan-
und kopflos des Sports wegen in der weit herumziehen, waren
doch im mittelalter unmöglich. Wenn ein armer junker oder
ein vasall die heimat verliess. um sein dasein durchzuschlagen,
so begab er sich in die dienste eines grossen (vgl. Ruodlieb),
der ihn dann unterhielt, denn allein auf seine eigene faust
angewiesen, konnte er es nicht weit bringen; ein reicher herr
oder gar ein königssohn aber würde sich auf so zweifelhafte
Unternehmungen überhaupt nicht eingelassen haben. Der
abenteuernde ritter ist also ursprünglich eine märchenfigur
ähnlich wie Herakles, Thesen« oder Perseus in der griechischen
mythologie (vgl. Scherer, Gesch. d. d. lit.6 s. 158), wie Cuchulinn
und seine genossen, die wegen des Streites um das heldenstück
ausziehen, in der irischen sage (vgl. u. a. Zimmer, Gött. gel. anz.
1890, 1, 518 f.), wie Sigfrid in der deutschen.
Das erste erlebnis, das dem jungen helden auf seiner irr-
fahrt zustösst, ist das zusammentreffen mit dem zwerg, der
ihn mit der geissei schlägt. Gerade so beginnen die Verwick-
lungen im Erec. Zwerge, die mit der geissei schlagen, kennt
auch der deutsche Volksglaube (E. H. Meyer, Germ, mythologie
92. 127; Mythologie d. Germanen 155. 173. Rosenhagen, Unter-
suchungen über Daniel s. 75 f.). Ein für die entwicklung der
handlung notwendiges glied bilden die streiche, welche die
bot innen der Fand dem Cuchulinn mit dem pferdestachel ver-
setzen in der erzählung von Cuchulinns krankheit.
Dann beginnt die abenteuerreihe der ersten Lanzelet-
geschichte, die klar schematisiert ist, indem sie aus drei
kampfscenen besteht, die eine Steigerung ein und desselben
motivs bilden. Die drei kämpfe sind Variationen des themas:
ein held erringt eine jungfrau dadurch, dass er den vom vater,
der sie in strenger zucht hält und keinem manne geben will
ihm aufgezwungenen kämpf besteht und den vater erschlägt,
wozu als weiterer zug kommt, dass die jungfrau dem helden
günstig gesinnt ist. Auch hier bekannte märchentypen: der
vater, der seine tochter keinem manne geben will, die tochter,
die es mit dem feinde hält; nur ist die lösung des conflicts im
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MÄRCHEN IM HÖFISCHEN EPOS.
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Lanzelet gewaltsamer, indem nicht die tochter mit dem helden
entflieht (Ariadne, Medea, Hilde, K. Rother, Ortnit n. a.), son-
dern dass der vater getötet wird (in der Thesenssage tötet
Skylla sogar selbst ihren vater aus liebe zu dem feindlichen
helden).
Die erste der drei Varianten, der kämpf mit Galagandreiz,
ist nun durch mitwirken der typischen dreizahl noch besonders
kenntlich ins märchencostüm gekleidet, denn es ist die bekannte
geschieht e von dreien, die ausziehen, um ein schwieriges werk
zu vollbringen, wobei die beiden älteren und erfahrenem nichts
ausrichten, während der jüngste in seiner Sorglosigkeit kühn
drauf losgeht und das glück erringt (ähnlich irisch: drei helden
ziehen aus, von denen bei einer vorprobe zwei ausgeschieden
werden, Zimmer, Zs. fda. 32, 333): der jugendliche Lanzelet, der
nicht einmal einen namen hat, trifft zwei ritter, Kuraus mit
dem kühnen herzen und Orfilet den schönen, welche beide
schon an ihren prunkenden beinamen als erprobte cavaliere
zu erkennen sind, die tochter des Galagandreiz trägt zuvörderst
den beiden älteren, dem kühnen und dem schönen, ihre liebe
an, aber erst Lanzelet, 'der kindesche man', wagt es mit ihr
aufzunehmen. Den abschluss dieses ersten abenteuers bildet
wider ein weitverbreiteter zug, das motiv des verlassens der
geliebten: Lanzelet zieht nach einiger zeit ohne weiteres wider
von dannen. Er findet drei Strassen und gelangt zu seinem
zweiten abenteuer, dem kämpf mit Limors, das insofern eine
Steigerung des ersten mit Galagandreiz bildet, als jetzt schwie-
rigere tapferkeitsproben auferlegt werden. Die dritte Variante
aber, die den schlusseffect und die entscheidung der ganzen
ersten Lanzeletgeschichte bringt, der kämpf mit Iweret, ist
über die beiden vorhergehenden noch durch eine reichere aus-
gestaltung erhoben, indem eine ausgedehnte Vorgeschichte
vorangeschickt wird: zunächst Lanzelets Verzauberung in einen
tatlosen feigling durch Mabuz den blöden und seine gefangen-
schaft auf Schatel le mort, dem schloss des todes. Heide
punkte beruhen auf mythologischen Vorstellungen: Mabuz ist
ein zauberer, der söhn der meerfrau, elfen aber rauben den
menschen den verstand nach germanischem Volksglauben, und
in der irischen sage verfällt Cuchulinn in eine ähnliche
körperliche und geistige energielosigkeit durch den zauber der
24
EHRISMANN
Fand. Dieses sichselbstverlieren des lielden begegnet dann
auch in allen den vier folgenden epen: Wigalois' Ohnmacht,
Erecs verliefen und Scheintod, Iweins Wahnsinn, Parzivals
geistesabwesenheit angesichts der drei blutstropfen im schnee,
Gawans bewusstlosigkeit auf Schastel marveil; die gründe sind
verschieden: Verzauberung im Lanzelet, liebeskrankheit bei
Erec, Iwein und Parzival, schwere Verwundung bei Wigalois,
Erec, Gawan. Der begriff des totenschlosses, der bürg des
Zauberers, ist dem keltischen glauben an das totenreich ent-
nommen. — Darauf folgt der besuch des klösterleins zum
jämmerlichen urbor, wo der begräbnisplatz für die von Iweret
erschlagenen beiden ist und dessen abt Lanzelet aufschluss
über das zu bestehende abenteuer gibt, um ihn zugleich vor
dem gefährlichen wagnis zu warnen. Die scenerie des kirch-
hofs (vgl. Heinzel, Ueber die franz. gralromane s. 23 anm.), die
in Chrestiens Karrenritter eine wichtigere stelle einnimmt
(v. 1841 ff.), ist ebenfalls im keltischen totencult begründet;
und in dem abt, der als Wegweiser und zugleich als warner
sich gibt, tritt eine neue stereotype figur der Artusromane auf
(s. unten). Das so vorbereitete letzte abenteuer, der kämpf mit
Iweret, entfernt sich nun weiter von der eingangs festgesetzten
einfachen märchenformel, indem hier die quellengeschichte aus
dem Iwein hineinverwoben ist, welche nun den landschaftlichen
hintergrund vorstellt, wodurch die darstellung gleichsam keltisch
stilisiert ist.
Damit ist die erste Lanzeletgeschichte abgeschlossen, denn
durch Iwerets besiegung ist die bedingung, welche die meer-
fee gestellt hat, erfüllt. Nun ist aber im ursprünglichen plan
v. 320—344 nicht gesagt, dass Lanzelet ausser zu der kenntuis
seines namens auch noch zu einem schönen weihe (Iblis) ge-
langen soll. Dieser zweite zug taucht erst im laufe der ent-
wicklung auf, ja er hat stellenweise den ersten in Vergessen-
heit gedrängt, so 4460, da Lanzelet auf die frage Iwerets nu
waz weit ir hie bejayen? antwortet ein schaue wi}> und inner
laut. Der grund zur erringung des weibes liegt in der ursprüng-
lichen beschaffenheit des kampfmotivs, in welchem ja die er-
ringung der braut von vornherein inbegriffen ist. Diese be-
dingung gehört aber zugleich auch zu jener erweiterten irischen
form der Verlockung (kämpf gegen den feind der fee und
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MÄRCHEN IM HÖFISCHEN EPOS.
25
gewinnung ihrer hand). Die Vereinigung der beiden züge. die
erlangung des namens und der braut, gibt also in eine forme]
gebracht das märchenthema : ein unbekannter jüngling ohne
hab und gut erkämpft eine prinzessin und erfährt zugleich
seine hohe herkunft aus königsgeschlecht.
Es folgt nun die zweite Lanzeletgeschichte, von v. 4960
—7817, die einen von der ersten ganz unabhängigen Vorwurf
behandelt und Chrestiens Karrenritter entspricht. Das thema
ist hier die befreiung der königin Ginover aus der gewalt des
Falerin, des herrn vom Yenvorrenen tann, der bei Chrestien,
Meleaganz genannt, söhn des Bademagus ist, des königs von
Gorre und herrn über das land, von dem niemand widerkehrt.
Das ist widerum das totenreich, vgl. G. Paris, Romania 12, 508.
Martens, Roman. Studien 5,621. Heinzel, Ueber die franz. gral-
romane s. 23. Dieses kemmotiv des zweiten teils steht aber
auch nicht bloss einmal, sondern es wird, wie in Chrestiens
Karrenritter, widerholt: zweimal raubt Falerin die königin,
zweimal wird er besiegt und zweimal wird die entführte
zurückgewonnen. Also auch hier wie im ersten teil wird der
grundstock gebildet durch das beliebte kunstmittel der Variation,
und auch hier ist die zweite Variante eine Steigerung der
ersten. Beide unterscheiden sich im inhalt und in der aus-
führung wesentlich. Die erste fassung ist ein einfacher regel-
rechter Zweikampf zwischen Lanzelet und Falerin, wobei letz-
terer nach seiner besiegung die königin der bedingung ent-
sprechend zurückgibt. Das ist ein ganz höfischer Vorgang in
höfischer auffassung. Die zweite befreiung der frau dagegen
ist sagenhaften Ursprungs und besteht auch nicht aus einem
einmaligen acte, sondern es ist eine gross angelegte Unter-
nehmung mit lang ausgeführten einleitenden und hemmenden
nioinenten. Hier bildet das eindringen in das land ohne wider-
kehr und das herausholen der geraubten königin den mittel-
punkt. Der held aber, der befreier, ist ganz offenkundig nicht
Lanzelet, sondern Artus, denn dieser leitet den zug gegen
Falerin und er bringt sein weib zurück, nicht Lanzelet. Das
ist überhaupt die ursprüngliche fassung dieser befreiung (Ti-
novers: der gatte, also Artus, holt sich sein geraubtes weib
wider, nicht ein fremder. Lanzelet. Zazikhovens Version lässt
also jene echte fassung des mythus noch deutlich erkennen,
26
EHKISMANN
welche G. Paris aus der Vita Gildae erschlossen hat (Romania
12,511) und ist auch in diesem punkte altertümlicher als
Chrestiens Karrenritter.
Erweitert ist dieses thema von der befreiung der Ginover
durch einen zweiten sagenzug, nämlich sie kann nur geschehen
mit hilfe des Zauberers Malduc, der Falerin, die ihn schützenden
ungetüme und seine leute im schloss einschläfert. Zu diesem
wirren zauberwesen gibt die umgebende natur einen wirksamen
hintergrund ab. Wir werden in eine düstere landschaft ver-
setzt. Das land ohne widerkehr, der Verworrene tann, ist von
nebel umhüllt, von würmen bewacht, zu des Zauberers bürg
führt keine Strasse und unheimliche stellen muss passieren,
wer dahin gelangen will: das schreiende moos, von dessen
geschrei die tiere sterben, den stiebenden steg, vor dessen
wogenschäumen man den pferden die ohren verbinden muss,
den genibelten see, in welchem die bürg Malducs liegt, zu der
eine brücke hinüber führt, die ohne seinen willen niemanden
sichtbar ist. So wirkt die naturschilderung mit, um das
grausenvolle des aufenthaltes der dem leben entrafften im
land ohne widerkehr stärker auszumalen. Die merkwürdigen
naturerscheinungen in der wasserlandschaft um Malducs feste
scheinen ebenfalls auf den erfindungen keltischer phantasie
zu beruhen, sie sind nämlich wol den wundern der irischen
Schiffahrtssagen (Imram) nachgebildet (über den einfluss der
Imram auf die Artusromane s. Brown, bes. s. 56 und 82 ff.),
wofür auch das erscheinen des wilden Dodines (Dodiniaus Ii
sauvayes, Chrest. Erec 1700) spricht. Denn dieser begegnet
dem heereszug des Artus, auf seinem pferd über das schreiende
moos weggleitend •), in das sonst jeder versinkt, gerade wie
Manannan, der gott des oceans, dem Seefahrer Bran und seineu
leuten entgegen kommt, indem er in seinem wagen über die
wogen fährt (Kuno Meyer, Imram Brain, bei K. Meyer und
A. Nutt, The voyage of Bran 1. 16 f. und 20 f., ein anderes bei-
spiel s. bei Zimmer, Zs. fda. 33, 193). Der genannte Dodines
•) Guillaume le Olere berichtet solches im Fergiis von den pferden in
Schottland: Et sacies bien cerlahincmcnt (t>nc la costume en est ittUs El
pais de pluisaors cerals Qu'il rorent plus dclivremcnt Sor le marois qui
vaä hocent Qut ne feroit nus hom a pie, ed. Martin lfi, 33 ff.
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MÄRCHEN IM HÖFISCHEN EP08.
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also erfüllt im zweiten Lanzeletteil die rolle des Wegweisers
nach dem totenreich.
Der zweite teil des Lanzeletromans ist weniger einheitlich
aufgebaut als der erste, in welchem immerhin die entwicklung
folgerichtig der lösung zustrebt. Hier sind vielmehr um den
mittelpunkt, die befreiung der Ginover, eine anzahl neben-
motive gruppiert, die mit jener grunderzählung in keinem Zu-
sammenhang stehen. So ist die bekannte mantelprobe ein-
geschoben, ferner die liebesgesehichte Lanzelets mit der königin
von Pluris, das gewöhnliche motiv von der Verlockung durch
die fee und dem widerentweichen des helden. Auch einzelne
kürzere sagenhafte züge sind eingestreut: der ehrenstein, der
nur den ehrenhaften trägt, die stummheit des Gilimar, der
einem verbot (gess) seiner dame folgend nicht spricht, das
schnelle Wachstum des Esealt, der nach seiner geburt täglich
eine spanne zunimmt (wie Wigalois 36, 2 und wie Eochaid
Bress in der irischen erzählung von der zweiten sehlacht von
Mag Tured, Revue celtique 12, 62, no. 23).
Mit der befreiung der königin ist die zweite Lanzelet-
gesehichte abgeschlossen und in Ulrichs gedieht ist auch hier
wider deutlich ein abschnitt gezeichnet mit dem ruhmespreis
Lanzelets in den versen 7798—7816. Was noch folgt, ist nur
eigentlich ein anhang in höfischem Stil. Ganz ausser Zusammen-
hang mit dem vorhergehenden wird dem helden hier nochmals
eine grosstat zugedacht, nämlich die erlösung der in einen
drachen verzauberten jungfrau durch einen kuss — jenes auch
in unsern Volksmärchen so geläufigen entzauberungsmittels
{le fier baiser), das hier zum ersten mal in der deutschen
literatur begegnet, vgl. J.Grimm, Myth. s.922. G.Paris, Komania
20, 301. Philipot, ebda. 26, 303 f. Den grössten räum in diesem
anhang, diesem dritten teil, nimmt die lange beschreibung von
Lanzelets besitznahme der ihm zugefallenen lande ein, die noch
mit einigen märchenhaften details ausgestattet ist (ein gegos-
senes bild, das so schwer ist, dass niemand es vom boden heben
kann 8126, wozu die grabtafel in Chrestiens Karrenritter 1895 ff.
zu vergleichen; die kostbaren geschenke der gesanten von
Dodone).
Das ende ist wider ganz im märchentone gehalten, im
stile formelhafter märchenschlüsse: Lanzelet lässt seine mutter
28
zu sich kommen rwiderveranigung der familie* Petsch, Formel-
hafte Schlüsse in v,lk>märchen s. 10); Lanzelet und seine frao,
Iblis. gacunnen htssamm hnt 93<>9. und weiter er gelepte mit
ganin tugent, das <,« s6 heb, geschart, das er siner kinde leint
(jtsaeh mtt tcahsa.der werdekeit 9416 ff. fkinder': Petsch s 37V
und ende gut alles gut: mm was Urne iu nier geseit, tean das
IN got so wol M, dal Ulis und Langd* mit grösen eren
Kurden alt und stürbe*, ah uns ist gesalt, beidiu sampt an
einte tage: endlich noch die Versicherung des dichters. nichts
weiteres zu wissen (Petech s. 44): Swa* iu anders ieman sage
von in, des hau ich niht rrrnomen.
Auf zwei momente mochte ich noch zurückkommen, die
wesentlich dazu beitragen, der äussern handlung eine gewisse
Stimmung und ein eigenartiges ethos zu verleihen, das ist die
umgebende natur und der Charakter des helden.
Dass die natnrschilderungen ausserordentlich wirkungsvoll
in die erzähhmg der abentener verflochten sind, hat sich schon
mehrfach an beispielen zeigen lassen. Die natur fühlt gleichsam
mit. Der grund für diese künstlerisch stilvolle anpassung des
naturlebens an das nienscheuleben liegt schon in dem keltischen
mythus von den glückseligen inseln. von der uneinnehmbaren
Komoreburg und den schiffersagen von den gefährlichen wun-
dern des meeres. Da finden sich nun Übereinstimmungen selbst
bis in einzelheiten, so z. b. war Behforet oder Vals Ible sommer
und winter grün, die bäume trugen das ganze jähr hindurch
obst, dieses heilte alle wunden, bei jedem wetter war der wald
alle: sumcrlich gcstalt, wer in sorgen war, vergass alle traurig-
keit: lauter eigenschaften. welche dem keltischen gefilde der
Wonnen, den inseln der seligen entnommen sind. So sieht die
landschaft des märchens aus. Nun aber gibt es auch eine
landschaft in hötisch-romantischem stile. das ist jene, welche
die minnesänger scliildern im eingang ihrer lieder, und auch
solche nat Urbilder stellt uns der dichter des Lanzelet vor;
allerdings mehr skizzenhaft, wie sich ja auch die naturschilde-
rungen der mhd. lyriker nur in einem beschränkten anschauungs-
gebiet bewegen, das in bestimmte formein gefasst ist. Diese
naturauffassung gehört den hütischen partien an und besteht
in den bekannten formelhaften Wendungen, wie z. b. v. 9047 ff.
es wären lichte tagt, harte tcünncclich nach sage, weder st
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MÄRCHEN IM HÖFISCHEN EPOS.
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heiz noch ze halt Diu heide und der grüene walt und
dar zuo guot geselleschaft, diu machten alle richc kraft engegen
ff ougentceide ... In dirre wünne riten sie. Wir finden
also im Lanzelet neben einander die keltische märchenland-
schaft und die landschaft der wirklichen weit, beide natürlich
nicht individuell erfasst, sondern typisch in der entsprechenden
Stilisierung.
Das ethos des romans liegt in der seele des helden be-
gründet, und es ist nicht schwer zu erkennen, wes geistes kind
Lanzelet ist. Seine handlungen kennzeichnen ihn, ja der dichter
selbst gibt da und dort treffende hinweise auf seinen Charakter:
der junge ritter het ein heil, daz im liitzel ieman was gehaz 820,
so ist daz ein hübscher site, er enweiz niht tvaz truren ist 1340,
oder endlich ein vralich gemüet er truoc heisst es von ihm
ganz harmlos, nachdem er Iweret den köpf abgeschlagen 45.r)8.
Ein frischer, liebenswürdiger bursche, der überall keck zugreift,
sich über nichts schwere gedanken macht, dem das glück in
den schoss fällt: so ist Lanzelet der echte typus des in die
weit hinausziehenden glückskindes im märchen. Das ist aber
nicht mehr die heroische natur des helden der keltischen oder
irgend welcher volkssage: diese beimischung von frohlaune
und kindlicher Sorglosigkeit gehört nicht zu den eigenschaften
eines recken der heldensage, Lanzelets Charakter ist also nicht
mehr der ursprüngliche eines — irischen oder bretonisehen —
nationalhelden, sondern auf diese gestalt ist etwas von der
leichtfertigen moral des spielmanns übertragen. Jene unser
empfinden so verletzende heirat eines mädchens mit dem mörder
ihres vaters, jene frivolen liebschaften des wipsceligen Lanzelet
sind Überreste der früheren, vor der höfischen romandichtung
gelegenen stufe, da die pflege dieser stoft'e noch in den bänden
der fahrenden, der conteurs, lag. Ein alter märchenstoff wurde
von ihnen aufgegriffen, vielleicht auch teilweise umgebildet,
und unter dem gesichtspunkt des märchens ist das motiv jener
heirat auch noch in Ulrichs roman zu beurteilen. Der vater
ist gedacht als tyrann, als heimtückischer Wüterich — und
diese eigenschaft blickt auch noch in der darstellung des romans
durch: so wird Galagandreiz schalch genannt v. 1179, derha nde
ein ursprinc 738, der ie grimmekheite wielt 1203, Linier bcgimc
ein karkeit 1819, Iweret truoc ein grimmic herze 4453. Mit
30
ETTRTSMANN
dem massstab der moral darf aber das märchen überhaupt
nicht gemessen werden, die sittlichen Vorstellungen sind hier
nicht fein abgestuft und nur die einfachsten formen werden
unterschieden: es gibt gute oder böse menschen, die guten
werden belohnt, die bösen bestraft, und gegen die bösen kennt
es kein mitleid. So ist es nach dem ganzen wesen dieser
naiven dichtungsart nicht unerhört-, dass selbst der vater, wenn
er eben ein böser mensch ist, auch mitleidlos behandelt und
bestraft wird. Er vertritt in diesem motiv überhaupt die
stelle des ungetüms, das die gefangene bewacht, wie in dem
märchen von der befreiung der jungfrau, also etwa wie der
d räche die Kriemhild (s. oben s. 17). Die sittlichen Schroffheiten
erklären sich also aus der natur dieser episode, die als märchen
bestand und von den spielleuten in die epische dichtung über-
führt wurde. Der französische Urheber des romans aber ist
noch nicht ganz über den Standpunkt der spielmannskunst
hinausgekommen und hat die anhänge einer tiefer stehenden
cultur noch nicht auf die höhe der verfeinerten höfischen bildung
erheben können.
Wigalois.
Auch im Wigalois liegt der ursprüngliche erzählungsstoff
noch vielfach erkennbar zu tage, doch sind die grundzüge nicht
mehr so leicht herauszufinden wie im Lanzelet, da die hand-
lung verwickelter ist.
Den kern der erzählung bildet die geschiente von Amena,
welche durch ihre botin Nereja den Wigalois gegen ihren feind
Roaz von Glois, der ihr land in besitz genommen, zu hilfe
rufen lässt, dafür sie ihm ihre tochter Larie zum weihe gibt
Das ist das Verlockungsmotiv, mit der änderung, dass die dame
nicht sich selbst, sondern ihre tochter dem befreier hingibt
Die hauptpunkte decken sich mit der irischen sage von der
krankheit Cuchulinns, auch die personell lassen sich gleich-
stellen: Amena und Larie, welche ursprünglich eine person
ausmachten, entsprechen der göttin Fand, ihre botin Nereja ist
Liban, Wigalois ist Cuchulinn, Roaz vertritt die stelle des
feindes. Es lassen sich noch engere beziehungen, auch in
nebenzügen, herstellen: im WTigalois und noch mehr im fran-
zösischen Chevalier du Papegau ist die botin unfreundlich
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MÄRCHEN IM nö FISCHEN EPOS.
31
gegen den helden, weil sie statt des unbekannten jünglings
einen erprobten käinpfer als helfer gewünscht hätte und sie
behandelt darum den Wigalois schlecht: — in Serglige Concu-
laind ist die botin Liban ärgerlich darüber, dass zuerst nur
Loeg, der wagenlenker Cuchulinns, an seines herren statt ihr
ins land der Side folgt, und es entsteht eine gereizte Unter-
haltung zwischen ihnen. Dann wäre ferner auf die ähnlich-
keit der namensformen der helden hinzuweisen: altir. Cüchu-
lainn und afranz. Guiglain (dies ist nach Zimmer, Zs. f. franz.
spräche 13, 17 f. [vgl. auch Freymond ebda. 17, 50, anm. 2J ur-
sprünglicher als Guinglain), doch müssten die keltologen ent-
scheiden, ob eine solche herübernahme eines heldennamens aus
dem irischen in den Artuskreis möglich war. Vereinzelt stünde,
so viel ich sehe, der fall nicht.
Der feind der Fand ist in der irischen sage nicht näher
beschrieben (es sind zwei verbündete, Eochaid Iuil und Senach
Siabortha), hier blieb also für den bearbeiter dieses Stoffes ein
freies feld zur nachdichtung. Der Verfasser des afranz. Origi-
nals hat dafür folgendes motiv eingesetzt: ein ungetreuer
vasall erschlägt seinen herrn, bemächtigt sich der regierung
und bedrängt frau und tochter des getöteten (vgl. Saran, Beitr.
21, 364 ff.). Diese geschiente von der ermordung des guten
königs durch seinen treulosen günstliug zusammt dem umgehen
der armen seele, die ihrem erlöser den weg zu dem mörder
weist, ist ganz anderer herkunft als das irische grundmotiv
von der Verlockung des Wigalois durch Amena. Es ist eine
sage, die auf reale, historische bedingungen zurückgeht, die
also etwa folgenden ereignissen entspricht: ein grosser des
reichs ermordet den fursten und reisst die herschaft an sich.
Mit dieser sage ist dann der bekannte aberglaube verbunden
worden, dass die seele des ermordeten umgehen muss bis sie
an dem täter gerächt ist, und ferner der glaube, dass solche
grandiose Verbrecher ein bündnis mit dem teufel geschlossen
haben müssen (Wig. 90, 32 ff.). Damit nun ist schon der Über-
gang auf das religiöse gebiet gemacht : die arme seele soll von
ihrer pein erlöst werden, damit sie zur ewigen ruhe eingehe;
der mörder, der teufelsbündler, ist der Widersacher gottes und
deshalb wird er zum beiden gestempelt, womit dann weiterhin
die orientalischen beziehungen in dem gedichte zusammenhängen;
32
EHR IS MANN
seine werke sind die werke des teufels, gegen höllenspuk aber
und zauberwesen schützt gebet und segen, die ja Wigalois
mehrfach anwendet : kurz der grund zu der religiösen Stimmung,
die das gedieht durchzieht und die gerade in jenem kämpfe
mit Roaz so stark hervortritt"), stellt in Zusammenhang mit
der aufnähme dieser sage. Dieses zweite motiv ist also
eine volkstümliche gespenstersage, die in ihrem kerne mit der
Hamletsage ähnlichkeit hat. Auch die naturstimmung ist in
dem stil einer gespenstergeschichte gehalten: nebel steigt aus
dem moor 173, 22, der niond bricht plötzlich durch die wölken
und wirft einen fahlen schein auf das zauberschloss 181, 31.
Auch im Wigalois wird der abschluss lang gedehnt durch
die Schilderung höfischer festlichkeiten und anderer Vorgänge
modern höfischen stils. Dagegen haben die lehren, die Gawein
am ende, 2^*3, 17 ff., seinem söhne, dem nunmehr könig gewor-
denen Wigalois, gibt, ebenfalls eine parallele in Serglige Con-
culaind. Dort ist nämlich ein stück eingeschaltet, das die
lehren enthält, die Cuchulinn seinem pflegesohn, dem zum ober-
könig von Irland erwählten Lugaid, erteilt (LU. 25 f. Windisch,
Altir. texte 1, 213 f. Zimmer, Zs. f. vgl. spracht 28, G12 f.). Bei
der Verschiedenheit der sitten und lebeusanschauungen der
höfischen gesellschaft und des irischen heldentums kann frei-
lich keine nahe Übereinstimmung zwischen beiden teilen erwartet
werden und andrerseits können auch die vorhandenen gleichungen
keinen Zusammenhang zwischen dem französischen roman und
der irischen sage beweisen. Doch ist überhaupt schon die tat-
sache, dass solche lehren auch in den text von Cuchulinns
krankheit eingeschaltet sind, immerhin erwähnenswert, Es
sind, wie die lehren des Guruemanz im Parzival, allgemeine
erfahrungssätze, die auf Weltkenntnis und lebensklugheit be-
ruhen, und bilden eine mehr oder weniger vollkommene standes-
moral. Dem gegenüber sind die wirren sprüche, die Herzeloide
') Indem Wigalois dem beiden Roaz gegenübergestellt wird, ist ein
ansatz dazu gemacht, dem Artusritter zugleich den Charakter des christ-
lichen ritters zu verleihen. Hierin wie Uberhaupt in der beimischung des
religiösen dementes kommt der Wigaloisroman überein mit dem afranz.
roman von Durmart le Galois (vgl. zu diesem Stengel in seiner ausgäbe
s. fiOOft". Kirchrath, Li Romans de Durmart le Galois u.s. w., Ausgaben n.
abhandlungen 21, 7 fF.).
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MÄRCHEN IM HÖFISCHEN EPOS.
33
dem scheidenden söhne mit auf den weg gibt, ohne innern Zu-
sammenhang und zum teil ganz nichtssagend. Eigentlich sind
diese lehren der mutter auch mehr ein technisches mittel für
den aufbau der erzählung als durch sich selbst wirkende
lebenswahrheiten und dienen dazu, um den rahmen zu bilden
für die kommenden ereignisse, in welcher beziehung sie auf
der stufe der Ruodlieblehren stehen, wie Singer nachgewiesen
hat (Abhandlungen zur germ. philol., festgabe für Heinzel, s.359.
Heinzel, Gralromane s. 23).
Die Widersprüche in der Vorgeschichte hat Saran a.a.O.
s. 325 ff. auf ihre entstehung zurückgeführt. Zwei erzählungen
sind verschmolzen, die von Joram- [Florie] - Gawein und die von
Gawein-Florie.
1) Das Joram-motiv. Joram ist herscher eines feenlandes,
das als höchst liebliche gegend geschildert wird (21, 14 ff.),
von wasser umgeben wie die inseln der seligen; seine nichte,
Florie, ist eine fee. Sie liebt Gawein, er wird in ihr reich
gezogen, aber er sehnt sich in die weit zurück und verlässt
sie. Hier also liegen wider die beiden motive der Verlockung
und des verlassens vor. Joram ist eine figur des verlockungs-
motivs, er tritt ausser tätigkeit, sobald er seine aufgäbe, Gawein
der fee, seiner nichte, zuzuführen, vollbracht hat, und ver-
schwindet aus der erzählung.
2) Das Gawein-Florie-motiv. Den verlauf hat Sarau a.a.O.
dargestellt. Auf einer abenteuerfahrt kommt Gawein auf das
schloss der Florie, die liebenden zeugen einen söhn, Gawein
verlässt die geliebte (s. 326 ff.). Der söhn, herangewachsen,
fragt die mutter nach seinem vater, die aber kann ihm nur
wenig auskunft geben. Da zieht er in die weite weit, um
selbst seinen vater zu suchen. Möglicherweise liegt in der
eigentümlichen abstammung des Wigalois ein nachklang an
Cuchulinns geburt, von der zwei verworrene berichte über-
liefert sind (Compert Conculaind, Windisch 1, 134 ff.), die
darin übereinstimmen, dass Setanta - Cuchulinn von den Side
stammt, also wie Wigalois aus dem reiche Jorams, dem feen-
lande. Aehnlicher aber sind die umstände bei der geburt
Maelduins (Zimmer, Zs. fda. 33, 150 ff.): Ailill, ein krieger, tut
auf einem plünderungszuge einer nonne gewalt an. Sie fragt
Beiträge im geschiente der deutschen spräche. XXX, 3
mm
MANN
ihn nach namen und familie und sie trennen sich. Kurze zeit
(Ini auf wird Ailill von Seefahrern erschlagen. Beider söhn ist
Maelduin. Er wird von einer pflegerin erzogen, ohne seinen
namen zu kennen. Nachdem er herangewachsen, erfragt er
ihn von seiner mutter, die ihn nur widerstrebend nennt Dann
zieht er aus. um seinen vater an den Seeräubern zu rächen.
Die erziehung des Wigalois. Wigalois wird einer mäch-
tigen königin übergeben (auch Maelduin wird nicht von der
mutter, sondern von einer pflegerin erzogen) und erhält eine
sorgfältige erziehung von den besten rittern: 36.13 si lertenz
(das kind) riten unde gen, mit zühten sprechen unde sten . . .
aller hande riter spil lerten in die riter vil: ebenso wird die
treffliehe erziehung Ouchulinns auffallend stark hervorgehoben,
er erhält die besten männer im reich zu lehrern sowol in
spnielie und wolredenheit als in den künsten des krieges (auf
die ausführliche behandlung der erziehung des jugendlichen
Alexander, Vor. hs. 103 ff. Strassbg. hs. 191 ff. sei ebenfalls ver-
wiesen). Durch diese ritterliche erziehung unter männern
unterscheidet sich die jugendgeschichte Wigalois' von der
Lanzelots und Parzivals, die gerade umgekehrt von allem
kriegsspiel ferngehalten werden und die waffenkünste erst
nach Ihrem auszog aus dem jugendlande lernen: in nach-
ahmung davon erhält dann auch Wigalois, zum zweiten mal
(vgl. Sarau s. 828), an Artus' hofe von Gawein die lehren des
rittertunis. Hin motiv aus der jugendgeschichte Lanzelets ist
es endlich auch, wenn Wigalois frauenerziehung neben der
durch die rit t er geniesst: streun in die riter liezen, so namen
in die froutven wider 80,35, und dies ist wider ein Überrest
davon, dass das land, wo er aufwächst, das frauenland, d.h.
ein feenreich ist, In der darstellung von Wigalois' erziehung
sind also drei züge aus verschiedenen quellen zusammengeflossen:
l) die vortreffliche erziehung durch männer in künsten des
friodens und krieges wie in der Ouchulinn- [und Alexander-]
sage; 2) die frauenerziehung wie im Lanzelet; — 3) die
zweite ausbildung in den ritterkünsten aus der Lanzelet-
Pnrzival-sage.
Hei den romanen Chrestiens, dem Erec, Iwein und Parzival,
sind die Urformen nicht so deutlich zu erkennen, weil der
dichter den gegebenen stoff mit selbständig gestaltender
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MÄRCHEN IM HÖFISCHEN EPOS.
35
Phantasie zu höheren gebilden umgeschaffen hat. Am meisten
verwischt ist das märchenhafte element im Erec.
Erec.
Als constituierende factoren dürften wol folgende zwei
glieder der erzählung herauszuheben sein: 1) der so stark be-
tonte Standesunterschied zwischen Erec und Enite, und 2) das
verbot des redens. Setzt man diese beiden festen punkte zu
einem märchenthema zusammen, so bekommt man am ehesten
folgendes bild: ein held hohen Standes heiratet ein armes
inädchen, legt ihr aber das verbot auf (gess), sie dürfe nicht
reden, was auch von seltsamem sie an ihm sehen werde. Sie
bricht dieses gebot, indem sie in klagen sich ergeht über sein
verliegen, das ihr seltsam an ihm vorkommt, und damit ist das
erregende moment gegeben für die folgenden abenteuer, bei
denen sich die Verletzung des Verbotes jedesmal widerholt. Tn
den bereich der mythischen Vorstellungen übertragen heisst
das: ein held von göttergeschlecht vermählt sich ein irdisches
weib und legt ihr das verbot auf zu reden, wenn sie etwas
auffallendes an ihm bemerke. Das ist ein Schema ähnlich der
schwanrittersage und somit auch der irischen, jedoch erst in
einer hs. des 14.jh.'s überlieferten sage von Bress in der er-
zählung von der schlacht von Mag Tured. — Die eigentliche
erzählung beginnt schon wie ein märchen: ein königssohn
kommt in die hütte eines armen mannes und verlangt dessen
tochter zur frau, aus bettelhafter dürftigkeit wird die arme
plötzlich in glänz und reichtum erhoben.1) Dabei nichts von
jenen selbstverständlichen höfischen ceremonien wie huldigung
und minne werben, ja von liebe ist nicht einmal die rede, un-
höfisch sogar die anspräche an die verlobte guot frou magt 803.
Und so ist dann überhaupt das ganze Verhältnis zwischen dem
mann und der frau umgekehrt von der höfischen sitte: wie im
heimischen minnesang ist der mann auch der herre, die frau
») Die verlöbnisscene, bei Chrestien v. 658 ff., bei Hartmann v. 498 ff.,
ist in den details der Wirklichkeit nachgebildet: Erec wirbt beim vater
um die braut, das mädchen selbst wird nicht gefragt, der vater übergibt
ihm die tochter zugleich mit seinen waffen, Erec verspricht ihm als kauf-
preis die kröne seines reiches; dazu bei Hartmann das formelhafte gerne
nrmen v. 569 beim eheversprechen, vgl. M. Helmbrecht 1514 ff.
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EHRISMANN
die sich unterordnende, dienende. Wir können auch versuchen,
historisch zu ergründen, weshalb der dichter, worauf G. Paris,
Rom. 20, 162 aufmerksam macht, die gefühle Erecs in einem
mysteriösen dunkel gelassen hat, während Enite die ihrigen
bei jedem neuen Umschwung äussert u.s. w., indem wir von
dem begriffe des gess ausgehen: derjenige, der das gess ver-
hängt, bleibt in starrer gleichmässigkeit, seine gefühle werden
auch durch den bruch des Verbotes nicht gesteigert, umgekehrt
hat der dem gess unterworfene durch Verletzung des gebotes
aufs empfindlichste zu leiden. Allerdings mag noch ein künst-
lerischer beweggrund mitwirken, dass Chrestien Enites seelen-
schmerz so stark hervortreten lässt: er will das wesen der
weiblichen seele zeichnen und verweilt deshalb vornehmlich
bei den empfindungen der heldin.
Auf sagenhaftem hintergmnd baut sich dann wider der
schluss des gedichtes auf, die doppelepisode von Brandigan und
Joie de la curt, die mit dem hauptthema vom Zerwürfnis und
der widerversöhnung der gatten nichts zu tun hat (G. Paris,
Rom. 20, 152 ff.). Die ausgangspunkte für die deutung, die sich
aus Chrestiens darstellung selbst ergeben — wobei besonders
die örtlichkeiten wider die sichersten merkmale bilden — , sind
folgende: 1) schloss Brandigan ist das totenreich, denn dort
sind die freudelosen frouwcn eingeschlossen, die bürg ist ein
Fomore-schloss; — 2) Joie de la curt dagegen ist, wie schon
längst erkannt, ein feenland, die herrin eine fee. Das weitere
ist verdunkelt, und hier müssen zur auslösung der ferneren
grundzüge verwante scenen anderer epen zum vergleich bei-
gezogen werden (eine vielfach andere auslegung gibt E. Phi-
lipot, Rom. 25, 258 ff.). Die Schwierigkeit liegt darin, dass zwei
ursprünglich getrennte märchentypen in einander verschlungen
sind, und diese entstehungsart, aus typenvermischung, ist auch
der grund zu der von G. Paris, Rom. 20, 154 f. gerügten wider-
spruchsvollen und unklaren darstellung Chrestiens. 1) Die
grundlage für die erzählung von Brandigan ist das befreiungs-
motiv. Wir haben die bürg, das ist das schloss der toten, die
gefangenen frauen und ihre befreiung, aber der räuber und
Wächter der gefangenen des totenreiches tritt in der scene
selbst nicht auf. Es ist Mabonagrin, der hüter des feengartens
Joie de la curt, denn er hat die frauen durch erschlagung
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MÄRCHEN IM HÖFISCHEN EPOS.
37
ihrer männer zu gefangenen gemacht und durch seine besie-
gung werden sie wider erlöst. Diese figur erscheint also nicht
in der Brandiganscene, sondern sie ist an die von Joie de la
curt vergeben. — 2) Die hofesfreude ist, wie erwähnt, ein
feenland, aber das motiv, das sonst mit den feen verknüpft
ist, das der Verlockung, fehlt hier und die tragende idee ist
allein die erprobung der tapferkeit. l) Im hintergrund liegt
allerdings die geschiente von der fee, die einen sterblichen
neiden an sich zieht und in gefährliche kämpfe verwickelt
(Chrestien war mehrfach genötigt, um die erzählung dem plane
seines romans anzupassen, die ursprüngliche form des themas
zu verlassen. Als erklärung für das abenteuerliche unter-
nehmen der beiden ehegatten hat er die liebeslaune der dame
eingeführt, auch musste der schluss geändert werden: Erec
konnte die fee nicht heiraten, da er schon an Enite vergeben
war; in folge davon konnte der dichter den Mabonagrin am
leben lassen und dadurch seinen helden Erec aufs neue mit
einem schönen zug von grossmut ausstatten). — Derjenige
also, an dem der held in der Joie de la curt-episode seinen
mut zu erproben hat, Mabonagrin, ist hüter des gartens.
Weshalb ist dieser gegenspieler in der mutprobe gerade ein
*) Die episode von der hofesfreude stellt in naher beziehung zu dem
abentener dea Bians desconneus bei der fee Weisshand, wie Philipot a.a.O.
erwiesen hat (doch ist dazu die benierkung von G. Paris am Schlüsse des
aufsatzes s. 294 zu berücksichtigen). Dieser roman zeichnet sich durch eine
klare disposition aus: Erste geschichte, A: a) die dame mit den weissen
händen lässt den unbekannten durch eine botin holen, er besteht die tapfer-
keitsprobe und besiegt den Wächter des gartens, 0) aber der held zieht
wider in die weit zurück, kann jedoch die fee nicht vergessen, kehrt wider
zu ihr zurück und wird nach schweren prüfungen wider von ihr auf-
genommen. Der erste teil, a, ist = der episode von Joie de la curt, die
ganze erzählung, Aß und Aß, hat das nämliche schema wie der Iwein.
An die erste geschichte, A, die die grundlage bildet (anders Saran, Bcitr.
21,294) ist eine zweite, B, angeschlossen, welche mit jener ursprünglich
gar nichts zu tun hatte. Es ist die erlösung einer in eine schlänge ver-
zauberten jnngfrau durch den kühnen kuss. Die zweite, secundäre ge-
schichte ist zum teil in die erste hineingeschoben, wodurch viele Ungereimt-
heiten entstehen. Die wahre absenderin der botin ist die fee (Hippean
v.4893), nicht die verzauberte schlänge (v. 8285). Die fassung des afranz.
gedichts ist ursprünglicher als die des englischen und die des italienischen
Carduino, welche A an bedeutung unter B zu einer blossen episode herunter-
drücken.
38
EHRISMANN
Wächter? Woher stammt der begriff des Wächters? Das
land der glückseligkeit, wo die feen wohnen, hat keinen
Wächter und nicht mit kämpf dringt man dort ein, sondern
durch Verführung: der Wächter stammt aus dem befreiungs-
motiv, dort hat er seinen platz und so nähert sich überhaupt
die scene von Joie de la curt, wo eine dame in einem unnah-
baren garten von einem riesigen ritter bewacht wird, der form
einer befreiungsgeschichte. Mabonagrin, der Wächter, ist ein
riese, wie die Fomore des totenreichs, und entspricht dem Me-
leaganz im Karrenritter, der den kämpf gegen die in das land
ohne widerkehr eindringenden befreier der Ginover führt; ja
selbst der raub dieser königin durch Meleaganz klingt nach,
denn Mabonagrin hat seine geliebte hierher zu seinem oheim
in die hofesfreude entführt, Chrest. 6281. Hartm. 9479. Damit
aber, dass Mabonagrin dublette des Meleaganz ist, ist weiter
gegeben, dass er zum gatten der entführten dame gemacht
wurde, denn Meleaganz ist gemahl der geraubten Ginover und
war ja schon früher ihr Verlobter. — Es sind also in der ge-
schiente von Brandigan-Joie de la curt die zwei irischen dämonen-
reiche neben einander gestellt, die Fomoreburg und das feen-
land, und dasselbe ist der fall im Lanzelet (Iwerets bürg und
Vals Ible), im Iwein (Ascalons bürg und die landschaft mit
dem brunnen, die bürg des schlimmen abenteuers und der
baumgarten), im Parzival (Schastel marveil uud Gramoflanz'
garten).
Endlich erscheint in dieser Schlussepisode des Erec noch
eine weitere person, die eigentlich keine ausgesprochene funetion
hat, das ist der könig Evrains von Brandigan, ein verschwom-
mener Charakter, ein milder aber schwacher mann, der, ob-
gleich herr des landes, doch nicht verhindern kann, dass die
Unternehmer des abenteuers von Joie de la curt ins Unglück
rennen. Auch über diesen mitspielet' gibt der Karrenritter-
roman aufhellung. Entspricht der wilde Mabonagrin dem
Meleaganz, so ist Evrains, der oheim des Mabonagrin, gleich
Bademagus, dem vater des Meleaganz. Es sind dieselben
Charaktere, auch Bademagus eine versöhnliche natur, der seineu
söhn von gewaltsamkeiten abzuhalten sucht und dem fremd
ankommenden, dem Lancelot, freundlich gesinnt ist wie Evrains
dem Erec.
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MÄRCHEN IM nöFISCHEN EPOS.
39
Diese nebenfigur im totenreiche, ein könig Bademagus-
EvTains neben dem eigentlichen zwingherrn Meleaganz-Mabo-
nagrin, muss ihren Ursprung in der sage haben, denn sonst
wäre sie, überflüssig wie sie ist, in den epen nicht mitgeführt
worden. — Im Erec ist auf Eyrains die rolle des warners
übertragen, welche auch das volk der Stadt gegenüber Erec
zu vertreten hat (Chrestien 5704 ff. Hartm. 8085 ff.).
Jene in der summe der sittlichen kräfte so stark betonte
ritterpflicht: 'du sollst dich nicht verliegen', die ja ganz der
lebensanschauung des rittertums der blütezeit entspricht, be-
gegnet doch ebenso schon in Serglige Conculaind: Emer, Cuehu-
linns frau, tritt an das lager des liebeskranken, der sich in sehnen
um die fee verzehrt, und spricht zu ihm: 'schäme dich, dich
wegen frauenliebe hinzulegen' (is mcbul duit laigi fri bangrdd,
Windisch 1, 216, 10. Thurneysen, Sagen aus dem alten Irland
s. 92). Also ist das sichverliegen aus minne keineswegs ein
für das rittertum allein charakteristischer gedanke und kann
nicht als französische erfindung geltend gemacht werden.
Ausmalende oder beiläufig eingestreute nebenzüge, die sich
ebenfalls auf keltische Überlieferung zurückführen lassen, sind
folgende:
In Joie de la curt ist ein ring von eichenpfählen gezogen,
auf welchem die köpfe der von Mabonagrin besiegten zwei-
kämpfer stecken (Chrestien 5780. Hartm. 8768). Es war aber
irische sitte, den feinden die köpfe abzuschneiden und sie als
Siegeszeichen im hause aufzubewahren oder auch auf Stangen
zu stecken. So sind abgeschnittene köpfe auf einem gitter
angebracht, das die bürg des Scath (land des Schattens) um-
gibt, Zs. f da. 32, 253. Heinzel, Gralromane s. 23; übrigens be-
gegnet diese sitte öfter bei Völkern primitiver cultur, vgl. Phi-
lipot a. a. o. s. 260 anm. — Die Schilderung der macht der fee
Morgan, Chrest. 4216. Hartm. 5155. — Maeloas, der herr der
gläsernen insel, Chrest. 1946. Hartm. 1918 (= Meleaganz; er
ist im Parzival in zwei personeu gespalten, Meljanz und Mel-
jacanz), vgl. G. Paris, Rom. 10, 488 ff. Rhys, Arthurian Legend
s. 51 u.ö. — Guingomars, herr der insel Avalon, der held des
lais gleichen namens, freund der fee Morgan, Chrest. 1954.
Hartm. 1929 (Gimoers). — Die brüder Bilis und Brien, jener
der kleinste, dieser der grösste aller menschen, Chrest, 1994 ff.
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40
EHRISMANN
Hartm. 208G, sind die britischen bruderkönige Belinus und
Brennius, vgl. u. a. Gottfrid v. Monmouth 3, 1 ff.; sie kommen
auch in der Krone 2341 f. und 2896 f. und sonst oft in den
Artusepen vor. — Keltisch ist auch die nähere bestimmung
des Personennamens durch den namen des vaters, wie Erec fils
du roi Lac, vgl. Manannan mac Lir.
Den kern der handlung bildet die quellengeschichte. In
diesem abenteuer kehren die hauptsächlichsten ereignisse von
Joie de la curt zugleich mit den bezüglichen personen wider:
Laudine steht an stelle der fee der hofesfreude, ihr gatte
Ascalon als hüter des reichs an der Mabonagrins, der sieger
Iwein entspricht dem sieger Erec. Die Weiterbildung der er-
zählung, die im Erec abgebrochen ist, nimmt im Iwein den
folgerichtigen verlauf: tütung des gegners und erringung der
dame; ausserdem ist die ausstattung hier viel reicher als in
jener anhangsepisode des Erec. Zunächst tritt die gestalt der
Lunete hinzu. Diese hat die aufgäbe, den beiden mit der
dame zusammen zu bringen, spielt also die rolle, welche sonst
der botin im Verlockungsmotiv zufällt, und tatsächlich ist sie
im englischen Morte d'Arthur eine botin der dame Liones. Sie
stammt also aus dem verlockungsmotiv und nimmt dieselbe
stelle ein wie Liban. die abgesante der Fand, in der erzählnng
von Cnchulinns krankheit. Endlich vertritt auch Kalogreant
eine gestalt jener sage, nämlich den wagenlenker Loeg, der
zuerst statt seines herrn dem rufe der fee folgt und ihm be-
richt über das Wunderland erstattet. Selbst die weiter zurück-
tretenden mitspieler, der ritter mit dem Sperber und der wald-
mensch, sind von dem dichter nicht lediglich selbst erfunden,
sondern es sind die typen des warners und Wegweisers, denen
die rolle zugeteilt ist, den beiden zum besuch des däinonen-
landes hinzulenken — denn der warner kann ebensowol auch
ein förderer des bedenklichen Unternehmens sein, da die Vor-
stellung der gefahren für den abenteuerdurstigen sinn des helden
nur ein reizmittel mehr sein musste sie aufzusuchen (diese
nebenwirkung beiseite gelassen hat die figur des warners der
Artusromane ein gegenstück an dem getreuen Eckart vor dem
berg der frau Venus). Auch die örtliche Umgebung stammt
Iwein.
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MÄRCHEN IM HÖFISCHEN EPOS. 41
aus der keltischen sage, so der herrliche wald Breziljan, daz
ander paradise 687 (= Erec 954) mit dem brunnen; davor
lagern wilde tiere, welche der waldmensch einschläfert, wie
Malduc die drachen vor Falerins bürg in schlaf versenkt, um
Artus und seinem beer den weg zu bahnen; die in Ascalons
schloss führende brücke bedeutet, wie auch sonst jene gefähr-
lichen brücken in den verwanten romanen, den Übergang in
die andere weit.
Die urfabel für die sage von Laudine lautet also, unter
steter vergleichung mit der Schilderung von Joie de la curt:
Laudine ist eine quellnymphe (die fee von Joie de la curt
ist ein Sideweib und herrin eines wonnelandes), zur Verteidi-
gung der quelle hat sie einen hüter angestellt (Ascalon =
Mabonagrin), der held, der diesen besiegt (Iwein = Erec)
erringt sie zum weibe (fehlt in Joie de la curt). Hier sind
sichtlich schon zwei ursprünglich getrennte motive zusammen-
geflochten: 1) die fee liebt einen sterblichen und sucht diesen
an sich zu locken (figur der Lunete, Verlockung, fehlt in Joie
de la curt), und — 2) der held kann die fee nur erringen
durch besiegung des Wächters (mutprobe, = Joie de la curt).
Dazu kommt dann als drittes moment eine specialisierung da-
durch, dass der Wächter zum gatten der fee gemacht wird
(Ascalon = Mabonagrin), der erschlagen wird (während er in
Joie de la curt am leben bleibt), und diese benutzt der dichter,
um der äusseren handlung ein starkes ethisches interesse bei-
zumischen. Damit aber ist die letzte, dramatische Zuspitzung
einer sagenentwicklung erreicht, die folgende stufen durch-
läuft: 1) einfachste form, die Lanval-Gralantsage (s. s. 16): ein
ritter trifft eine quellenfee im walde, sie selbst, die ihn liebt,
ist die veranlasserin des Zusammentreffens (Verlockung, nur
die minne bildet die treibende kraft in dieser scene); — 2a) zu
der Verlockung tritt die tapferkeitsprobe: Biaus desconneus
(neben die minne tritt das heldentum als treibende kraft); —
2 b) eine Verwicklung ist angebahnt in Joie de la curt dadurch,
dass der Wächter, das object der tapferkeitsprobe, zum gatten
der fee gemacht wird (der aber nicht getötet wird); —
3) consequente durchführung von 2 b): das object der tapfer-
keitsprobe ist der gatte, er wird erschlagen: Laudine —
Iwein. Hier setzt nun das motiv von der treulosen witwe ein.
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42
EHRISMANN
Es konnte sich auf dem geschilderten wege, zumal wenn man
hinzudenkt, dass in Sergl. Conc. die fee Fand ihrem galten
Manannan untreu wird (s. nachher), aus Vorstellungen, inner-
halb derer sich die matiere de Bretagne bewegt selbst ent-
wickeln (s. oben bei Mabonagrin s. 37 f.), ohne Zuziehung von
weiter hergeholten, etwa antiken elementen (matrone von
Kphesus); aber man wird doch bei dem grossen reiz, den die
classische literatur auf die phantasie der gelehrten und dichter
des 12. jh.'s ausübte1), gern der annähme sich zuwenden, dass
Chrestien spätclassische erinnerungen vorgeschwebt haben, als
er den letzten schritt tat, den zur symbolisierung, und den in
den feensagen vorgebildeten Stoff zu einer tragödie der weib-
lichen schwäche ausgestaltete.
In der auffassung von der quellengeschichte als reflex
der erzählung Serglige Conculaind bin ich in der hauptsache
Brown gefolgt oder auch auf andern wegen zu demselben
ziele gelangt. Doch möchte ich gegenüber den Übereinstim-
mungen zwischen Iwein und Sergl. Conc. doch die abweichungen
stärker betonen. Zwar folgt die weitere entwicklung des Iwein-
romans immer noch dem thema von Sergl. Conc: Iwein verlässt
seine frau wider und verfällt in Wahnsinn, von dem er durch
eine salbe geheilt wird (zum wahnsinnsmotiv s. oben s. 24),
gerade wie Cuchulinn; aber das ende ist verschieden: Iwein
kann die weit draussen nicht ertragen und kehrt sehnsuchts-
voll zu seinem dämonischen weib zurück: — das ist Tannhäuser
(vgl. Philipot a.a.O. s. 264), während umgekehrt Cuchulinn die
fee verlässt, die wider zu ihrem gatten kommt, dem gott des
meeres, der über die see reitet, sie heim zu holen: — das ist
Undine. Vor allem aber ist entgegenzuhalten, dass die ge-
nauere widergabe der hauptzüge von Sergl. Conc. der Wi-
galois bildet, während die quellengeschichte vielmehr nur
eiuzelheiten mit Sergl. Conc. gemein hat. Zur erklärung der
person Ascalons, der als gatte der fee an die stelle Manannans
getreten ist, inuss man, wie ich glaube, auch andere Artus-
romane beiziehen, denn die ursprünglich sagenhaften demente
') Alfons Hilka weist eine parallele zum charakter der Laudine auf
in jenem der Jokaste im Roman de Thi-bes (Die directe rede als stilistisches
kunstmittel in den roraanen des Kristiau von Troyes s. 128, anm. 1); vgl.
auch die entsprechende erzählung im roman Von den sieben weisen meistern.
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MÄRCHEN IM HÖFISCHEN EPOS.
43
sind in den höfischen epen nunmehr literarische raotive und
schon zu starren formeln geworden, die vom dichter beliebig
verschoben werden konnten. Ascalon wurde oben dem Mabo-
nagrin gleichgesetzt, jenem typus des Wächters und unter-
liegenden kämpfers der dame. Mit Manannan hat Ascalon
nichts mehr gemein, dieser ist nicht der hüter des reichs noch
der frau, er kämpft nicht für diese, er ist gott des meeres und
als solcher unsterblich. Für diesen konnte aber leicht eine
andere, eine beliebte romanfigur wie Mabonagrin - Meleaganz
eingeschaltet werden, denn der meergott steht in Sergl. Conc.
ganz im hintergrund und greift erst am schluss, wo die Über-
einstimmung mit dem Iwein aufhört, handelnd ein; die sage
bot somit für diese person keine bestimmten anhaltspunkte und
liess dem ausgestaltenden dichter freien Spielraum. Auch im
Wigalois ist an Manannans stelle ein anderer getreten, nämlich
das gespenst des ermordeten königs.
Von den einzelnen episoden hat sonst nur noch der 'kämpf
mit den riesen', das 'schlimme abenteuer', einen reicheren sagen-
haften hintergruud. Iwein besiegt zwei riesen, befreit dadurch
die in der bürg gefangenen arbeit erinnen, trifft im garten den
schlossherm mit seiner familie, der ihm nach bestehung des
abenteuers seine schöne tochter zur frau geben will. Das ist
eine Umformung der scenen von Brandigan und Joie de la
eint, die hier noch enger mit einander verbunden sind als im
Erec. Doch liegt zum unterschied von der darstellung im Erec
der Schwerpunkt hier auf der befreiung der frauen, nicht auf
dem kämpf um den garten. Die bürg mit den arbeiterinnen
ist Brandigan mit den fröudelösen frouwen, der baumgarten
ist = Joie de la curt, der burgherr, auch in seinem unfertigen
Charakter, ist = Evrains, die tochter = der fee der hofes-
freude, und darin, dass Iwein sie heiraten soll, liegt noch eine
erinnerung an den ursprün glichen ausgang des motivs, wonach
der sieger die braut erringt. Für Mabonagrin sind die zwei
riesen eingetreten, die hier die [toten] bürg, nicht wie jener
den [feen] garten bewachen: sie stehen für die drei Fomore,
mit denen Cuchulinn um befreiung des zum tribut bestimmten
mädchens kämpft (s. oben s. 17); die arbeiterinnen, die als löse-
geld für ihren fürsten in der bürg frohnden müssen, stellen
den den Fomore geleisteten menscheiitribut dar.
Tu. lern [x~in ron der .unir^n *-hwester als rechtsbeistand
g*<ren die altere gerufen wirl ander» beispieie für diesen, Vor-
gang gibt Martens. R*;man. studio 3. nl* . beg^men wir wider
'irni 211m verli/ekttiursmoriv gehörenden zug. iass ein held von
einer fee gegen einen mächtigen gegner zu ailre gerufen wird.
Dem «ich -laran ansciiliessenden iampri zwiscneu den freunden
Iwein and «ifaweüi 1 widerum ein beliebtes muäv. denn ebenso
kämpren Erec and GaiTren. Gawan and Parzival 1 lassen sich
in der irischen sa*e dir iwe&Jtmpfe zwischen Cuchulinn nnd
.«einen blui>r rennen F-r Baeth and Fer Diad an die seite
stellen i± Zimmer. Zs. f. vgl spracht 2>. 4.S.5. 4c3. Zs.f-ia.32.200 ff.).
— Die strafe der Lauere, die w^tren Iandesverrurs zum feuer-
tode verurteilt wird, berühr: wÄ aof keltischen reehtsfonnen,
denn schon Orgetorti war als landesrerri:er derselben strafe
verfallen. Ciaar. BelL galL L 4 «der s^ion Procillns wird von
Ariovist zum feuertet! benimmt, ebda. L5.3». — Nor kurz will
ich hier darauf hinweisen, dass aach in der Cuchulinn-sage
eine ngur vorkommt, die wie Therdtes und Kei das verneinende
element bildet, das ist Bricriu nemthenga ivgl. Zimmer.
Zs. fda.33. 152, IBM. 2). Bricriu giftzunge. jgLCertes. Keus,
ja fnuiez crer"^, fet la mint, au mmn cuulitr, se nt cos poissies
tuidier iel c<ntn iLn cos estes plains. Chrestiens Yvain 86.
Parzival.
Hier folgen auf eine jusrendgeschichte (A) zwei haupt-
handlungen, die neben einander hergehen, die rein weltliche
abenteuerfolge Gawans (B) und die zum symbol sittlicher
lauferung ausgebildete gralfahrt Parzivals (C). Diese drei
teile verhalten sich folgendermassen zu einander: A und B
gehören zusammen, sie bilden den einheitlichen lebensgang
eines helden im Stile der matirre de Bretagne und der ganze
anfbau dieses lebensbildes ähnelt sehr dem des Lanzelet in
Zazikhovens roman: (A) die kinder jähre verbringt Parzival in
weltabgeschiedenheit wie Lanzelet Darauf folgt wie dort der
aufzog ins weltleben, wozu wider die irische sage ein seiten-
Ktflck bietet, indem Setanta die mutter verlässt und zu seinem
oheim, dem könig Conchobar zieht, wie Parzival zu seinem
oheim Artus, vgl. Zimmer. Zs. f. vgl. sprachf. 28, 440 und Gott.
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MÄRCHEN TM nÖFISCHEN EPOS.
45
Gel. anz. 1890, 1,519 f.1); endlich die erlernung des rittertums
von Seiten Parzivals wie Lanzelets. Die erringung der Con-
dwiramurs, eine gewöhnliche befrei ungsgeschichte, ist in das
Lanzeletschema hineingesetzt, um einen abschluss von Par-
zivals weltleben zu bilden, und zugleich ist damit die unter-
läge gegeben für das sittliche ideal, das den edeln teil seines
wesens während der zeit seiner Verworrenheit aufrecht erhält,
die treue.
Von Gurnemanz' ritterlehren an bilden die erlebnisse Ga-
wans (B) die directe fortsetznng des ursprünglichen abenteuer-
romans: drei damenaffären wie im Lanzelet, darauf die be-
freiung der gefangenen frauen von Schastel marveil entsprechend
der befreiung der Ginover im Lanzelet, zum schluss der kämpf
mit Gramoflanz, der Zweikampf mit Feirefiz. Das gerüste der
teile A und B zusammen ist also nahezu dasselbe wie in Ul-
richs Lanzelet (erste und zweite Lanzeletgeschichte) und Gawan
ist denn auch in Chrestiens und Wolframs Parzival nichts
anderes als die bekannte, leichtlebige Lanzelotnatur. So liegt
auch keiner dieser episoden ein motiv zu gründe, das nicht
schon dagewesen wäre, aber doch ist jede so eigenartig ge-
wendet, dass der gesammteindruck der einer neuen, eigen-
artigen Schöpfung ist Das erste frauenabenteuer, Obie und
Obilot, beruht auf dem befreiungsmotiv, wobei reminiscenzen
an den Karrenritter mit unterlaufen, denn Meljanz und dessen
verbündeter Meljacanz machen zusammen eigentlich eine einzige
person. d.i. Meleaganz. Meljacanz ist wie dieser ein frauen-
räuber, sein vater ist Poydiconjunz von Gors, also von dem
land ohne widerkehr, wie Meleaganz' vater Bademagus könig
ist von Gorre. Die zwei streitenden Schwestern Obie und
Obilot gemahnen an die töchter des grafen vom Schwarzen
dorn im Iwein, von denen die jüngere ebenfalls den beiden
des romans, also dort den Iwein, zu ihrem kämpfer auserwählt.
— Ein echtes Lanzeletmotiv ist die geschiente von Gawan und
Antikonie, nur in veredelter form: die jungfrau liebt den —
*) Im zusammentreffen mit Jeschute ist ein miirchenzug aufgegriffen
(ein ritter trifft eine dame, eine fee, in einem kostbaren zeit, auf einer
Waldlichtung nahe an einem bache; die mahlzeit; der ring), welcher im
lai von Lanval, dann im Meieranz und im Gauriel v. Muntabel (weiter ab
steht Partonopier und Meliur) klarer zur geltung kommt
46
EHRISMAXX
hier fälschlich dafür gehaltenen — mörder ihres vaters und
stellt sich auf dessen seite gegen den eigenen bruder. So ist
es auch nicht zufällig-, dass gerade diese liebesgeschichte einen
so ausgeprägt sinnlichen Charakter trägt, denn ein solcher haftet
diesem stoff von vornherein an (anders Kinzel. Zs.fda.30,357ff.).
Die heisse liebesglut schafft es eben, dass diese frauen sich
über alle moral hinwegsetzen, mit der denn auch Ulrich im
Lanzelet 4592 ff. die heirat mit dem mörder zu begründen und
zu entschuldigen weiss. — Orgelusens stellune im roman hängt
aufs engste mit Gramoflanz zusammen, dem Wächter und heim
des wundergartens. Sie ist eine brunnennymphe (vgl. u. a.
Martin, Zur gralsage s. 44). Parz. 508, 17. und herrin eines
zaubergartens 511. 21 ff. (vgl. die ähnliche beschreibung von
dem fröhlichen leben in der Stadt zu Brandigan. Erec 8060 ff.)
Sie fesselt Gawan an sich, um ihn als rächer zu benutzen
gegen Gramoflanz. darauf reicht sie ihm ihre hand: das ist
das Verlockungsmotiv wie bei den beziehungen zwischen Fand
und Cuchulinn, Larie-Amena und Wigalois. Eigentlich sind
in Orgeluse zwei ursprünglich getrennte personen zusammen-
gefallen, denn sie ist zugleich fee und dazu botin, die den
beiden zum abenteuer reizt und abholt. Zum botenmotiv ge-
hört die höhnische art wie sie Gawan behandelt, gerade wie
die botin Nereja den Wigalois, nur ist dies benehmen der
damen in beiden epen verschieden begründet: Nereja spottet
aus geringschätzung, Orgeluse, um den helden auf die probe
zu stellen.
Nach den drei damenabenteuern tritt Gawan an seine
grösste leistung, die befreiung der gefangenen frauen im
wunderschloss. Diese Schöpfung des Zauberers Clinschor hat
schon Martin (Zur gralsage s. 42) dem totenreich gleichgestellt
Die läge und beschaffenheit der bürg ist widerum typisch (s.
oben s. 20, eine gläserne säule befindet sich auch in Labrids
schloss, Sergl. Conc Windisch 1, 217, 16; anderes bei Heinzel,
Ueber Wolframs Parz. s. 68). Der eingang in das Wunderland,
Terre marveile, muss erkämpft werden, darum der waffengang
mit Lischoys gwelljus. Vor dem abenteuer begegnen Gawan
personen, die ihn anreizen oder warnen, rätselhafte gestalten,
die zur ausstattung der verwunschenen landschaft gehören.
Die stelle des warners und zugleich Wegweisers vertritt Plippa-
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MÄRCHEN IM HÖFISCHEN EPOS.
47
linot, der vornehme ferge, der fährmaim ins totenreich (er
lässt sich dem reichen fischerkönig vergleichen, der Parzival
zur gralsburg weist). Auch Urians, die lustigen leute im
baumgarten sowie der reiche krämer sind gestalten, die das
abenteuerliche unternehmen Gawans fördern. Neben der bürg
der gefangenen frauen liegt Clinschors wald, ebenfalls von
einem fluss, Sabins, umgeben, mit reissender furt (Ii gwciz
prellitis, gefährlicher Übergang; Gawan fällt ins wasser wie
im Karrenritter, Förster v. 5126): diese anordnung der örtlich-
keiten entspricht der läge von Joie de la curt neben Brandigan
oder dem baumgarten neben der bürg im schlimmen abenteuer
Iweins. Dazu halte man die herren der bürg: auch sie sind
widerholungen eines und desselben typus, denn Clinschor ist
Eyrains und dem alten des baumgartens zu vergleichen; der
Verteidiger des gartens im Parzival, Gramoflanz, entspricht
Mabonagrin. Doch während im Erec und im Iwein bürg und
garten zusammengehören und nur em kämpf nötig ist, finden
im Parzival, entsprechend der reicheren ausgestaltung des
ganzen gemäldes, zwei kämpfe statt, einer in der bürg und
einer im garten (der erstere gleicht wider dem schlimmen
abenteuer insofern, als hier wie dort riesen und löwen im
spiele sind). Immerhin ist die ursprüngliche Zusammengehörig-
keit von bürg und garten im Parzival daran erkennbar, dass
beide werke des Zauberers Clinschor sind. Endlich stehen
auch die weiblichen figuren der drei episoden in parallele, und
zwar Arnive, die gefangene königin, mit den ihrigen zu den
freudelosen trauen von Brandigan und zu den arbeiterinnen
der Pesme avanture; und Orgeluse steht in Wechselbeziehung
zu der dame in Joie de la curt und der tochter des schloss-
herrn im schlimmen abenteuer, denn sie, eine fee, wird vom
helden ebenfalls wie jene durch besiegung des gartenhüters
errungen (der Zweikampf Gawans mit Gramoflanz wird aus
dem gründe nicht zu ende gefochten, weil er für den herrn des
romans, Parzival, aufgespart ist).
Gawans abenteuerreihe wird durch sein zusammentreffen
mit Parzival geschlossen. Auch hier ist also wider ein Zwei-
kampf zwischen freunden die letzte tat wie im Iwein. Im
Parzival findet er an einem flusse statt (Sabins, 678, 19), wie
der zwischen Cuchulinn und Fer Diad.
48 EHRISMANN
In dieses scbema eines abenteuerroinans hineingesetzt ist
dann erst der teil C, Parzivals gralssuche. Während die
Parzival-Gawan-geschichte, A-f B, den stereotypen verlauf
eines romans aus der raatiere de Bretagne nimmt, steht die
erlösung des siechen königs der gralsburg durch die frage
vereinzelt da. Hier ist nicht von Verlockung des helden oder
von befreiuug von frauen die rede. Parzivals tun ist seit
seinem ersten besuch der gralsburg einzig gestellt auf den
leuchtenden punkt des ganzen romans, die erlangung des
grals. Es ist eine erlösungsgeschichte, wie wir sie auch aus
der deutschen märchenweit kennen, hier etwa: ein [keuscher]
junger mensch erlöst eine arme seele, die wegen einer Sünde
in ihrem schlösse verzaubert umgeht, durch die befreiende
frage. Es ist eine gespenstergeschichte. Die gralsburg ist
keine bürg der Fomore, wenn auch einige typische einzelheiten
davon bei ihrer beschreibung herübergenommen sind (unter
anderm wird wider die brücke mehrfach ausdrücklich erwähnt
225, 29. 220, 13. 30 und besonders 247, 22, hier als gefährlicher
Übergang; die bürg liegt an einem see), sondern sie ist ein
verwunschenes schloss. In der Krone, die manche alten züge
bewahrt hat, erwacht Gawein, nachdem er die frage unter-
lassen, am andern morgen auf freiem felde, die bürg ist ver-
schwunden (Martin a.a.O. s.30. Heinzel, Gralromane s.67. Hertz,
Parzival s. 445): ein zauber, wie er in vielen unserer volks-
sagen vorkommt; und der gralherr gibt sich v. 29532 und
sein gesinde selbst als gespenster aus: ich bin tot, stvie ich
niht tot schin, unde daz gesinde min, daz ist ouch tot mit mir.
Dieses Volksmärchen von der erlösung einer verwunschenen
seele enthält also keine ausschliesslich keltischen züge, aber
die fassung, die es im Parzival hat, steht doch, wie Martin
und Heinzel gezeigt haben, der britischen sage vom fortleben
des königs Artus sehr nahe, den seine landsleute im Aetna
an jährlich aufbrechenden wunden siech darnieder liegend
glauben (Gervasius v. Tilbury), die, nach einer andem sage,
von seiner Schwester fee Morgan geheilt werden. Eine in vielen
einzelheiten mit der Schilderung von Anfortas leiden überein-
stimmende geschiente wird in der lat. Visio Tnugdali von dem
irischen könig Cormac erzählt (Wagner s.42ff.): überaus prächtig
ist sein schloss, jedoch hat es nicht türe noch fenster und doch
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MÄRCHEN IM HÖFISCHEN EPOS.
leuchtet es innen, als ob viele sonnen glänzten (der palas der
gralsburg erstrahlt im lichterglanz, Parz. 229, 23 ff.). In einem
der gebäude sitzt auf goldenem throne in reichster kleidung
(vgl. Parz. 231, 2 ff.) der könig, ein festlicher aufzug bewegt
sich zu ihm hin von leuten, die geschenke bringen, goldene
und silberne kelche und becken, die sie dann auf tische setzen,
wobei sie ausrufen: labores manuum tuarum qui tnanducabis,
beatus es et bene tibi erit: ebenso bringen die jungfrauen den
gral vor Anfortas, die kämmerer goldgefässe und Schüsseln und
setzen sie auf tische und es beginnt das essen. Aber der
könig Cormac muss quälen dulden, und bald verfinsterte sieb
das haus und alle bewohner wurden traurig und der könig
erhob sich und gieng weinend hinaus, und bald sieht man,
dass er zur hälfte in ein feuer getaucht (das bis über den
nabel eintauchen ist die strafe für die fornicatores et adulte-
rantes, vgl. Brandes, Visio S. Pauli s. U. 76), zur hälfte in ein
hären gewand gehüllt ist: Anfortas hat durch sieMeit gröziu
fiur und an im warmiu kleit 230, 8 ff. 231, 1 f. Drei stunden
am tag muss Cormac leiden, die übrigen ist er frei: so ist auch
Anfortas zeitweise frei von den plagen. Diese strafe muss Cormac
verbüssen, weil er den eid der ehe verletzt und einen grafen
hat töten lassen: so minnte Anfortas gegen das gebot des
grals und tötete einen gegner im Zweikampf.
Der gral. Was auch das geschichtliche Urbild dieses
wunderbaren gefässes gewesen sein mag, eine seiner eigen-
schaften erinnert doch an irische Vorstellungen: er lässt sich
nur von einer reinen frau tragen, Parz. 235, 25 ff. 809, 9 ff., und
ist so schwer, dass ihn kein falscher von der stelle bewegen
kann, 477, 15 ff. So zerspringt in Cormacs abenteuer (Echtra
Cormaic, Zimmer, Zs. fda. 33, 267) Manannans becher, wenn drei
lügenworte unter ihm gegeben werden; nach der probe — es
handelt sich dabei auch um frauenkeuschheit — schenkt der
meergott Cormac den becher. So dient auch die becherprobe
(Krone 1072 ff. Warnatsch, Mantel s. 55 ff.) zur prüfung der
reinheit, und dieser becher ist in der Krone ein geschenk eines
meerkönigs, uz dem mer hünec Priure, 1013. Wie den gral
kein falscher von der stelle bewegen kann, so ist die gräber-
platte im Karrenritter 1895 ff. so schwer, dass sie nur ein auser-
lesener heben kann. Auf dieser platte steht geschrieben, dass der.
Beitrüge rar geschichte der deutschen spräche. XXX. 4
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50 EURISMANN
welcher sie hebt, die in der erde gefangenen erlösen wird: so
erscheint am gral eine schrift, welche die erlösung des Anfortas
in aussieht stellt, wenn die betreffende bedingung, das ist hier
die frage, erfüllt wird. — Die mantelprobe hat ebenfalls eine
andeutung im Parzival, nämlich damit, dass die reine Repanse
de Schoye ihren mantel dem reinen toren leiht, dem er passt,
228, 9 ff. 236, 15.
Die frage. Parzival ist ein Opfer höherer mächte ge-
worden, indem er in conflict geworfen wurde entweder zu
fragen, wodurch er das von Gurnemanz auferlegte gess 'du
sollst nicht fragen' bricht (Nutt s. 211. Wechssler, Sage vom
heil, gral s. 131), oder die frage zu unterlassen, wodurch er sein
glück verscherzt (Singer, Festgabe für Heinzel s. 359). Auch
der Volksglaube zeigt beim fragmotiv einen Widerspruch. Am
häufigsten begegnet das verbot zu reden, wenn das erlösungs-
werk gelingen soll, so immer beim schatzgraben (J. Grimm, I).
myth.4 s.811); aber es wird auch umgekehrt verlangt, man
soll den mut haben, eine verwunschene person anzureden (ebda,
s. 80 1. 800. Ernst Meier, Sagen aus Schwaben s. 39. 45 f.). Nur
ein keuscher jüngling kann, so ist oft die bedingung (auch im
afranz. prosaroman, Martens, Roman. Studien 5, 565. Hertz, Par-
zival s. 447), die erlösung vollbringen, und so sehen wir, dass
jene hohe idee von der gattentreue, die Wolframs dichtung
durchzieht, in ihrem keime schon in der auffassung der Volks-
märchen liegt.
Begegnende personen. Bei dem ersten besuch der
gralsburg nimmt der trauernde fischerkönig die stelle des
verlockers und Wegweisers ein (mit irhiwen ich tu rate dar
225,23). Auch Sigune 255, 4 und 441, 18, der graue ritter
(Kahenis) und vor allem Trevrizeut, endlich die gralsbotin
Kundrie (zu dieser vgl. Martin, Anz. fda. 18, 254) wirken in
dieser richtung.
Die zwei bücher der Vorgeschichte enthalten keinen alten
sagenstoff, die taten Gahmurets sind lediglich zwei Varianten
des motivs von der befreiung und erkämpf ung der braut (bei
dem kämpf um Herzeloide die tapferkeitsprobe) mit jedes-
maligem widerverlassen.
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MÄRCHEN IM HÖFISCHEN EPOS.
51
Das märchen ist die grundlage für den stoffkreis der
Artusromane. Klar sondern sich dabei ausgesprochen keltische
Vorstellungen ab, vom feenland und totenreich, und diese züge
keltischen Volksglaubens bilden den grundstock der aventiure
in der matiere de Bretagne. Dass nun die meisten dieser
märchenzüge wirklich der keltischen, speciell der irischen sage
entnommen sind und nicht jenem wandernden novellenschatz,
dessen quellen meist ins unbekannte zurückgehen und welcher
gemeingut der Völker des abendlandes geworden ist, das geht
aus der eigenartigen auffassung hervor, in welche der rohstoff
der motive gekleidet ist. Jedes volk, wenn es eine solche er-
zählung ausbildet oder sie von aussen her in seinen innern
besitz aufnimmt, legt etwas von seiner seele hinein. Hier ist
nun schon die landschaft ein getreues abbild der süssen ge-
filde, in welchen die schönen frauen der irischen idealweit ihr
seliges genussieben führen, und die Schilderungen des gegen-
stiicks, jener furchtbaren Zwingburgen, lehnen sich ebenfalls an
irische Vorstellungen an. Die äussere form, in welcher die
beiden hauptmotive zur erscheinung gelangen, ist ebenso mit
irischen zügen ausgestattet: eine botin wird ausgesant, um den
retter zu werben, die Verletzung des gebots der dame wird
durch liebeswahnsinn gestraft und die heilung geschieht durch
eine wunderbare salbe u.s.w. Kurz, die ausgestaltung eines
motivs zn einem vollen lebensbild geschieht zum teil mit den-
selben mittein, wie wir sie in der irischen heldensage finden.
Xoch weiter gleiche bezüge aufzählen hiesse nur das vorher-
gehende wider ausschreiben. Das sind nicht mehr bloss einzelne
grundzüge, einzelne gedanken, die von dem einen volk unter
dieser vom andern unter jener form appercipiert werden, es sind
weit ausgesponnene ideenreihen, gestaltenreiche erzählungen,
die nur unter ganz bestimmten bedingungen entstanden sein
können und die den ausdruck einer bestimmten volksindivi-
dualität bilden. Ja schon die literargeschichtliche erwägung
Hut es für einfacher und natürlicher erscheinen, dass die
französischen dichter diese Stoffe aus der keltischen sage, denn
dass sie sie aus dem allgemeinen novell enschatze übernahmen:
es finden sich ja genug sicher keltische, wenn auch zunächst
bretonische, anleihen in ihren epen, man sieht und kennt die
grosse Vorliebe für keltische Stoffe. Von Britannien oder der
i*
52
EHRISMANN
Bretagne und von Irland müssen die helden stammen, das gibt
ihnen schon ein stärkeres relief. Ja, einige Verfasser alt-
französischer Artusromane zeigen eine ausgeprägte Vorliebe
für hereinziehen irischer örtlichkeiten: der des Durmart (Rist
litt, de la France 30, 153); der des Rigomer, dessen Schilde-
rungen irischer Verhältnisse so treffend sind, dass sie wol auf
eigener anschauung beruhen müssen (Hist, litt, 30, 95); Guil-
laume le Clerc endlich, der Verfasser des Fergus, hielt sich wol
einige zeit in Schottland auf.
In der ersten hälfte des 12. jh/s, als Gottfrid von Monmouth
die sagenhaften heldentaten des bretonischen Volkes ins un-
geheuerliche ausmalte, bestand auch in Irland ein reges ge-
lehrtes interesse an der heimischen Sagendichtung, denn aus
jenen Jahrzehnten stammen die beiden ältesten grossen irischen
sammelhandschriften. Von Irland aus muss die nationale
Cuchulinnsage zu den Cymren - Bretonen Englands und der
Bretagne gelangt sein, wo sie auf verwante anschauungen
traf. Von den Bretonen kam Artus, von den Iren stammen
viele der ruhmreichen taten seiner helden und zum teil auch
die berückenden frauen in ihrer wonneweit,
Diese irisch - bretonischen phantasien bargen aber solche
bedingungen in sich, dass sie in der tat zum ausdmck für die
ideen der aristokratischen hofgesellschaft des 12. jh.'s werden
konnten. Die ideale des rittertums, heldentum (vgl. Martin,
Anz. fda. 18,260) und minne, fand man hier schon vorgebildet,
und ein held wie Cuchulinn, der eine dame dadurch zur ge-
liebten gewinnt, dass er ihr in ihrer bedrängnis gegen die
feinde zum siege verhilft, musste dem herzen eines höfischen
ritters wolgefallen. Die alten lieblinge des volkes konnten
doch den neuen zielen nicht mehr genügen, denn die recken
der heldensage wussten nichts von minne.
Die überlieferten sagenstoffe herschen in den heroischen
teilen der Artusepen so unbedingt vor, dass dagegen die selb-
ständige erfindung der höfischen dichter ganz verschwindet.
Nicht selbst gebildet hat Chrestien den Stoff, sondern um-
gebildet, und das gesetz der tradition, welche überhaupt die
denkform des geistigen Schaffens im mittelalter ausmacht, be-
herscht auch die französische höfische literatur. Aber die
kunst, mit der Chrestien das gegebene material umformt und
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MÄRCHEN IM HÖFISCHEN EP08.
53
vor allem der reiche gedankeninhalt, den er hineinlegt, die
grossen probleme des Seelenlebens, durch die er seine gestalten
sich durchringen lässt, das ist sein eigentum und das sind
die taten eines grossen geistes.
Aber wir können, wenn wir den inhalt seiner romane an
den durch die Überlieferung gegebenen motiven messen, auch
die grenzen seiner kunst beurteilen. So hat schon G. Paris
die mängel der compositum in der Brandigan- Joie de la curt-
episode aufgedeckt und wir konnten oben die gründe dafür
tiefer legen, indem wir sie als eine zusammenschweissung
zweier ursprünglich getrennter bestandteile erkannten. Oder
ein anderes beispiel: Parzivals läuterungsprocess blieb un-
geschrieben, der held verschwindet während Gawans aben-
teuerlauf und Chrestien entzieht den heim der aventiure
während dieses Zeitraums unsern blicken. Das hängt damit
zusammen, dass Parzival als träger jener erhabenen idee eine
Schöpfung Chrestiens ist; für die entfaltung solch grosser ge-
danken aber hatte er kein vorbild und seine kraft war zu
schwach, um taten für den helden zu erfinden, die würdig
gewesen wären, als symbol für das durchringen der irrenden
seele zur gralsreinheit zu gelten.
Und auch schon die ethische färbung, die Chrestiens
romanen den hohen gedankenwert verleiht, war in der Über-
lieferung manchmal vorgedeutet. Wie Enite in traumreden
ihrem gatten Erec vorwürfe über sein verliegen macht, so
tadelt Emer ihren gatten Cuchulinn, dass er sich wegen
frauenliebe hinlege. Und Laudine, 'die treulose witwe', mag
es von ihrer feennatur haben, denn es ist die art dieser hold-
seligen geschöpfe, dass sie unbeständig in der liebe sind. So
war Fand dem Manannan, dem gott des meeres, vermählt,
aber sie sucht die liebe Cuchulinns, und in ihrem lied der
reue klagt sie selbst, dass sie ihren gatten aus göttergeschlecht
treulos verlassen.
Auf märchenmotive bauen sich die Artusepen auf. Von
hier aus wird die brücke zu schlagen sein zum späteren
deutschen volksepos. Der Laurin z. b. enthält dieselbe grund-
lage wie die erzählung vom raub der Ginover durch Melea-
ganz im Karrenritter: der zwerg im volksepos als raädchen-
räuber (Holz s. xxxv und xxxxi) wie der riese, der Fomore,
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54 EHRISMANN, MÄRCHEN IM HÖFISCHEN EPOS.
im Artusroman; ein rosengarten, bloss mit einem faden umzogen
statt eines zaunes (wie die hofesfreude), daneben der berg mit
der geraubten jungfrau (Künhilt) in der deutschen landschaft,
die feeninsel und das land obne widerkehr mit der uneinnehm-
baren bürg in der irischen. Ebenso liegen die ursprünglichen
(Holz s.c) märchenzüge im Rosengarten klar: der rosengarten
entspricht dem land der fee von Joie de la curt, der Zweikampf
zwischen Sigfrid und Dietrich dem zwischen Mabonagrin und
Erec. Für die beziehungen des Wolfdietrich und der alt-
französischen literatur ist vor allem auf Heinzeis gegenüber-
stellung (Ostgot. heldensage s. 77 ff.) zu verweisen; und auf
grund von Sarans anregung ist neuerdings der stoff des Ecken-
liedes als ursprüngliche Artusepisode erwiesen worden (Frei-
berg, Beitr. 29, 1 ff.). Eine schroffe trennung zwischen nationaler
und höfischer dichtung ist nicht zu machen. Die romanischen
cultureinflüsse sind schon zu tief in das nationale leben ein-
gedrungen. Und somit stehen wir auch hier bei der für die
geschiente unserer geistesbildung im mittelalter wichtigsten
aufgäbe, das ist die beobachtung der Verschmelzung der ger-
manischen und romanischen demente im deutschen geistesleben.
HEIDELBERG. GUSTAV EHRISMANN.
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BEITRÄGE ZUR WESTGERMANISCHEN
GRAMMATIK.
A. Zur Vertretung von urgerm. -zn- im westgermanischen.
Die frage nach dorn entwicklungsgange, der von germ.
*razn- 'haus' zu ae. am, von *hrazn- 'woge' zu ae. harn
geführt hat, ist in letzter zeit mehrfach gegenständ der er-
örterung gewesen. Schwierigkeit macht vor allem die be-
handlung der lautgruppe zn. Hatte man ursprünglich ' die
reihe *razn > *rasm > *asrm > wrn aufgestellt, wobei die
durch metathesis entstandene lautgruppe rzn dasselbe Schicksal
erfahren haben sollte wie die ursprüngliche, die z. b. in ae.
hyrnetu, stamm *hurznutiö- vorliegt, so wurde diese auffassung
hinfällig, als man auf alte formen ohne metathesis wie Ef. 1137
rendegn, Ep. 400 hraen stiess; Bei tr. 9, 210 führte Sievers
diese direct auf *ra>zn-, *hra>zn zurück. Es war damit in
den beiden ae. Worten dieselbe behandlung von -zn- statuiert,
wie im nordischen regel ist, während nach der gewöhnlichen
meinung inlautendes z des westgerm. durchgängig in r über-
geht. Dieselbe anschanung vertritt unter andern auch Kluge,
Pauls Grundr. 12,372 (und schon Beitr. 8,525), der ebda, s. 1018
geneigt ist, die abweichende entwicklung von zn in leornian
aus *liznöian dem einflusse von Imran zuzuschreiben.
Dennoch ist ein lautgesetzlicher Übergang von zn zu rm
im ae. oder im westgerm. überhaupt durchaus nicht allgemein
anerkannt. So hält George Hempl, Anglia 24, 386 f. leornian
für den lautgesetzlichen typus und lässt ae. ra-nn- und kramn
durch intern ae. entwicklung aus *ra>m- und *hrwrn- ent-
standen sein, indem das zweite r durch progressive dissimilation
zu n geworden wäre. Den entgegengesetzten weg widerum
beschreitet Francis A.Wood, IF. 13,121 bei besprechung einiger
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56
WEYHE
fälle von 'anscheinendem' schwand eines westgerm. inlautenden
z\ er verleg das nebeneinander von formen mit und ohne z
resp. r, von ae. twin nl. ttrijn -zwirn, leinen' einerseits und
mhd. zwirn andrerseits, von as. Unon 'lernen' neben ahd. lernen
ae. leomian in die indog. urzeit und findet in der annähme
alter wurzelvariation eine erklärung, die man auf das paar
linon : lernen nur ungern anwenden möchte, und die, was die
morphologische gleichsetzung von twin mit dem lit dual dvynü
'zwillinge' betrifft, schon Brugmann in seinem Grundr. I2, 779
als bedenklich bezeichnet hatte. Zum capitel der assimilation
von zn zu nn gehören twin aus *twlzna- und linon aus *liznö-
insofern, als hier ebensogut assimiliertes -nn- nach langem
vocale vereinfacht wie zufolge der theorie von Sievers z nach
langem palatalen vocale ausgefallen sein kann (nach Beitr.
18,409 linon zu beurteilen wie ae. med aus *mei[z]dö-; vgl.
Sievers, Zum ags. voc. s. 25 nd. hede aus *hei[z]Öön- und
Pogatscher, Anglia Beibl. 12, 197).
Trotz dieser neueren erklärungsversuche besteht, glaube
ich, die alte anschauung zu recht, die in diesen differenzen
nicht die ergebnisse urindogermanischer oder altenglischer,
sondem die einzeldialektischen nachwirkungen im letzten
gründe urgermanischer lautvorgänge sieht
Auffälliges hat ein Übergang von zn zu nn in den west-
germ. dialekten ja durchaus nicht an sich. Abgesehen von
der gleichlaufenden entwicklung in den nord. sprachen braucht
man nur an den Übergang von zm in mm zu erinnern, der
wo] gewöhnlich für urgerm. gilt Nach ausweis von got
mimz war mz urgerm. noch erhalten; westgerm. scheint auch
dieses zu mm geworden zu sein, wofür as. thimm 'dunkel'
(Hei. C5627) aus indog. *temsös spricht, vgl die gleichbedeutenden
adj. aind. tamasä- und lit tamsüs. Dem fügt sich denn die
assimilation von zn zu nn gut an.
Das ne. dun 'schwarzbraun, dunkel' ist bereits im ae.
mehrfach, besondere zur bezeichnung von tierfärbungen belegt;
es hat geminiertes n. Vgl. Leid. gll. 29 lapides onichinos-
dwine; Aelfrics Heil-leben 18, 112 pone dunnan oxan\ WrW.
278,13 balidus-dwwn; in composs. ebda, 202,6 cervinus -dun fealu;
246,4 ruscus -dungr&j. Dieses dumx nun sieht man gewöhnlich
als entlehnung aus dem keltischen an, wo (nach Kluge -Lutz
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ZUR WESTGERM. GRAMMATIK.
57
s. dun) altir. gäl. dorm gleiche bedeutung haben und bei
früher heriibernahme allerdings dunn hätten ergeben müssen;
und man stützt diese annähme durch den hinweis darauf, dass
sich in den germanischen sprachen sonst keine verwante fänden.
Nim ist es aber in hohem masse auffallend, dass bei der
geringen zahl alter entlehnungen aus dem keltischen ins
englische (Kluge in Pauls Grundr. I2, 929) ein wort herüber-
genommen wäre, das nicht etwa irgend eine neue cultur-
errungenschaft bezeichnete, für das man vielmehr genügend
synonyma besass. Skeats Zusammenstellungen irischer lehn-
worte in seinen Principles of English Etymology führen denn
auch dun als einziges adjectiv auf.
In der tat steht das ae. wort im germanischen nicht
isoliert Liegt es schon nahe, den aisl. namen dunna der
braun und grau gefärbten Stockente, anas boschas, mit ihm
in Verbindung zu bringen, so ist das adj. im altsächsischen
direct überliefert; dort bieten die glossen V° (Wadstein, KAS.
109,16 = Ahd. gll. 2,716, 12; an ae. quelle wird hier kaum
zu denken sein) in einem abschnitt 'De equis' spadix (= schwarz-
braun) dun^ und hieran schliessen sich einige weitere belege,
die die entstehung des geminierten n aus zn erweisen. Die-
selben as. glossen 'De equis* haben ebda. 109, 23 dosan myrteus
('kastanienbraun') und dies bildet in der bedeutung den Über-
gang zu ahd. tusin gilvus, sicut equus (Graff 5, 460) und den
mhd. tusen-var, -vech, die man im anschluss an die lat. Über-
setzung des ahd. Wortes als 'gelbfarben, gelbbunt' erklärt.
Indirect bezeugt ist die germanische form mit stimmlosem s
endlich offenbar durch mittellateinisch dosinus, das nach Du
Gange (1842) 2, 932 'equus asinini pili', also ein pferd von
der färbung der esel, ein aschgraues pferd bedeutet. Unter
den nomina colorum in dem ae. glossar Aelfrics wird WrW.
163,16 die ins spätlateinische übergegangene german. form
mit stimmlosem s direct durch die ae. mit ursprünglich stimm-
haftem glossiert: dosinus, vel cinereus- assedun 'eselgrau'.1)
') Isidors etymologie, Orig. lib. XII, cap. 1 lautet allerdings weit
anders: 'dosinus equus dictus, quod sit colore deasino'Du Cange a. a. o.;
etwas abweichend in der WolfenbÜttler hs., vgl. Boehmer, De colorum
nominibus equinorum in seinen Rom. stnd. 1, 247 f.; Uber dosinus sagt
dieser gelehrte ebda. 251: 'Quod vocabulum quid proprie sibi velit explorare
4a
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Wethe
Während die ursprüngliche snffixgestalt der hochdeutschen
Wörter nicht sicher feststeht, werden as. donan und as. ae.
dun(n) ein westgerm. paar *dosna~ *dozna- repräsentieren. Die
assimilation des z im ae. fällt dann noch vor die zeit, wo o
durch den einfluss folgender nasale zu u wurde: *domi zu dunn
wie etwa nonna zu nunne. Diese einwirkung des nasals
war noch in der insularen zeit des englischen lebendig, vgl.
Pogatseher, Lehnworte s. 104. Für das n von as. dun bieten
sich formen wie tvunon, giwuno, wunodsam, huney zum ver-
gleich, Holthausen, As. ER § 88, a. 1.
Das kelt. donn also steht zu dem ae. dünn nicht in dem
Verhältnis von vater und söhn; vielmehr lassen sich beide,
soviel ich als laie im keltischen beurteilen kann, auf dieselbe
indog. grundform *dhusno- zurückführen.') Der gleiche stamm
mit abweichendem suffix liegt noch in einem andern ae. worte
vor: wie dunn im suffix mit dem keltischen do?in überein-
stimmt, ist das gleichbedeutende ae. dox (aus *do$c, vgl. ne.
dusk; belegt Napier, OK. glL 1, 532 mit anm.) mit lat. fuscus
identisch (Kluge, ESt. 11,511; anders über fuscus Pedersen,
HB. 19, 300. Solmsen, KZ. 34, 26). Denn mag auch das
klassisch -lateinische fmcus langes u haben, so setzen doch
die entsprechungen der romanischen sprachen wie ital. fosco
eine nebenform mit kürze voraus, vgl. Gröber, A. L. L. 2, 430.
Über das Verhältnis von lat. furvos zu fuscus siehe Bmgmann
in seinem Grundr. I5, 108. — Genau dieselben suffixe kehren
z. b. wider bei der farbenbezeichnung ae. hasu 'grau' neben
lat. cascus und eänus aus *camos.
Bei dem Übergang von *dozn- zu *donn, dunn ist eine
erklärung, wie sie Hempl für ren~, hrati vorgeschlagen hat,
ausgeschlossen; es kann nur assimilation vorliegen, die dem-
nach auch für jene fälle anzunehmen sein wird.2) Weniger
non potui'. — Den hinweis auf diesen aufsatz verdanke ich der freund-
lichkeit von herrn prof. Sievers.
>) Nachträglich ersehe ich, dass bereits Stokes, Urkelt. Sprachschatz
s. 152 fragt: 'donno-s aus *dusno-s'i vgl. lat. fuscus, engl, dusk.'
*) Nichts sicheres beizutragen weiss ich zu der frage, ob in oern und
harn umlaut vorliegt oder der Stammausgang des einen mit dem von
got. razn, aisl. rann, des andern mit dem von ion. xpij'w/ etc. übereinstimmt,
ob danach die 'tonerhtihung' von a zu a der assimilation vorangegangen
und letztere erst im einzelleben der westgenn. dialekte vollzogen ist
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ZUR WESTGERM. GRAMMATIK.
59
sicher, da noch andere möglichkeiten in betracht kommen,
bleibt es dagegen, ob auch ae. twinn 'doppelt', belegt z. b.
Napier, OE. gll. 1, 1836 gemina i. dwpla- tivinnum, ebda. 5085
twintic, twifealde mitsammt aisl. tvinnr tvennr 'aus zwei ver-
schiedenen teilen bestehend, doppelt' dem lat. bini gleich-
zusetzen und auf indog. *dui$nös zurückzuführen ist, ob ferner
das nebeneinander des a- Stammes ae. Achvinnas 'zwillinge'
einerseits, des gleichbedeutenden w- Stammes as. itwisan ae.
getwisan andrerseits auf abspaltung aus einem ursprünglich
einheitlichen paradigma *gatwisöy gen. *<jatwiziiäs beruht.
Nach der auffassung, die in leornian den typus laut-
gesetzlicher Vertretung von zn sieht^ müsste das in got, arkazna
vertretene suffix im ae. etwa -ern lauten im gegensatz zu
bildungen mit stimmlosem s wie lyfesn. Ein solches suffix
aber scheint zu fehlen. Die berufung darauf, dass das got. z
nach dem Thurneysenschen gesetze von der spirantendissi-
milation aus stimmlosem s hervorgegangen sein (vgl. dazu
jetzt Streitberg, IF. 14, 493 f.), entsprechungen von zn daher
im westgerm. nicht erwartet werden könnten, hilft nicht viel,
da die Priorität des stimmlosen lautes durch nichts bewiesen
ist Nim existiert allerdings im northumbr. ein suffix -ern in
den Worten wästern 'wüste', fiestem 'fasten', efem 'abend',
das man auf den ersten blick hier anzuknüpfen versucht ist. Dies
•ern hat jedoch mit dem gotischen suffixe sicher nichts zu tun,
wie schon allein eine betrachtung seines Vorkommens ergibt.
In den dialekten südlich des Humber fehlt das r in der
enduiig der drei neutralen -io- stamme durchaus, die flectierten
Doch scheint die annähme Bülbrings, wonach die grnndform von augl.
-ern metathesis des r bereit« vor der brechungszeit erfahren hätte, kaum
mit den alten anglischen belegen wie Ef. 1137 rendcgn, Zs. fda. 33, 245, 42
hordren, 246, 80 ^aii6'mi vereinbar, denen vielleicht mit ronservierung der
alten form durch die alliteration noch renucardas Beow. 770 zuzufügen ist
('behaupter der halle', vgl. seleweard; kaum 'vorzügliche' oder 'gewaltige'
hüter). — Metathesis ist anscheinend zuerst eingetreten im zweiten com-
positionsglied bei einsilbigem vordergliede, vgl. rendegn Ef. 1137, aber
uuinaern Ep. Ef. 1040. Cp. 1983, berennt mit haplologie aus *bcrerennc
Dnrh. adraon. 18 und meieren in einer Urkunde von 867 (OET. Ct. 31, 3),
aber seaUem in urk. von 858 (ebda. Ct. 28, 5, 24) , seaUernstcaU in dgl.
von 863 (Ct. 90, 7), hordern Blickl. gll. 10, VPs. 143, 13 und hondenmm
VHy. 7, 52.
4 a*
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60
WETHE
formen lauten westennes n. s.w.1) Auch die vergleichung mit
den andern germ. sprachen erweist die unursprünglichkeit des
suffixes; as. fastunnea und wöstunnea zeugen für seine enge
verwantschaft mit dem von got. fastubni, und nur über den
ursprünglichen ausgang von &fen könnte man im zweifei sein.
In seinen überzeugenden ausführungen über das Verhältnis
der dentale in ahd. äband as. ätawl gegenüber aisl. aptann
ae. o-ften sieht Brugmann, IF. 5, 376 ae. cefen als neubildung
für lautgesetzliches mfend an. Man könnte danach wfen etwa
als compromissform zwischen (pften- und mfend oder als an-
gelehnt an morgen betrachten. Es steht jedoch einer laut-
gesetzlichen herleitung nichts im wege, da der im ae. neutrale
-Mi- stamm ccfcnn- direct auf eine grundform westgerm. *äban-
[Ö]ia- zurückgeführt werden darf; damit ist aber zugleich das
relativ hohe alter der -Mi-ableitung erwiesen. Das im ae.
also gleiche suffix der drei worte, durch das sie eng associiert
waren, hat nun offenbar auf northumbr. boden die ausdehnung
einer neuerung, der eines von ihnen zum opfer fiel, auf alle
drei veranlasst. Wo diese neuerung anhub, scheint aus dem
verhalten von R2 hervorzugehn.
Hier weist Lindelöfs glossar das -ern constant nach nur
in dem sechsmal belegten efern und einmaligem eferntid; den
sechs wcSsterfiy wästernc steht ebenso oft unSstenne, dem einen
festerne steht ein festennum gegenüber. Im Rit. gehn da-
gegen nach Lindelöf, Spr. d. Rit. s. 105 bei allen drei Worten
beide suffixformen nebeneinander her: z. b. woesternes 86, 9,
festem 14,12, eferne 36,19, efemlic 179,3 neben woesten 1,9,
faestin 9,15, cfenlicc 166,2. Li. endlich hat (vgl. Cooks glossar)
in häufigen belegen stets -ern- mit ausnähme von festen
Mt. I 7, 3.
Dass die worte für abend und morgen sich im germ. nicht
selten gegenseitig beeinflusst haben, ist bekannt, vgl. Kluge,
Et. wb. s. abend. Aus dem ae. kann etwa angeführt werden,
dass formen wie morgenne, ö?rmergenne nach ftfen gebildet
sind (Cosijn, Aws. gr. 2, 15), andrerseits mfen auch als masc
wie morgen erscheint (Sievers, Ags. gr.3 § 248, 2). In diesem
x) Das Gedicht auf Durham, Bibl. d. ags. poea. 1, 389, verleugnet
also mit fccstem (zeile 6) seine herkunft nicht.
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ZUR WE8TGERM. GRAMMATIK.
61
falle hat dagegen offenbar das wort für vormittag und mittag,
undern, gewirkt; man vgl. die enge Verbindung von mfcn und
undern1) in Wendungen wie on undern ond on cpfen und in
den parallelbildungen underngereord aifengereord , underngieß
ä'fengiefl, undcrnmete (Bfenmete, undernsong und älfensong. Dass
im northumbr. die neubildung von efern aus nicht auch morgen
ergriff, lag wohl daran, dass dieses im suffix abwich.
Können also diese erscheinungen nicht für einen Über-
gang von zn zu rn in unbetonter silbe zeugen, so scheint ein
anderer beleg vielmehr die gleiche assimilation hier wie in
haupttoniger Stellung zu erweisen.
Ep. 123 steht bacidones 'dolden' -redisnac, Ef. redi&iac,
ebso. WrW. 269, 17 uacedo-rafrVw; Cp. 260 hat dagegen baci-
dones- raedinne, und dem entspricht ra>denne in den Gll. Cleop. II,
WrW. 357, 18. Da m im ae. auch in unbetonter silbe fest
(vgl lyfesn; späte assimilationen wie in dem dreimaligen
öionne Li. gegenüber 27 mal diosne, mit unursprünglicher laut-
gruppe -sji-, kommen natürlich nicht in betracht), wird auch
lüer der reflex eines alten wechseis von m rnid vorliegen;
vermutlich verteilten sich die beiden Suffixgestaltungen (ähn-
liches bei med : meord) auf verschiedene dialekte, da es nicht
wahrscheinlich ist, dass dieselbe Sprachgenossenschaft in ein
und demselben worte von nrgerm. zeit her beide suffixformen
nebeneinander geführt hätte, ohne dass eine bedeutungsdifferenz
vorlag.
Das <r der ersten silbe weist auf länge, dem auch das
dialekt. e nicht widerspricht. Vermutlich ist das wort mit
nhd. rade zu verknüpfen, dessen d aus dem nd. stammt und
das zumeist langes a aufweist; belegt ahd. als rata, mnd. als
rode, rüden t radel, vgl. auch Kluge, Et. wb. s. v. Es liegt
wol ursprünglich eine einfache s-ableitung zu gründe, wie
sie gerade bei pflanzenbezeichnimgen nicht selten ist, ae.
hromsa, mhd. ramse, ahd. hulis, hd. knospe, tresjw mit Um-
stellung für und neben trefsc u. a. Zu dieser einfachen s-
ableitung verhielte sich dann die n- erweit erung wie in den
bekannten beispielen, so ahd. uohsana zu ochasa, uohisa.
') Auch an., undom ok aptan Vqluspä 6,5; vgl. got. acc. undaur-
nimat aißpau nahtamat.
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62
WEYIIK
Es ist danach nicht ausgeschlossen, dass sich auch in dem
•nn- anderer ae. suffixe altes zn verbirgt Vergleicht man
z. b. got. hlaiwasna 'grab' auf der einen, aonfk. burgisli n.
'sepulchrum' und ae. hjrgels DL auf der anderen seite, so wird
man sich das gleichbedeutende ae. fem. byrgen (nn) in got,
form eher als *baurgima , urg. *bnrgizn(h, denn als got
*burgufni denken.
Auch in den von Kluge, Beitr. 8, 521 f. gefundenen bei-
spielcn, die wie ahd. hornuz, hirni Übergang von rzn zu m
zeigen, ist theoretisch eine entwicklung über r-nn ebensogut
wie über rr-n denkbar, je nachdem man die silbengrenze
zieht. Auf einen bisher übersehenen fall der art sei hier noch
hingewiesen.
Ae. wearr 'schwiele, besonders an bänden und füssen',
wearrihte 'schwielig', aber auch 'knorrig, von bäumen' gehört
mit vlämisch ivarre "schwiele, knorreu' (Franck, Et wb. s.
wrat) eng zu ahd. wem, werra, werna- 'varix, krampfader'
(Graft 1, 1015), nhd. ma. werr, wem 'gerstenkorn am äuge'
(Schindler- Frommann 2, 1002) sammt der ableitung wemiehl
(ebda., vgl. Kluge, Nom. st.2 g 63a). Das ae. und vlämische
wort stehen dabei im ablaut zu dem deutschen; auch ae.
weorras 'callos' Cp. 400 ist wohl gleich weairafi, vgl. Leid. 93
uarras und Bülbring, Ae. EB. § 144. Als grundbedeutung
darf etwa 'auswuchs' angenommen werden. — Zs. fda. 33, 22
hatte Kögel das paar wcrna : werra herangezogen, um seine
theorie einer bedingten assimilation von rn zu nn in ahd.
ferro neben ferno, sterro neben stemo zu stützen. Aber wie
bei den beiden letzten fällen unwahrscheinlich, ist diese assi-
milation in dem ersten unmöglich. Im afries. nämlich lautet
das dem ahd. wcma entsprechende wort, hier in der bedeutung
'runzel', wersrne, wirvenc (Richthofen s. 1152; über den Über-
gang von e zu i in wirsenc siehe Siebs, Pauls Grundr. V, 1191),
sodass sich also ae. wcarr, ahd. wer werra aus *uarz- resp.
*uerz-, ahd. wema aus *ueiznö~- erklären. Die germanische be-
deutung 'auswuchs' aber ist specialisierung einer allgemeineren
indog. 'erhöhung'; vgl. den aind. comparativ varsiyas- 'höhere,
obere', superl. varpisfha- 'höchste, oberste', abulg. vfichü 'gipfel,
spitze, oberster teil', lit tirszus 'das obere', und ebenfalls mit
H-erwciterung virszüne 'gipfel', endlich lat. verrüca 'warze'
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ZUR WESTGERM. GRAMMATIK.
63
aus *versüca mit derselben bedeutungsverengerung wie in den
gennan. sprachen, aber in der altlat. bezeugten bedeutung
'erdhöcker' noch auf das ursprüngliche hinweisend (vgl. Brug-
mann, Grundr. I5, 337).
Sieht man nun, dass tat. cariosus mit ahd. warzig über-
setzt wird (Graff 1, 1049). und beachtet die leisen bedeutungs-
verschiedenheiten, die z. b. vorliegen in gr. olöaoi 'schwelle',
oiöoq 'geschwulst' neben ahd. e'xz 'eiterbeule, geschwür' und
und. eiter, in gr. xar&vXt] 'gesell willst, geschwür', got. gimds
'krebsartiges geschwür', ahd. gunt dasselbe, aber auch 'eiter',
in ahd. lesa 'ruga, nmzel' (älter Veswa, vgl. auch afries. pl.
leso-ka 'runzel an hand, fuss und köpf) neben ae. hjswen
'eiterig', so wird man geneigt sein, in dem ae. starken neutrum
worsm 'eiter', ältester beleg Ep.777, eine schwundstufige neben-
form des aind. neutrums varsman- 'das höchste, spitze' nach
massgabe dessen zu sehn, was Hirt, Beitr. 18, 295 über die
Schicksale der -wen -Stämme im german. dargelegt hat: Schwund-
stufe wie in den baltisch -sla vischen belegen.
Zugleich ermöglicht diese ableitung eine genauere Ver-
knüpfung von ae. weair und genossen mit ae. wearte, aisl.
varta, afries. mnd. mnl. warte, ahd. warza, wie sie schon öfter
herzustellen versucht ist; werden doch im ae. z. b. die worte
fast synonym gebraucht, so wearras und iveartan onweg tö
dvtme Lchdm. 1, 362, 17. Hier zeigt Kluges deutung des be-
deutungsverwanten ahd. runza 'runzel' Beitr. 12,378 den weg:
wie neben germ. *wrunkö(n?)- repräsentiert durch mhd. runke
ein *wrunk{a, i, u)t&n-, so steht neben *warza- ein *warz(af
ij u)tön-. Für aisl. vaiia kommt nur a, für ae. wcarte auch w,
für die deutschen und niederländischen formen noch i als mittel-
vocal in betracht. Am wahrscheinlichsten ist danach eine ge-
meinsame grundform *warzatön- neben *warza-} während me.
mnl. werte, mhd. werze als secundäre-töw- stamme oder vielleicht
als abkömmlinge von *werzatön, mit dem vocale von ahd. werra,
betrachtet werden können. Die Verschiebung von ahd. t zu z
nach erfolgter synkope entspricht der behandlung in mnza
wie in lenzo aus *langito (a. a. o., über den umlaut in lenzo
s. 377). Was endlich me. wrate wrete, mnl. mnd. wratte be-
trifft, so wird man sich schwerlich der ansieht Francks an-
schliessen wollen, der a. a. o. die identität dieser formen mit
64
WEYHE
den überall danebenstehenden, im englischen in alter zeit allein,
im ahd. afries. an. überhaupt nur belegten bildungen mit r
hinter dem vocal in abrede stellt. Für das engl. vgl. das
vorkommen von wmms für wurms worsni schon in ae. zeit,
Sievers, Ags. gr.3 § 179,2. 185; über me. tcrat Kluge in Pauls
Grundr. 1*, 1019.
Trifft diese deutung das richtige, so wäre damit zugleich
ein gewisser anhält für die relative Chronologie des Über-
gangs von rz zu rr innerhalb der westgerm. dialekte gegeben:
falls zur zeit der synkope das z in einem der westgerm.
dialekte noch ein reiner s-laut gewesen wäre, so hätte aus
einem synkopierten *warztön- doch wohl nur *warstön- her-
vorgehn können; es wird also damals bereits m oder rr ge-
sprochen sein.
Dass also in bestimmten westgerm. Wörtern zn zu nn
geworden ist, wird sich kaum bezweifeln lassen; zu einer
antwort auf die frage aber, warum in anderen fällen viel-
mehr rn erscheint, reicht das spärliche material vorerst nicht
aus. Für die assimilation im deutschen steht z. b., abgesehen
von nl. twijn und as. Unon, die eben auch eine andre er-
klärung offenlassen, nur as. dun zur Verfügung, obwohl dies
genügen mag, für das deutsche dieselben Verhältnisse voraus-
zusetzen wie für das englische.
Nur als andeutung einer möglichkeit sei also das folgende
betrachtet
Nicht anders denn als lautgesetzlich können ae. hrcen,
ren~, ae. as. dun(n), ae. rmden (ev. ae. twinn, geturinnas, byrgcn)
angesehen werden. Andrerseits aber erscheint es bedenklich,
die formen mit rn durchweg als ausflüsse von analogie-
wirkungen zu verdächtigen. Natürlich kann ae. liomian,
leomian, afries. lima, lernet, ahd. Urnen, lernen vom causativum
wie ae. Iccian beeinflusst sein. Misslicher schon ist es, ae.
(for-)weornian 'languescere', aonfk. wemodun 'languerunt',
die gleich nschwed. dial. winna (Noreen, Abriss der urgerm.
lautl. 134) auf *wizne- beruhen, vgl. ae. wisnian, ahd. wesneti,
wesanen, durch beeinflussung des participialen adj. ae. forworen,
ahd. arweran zu erklären. Ahd. arnön i ernten', am f., arnöt m.
'ernte' aus *azn~ liesse sich analogisch nur dann verstehen,
wenn das von Graff 1, 479 angeführte aran m. tatsächlich
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ZUH WESTGERM. GRAMMATIK.
65
gleich got. asans alten mittelvocal hat, doch wäre selbst da
eine hiervon ausgegangene ein Wirkung auf die überwiegende
masse von formen ohne alten mittelvocal wenig glaubhaft.
Ahd. amen, ae. earnian 'verdienen', ahd. arnunc, ae. eamung
'verdienst' vergleicht man mit gr. aQVvficu 'bekommen'. Laut-
lich identisch sind sie auf keinen fall, da griech. oq auf indog.
r zurückgeht, vgl. ai. rnömi; hat man sie, wie wahrscheinlicher
erscheint, mit as. ama 'lohn, abgäbe' (Wadstein, KAS. 43, 16)
zu verbinden, so würde hier überhaupt eine form fehlen, die
als Störenfried die lautgesetzliche entwicklung durchkreuzt
hätte.
Die möglichkeit ist also da, diese formen ebenfalls als
lautgesetzlich anzusehen, besonders da sich die mehrzahl unter
ihnen von den Vertretern der ersten gruppe dem baue nach
unterscheidet: sie haben in den meisten formen mehr als zwei
silben, und zwar schwere ableitungssilben, was vor allem eine
Verschiedenheit der betonung im gefolge hat; der einfluss
gerade des accents auf die Schicksale der z- laute aber ist
aus paaren wie ae. torcierre aus *tuz- neben töcierran aus
*tuz- bekannt, vgl. Paul, Beitr. 6, 552. In diesem besonderen
falle könnte es sich nur um die nebentöne handeln.
Nun haben nach Sievers, Agerm. metrik im ae. verse, der
dadurch wichtig ist, dass er im westgenn. die alten Ver-
hältnisse am klarsten widerspiegelt, lange mittelsilben nach
langer Wurzelsilbe stets einen nebenton, kurze können ihn
haben, ' Schlusssilben beliebiger quantität sind auch nach langer
Wurzelsilbe der regel nach unbetont'. Galten diese Verhältnisse
auch für die frühzeit der westgerm. dialekte, so könnte man
etwa vermuten, dass in der lautgruppe zn des z assimiliert
wurde, wenn eine unbetonte silbe folgte, dagegen vorerst er-
halten blieb und später wie in anderen Stellungen über r in
r übergieng. falls die lautgruppe zwischen haupt- und neben-
tonigem vocale stand: so wäre z. b. ein *dözna(z) lautgesetzlich
zu *da)ma(z) geworden, 1. ps. sg. prt. *wtz7ihdö\ m] aber wäre
geblieben und hätte sich erst später über * wi modo *wennödö etc.
zu ae. weornade entwickelt,
Hierzu würde stimmen (was allerdings zufall sein kann),
dass nach Graff 5, 723 im ahd. ein part. gazwimot zwar
häufig belegt ist, aber kein subst. zwirn; andrerseits steht
Beitritt mr geschichte der deutschen spräche. XXX. 5
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f,6
WKYHE
neben ae. twin kein entsprechendes verbum. Für h<L zwirn,
mnd. (warm, nl. tweern wäre also das verbum zwirnen und
twemen in ansehlag zu bringen, und auf dieselbe weise ahd.
arn 'ernte' zu erklären, dem sich ausserdem das gleich-
bedeutende arnot zugesellt In as. linon aus *l\znö- müsste
im gegensatz zu den übrigen westgerm. sprachen, die Urnö-
lirne- aus *l\zn- haben, der typus verallgemeinert sein, den
z. b. die 2. ps. praes. *liznö$ > *linnös > linos bietet; da das
wort ein altes e- verbum ist, liegen übrigens noch andre mög-
lichkeiten vor. Sogar auf ein paradigma wären alle westgerm.
formen des Wortes dann zurückführbar, wenn man der grund-
form langes i zuschreiben könnte, vgl. got -leis 'kundig';
*Uznt- stände dann neben *laizian wie got. usgeisnan neben
usgaisjan, siehe Kluge, Pauls Grundr. I2, 434. Vor neben ton
war *lim- regelrecht aus Hizn- entstanden, und die kurzum?
des langen vocals zu *lian- würde auf demselben princip be-
ruhen wie die kürzung des langen consonanten in *linn- zu
lin-\ in der tat widerholen sich ja kürzungen neuentstandener
'langdiphthonge' im einzelleben der german. dialekte immer
wider. Und derart würde auch das as. lemünga 'institutione'
der Strassburger glossen zu seinem rechte kommen, das so
auffällig neben dem linon des Hei. und der Gen. steht1)
Dass die Stellung einer consonantengruppe zwischen
haupt- und nebenton tatsächlich von belang für die assi-
milierung sein kann, beweist das verhalten der ostnord.
sprachen bei der assimilierung von mp, nt, nk (Noreen,
Aschw. gr. § 235): gegenüber der durchgehenden assimilation
des westnord. bleiben diese consonantenverbindungen im
aschwed. dann erhalten, wenn sie heterosyllabisch zwischen
haupt- und nebentonigem vocale stehen.
») Um sein e zu erklären, braucht man nicht notwendig eine dia-
lektische nebenform von linon nach dem typns der andern westgerm.
sprachen, also *lernen aus oder neben Hirnen, dann *lernön anzusetzen,
in der das e wie in ahd. fräuk. lernen entstanden wäre, vgl. as. beda aus
*bida und bedon; Ubergang von t zu e unabhäug vom vocalismus der
folgesilbe ist vor r auch sonst im as. belegt, Holthausen, EB. § 84, a. 2.
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ZUE WESTGERM. GRAMMATIK.
G7
B. Zur bohandlung von westgerm. pl nach kürze im
altenglischen.
Urgermanisch *hopia- 'wohnstätte', vertreten durch as.
plural bodlos sowie aisl. hol und nur durch die quantität des
stammvocals geschieden von lit büklas 'cubile, latebrae
ferarum' (Leskien, Bildung der nomina s. 36. Kluge, Nom.
st.5 § 97), erscheint im wests. als botl. In gleicher weise
repräsentiert wcetla 'binde' (Lchdm. 2, 208, 21 linenne wcethrn,
23 Pom wwtlan) einen stamm *waplan~ neben *wapia- in ahd.
wadal 'fasciculus', der mit Cp. 831 wepel 'fascias, binden' (aus
*wapila-), gewiöelode- con(n)exa Napier, OE. gll. s. 191, 7 (da-
zu Wadstein, IF. anz. 14, 32), stamm *wipil-, zu got. gawidan,
ahd. wetan 'binden', got. kutiawida, ae. wippe, aisl. fem. viÖ,
gen. vidjar gehörig die anlautsvarianten ahd. swedil, ae. swedil
(z. b. Ep. 506 suedilas) sowie swiöil (z. b. Leid. 72 suithelon)
neben sich hat Demnach darf auch ws. seil 'sitz, sessel'
dem ahd. sedal gleichgestellt und auf urg. *sepia- zurück-
geführt werden.
Diesem seil entsprechen im anglischen formen von auf-
fälliger mannigfaltigkeit Sie zerfallen in zwei gruppen: die
eine hat wie das ws. ein t (so R1 setÜa), die andere Ö oder
d (so Li. seÖely sedles oder VPs. seid). Ein grund für die
verschiedene entwicklung des p ist nicht ersichtlich. Das
northumbrische und der merc. dialekt von Rl zeigen, dass
speciell der Wechsel von ursprünglich silbischem und von un-
silbischem l nicht verantwortlich gemacht werden kann, der
vielmehr seinen reflex in einem so gut wie durchgehenden
Wechsel von Ö der unflectierten, d der flectierten formen findet
(seöcl, sedles). Allerdings ist dieser Wechsel offenbar jung,
wofür schon seine bis auf einen fall glatte durchführung
spricht Die spätnorthumbr. denkmäler und R' entstammen
dem ausgehenden 10. jh.; das mercische original der Beda-
abersetzung, das ungefähr hundert jähre älter sein wird —
die von Zupitza, Zs. fda, 30, 185 mitgeteilten excerpte rühren
bereits von einer hand aus dem anfange des 10. jh.'s her — ,
hat in der tat das 0 auch in den flectierten formen noch er-
halten (bodle, sedle Sievers3 § 196,2), und so könnte man das
nebeneinander der formen mit t auf der einen, mit 6 und
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WKYHE
daraus entstandenem d auf der andern seite auf eine noch
ältere Spaltung zurückführen wollen. Da kommt jedoch eine
zweite Schwierigkeit hinzu: nicht wenige formen weisen
zwischen dental und / ein u (Li. seatul) oder aber von ehe-
mals vorhandenem u herrührenden umlaut der Wurzelsilbe
(Li. seatlas) auf. Man betrachtet dies u gewöhnlich (vgl. vor
allem Paul, Beitr. 6, 58 f., 250. Lindelöf, Die spräche der süd-
northumbr. ma. s.54; anders Bülbring, EB. §442) als sprossvocal
der unflectierten form. Aber diese auffassimg hat manches
gegen sich: sonstige beispiele für umlaut durch svarabhakti-u
sind unsicher, und falls wirklich vocalentfaltung vorliegen
sollte, bliebe immer noch das specielle u-timbre in derartiger
lautlicher Umgebung unerklärt. Nach dieser richtung hin hat
offenbar northumbr. seöel als lautgesetzliche fortsetzung von
ure. *se]>l zu gelten. Damit fällt aber auch die mögliehkeit,
ein ursprüngliches, an sich unwahrscheinliches paradigma n.
*sepi > *sctl > *8etid, gen. seples zu construieren, dessen ver-
schiedene formen sich später zu neuen paradigmen ergänzt
haben müssten. Die formenfülle lässt sich aus einem paradigma
schwer begreifen; dass sie auf zwei verteilt werden muss,
beweist der umstand, dass belegtes oder zu erschliessendes -ul
lediglich bei der gruppe mit t heimisch, diese gruppe aber in
der bedeutung deutlich von der mit Ö und d geschieden ist,
und zwar so, dass auch nach Seiten der bedeutung abspaltung
aus einem paradigma unwahrscheinlich bleibt
In B1 erscheint seöeh flectiert sedle, wie wests. seil als
neutrum; es übersetzt lat. sedes mit seiner allgemeinen be-
deutung 'sitz' (im einzelnen weist sedes natürlich mannigfache
nüancierungen auf, vgl. z. b. Napier, OE. gll. 1, 251 sedes-
wununga): 'dabit illi dominus deus sedem dauid': seöcl Lc. 1,32;
'deposuit potentes de sede'-o/" sedle Lc. 1, 52; vom 'hochsitz'
des königs oder richters: super thronos -ofcr hehsedle Lc. 22,30;
tribunali-/ic/ised/e J. 19, 13.
Lediglich glossierungen derselben lat, durch dieselben ae.
worte erscheinen im Rit: sedes- sedel 117,15; sedles 27,17;
sedle 47, 13; thronus und tribunal: hehsedle 48,2; 70,16;
hehsedlo 113,3; hehsedle 13,4 (die einzige ausnähme der regel
vom Wechsel des Ö und d; einführung des Ö aus den un-
flectierten formen, s. Beitr. 9, 221).
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ZUR WESTGERM. GRAMMATIK.
69
Dem steht nun in R2 gegenüber *seotul; es ist mascu-
linum und übersetzt lat, cathedra Gessel, stuhl': cathedras
vendeutium eolumbas evertit (stürzte die stuhle der tauben-
händler um) -seotlas Mc. 11, 15; cathedras -seatlas Lc. 11,43.
Bezeichnend kommen beide formen in denselben versen neben-
einander vor: primas cathedras in synagogis et primos dis-
cubitos in conviviis (die vordersten Stühle in den Versamm-
lungen und die ersten platze [den 'Vorsitz'] bei tisch): seatlas-
tedlo Lc. 20,46; desgleichen seotlum-gisedla Mc. 12,39.
Dasselbe Verhältnis kehrt in Li. wider; sedes: sedle
Lc. 1.32. 52; scdel Mt. 19,28; 25,31; sedlum Mt I 20,20; setllo
Mc. 14, 14; thronus und tribunal: hehseöil Mt 5, 34; hegh-
seöel Mt. 23, 22; hehsedle Mt. 27, 19; J. 19, 13; hehsedlo Lc. 22, 30.
Dagegen cathedra: stol vel seatul Mt. 23, 2; ceatlas Mt, 21, 12;
seatlas Mc. 11, 15. In einem satze: cathedras-seaf/as, discu-
bitos-secfto Lc. 20, 46, cathedras -scatlas, recubitos - r$sto vel
foresedlo Mt. 23, 6.
Nur zwei fälle machen eine ausnähme: Mc. 12, 39 wird
cathedris zwar wie sonst durch seatlum, discubitus aber durch
srtla wiedergegeben; ebenso steht Mt. 19, 28 regelmässig in
sede - in seJel, doch super sedes - o/er seatla. Aber auch hier
liegt nicht eine Verwischung der obwaltenden bedeutungs-
versehiedenheit derart vor, dass die eine form die eigentlich
berechtigte andere verdrängt hätte, sondern eine Vermischung
der lautgestalt von seatlas und sedlo zu einem neuen producte,
das in keinem der alten paradigmata platz hat und bei dessen
eutstehung sehreibemachlässigkeit vielleicht nicht unbeteiligt
war (vgl., dass R2 dem setla seiner vorläge nicht folgt, sondern
Mc. 12, 39 das correete gisedla gibt).
In R» ist die Scheidung der formen mit ö : d und der
mit t im allgemeinen ebenfalls gewahrt; in der behandlung
des dentals der ersten gruppe steht das denkmal (wie Beda)
auf der seite des northumbr. im gegensatze zu Cp. und VPs.:
sedes-secZ/e 19,28; 25,31; sedlum 19,28; thronus-sc/W 5, 34;
sedle 23.22. Dagegen: cathedra settlas 21,12; setule 23,2;
setulas 23,6. Recubitus-s<?fr7 23,6 ist im gegensatz zu setulas
neutr., doch wegen des abweichenden vocalismus nicht sicher
unterzubringen (für seÖÜ wie Li. hehseöil Mt. 3,34 V). Sicher ab-
weichend pro tribunali -on hehsetflr 27, 19, gegen Li. fore hehsedle.
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WEYHE
Dagegen geht die Scheidung wider durch in den älteren
merc. quellen. So steht in den Werdener glossen (Kluge,
Lb.' II, 48) tribunal -riomfa/rt (mit dem svarabhakti-vocal der
ältesten denkmäler): Cp. 1667 pro rostris (vgl. pro tribunali)
haehsedlum, 814 excubias iceardseld (in allen diesen belegen
laut wert des d unsicher, vgl. Dieter. Über die spräche und ma.
der ält. engl, denkm. § 40). Im VPs. wird sedes (neunmal)
durch seid, gen. wldes, dat. selde widergegeben; dazu solium
'thron': sundurseld Hy. 4, 16, eig. \sondersitz'; thron um -(Jrt/m-
seld VPs. 9, 15. ') Dagegen heisst 'in cathedra' wider hehseotk
VPs. 106. 32.
Wir haben also im anglischen zwei verschiedene worte
vor uns, die sich ausser durch ihre lautgestalt auch im genus
unterscheiden und die, wie ich nachträglich sehe, schon von
Grein, Sprachschatz 2. 432 und 467 in richtiger sonderung ver-
zeichnet sind. Unter den beiden ist die identitat des neutr.
northumbr. R1 sedel, sedles, Cp. haehscdlum, VPs. seid mit ws.
setl klar. Ks sind fortsetzungen von westgerm. *sepia-, mit
dessen gebrauchssphäre die ihre sich deckt: *sepla- 4 der sitz'
ist nom. actionis zu 'sitzen' in der As. beichte MSD.S LXXÜ,27
ik iuhu unrehtaro sethlo, unrehtaro stadlo und den ahd. IF.
4, 338 aufgeführten beispielen wie im ae. Beda, Miller 1, 128, 13
sessionis-se<W<?s; wie im ahd., as., anfrk. gilt *sepla- auch ae,
als bezeichnung des rastorts der gestirne, dem sie sich beim
untergange zuneigen; northumbr. sedel in der bedeutung 'thron'
entspricht dem ahd. chuninges höhsedal, in der bedeutung
'tribunal' dem ahd. tuomscdal, vgl. ws. dönisetl, merc. dorn-
sedil; das lat. diseubitus, eigentlich die lagerplätze beim
triclinium, wird durch ahd. sethal wie durch northumbr. scdcl
glossiert.
Ae. seotul dagegen gehört engstens zu ahd. sezzaU mit
dem es das männliche geschlecht teilt. Wie dieses glossiert
es lat. cathedra und bezeichnet das mittel zum sitzen, den
stuhl, sessel. Wenn ahd. sezzal wahrscheinlich mit got sitls
') Die chronologische reihe Cp. weurdseld : hahsedlum, VPs. seid,
aber auch Beides scheint darauf zu deuten, dass die Umstellung im laufe
des S. jahrhuuderts bei der unflectierten form begann. Werd. gll. dorn-
scdil, falls derselben merc. gruppe zugehörig, würde den ältesten stand
zu beginn des jh.'s. repräsentieren.
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ZUR WESTGERM. GRAMMATIK.
71
auf urgerm. * setlas zurückgeht (vgl. Zs. fda. 42, 59 ff.; auch
*setalaz ist möglich), so kehrt das von ae. seotul geforderte
*setul(U in aisl. sjgtull und verb. sjgtlast wider, nur dass dort
das suffix der nom. agent., hier instrumentalsuffix vorliegt:
sjgtull 'den, som bringer noget til at ssette sig, standse'.
Aussergerm, entspricht (bis auf das genus) genau abulg. sedlo
i sattel'; als gemeinsame grundform des slav. und des germ.
wortes darf etwa *sedHo- angesetzt werden (vgl. Brogmann,
Grundr. 2, 198), falls, wie wahrscheinlich, in Suprasl. 37, 6
osedülanü (vgl. Leskien, Handb.3 s. 51) ü für ursprüngliches X
geschrieben steht.
Das got sitls 'stuhl, thron', aber auch 'nest', vereinigt
die bedeutung beider wgerm. worte in sich, und vielleicht ist
das aus secundärer Verdrängung eines *sipl zu erklären. In
den angl. dialekten des engl, wurden dagegen, wie wir sahen,
die beiden worte ursprünglich ebensowenig vermischt wie man
etwa im nhd. von besesselung statt besiedelung reden könnte.
Immerhin waren im northumbr. bereits anfänge zur aufgäbe
der sonderung bemerkbar, und dasselbe gilt für das spätmerc.
von R» und Royal gll., vgl. für das letztere denkmal setle-seüe
232. Ausserhalb des angl. dagegen standen sich die beiden
worte dadurch weit näher, dass im ws. wie kent. *sepl laut-
gesetzlich den gleichen dental wie *setul erhalten hatte, zu
setl geworden war. Dies hat im ws. bereits früh zu einer
wie es scheint vollständigen Verdrängung von *setul geführt;
die evangelien haben (heah-, }>rym-)setl nicht nur als Über-
setzung von sedes, sondern auch von cathedra, und kennen
in der widergabe von stellen wie Mi 23, 6 recubitus, cathedras
keinen unterschied des wortstamms (setl, läreoicsetl); ein ver-
einzeltes sctelum CP. 435, 21 H, auffällig dadurch, dass hier
zwischen t und / ein vocal erscheint, wie er sich sonst in
dieser Verbindung nicht zu entfalten pflegt, wird man gleich-
wol nicht auf *setul beziehen können (vgl. auf derselben seite
setle z. 19. 21. 22).
Doch auch innerhalb des südengl. besteht diese allein-
herschaft von setl nur im (streng-) wsächs., also auf dem ge-
biete, wo die beiden worte in folge unterbleibens des u-umlauts
von *setul auch im vocalismus der tonsilbe übereinstimmten.
Dagegen vgl. Prud.-gll., Germ. 23, 393, 143 seMu - sotelas (aus
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WEYHE
*seotulas) gegen ebda. 393,61 ad subsellia-tfowisetfMw. Kent.
gll. 304 super sellam-ofer setol (hier ohne w-umlaut wie 396
medeme, 1 120 stcetelad) gegen ebda. 557 solium - cynesetl, Kent.
hy. 29 hceahsetle gleich ahd. chuninges höhsedal und Kent urk.
von 862 (OET. Ct. 29, 10) dat. tceardsetle gleich merc. weardseUl
Die annähme eines angl. Übergangs von ßl zu // kann sich
danach auf seatul nicht stützen; über die bei diesem wort in
frage kommende sjukope s. s. 100 f. 102 f. >)
Suffixabstufungen in besonders reichem masse zeigen die
folgenden germ. Wörter, deren ae. Vertreter zum teil ebenfalls
Schwierigkeiten machen: urgerm. *stadlä-, später *stalUi- in an.
stallr, ae. stcaü, ahd. stal, *maÖld- in dem nd. Ortsnamen Thiot-
tnalli; *stapila- im ahd. acc. pl. stcdila (zu stedil 'fundamentum')
Isidor ed. Hench 1,6, vgl. Sievers, Beitr. 5, 528; *stapula- in
aisl. stQÖull, ae. stadol sammt ableitung stadelian, *maßula- im
ae. denominativum madelian.
Endlich *tnapia-, got. mapl, ahd. nuüuil und Modal-, im ae.
mcedel. Mendel ist hauptsächlich ein wort der dichtung, er-
scheint jedoch auch einmal2) in einer nach zeit und dialekt
einigermassen bestimmbaren prosaquelle, dem archetypus von
Ep. Ef. und Cp. aus der zeit um 700: Ep. 549 in maethlae,
Cp. 1110 in maeölc 'in curia'; Ef. hat in mcdlae. Der beleg
zeigt, dass ae. tmeffel in der tat mit got. nuipl identisch ist
und wie dieses kurzen vocal der ersten silbe hat. Wenigstens
erscheint dieselbe laut Vertretung der vocale wie hier — Ep.
und Cp. w, Ef. e — bei wgerm. ä häufig (nach Chadwick, Studies
8. 193 fünfzehnmal; der vorliegende fall ist dabei nicht mit be-
rücksichtigt, wol nach Sweets auffassung: </i»i#*A/a'-incuria,
'recklessness'), bei wgerm. ä dagegen (ebda. s. 208) nur zwei-
mal. — Wegen der frühen Umgestaltungen, die pl nach kürze
im ws., kent. und in teilen des merc. erfuhr, ist es schon aus
') In gleicher weise ist wahrscheinlich ws. spßtl ' sputum' von angl.
spndl R' 27, 30, dat. sg. spädle (Rl und Li. Joh. 9. 6, vgl. Beitr. 9, 220) gleich
afries. mnd. spcdel zu trennen. Es wird dasselbe t wie angl. speüo 'pytisso'
Archiv 85, 310 nnd weiterhin wie sp&tan, north, späti^a, spitta, tpspitta ent-
halten, vgl. KZ. 26, 97.
») Vgl. ferner mapelcm WrW. 424, 16. 484, 23; über li(rpim(rld LV. 18
s. Müller, Unters, über die nameu des north. LV. § 26, anm. 4, über Maeöhelm
LV.95. 96, Macthcor 109 ebda. s. 111.
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ZUR WESTGEKM. GRAMMATIK.
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lautlichen gründen selbstverständlich, dass eine form mceöel
dort nicht der Umgangssprache angehören konnte. Im north,
und gewissen teilen des merc. sind dagegen aller Wahrschein-
lichkeit nach (vgl. oben) poetische formen wie m(ed(e)l, masöles,
mceölan im 8. und 9. jh. in der tat noch dialektgemäss gewesen,
und um so leichter dem poetischen, auch juristischen Wort-
schätze selbst des Südens erhalten geblieben (z. b. meöelstede
Byrhtn.199, mcethlfrip 'dingfrieden' Gesetze yEthelberhts, Lieber-
mann s. 3); auch im süden existierten zudem formen mit suffix-
ablaut wie madelung.
Wie neben madolian nweöel steht, sollte man nun neben
stadolian als fortsetzung von urgerm. *sta]>la- (aisl. stäl, ahd.
stadal) ein urengl. *$ta>pi in jeweilig dialektischer lautgebung
zu finden erwarten. Statt dessen erscheinen (s. Kluge, KZ. 26, 96.
Sievers, Beitr. 10, 508; IF. 4, 340; Ags. gr.3 § 201, anm. 2) stcul,
stwlicierde, sUelan, onstwlan (zur bedeutung der letzteren ur-
spr. juristischen termini vgl. mnd. bedinkstadelen 'vor gericht
laden', mhd. stadelen 'vor gericht stellen'; auch mit II aus dl
afries. sindstul(l) 'sendgericht', kampstal 'platz zum gericht-
lichen Zweikampf), und mit derselben vocaldifferenz wie in
nuegas, mägas auch stälian, onstäl, deren ä urspr. nur laut-
gesetzlich war in formen wie Cp. 1421 ^cstö/Mwi-objectionibus.1)
Diese lautvertretung — Schwund des p mit ersatzdehnung
schon von der 'tonerhöhung' von a zu ce und von ä zu ä im
gegensatz zur erhalt ung des dentals in ws. setl, botl, wwtla
und den entsprechenden formen der anderen dialekte — steht
offenbar in Zusammenhang mit dem auffälligen lautwechsel,
den die flexion des zu mceÖ{e)l gehörigen, gleichfalls poetischen
verbs mceölan, identisch mit got. mapijan, aufweist. Während
dieses im praes. ebenso wie das nomen die lautgruppe pl be-
wahrt (nuedlan CYi. 797. 1364. Gu. 1175, mceöled Cri. 1338),
lautet sein praet. möelde El. 351. Jul. 351. Byrhtn. 26. 43. 210,
Scmwlde Byrhtn. 230. 244, onmadde Dan. 210, m&ldon El. 537,
so dass in denselben gedichten nebeneinander stehen Gen.
B 524 mwdlan und 790 gemcclde, Gen. A 2218 wordum mcedlan
und 2912 wordum mcelde, An. 1440 median und 300. 767 mfvlde.
') Ein Zusammenhang mit aengl. slid 'steif, streng' (stu) dorn 'strenges
urteil) durch Vermittlung von urgerm. +staiÖla, an den man zuerst denken
konnte, ist durch an. stinnr ausgeschlossen, das für stid altes -«> erweist.
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74
WEYHE
Es liegt hier also ein ähnlicher, sicher lautgesetzlicher
Wechsel vor wie in nemnan : nemde; ein praet. wie *nuBplde,
*m<B])clde ist nicht belegt, und nur ganz vereinzelt scheinen
Störungen derart zu begegnen, dass die lautgestalt des praet.
in das praes. und dann auch in das nomen übertragen worden
ist, wie man etwa die im praet. entstandene haplologische
kürzung von nacode aus nacodode 'machte nackt' auch ins
praes. {be-)nacian übernommen hat1): so wird Ps. 84, 7, 2 median
statt maölan und Byrhtn. 212 mßla (gemunap Jtä m&la) statt
einer zu erwartenden form von moeöcl zu erklären sein. Dabei
ist zu berücksichtigen, dass die bewahrung flexivischer besonder-
heiten eines poetischen Wortes wie m&Ölan an das lebendige
weiterwirken der alten dichterischen technik geknüpft war,
in den beiden jungen texten aber, die hier Störungen zeigen,
gerade bereits ein deutliches erlöschen dieser tradition, aller-
dings mehr in der verstechnik als am formelschatze, zu tage tritt.
Auf eine andere erklärungsmöglichkeit deutet Björkman
hin, wenn er, Scand. loanwords s. 104, zu Byrhtn. mcela an an.
meeli 'voice' erinnert. Da das gedieht noch andere lehnworte
wie 35 griÖt 149 drenga aufweist und 199 medelstede daneben
vorkommt, stellt dies nuvla in der tat vielleicht überhaupt
keine ausnähme dar, und auch auf das mßlan des poet. Ps.
wäre die herleitung aus an. mcela wol ebenso anwendbar wie
auf me. melen. Ueber mal Waldere 1, 19 s. denselben gelehrten
a. a. o. s. 104, anm. 2.
Der wegfall des p mit ersatzdehnung im praet. von masplan
gegenüber sonstiger erhaltung kann nun kaum anders erklärt
werden als durch dissimilatorische einwirkung des diesem tempns
in allen formen zukommenden dentals im anlaut der folge-
silbe; bereits urengl. *maplidö wird zu *mülidö geworden sein.
Auch das praet. von *staplian ist danach als stölde lautgesetz-
lich; doch lagen die bedingungen bei diesem stamme insofern
anders als bei jenem, als hier in sämmtlichen formen auch
der anlaut der vorhergehenden silbe einen dental besass; hier
ist daher auch im praes. des verbs {stälan) und im subst. (stal,
s((vl) das p geschwunden.2)
') Der umgekehrte Vorgang wahrscheinlich in ws. bytledon, z. b. CP.
153.9, zu dem (später in die ö-klasse übergetretenen) byllan.
') Allerdings ist zu bemerken, dass die länge des vocals in malde oder
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ZUR VVE8TGERM. GRAMMATIK
75
Weniger sicher ist ein drittes beispiel, das für den gleichen
lautvorgang zeugen könnte. Das ws. tal, tal sammt verb.
tielan, ausserws. telan etc. stimmt in seinen bedeutungen —
'etwas für fehlerhaft erklären, eine person tadeln, verleumden,
verspotten' — genau zu den frühnhd. nüancierungen von 'tadel'
und 'tadeln'. Diese urspr. nd. worte haben kurzes a (Luther:
taddel) und nach ausweis des ahd. zadal altes P\ ihre bedeutungs-
übereinstimmung mit aengl. M geht dabei wahrscheinlich nicht
ins wgerm. zurück, sondern beruht auf parallelentwicklung aus
der gruudbedeutung 'mangel' heraus. Verwantschaft des aengl.
wortes mit aisl. tal 'betrügerischer versuch, einen zu über-
listen', ahd. zdla 'nachstellung', and. (Strassb. gll.) tällied *per-
nicitas' ist dagegen wTegen der abweichenden bedeutung un-
wahrscheinlich. Nicht ganz sicher ist dieser fall insofern, als
von den deutschen zu den engl, formen auch durch ansatz
eines *teÖl- neben *taj)l- die brücke geschlagen werden kann:
zum e vgl. ahd. zädal neben zädal (Müllenhoff -Scherer, Denkm.
2', 161. 442. Beitr. 28, 261).
Nach langem vocale weicht dagegen wie öfters (ws. adl :
boil) so auch in diesem besonderen falle die lautentwicklung
ab, indem der dissimilatorische schwund nicht eintritt. Wenn
Anglia 9, 263 in einem spätws. texte acc. sg. stodlan ' weber-
kamm' steht, so spricht schon das d für länge des vorauf-
gehenden vocals, und diese quantität wird bestätigt durch mhd.
stuodel 'pidonius' Mhd. wb. 2, 2, 707. Auch WrW. 280, 14 dur-
stodl 'postis' ist danach dem mhd. Wirst uodel Lexer 2, 1588
(vgl. ahd. turistuodit) gleichzusetzen, das mit mhd. torstudcl
im ablaut, mit den synonymen mhd. bistal, mnd. bistel ausserdem,
auf *stö]>la- zurückweisend, im grammatischem Wechsel steht.
vielmehr die existenz solcher länge bereits vor der vorauszusetzenden
dehnenden Wirkung der folgenden consonantengruppe so wenig erwiesen
wie allgemein angenommen ist (indicien zur feststellung der zeit der deh-
nungen sammelt Bülbring, Ae. EB. §285; vor Id käme z.b. wol in frage,
da?« das erst im laufe der historischen aengl. zeit synkopierte kurzsilbige
falatd falud gleich and. fakd mnd. valt dehnung erfahren hat: Orrm pl.
falde$s, nengl. fold). Möglich bleibt es immerhin, dass hier der schwund
des/) erst nach der synkope und ohne ersatzdehnung erfolgte, indem die
gruppe -f)ld- in ähnlicher weise erleichtert wurde wie -mtul- in nemde oder
-Wl- in seilte; möglich, aber angesichts der analogen erscheinung bei stiel,
sUU, mlan doch kaum wahrscheinlich.
76
WEYHE
C. Anglisch -weard (-wcrrd) neben -ward (-word);
hildi~ neben hild-.
Aus dem mengl. bekannt ist eine Stärkeabstufung von
nebentönen je nach der entfernung vom hauptaccent: unmittel-
bar nach diesem können lautlich schwere nebensilben unbetont
sein; von ihm durch mittelsilbe(n) getrennt, tragen sie aus-
nahmslos einen nebenton (Morsbach, Me. gr. § 46). Das gleiche
princip regelt in manchen md. und nd. dialekten noch heute
die Vertretung bestimmter alter längen; da erscheint z. b. für
ahd. -äri unmittelbar nach dem hauptton silbisches r genau
wie in der nhd. Umgangssprache (fisr 1 tischer ahd. fishiri),
während nach mittelsilbe die länge gewahrt bleibt (lijnür
'litgner', ahd. lugindr%)\ oder es ist das ursprüngliche -oua
slavischer Ortsnamen, für das die officielle Orthographie o oder
au oder e kennt, dort zu d geworden, hier auf der stufe ö
verharrt (mir aus Anhalt geläufig): läiw 'Kühnau', brtkz 'Buko',
aber rosslö 'Rosslau', tccrtlö * Wertlau *, jitrchö 'Jütrichau'.
Im deutschen ist solche abstuf ung weit zurückzuverfolgen,
zeigt sie sich doch schon an der behandluug der noniinal-
composita in Otfrids verse. Folgen dort die beiden Stamm-
silben einander unmittelbar, so kann die zweite in der Senkung
stehen, nicht bloss bei verdunkelten compositis: hierher fälle
wie kuanheit, oder wie urheiz gleich aengl. öret, oder nahuuist
gleich VPs. neotvest; wenn dagegen 'die beiden Stammsilben
durch eine unbetonte silbe getrennt sind, so muss auch die
zweite durchaus einen ictus erhalten': gomaheit, duriuuart,
thionostman (Wilmanns. Heitr. z. gesch. d. ält. d. lit. 3, § 90—92).
— Auf der ältesten stufe des engl, ist ähnliches bei dreiglied-
rigen compositen mit früher rhythmischer accentumlegung
beobachtet, so wenn in tmforcfrp das u seiue länge wahrt,
die es in fraxoj) einbüsst; man erwartet auch anderswo im
aengl. auf spuren dieser abstufung zu stossen, und so sind die
recht eng gezogenen grenzen vermutlich erweiterungsfähig, in
denen ich die erscheinung auch bei einfachen, doch nicht mehr
voll als solchen empfundenen Zusammensetzungen nachweisen
zu können glaube.1)
') Beachte ferner v. Bahder, Verbalabstracta s. 186 über die bildung der
abstracta auf ~iuuj neben -ing ('es scheint hier ein gewisses rhythmisches
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77
An stelle von altws. -weard im compositionsausgang, sei
es nun als adj. wie in andtveard oder als subst. wie in ierf[e)-
weard erscheint in R' -weard und -ward; das erste gilt nach
zweisilbigem, das zweite nach einsilbigem vordergliede. Für
substantivisches -weard findet sich nur ein beleg, erfeweard
2138; beim adj. aber (vgl. Brown 1, 21) stehen einander gegen-
über hier wiöerweard 8, 24. 12, 26, wiÖerwearde 5, 25 (2 m.).
4, 10. 16, 23 (von Brown nicht verzeichnet), wiperwearö 12, 26,
tcidert€ear(d) 14, 24, niperweardes 8, 32, neopewearde 27, 51 *)>
dort toward 2, 13. 17, 22, towarde 12, 32, towardan 3, 7 und
ondwardan 28, 15. Angesichts dieser 16 ' regelmässigen' formen
darf man wol ein ufawarde 27,51 auf rechnung beginnender
ausgleichung setzen. Nach den ausführungen von Sievers, IF.
14, 32 f. wird anzunehmen sein, dass in dem dialekte von R«
neben wrpcrweqrd mit erhaltung des nebentons und fallender
diphthongierung im zweiten gliede einst ein tö weard bestanden
hat, dessen nebenton geschwächt und dessen fallender diphthong
steigend geworden war; einfluss des w auf die entstehung der
a-form (Sievers a. a. o. s. 37) ist hier wol ausgeschlossen.
In Li. sind die Vertreter von adjectivischem urengl. -ward,
im Rit. auch die des subst. bereits in Verwirrung, und R2 hat
bis auf ein erfeweard die stufe mit o, -word, verallgemeinert
(Lindelöf, Die spräche der südnorth. ma. s. 78). Aber für sub-
stantivisches urengl. -ward bietet Li. dasselbe bild wie B1, nur
dass neben ea noch ce, neben a noch o erscheint. Stets heisst
es hier heafudwueard Mt. 1 16, 1, heafodueard Mt. I 9, 16, heafud-
wcardo Mc. I 1, 1, heafudwearda Mt. I 22, 9, oder heafuducerd
J. 18, 12, ebenso regelmässig aber reigluord J. 4, 46 — zur ein-
silbigen geltung des anfangsgliedes vgl. die bekannten erschei-
nungen der metrik — , regluord J. 4, 49, regluordes J. I 4, 6
bez. reglu"ard J. 4, 51. Besonders eclatant tritt das walten
rein laut mechanischer regelung da hervor, wo das anfangsglied
in der silbenzahl wechselt; neben doruorde Mc. 13,34, duruuardw
J. 18, 16 steht dureueard J. 18, 17. Aequivalent von erfeweard
•
gesetz zu walten: nachdem bereits ein schwächerer vocal auf den wurzel-
Yocal gefolgt war, griff man nach dem volleren tr); auch oben s.59, anm.
EU metc-ren : sealt-ern.
>) Schultes' inzwischen erschienenes glossar fügt hierzu noch mit recht
Wide rwearda Mc. 1, 13.
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78
WEYHE
Mt. 21, 38, erfeweardnise Mc. 12,7, erfeweardnisse Mt.21,38 oder
erfewcerd Mc. 12, 7, erfewaerd Mt. I 5, 5 ist erfuard Lc. 20, 14
und erfuardnise ebda.1) Regelmässige lautgestalt in diesem
sinne zeigt ferner lecuord J. I 8, 4, während das vereinzelte
hateard J. 20, 15 nicht anders zu beurteilen sein wird als
das gleich isolierte ufawarde in R'. — Aus diesem verhalt
scheint hervorzugehen, dass im dialekte von Li. ein gefühl
für den Wechsel im stammvocalismus dieser zweiten composi-
tionsglieder je nach der entfernung vom haupttone bestand,
womit natürlich keineswegs gesagt ist, dass die abstuf ung in
jedem einzelnen falle altererbt sein müsste.
Im merc. Psalter betreffen die Schwächungserscheinungen
zweiter compositionsglieder, wie sie Zeuner § 24, 3 zusammen-
gestellt hat, ausnahmslos fälle mit unmittelbarer berührung
beider Stammsilben: so in ladiow und neowest, wozu auch
ereste 'resurrectionenT 138,2 zu fügen ist; von compositen mit
-ward begegnet (ausser hlafard) die entsprechung des ws.
töweard und zwar als touord, towordre der erwartung gemäss.
Schwanken herscht dagegen charakteristischer weise wider
bei einem worte, wo die silbenzahl des anfangsgliedes schwankt,
dem äquivalent von ws. ierf(e)weardnis. Zwar ist an dem
tiberlieferten formenmaterial des Psalters ein Zusammenhang
beider erscheinungen nicht zu erkennen, indem neben erfe-
weardnis, -se und erfwordnisse noch erfewordnis, -se und crf-
tceardnis, dazu (einmal) vom verbum Öu erfewordas begegnen.
Aber wenn die übrigen Schwächungen dieses denkmals auf den
fall unmittelbaren stammsilbencontactes beschränkt sind, so
weist das doch wol auch hier auf einen älteren Wechsel erfe-
tceard-, erfword- hin, mag auch die ursprüngliche Verteilung
der formen mitsammt der regel für stehen und fehlen des mittel-
vocals zur zeit noch unbekannt sein.5) —
') Das letzte paar ist bereits von Bülbring verzeichnet EB. §435c,
doch mit abweichender beurteilung, vgl. ebda. § 367 a.
*) Bis eine zusammenfassende Untersuchung der fugenvocale im aengl.
vorliegt, könnte man auf andere parallelen hin eine ursprüngliche Verteilung
e rfacea- rd, -es, aber obliqu. rrftcordmssc, verbum erftcordi"af>, dann auch
nom. erfwordnis vermuten, was durch die Uberlieferung gestutzt zu werden
scheint, vgl. z. b. Jälfric yrfweardnyss Horn. Th. 2, 224, 7, yrfwyrdnys 526, 29,
yrfwyrdny88eb'2tö,'<SO, yrfictardnysse Heil.-leb. 18, 177, aber yrfeweardes 33, 117.
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ZUR WESTGERM. GRAMMATIK.
79
Wie sich in diesen fällen die betonung des (ursprüng-
lichen) zweiten compositionsgliedes regelt nach der silbenzahl
des ersten, bietet nun wie ich glaube das aengl. auch ein bei-
spiel für die umgekehrte abhängigkeit in einem falle, wo die
accentuierung des Vordergliedes zwar nicht von der silben-
zahl, doch von dem silbenbau des Schlussgliedes reguliert zu
werden scheint. Parallelen hierfür sind mir aus dem germ.
nicht zur hand.
Unter den eompositis mit Hild(e)- 'kämpf im ersten gliede
finden sich im Beowulf 42 belege (darunter zwei, 3124a
hilderinc<a> und 3136a här hildemno mit gesicherter ergän-
zung handschriftlicher lücken), in denen das zweite glied ent-
weder durch eine lange oder durch lange + unbetonte silbe
gebildet wird (lange silbe gleich silbe mit vocallänge oder
mit vocalkürze in position); es sind flectierte oder unflectierte
formen von (Hilde-) bil(t), bord, cyst, deor, geatwc, $räp, Hlem(m)t
koma, mece, rand, r(Bs, rinc, sceorp, seil, stren&o, swät, tüsc,
w&pen, wvscl ; Hüdemecgas, HildeburH; acc. sg. Hildesoedne.
Sie alle weisen in der hs. compositionsfugenvocal auf und
stehen in dieser gestalt in untadligen versen; bei fehlen des
vocals dagegen würden unter ihnen 31, in versen des einfachen
typus A (wie Hilderince 1495 a) oder D 4 (wie Här hilderinc
1307 a) metrisch fehlerhafte halbzeilen, und 9 belege in versen
des typus B (wie Hirn pä hddedeor 312a; ferner 397 a. 834 a.
1039a. 1114a. 1446a. 1666b. 2155a. 2507a) eine im Beowulf
nicht belegte abart (-LX--) des typus A3 ergeben; nur zu
zweien (300a J>cet ßone Hilder&s, 1071a ne huru Hildeburh)
waren unter gleicher Voraussetzung gesicherte metrische pa-
rallelen zu finden.
Der einzige beleg, in dem das zweite glied nach kurzer
betonter zwei unbetonte Silben enthält (1606 b hildegicdum),
hat ebenfalls fugenvocal, den auch er metrisch nicht entbehren
kann; ob der fall vielleicht gleichfalls der ersten gruppe an-
gehört, ist zweifelhaft, vgl. unten den abschnitt D, I, 5, a.
Innerhalb der übrigen poetischen literatur finden sich an
gleichartigen fällen 34 (darunter die gesicherte ergänzung
Jud. 222 a <hildonwdran); zu den früheren kommen noch hinzu
flectierte und unflectierte Zusammensetzungen mit bedd, calla,
coröor, deofol, egesa, fröfor, giest, £rä*dig, UoÖ, nwdre, pil, scür,
80
WEYHE
serce, spell, swcj, torht, ]>remnta, pry]>, prym(m), tvörna, wr&sn,
wulf. Hiervon fällt El. 113 hildvgesa (für -egsa) aus, da das
zweite glied mit einem vocale beginnt. Sämmtliche übrigen
33 haben mit einer ausnähme handschriftlich fugenvocal, 30
davon (in versen des typus A oder 1) 4) erfordern ihn metrisch,
nur die beiden schwellverse Kr. 61b und Ex. 573 a könnten ihn
in dieser hinsieht entbehren.
Die eine ausnähme macht An. 1092b, wo hildbedd styred
überliefert und fehlen des vocals in der fuge wol auch zu-
gleich metrisch notwendig ist (vereinzelte belege von 1X- I
aus An. gibt Deutschbein, Zur entwicklung des engl, all.-
verses s. 68 unter no. 3 an). Aber diese einzige ausnähme
gegenüber 74 bez. 75 gesicherten fällen beweist nur dasselbe,
was die verschiedenen (von Wülker zur stelle verzeichneten)
versuche zur erklärung des ganzen Zusammenhangs und die
mangelnde alliteration in v. 1090 zeigen, dass nämlich irgend-
welche textverderbnis vorliegt und die stelle für grammatische
zwecke nicht verwertet werden kann.1)
Diesem compositionstypus nun steht ein zweiter gegenüber,
bei dem das Schlussglied kurze betonte + unbetonte silbe auf-
weist; es sind 16 belege, ausgehend auf -frecun, - fronte, -frunia,
-an, -latan, -stapan, -preece. Unter diesen fehlt in den hss.
der fugenvocal fünfzehnmal und die verse sind bei dieser
wortgestalt vollkommen correct. Acht belege (B. 1678 a härum
hildfruman, 2649a hefpan hildfruman, Jul. 7a hüpen hildfruma,
El. 10a ähafen hildfruma, El. 101a hcria hildfruma, Gen. 2157a
hwltda hildpreece; ferner An. 126a und 1070a haldne hildfrecan,
doch sind in diesem gedieht auch zwei lx I -x-x una* ver"
einzelte ähnliche fälle mit auflösung belegt, s. Deutschbeins
tabellen a. a. o. s. 67) würden dagegen bei Vorhandensein des
vocals metrisch fehlerhafte oder doch mindestens auffällige
halbzeilen ergeben.
Zu dem einzigen beleg, der fugenvocal zeigt und dabei
gerade in einer derartigen halbzeile steht, B. 2205 a hearde
hildefrecan, hat bereits Sievers, Beitr. 10, 305 bemerkt: 'doch
') Man könnte z.b. nach masagabe von tr(rlbedd zu xva-l 'die gefallenen',
neobedd mit neo- aus wgenn. *nawi- 'der tote' an holdbedd zu hold 'leich-
nam' denken.
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ZUR WESTGERM. GRAMMATIK.
81
ist zu erwägen, ob nicht an der letzteren stelle wie 2367
hildfrecan zu lesen ist'. Nach dem voraufgehenden wird man,
zumal wo jetzt gemäss desselben gelehrten Agerm. metrik
§ 79,4b auch noch der zweite, ausserdem im Beowulf vor-
handene beleg gleicher art, 1162a win of wunderfatum weg-
fallen dürfte, von der not wendigkeit der lesung hildfrecan
reden dürfen.
Das ergibt also für die in der poesie begegnenden aengl.
composita, deren erstes glied vom wgerm. stamme Viildiö- ge-
bildet ist, folgenden tatbestand: hat das zwreite glied die form
1 oder lx, so lautet das erste Hilde, hat das zweite glied die
form ^x> so lautet das erste hild.
Man könnte von vornherein versucht sein, hier an eine
im dienste des versrhythnius stehende willkürliche auslese
unter formen zu denken, die in der alltagssprache in irgend-
welcher Scheidung nebeneinander bestanden, HildbUl neben
hildebill, hildlatu neben Hildelata. Dazu wäre zu bemerken,
dass nach ausweis der lexka mindestens in der uns bekannten
Sprachperiode des aengl. das appellativum Hild in der prosa-
rede überhaupt nicht mehr existierte. Andrerseits würde sich
für eine derartige metrische regelung schwerlich ein grund
ausfindig machen lassen. Während z. b. formen wie hildebille
nur im einfachen typus A belegt sind und eventuell nur noch
*D für sie in frage käme, hätte für hildbille C, D und E offen
gestanden; widerum würde sich eine kategorie hildelatan
anstandslos in B-verse eingefügt haben. Wenn der Beowulf
nur wenig vollkommen sichere belege von auflösung der zweiten
hebung dieses typus in dem falle aufweist, dass die zweite
hebung das Schlussglied eines compositums trifft (doch vgl.
1101 ne purH intviisearo, bei uneigentlicher Zusammensetzung
2925 und Hrcfnawudu), so liegt das wol lediglich an der rela-
tiven Seltenheit von Zusammensetzungen des Schemas - x ~ x-
In der tat haben wir wenigstens einen beleg dafür, dass
jener Wechsel nicht auf die spräche der dichtung beschränkt
war, und zwar in dem namenmaterial des Liber vitae. Hier
sind belegt mit langem zweiten gliede hildiberct 103. 112.
253. 257. 296. 383, hildiburg 28, HildiSüs 145. 175. 224, Hildisyp
445, -gip 40, HildtyryP 26. 47 und hildiuald 119. 227. 351.
Gegenüber diesen 17 belegen mit hildi- hat der einzige name,
Beiträge mr geschichte der deutschen Sprache. XXX. Q
82
WKYHE
dessen Schlussglied die form ^x besitzt, widerum hild- : hilduini
230 und 297. Dass hier an dem nichtVorhandensein des i das
folgende w unschuldig ist, zeigt das dreimalige hildiuald, vgl.
ferner die metrisch sicheren luldewa-pnum, hildewtWsne, hilde-
wulfas; allerdings vermutet Bülbring, EB. § 435. anm. in *hildi-
tvini vielmelir unsilbisches ü: doch auch dem stände Beowulf
1064 b hildewisan entgegen.
Während die poesie, abgesehen von fällen wie hildebil(l)
keinen beleg mit einsilbigem zweiten gliede des Schemas:
kurzer vocal vor einfacher consonanz überliefert, scheint aus
LV. hildifri]) 192. 215 hervorzugehen, dass eine geschlossene
silbe dieses baues nicht anders wirkte als vocalkürze vor
mehrfacher consonanz oder als vocallänge, hüdifrip wie Beow.
2723 hildeswdne (weiterhin auch, dass zur zeit der apokope
des u von *-/H/>u das t der fuge noch intact war?). Wie die
fälle behandelt, d. h. wol ausgeglichen wurden, wo die silben-
zahl des zweiten gliedes innerhalb der flexion wechselte (ur-
sprunglich *hildis(ed, *hildisccdnas, aber *hildsada, *hild&ecil,
aber *hildigecilum?) ist nicht mehr zu erkennen.
Eine weitergehende ausgleichung hat vielleicht später in
der tat stattgefunden, indem die überwiegende form hilde-
verallgemeinert wurde; vgl. R. Müller, Untersuchungen über die
namen des north. LV. § 69: 'die Verkürzung von hildi zu hild
vor folgendem mni ist ausserhalb des LV. keine durchgängige,
vgl. z.b. hildeuine Bi.2,326a. 925/41 (original)'. Dazu würde
stimmen, dass in den späten südlichen hss. der dichtungen nie
hild für hilde, dagegen wie bemerkt einmal hilde an stelle von
hild geschrieben steht. Zur entscheidung müsste ein grösseres
namenmaterial herangezogen werden als ich zur Verfügung
habe. Uildgaringdenn OET. Ct. 25, 9, a. 843 ist, da unter be-
sonderen betonungsbedinguugen stehend, ohne gewicht
Dass also in diesen compositis stehen und fehlen, d. h.
doch gewis ursprünglich die stärkere oder schwächere arti-
culierung des fugen vocals abhängt vom silbenbau des end-
gliedes, dürfte wol sicher sein. Wie es dagegen zu erklären
ist, dass der vocal unter den angegebenen bedingungen über-
haupt erhalten bleiben konnte, darüber weiss ich ebensowenig
sichere auskunft zu geben wie K.Müller a.a.O. §89,5. Das
schwanken der mit sib- oder sibbe-, hei oder teile- beginnenden
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ZUR WESTGERM. GRAMMATIK.
83
bildet offenbar keine parallele; hier hat sich neben die alte
echte Zusammensetzung mit sib-, hei- nicht anders wie in
rödetäcn und ähnlichen jüngere genetivische composition ge-
stellt, an die bei Midi- natürlich nicht gedacht werden kann.
Die ursprünglich langsilbigen -iö- Stämme aber zeigen sonst
durchweg synkope (vgl. auch Bülbring, EB. § 398, c), so im LV.
h&Ö-berct, gth-suW, sonst gyrd-wite, hüep-cole, -hrycg, hind-berge,
-brer, -cealf, hyP- (hafen) gield, -weard, hyp- (beute) scip, yp-
hord, -faru, -hof, -kennest u.s.w.
Immerhin fällt auf, dass von allen diesen Stämmen hüd
der einzige ist, der ausschliesslich in der dichtung und dem
mit dem poetischen mannigfach verwanten wortmaterial der
Personennamen begegnet (für den LV. speciell fallen die Beo-
wulroamen ins gewicht, darunter gerade Hildiburg, Sievers,
Beitr. 10, 464). So wäre es wol nicht undenkbar, dass die
feste poetische tradition bei einem worte, das nur in ihr sein
leben führte, einen altertümlicheren lautstand bewahrt hätte,
als ihn die der prosa geläufigen worte zeigen (analoga dazu
anzuführen ist kaum nötig, doch vgl. beispielsweise zum nhd.
Behaghel, Die deutsche spräche3 s. 110 ff.). Haftete aber ein-
mal von hier aus der Wechsel hüdebill i hildfreca als ein rhyth-
misches gesetz im bewusstsein, so war es schliesslich nicht zu
verwundern, wenn bei ihm auch die personennamen verharrten,
die dem Angelsachsen in ihrem ersten bestandteile durchaus,
zum grössten teile aber auch dem zweiten nach etymologisch
klar sein, zugleich aber für sein ohr einen dichterisch-adligen
klang haben mussten, die ferner gewis häufiger als jetzt noch
zu verfolgen auch in der dichtung begegnet sind. Conserva-
tivismus der eigennamen aber gerade aus derartigen gründen
ist ja widerum etwas ganz geläufiges.
Die möglichkeit dieser annähme zugegeben, hätten wir
also in den formen mit hildi-, dann hilde- erstarrte bildungen
vor uns, leitfossilien, die einblick gewähren in eine zeit, wo das
(seinerseits wahrscheinlich aus -ia- hervorgegangene) i der -iö-
stämme nur erst vor der folge kurzer plus unbetonter silbe, ein-
facher gesagt: nur erst vor kurzer, offener silbe synkopiert war.1)
[») Das hier behandelte problem bildet nur ein glied in einer grossen
reihe analoger erseheinungen bei der composition, über die ich im dritten
teil meiner Metrischeu Studien handeln zu können hoffe. E. S.]
G*
£4 WTTHI
Als Sievers seine Untersuchungen Zur accent- und laut-
lehre der germ. sprachen veröffentlichte, schickte er der be-
handlang der aengL mittelsilben folgende bemerkung voraus
(Beitr. 5. 70;: 'Das ags. hat seine unbetonten mittelvocale unter
den wgernL sprachen am consequentesten behandelt, wenn wir
von der spräche der ahmten denkmäler absehen, in denen die
später waltenden gesetze n -ch nicht völlig zum durchbruch
gelangt sind. Indem ich diese ältesten denkmäler, schon wegen
der unzugänglichkeit eines grossen teiles des materials, einer
anderen si-ecialuntersuchung überlasseu muss. beschränken
sich meine angaben im folgenden im wesentlichen auf den in
Greins bibliothek gegebenen stoft der indessen mehr als aus-
reichend Ist. um die nötigen regeln zu abstrahieren.'
Seit jener zeit haben sich die hier umschriebenen grenzen
des beobachtungsfeldes beträchtlich erweitert: nicht nur dass
die ältesten denkmäler allgemein zugänglich gemacht sind,
auch der in ihnen wie den wichtigsten späteren prosaquellen
lagernde Sprachstoff ist zu grossem teile in grammatischen
monographien, in beschränkterem niasse auch lexicalisch unter
dach gebracht. Andrerseits aber hat gerade das damals zu
gründe gelegte wortmaterial späterhin durch Sievers selbst
eine ganz neue beleuchtung erfahren; Sievers wies nach, dass
das versmass nicht selten ältere sprachformen verlangt, wo
die Schreiber der zumeist späten poetischen hss. der lautgestalt
ihrer tage, vor allem auch ihrer dialekte eingang verstattet
hatten. Die frage nach der behandlung der mittelsilben in
älterer zeit, an sich von rein lautlichem interesse, gewann
damit zugleich aus gründen der textherstellung an Wichtigkeit
Im allgemeinen machte sich eine modification der erzielten
resultate in doppelter richtung nötig (vgl. namentlich, soweit
die metrischen kriterien in frage kommen, Sievers, Beitr. 10,
459—404): es stellte sich heraus, dass in älterer zeit nach
langer silbe die gesetzmässigkeit, nach kurzer silbe aber —
und dies nicht nur in älterer zeit — das schwanken grösser
war als die hss. der dichtung verrieten. Während aber die
Störungen im ersten falle zumeist auf jüngeren analogischen
ausgleichungen beruhten, musste eine ähnliche erklärung bei
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ZUR WESTQSRM. GRAMMATIK.
85
den mittelvocalen nach kürze offenbar versagen. Dennoch ist
bisher kein versuch gemacht, die einschlägigen Verhältnisse
genauer und im zusammenhange zu untersuchen.
Einen ersten schritt zu diesem ziele wollen die folgenden
ausführungen wagen, denen die doppelten mängel eines gram-
matischen erst! ings Versuches auf schlüpfrigem gründe anhaften.
Dies um so mehr, als ihr rein provisorischer Charakter
schon darin gegeben ist, dass eine wirklich abschliessende be-
handlung die vollständige inventarisierung sämmtlicher in frage
kommender wortformen voraussetzen oder einer solchen gleich-
kommen müsste.
Leider konnte an dieser stelle aus äusseren gründen nur
ein bereits fertig abgeschlossener teil der grösseren arbeit vor-
gelegt werden.
Chronologisches Verhältnis der synkope nach
langer zu der nach kurzer tonsilbe.«)
Der Schwund unbetonter, ursprünglich kurzer mittelvocale
nach langer tonsilbe gehört der vorliterarischen zeit an und
ist in seinen verschiedenen phasen nicht mehr genauer zu ver-
folgen; wir haben das ergebnis einer abgeschlossenen entwick-
lung vor ans, die innerhalb des historischen aengl. im grossen
ganzen nur da eine fortsetzung erfährt, wo die betonungs-
verhältnisse ihrerseits andere geworden waren (Beitr. 9, 228.
10,461b. ßülbring, EB. § 405. 435).*) Immerhin lässt sich an
einzelheiten noch erkennen, dass bei diesem ganzen offenbar
») Nur diese synkope kommt in betracht, da bei dem vorhistorischen
Schwund von mittelvocalen nach mittelsilbe die quantität der tonsilbe
keine ersichtliche rolle spielt: Beitr. 5,81. — Von tonsilbe (mit Kluge, Pauls
«irnndr. 1*, 1053) statt wurzel- oder Stammsilbe zu reden, dürfte sich des-
wegen empfehlen, weil der starkton (hauptton oder starker nebenton) keines-
wegs überall auf der 'wurzel' ruht, vgl. Oret einerseits, here-geatwe zum
andern.
*) In diesem falle wird dann auch teilweise genauere beobachtung mög-
lich. So ist beispielsweise in Li. das erste e der endung -erc stets erhalten
nach langer hanpt toniger silbe: beameras, bßcere, dit-meras etc., während
nach stark nebentoniger synkope begegnet: ticöröures, hcdröuras; ist das e
gleicher weise erhalten nach kurzer tonsilbe: bodare, boderes, während
nach kurzer mittelsilbe consequent synkopiert wird: mynittre (vgl. as. pl.
muniterios), mynetro, mynctrum u.s.w.
86 WEYHE
Uber einen längeren Zeitraum sich erstreckenden processe ausser
der Quantität der vorausgehenden silbe noch manche andere
factoren im spiele waren. So tritt die Wirkung verschiedener
betonung der nachbarsilben darin hervor, dass wie im
an. das thematische t der -«-stamme in der compositionsfuge,
also vor stärkstem nebenton, lautgesetzlich früher als in den
übrigen Stellungen, noch vor der f'-umlautszeit, weggefallen
ist und dasselbe scheint, wTiderum wie im an., von der Stellung
nach stärkstem nebenton zu gelten (Sievers, Ags. gr.3 § 100,
anm.6 und 7. Kluge, Pauls Grundr. P.474. Sievers, Beitr. 27, 207).
Abweichender bau der folgesilben macht sich bei den
-/ö-stämmen in dem Wechsel hihti-lhild- geltend, möglicherweise
indem auch hier letzten grundes accentverschiedenheiten ent-
scheidend waren. Dass endlich die qualität des dem unter-
gange geweihten vocals nicht gleichgiltig gewesen ist, darf
wenigstens aus einer erscheinung der apokope gefolgert werden:
es wird kein zufall sein (vgl. z. b. Kluge, Pauls Grundr. I2, 1053),
wenn hier nur formen mit erhaltenem u, wie das wol archai-
sierende flödu des Runenkästchens (Chadwick, Studies s. 156)
als vereinzelte, zum teil unsichere ausläufer die zeit der denk-
mäler erlebt haben.
Anders, wo mittel voeale unter sonst gleichen bedingungen
nach kürze stehen (zur synkope nach kürze s. ausser den
grammatischen einzeluntersuchungen die Zusammenstellungen
bei Dieter, Laut- u. formenlehre der agerm. dialekte s. 90 f.
') Zur gefährdung des mittelvoeals in dieser Stellung vgl. beispiels-
weise die späteren synkopierungen wie Finnsburuh Finnh. 3fi (ans älterem
*Finnfsburh) gegen simplex Kinnes im Beowulf; die entsprechenden
Schwächungserscheinungen der adj. auf -ig, ,\fj>yldi$ : jefiyldelic, dysif •
dystlic (Bülbring, EH. $ 504, anm. 3), sodann mit synkope dynlic; auch die
der ws. abstracta auf -ung wie bfrlsunj : bhUsingböc; luulung : hftdingdtrg;
leornunj : Icorninxdld, -nuht, -hüs; %offrun,<; : offn'ngdi.tc, -hläf, -sowr;
tcodun; : teodingmann (vgl. Horn. Th. 1,178.28 ttodunge neben 178,29 tto-
dingdagvm im selben satze), Öfnung : d^ning-bür, -gäst, -mann, mit noch
weitergehender redncierung durch dissimilatorischen ?i-schwund nach art
von R1 Li. unndrys(n)nullir : witnunj neben u ttingstutc, nach art von l'hron.
Cane^annirrsc neben Caninjan- : leornung gegen leortiigmann; denung gegen
öfnifmann (beispielsweise .Klfric Heil.-l. 23, 238: ä tows amang foäm
Mab/ms hcora dniigmunn and Jm'i taorlican ptnunja pe ht dider brohU
heom geornliee ptnodc), nach art von ih/^ö« aus intingan (a.b. Beda Miller
1,416,2;: huntung gegen huntij;spere\ tcindwian, aber windwig-ceaf etc.
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ZUR WESTGERM. GRAMMATIK.
87
Kaluza, Hist. gr. der engl, spräche 1, § 72. Kluge, Pauls Grundr.
1» 1053. 1056. Morsbach, Me. gr. § 70 ff. 74. Am reichhaltigsten
Bülbring im EB. § 438 und 439). Hier ist der vocalschwund
später eingetreten als nach länge, und es hat wol sicher im
urengl. eine zeit gegeben, wo ursprünglich kurze, einzelne vocale
in offener mittelsilbe noch durchweg erhalten waren, falls der
voraufgehenden tonsilbe kürze, aber durchweg synkopiert
waren, falls jener länge zukam. Das historische ae. jedoch hat
diese stufe bereits überschritten: was die quellen dieser zeit
uns sehen lassen, sind einzelvorgänge innerhalb einer entwick-
ln ngsreihe, deren beginn in vorhistorischer zeit liegt und deren
fortsetzung noch weit spätere epochen füllt. So sind wir hier
in der glücklichen läge, gleichsam unbewaffneten auges und
mit leidlicher klarheit wichtige phasen eines processes ver-
folgen zu können, dessen einzelheiten andere sprachen stark
exspiratorischer betonung oft nur mühsam aus mikroskopischer
Untersuchung indirecter kriterien des Schlussergebnisses aufzu-
bauen gestatten. Die unvermeidliche kehrseite dieses Vorzugs,
doch keineswegs ein nachteil an sich, tritt hingegen darin
hervor, dass die fülle der erscheinungen sich nicht in eine
runde formel bannen lässt.
AVesensverschiedenheit der beiden synkopierungen.
Nach Sievers, Pauls Grundr. I2, 318 (vgl. auch Metr. Studien
1, 266 f.) 'lassen ... die synkopierungen moderner idiome den
satz als zweifellos erscheinen, dass bei verlust einer zählenden
silbe ihre dauer und exspirationsform derjenigen silbe zugelegt
wird, in der sie aufgeht'. — So wäre nach den ausführungen
desselben gelehrten z. b. auch die gesammtdauer von urengl.
*scndid(B 'sante' weiter erhalten geblieben, als daraus durch
synkope *send(cf)ce, sende entstand; der silbe send kam nunmehr
die gleiche dauer zu wie vorher der folge sen-di-. Historisch
fasst Sievers den hergang in diesem falle umgekehrt: als das
prius gilt ihm eine neigung zur Überdehnung der tonsilbe, die
als correlat zwecks erhaltung der überlieferten taktlänge eine
entsprechende reducierung, schliesslich völligen Schwund des
mittelvocals nach sich zog. Bekanntlich ist es bei dieser syn-
kope gleichgiltig, welchen bau die tonsilbe aufweist, ob ihr
einfacher langer vocal oder diphthong, ob kurzer vocal vor
88
WEYHE
mehrfacher consonanz eignet, gleichmütig auch die qualität
des oder der folgenden consonanten: die einzige bedingung be-
steht in der dehnungsfähigkeit der silbe, auf der der stark-
ton ruht.
Dieser bedingung war nicht genügt, wenn die tonsilbe auf
kurzen vocal ausgieng; die älteren germ. dialekte kannten
'spontane' dehnung kurzer, silbenauslautender vocale im wort-
innern nicht. Wenn also das aengl. in solchen fällen dennoch
synkope eintreten lassen kann, muss hier die dauer der ver-
loren gegangenen mittelsilbe ursprünglich auf andere weise
gewahrt geblieben sein.
Theoretisch dürften zwei wege für die entstehung von
formen wie miclum 'dem grossen' aus *micelum (älter *miciluni)
in frage kommen. Man könnte annehmen, dass die kurze
endsilbe, auf der ein rhythmischer nebenton ruhte, gedehnt,
dafür der mittelvocal reduciert und schliesslich geschwunden
wäre; doch dürfte hiergegen so ziemlich alles sprechen, da
fälle wie inf. miclian aus *micelian oder *micilian, die solche
auffassung vielleicht zuliessen, principiell nicht von denen wie
miclum getrennt werden können. Vielmehr deutet nicht weniges
nach einer anderen richtung hin (vgl. Sievers, Phonetik5 § 821
zur entstehung von mhd. nerte aus ahd. nerita, wozu auch Wil-
manns, Beitr. z. geseh. d. ält. deutsch, lit. 4, § 95 zu vergleichen):
es wird kein zufall sein, wenn sich die beobachtung machen
lässt, dass im aengl. ein mittelvocal nach kürze nur dann
schwindet, wenn entweder der voraufgehende oder der folgende
consonant, eventuell jeder von beiden ein dauer laut ist.
Trauen wir diesem fingerzeig, so wäre die jüngere aengl.
synkope in gleicher weise an die dehnungsfähigkeit eines dem
unbetonten vocale benachbarten consonanten gebunden, wie die
ältere synkope an die dehnungsfähigkeit der vorausgehenden
silbe. Mindestens als Zwischenstufe dürfte eine längung des
dauerlautes um das mass des einstigen kurzen vocals anzu-
nehmen sein.
Vermutlich vollzog sich demnach die entwicklung von
*micelum zu miclum derart, dass zuerst das unbetonte e zum
gleitlaut reduciert wurde, das folgende l alsdann sonantische
function übernahm und schliesslich den gleitlaut absorbierte:
*mi-ce-Utm > *mi-C-lum > *roi-c/-/uw; das wort besass jetzt
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ZUR WE8T0ERM. GRAMMATIK.
89
noch immer drei Silben, deren zweite (-c/-) an daner der ur-
sprünglichen (-ce-) gleich war. Ein weiterer schritt, zugleich
eine weitere folge des stark exspiratorischen accents, führte
dann dazu, dass das l seine geltung als silbenträger einbüsste
und eine andere t rennung der silben platz griff, wahrscheinlich
in Verbindung mit einer gleichzeitigen quantitätssteigerung der
nunmehr dehnungsfähigen tonsilbe: mi-c/-/«m zu mic-lum. Ent-
sprechend wäre der hergang in dem falle zu denken, wo der
dauerlaut an erster stelle stand: gcoloca, geoleca 'eigelb' wird
wird über geol'ca (bez. gco-l°-ca) zu dreisilbigem geo-jca, und
dieses weiter zu geol-ca mit zweigipfliger, schliesslich wol zu
geol-ca mit eingipfliger erster silbe geworden sein (vgl. dazu
Sievers, Phonetik 6 a. a. o.).
Erhaltung von mittelvocalen zwischen momentan-
lauten sammt ausnahmen.
Als momentanlaute in betracht kommen nur die tenues
und d; der beispiele sind wenige:
bcdtäan (st. *bedaliw^)f plpudueas ('strumas', Genn. 23, 396, 258),
lehn wort predician, predicere, prydicere (zur kürze des vocals: Sie vers, Zum
agp. voc. s. 12), namen wie Badttca, Beoduca ; flectierte formen von fracod,
hacod, nacod mit ableitnngen; (eotuc 'malva' neben cottuc); von mcolttd,
wttod; von ttrped (z.b. tepedum Kent. gll. 200; daneben Uepped); ferner aucb
da, wo eventuell in späterer zeit einzeldialektischer Ubergang: in dauerlaut
anzunehmen ist: in den flectierten formen von eced, rteced, rcced so gut
wie bei benaced, beneced 'nudatus' und tueced 'nacktheit'.
Eine ausnähme machen dagegen die gruppen -tid- und did-
im praet. und part. praet. der schwachen verba wie hwettan
und hreddati] praet. hwette 'schärfte, reizte an', hreddc 'be-
freite, rettete', part. praet. gehwette, ähredde scheinen älteres
*htcetid(B, *hredidce vorauszusetzen, so dass ein kurzes eingehen
erforderlich ist. Die fälle haben das gemeinsame, dass die
beiden den mittelvocal umgebenden momentanlaute vollkommen
gleich oder nur durch Vorhandensein und fehlen des stimm-
tones geschieden sind; es bleibt daher möglich, dass unter
diesen besonderen umständen rein lautliche s}Tnkope vorliegt,
vgl. entsprechende erscheinungen im mhd. (Wilmanns, Deutsche
gramm. 1 J, § 273, 3) und im aschwed. (Noreen, Aschwed. gramm.
§ 158, 1: 'eine unbetonte silbe zwischen zwei starktonigen wird
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90
WEYHE
nur dann — sporadisch — synkopiert, wenn der betreffende
vocal von zwei gleichen consonanten umgeben ist'; doch ist
hier wol auch eine etwas andere auffassung möglich). So lange
jedoch für eine derartige synkopierung nicht unanfechtbare
aengl. beispiele beigebracht werden, die ausserhalb der ge-
nannten flexionskategorie ständen, dürften etwa folgende mo-
mente zur erklärung in betracht kommen:
1) Die moglichkeit älterer, wie immer entstandener bildung
ohne mittelvocal. Die übrigen wgerm. sprachen schwanken
stark, s. die nachweise bei Paul, Beitr. 7, 141. dazu Möller ebda,
s. 470 ff. Das aengl. selbst, die verlässigste quelle, bezeugt,
jedoch fehlen von mittelvocal vor der aengl. nmlautszeit nur
für settan durch die vereinzelten formen wie Li. satlt (Sievers,
Ags. gramm^ § 407, anm. 6). Da andrerseits das aengl. sonst
den 'rückumlaut' im allgemeinen gut bewahrt hat und die
glieder einer eventuellen gruppe settan praet swtte, part, praet.
festet, acc. gesastne, hurt tan, *htca>tte, *$ehua>t, hreddan, *hrcedde,
*xchra>d sich gegenseitig gestützt hätten, scheinen die geläufigen
präteritalformen von settan mit e (sette, jeset) ein indirectes
kriterium für Vorhandensein ursprünglichen mittelvocals bei
der mehrzahl der anderen verben zu bieten, mit denen settan
irgendwie flexivisch zusammengefallen wäre.
2) Ein derartiger teilweiser und zwar lautgesetzlicher
zusammenfall wird durch die langsilbigen verba auf d und t
bezeugt. Bekanntlich lautet das part. praet. von Uedan 'führen'
im südengl. geläd, acc. grhidne aus *$ihcd\d, *giladidna3, und
diese formen sind auch für das urangl. anzusetzen; das angl.
schon der ältesten historischen zeit hat dagegen innerhalb
der flexion durchgängig, wie das ws. teilweise, restitution ein-
treten lassen, indem zu nom. pl. zd<rdd& ein nom. sg. zdwdid
statt *$ilad, ein acc. sg. jilddidne statt *gdwdna? gebildet
wurde, wie nom. sg. *ziUrrid 'gelehrt' und acc. sg. gilwridncB
neben nom. pl. gilmrda standen. Abgesehen von befest Rl
(Brown 2. § 41. Sievers 3 § 406, anm. 3), das wegen der besonder-
heiten dieses textes keine volle beweiskraft besitzt, ist jedoch
der lautgesetzliche stand auf angl. gebiete bewahrt geblieben
in dem schon früh zum adj. gewordenen und dadurch dem
systemzwang entzogenen wgerm. part. praet. *faitida 'feist,
fett' (zu aisl. feita, mhd. reizen 'mästen') gleich ahd. feizit,
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ZUR WESTGERM. GRAMMATIK.
91
aonfrk. Ps. fciUt, vgl. merc. Ps. ftt 67.16. fad Hy. 7.29. faet-
nisse Ps. 62. 6, faetnes 140, 7, aus *fmtid neben pl. /7r/te und
verb. f&ttades mit synkope nach länge; ebenso northumbr.
Li. fcett Luc. 15, 23. 27. 30 (mit secundärem tt statt t): weiter-
hin auch metrisch gesichert durch Ps. 80, 15, lb mid fßtre
lynde (zu dem in späterer zeit nicht ungewöhnlichen typus
a A im zweiten halbvers, vgl. z. b. die tabellen bei Deutschbein
a. a. o. s. 53 f .) und Rats. 41, 105 mära ic eom and ffrttra.*) —
Kaum hierher gehören dagegen fälle wie VPs. 146, 3 fordr^st-
nisse, 59,4 forörastnisse neben ebda. 13,3 fordr^stednis ' Zer-
knirschung', vgl. jedoch die auffassung Cosijns, Aws.gr. 1, 135.
Bei der entstehung von fwt aus *fmtid, dat. fem. föetrc aus
*ftrtidra> ist nun annähme von synkope im strengen sinne,
von Silbenverlust als folge des accentes, ausgeschlossen: in *fiß-
tidrce z. b. war keine Überdehnung des langen vocals der ersten
am das mass des vocals der zweiten silbe möglich, da letzterer
durch seinen nebenton gegen die correlate reducierung geschützt
war. Aller Wahrscheinlichkeit nach fällt die erscheinung nicht
unter den begriff des allmählichen, sondern den des sprung-
haften laut wandels, speciell unter den der haplologie, gehört
*) Wenn das in angl. dichtungen begegnende föted 'verziert, mit gold-
bleth versehen' gleichfalls seiner bildnng nach ein particip. das sein verbnm
cingebüast hat (got. fftjan 'schmücken', daher die eigentliche anglische
form vielmehr *fHed), trotzdem wie man sieht die lantgestalt der angl.
participia zeigt, so liegt der grund offenbar in dem Zusammenhang des
Wortes mit dem subst. fat 'goldblech'. Letzteres unflectiert belegt nur
Beow. 1921 a fra-ttce oiid fßtgold, das danebenstehende fated/Ueure Beow. 1036
dagegen zn beurteilen wie hringedstcfna neben hrin^naca, während dat. pl,
fttttum ebda. 716 mit tt gegenüber ftttum 2256 dem Schreiber zur last fallen
wird. Auf das subst. fttt wurde das part. *f<Hid aus wgerm. *fütida- wol
erst nach verlust seines verbs bezogen (bedeutung: 'mit f<tt versehen') und
entgieng. indem es so in den neuen verband der denominativen par-
ticipia eintrat, der isolierung, der *f\ttid aus wgerm. *faitida- anheimfiel.
Zu den denominativen part. praet. in der bedeutung 'versehen mit dem,
was das Substantiv besagt", s. z. b. Kluge, Nom. st.1 §326; die gruppe ist
im aengl. durchaus lebendig, hiltcd-hilt, hringed-hrinz, hyrned-horn, tcapned
( männlich') — wOpen, ^t<fptd-äp, ^ebfsmtd-br>nm, gesltefed-sliffie) u.a.m.
In derselben weise wird Cp. 1134 «rewtfffcrf-ineptus, 2083 jem(rded-vtM\i&
dnrch das gleichbedeutend danebenstehende £rmüd (auch in Cp. belegt,
2105» zu erklären sein, nur dass hier eine andere kategorie wirkte, die der
gleichbedeutenden gehäl-gehaled, lefaeltfed, gcm<tl-£em<tkd und anderer.
92
WEYHE
also zu aengl. fällen wie nacode 'nudabat' (z. b. Li. Lc. I 5, 8)
aus nacodode, pari. gecelfremode 'entfremdete' (Hom.Th. 1,332,24)
aus *gecelfremcdodc, lande fen 'anteil an land' (Chron. 1085 be
his landefne) aus *landandefen (Sweet, Stud. dick s. v.), dat.
bcrenne 'der scheune' (Durham adm., OET. 176, 18) aus *bcrc-
rennc, hundcahtig 'achtzig' aus und neben hundeahtatig (R.Löwe,
KZ. 35, 609 ff.; auf diesen aufsatz 'Silbendissimilation im germ.1
sei hier überhaupt verwiesen), iserne acc. sg. f. 'die eiserne*
aus *tserncnc CP. (synkopierung unterbleibt bei -tna- der stoff-
adjectiva in der CP. gewöhnlich: cercne, xyldene Cosijn 2, 65. 80;
Silbenschichtung ist nicht eingetreten unmittelbar nach der ton-
silbe: linenum, st&ncnum, dyrnenne), ferner auch *elicor (> elcor
mit späterer synkope) = ahd. elichör, aus *clilicor, das ohne
haplologie zu elltcor wurde, vgl. aisl. elligar?; andrerseits zu
fällen wie ws. cyng 'könig' aus cyning, spätws. beim 'scheune',
so weit auf berern zurückgehend, acc. sg. m. ellenne Lchdm.
2,104,7 'von holunder', aus * ellenenne, mercmcn 'meerweib'
aus und neben meremenen (bez. -menncn), gen. pl. mer ernennet
neben meremcnnena, JhlÖelm aus und neben JEÖelelm, JKÖel-
helm, acc. sg. m. iseme 'den eisernen' aus *tsernennc, nom. isem
'eisern' aus *iscmcn gleich got. eisarneins, ahd. as. isarnin.
Unter diejenige sondergruppe dieser erscheinnngen, wo die
später geschwundene silbe den gleichen oder ähnlichen con-
sonanten im anlaut wie im auslaut aufwies — als ähnlich in
diesem sinne würden gelten aengl. d und t, n und v, aber nicht
Ö und d — fällt fwt aus *fa'tid gewis ebenso wie isem aus
*lserncn, bem aus berern, meremen aus meremennen, fwtrc aus
*f(rtidra) nicht weniger als *isernc aus *isemenne mit nebenton.1)
Zugleich zeigt die erhaltung des tt in pl. fivttc, verb. fmttian,
dass in *fa>tidce, *f(Ptidian keine silbenellipse platz gegriffen
hat, vermutlich deswegen, weil bereits vorher die synkope
eingetreten war.
Da nun bei der entstehung von formen wie fwt aus *f&tid
die quantität der vorausgehenden silbe gar keine rolle spielt,
werden auch wahrscheinliche grundformen wie *$ihwetid 'ge-
') Ebenso natürlich z. b. beneveed Harley gll. WrW. 1, 230, 39 aus *bina-
cidid, älter *bituuudid, während nacode aus nacodode die andere formation
vertritt, wo die identifizierten consonanten verschiedenen silben an-
gehorten; vgl. über diese gruppeu Brugmann, ürundr. I*, § 983.
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ZUR WESTGERM. GRAMMATIK.
93
schärft', acc. *$ihwetidn(B lautgesetzlich zu gihwet, gihwetnce
geworden sein. Zweifel kann dagegen obwalten über die be-
handlung von praet. *hwetidce, part. pl. *(gi-)hwetidce: waren
sie gleichfalls zu *hwetce, *gihwetce geworden oder wurden sie
von der haplologie nicht betroffen? (für das letztere scheint
z. b. das allerdings nicht ganz gleichartige metod, metodes zu
sprechen, ursprünglich nom. *met, gen. metudces?).
'S) Auf alle fälle darf für das urengl. folgendes Verhältnis
als sehr wahrscheinlich vorausgesetzt werden: bei sämmtlichen
langsilbigen Stämmen auf d und t fehlte das i in allen formen
des praet. und part. praet,, teils durch synkope, teils durch
haplologie: praet *gilwddce} part. nom.sg. *£ihvd, acc. *xilwdnce,
nom. pl. *gil&dda}; unter den kurzsilbigen fehlte es gleichfalls
in allen formen bei settan: *sasttoe, *$iscet, *&iscetnce, *&iscettce,
möglicherweise noch bei einigen anderen; unter den übrigen
kurzsilbigen mit vorauszusetzendem alten mittelvocal fehlte es
sicher in den unflectierten und mit consonantisch beginnender
endung versehenen formen des part.: *gihwet, *gihwetnce, *gihred,
*gihrednce.
Diese letztgenannten formen des paradigmas nun mussten,
indem sie sämmtlichen auf d und t endigenden Stämmen gemein,
sämmtlichen übrigen (ausser denen mit 'rückunüaut') fremd
waren, ein enges band um die an sich nahe zusammengehörige
gemeinschaft schlingen. Es war unter diesen umständen er-
klärlich, um nicht zu sagen notwendig, dass die letzte der
drei gruppen auch die formen mit vocalisch beginnender endung
dem herschenden typus der stamme auf d und t anglich, statt
sich etwa bei beseitigung ihrer anomalien die bildung fremman,
*fremidce zum muster zu nehmen, deren participialformen
fremid, *gifremidnce lauteten. So entstand praet. hwette, hredde,
part, pL {$e)hwette, (xe)hredde, gleichviel ob die vorformen
*hwetidce oder *htcet(B gelautet haben.
Späterhin wurde dann bei settan die vocalverschiedenheit
zwischen praes. und praet, nach massgabe der sonst überall
herschenden gleichheit fast durchgängig beseitigt, und als im
angl. *$il(rdid an stelle von *gil(Vd, *gicnytid (Rl gecnyted)
an stelle von *gicnyt trat, machte natürlich auch *giset (*gi$att)
diese entwicklung mit, von der nur ganz vereinzelte fälle
(Sievers a.a.O.) verschont geblieben sind. —
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WEYHE
Mag nun dieser erklärungsversuch dem richtigen nahe
kommen oder nicht, auf alle fälle sind der complicationen
hier so viele, dass eine form wie hwette vor der hand kaum als
einwandfreies beispiel für synkopierung zwischen momentan-
lauten ins treffen geführt werden kann.
Bestimmende factoren bei synkope nach kürze.
Bereits aus den oben angestellten erwägungen dürfte die
grosse Wichtigkeit der consonan tischen Umgebung für die
Schicksale der mittelvocale im allgemeinen erhellen. In der
tat hängt schwund und erhaltung offenbar in erster linie
davon ab, welcher art die voraufgehende und die folgende
consonanz ist. Denn mag auch das Vorhandensein eines dauer-
lautes die Vorbedingung für etwaigen schwund überhaupt
bilden, so tritt ein solcher doch keineswegs überall vor oder
nach dem gleichen consonanten oder überall gleichzeitig ein.
Bestimmte regeln lassen sich von vornherein nicht aufstellen;
im folgenden ist der versuch gemacht, möglichste specialisie-
rung im hinblick auf die nachbarconsonanz durchzuführen, auf
die gefahr hin, dass sich bisweilen völlig gleichartige fälle
nur spärlich aufbringen lassen.
Im übrigen zeigen sich natürlich dieselben factoren wirksam
wie nach langer silbe (vgl. oben), doch ist eine gewisse ab-
stuf ung zu bemerken: als zweit wichtigstes moment darf im
allgemeinen die qualität des mittelvocals gelten (und zwar
handelt es sich hier bei der relativen Seltenheit unbeeinflusster
fortsetzungen von wgerm. a [und e] im aengl. fast nur um t
oder u), danach kommen in betracht besonderheiten in der
betonung der umgebenden silben {me dmrcles einerseits, micli'an
andrerseits gegen miclum), grössere oder geringere schwere
der folgesilbe (micle gegen miclum), etwa auch verschiedene
anzahl der silben überhaupt. Weniger fruchtbar scheinen sich
dagegen insbesondere bei der beschaff enheit der aengl. prosa-
literatur erwägungen zu erweisen wie die, dass vielerorts
Verschiedenheit des Sprechtempos geherscht haben muss und
mit lento- und allegroformen, pausaformen und formen des
inlauts von satz oder satzkolon zu rechnen ist.
Zu erinnern bliebe noch, dass das gebiet der unbetonten
vocale nach kürze grössere ausdehiiung besitzt als nach länge,
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ZUR WESTGERM. GRAMMATIK.
95
indem bei voraufgehender kurzer tonsilbe der mittelvocal auch
in position keinen nebenton trägt, daher in geschlossener silbe
prineipiell ebensogut synkopiert werden kann wie in offener
(vgl. Beitr. 10,461 ff. 494 ff.): so wird dat. sg. *gelustrce (:Xx)
•dem eiter' schliesslich zu geolstre, während das gleichbedeutende
gillestre (11 x) dreisilbig bleibt. Auch synkope in letzter
(also gleichfalls geschlossener) silbe scheint in bestimmten fällen
lantgesetzlich eingetreten zu sein.
Durchkreuzende tendenzen.
Abgesehen von der Wirkung der analogie im allgemeinen
wird die sichere erkenntnis durch eine besonders in bestimmten
dialekten merkbare rückläufige bewegung erschwert, indem in
synkopierte formen teils der vocal der endsilben analogisch
eingeführt wird (wie auch der umgekehrte fall bisweilen be-
gegnet), teils ein neuer gleitlaut sich einstellt (vgl. auch hierzu
Beitr. 10, 4G2 ff.). Es bedarf also häufig besonderer feststellung,
ob formen wie miede als directe fortsetzung von *micilw gelten
können oder durch eine Zwischenstufe micle hindurchgegangen
sind. Ob und wie weit durch Schreibung des vocals etwa
lediglich silbische geltung des betreffenden consonanten aus-
gedrückt werden soll, bleibt dabei zweifelhaft.
Analoga bieten andere sprachen mit ähnlichen betonungs-
verhältnissen wie im aengl. Vgl. z. b. die behandlung des
suffixes -tlo- im lat.: als regel bei Plautus noch vehiclum, im
klassischen latein mit vocalentfaltung vehiculum, im Vulgär-
latein mit synkope abermals vehiclum (Sommer, Handb. § 87).
I. Synkope vor l
1) Synkope nach t
Da urindog. dl im germ. (höchstwahrscheinlich) zu // ge-
worden ist (E. Schröder, Zs. fda. 42, 59 ff.), kann altes tl aengl.
nur in dem falle erscheinen, wo das Z-suffix erst nach der zeit
dieser assimilierung an einen auf t ausgehenden stamm an-
getreten oder das t aus anderen formen neu eingeführt ist.
Das letztere trifft z. b. zu in ws. spätl 'Speichel', angl. spetlo
4 speie', deren / vom verbum spätian, spwtan her ein älteres p
verdrängt hat; nach kurzer silbe ist mir eiu derartiger fall
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nicht bekannt. Dass die südengl. mundarten altes pi nach
kürze lautgesetzlich in tl wandeln, bietet dagegen nur un-
genügenden ersatz, da es von vornherein keineswegs sicher
ist, ob sich eine derart entstandene gruppe in nichts von
etwaigem alten tl unterscheide.
Wo etymologische gründe (wie sie z. b. für wcetla 'binde'
herkunft aus *wa])lan- bezeugen) ursprüngliches p ausschliefen,
ist also die existenz einer gruppe -tl- im allgemeinen an sich
beweisend für Vorhandensein ehemaligen mittelvocals.
a) -tl:
In den häufigen belegen von südengl. botl, seil und ab-
leitungen wie geseila, setlung, bytlan, bytlian, gebytlu ist das
tl der flectierten (und unflectierten) formen bis in das spät-
aengl. durchgängig erhalten.
Spät findet sich gelegentlich gemination des t, so bysceopsettle Beda
Miller 1, 460, 22 T, settles Dial.Greg. 34,30 H, gesetlian Napier, OE.gll. 5«, 20,
settlunze Lchdm. 3, 242, 26. ')
b) -Iii-.
Das i wird laut gesetzlich synkopiert, und zwar darf diese
synkope, da bereits im 8.jh. belegt, als urengl. gelten:
fetel 'gürtel' = aisl. fditt, ahd. fezzil : fetluvt Boeth. ed. Sedgef.
111, 15.
hetlen 'voll hass' : hetlen helsceaöa Tri. 364; aus urengl. *hatihn,
dieses mit erst urengl. mittlerem i aus wgerin. +Iiatulina- gleich as. pl.
hatilina Wadstein, KAS. 49, 7 (hatilina mit assimilierung des gutturalen
vocals der zweiten silbe an das folgende » wie in frauüico ebda. 94, 11
neben frauolo 98, 1). Das wort ist (s. Kluge, Nom. st.' § 200) eine Weiter-
bildung von St. *hatuhi- in aengl. haiol (z. b. heatol Anglia7, JSlfrics Sigew.
interrog. 31, hatol Ken t. gll. 488. 1098), ahd. hazzal und as. hatul Hei.,
welch letzteres als beiwort des teufels gebraucht wird wie aengl. hetlen;
hetlen statt *hcetlen wie das geläufige hetol statt hatol durch einfluss des
subst. hete, wie fly^ol neben flugol nach subst. flyze, wie hearmcwidol mit
dem vocal von hearmcwide neben cwedol und cicedelian*)
*) Häufiger in der bereits mengl. zeit entstammenden hs. £ der Chronik,
wie zebyttian 1099, wintersettl 1009.
*) Vgl., dass hetelic gleich as. heti-lic als Weiterbildung von hatol
empfunden werden konnte (*hatollic hätte *hatelie ergeben); die ursprüng-
liche Zugehörigkeit des verb. zur 5-klasse (hatian : kettend, Sievers, Ags.
gr.» § 416, anm. 10; haltende Napier, OE. gll. 8,388 mit anm.) kommt wol
nicht in betracht.
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ZUR WESTGERM. GRAMMATIK.
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netle 'nessel' gleich ahd. nezzila, aschwed. blind-, eternaila, st.
•naiiiön- : tutlan Cp. 2168 (8-jh.); netle, bl ind netle ,Elfr. gll. Zupitza311, 4;
netlena Dial. Greg. 101, 17 C, netlenu (fehler für -a) ebda. 101, 13; netle WrW.
299,16. 544,36.37. Lchdm. 2, 66, 4 (2 m.). 78,22. 228,3; worpiznetle 116,2;
netlan 18, 28. 20, 14. 66, 15. 86, 12. 92, 10. 100, 6. 118, 13. 26. 120, 4. 124, 2.
128, 7. 13. 188, 3. 218, 6. 230, 11. 238, 11. 268, 17. 276, L 322, 25. 3, 44, 2.
ütscytling 'extraneus, fremder' : titsq/tlinge Scint. 200, 4, der bildung
nach identisch mit mhd. schüzzelinc, nhd. schössling, suffix -ilinga-. Vgl.
dagegen ohne synkope z.b. ivdelinz.
sprytlan 'spänne', Beda ed. Miller 2,224, ableitnng zu aengl. sprot,
spryttan, vgl. mhd. sprüzzel, st. *sprutüon- oder -an-.
Tyttla, eigenname, OET. Geneal. s. 171, z. 119, patronymikon Tyttling
ebda. 118; vgl. den namen desselben raannes in latinisierter gestalt als gen.
sg. Tytili Beda (OET. 131 f.) z. 103 — wces he Tyteles sunu in der aengl.
Übersetzung (entsprechende latinisierungen bei Beda z. b. ebda. 18 at(t)tila,
19 gen. attilae neben der aengl., übrigens nicht hierhergehörigen form aetla
306). Doch könnte in Tyttla, Tyttlinj eine nebenform mit tt zu gründe
liegen, vgl. neben dem einfachen Tota OET. Geneal. 13 auch Totta Geneal. 39.
LV. 345 und weitere belege bei R. Müller a. a. o. 60.
Neben diesen alten synkopierten formen erscheinen in den
südengl. dialekten jüngere mit mittelvocal:
cytel 'kessel' gleich aisl. ketill : cytele Lchdm. 2, 44, 2. 3,74,2, citele
2, 56, 19. 338, 17, cetele 230, 7. 332, 16, ceteles 148, 10, cyteles Napier, OE. gll.
1,4127, cytelas 7,319. 8,276.
litelung 'titillatio, kitzelung' WrW. 278,6, vgl. AB.küilod 'kitzelt'
Wadstein, KAS. 91, 11. 100,29.
fetel: fetelum Metra 25, 10.
Fitela Beow. 879. 889 ; wie das t der tonsilbe zeigt, liegt nicht wie
in an. Sinfjptli, *Fetulan-, sondern wie in ahd. Sintarmzzilo, vgl. as. fitilvöt,
aengl. fitelßta 'petilus' (Anglia 8, 451) stamm *Fitilan- vor; vgl. Beitr.
16, 363 f.
hrcetele 'die pflanze klappertopf' Lchdm. 3, 333 (vgl. hrcetelwyrt WrW.
301,3), vielleicht mit secundärumlaut eines von hratele (gleicher bedeutung)
bezogenen a.
netele: Zupitza, .Elfr. gr. 311, 4 hs. C. Napier, OE. gll. 56, 401. 402.
Lchdm. 1,66, 4. 310,14.16. 3,52,11. 58,22, netelan Kent. gll. 943. Lchdm.
1.228,24. 350,9. 2,46,1. 58,10. 68,4. 94,12. 104,24. 152,10. 218,5. 312,
5.8. 3,20,17. 36,29, netelena Dial. Greg. 101, 13, netela 101, 16 H, netelum
Horn. Th. 2, 156, 29. — Zum vordringen des mittelvocals vgl. z. b., dass er
in der Lä&ceboc (Lchdm. 2, hs. um 950) erst in einem viertel der belege
(8 von 32), in der hs. V des Herb. Apul. und der Medic. de quadrup.
(Lchdm. 1, hundert jähre später) dagegen in sämmtlichen (5) fällen vor-
handen ist.
»cytel 'geschoss' etc., vgl. aisl. skuM 'harpune' : scytelum poet. Ps.
63,7, scetelas 'vectes' Kent. gll. 658.
Beitrage tur geschiente der deutschen »prache. XXX. 7
98
WETHE
spitel (hand-, wOd-) 'spaten' : spitelas Dial. Greg. 201, 20.
Nur unflectierte formen sind mir zur hand von scytel (= scitel) 'mist';
ferner icröhtspitel 'susurrio, Verleumder' Cp. 1943.
In mehreren der obigen beispiele enthält das paradigma
formen, wo -ü, -el in der endsilbe stand und dort nicht syn-
kopiert werden konnte; herleitung des mittel vocals der flec-
tierten formen aus dieser quelle allein dürfte jedoch nicht
ausreichen. Bei nctele zwar könnte ja die seltene nebenform
netel von einfluss gewesen sein; neben kitelung (Sweet ver-
zeichnet Stud. dict. auch citelian) scheinen dagegen alte zwei-
silbige formen überhaupt nicht belegt, man müsste schon darauf
zurückgreifen, dass nengl. (nordengl. und schottisch) Mttle 'kitz-
lich' ein dem norw. lcitull etc. entsprechendes adj. bereits für
das aengl. vermuten lässt (R. Hildebrand, DWb. 5, 874; die sub-
stantiva wie nhd. kitzel sind junge bildungen aus dem verbum,
ebda. 871). In FiteJa aus älterem *Fitla aber (vgl. auch das
Tytelcs der Beda-übers. oben) bleibt auch ein solcher ausweg
verschlossen: hier kann nur rein lautliche entwicklung vor-
liegen. Ein etwaiger einwurf, dahin lautend, der in den nd.
dialekten ohne synkope bestehende heroenname sei den Angel-
sachsen erst bekannt geworden, als die synkope in netle schon
vollzogen war, hält nicht stich: das patronymikon Wcelsing
(vgl. Sievers, Zum ags. voc. s. 22) war unter den Angelsachsen
bereits vor abschluss der ?'-umlautsperiode, somit (s. hetlen) auch
vor der synkope in -Hl- heimisch, mit der frühen bekanntschaft
dieses namens ist aber zugleich die von *Fttüö gegeben.
Es bleibt also kaum eine andere annähme übrig, als dass
in den südengl. dialekten, denen die obigen belege, darunter
gewis auch das Fitela der Beovv.-hs. angehören, ein sprossvocal
auf rein lautlichem wege aus dem stimmton des l erwachsen
ist; seine ausbreitung wird natürlich durch ev. vorhandene
formen mit -el in der endsilbe befördert sein, wie denn z. b.
Lchdm. 2 in den flectierten formen von cytel bereits stets, in
netle hingegen erst ganz selten mittelvocal aufweist.
Wenn dagegen in südengl. botles, setlrs diese vocalentfal-
tung fehlt, darf als grund vielleicht vermutet werden, dass
hier die Vorbedingung, der stimmton des l fehlte (vgl. auch
Sievers, Beitr. 10, 482). In der tat wird ja die annähme be-
sonderer qualität des l in diesem falle schon durch die ent-
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ZrR WESTGERM. GRAMMATIK.
99
wicklung des voraufgehenden zu t nahegelegt: vermutlich
war der hergang der, dass wie gemeinaengl. in der nur nach
kurze begegnenden urspr. gruppe Iß, so südengl. auch in der
folge ßl nach kürze die contact Wirkung sich progressiv vollzog:
das stimmlose ß nahm dem folgenden l den stimmton und
wurde infolgedessen beim Übergang in verschlusslaut zu t;
während z. b. im northumbr., wo sedles über sedles aus seßles
hervorgieng, die partielle assimilation in umgekehrter richtung
regressiv verlief, indem / das vorausgehende ß stimmhaft
machte, das dann beim Übergang in verschlusslaut seinerseits
d ergab. —
Ueber die Weiterentwicklung im angl. ist mangels ein-
schlägiger belege nichts sicheres zu sagen; nach massgabe der
sonstigen Verhältnisse darf wol vorausgesetzt werden, dass
hier die einmal vollzogene synkope bewahrt blieb. Auch Rit.
171,21 ssytila 'momenta', nach Lindelöf zudem ein 'fehlerhaft
geschriebenes und unklares wort', würde keine ausnähme bilden,
wenn die form plural eines neutr. (Ep. Ef. 632 scytil, Cp. 1325
scykl 'momentum', vgl. WrW. 477, 9 scutil 'momentum', zur
bedeutung Du Gange 4, 474), die endung also wie auch sonst
erst secundär an die alte form scytel angetreten ist.
c) -<«/-.»)
a) Im 8. und 9. jh. bleibt das « südlich des Humber er-
halten; frühnorthumbr. beispiele fehlen:
bitula (vgl. na. bitela WrW. 122,8. 448, 12) gleich nengl. beeile 'käfer' :
bitulum 'blattis' Ep. Ef. 145. Cp.307. - Wertvoll, das* bei diesem worte,
urspr. einem personifizierten und daher (wie unten hralele) nach der n-klasse
') Oleichgiltig ist hier wie sonst, ob urengl. u in allen fällen auch
urgerm. u fortsetzt, ob z. b. seine alleinherschaft in dem lebendigen adjectiv-
suffix (gegenüber der doppelheit von got. slahals und iceinuis, as. tcatikal
und hatul, aisl. gjafall und vgküB) auf einem in bestimmten formen laut-
gesetzlichen Übergang von a in u (o) beruht, oder ob ohne solchen teil-
weisen lautlichen zusammenfall die u-form ebenso verallgemeinert ist wie
im ahd. die mit a. Irrelevant ferner der (teilweise wol schon urengl.) wandel
bez. Wechsel von u und o, auch a in seiner abhängigkeit von verschiedenen
momenten, beispielsweise a in hafalan, eorfinafalan, hajalade, madalade,
Mdmgalan, häufig u in formen wie flugidum, numid, scypbrucules gegen
mi^ole, homola, swgdsprecola in parallele mit beispielen wie dugude and
teogode, munuc und persoc, lufude und leofode (.Elfric), tcunude und tcanode,
tunu, tcudu und breo$o u.dgl. m.
7*
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100
WETHE
gebildetem adj. *bitul 'bissig' (bitela WrW.122,8, in einem abschnitt 'De
nominibus insectoruni ' glossiert 'mordiculus', ein anderer name ist hradbiU
'schnellbeisser'; bitol 'bissig' selbst = mengl. bitel nnbelegt? vgl. NEP.
unter bettle) zweisilbige formen mit -ul in eudsilbe fehlten, aus denen der
vocal hätte widereingeführt werden können. — Beachte Cp. bitulum gegen
ebda, netlan.
-etol 'essend', vgl. aisl. etall : oferetolan CP. 316(317), 8. 16. 22. 318
(319), 3. 8.
of ergeotul, -ol 'vergesslich', vgl. aisl. sanngetall : ofcrgeotele VPs.
43,18, ofer^eotuht 43,21, oferjeotule 77,11. 105,13.21. 118,139, ofergeotehu
118, 16. 93, oferjeotulas 12, 1, ofergeotelas 43, 24, ofergeotelaÖ 7(5, 10, ofer-
geoteliad 9, 18. 49, 22. 77, 7, ofergeotelien 58, 12, üfergeotela 9, 33, ofergeo-
telian 102,2.
Htceotul 'offenbar' : tesiceotulad VPs. 16, 15, testceotulades 50,8, ge-
sweocelad 24,14, jesweocoöade 147,20. — swutolc CP. 461,4 H, sweotulost
178, 12 C = swiotolusd H, gestreotuliaÖ 90, 7 C = sesweotoliseaÖ H, gesueo-
tolad Oros. 86, 24.
writol 'rauschend' : Writolaburna, sächs. or.-urk. von 692, OET. Ct.
1, 5, 'rauscheborn', zu writian 'schallen, rauschen' (Pogatscher, Lit.-bl. 1901,
spalte 160).
• Eine charakteristische ausnähme macht hehseotle VPs.
100,32 'in cathedra', st. *setula-. Es könnte auffallen, dass
hier vor unbetonter folgesilbe synkope begegnet, die doch im
übrigen sogar vor schwachem nebentone unterbleibt: VPs.
ofergeoteliad, gcstceotulades. In der tat ist nicht die accen-
tuierung der folgenden, sondern der voraufgehenden silbe mass-
gebend gewesen, indem nach starkem nebenton das u besonders
schwach articuliert war; vgl. die ausführungen von Axel Kock,
Beitr. 18, 426 f. und Die alt- u. nschwed. accent. s. 203, anm.
zu dem vollkommen analogen aschw. eterncetla. Wir haben
hier also bei der synkope dieselbe erscheinung, die bei der
apokope aus fällen wie aschw. uifrijuwsun, aber stinu* (Gursten-
stein, Kock a.a.O.), ahd. Sigifrid, aber fridu und Fridubald,
aengl. LV. Sigfrith, aber Fridubald, studu, aber feurstud (Sievers,
Ags. gr.3 § 282, anm.) bekannt ist und die im Ps. selbst an dem
gegensatz von nom. sg. f. wonu aus *tcanö, aber wynsum aus
*-samö (Zeuner § 64, n) hervortritt ; vgl. auch oben s. 85, anm. 2
und s. 86. Ob die synkope des u in hehseotle erst der ver-
hältnismässig kurzen frist zwischen der Vollendung des u-um-
lauts und der entstehung des merc. Psalters angehört oder aber
gleich der apokope in -frtyu schon vor der M-umlautszeit er-
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ZTH WESTGERM. GRAMMATIK.
101
folgt ist, lässt sich natürlich nicht feststellen, da das eo ganz
abgesehen von nom.-acc. aus dem simplex stammen kann.
ß) Im ws. und kent. (zu diesem s. jedoch unten) findet auch
nach dem 9. jh. keine synkope statt; vgl. die zur selben zeit
der synkopierungstendenz entgegengesetzte vocalentfaltung in
der urengl. gruppe -tl- aus -til-:
atol 'schrecken, schrecklich', vgl. aisl. atall : atole WrW. 375, 9. 388, 4.
521, 12. 532, 37, atoliende 220, 26, geatelod 489, 8, — Auch in den hss. der
dichtnng stete mittelvocal, nach Grein 22 belege.
andgitol 'verständig' (vgl. andgetul WrW. 198,38) : anzetelen Napier,
OE. gll. 11,119.
bitela WrW. 122,8. 448,12, bitelum 196, 17. ')
bitol 1 zügel', gleich aisl. bitull 'gehiss' (vgl. biot ul 1 bagulnm ' WrW.
361, 5) : bitole Ps.Spl.31, 12 (nach Bosw.-T.), btßole Blickl. gll. Morris 255, 16.
Eotul, .Ea/w/ 4 Italien' : Eatuie Wids.70, Eotoles WrW. 417,32. 496,14,
Eotole WrW. 521, 23, Eatole 425, 37. 526, 21.
-etol : oferetola Zupitza, .Elfr. gr. 216, 12.
he toi 'voll hass' : hetole .Elfr. Heil.-l. 25, 685, hetela 31, 1402, hetolan
3,406. 6,312. 31,531.544, hetelan 13,41. 35,112, heteloste 29,166, hetelum
Horn. Th. 2, 304, 21, hetolan 254,1. Bibl. ags. Pros. 1,7,22, hetola 16,22. Wulf-
stan 53, 17, hetida 107, 12, hetela 59, 14, hetole 164, 11, hetele 310, 4, hetolum
Dial. Greg. 57, 5 H, hetelum Napier, OE. gll. 1, 3640. Vgl. dagegen die Syn-
kope des • in heilen.
hratele = nengl. rattle, rattleicort : hrattle WrW. 296, 2 'bobonica',
gleich nhd. dial. rassei als pflanzenname (DWb. 8, 143), st. *hratulön- 'die
rasslerin' zu *hrat- in mhd. razzen 'rasseln' und mit demselben Z-suffix wie
in nengl. verb. rattle, nd. verb. ratelen, subst. ratel, mhd. razzelen. Wegen
des Verhältnisses zu hratele vgl. oben.
seotol ' sessel' : sotelas Genn. 23, 393, 143.
sc Hol 'abführend' : scitole Lchdm. 2, 178, 1.
swutol : in Jülfrics Horn. (Thorpe) zähle ich rund 140 hierhergehörige
belege, zumeist von den ableitungen (ze-)svwtelian, (ze-)swute1unz, darunter
auch formen wie swuteh,zende 2,400,16. 466,3; in den Heil.-l. 100, in der
gramm. 25 belege: stets mit mittelvocal, wie mir auch sonst in den überaus
häufigen ws. belegen des Wortes nirgends synkope begegnet ist. Vgl. paare
wie Boethius stceotoloste : fetlum, .Elfr. gr. zestcuteliad : netle, Dial. Greg. C
surutoliaP : netlena, Scint. geswutela 200, 5 : tttscytlinge 200, 4.
Im kent. zeigen die gleiche erhaltung Kent, gll. 1120 swetelad und 327
') Auch WrW. 456,1 nigro colore — pa blacan bctlas zieht man hierher
(vgl. Bosw.-T. s. 105, NED. unter beeile); doch kann die form wegen der ab-
weichungen in tonvocal und flexion für annähme von synkope nicht in be-
tracht kommen.
102
WEYHE
gestceotelad, synkope dagegen begegnet in den (allerding« zugleich späteren,
erat dem 11. jh. entstammenden) Phillipps-glossen, Napier, OE. gll. no.ll (zum
dialekte vgl. Napier s. xxxii), wo z. 59 £e$iritliende belegt, also von zwei
unbetonten, zwischen hanpt- und nebenictus stehenden silben die erste ge-
schwunden ist. Das nebeneinander von stcetelad und geswitliende erinnert
an jenen anderen, gleichfalls anscheinend speciell dem späteren kent. (Sievers,
Ag«- 8T-3 § 412, anm. 1) eigenen silbenverlust, der unter analogen betonungs-
verhältnissen in fällen wie pwrn^ende gegen gnornian erscheint, vgl. Bül-
bring, ESt 27, 80, anm. 1.
Die hss. der dichtung haben in 29 einschlägigen belegen (Grein) 28 mal
mittelvocal; über Rätsel ^esweotlad s. unten.
UM 'titulus' : getitelod Zupitza, .Elfr.gr. 265,8. 282,10, sctitelode
282, 11, .Elfr. De v. test., Bibl. ags.prosa 1, 8, 43 = titelode Horn. Assm. 1,193,
titelunj Zs. fda. 9, 433, 72. OE. gll. 1, 1153.
watul, nengltcattle, vgl. watul •teges' Zupitza, -Elfr.gr. 52, 13 : tcatelas
wg. Ev. Lc. 5, 19, watelum OE. gll. 2, 489.
-witttl 'wissend' : forewitola Chron. 1067 D, Two Sax. chron. 8. 201.
writol : on writelatistän Birch no. 1323, or.-urk. 10. jh.
Unflectiert hnitol (z. b. JEUr. Ex. 21,29. 36. WrW. 111,33), slitul
(Germ. 13, 394, 260), bacshtol (Wulfstau 72, 16), scutel (z. b. WrW. 280, 22).
/) Dagegen gilt auf northumbr., wahrscheinlich auch auf
merc. gebiete im 10. jh. synkope des m; wie der vocal im
merc. des 9. jh.'s nach hauptton noch erhalten war, scheint
dies auch im northumbr. eine späte ent Wicklung zu sein, die
mindestens erst nach Vollendung des «-umlauts eingetreten
sein wird; letztere fällt für das northumbr. wahrscheinlich
(Chadwick, Studies s. 177) in die zweite hälfte des 8. jh.'s.
watul Li. : watla pl. 'tegula' Lc. 5, 19 (vgl. dagegen ws. Ev. tcatelas).
seatul Li. : seatlas Mt.23, 6. Mc. 11, 15. Lc. 11,43. 20,46, ceatlas Mt.
21, 12, seatlum Mc. 12, 39. Dazu die mischformen seatla Mt. 19, 28 und setla
Mc. 12, 39.
seotul R* : seotlum Mc. 12,39, scotlas Meli, 15, seatlas Lc. 11,43. 20,46.
Nur unflectiert Uberliefert sind gearwutol in Li. und ofergeattd mit
ofcrgeottolnisse, of'crgiottulnisso im Rit. Eine ausnähme macht pl. ofer-
Xeotole Li. Mt. 16,5, die vermutlich daraus zu erklären ist. da**» hier als in
einer Ubergangszeit ältere und jüngere formen nebeneinander standen.
Möglicherweise waren jedoch im northumbr. innerhalb der reich entwickelten
gruppe der adj. auf -ul als folge der jeweileu zu verschiedener zeit ein-
tretenden synkope ausgleichungen zu stände gekommen ähnlich denen, die
im wb. zur widerherstellung des vocals sogar bei den langsilbigen gefuhrt
haben.
Aus dem merc. derselben zeit fehlt ein sicheres beispiel.
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ZUR WESTGERM. GRAMMATIK.
103
Als solches können die nachkommen von *setulaz nicht gelten,
die in der synkope schwanken:
R» settde 23,2, aber setilas ') 21, 12 nnd hehsettle 27, 19 ; charakte-
ristisch 23, 6, wo ein urspr. vorhandenes seitlas nachträglich in setulas
geändert ist. Wie das fehlen des u-umlauts zeigt (der in diesem denkmal
allerdings ziemlich nnregelmässig steht), ist das wort von sepel, sedles stark
beeinflusst : dasselbe bezeugt (vermutlich scetü 'recnbitus' 23,6 und sicher)
jenes hehsettk, das direct an stelle von hehsedle getreten ist, oben s. 69;
vgl. ferner Royal gll. of setle — de sede. Das wahrscheinlichste bleibt
gewis, dass diese beeinflussnng in der lautlichen form sammt der damit
zusammenhängenden Vermischung in der bedeutung derart vor sich gieng,
dass z. b. ein synkopierter dat. seotle durch sedle zu setle (später settle)
wurde, vgl. umgekehrt Li. Mc. 12, 39 setla, dann sogar Mt. 19,28 seatla
statt sedlo durch einfluss von seatlas. In den beiden formen mit ~ul-
dttrfte man dann wol, wie die entstehung der einen durch jene correctur
nahelegt, einen versuch des Schreibers erblicken, zwischen den seinem
Sprachgefühl schon durcheinander gehenden Worten seßel und setul eine
künstliche Scheidung herzustellen. Doch ist es unter solchen umständen
natürlich bedenklich, von lautgesetzlicher behandlung reden zu wollen. —
An die möglichkeit sächsischer formen kann kaum gedacht werden.
Die beispiele der Bedaübersetzung3), wie das sicher merc. sotole 2,2
(BOCa gegen setle T Miller bd. 1, 102, 5) und wie watelum ebda. bd. 1, 202, 5,
das rein ws. sein kann, sind ohne beweiskraft, da durch südengl. federn
geflossen, und das gleiche gilt von sotelum im poet. Ps. 10f>,31. Mit
grösserer Sicherheit darf dagegen gestceotlad Räts. 81, 18, der einzige beleg
des wortes, der in der poesie synkopiert ist, als stehengebliebene angl. form
in ansprach genommen werden.
2) Synkope nach d.
Wegen des urgerm. Übergangs von öl in II kann im aengl.
eine ursprüngliche folge -dl- lautgesetzlich nicht erwartet
werden und scheint in der tat zu fehlen. Das im angl. neu-
entstandene dl- nach kürze (sedles, bydla) zeigt keinen
mittelvocal.
a) -dil-.
Die Schicksale des mittelvocals sind nicht klar, da belege
aus dem angl. und dem älteren südengl. zu fehlen scheinen;
das spätws. zeigt durchgehends mittelvocal. Es bleibt danach
zwar wahrscheinlich, doch unsicher, ob auch in diesem falle
l) Zur gemination des f, ev. nach erfolgter synkope wie in micclum
n.dgl, vgl. die oben citierten spätws. formen.
») Deren original zudem einer etwas früheren zeit angehört.
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104
WEYHE
ältere synkope durch eindringen von secundärvocalen abgelöst
ist, also etwa eine in den südl. hss. der dichtung begegnende
form wie gcedeling älteres *gcedling ersetzt hat
bydel 'büttel', ahd. butil : bydeles MUr. Horn. Th. 1,320,26. 352,34.
356,23, bydele 2, 534, 13. 17, bydelas 1,4,12. 208,32. 310,12. 520,5. 19.
524,20.21. 584,22. 2,74,11. 126,28. 202,28. 372,6. 430,26. 530,9. 534,29.
536, 12. 538, 23, bydela 2, 126, 30. 31. 202, 25. 558, 15, bydelum 1, 344, 2a
2, 320, 8. 534, 20. 28, bydele .Elfr. Heil.-l. 22, 65. 24, 183, bydelas 16, 151.
19, 154. 23, 47. 52, bydelum 16, 147, bydelas ,Elfr. De n. Test., Bibl. ags. pr.
1,19,38. Ex. 32, 5. Jos. 3, 2, bydele ws. Ev. Lc. 12,58, bydelas Horn. Assm.
4,142, bydelas Wulfstan 176, 23. 190,9. 191,4, bydelum 79, 14. 273, 15. WrW.
394, 12, bydele Liebermann, Ges. 1.451, Rect. 18 (2 m.), bydelas s. 206, IV Eg.
1,2. s.304, ICn.26. s.471, Griö 19,1.
cxcydele ' hautbläschen ' : cwydele 'pustula' WrW. 112,5, cicydele 'varix'
ebda. 161, 7. Urgerm. st. *kwtdilön-, vgl. mitablaut und gramm. Wechsel das
gleichbedeutende ahd. chuadilla, qucdilla aus *hcapltl>(ny.
Sasdeling 'verwanter, gefährte' : $a:delin$e* Beow. 2617, gadelingum
Beow.2949. Dan. 422.
hla>del 'schüpfger&t', nengl. ladle : mid Modele Napier, OE. gll. 1, 501.
Zs. fda. 9, 418,30; mit a> statt e nach Ma>d-trendel u.dgl.?
hnydele pflanzenname : hGtcene hnydele Lchdm. 3,24,8, haHcene hny-
delan ebda. 4, 10; die Zusammensetzung mit htttcen- dagegen erfahrt
dissimilatorwchen schwund des n : h&icetihydele Lchdm. 1, 16, 21. 126, 4. 6.
tredel 'tritt' (= Vorrichtung zum darauftreten) : tredelas 1 bases 1 WrW.
117, 6, fites tredele Liebenn., Ges. s. 438, Excom. 7, 21 4 fusssohle ' (zur bedeu-
tung vgl. seil als 'gesäss'); wahrscheinlich als *tredil zu treddan.
Unflectiert gnidü 4pistillus, mörserkeule' Cp. 1597; gleichfalls mit
kürze auch for(e)ridel 'vorreiter'?
Das u bleibt im ws. und im merc. erhalten; aus dem
northumbr. fehlen belege.
adela 'schmutzige flUssigkeit', gleich mnd. adele (zum u vgl. adul-
seafye WrW. 145, 10, adoheaöe Mart. Herzfeld 154, 7. 8) : (ulelan .Elfr. Horn.
Th.2,380,8. 472,7. Heil.-l. 5, 463. 35,244. Napier, OE. gll. 1,666. 1738. 3416,
adelihlum WrW. 375, 15, adelihtan 203,38; vgl. auch adelan Rats. 41, 32.
cradol 'wiege' : cradole Wulfst. 17, 1, cradole, cradele Lieberm., Ges.
s. 364, n Cn. 76, 2, cildcradole Horn. Th. 1, 82, 29. 428, 23. 2, 76, 11, cyldcra-
dole .Elfr .Heil.-l. 7, 188, cildcradulas Zupitza, .Elfr. gr. 85, 10, cradelas WrW.
216,10, cddcradelum 419,27. Napier, OE.gll. 1,2156.
cudele 'tintenfisch' : cudele 'sepia' WrW. 181,7. — Vgl. md. (rhein-
frk.) cudele 'sepia' DWb.5,2897.
cwedol (cwidol) 'beredt' : quedole 'dicas' (statt 'dicax*) Cp. 690,
haarmcwcodelien VPs. 118, 122, wtr^cxceodelade VPs. 54, 13. Hy. 1, 9, tcar^
b) -dul-.
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ZUR WESTGERM. GRAMMATIK
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aceodole Beda ed. Miller 1,356, 26 T (tcyrgcwydelan B, tcyriganjdole OCa),
hearmacidele R' 5, 44, hearmctcydole Horn. Th. 2, 174, 8, wyrigcwidole Dial.
Greg. 207, 29.
geaduling, gleich as. gadiding : geaduling 'fratruehV Cp.914, gea-
duling 'patrueüV Cp. 1496.
sadol 'sattel', gleich aisl. sqÖuü : sadole Dial. Greg. 34, 13 C, »adele
ebda. H, ic sadelige Zup., .Elfr. gr. 165, 10, gesadelod .Elfr. Hom.Th. 1,210,30,
gesadelod, un(ge)sadelod Lieberm., Ges. s. 358, II Cn. 71, 4, gesadelode, un-
(ge)sadelode ebda. II Cn. 71a. 71,1. Crawford-coll. X, 5, or.-urk. von 1008
—1012.
Sehr spät finde ich jedoch einmal synkope, vor nebenton: /kPwj adlflitum
•cenosis' WrW. 534,1. — Unflectiert bediü 'petitiosus' WrW. 180,12.
3) Synkope nach aengl. f (aus wgerm. h und /*).
a) -fl:
Hierher gehören: mit hl angl. ccefl 'halfter' (Pogatscher,
Lehnworte § 356), ws. geafl 'gabel' »), siefl 'speise', scofl 'schaufei',
icefl 'schachzabel', tcefl Aufzug des gewebes', wahrscheinlich
auch swefl 'schwefel' (v. Bahder, IF. 14, 261); mit unsicherem
labial snofl 'rotz' zu nhd. schnauben, schnaufen, schnupfen und
sufl 'zukost' sammt ableitungen (gleich mnd. suf[f]el; das ahd.
hat fpisufU, und grundlaut ist indog. p nach aind. silpa- 'brühe,
suppe, dünnes mus', Zupitza, Germ. gutt. s. 16). *2)
Während in der unflectierten form anaptyxe sehr häufig
unterbleibt, habe ich sprossvocal in den flectierten formen
überhaupt nicht angetroffen.
b) -bil-.
Das i ist bereits in vorhistorischer zeit synkopiert.
a) Achtes jahrhundert:
*g(rbil 'tribut1 : gtrbles Leid. gll. 114, vgl. unflectiert g(vfel Li. nnd R'.
*gebil 'dass' : gehles Ep.394, vgl. unflectiert gt bil Ef.336 und gebcllicum
*) Ich finde nur flectierte formen: ws. geaflum Hom.Th. 1,430,5, acc.
^.geafle Angl. 9, 263, ansserws. ga>fle Harley gll. WrW. 241,36. 245,38, st.
'gablth, neben *gablio- im and. pl. gaflie Wadst., KAS. 110, 5. Daneben aengl.
;abul- im ersten glied des compositums gabnlrond kzirkel? (so Cp. 1712), vgl.
neben Harley gll. g<rfle 204, 12, gafelrod (dies gabid- aus *gabl( <i)-?).
*) Länge dagegen gilt nach Kluge, Pauls Grundr. 1», 1001 in c?afl(-as)
kinnbacken', daher wol auch in dem gleichbedeutenden gtaflas, das wie ein
bastard aus kreuzung der beiden synonyma graglas und eeaflas, and. gügal
und käflos aussieht.
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WEYHE
Cp. 881. — Zur lautgestalt der beiden worte vgl. Sievers, Zum ags.
TOC. 8. 23.
*skyt>il- 'mafore' ('mafore — operimentum capitis maxime feminarura'
Du Cange 4, 174) : scybla Ep. Ef. 627, scyfia Cp. 1267 'maforte'; vgl. deutsches
dial. schibl als bezeichnung für altmodische hüte (Schlutter, Angl. 19. 472),
nengl. shovelhat 'flacher, breitkrempiger filzhut der geistlichen' (Bosw.-T.
s. 846), nhd. schaubhut (au < ou) gleich 'grosser runder hut aus /einem stroh
mit einem breiten, nach unten gezogenen rande, wodurch er den ganzen
köpf bedeckt, wie ihn das weibliche landvolk vielerorts trägt oder trug' DWb.
8,2301; daneben mit urgerm. pp (Hellquist, Ark. f. nord. filol. 7, 149) aisl.
gkupla 'das gesicht verhüllende kopfbedeckung der frauen', wozu das gleich-
bedeutende skypill neugebildet scheint. Ueber die ganze etymol. gruppe s.
Ehrismann, Beitr. 20, 54 zu mhd. schöpf.
ybil 'übel' : y fiten Bedas todesspruch 4.
fi) Das spätere augl. hat die synkopierten formen von yfel durchgängig
beibehalten in VPs. R' und Kit., ein nach analogie der entsprechenden
langsilbigen wie \delu, Igtelu gebildetes yfelu, -o ist hier nicht belegt, die
formen lauten yfel in VPs. R1 und mit jüngerer neubildung yflo im Rit
Dagegen hat Li. ein yfelo Mc. 7, 23 neben neben sonstigem yflo, desgl.
£<rfelo Lc. 23,2 für älteres gtrfel. — Ganz vereinzelt begegnet ferner
mittelvocal auch in einigen anderen formen von Li.: yfela Mt. 1, 17,7, yfele
Lc.6,45, und dasselbe gilt vom spätmerc.: R> 24 formen mit synkope (dar-
unter y/?t<21,41), doch einmal yfde 15,19, ferner (Chad250 yfel für yfele?
und) Royal gll. 59 yfele; die flectierten formen von gafel wahren in Rl die
synkope stets: £a>fics 22, 19, gcrflfe* 9, 9, $arfle 17, 25.
y) Im südengl. herscht dagegen bereits im 9.jh. reiche entwicklung
von secundärvocal, die im 10. jh. noch an ausdehnung gewinnt:
cyfel 'kübel', gleich ahd. htbü, vgl. Kluge, Et. wb.6 s. kübel : cyfias
Angl. 9, 264. Kürze nicht ganz sicher, da aengl. cgf vorhanden.
Irr fei 'schüssel, becher' : laflas Angl. 9,264; je ein la>flas, hltefie ferner
bei Bosw.-T. s. 609. Aengl. brfel aus *Ia>bil, älter "labil gleich as. lauil Wad-
stein, KAS.95,16 aus lat. labellum, Pogatscher, Lehn worte § 72 b; vgl. un-
flectiert lebil Ep. Ef. 633. Cp. 1269, zu deren e Dieter, Diss. s. 12, Chadwick,
Studie» s. 100, andrerseits Pogatscher, Lehn worte § 261. Durch die Über-
einstimmung der drei glossare wird lebil dem archetypus zugewiesen, vgl.
femer lebel Cp. 193. Wenn dagegen Cp. 2045 lebl hat gegen Ep. Ef . 995
lebil, so kann die Schwankung in Cp. ebensowenig für */<rM zeugen, wie
Cp. 1498 tnbl neben mobil Ef. 310 und Cp. selbst tcibil 398 gegen den
stamm *icit>il(t-: reinliche Scheidung z. b. in Cleop. I, wo auf der einen seite
twfi WrW.267,5, Uvfistän 267,6, scofi 278,4, tcefi 262,11, auf der anderen
Iteuil 281,34 (rücPyfel 278,27), wifel 261,13 stehen.
sc yfel, scyfle : scyfele 'mafors' WrW.268,6; scyfelum 'mafortibus'
WrW.514, 7. 442,22: die der letzten vorangehende glosse scyfia 'maforte'
442,21 zeigt dagegen die urspr. synkopierte form, ist jedoch vielleicht ein-
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fach aus der alten vorläge von Cleop. II hertibergenommen, vgl. Op. scyfla
'maforte'.
wifel 'käfer', genn. st. *wibila-, vgl. aengl. tordwifel mit aschw.
tor/jyvil Mistkäfer' (aisl. iordyfill Ärkiv f. n. AI 2, 219) ans urindog. *ut-
bhelo- neben *uobholo- gleich lit. rabalas : tcifele Lchdm. 2, 320, 2, et wifeles
berge OET. Ct. 30, 20, a. 863, älteste genau zu datierende form mif secundär-
vocal (u ifeles hier jedoch vielleicht personenname = ahd. Wibil Fürstemann,
Ad. nb. i*, 1561). — Die von Middendorf, Aengl. flurnamenbuch s. 150 gesam-
melten belege (darunter wiflahirst Birch no. 316, sonst stets mittelvoeal)
stammen aus copien.
wifel 'geschoss' : tcifele 'spiculo' Zs. fda. 9, 432, 13 j vgl. Napier zu
OE.gll. 1, 1103. 1107 und zur etymologie Pogatscher, Lit.-bl. 1901, sp. 159.
yfel, yflian : in der hs. C der CP.f die in fragen der synkope über-
haupt am altertümlichsten zu sein scheint, haben nach Cosijn, Aws. gr. 1, 413
die alten synkopierten formen noch das dreifache Übergewicht (Verhältnis
48 : 16), in der hs. H (Verhältnis 32 : 74) und dem Oros. (4 : 11) sind die
jüngeren bereits über doppelt so stark, in den Blickl.-hom. ist die proportion
4 : 13 (Hardy s. 39). Ihren gipfel beinahe erreicht hat diese entwicklung
bei -Elfric, in dessen Horn. ed. Thorpe ich nur 3 belege mit Währung der
synkope (yfle 1, 170, 13. 332, 7, y fluni 2, 90, 16) gegen 159 formen mit mittel-
vocal finde, in diametralem gegensatz zu dem verhalten der ungefähr gleich-
zeitigen angl. quellen.
Vgl. ferner kent. Ps. 49 yfele, das allerdings keine echt kent. form ist.
— Ans der poesie belegt Grein 35 formen ohne, 37 mit vocal, doch fallen
von den letzteren nicht weniger als 21 auf den Ps.; die synkope der zu-
meist angl. originale ist von den Schreibern also ziemlich gut gewahrt,
Nicht ganz sicher ist urspr. Vorhandensein von mittlerem i und zweifel-
haft die existenz von 6 in rifelede 'rugosus' Napier, OE. gll. 18b, 78 neben
$eryflodre 'rugoso' ebda. 26, 24, vgl. gerifod 'runzlig' und aisl. rifa 'zer-
reissen'; desgl. in WrW. 125,33 rifelingas 1 obstrigelli , eine art schuhe',
zu dem gleichbedeutenden aisl. hriflingr (grundlaut hier indog. p, s. Pauls
Grnndr. 1*, 323. Zupitza, Gutturale s. 125; zum suffix vgl. Kluge, Nom. st.«
§ 100 «J, ahd. füsUUnc, mhd. hendelinc 'fausthandschuh* u.dgl.).1)
In sämmtlichen angeführten belegen kann der vocal der
dreisilbigen flectierten aus zweisilbigen unflectierten formen
stammen, so dass sich auf sie allein annähme rein lautlicher
anaptyxe nicht bauen lässt; aus anderen gründen dürfte diese
jedoch auch hier wahrscheinlich sein. Sieht man z. b., dass
in den ws. texten des 9. jh/s die synkope bei mied noch durchaus
gewahrt, bei yfel bereits so häufig aufgehoben ist, so kann
man sich nur schwer des gedankens erwehren, dass die zeit-
') Prof. Sievers erinnert an die möglichkeit volksetymol. Umbildung
aus afranz. revelin (mhd. ribbalin).
108
WEYHE
liehe Verschiedenheit des eindringens der mittelvocale in ursäch-
lichem Zusammenhang stehe mit dem relativ späten eintritt
der synkope in -eil- (rund zweite hälfte des 8. jh.'s, s. unten),
dem frühen, bereits urengl. in -dil-. In der tat scheinen fälle
anderer art die annähme eines rein lautlichen Vorgangs direct
zu fordern.
So erscheint die entsprechung des lat. obläta ausser in altertümlicheren
formen wie ofla-thlafas Pial. Greg. C 345, 15, ofleian ebda. 153, 7 bei .Elfric
als ofeletan Horn. Th. 2. 174,20; erscheint für kymrisch ga flach 'speer' (dies
die grundform nach Kluge, Pauls Grundr. 1", 929) im sttdengl. gafeluc (z. b.
gafelucum .Elfr. Hcil.-l. 32, 116, gafeluca» WrW. 143,6, gauehteas Napier,
OE. gll. 1, 4238), vgl. dagegen aisl. gaflak, gaflok*); und begegnet der name
der Stadt Dublin, lat. Dubhnia, in der form Difelin (Chronik Parker-hs. 937,
gegen Dyflen B, Dyflin C, Dytli$ D).
In diesen worten ist die folge -hl- erst verhältnismässig
spät ins engl, gelangt; diese spät aufgenommene consonanten-
verbindung erfährt dieselbe entwicklung wie die altheimische,
secundär durch ausfall eines vocals zusammengetretene; nicht
an dieser entwicklung aber nimmt die ursprüngliche gruppe
-U- teil. Deutet das darauf, dass die consonantenverbindung
in formen wie yfte aus *ytilce qualitativ verschieden war von
der in solchen wie wefle aus *wct>l(B?
Andere wgerm. sprachen könnten solche Vermutung stärken.
So ist, wie jüngst v. Bahder (IF. 14, 258) gezeigt hat, wgerm.
t in den hochdeutschen dialekten schon sehr früh, schon vor
dem Übergang zu verschlusslaut in der Stellung zwischen
vocalen, vor consonantischem l (und r) stimmlos geworden und
in f übergegangen: gen. *weMes zu *wefles (ahd. icevales), aber
*uhiles zu ubiles. In gleicher weise stellt Holthausen, As. EB.
§ 222 für das as. fest, dass t vor / (oder n) im silbenauslaut
in /' übergegangen ist (zu dem gleichen lautwandel im nnl.
vgl. Pauls Grundr. P, 833). — Im aengl. lässt sich aus der
Schreibung gemeinhin nichts entnehmen, da nur der archetypus
von Ep. Ef. Cp., dieser aber noch recht genau, zwischen f und 6
geschieden hat (vgl. hierzu Sievers, Beitr. 11,542 und ausführ-
licher Chadwick, Studies s. 148). Das verhalten eben dieser
») Allerdings könnte der secundtlrvocal in diesem falle auf einer art
lautsubstitution beruhen, insofem dem siideugl. damals die lautfolge -afl-
fremd war.
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quelle aber ist auffällig: sie schwankt gerade da, wo es sich
um die lautfolge hl handelt (vgl. die listen bei Chadwick s. 140 f.).
So haben alle drei glossare b in teblere Ep. Ef. 7. Cp. 111, tebelstan
Ep. 172, tebil- Ef., tebl- Cp. 349, teblith Ep. Ef. 178, tebleth Cp.497; dagegen
/' in uuefl Ef. 300, uefl Cp. 482, wo allerdings Ep. fehlt, alle drei aber f in
scofl Ep. 1022, scolfEf., scofl Cp. 2051, $loedscofl Ep. Ef. 1065. Cp.2076.»)
Nun wird zwar durch die spätere entwickluug im engl,
wol die annähme ausgeschlossen, dass altes 5 vor consonan-
tischem l seinen stimmton eingebüsst hätte; sehr wol mög-
lich aber dürfte sein, dass es in dieser Stellung schon sehr
frühe als stimmhafte fortis, mit grösserer geräuschstärke aus-
gesprochen worden ist als zwischenvocalisch in fällen wie
*tcetan 'weben' oder *yt)ilces (vgl. die gemination der ver-
schlusslaute vor und dass auf diesem unterschiede mit
der spätere unterschied in der behandlung von tceflian und
synkopiertem yflian beruht.
c) -f...l-.
Liegt wahrscheinlich vor in aengl. free feie 'verschlagen,
schlau' und verwanten, gleich ahd. frauali 'verwegen, frech,
unverschämt' und as. frauolo 'contumax, hartnäckig' Wadstein,
KAS.98,1, frauilico 'obstinate' 94,11. Da bei urspr. -tl- (fl)
vocalentfaltung nicht eintritt, muss der mittelvocal alt sein.2)
Vgl. das subst. Cp. 230 freefdi 'astu, list' und das verb. Cp. 431 free-
feleo 'calleo' mit Cp. 430 ccefli, Cp. 1483 scoble, Cp. 111 teblere, Cp. 497 tebleth;
oder Harley-gll. WrW. 197,29, ic frefelie 'calleo, deeipio' mit ebda. 241, 36.
245, 38 goyjle, 199, 5 scofle, 212, 21 tteflap. Ursprüngl. mittelvocal ergibt sich
ferner aus der gestalt des Wortes, wo erstes compositionsglied, so frefdice
Oros. 130, 9 aus frefellice, nicht frefh'ce, wie bei urspr. folge von spirans + l
zu erwarten wäre; weitere belege. OE.gll. free feinesse 1,46, fnefelnyssa 1,4579,
frcefeUice 1, 3131.
Wenn nun Cp. freefeli und freefeleo der synkope ermangeln,
die sich in gebles, scybla, yflces, Worten mit germ. t, zeigt, so
») Für das letzte wort nehmen Sievers und Chadwick, auch Bülbring,
Aengl. EB. § 474. 484, anm. 1 allerdings nach ahd. sküvala und nl. scJioffel
germ. f an; doch s. zu ahd. sküvala neben skubla Kluge Nom. st.» § 91.
v. Bahder a.a.O. 260; nl. schoffel ist nach Franck, Et. wb. erst nnl. belegt
und kann gleichfalls auf skubl- zurückgehen.
*) Wofür vielleicht auch as. frauolo bei der sonstigen Seltenheit von
secundärvocal vor consonantischem / im as. geltend gemacht werden darf,
vgl. Holthausen, As. EB. § 143.
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WEYHE
wird das vermutlich auf rechnung der stimmlosen spirans zu
setzen sein: im anfang des 8. jh.'s sind germ. intervocal. f und b
im aengl. noch nicht zusammengefallen, synkope in -bil- aber
war schon vor dem 8. jh. erfolgt.1) Der ae. stamm scheint
also, was die labiale angeht, dem geläufigen ahd. adj. frauali,
subst. frauali zu entsprechen, nicht der seltenen ahd. neben-
form in frabari, frabaüicho.
Gegenüber diesen formen mit mittel vocal begegnet späte
synkope vor starkem nebenton in frculice Xapier, OE. gll. 1, 1
neben fr&fellice ebda. 3131, das zu beurteilen ist wie nach
langer silbe deoflic aus deofdic neben deofollic, vgl. Sievers3
§ 145, anm.
Die ursprüngliche qualität des mittelvocals ist wie die
etymologie des Wortes zweifelhaft (vgl. DWb. s. frevel. Noreen,
Urgerm. lauft s. 125. Kluge, Et. wb.« s. frevel. Pauls Grundr. 1», 475.
v. Bahder, 1F. 14, 260. 264); das e von Cp. frcefeli kann, braucht
aber nicht auf i zurückgeführt werden (vgl. dann Bülbring,
EB. § 413b). Die ahd. formen sprechen für ursprüngliches a,
für eventuelles *frafuli- könnte as. frauolo angerufen werden,
das sich jedoch wol auch aus *fraualo mit assimilation ver-
stehen lässt (beispiele für derartige assimilation im as. s. bei
Schlüter in Dieters Laut- und formenlehre s. 123 ff.). Die frage
wird dadurch noch complicierter, dass im aengl. wie bei ceöele
auch formen mit e in der tonsilbe begegnen, vgl. die belege oben.
Das von Sweet, Stud.dict. angeführte w&flian Halk foolishly'
wird altes ff enthalten, vgl. wlwffetere und woffung.
a) Das u bleibt im südengl. erhalten bis ins 11. jh., ebenso
im merc. des 8. jh.'s; beispiele aus sicheren angl. texten der
späteren zeit fehlen.
afol 'stärke, macht' : dat. afole, s. Björkman, Loanwords s. 201; ferner
im comp, tcoruldafol, z.b. tronddafelum Wulfstan 106, 1, einen weiteren beleg
Bosw.-T. a. 1194. Wahrscheinlich lehnwort aus dem nord. und nur soweit
hierhergehörig, als das aus an. afl entstandene afol (vgl. dazu s. 108, anm.
über gafeluc) auch in den flectierteu formen denen mit altem u gleich be-
handelt ist.
l) Eine weitere erklärungsmöglichkeit würde ev. Kluges etymologische
Vermutung, Pauls Grundr. 1*, 475 eröffnen.
d) -ful-, mit germ. b, ev. auch
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eofole pflanzenname = Ut ebulus ; eofolan Lchdm. 3, 28, 27; s. Po-
g&tscher, Lehnworte § 100.
fifele = lat. fibtda : fibula; 'ansa' Ep. 4, 8. Kluge, Lb. 1, fifele 'fibula'
WrW. 403, 7. Zur vocalkürze Sievers, Zum ags. voc. s. 12; vgl. dagegen mit
synkope des i z. b. Ep. scybla.
gafol 'abgäbe', vgl. nl.gavel : geabxdes Cp. 813, geabuliC\>. 96, gaebuli
Ep. 115 (zum ae der letzten form Bülbring, Anglia Beibl. 9, G7, anm. 1), vgl.
dagegen mit synkope des i Ep. gebles. — gafole Oros. 1,13. 72,5. 290,24.
Horn. Th. 2, 484, 6. 554, 9. 11. 20. 22. 558, 7. Boeth. ed. Sedgefield 35, 32; ws.
Ev. Mt. 25, 27. Lieberm., Ges. s. 206, IV Eg. 1 , 1, gafole, rtfdegafole ebda. s. 1 18.
Ine 67, beregafole s. 1 16, Ine 59, 1, gafule WrW. 384, 37, gafele Scint. 109, 12.
Horn. Th. 1, 544, 19. Kent. gll. 426. Napier, OE. gll. 1, 1448, gafolcs Horn. Th.
1, 66, 11; ws. Ev. Mt. 22, 19. WrW. 153, 4. Martyr. ed. Herzfeld 172, 22. Dial.
Greg. C 157, 21. 27. 158, 12. 305, 26. &50, 4. Wulfstan 251, 16. Lieberm., Ges.
8. 206, IV Eg. 1,2. s. 448, Rect. 5, 1, Madgafoles s.206, IV Eg. 1, gaftdes WrW.
393, 20, gafcles 457, 11, gafelu Scint. 108, 15, gnfola Lieberm., Ges. s. 12, Wi. 1,
gegafelod WrW. 424, 33. 500, 34. — gofole Birch no. 1010, z. 5. 12, kent. Or.-
urk. 10 jh. (zum o vgl. Haupts und Digby-gll. popclstänas zu ws. papol- ; auch
Lchdm. 3, 44, 13 swolican zu ws. swealwe). In der dichtung drei belege (Grein),
mit mittelvocal.
gifol 1 gebend \ vgl. aisl. gjafaU, gjofuU : giofole CP. 324, 9. 338, 25 C
= gifole bez. gifule H, rümgyfolan JSlfr. Heil.-l. 5, 330.
hafol 'haltend, habend' : fcesthafolan CP.338.6C = fasdhafxda H;
fctsthafdum Horn. Th. 2, 118, 20. Scint. 110, 4 v.u., fmthafule Birch no. 106
(hs. 10. jh.), icanhafele -Elfr. Heil.-l. 10, 65, watihafolum 21,363,
hafola 'hanpt' : heafolan Lchdm. 1, LXXIV, 4; in der dichtung (nach
Grein) 18 belege, stets mittelvocal. ')
hnifol 'stirn' : h(n)eoftdan Lorica-gll. (OET. 172) 28.
nafola 'nabel', vgl. ahd. nabulo : nabula Cp. 2151, nafola Martyr.
ed. Herzfeld 104,25, nauela WrW. 159, 41, neabidan Lchdm. 1, lxxiv, 25,
nafelan Oros. 156, 11. Kent. gll. 32. Wund. d. ost. xxi. Lchdm. 1, i.xxii, 2,
nauehn .Elfr. Heil.-l. 25, 568. 586, nafolan Wund. d. ost. xvm. Lchdm.
2, 46, 17. 120, 20. 25. 122, 2. 10. 164, 7. 228, 20. 230, 4. 26. 232, 5. 23. 236, 11.
278, 5. 322, 4. 356, 23. 3, 54, 28. — eorÖnafala 6, 15, eorÖnafelan 40, 23, eord-
nafolan 18,7.
») Doch schlug Sievers, Beitr. 10, 463 für Beow. 2661b itigheafolan bar
»us metrischen gründen tclgheaflan vor, was sich im hinblick auf VPs. heh-
seotle auch grammatisch rechtfertigen liesse. Eine merc. form der art ist
möglicherweise rümgiflan in copie einer urk. Oswalds von Worcester (Birch
no. 1110, a. 963), vgl. ebda. Mercna, heorodes, ueonddcundes und andere
mercismen in der gleichen hs. entstammenden copien von Urkunden Oswalds
(z.b. Birch no.1108. 1109. 1180. 1208. 1232. 1240, 1242), sowie in der or.-
ark. no. 1233; zum i neben dem t von acc. sg. gefc (1233) vgl. Blickl. hom.
seofu neben gifu, Bülbring, EB. § 253.
112
WEYHE
Seafola eigenname, gleich mhd. Sabene : Stafolan Wids. 115.
trifulian, aus lat. tribulare, s. Pogatscber, Lehn wort e § 143 : trifula
Lchdm. 2, 150, 3, getrifula 20, 15. 17. 22, 10. 40, 17. 48, 29. 70, 8. 74, 7. 90,
1.27. 94,4. 98,23. 120,19. 144,12. 180,4. 21. 184,20. 268,23, trifoUge
186, 10, seirifulad 42, G. 04, 8. 68, 17. 72, 19. 200, 10, getrifoted 122, 3, tetri-
fulades 188,5, getrifuladre 20,10. 82,17, getrifulade 110,21. 122,10, A-c<ri-
/Warfu 26, 1, <n/e/n/tf e WrW. 423, 25.
Ganz gegen ende der aengl. periode macht sich dagegen
im Süden (über das fehlen angl. belege s. oben) der beginn von
synkope auch des u bemerkbar.
Die hs. V des Herb. A pul. und der Med. de quadr., nach Cockayne
geschrieben um 1050, weist zwar noch überwiegendes nafola auf: nafolan
Lchdm. 1,20, 7. 24,1. 28,15. 40,11. 44,16. 52,6. 136,17. 148,21.25. 168,9.
204,17. 27. 28. 210,13. 218,1. 5. 14. 226,4. 10. 254,19. 282,20. 306,5. 366,17,
eor&nafolan 238,5; daneben aber hat sie auch schon einige synkopierte
formen: nafla 306,10, naflitn 58,22. 82,24, eordnaflun 210,8. — Die syn-
kopierten formen von gufol in der Chronik (gafle Earle- Plummer, Two
Sax. chron. 31, 11. 36, 9. 133, 36. 235, 28. 32) stehen in der hs. E, Peter-
borough, geschrieben zwischen 1122 und 1154, kommen somit für das aengl.
nicht mehr in betracht.
Die wenigen beispiele, die sich bei der geringen Verbreitung
von indog. b darbieten, scheinen dieselbe behandlung der mittel-
vocale zu verraten wie z. b. nach t und c.
Die gleiche erscheinung wie bei northumbr. yflcs gegen
südengl. yfeles, Währung der synkope im northumbr.. eindringen
von secundärvocal nach erfolgter synkope im süden, zeigen die
Vertreter des Stammes *krupila-, der in doppelter bedeutung
begegnet: teils mit dem suffix der nom. agent. 'der kriechende,
krüppel', teils mit instrumentalsuffix 'gegenständ zum durch-
kriechen, unterirdischer gang etc.' (zur vocalkürze dieses zweiten
crypel s. Napiers anm. zu OE. gll. 1, 2856; vgl. auch das syno-
nyme smygel zu sniilgan).
Südengl. crypel, crepel 'cuniculum etc.' (z. t. in kent. texten oder texten
kent. fürbung): crypele (verbessert aus crypelt) Zs. fda. 9, 473, 34, crepeles
ebda. 484,21 = crypeles OE. gll. 1, 3320, crypelas OE. gll. 2, 191, crepelas
Kent. gll. 180; — dagegen northumbr. crypel, eoröcrypel 1 paralyticus ' : cryple
Li. Lc. 5, 24, eordcrypple Mt. 9, 2. 6. Mc. 2, 5. 10, eordcryple Mc. I 2, 14. 2, 9,
eordcryplas Mt. 4, 24. — eordcryple R* Mc. 2, 9. 10. Einmal jedoch auch
hier secundärvocal vom nom. acc. aus: eordcrypele R1 Mc.2,5.
4) Synkope nach p.
a) -pil-.
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ZTR WESTGERM. GRAMMATIK.
113
Die flectierten formen von Li. haben also 4 mal p, 4 mal pp ; die un-
flectierte form lautet in R» crypel Mc. 2, 3, eordcrypel Mc. 2, 4, in Li. steht
neben 5 mal crypel (crypelnise Lc. I 5, 1, eordcrypel Lc. 5,18. Mt. 9,2. Mc.2,3.
Lc I 4, 20) 3 mal cryppel (eoröcryppel Mt. 8, 6. Mc. 2, 4. Mt. I 18, 7.
Dies Verhältnis zeigt, dass das pp in Li. aus den flectierten
formen stammt (vgl. Mt.9,2 eordcrypel, eordcrypple) und die
grundform in der tat Hrupila-, nicht *kruppila- ist,»)
Südengl. secundärvocal wie crypcle zeigt ferner nypele
Horn. Assmann 4, 286, zu nypel (elefanten-) 'rüssel*.
Aengl. cnwpling 'jüngling' (z. b. .Elfi'. Horn. Th. 2, 576, 14.
HeiL-L 3, 9) kann aus *cnapiling mit beeinflussung des tonvocals
durch cnapa entstanden sein, ist jedoch vielleicht erst nach der
zeit der 'tonerhohung' und der synkope nach länge von cnapa
aus gebildet, vgl. ausser lijtlins 'kind' noch seongling und frum-
byrdling 'jüngling', frymetling 'junge kulT etc.
Ferner könnte hierhergehören pipli an 'blasen bekommen'.
Belegt durch pipli^eixde Lchdm. 1, 234, 10. 266, 20 hs. B, wofür V das
jüngere pypylgende, py pelgende hat wie ft formende 220,18. 226,26 für älteres
fcfrigende von B.
WrW. 265, 22 hrycriple 'palae' steht gewis für hrycg-
rib(b)le, vgl. hricjrib 292,9 und ricgrble 'pale' 292,6.
Unflectiert ear-scripel 'kleiner finger'.
b) -p u 1-.
a) Im Süden bleibt das u erhalten:
clypol 'klöppel', clypola 'vocalis' : clypole Angl. 8, 313, 15, clypolan
314, 16.
stapol 'pfeiler, säule etc.', gleich aschwed. stapul, aisl. stgputt 'turra' :
stapole WrW. 205, 5. Birch no. 1229, or.-urk. von 969 (2 m.). ebda. no. 1282.
or.-urk. von 972 (2 m.), stapidum Germ. 23, 396, 147, stapelum Wulfstan 267,
9. 17, vgl. auch stapolas Beda ed. Miller 1, 144, 27. Birch no. 480 (hs. 10. jh.).
In den hss. der dichtung: slapole Beow. 926, stapulas An. 1494, stapulum
Beow.27ia
strapulas' eine art hosen ' : strajntlas 1 tubroces uel brace ' WrW. 125, 2.
tcapolian 'aufschäumen', zu wajyul 'famfaluca' gleich afries. tcapul
'stehendes wasser, sumpf : tcapolaÖ Kent. gll. 505, wapolode Germ. 23, 398, 220,
') Et. wb.a s. krüppel setzte Kluge aengl. cryppel an und stellte es
mit aisl. kryppili zusammen, das jedoch auf *krympil zurückgeht nach
tschwed. krymplinger 'krüppel' neben krumpin 'krüpplig'; richtig dagegen
*krnpiia- Kluge- Lutz sub cripple. Vgl. auch Karsten, Studier üfver de
nordiska Sprakens primära nominalbildning 2 (Helsingfors 1900) s. 95.
Beitrage cur geschiente der deutschen spräche. XXX. g
114
WEYHE
wapeladan Zs. fda. 9, 488, 11, wapeledan ebda. 499, 7, hwapelaj) OE.gll. 1, 1891,
wapeledan ebda. 3481. 3962.
Wo synkope begegnet, dürften besondere umstände mit-
spielen.
So steht in einer Originalurkunde vom j. 843, betreffend land Verleihung
in Kent, cet stenan steaple (OET. Ct. 25, 5 = Birch no.442), wofür Sweet
im index der OET. stlapol 'steeple' mit langdiphthoDg, ebenso im Stud.
dict. 'steapol (m.) tumulus (of stones) (?) CV ansetzt. Sweet nimmt also
wol suffixablaut zu stypcl 'türm' an, womit die synkope sofort erklärt wäre.
Immerhin scheint mir diese auffassung angesichts des sonstigen häufigen
stapol, auch staynen stapol der Urkunden (vgl. Middendorf, Aengl. flurnamen-
buch s. 123) nicht sicher und annähme einer ausserws., und dann wol kent.,
form für ws. stapole kaum zu umgehen, vgl. in derselben urk. med 'wiese'
und eccer 'acker' (das letztere nicht in dem auszuge der OET.). Vielleicht
darf man in at st&nan *steapole einen einheitlichen (flur-) namen sehen, wo
das adj. regelrecht stärker betont war, als das subst. und die accentabstufung
eines compositums herschte (wie in nhd. Schweinefleisch aus mhd. steinen fleisch,
Schröder, Zs. fda. 37, 126 u. dgl.). so dass synkope nach nebenton wie in VPs.
ftihseotle vorläge. Als analoga wären dann apokopierungserscheinungen
des deutschen heranzuziehen, so gewöhnlich bewahrung des end-e im dat.
HH wähle, aber apokope in fällen wie jagdschloss Grunewald = das jagd-
8chloss zum grünen walde, wo gleichfalls der hauptton auf dem adj., der
nebenton auf wähl- ruhte. Das derart unter besonderen betonungsverhält-
nissen synkopierte kent. steaple verhielte sich dann zu dem wapolaÖ der
glossen wie etwa oben geswitliendc zu swetelad.
Die gleiche erklärnng würde für den pl. sißstapla 'uestigia' gelten
können, den Bosw.-T. s. 879 aus Ps. Lamb. 16, 5 belegt. Da jedoch ebda. 16, 3
das verbum imp. understappla 'supplanta, stelle ein bein daneben steht
und der bedeutung nach beide worte aufs engste zu sterppan gehören, ist
möglicherweise als vorform *stappul- anzusetzen, vgl. auch ahd. stapfön.
Unflectiert belegt papol-, popel-stänas, gripul 'capax'.
ß) Im mercischen des 8.jh.'s ist das u erhalten wie in
Ep. bitulum:
strapulas 'pedules', Münsterer gll., Kluge, Ags. Ib.* II, 37.
Im northumbr. des lO.jh.'s herscht synkope wie in Li. seatlas :
staplas 'columbas' (fälschlich als columnas aufgefasst) Li. Mt. 21, 12.
— Vgl. auch ohne mittel vocal dat . c u op l e ' navicula ' Li. Mt. 8, 23 (lehn wort ?).
5) Synkope nach c.
a) -eil-.
a) In der ersten hälfte des 8. jh.'s ist das t noch erhalten:
faecilae 'fax' Ep. 407. Ef. faecile (zur lautgestalt Sievers, Ags. gr.«
§ 128, anm. 2).
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ZUB WESTGEBM. GRAMMATIK. 115
gecilae 'stiria' Ep.954, Ef. gecile, Cp. 1919 gecilae, aus «jotO-. Auf
vorläge der gleichen zeit beruht wahrscheinlich gecele WrW. 278, 18 (Cleo-
patra I). Vgl. unten s. 122.
haecilae ' paludamentum ' Ep. 740, hecaeli (sie) Ef., haecile Cp. 1474,
haecilae 'lacerna' Ep. 572, hecile Ef., haecile Cp. 1169 (vgl. Sievers, Zum ags.
voc. 9. 23).
stricilum Ep. Ef. 994. Cp. 2044 'trochleis, rotis modicis' = radwinde
(Diefenbach, Gloss. s. 598 'torcular uel parua rota super puteum').
paecile 'fax' WrW. 266,38, vgl. oben zu gecele.
Soweit diese formen in den etwas späteren Cp.-glossen
begegnen, kehren sie auch in Ep. Ef. wider, sie entstammen
also dem archetypus I, dessen entstehung Chadwick, Studies
s.248 zwischen 680 und 720 verlegt.
Ungewis ist die ursprüngliche gestalt der tonsilbe in genicldae Ep. 701,
Ef. gcnsccildc (das Schlutter, Anglia 20, 383 als aus genyccdde verderbt an-
nimmt), Cp. 1408 genyclede 'obuncans'.
ß) Vom 9. jahrhundert ab herscht im an gl. synkope,
deren eintritt sich für das merc. etwas genauer fixieren lässt:
sie fehlt hier in dem dialekt des archetypus von Ep. Ef. Cp.
aus der ersten hälfte des 8. jh.'s, ist dagegen hundert jähre
später in dem des Ps. vorhanden. Danach darf für Mercien
etwa die zweite hälfte des 8. jh.'s als die zeit des Wegfalls
bezeichnet werden, sodass hier das ursprüngliche i vermutlich
erst geschwunden ist, nachdem es bereits in e übergegangen
war; immerhin kann diese bestimmung insofern nur annähernd
genannt werden, als in den einzelnen gegenden des weiten
gebietes zeitliche Verschiedenheiten möglich waren. Die gleiche
(vielleicht eine etwas frühere?) zeit dürfte für das northumbr.
in frage kommen. Vollzug der synkope im anfang des 9. jh.'s
wäre für diesen dialekt durch das patronymicum Icling Gen. 93
neben (Ic)il bezeugt, wenn die kürze der ersten silbe fest-
stände1); vgl. aber auch namen wie ahd. Ichanhusa, jetzt Acken-
hausen, Förstemann, Ad. namenb. 2*, 895.
hacla 'pallium', Li. Mt5,40.
micel mitsammt seinen ableitungen der hauptvertreter der gruppe,
ieigt in seinen häufigen belegen regelmässig synkope (im 8. jh. nur untlec-
tiert belegt, Cp. 691 micel): — im VPs. stets micles, miclian u.s.w., doch
') Vorhandensein des mittelvocals in Iceling Chron. 626 und 755 ist hier-
rar ebensowenig beweisend wie etwa in Wödening; vgl. noch ort Iceling-
tüne Birch no. 1306, or.-urk. de« 10. jh.'s.
8*
116
WEYHE
mit der bekannten ausnähme der formen auf -u (micctu) nach analoge
derer mit langer erster silbe (daneben das lautgesetzliche micel); — R»
21 formen mit synkope, doch wider micelu (24,21. 28,2); einmal erscheint
jedoch mittelvoeal: micele 6, 30. — Das gleiche Verhältnis nochChad: miete
8. 213, miclum 8, miectum 245, aber medmiceto 245 (im texte verschrieben mid
miceto); — Royal gll. myelafi 171.
Stets synkope auch in den northumbr. denkmäiera; doch wider R*
miceto (kein miclo); — Li. miceto neben miclo; — Rit. mieito neben met~
mich. Vereinzelt Li. micile Mt. I 8, 13, micetes Mc. 9, 21 (vgl. ein ebenso
vereinzeltes Igtetum Lc. 16, 10) und micele R* J.5, 3.
pricle 'apax, Stimulus, minutum' : pricle Li. Mt 5, 18 (2 m.), prictu
Lc. 12, 59, priclom Lc. 1 3, C, pricta R« Lc. 12, 59. — Dass *prik-il- (an-, öh-),
nicht *prik-lan- zu gründe liegt, zeigt nengl. dial. pritchel, s. Wright, Engl,
dial.-dict 4,623.
Vereinzelte belege, abgesehen von micel, liefert ferner die
dichtung.
Ob allerdings der Beowulf, nach gewöhnlicher annähme mit Ep. Ef.
etwa gleichzeitig am eingang der literarischen zeit stehend, die synkope
bereit« gekannt hat, ist zweifelhaft. Für ihren Vollzug würde man sich
auf 694b Jxvt [hie] (fr tö fela mietet und 922b getrume miete berufen
können, wenn nicht doppelauf lösung von C im Beow. auch sonst vorkäme
(elf fälle, unter ihnen sechs des baues X^xl^XX im zweiten halbvers);
ohne beweiskraft ferner hildegicelum 1606 b und freode tö frictan 2556.
Sichere belege bieten dagegen spätere texte, insofern für An. 1260a
ceatdum cylegicelum und Seef. 17a bihongen hrlmgicelum ursprünglich angl.
*celegeclum und *hrimgeclum metrisch wol so gut wie feststeht.
Eine scheinbare ausnähme macht dagegen das merc. und
stidnorthumbr. ])(Bcele 'fackel'.
Wie dem haecitae Ep. in Li. hcecla entspricht, sollte dem peecile von
Cleop. I Öcecle, -a antworten. Statt dessen erscheint R* Öcecela, -e (5 mal)
und ebenso merc. decele R' 25, 1.
Eine erklärung ermöglichen die formen der nördlichen
abart des northumbr.:
im Rit. heisst es stets dceccelte (3 m.), Öaccillum (1 m.), ebenso in Li.
ö(ec[c]itla, -e, -a, -um, -as, zusammen 12 m.
Die formen zeigen also durchgängig ein suffixales II, das
nicht wie das -cc- des Stammes (hierüber Luick, Archiv 102, 66;
anders zu beurteilen ist ahd. facchala, s. Kluge, Pauls Grundr.
V, 338) aus secundärer northumbr. gemination erklärt werden
kann. Wie die abweichende suffixgestalt aufzufassen ist, mag
zweifelhaft sein; an einfluss des sinnverwanten condel, gen.
condeUe ist kaum zu denken, vielmehr scheint das suffix iden-
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ZUR WESTGEBM. GRAMMATIK.
117
tisch mit dem von hangelte, swin$elle, rinnelte u. dgl. Auf alle
fälle konnte hier vor II ebensowenig synkope eintreten wie
etwa vor Ir in micelra, micelre.
Die formen der Rushworth-hs., mindestens die von R-
lassen sich nun zwar kaum aus Vereinfachung der geminata
in unbetonter silbe erklären; vgl. in R2 die gute erhaltung
nach langer tonsilbe: byrgenne, byrdenne, mixennc u. ä., Lin-
delöf, Die südnorth. ma. s. 109 ff. Dagegen haben wir einen
directen beleg dafür, dass die suffixform mit U auch hier neben
der mit einfachem l existierte, und zwar in R2 öcecclla J.5,35;
vgl. hierzu im Beda neben fyrenj>ecete Miller 1, 476, 15 die
Variante fyren Öecelle ebda. 2, 587, ferner ])eceUc Epist. Alex,
ed. Baskerville 325 und 548. Man wird danach annehmen
dürfen, dass die synkope des mittel vocals in ]i(ecele, ]>cccle
durch den einfluss des danebenstehenden pcecelle unterblieben
war; die derart entstandene (compromiss-)form waltet in R2
ebenso vor, wie die mit 7/ im nördl. northumbr. allein gilt.
Anm. Die für das merc. ausreichend gesicherte datierung dieser
synkope kann nnter umständen auch für die geschiente der palatalisierung
innerhalb des genannten dialektes von Wichtigkeit sein: unter der Voraus-
setzung nämlich, dass die geläufige erklärung zu recht besteht, wonach
raengl. formen des mittellands wie mikel (Ornn nukcll) auf Verallgemeine-
rung des in den synkopierten casus lautgesetzlichen k beruhen (Björkman,
Loanwords 1, 146. Morsbach ebda. s. 149 in der anm.). Penn es ist nicht
abzusehen, warum dann das Vorhandensein des verschlusslautes in aengl.
mirUs (um Bülbrings auffassung und bezeichnnng der gutturale zu folgen)
anders zu beurteilen sein sollte als in stffi 'sucht*, R1 eknisse 'ewigkeit
gen. atnes 'kükens', wo synkope nach länge vorliegt; d.h. man müsste
annehmen, dass im merc. des 8. jh.'s c vor i noch nicht zur affricata, vor
allem noch nicht zur dentalen affricata fortgeschritten war, als es in der
stufe t vor den die Weiterentwicklung hindernden consonanten zu stehen
kam. Hiernach wäre auch ein wort wie merc. drencan im 8.jh. noch mit
<", nicht t$ gesprochen, und gewis auch die eutstehung des ti in htceK, swilc,
wo bereits vorliterarische synkope besteht, erst auf der stufe hicett, nicht
•htceliö erfolgt.
Als terminus a quo für den eintritt der dentalisierung im merc. wäre
damit unter vorbehält rund der anfang desselben 9. jh.'s zu betrachten (vgl.
Sievers, Anglia 13, 311 f.), in dessen verlauf die fälle orceard und ^efeccan
auftauchen. Man käme damit Försters Vermutung (IF. Auz.12, 108: zwischen
900 und 1200) am nächsten, während andere gelehrte an einen früheren
Zeitpunkt denken; so Bülbring, Angl. Beibl.9, 102. EB. § 493. 499 (vermut-
lich im anfang des 8. jh.'s., im merc. vielleicht erst später), und Hempl,
Angl. 12, 375 ff. (vor 700).
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118
WEYHE
7) Im süd engl, herscht von beginn der Überlieferung an
(erste genau datierbare form vom j. 858, OET. Ct. 28, 20 tm-
clum) gleichfalls synkope, die späterhin jedoch teilweise durch
entwicklung von secundärvocalen wider aufgehoben wird.
Haupt Vertreter ist auch hier micel, und bei der häufigkeit
dieses wortes lässt sich die entwicklung einmal genauer
verfolgen.
In den ältesten ws. quellen. CP. Or., dem ältesten teile der Chronik
zeigt Micel noch regelmässig synkope (Coeyn 2, 72 ff.); die analogische form
micdu ist hier selten belegt, dagegen begegnet miad Cosijn 1,143.
Ebenso vgl. kent. Hy. 10 miclan, Ps. 35 miclan.
Im ws. des 10. jh.'s bleibt diese synkope im allgemeinen noch gut ge-
wahrt, indem zugleich gemination des c platz greift. Doch setzt nunmehr
die vocalentfaltung ein, und zwar bei denjenigen formen, deren endsilbe
-le lautet (ein vereinzelter fall der art bereits in der CP., miede 379, 10 H
gegen miete C). Bezeichnend für diese stufe ist das verhalten von .Elfrics
Homilien ed. Thorpe; hier (wo formen wie mieelu oder micdu vollkommen
fehlen) zähle ich 1 gemiedian, 2 mieda, 6 miedes, 50 miedan, 196 miedum:
aber 36 belegen von miede stehen 63 für miede gegenüber. Secundärvocal
ausserhalb miede ist dagegen ganz vereinzelt: 1 miedes, 5 micelan kommen
neben jenen 255 formen mit wahrung der synkope nicht in betracht.
Typisch für Horn. Th. sind also fälle wie 1,306,22 on öäm miedan deege
neben 306,24 miede mihta im selben satze. Das gleiche Verhältnis kehrt
anderswo wider; in den Blickl. hom. '. synkopiert mycel bis auf myede 53, 21.
127,33. dazu das verb. myedap, 5 formen, stets synkope' (Hardy s. 39); in
den Digby-glossen (Napier, OE. gll. 1; hs. des 11. jh.'s., kent. färbung) heisst
es midum 2205. 3860, aber miede, mycele 643. 654. 708; und auch in den
hss. der dichtung tritt dieser südengl. verhalt hervor, wenn von den 10
formen mit mittelvocal, die Grein belegt, 7 auf miede fallen: micWe Hy. 7,33.
7,94. 9,32, aber ebda, miccla 3,38, miclan 8,11, w iedum 7, 44. 48; miede
Men.124. Sat.213. Ps.62,3. 67,18.
Für den einfluss, den grössere oder geringere schwere der
folgesilbe (vgl. auch über nachwirkungen alter quantitäts-
verschiedenheiten der endvocale in der metrik die nachweise
bei Kaluza, 'Zur betonungs- und Verslehre des aengl.' in der
Festschr. für Schade s. 101 f.). auf stehen und fehlen von mittel-
vocalen übt, bietet diese erscheinung ein gutes beispiel, das in
gewissen Schwächungsfällen sein gegenbild findet: wie hier nur
vor dem schwächsten überhaupt vorhandenen laute, einem ein-
fachen (vielleicht schon zum murmelvocal gewordenen?) e aus
dem stimmton des l der gleitlaut mit leidlicher regelmässig-
keit hervorgeht, bleibt im sg. praet. laÖode das kurze 0 der
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ZUR WESTGERM. GRAMMATIK.
119
zweiten silbe erhalten, das im pl. ladedon zu e geschwächt
wird. Man halte dazn Bülbrings beobachtung EB. § 405. die
sich mutatis mutandis genau auf miede neben micclcs, micclum
anwenden lässt: 'namentlich wenn die letzte silbe consonantisch
oder auf einen stärkeren vocal als e (nämlich u, 0, a) aus-
lautet, gewinnt sie ein übergewicht über die mittelsilbe'. Ver-
gleichbar sind diese erscheinungen insofern, als Schwächungen
in beispielen wie ladedon gegen laöode kaum lediglich auf
einer qualitativen regelung nach der Klangfarbe der nachbar-
silben beruhen; der parallelismus in fällen wie onscunung :
otiscuningum (VPs.) und leornung : leorningeniht zum mindesten
dürfte auf mitspielen von starkeunterschieden weisen; vgl.
über diese factoren Sievers, Ags. gr.3 § 219.
Derartig verschiedene Wirkung verschieden schwerer endsilben scheint
übrigens nicht anf die mittel vocale beschränkt, mindestens innerhalb des
ws. dialektes; denn gewis ist es nicht anders zu beurteilen, wenn in den
ws. Evangelien der dissimilatorische n-schwuud der mittelsilben von pening
'pfennig' zwar vor -as (penegas Mt. 20, 10. Lc. 10, 35), -a (penega Mt. 18, 28.
Lc. 7, 41. Joh. 6, 7), -um eintritt (penegum Mc. 14, 5, penegon Mc. 6, 37. Joh.
12, 5), vor e aber (peninge Mt, 10, 29. 20, 13) genau ebenso unterbleibt wie
in der endsilbe: pening Mt.20,9. Mc. 12, 15, penne Mt. 22, 19. Lc.20,24
(ein Verhältnis, das sich anderswo widerholt, z. b. in der Läeceböc, Lchdm.
2. lff. ; an diesem texte sieht man zugleich, dass der gen. sich hier den
übrigen singularcasus angeschlossen hatte: pening 18,3. 88,6. 124,24. 134,25.
230,14. 288,8, peninguGge 124,24, peninges 108,4, peninge 272,24, gegen
penegas 52,13. 64,7.16. 110,17. 150,18, penegum 298,16. 17. 18. 20. 21.
22. 24. 25. Je einmal allerdings begegnet schon in beiden texten penig
Mt. 20, 2 und Lchdm. 2, 272, 15 gegenüber dem noch unversehrten paradigma
in .Elfr. Gr. Zup., wo der dat. zufällig fehlt: peninge 50,14. 264,18. GH.
316, 14, penegas 102, 1. 202, 13. 285, 3. 296, 15, penega 296, 16). Zeigt doch
auch das wort, mit dem pending, penning auf ws. boden seinem baue nach
zusammengefallen war, cyning, cining 'könig', die gleiche Verteilung in
seinem spätws. paradigma. Bei .Elfric z. b. ist hier der n-schwund, soweit
ich sehe, gleichfalls durchaus auf cynegas, cynega, cynegum beschränkt,
also auf die pluralformen, denen dat. sg. cyninge mitsammt cyning und
cyninges gegenüberstehen. Charakteristisch für dies Verhältnis sätze wie
Heil.-l. 24, 81 : Na ice sprßcon be cynegum, wc willad Pysne cwyde gelencgan
and be sumum cyninge sow cfjdan git oder Josua 11, 1 pis tcearÖ fiä gecyd
püm cyninge Jabin . . . , and rade sende tö callum päm cynegum, nicht
anders als etwa Josua 10, 3 Adonisedech sc cyning on Hierusalem sende tö
päm kynegum. Allerdings weist cyning insofern einen reicheren formen-
bestand auf, als einmal die Schriftsprache in sehr weitem niasse die alten,
volleren suffixgestaltungen (im pl. also cyningas, -a, -um) gewahrt hat,
andrerseits, auf den sing, beschränkt, die formen mit haplologischer kürzung,
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120
WEYHE
eyng, cynge*, cynge hinzukommen, die ihren Ursprung vermutlich Stellungen
schwächerer betonung und schnelleren tempos, unmittelbar neben eigen-
namen bei titel und anrede (Beitr.6, 132, anm.; auch Ciardi-Dupr6, BB.2C,203)
verdanken (auf diese position, für die naturgemäss der pl. nicht in frage
kommt, sind sie noch im ältesten teile der Chronik, Parker hs., beschränkt,
664 Arcenbryht Cantuara cyng, 860 Aepelbald eyng, 604 wider S<v!#ihtc
cinge, vgl. auch dieselbe Stellung bei dem einmaligen hing in R1, 2, 3 He-
rodes hing] eintritt der haplologie in meremen 'meerweib' neben haupt-
tonigem unverkürzten men(n)cn böte eine genaue parallele. Aehnlich durfte
die merkwürdige, aus normalen betonungsverhältnissen (Beitr. 4, 534) kaum
verständliche Scheidung im northumbr. von Li. und Rit. aufzufassen sein,
wo der pl. stets -ing-, der nom. acc. sg. dagegen weit überwiegend -ig
zeigt und gen. dat. sg. zwischen beiden schwanken). Dennoch geht auch
in Jülfrics flexion jene Scheidung durch, indem mir ein sg. cynt'g, cytuges,
cynige ebensowenig begegnet ist, wie auf der andern seite ein pl. eyngas,
cynga, cyngum, vgl. für den sg. cyng Gen. 47, 2. 5. 20. Ex. 1, 8. 17. 18. 3. 19.
5,4. Num.22,36. Deut. 1,4. 29,7 (2 m ), cynges Horn. Th. 1, 244, 19. 422,26.
2,422,1. 474,9.15. 19. 476,31. 486,16. 584,17. Gen. 40,1. 47,14. 19.20.
Heil.-l. 33, 137. 141. 230, cynge Hom.Th. 1, 212,7. Gr. Zup. 272,4. Gen. 41,14.
47,7. 23. 25. 26. Ex. 3, 18. 6,27.28. Deut. 11,3, für den pl. aber cynegas
Horn. Th. 1,510,33. Jos. 2, 10. 5,1. 10.5. 17.22.41. 11,16. 12,1. Heil.-l.
18,386. 24,43.45. 25,729. 26,134, cynega Horn. Th. 1, 544,9, Jos. 10, 22,
cynegum Hom.Th. 1,232, 4. 30. 386,25. 2,16,4. 36,22. 216,8. 540,17. 584,34.
Jos.9,1. 10,3.40. 11,1. Bibl.ags.prosa 1,263,15. Heil.-l. 24,29. 32. 81.36,103.
Aber auch die Verhältnisse, wie sie uns dennassen in
JElfrics Homilien und anderswo entgegentreten, bezeichnen
doch nur ein durchgangsstadium. Einen schritt weiter sind
bereits die ws. evangelien, wo nicht bloss mycele neben myck
steht, der mittelvoeal vielmehr, neues gebiet erobernd, auch in
mycelan und mycelum (neben myelum) auftritt1); bis dann auch
dieses schwanken sein ende findet und das ziel, die vollkom-
mene Verdrängung der im frühws. wie im gesammten angl.
seit dem 8. jh. herschenden synkopierten formen erreicht wird
in texten wie der hs. H der dialoge Gregors (2. viertel des
11. jh.'s) mit 18 miede, 3 micelcs, 6 micelan und 17 micelum.
Neben micel treten die sonstigen gleichartigen belege an
häufigkeit gewaltig zurück; natürlich ist auch für sie dasselbe
Schicksal vorauszusetzen, das sich bei dem protagonisten der
') Lautliche entwicklung des mittelvocals in diesen formen ist dabei
mindestens für die texte ausgeschlossen, die sonst geminiertes cc kennen.
Einige mittelvocale derart auch in der dichtuug: miede* Ex. 143, micelan
Sal. 6, mycelum Ps. 111, 6 (s. Grein); ferner mycelum Be domes daege, Grein-
Wülker, Bibl.2,259, 122.
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ZUR WESTGERM. GRAMMATIK.
121
gruppe verfolgen lässt Wie die fälle mir zur hand sind, gehen
sie zudem der mehrzahl nach gerade auf -e aus und zeigen
daher fast durchgängig secundärvocal, der dann weiterhin auch
hier in anderen formen erscheint; vielleicht ist dabei zu be-
achten, dass die endungen der subst. an zahl denen des adj.
nachstehen, nach ihrer schwere sich (vgl. oben über pening,
ci/ning) hauptsächlich auf sg. und pL verteilen; von vornherein
wird hier der process schnelleren verlauf gehabt haben.
Anm. Hand in hand mit der vocalentfaltnng in der durch synkope
entstandenen geht die entwicklung des sprossvocals in der ursprünglichen
gruppe -cl-, wie sie vorliegt in dem lehnwort cuder(-e) aus lat. cochlear.
Die Lieceböc (Lchdm. 2, 1 ff.) z. b., geschrieben nach Cockayne in der l.hälfte
des lO.jh.'s (s. xxiv. xxxm), nach anderen zwischen 960 und 980 (ebda.),
steht in der synkope von micel noch ganz auf dem aws. Standpunkt, indem
eie in 56 formen, darunter 15 mich, 2 medmicle, die synkope durchgängig
wahrt; gleicher weise zeigt hier cucler nie mittelvocal: cuder 20,11. 12.
24, 24 (2 m.). 28, 3. 60, 2. 76, 12. 178, 6. 182, 23. 186, 5. 214, 5. 25. 252, 2. 13.
256, 9. 276, 8. 314, 23, citdermdl 184, 17. 18. 19. 186, 10. 190, 6. 18. 192,9. 16.
194, 30. 200, 16. 230, 9 (2 m.). 236, 25. 250, 26. 27. 252, 1. 20. 22. 262, 23.
282, 19, cudere 120, 19. 184,25. 272,8, cuderas 108, 7. 228,26 (citcdes 286, 19
Schreibfehler). In der hs. V des Herb. Apul. und der Med. de quadr. da-
gegen (Lchdm. 1, 1 ff.), die hundert jähre später, um 1050 geschrieben ist
(s. lxxv), zeigt mycd wie zu erwarten, in weitem masse vocalentfaltnng,
mycele, mycdum, mycelon, mycdes neben seltnerem mydum, mydes, und
dem entspricht hier ständiger mittelvocal in cuceJerc, cucxdere : cttcxderc
220,11. 256,14. 270,3. 278,20. 292,10, cucdcras 122,23, cuculeras 86,25.
90,18. 122,24. 196,13. 224,4. 288,1.
Belege für die gruppe -eil- sind:
ciccl 'kuchen, kleiner bissen', angl. cecil Cp. 1964 ' suffocacium ', st.
'kakila- (daneben *kokila- in coec»7 'tortum' Ep. Ef. 993, coecü 'torta'
Cp. 2032, vgl. Klnge-Lutz s. cake) : ade Lchdm. 1, 364, 14, ciclum Napier,
OE.gll. 1,3859. 7,288. 8,212. 2,262. Einmal mit secundärvocal ckdum
ebda. 17, 40.
feecele : feeede WrW.531,8, feede 399,35. 36.
friclo 'appetitus' : iktre ofermidan frido, sio ofermido frido Lchdm.
2, 196, 1, 2; dazu (?) das poet. verbum friclan Beow. 2556. Gen. 1843. Frido
aus *{ricilu, dessen zweites % wahrscheinlich erst im urengl. entstanden
war, indem ein adj.-abstract *frekutm- zu *frekula- 'begehrlich, gierig' zu
gründe liegt nach art von ahd. ubaräzzali zu ubaräzzal1); *frecid Weiter-
bildung zu aengl. free, aisl. frekr, ahd. frech wie aengl. pieeol, pyunol zu
picce und pynne.
') Ueber die hierbei vorausgesetzte lautentwicklung hoffe ich anderswo
handeln zu können.
122
WEYHE
pricel : pricele Angl. 8, 308, 1, pricelas Scint 87, 12. Vgl. dagegen die
northumbr. formen pricle u.s.w. ohne secundärvocal.
haransprecel pflanzenname : haratisprecele Lchdm. 2, 78, 16.
sticel «Stachel', vgl. ahd. stichil : sticele CP. 293, 1. sticelum Boeth.
ed. Sedgefield 36, 8, sticelum Be domes da?ge, Grein-Wülker, Bibl. 2, 262, 179
— ebda, mycehtm 259, 122, sticelas Blickl. gll. Morris 261, 5.
stricel 'brnst, ritze' : stricele ' ubere ' Germ. 23, 390, 67, vgl. dagegen
miclum 393,119.
pecele : pecele WrW. 490, 31, pecelan Sal. 418, wie micelan ebda. 6.
sporwrecel (?) : pL sporwreclas, Birch no. 591 (237,14), or.-urk. von
901—924, nach Bosw.-T. s.903 'what is tracked after being driven o£T (?);
ev. *tcrakila-.
Nicht ganz sicher scheint es dagegen, ob die ws. bildnngen von der
indog. wnrzel {og - 'eis', wie giceligan Zs. fda. 454, 1. OE. gll. 1, 2034,
gicelig Zs. fda. 9, 465, 15. OE. gll. 1,2497, jylicie für gyedu OE. gll. 7, 122
(belege aus der dichtnng s. oben) hierher gehören; aller Wahrscheinlichkeit
nach werden sie ja auf dieselbe grundform wie die angl. entsprechung, also
auf *iakil- zurückgehen; bei der innerhalb des germ. proteusartig wechseln-
den wurzelgestalt des Wortes (z. b. ikil — älteres *'yikil oder schwundstulige
Stammsilbe — in aschw. ikil, hd. ichel, *ikul in afries. *iukul Siebs Grnndr.
1", 1197, vgl. anch Zs. fdph. 30, 183. IF. 14, 398) ist es jedoch nicht aus-
geschlossen, dass sie mit aisl. jokull identisch sind, welches über *ektd-
einem +iekul- entstammt.
Unflectiert belegt hiisbrycel (WrW. 205, 28, zu hüsbryce); ferner
im gen. fem. das unsichere adj. ir i cel, s. Bosw.-T. s. 1214; für das von Sweet,
Stud. dict. angeführte median 'stagger' fehlt mir ein beleg, vgl. jedoch
Napier, OE. gll. 1, 2234 mit anm.
b) 'CUl:
Aus dem angl. fehlen mir belege (Beda, OET. 54 sorore
Ricula ist gewis lateinisch und mit vocallänge); im westsächs.
findet keine synkope statt
-brueol 'brechend' : abrueolon 'sacrilegis' Germ. 23, 402, 86, scyp-
brucules 'uauifragi' ebda. 401,9, (anbrucolne 'preruptam' 402,85).
fic o l (Kent. gll. 493) 4 betrügerisch ' : ficole Wulfst. ed. Napier 40, 4. 82, 3.
hacole 'mantel', vgl. got. kakuls : hacelan Oros.234,22. Mfr. Horn.
Th. 1, 48, 1. 2, 82, 22, hakelan jE\tr. Heil.-l. 19, 36, mecssehacele .Elfr. Gll. Zup.
314,12, hacole WrW. 195, 43. 210,19, hacule 197,40, hacele 153,9. 187,14.
268,4. 368,36. 397,39. 439,2. 513,36. OE. gll. 1, 5316 (vgl. dagegen ebda.
ciclum), hacelan WrW. 377, 20. 446, 30. Mart. ed. Herzfeld 192, 1. Ben.-reg.
ed. Schrtfer 28,5. Narrat. ed. Cockayne 42,11 v.u. — Beachte den gegen-
satz von hacole und hticla Li.
scaeol 'fessel, Schlagring' (LF. Anz. 13, 58), vgl. sweorscaad 'nerui
boia' WrW. 116, 10 und aisl. skokuU 'sträng' : sceacclas 'plectra' WrW. 517, 2.
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123
sie ol 'sicher : sicele JElfr. Deut. 23, 25, Bibl. ags. prosa 1,219.
sp(r)ecol 'sprechend' : ofersprecelum Zs. fda. 9, 452, 14. 507,24. OE.
gll. 1, 1939. 4318, felaspecolan Ps. Spl. 11,3, sicgösprecelan Ps. Lamb. 11, 4
(die beiden letzten belege nach Bosw.-T.), ofersprecola Ben.-reg. ed. Schröer
30. 5. fealasprcocala Benet 35, 5.
sticol 'rauh, steil etc.', gleich as. stektd 'rauh, steinicht' (znra e statt
i im as. vgl. stecan gegen aengl. stician und Streitberg, Urg. gr. § 105, 4) :
sticolan £Xtr. Horn. Th. 1, 162, 34. 164,9. Heil.-l. 13, 12. 19,115. 27,67, sticdan
JMt. Horn. Th. 2, 300, 1. 510, 7, stkculf = stiade Germ. 23, 399, 446, sticoles
OE. gll. 7, 32. — sticelan Birch no. 588, a. 901. no. 670, a. 931 stehen in copien.
— In der dichtung sticoles Sal. 153.
swicol' treulos, betrügerisch ', vgl. aisl. svikall : bisuiculan CP. 239, 16H
= bisicicolan C, sureocolan 431,5 H, swicole Horn. Th. 1, 488, 8. 2, 328, 8.
Heil.-I. 2, 165. Richter 16, 8. Wulfstan ed. Napier 40, 4. 54,18. 79,4. 82,2.
83,11, utmcicole 109, 13, swicola Hom.Th. 1, 82, 15. 118,34. 2,140,14. 246,7.
318,19. 452,35. 580,31. HeU.-l. 13, 52. 17,118. 19,174.188. 31,710.749.
760. 890. 1406. Hiob X,2'° (= Bibl. ags. prosa 1,269), swicolan Horn. Th.
1,118,28. 2,328,9. Heil.-l. 4, 202. 5,243. 13,45. 14,164. 19,156.238. 25,691.
Horn. Assmann 3, 292. 4, 49. De vet. test. Bibl. ags. prosa 1, 10, 45. Wulfstan
81, 13, stcicclan Horn. Th. 2, 244, 17. Wülfel 54, 23. 83, 14, stcicolum .Elfr.
Heil.-l. 5,411. 6,219. 28,168, swicelum Hom.Th. 1, 162,18. 2,328,1, sicicolost
Wulfet. 268, 17, swicolast 128, 9. — In der dichtung stcicolan Ps. 5, 6, Stet-
colost Men. 479.
im col 'wachend, wachsam', gleich ftial/epfttfO : wacole -Elfr. Gr. Zup.
39, 3. Horn. Th. 1, 188, 31. 610, 16. 2, 330, 9. 448, 8. Hiob HI (Bibl. ags. prosa
1,266). Wulfst. 191, 12, wacttle Ben.-reg. Schröer 2, 7, tcacele Horn. Assmann
4, 86, purhtcacole Horn. Th. 1, 86, 17. 2, m, 14. Heil.-l. 11, 44. 129. 147, purh-
tcacule Birch no. 106 (hs.10. jh.), tcacolan Hom.Th.2,560, 28, tcacolon 2,516,30,
icacelum 2, 78, 2. 262, 8. 546, 8.
6) Synkope nach g.
a) -gl--
In den worten mit hellem l wie egk sammt verb. eglan,
in hcegl, hrasgl, insegl, ncegl, segl, swcgl, sncegl, tcegl bleibt die
lautgrnppe gl in den flectierten, zumeist aber auch in der
unflectierten form fast durchgängig erhalten.
Dagegen hat, wie bereits von Bülbring, EB. § 444 hervor-
gehoben, das dunkle l von fugl mit grosser regelmässigkeit
einen velaren sprossvocal entwickelt, derart, dass formen ohne
diesen bereits seit ältester zeit ganz vereinzelt sind.
Vgl. ausser dem schon von Bülbring angeführten Sigefugl der sächs.
Gtneal., OET. 179, 15, noch Safttgl Chronik Parker-hs. 560 und fugl Boeth.
Metra 27, 24.
124
WEYHE
Im angl. ist dies für die flectierten formen ohne bedeutung
geblieben: alle, auch die späten angl. texte wahren die alten
formen fugles, fuglas, fuglum durchaus. — Im südengl. aber
tritt fugol mit seinem constanten -ol seit anfang des 10. jh/s
in die analogie derer mit ursprünglichem u ein, indem nach
Wörtern wie regol, rcgoles; flugol, flugoles auch fugol, fugoles,
fugelum durchflectiert sind.
So zeigen die kent. Urkunden aus der l.hälfte des 9. jh.'s noch alle
die alten formen: OET. Ct. 37, 18 a. 805—831 hetinfuglas, Ct. 39,5 a. 831
henfugla, Ct. 40, 10 a. 832 hcn fuglas, Ct. 41, 62 a. 835 gösfuglas, hennfuglas:
aber in den kent. glossen des 10. jh.'s erscheint 1181 fugeles, in einer kent.
or.-urk. des 10. jh.'s (Birch no. 1010) hamfugulas.
Im ws. hat die CP. noch fuglas 348 (349), 21, fugla 383, 29; aber bereits
der Oros. kennt formen wie fugeleran 17, 26, fitgderas 17, 30, wie ebenso
noch die ws. Ev. fuglas, fuhlas neben fugelas, fuguias.
Als illustration für diese Sonderstellung von fugol mögen
etwa die Verhältnisse der hs. C der dialoge Gregors dienen.
Hier heisst es unflectiert stets hrcegl 68, 12. 202,23. 25. 27. 28. 203,2.
212,10. 293,5. 297,9. 322,7. 331, 18. 342,15 oder irnegl 59, 5, ebenso hrcegle
68,20. 101,14. 131,1. 215,19, tagiwiU,« 202,20.219,16, hra>gla 278,6,
hra>glumm}2\. 219,25. 221,3. 227,7. 238,6. 278,5. 287,13. 343,7, nvglas
248, 23, ta-gle 327, 10, inseglu 283, 23. 332, 24, inseglum 332, 22, geinstglode
3132,22, gleich regelmässig aber fugel 100,18.22. 118,17, fugele 100,24,
fugelas 208,25. 261,15.
Vollkommen verdrängt sind die alten formen auch in
.Elfrics Homilien ed. Thorpe und den Heiligenleben.
Vgl. fugelas Horn. Th. 1, 14, 28. 16, 6. 140, 6. 142, 5. 8. 17. 160, 34.
2.50,22. 276,3. 522,7.26. 524,1. 536,12. 546,6. 2,46,16. 90,15. 20.21.
144, 18. 206, 28. 462, 24. 25. 31. 516, 8. 11. Heil.-l. 16, 158. 163. 23, 77.
31,1318. 1324, fugela Horn. Th. 2, 144, 24. 576,35. Heil.-l. 15, 198. 18,59.
23 B, 182, fugel um Horn. Th. 1, 16, 7. 2, 578, 6. Heil.-l. 17, 89, fugeles Horn.
Th. 2, 44, 28, fugoloöe 2, 576, 35.
Dies macht sich natürlich auch in stidl. abschriften angl.
originale geltend,
so wenn es im Beda T Miller 1,26,6 fugela heisst gegen ständiges
Juvglcs, hrcp^les, hrcegle, hrwgla, hra'glum: mrglas; segle, oder im Mart. ed.
Herzfeld fugelas 206,7 neben fuglas 8,4. 28,21. 23, fugla 44,25. 46, 1.
62,9 steht; vor allem aber kommen hier die hss. der dich tung in betracht,
welche (s. Grein) die südl. mittel vocale häufig genug aufweisen.
b) -gil-.
Das i ist synkopiert und zwar anscheinend in der 1. hälfte
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125
des 8.jh.'s, da zu jener zeit noch formen mit t neben synko-
pierten stehen; vgl. oben über die zeit der synkope in -eil-:
egle 'ährenspitze, granne, halnT : egle Napier, OE. gll. 1, 1412. Zs. fda.
9,439,11, eglum OE. gll. 1, 2361. Zs. fda. 9, 461, 2 v.u., egle WrW.273,22,
eglan 405, 33. 479,25, elgum (für eglum) WrW. 532, 27; auch nach der
blasse: acc. sg. egle ws. Ev. Lc. 6, 41. 42. — St. *agilö(n)- in granim.
Wechsel mit ahd. ahil, nhd. achel, vgl. R. Jordan, Die aengl. säugetiernamen
8.80; gleich nhd. jgel 'arista, palea, festuca' DWb. 3, 33, schwed. dial. egel,
ägcl 'spitzen aufgehender saat', Rietz, Svenskt dial.-lex. 115, vgl. Hellquist,
Ark. f. n. Iii. 13, 234.
eg le 'haselmaus' : eglae Ep. 470, egle Cp. 973. Leid. 138. Wr\V. 413, 12.
e^lum WrW. 414, 28- 533, 33, aber noch unsynkopiert egilae Ef. 470. —
Jordan a.a.O. hält dieses wort für im gründe identisch mit dem vorigen.
hnygla, -e 'Schnitzel, abfäll« : hnyglan Cp.1678. WrW. 466, 9, hniglan
WrW. 501, 26. 504, 1. Napier, OE. gll. 7, 267. 8, 194. — Mit secundärvocal
hnyzcU WrW. 152, 17, hnygela 152, 16.
Siegel 'schlägel' : siegele 'plectro' WrW. 466, 28.
smygcl 'unterirdischer gang' : smigilas Ep. 199, smygilas Ef., aber
synkope smyglas Cp. 608; — smygelas WrW. 366, 23.
tigle ' ziegel, tiegel'. Die Verhältnisse sind hier dadurch verwickelt,
dass zwei gruudformen vorzuliegen scheinen, deren eine, *f*ji7ee, repräsentiert
wird durch Cp. 1043 paeiigilum, die andere, tigule, durch VPs. 21, 16 tigulc
'testa' oder Cp. 1992 tigule 'tegula'.') Nach Pogatscher, Lehnworte § 11
gehörte diese Verschiedenheit bereits den lat. Substraten an, als welche
tegula 'ziegel' und *Ugilla 'tiegel' angesetzt werden. Dass jedoch im
aeugl. auch langer tonvocal bestanden hätte, geht zum mindesten (vgL
auch Sievers, Zum ags. voc. 8. 12) aus der synkopierung nicht hervor, da
das t auch nach kürze schwindet; hierher z. b. gegenüber jxectigilum von
Cp. synkopiertes tiglan CP. C 160, 3. 9. 11. 12. 20. — Wenn nun neben der-
artig synkopierten auffällig zahlreiche formen mit e als mittelvoeal er-
scheinen, so darf dies e vermutlich zumeist als rechter nachkomme des
erhalten gebliebenen u von tigule angesprochen werden ; e ist als normaler
Vertreter dieses u in den iiectierten casus zu erwarten und konnte von dort
auch in den nom. dringen; vgl. die vocalverhältnisse des gleichgebauten
hacolc, hacele oben. Als u(o) erhalten begegnet der laut überhaupt nur
selten, etwa im ersten compositionsglied wie in tigulgeweorc iElfr. Ei. 5, 16,
tildgevceorcts 5, 19.
ünflectiert fligel 'dreschflegel' Angl. 9, 264, tigel 'tractorium' iElfr.
Gr. Zup. 314, 16; ganz unsicher, ob hierher gehörig tl, igil, i$l 'igel', da
weder Vorhandensein alten mittelvocals noch selbst ursprüngliche vocal-
l) Ein Simplex tigol scheint nicht belegt; für WrW. 147, 36 hroftigla
'tegulae', das wenigstens ein starkes fem. zu bezeugen geeignet wäre, wird
bei Bosw.-T. die lesung -an vorgeschlagen.
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kürze feststeht; desgl. bei u>ig(e)l und ableitungen, dessen rand. und nl.
verwante länge und kürze haben, s. Franck, Et. wb. unter wichelaar.
C) -iUl:
a) Das u bleibt im südengl. erhalten:
flugol 'fugitivus' : flugelum Napier, OE. glL 1, 262, flugulum ebda.
7,28. 11,17.
gagel pflanzenname, vgl. nhd. nl. gagel : gageles Lchdm. 3, 6, 17.
hagol 'hagel' : hagolade Oros. 234, 6, hagalade 104,20, hagole Horn.
Th. 2, 358, 8. Dial. Greg. 57, 6 H, hagele Genn. 23, 393, 121 (gegen 402, 48
segle), hagole mir. Ex. 10,4,12, hagule Blickl. gll. Morris 258, 9, fuxgoles
.Elfr. Ex. 9, 26. IG, 14. Lchdm. 1, 308, 14, Kahlas 308,23, hagelum Napier,
OE. gll. 1, 300, hagelad .Elfr. Gr. Zup. 128, 18 (0, ajolad F; die übrigen hss.
hagolad).
hlagol 'zum lachen geneigt' (Wulfst. 70, 13) : hlagole Wulfet. 40, 18.
migol 'diuretic' : migole Lchdm. 2, 206, 27. 254,18, migolan 208,7,
migolum 2, 82, 17.
reg ol 'regel' : regole .Elfr. Gr. Zup. 252, 6. 270,3. Horn. Th. 1, 524, 18.
2,158,11. 404,9. Heil.-l. 3, 152, 23B.47. 25,851. Dial. Greg. C 98, 27. 219,4.
272,23. H 104, 15. Wulfst. 269, 3. Ben.-reg. 61, 13. 15. 112,10. 17. Benet
10, 7. 18, 8. 55, 13. 104, 10. Lchdm. 3, 256, 10. 18. Lieberm., Ges. s. 20, Ine 1.
Birch no. 1267, or.-urk. von 970 (2 m.). Napier, OE. gll. 7, 295. 8, 224, reguU
Ben.-reg. 5, 12. 9,4. 48,5. 132,13. Benet 9, 17. Birch no. 106 (hs. 10. jh.),
regoles .Elfr. Heil.-l. 3, 150. 23 B, 25, 151. Dial. Greg. C 126, 22 (H 126, 20).
175. 5. 336, 27. Ben.-reg. 16, 6. 67, 16. 98, 10. 12. 14. 104, 18. 106, 5. 16.
112,1.3. 120,26. 126,2.4. Benet 68, 15. 97,7. 103,16. 111,9. Lieberm., Ges.
s. 238, V Atr. 5. s. 248, VI Atr. 3, regules Ben.-reg. 1, 1. 9,11. 125,21. 133,20.
Benet 19, 2. 68, 13. 100, 13. Birch no. 106, regolas Benet 97, 5, rihtregtda
Napier, OE. gll. 1, 5304, regolum .Elfr. Heil.-l. 23 B, 25. Lchdm. 3, 250, 6. —
In der dichtung regulas Gu. 460.
-sagol 'sagend' : soÖsagola Dial. Greg. 265, 12. 267, 11, södsagolcs
215. 6. södsagalan 191, 15, gleich aisl. sannsggull, UassagiUan .Elfr. Heil.-l.
23, 378.
sfi,roi 1 zaunstieg ' : stiogole OET. Ct. 29, 5 (2 m.), or.-urk. von 862,
stiele Dial. Greg. H 24, 7. 12, 15. C 24, 7. 12, stiele Dial. Greg. C 24, 15. OET.
Ct. 3, 3, or.-urk. von 778. Crawford-coll. 4, 53 = Birch no. 1343, or.-urk. von
930 (die sonstigen von Middendorf, Aengl. flurnamenbuch s. 126 verzeich-
neten belege stehen in copien). Birch no. 1066, or.-urk. von 961 (2 m.). Birch
no. 1282, or.-urk. von 972 (2 m.).
ß) Im merc. des 8. jh.'s ist das u erhalten wie in Cp. bitulum :
hlaegulendi 'bombosa' Cp.317.')
*) Zu ws. hlagol, mit dem bekannten m aus a vor u der folgesiUae;
lediglich verderbt aus dieser form der vorläge, kaum beleg für synkopiertes
t scheint hleglende 'bombosa' WrW. 358,29 (Cleop. II) zu sein.
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ZUR WESTGERM. GRAMMATIK.
127
• Im northuntbr. des 10. jh's ist es geschwunden wie in Li.
seatlas:
reales Li. J. I 1, 12, regia Mt I 3, 15, reglas Mt. I 3, 2. Bit. 199, 3.
Aus solchen formen ist in Li. sogar ein unflectiertes regl abstrahiert, das
in dem compositum regltcord erscheint, s. die belege oben s. 77, gegen R*
regolotcord J. 4,46. Andrerseite begegnen, offenbar traditionell weiter-
geführt, noch die älteren unsynkopierten formen wie Li. regel (dat. sg.) Mt.
I 3, 13. I 4, 5, regele Mt. I 3, 15, regula Mt. I 3, 14. 16. 17. 18. I 4, 4, regulas
Mt. 1 3, 11; vgl. ferner gen. pl. regolra Mt. 1 1, 1, dazu im Rit. regulas 199, 6.
Kaum als synkopierte angl. form darf hingegen hagle Wand. 48 b {hagle
imenged) angesehen werden; einmal scheint es überhaupt, als wäre hagol
speciell ws. und kent. und das angl. wort vielmehr hagl, sodann begegnet
hagl wirklich in v. 105a desselben gedieh tes (hreo htrglfare), und mindestens
dies nebeneinander ist kaum ursprünglich. Da im ersten falle hagle un-
bedenklich an stelle von hagle eingesetzt werden kann, die umgekehrte
procedur dagegen (*hrio hagolfare) Unebenheit eines sonst metrisch correcten
Terses zur folge hätte, wird luv gl e in der tat die form des Originals gewesen
ruid hagle dem Schreiber aufs conto zu setzen sein, dem bei der niederschrift
sein heimatliches hagele in den sinn kam.
Nicht verwertbar wegen seiner mannigfach differenzierten
lautgestalt, die der vollen aufklärung noch harrt, bleibt hivco -
gul, hweogl 'rad\ — Das lehnwort cugle 'cuculla',
z. b. JSlfr. gll. Zup. 315, 4; daneben formen wie cugele Ben.-reg. ed.
Schröer 92, 3, cuhle ebda. 89, 11, ctdan 90, 3, 11,
dem Sweet übrigens langen tonvocal zuerteilt, hatte vermut-
lich schon vor der zeit seiner aufnähme synkope erfahren. —
Unflectiert ßlagol Germ. 23, 397, 303 und ple*ol MUr. Heil.-l.
21, 292.
Fernzuhalten ist meagol, in dem wie Hardy, Die spräche
der Blickl.-Hom. § 37 und Bülbring, Anglia Beibl. 11, 188, anm. 1
gezeigt haben, mit Sievers, Beitr. 5, 79, anm. 1 und Sweet, Stud.
dick Ca anzusetzen ist. Dasselbe wird gelten von gagol, gwgl-,
gvglisc, geglisc, geaglisc 1 ausgelassen, ausschweifend', wo zumeist
gleichfalls kurzer tonvocal angenommen wird (doch $ca$lisc
Sievers, Beitr. 27, 208).
Zur vorsieht muss mahnen, dass für den schillernden vocalismus dieses
Wortes hauptsächlich eine stelle der Beda-hss. (Beda 5, 6) verantwortlich ist,
wo als widergabe von lascivo . . . animo T (= Miller 1, 400, 13) gaglisce,
B geglescum, C gealge, 0 geaSlisce, Ca geaglisce modt bieten. Den süd-
engl. Schreibern scheint somit das im original stehende wort nicht geläufig
gewesen zu sein, vgl. besonders C mid gealge tnode, wo kaum metathesis
vorliegt nach art von gealgan 'kinnbacken' Napier, OE. gll. 1, 1206. 5015
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WEYHE
gegenüber geläufigem gtaglas (vgl. auch Sievers, Beitr. 9, 215. Ags. gr.»
§ 183, anm.), vieiraehr der Schreiber eiu ganz andere» , ähnlich klingende«
wort eingesetzt haben wird (Horn. Th. 1, 472, 8 mid gealgum müde 'with
froward mind'). Dennoch finden sich auch im süden belege, die zugleich
über den vocalismus aufklären. Neben gagol 'lasciva' WrW. 183, 18, gagol-
bctrnesse 'lascivia' WrW. 183, 18 steht hier CP. 72, 12 C (= 73, 11 H) gagl-
bctrnesse, und mit recht hat bereits Cosijn, Aws. gr. 1, 7 zu der letzten form
gefragt: 'also mit et aus aiV. Von dieser auffassung aus sind die laut-
verhältnisse in der tat erklärbar: der umlant in g<tglba?rnes neben gä^ol
und gügolbfcrnes wird zu beurteilen sein wie in <?rlcst 'ehrlosigkeit' neben
ärlcast, Sievers, Ags. gr.s § 100, anm. 5, und auch in der merc. Bedaübersetzung
hat wol sicher g&glisce gestanden, eine form, die zugleich correct we. war
und von T beibehalten worden ist (während sie bei annähme von kürze,
abgesehen von seerffia, den einzigen beleg dieser hs. für a? statt ws. ea
bieten würde: Deutschbeiu, Beitr. 26, 210). Die formen mit ea erklären sich
dann als misglückte hyperws. bildungen, darauf beruhend, dass sonstiges
ga- des Originals — wie in ga-f : geaf — häufig westsächs. gea- entsprach:
Deutschbein a.a.o. Hierzu stimmt die etymologie des wortes, insofern es
näher liegt, gägol 'ausgelassen, ausschweifend' an -g(?gan in for-, ofer-
g&gan 'überschreiten in moralischem sinne, z. b. gottes geböte überschreiten'
anzuknüpfen als an lit. gauUu 'geil' (Zupitza, Guttur. s. 171), -g&gan
seinerseits aber zu aisl. geiga 'von der geraden richtung abirren, vom
rechten wege abweichen' gehört, Dietrich, Zs. fda. 11, 432; vgl. das nur in
der ablautsstufe verschiedene norw. dial. gigl 'einer, der hin- und her-
schwankt', gigla 'wackeln, hin- und herschwingen', Björkinan, Loanwords
s. 153; auch Uhlenbeck, Beitr. 26, 297 zu nhd. geck, wozu auch zu vergleichen
Lübben-Walther, Mnd. hwb. s. 111: lgeck\ tor, narr; ursprünglich wol: dreh-
bar, daher viele drehbare dinge gecken heissen'.
7) Synkope nach s.
a) -Sil:
Das i ist, vermutlich schon frühzeitig, synkopiert:
ci&el 'kiesel', gleich ahd. kisil, vgl. cisä Ep. 461, cisilstän Cp. 975 :
cyslum Napier, OE. gll. 1, 2879. 4102, stäncislas, Zs. fda, 9, 449, 16, stäncyslas
Napier, OE. gll. 1, 1812, stäncyslum 1, 1818. — Mit secundärvocal cyseles (a
über dem letzten e) Napier ebda. 11, 138.
rysel (m.) 'fett', zur vocalkürze vgl. mnd. rosel 'fett des Schweines
unter den rippen', unllectiert belegt als rysel .Elfr. Gr. Zup. 67, 4. 298,9.
.Elfr. Ex. 23, 18. 29, 13. Lev. 3, 14. 4, 19. WrW. 306, 23, risel Lev. 3, 9; gehört
hierher, falls auf *rusila- zurückgehend; ttectierte formen wie mid rysle
Horn. Th. 1, 522, 55. JSlfr. Deut. 32, 14, ryslas Deut. 32, 37. Lchdm. 2, 30, 1
Hessen sich anstandslos auf solchen stamm beziehen. Jedoch steht ein
ta -stamm rysle gleichen geschlechts und gleicher bedeutung daneben {rysle
WrW. 272, 4. 342, 1. 427, 28. 523, 10, pone rysle .Elfr. Ex. 29, 22. Lev. 3, 3.
8,16), dieser aber scheint nach and. hrusli 'aruinam' Wadst, KAS. 95, 32,
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ZUR WESTGERM. GRAMMATIK.
129
Tgl. ruslos ebda. 41,33, nie mittel vocal besessen zu haben. Giengen also
vermutlich gleichbedeutendes masc. *rusila- und *ruslia- nebeneinander her,
so raossten sie doch im aengl. ausser im nom. acc. sg. lautgesetzlich zu-
sammenfallen; daher mag es sich erklären, wenn einerseits formen wie rysl
statt rysel (so Horn. Th. 2, 144, 29. -Elfr. Gr. Zup. 67, 4 DHh), andrerseits
formen mit secundärvocal begegnen , wie rysele WrW. 498, 13. Napier, OE.
gll. 1, 2762. 23, 28. Lchdm. 2, 40, 10, hryseles Napier, OE. gll. 1, 4027.
tyslian 'kleiden', wol aus *tu8t'lö-, Tgl. zum stamme ahd. zizusMiu
'recincta' und zttssa 'lodix, genus Testimenti' Graff 5, 712, zum suffix aengl.
gescyrpla neben gesceorp, aengl. gegyrela neben as. gigarwi : tyslian Angl.
13, 383, 260, tysliap, tyslunge, s. Bosw.-T. 8. 1030 (citate aus Wanleys Cat.).
ysel und ysle 'asche', gleich mhd. üsel und üsele, Tgl. ahd. tisilvar
'aschfarben', aisl. usli, mnd. osele, stamm *usi7ö(n)-; daneben *wzi&n- in
aengl. <hn-ergc, ahd. eim-uria, aisl. ehn-yrja, Kluge, KZ.26,&1. Karsten,
Mem. de la soc. neVphilol. a Helsingfors 3, 432 : ysle WrW. 146, 12. 266, 35.
295, 1. 405, 17, ysla ,Elfr. Gen. 19, 28. Horn. Th. 2, 322, 20, yslan Napier, OE.
gll. 1, 3786. Zs. fda. 9, 495, 31, yslum .Elfr. Hiob XI\r (Bibl. ags. prosa 1, 270),
Horn. Th. 2, 456, 13, ysletidra 1 fauillantium ' WrW. 235, 28. — In der dich-
tung 5 belege, sämmtlich mit synkope. — Selten secundärvocal wie in
yselena Beda 5, 12 T (= Miller 1, 426, 22, gegen ysla B) und yselum Wunder
des ostens xxxv.
Auch angrisla 'schreck, grausen' wird, zu ägrisan gehörig, hierher
fallen und auf *grisilan- zurückgehen; ist jedoch ohne beweiskraft, da die
meisten abstracta dieser gruppe wie ofermedla, gentpla langsilbig sind,
Kluge, Nom. st1 §156; vgl. ferner die spätws., z. b. bei .Elfric, häufige
synkope in dem mit dysig zusammengesetzten dyslic neben altertümlicherem
dysüic und dyselic.
b) -8ul-.
a) Das t* bleibt bis ins 10. jh. erhalten:
eosol 'eser, eosole 'eselin' : K* esules 18, 6, eoswk21,5, eostda 21, 7.
— Blickl. hom. coselan 69, 35. 71, 5. 79, 28. — Dial. Greg, eosoles 294, 25 C,
tosole 294, 25 C, iosole 0, eosole 245, 16. 21 C, eosele 0, eosola 185, 3 C.
— Wunder des ostens eoseles xv. xvm. — In der dichtung esolas Gen. 2866.
— Li. asaUs Mt. 18, 6. Mc. 9, 42 kommt wegen asald nicht in betracht.
t eosol (tasol) ' Würfel' : tesulas Leid. gll. 84; in der dichtung teoselum
Denksprüche der Ex.-hs. 185. »)
tceosule 'wiesei', Tgl. ahd. tcisula : uuesulae Ep. Ef . 650, uueosule
Cp. 1345.
ünflectiert: byrrum — casul WTrW. 196, 39, gurgusüum — cesol
Ep. Ef. 457, c«osoiCp.l001, Tentriculus, stomachus aTis — cesol Ep.Ef.1054,
ceonsol (statt ceosot) Cp. 2090.
*) Dagegen ist tatslum WrW. 526, 5 Schreibfehler für t&flum, Tgl. Wül-
kere anm. und beispielsweise WrW. 267, 8 tesseris — torflum.
Beiträge iui geechichte der deutschen tprache. XXX. 9
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ti) Im spätaengl. tritt dagegen Schwund auch des u ein.
sodass die synkope liier weiter geht als in fast allen übrigen
fällen. Es wird zufall sein, wenn ich nur siidengl. belege zur
hand habe:
ceosol 'kiesel' (dies die form .Elfrics, sandceosol Horn. Th. 1,536,31.
2, 62, 9. 190, 28. 524, 21. 576, 29. MMr. Gr. Zup. 25, 2. .Elfr. gll. ebda. 313, 7.
Gen. 22, 17. Jos. 11,4, saceosol Gen. 32, 12; anch in den ws. Ev. sandceosel
Mt. 7. 26. Vgl. den «-nmlant in spätws. eosol sammt Jordans beraerkung,
Aengl. 8äugetiernamen s. 118). — sandceosles Horn. Th. 1, 536, 34, ceosle Horn.
Th. 2, 318, 10. 14, ceuslas Napier, OS. gll. 2, 51. 7, 96, ceoslum WrW. 412, 20.
Napier, OE. gll. 2, 287, ceoslynum ebda. 7, 161, cioslegum 4, 40.
eosol : ysle Zs. fda. 9, 492. Napier, OE. gll. 1, 3663 mit anm., eoslena
Dial. Greg. 185, 3 0.
Dagegen kann tccsle ' wiesel' (bei .Elfric, Gramm. Zup. 19, 14. Gll. Zup.
309, 19, und anderswo) schwerlich dem uuesulae von Ep. Ef., uueosxde von
Cp. gleichgestellt werden, vgl. auch R.Jordan, a.a.O. s. 41, wo zugleich
weitere belege; das u ist erst geschwunden, nachdem es umlant gewirkt
hat, umlaut aber stände bei .Klfric, abgesehen von dem parallelen ceosol,
doch wol schon wegen des anlautenden w zu erwarten. Man hat die wähl
zwischen +ucsalon- und *ires/ö»: ausätzen, die zugleich die annähme von
t als urspr. stammvocal ermöglichen würden (die etymologie ist bislang
unbekannt, s. Jordan 1. c); von hier könnte ev. die form der ältesten glossen,
die sonst ein stein des anstosses für jene annähme ist, ihr e bezogen haben.
8) Synkope nach J>.
Bei mittelvocalen zwischen ]> und l sind die Verhältnisse
am durchsichtigsten: da die ursprüngliche lautfolge -J)h in allen
dialekten Wandlungen erfahren hat, kann über ansatz alten
mittelvocals nirgends zweifei aufkommen.
a) -pH-.
Im gegensatz zu allen bisher besprochenen gruppen hat
das angl. der älteren zeit und das gesammte südengl. i nach p
erhalten; das nichteintreten der synkope in diesem falle
scheint mit der abneigung zusammenzuhängen, die das engl,
überall im verlaufe seiner entwicklung gegen die folge -pl-
bez. -dl- bekundet (z. b. urengl. *sepla>s > aengl. sedlcs, seldes,
setles, Runenkästchen öplae : spätnorth. adle, aengl. eorplic >
mengl. erdl't, mengl. swathele > nengl. swaddle etc.); vgl. das
entsprechende unterbleiben der synkope zwischen l an erster,
p an zweiter stelle zusammengehalten mit dem Übergang von
ursprünglichem Ip in Id.
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ZUR WESTGEKM. GRAMMATIK.
131
Hauptvertreter ist <rdeU: insofern günstig, als hier bei dem
fehlen alter zweisilbiger formen (ausser im compisitionsein-
gang) der verdacht secundärer einfuhrung des mittel vocals
ausgeschlossen ist; ob das i (teilweise eY) der zweiten silbe
(reiche belege in eigennamen OET. 473) aus umlaut vc»n u
oder a entstanden oder zum teil alt ist. bleibt dabei unwesentlich.
a) Das anglische des 8. und 9. Jahrhunderts.
adele 'edel' : appila Kreuz Ton Ruthwell OET. En. 2. 13, f'^lu eigen-
name LV. 46, aeöile Cp. 958. edele VPs. 149. & adelan Hart. (OET. 177 ff.) 40-
swcrficl 'binde* : suaedda * fasci&rum ' Cp. 833: mit a statt t nach dem
WrW.424, 15. 484, 17 'institis' in wapum vorliegenden simplex? vgl. uralla
oben 8.67, ferner mengl. verb. strathelen neben *ictth< < \Un, nengl. sicaddU.
swepel dass. : sueddas Ep. Ef . 506. tuedela» Cp. 1060.
iwifiel dass. : suithelon Leid. gU. 72. And. gl! 1, 738.
Unflectiert überliefert icedel 'fascias- Cp.831.
ß) Das südenglische.
adele : adele kent. Ps. 2, adelan kent. Hj. 19- — da adelu CP. 84
(85), 15, <rfc-/i<ro84(85),18, adele 132 (133), 15, adela 205 (206), 6. 236(237)18
adelan 364 (365), 9. 96 (97), 4, adeleste 132 (133), 11. 22, adekrtum 467. 16. —
aöelestan Oros. 42, 28. 142, 34. — adele Horn. Th. 1, 52. ia 596, 31. 2, 150, 21.
476,13. 506,25, adela 1,56,30. 296,12. 2,148,15. 156.10, adelan 1,418,5.
2,142,34. 174,9. 188,21.214,1. 224, a adelum 1. 58, 12. 96, 32, adelin5
1,110,27. 128,26. 356,9. 402,7. 2,6,21. 474, ia 476,8, adeliges 1,88,11.
358, 1. 438, 5. 460, 6. 2, 474, 35. — Ebenso in allen mir bekannten übrigen
belegen des häufigen Wortes, auch in der dichtung.
*ic adeling (fluss-?) name : be stcadelmje Birch no. 620 a. 909 (copie),
of Stcadelingforda, on Sicafielinge forde ebda. no. 692 a. 932 (copie).
twefiel : swePela WrW. 502, 12, stcefoelas 422,11, sicejxlum 400,41,
noqUta 402, 6.
$e\eidelode 'conexa' Napier, OE. gll. 191, 7, vgl. oben s. 67.
y) Das northumbrische des 10. jh/s hat zwar noch cedele
R? Mc. 16, 1, ceöela Li. ebda,, zeigt aber ein fortschreiten über
den gemeinaengl. stand in Li. Joh. 11, 44 suuoe<Hes gegen Ep.
sucdilas. — Die gleiche erscheinung bei mittelvocal zwischen /
an erster, ]> an zweiter stelle, vgl. die synkope von u bez. o
in Rit. 116,21 alöes 'des bieres'.
b) -pul-.
Das u bleibt durchgängig erhalten; doch fehlen genügende
belege aus dem spätnorthumbr.
9*
132
WEYHE
fidelere 'fidicen' : fidelere ' fidicen ' JSlfr. Gr. Znp. 40, 7. GH. Zup. 302, 6,
fidelestre 'fidicina' .Elfr. GH. Zup. 302, G. Vermutlich mit ~ul- wegen ahd.
fidula, vgl. dazu Pogatscher, Lehnworte § 11. Kluge, Et. wb.6 8. fiedtl Sweet.
Stud. dict. führt auch das simplex fipele an.
Fridelaburg : on fripela byrig Birch no. 1002 a. 957 (copie), Friße-
linga die ebda. 604 a. 904 (copie), vgl. Binz, Beitr. 20, 208. 210; wahrschein-
lich mit u. Dagegen Fridla Wids. 43 enthält langes i und altes d, vgl.
mhd. Fritele.
lißule 'Synovia, gelenkschmiere', verdunkeltes compositum: liptde
Lchdm. 2, 134, 3. 8. 10, Uopole 2, 12, lxi.
*mapul- : madalade 'contionatur' Cp. 586 (fehlen des u-umlauts
ohne beweiskraft für ev. *mapali>-); madeli 'tumultuosus' kent. GH. 725
(*mapulaga-, vgl. aisl. mdlugr 'gesprächig'), madelunge Zs. fda. 6, 475, 4,
maÖelie)idra 460, 7 v. u., madeliad 461, 2, madeligende Angl. 8, 307, 31, made-
Hau 332,34. — In der dichtung stets maöelian mit e bez. o als mittelvocal.
sc e adele acc. sg. ' webergerät ' (Schiffchen?) Angl. 9, 263, st. *skapulo-'>
widscridol 'umherschweifend' : wtdscripole, s. beleg bei Bosw.-T. 1217.
stadol 'grundlage' etc. : steadelas 'fundamenta' Vesp. Hy. 7,46. VPs.
17, 8. 16. 81, 5. 6, vgl. steadul 136, 7, steadelade VPs. 103,5. 135,6 und häufig,
stets mit u oder e, steadelunge VPs. 143, 12; auch im späteren anglisch:
gestapulad R> 7,25, gistadelade Rit. 81, 11. — gestadelade kent. GH. 44.80,
gestadelad 1106. — stadoles CP. 222, 16 (C), siaÖole 64 (65), 15, gestaöoliad
411,2; — stadoles Or.252,23, stadole 192,34, gestadelade 290,4; — geed-
stadelast Horn. Th. 1, 466, 8, geedstadelode 1, 214, 25. 2, 66, 16. 68, 23. 540, 35,
gestadelode 1, 532, 30, gestadolode 2, 160, 28, geedstadelodes 1, 62. 11. 2, 600, 1.
gestadelodon 2, 48, 33, geedsiadelod 1, 22, 7. 594, 1, gestadelad 2, 14, 5, geeA-
stadelian 2, 66, 12, edstadelunge 1, 588, 19, geedstadelunge 1, 342, 25. — Auch
in der übrigen mir zugänglichen prosa stets mittelvocal ; ebenso in der dich-
tung durchgängig stadoles, stadolian, stadelode etc.
swapul, siaoPol 'glut' (kaum mit Dietrich, Zs.fda. 5,216 ' rauchqualm ',
was an sich zu Beow. 3145 Übel passt, sondern der bedeutung nach identisch
mit stc(e)oloP, swalop, vgl. Angl. 8, 452 cauma vel estus : swopel vel hatt) :
sxcapule Beow. 782, swiopole Beow. 3145.
sweopolas »fascia' WrW.526,30.
Vgl. ferner swedolode Chron. 1123 (Two Sax. Chron. s. 252) zu *stce-
dolian 'relent', in der aus dem 12. jh. stammenden hs. E.
Unflectiert belegt teapol Finnsb. 8 (hierher, falls gleich mhd. mnd.
wadel 'voUmond'), Wadolgeot northumbr. Geneal. OET. 95.
9) Synkope nach nasalen.
Die behandlung der mittelvocale nach nasalen ist nicht
ganz klar. Wo die folge nasal + l- von alters her oder in-
folge von synkope nach länge bestand, wird sie häufig beseitigt,
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ZUR WESTGERM. GRAMMATIK.
133
teils durch einschub eines consonanten, vgl. Koeppel, Archiv
104, 45 f. (bremblas, bremlas, simble, simle, cumbol, ctiml, hym-
blice, hymlice [y?], spindel [WrW. 278, 3], spinT), teils durch ein-
führung von mittelvocal (spätaengl. häufig bremelas für bremlas
nach bremel; hymelic für hymlic). Von urspr. mittelvocalen
nach kürze scheint nur i" zu schwinden.
a) Synkope nach m.
er) -mil-.
Synkope zeigt ymle 'scedula, zettel/blatt papier' WrW. 164, 5, ymlan
JElfr. Heil.-l. 3,642, daneben ymele M\fr. gU. Zup. 304, 8. — Mittelvocal
ferner in hymele 'hopfen' WrW. 279,13. Lchdm. 1, 24, 22. 28, 22. 154,23. 25.
172, 1. 3, he$ehymele Lchdm. 3, 6, 15. WrW. 302, 5, hymelan Lchdm. 3, 12, 30
sowie in den flectierten casus von emel 'raupe, kornwurm' (aemü 'gur-
gulio' Ep.484, vgl. mnd. emelte 'kornwurm, blattlaus') : emelas Dial. Greg.
66,31, emela ebda. 67,7, emelum ebda. 67,11, emele Ps. Spl. C 77, 51 (der
letzte beleg nach Bosw.-T.).
ß) -mwk
amel 'gefass für heilige« wasser etc.', aus lat. amula : amelas 'amulas'
WrW. 348, 10.
Amel uns 'Amaler' Metra 1, 69, Amulinga Boeth. ed. Sedgefield 7, 6.
camel 'kamel', gelehrtes lehen (vgl. Jordan, Aengl. säugetiernamen
s. 132) : cameles R» Mc. 1, 6, camele R' Mc. 10, 25. Lc. 18, 25. Li. Mt. I 21, 16;
daneben in Li. catneües Mc. 1, 6, camella Mt. 3, 4 (mit ü aus vulgärlat. ca-
gamol 1 alt ' (mittelvocal urspr. westgerm. ä, urgerm. c) : in der dich-
tung gotnela, gamelum, gomelan, gatnele, gomelad, 18 belege, stets mittelvocal.
hamol 'verstümmelt', hamelian 'verstümmeln', zu ahd. hamal, ha-
malön, afries. homelia, homelenga (vgl. Björkman, Loanwords 8. 261) : ho-
molan, hotnelan JDlfreds Gesetze 35, 3 (Lieberm., Archiv 98, 127 ff.), hamelode
Chron. C 1036, behamelod AZUt. Heil.-l. 25, 127, behnmelian Mart. Herzfeld
216, 23.
h umele 'hopfenpflanze', aus l&t.humulus : eowohumelan Lchdm. 2, 344, 8,
kumele 1,24,22. 28,22. 154,23. hs. B.
scamol 'schemel' : fötscamele Horn. Th. 1,314,4 v.u. iElfr. Hiob m
(Bibl. ags. prosa 1, 266). Dial. Greg. C 22, 23, fitscamole ws. Ev. Mt. 22, 44,
ßtsceamole ws. Mc. 12, 36. ws. Lc. 20, 43. Dial. Greg. H 22, 23, tollsceamule
ws. Mt. 9, 9, ctapsceamule ws. Lc. 5,27, ctysceatnule ws. Job. 8,20, ßtsceamele
Horn. Th. 2, 448, 5, sceamelas ws. Mt. 21,12, sceomolas Blickl. hom. 71,18,
sccamelum JSlfr. Heil.-l. 21, 432, sceamolum Benet40, 11.
Auch in thu m 1 t 'viscera' Cp.2140 ist daher kaum ein vocal geschwunden ;
unsicher ferner räredumle 'rohrdommel' (z.b. WrW. 195,27) neben rära-
dumbla (ebda. 285, 10), vgl. ahd. horo-tumil neben mnd. rärdump; ev. käme
134
WETHE
hier die stellang nach nebenton in betracht. Durch anaptyxe beseitigt
scheint die gruppe ~nd- in hamule, hamele ' ruderriemen ' (Chron. 1039
hatnulan, hamelan E, hantele F, vgl. auch Napiers anm. zu OE. gll. 1, 33),
falls dies wie wahrscheinlich lehnwort ist gleich norrönem hamla (Björkman,
Loanw. s. 212. 283). — Ohne einschlägige formen (d<?l-, scearp-, Uart-)
numul 'nehmend'.
b) -n . .1:
Synkopiert ist t im acc. sg. mynlan 'Sehnsucht' Metra 26, 67, urspr.
a oder u erhalten in Onela Beow.2616, Onelan ebda. 2932; mittelvocal
ferner in rynela Angl. 8, 302, 33, foreryneles CP. 90(91), 21. /Elfr. Heil.-l.
23B, 626, forrynelcs Horn. Th. 1, 364, 6. Heil.-l. 23 B, 505, samodryndas Angl.
8, 302, 10. — Zweifelhaft synkope von u nach kürze in dem unsicheren
an. ).*y. runol : icip py runlan ättre Zaubersegen. Wülker 4,48, gleich
Lchdm. 3, 36, 17, das von Cockayne ebda. s. 3(39 und von Bosw.-T. 805 mit
aisl. hrunull 'übelriechend' unsicher verknüpft wird.
10) Synkope nach w.
Der vocalschwund nach w sondert sich von den bisher
behandelten fällen und tritt auf seite der synkope nach r da-
durch, dass hier der consonant im anlaut der unbetonten silbe
schallstärker ist als das /. — Wegfall aller vocale scheint
nach w das laut gesetzliche zu sein.
a) -tcal-.
ateel 'haken' (arpago, uncus), 'gabel' (fuscinula, tridens), westgerm.
*awala- ') (aus älterem *a£icolo-, vgl. Zupitza, Gutturale s. 63, dazu Solmsen,
Am. jonrn. f. g. ph. 1, 390; neben mrel aus *aw(d, vgl. Ep. Ef. 29 anuel, be-
gegnet selten secundäres awul, so JElfr. gll. Zup. 316. 6) : awlas ' unguis'
Napier, OE. gll. 46, 43, awlum 'uncis' Germ. 23, 393, 10. — Mit mittel vocal
von der unflectierten form aus: auelas 'fuscinula' WrW. 401,35.
htceoicul 'rad' (z. b. hweoirvl .Elfr. gll. Zup. 320, 5). Mag auch grund-
form (wahrscheinlich *hirc[g]icala-) und formenerkläruug im einzelnen un-
sicher sein, so niuss doch jedenfalls zwischen w und l ursprünglich ein
vocal gestanden haben; unfiectierte formen wie htceowl Napier, OE.gll. 1,502.
.Elfr. Heil.-l. 14, 93 können nicht ursprünglich sein: hweou la 'rota hauritoria'
Napier, OE. gll. 1, 502, hiceoule .Elfr. Heil.-l. 14, 86. 92, htveotclum Germ. 23,
392,53, vgl. ebda, awlum.
Möglicherweise gehört hierher auch caw{e)l 'korb', dessen etymologie
ich nicht kenne; vgl. Lindelüf, Die südnorth. ma. §32. anm. 2.
') Zum genus vgl. Napier zu OE. gll. 46, 43; masculinum ist auch
(überall?) das nach etymologie und bedeutung verschiedene &l, äl 'schuster-
ahle' (mit demselben Wechsel wie in sl&p, släp, t(tl, Uli), vgl. JSlfr. Deut.
15,16 : mm änne <*l ('subulam'); Ex. 21, 5 mid änum <tle; Lev.25, 10 mid
die; Lieberm., Ges. s. 28 f. Af. El. 11 mid itle E, mid nie G, mid änc (fle E
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ZUR WESTGERM. GRAMMATIK.
13o
b) -teil-.
meowle 'mädchen' gleich got.matcilö : in der dichtunxr stete synkope;
meowle Napier, OE. gll. 1,2112 = Zs. fda. 9,456,39. — Der Schwund des %
dürfte bereite für das urengl. feststehen durch Beow. 2931 a gomela iömeowlan,
3150b sio geomeowle.
niteel, tu'tcol, neowel, neoteol 'vornüber geneigt, abschüssig, tief : in
der dichtung stete synkope, z. b. neotcle tuessas Beow. 1411, 9 belege, da-
runter zweimal in der Schreibung mit f: tufle Ps. 148, 10, niflan An. 1307.
- Keowlum Scint. 4, 17. 20, 8. 21, 12. 14. 84, 8. 15. Wulfst. 188, 8. — Mit
secundärvocal nitcele JElfr. Gr. Zup. 37, 4 in den Varianten, niowelan WrW.
371, 21. — Eng verwant mit dem gleichbedeutenden mnl. niel, mnd. nugel,
";/'/' !, und. nüel (nüel däl fallen) und durch gramm. Wechsel sammt suffix-
ablaut geschieden von dem synonymen angl. nihol Ep. 799, später ru'ol Cp.
1061, niolnis VPs., niolnise Li, niolnisseB.it., niolnesse Beda (s.Beitr.26,209);
ohne etymologischen wert und wol reiner Schreibfehler nihold Cp. 1659. Die
formen mit tc scheinen säramtlich auf *ni(g)wil- zurückzugehen; die echt
wi. form ist nitrel mit e, nicht o der zweiten silbe, vgl. niwel ws. Ev. Mt.
8.32. .Elfr. Gen. 33, 3, niwelne Heil .-1. 14, 155. Ex. 4, 31, niwellicum Heil.-l.
7, 66, niwelicum Napier, OE. gll. 1, 1942, niwelnys .Elfr. Horn. Th. 2, 352, 28.
Gr. Zup. 30, 4, niicelnysse Horn. Th. 1, 22, 4. 174, 25. 464, 23. 2, 350, 21. 24
(2 m). 32, nitcelnisse .Elfr. Gen. 1,2. 7, 11. 8, 2, niwelnyzsa Horn. Th. 1, 8, 2
v.u. Heil.-l. 11, 172, ny weinesse Sigewulri interrog. (Angl. 7) 312. Desgleichen
erscheint in den nicht streng ws. formen wie neoxeol, in denen iw über um
in eote übergieng, die endung -el zu häufig, um als abschwächung aus -ol
gefasst werden zu können. Das o wird auch hier secundär aus e entstanden
sein, und zwar vermutlich durch einfluss des vorausgehenden tc, das in
diesen formen sicher nicht palatal war; vgl. fälle wie aicul aus awel oder
Dial. Greg. C ungeseowonlice neben geseowene. Auch einfluss der sonstigen
adj. auf -ol kommt in betracht, während suffixentlehnung aus nihol, nlol
weniger wahrscheinlich ist, da die dubletten kaum in denselben dialekten
nebeneinander existiert haben. — Vgl. Mnd. wb.3 207. Verwijs, Taal- en
letterbode 5, 109. Cosijn, Tijdschr. voor Ned. lett, 8, 244 ff. Mnl. wb. 4, 2390.
t. Helten, Zur lexikologie des altwestfries. s. 41. Siebs, Pauls Grundr. 1», 1270.
C) 'Wul:
spiteol 'speiend, zum erbrechen reizend' : spiwles Lchdm. 2, 264, 24,
tpnclum 2,82,17, unspiule 2,170,11 (zur Schreibung vgl. ablaunesse ebda.
170,21, nauper 210,15, sinua 282,6). — Mit secundärvocal vom nom. her:
U$spiwelum Germ. 23, 390, 199. Be domes diege (Bibl. ags. poesie 2, 250) 209
= Wuhst. 139, 9 (vgl. Napier s. vm), spiwole Lchdm. 2, 222, 27. — Die hs.
in der die synkopierten formen stehen, stammt aus der mitte des lO.jh.'s.
11) Synkope nach r.
Ausser orel 'schleier' aus *oml gleich ahd. oral, beide
zurückgehend auf mlat. orale (Pogatecher, Lehnworte § 153)
13G
WEYEE
sind mir nur beispiele mit t* als mittelvocal bekannt (abgesehen
von dem unflectierten — unsicheren? — spurul 'calcitrosus'
der Erf. und Werd. gll). Ein unterschied in der behandlung
von i und a ist nicht zu erkennen; beide laute erlebten die
zeit, wo sie in e übergiengen und erfuhren dann das gleiche
Schicksal.
a) Im 8. und 9. jh. findet keine synkope statt.
byrele 'mundschenk1 : byrelas Or. 136,14.
gegerela 'kleidung' : gegerelan VPa. 44, 10, (j^»>r<rJaCP.134(135),12.
86(87), 19. 411,35. Oros.166, 16. 164,32, gegerela Boeth. ed.Sedgefield30,20.
111, 16, cynegerela xxv, 23.
Herelingas : Herelingas 'Harlunge' Wids. 112.
Öyrel 'loch, durchlöchert'; wahrscheinlich mit kurzem vocal der ersten
silbe im YPs., vgl. Chadwick, Stndies s. 87; auch im wa. wegen erhaltnng
desvocals der zweiten silbe? ') : tiesöyrel VPs. 113, 6. 134,17, ncesöyrel Lor.
gll. 20, Öyrelan sächB. or.-urk. von 847, OET. Ct. 20, 9. — Öyrel CP. 156
(157) 17, öyrelne 342 (343), 20 (2 m.). 24. 469, 10, öurhöyrelige 154 (155), 1,
öurhöyrela 152 (153), 17, öurhdyrelod 154 (155), 3. 156 (157), 15. 162, 17 C =
ÖurhÖyrelaÖ H, ÖurhÖyreludne 153, 18 H = öurhöyrelodne C, Öyrelung 153,25;
— Öyrel Boeth. ed. Sedgetield 93, 5.
pwiril 'verberatorium' WrW. 280, 31 dürfte noch der frühaengl. vor-
läge von Cleop. I entstammen.
b) Im verlaufe des 10.jh.'s beginnt die synkope in allen
dialekten. Die denkmäler zeigen die bewegung in vollem
flusse: alte und neue formen stehen neben einander, und es
lohnt sich kaum, die belege zu häufen.
Die synkope betrifft in diesem falle auch die endsilben,
tritt hier aber später ein als im wortinnern; vgl die allerdings
etwas spärlichen belege der Harley-gll. (aus dem 10. jh.), wo
es heisst:
earpyrel WrW. 238, 29, pyrel 241, 5; orel 205, 2; aber gegerla 195, 16.
234,20, Pyrlum 238,36, pyrliap 201,32; ferner in der hs. E der Gesetze
.Elfreds und Ines (Liebermann s. 16 f.), geschrieben um 925 : Pyrel s. 78,
Af. 44. Af. 44, 1. s. 80, Af. 51. s. 82, Af. 63. Af. 66, purhPyrel s. 84, AI 67, 2,
aber purhpyrli$c 8.28, Af. EL 11.
L i. : birilum J. 2, 5 ; birladon J. 2, 9, birleÖ J. 2, 8. — gegerela Lc. 23, 1 1,
gegerelo Mc. 2, 21. 5, 28. 11, 17. Lc. 19, 36, gegerelum J. 20, 12, gegerelad Mc.
1, 6. 5, 15. — öyril Mt. I 6, 1. 19, 24, Öyrl Lc. 18, 25 (y ?).
R9: biriladun J.2,9, biriligad J.2,8. — gigerdu Mc. 2, 21 ; gegerla
Lc. 23, 11, gigerlan Lc. 24, 4, gigerlu Mc. 11, 17. - öyrel Mc. 10, 25. Lc. 18, 25.
>) Vgl. auch ws. 8icura.
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ZUR WESTGERM. GRAMMATIK.
137
Bit: gigerela 48, 1, gigerüa 103, 11. 13.
R«: gegctrelum 27,28; Öyrel 19,24. — Chad: gegerelan 89, pyrel 231,
egöyrlWb. — Royal gll.: nesöyrlum 640.
Ferner:
6y r/e „€lfr. Horn. Th. 2, 520, 12 Gll. Zup. 303, 2. Heil.-l. 31, 632. *Elfr.
Gen. 40, 1, byrlas Gen. 40, 2, 6yWa Gen. 40, 9. 20. 21. 23. 41, 9.
gyrelan Horn. Th. 1,528,25. 2,160,23, gerelan 1,296,4, gyrelum
2,168,13. 252,25 gegen häufigeres gyrlan 1,456,35. 458,24. 546,25.
2,168,18. 586,16, gyrlum 1,$8,M. 256,8. 298,35: 328,6 v.u. 444,11. 458,29.
468,4. 538, 14. 2, 118,34. 134,28. 156,4. 188,1. 404,29, gyrla .Elfr.gr. Zup.
79. 3. 255, 5.
orle £]fr. Heil.-l. 7, 36.
dyrlc Horn. Th. 2, 162, 14, ehöyrla 1, 584, 32, ehdyrle 2, 178, 29. 184,27,
ehdyrlum 1,584,28. 586,1.6, ncesöyrlum 2,192,22. 350,35, nosöyrlum 2,98,9,
Öyrl Gr. Zup. 40, 16, ehöyrla 269, 19.
Vereinzeltere belege sind:
Herlingas in Herlingaham, Herlingaflet, belege des ll.jh.'s, gegen
Htrdingas Wids.; nachweise s. bei Binz, Beitr. 20, 209.
gyrl- aus *gyrel- in gyrlgyden 'Vesta1 (vgl. Sweet, Stud. dict, auch
.Elfrics Heil.-l. 7, 100 pect Öü gebuge tö petre gydenan uesta, pe gälnysse
onscunaö) Prud.-gll., Germ. 23, 397, 511, hs. vom anfang des ll.jh.'s, st.
*gvrila- gleich nengl. girl.
Kaum hierhergehört Öone gerlo 'tributum' R" Lc. 20, 22 ') und gewis
nicht das etymologisch unklare northumbr. (ä-, be-, ge~, ymb-) tcatrla ; auch
ob in acc. sg. ßone byrlan Lchdm. 2, 156,2 v.u. 'rümpf (eines pferdes; vgl.
Lchdm. 3, 272) synkope vorliegt, vermag ich mangels sicherer etymologie
nicht zu entscheiden.
Auf ein für die Chronologie der aengl. vocaldehnung vor
consonantengrappen wichtiges moment hat Morsbach, Me. gr.
s.70 nach Brates Vorgang Beitr. 10, 10 hingewiesen, vgl. ferner
Bülbring, EB. § 285, anm. 3: Orrms verb. birrlcnn, yl.birrless
beweist, dass zur zeit der vollständigen durchführung unserer
synkope die periode der aengl. dehnung vor rl bereits über-
schritten war.
Nach einer von Chadwick, Studies s. 52 f. vorgetragenen
auffassung, für deren richtigkeit mir manches zu sprechen
scheint, hätten formen wie R2 gerla, wgerm. stamm *garwilan-
im verlaufe der engl. Sprachgeschichte übrigens zweimal syn-
*) Wol mit recht von Lindelöf, Die sUdnorthurabr. ma. § 16, anm. 2
als fehlerhafte Schreibung aufgefasst.
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138
WEYHE
kope erfahren: einmal Schwund des t nach langer silbe im
urengl., indem urangl. *xeriiila durch samprasarana zu *geryla
wurde, einer form, die dann lautgesetzlich zu *$crila weiter-
schritt wie *innyfli zu Ep. innifli; ein zweites mal im 10. jh.,
wo nun auch das inzwischen zu e geschwächte urspr. con-
sonantische u der synkope, diesmal der synkope nach kürze
anheimfiel. Die gleiche widerholte vocalabsorption, bez. nach
der geläufigen auffassung denselben Schwund des w vor t hat
wahrscheinlich auch byrlian durchgemacht, das sich mit dem
genau entsprechenden aisl. byrla 'kredenzen' am einfachsten
durch ansatz einer grundform *birwilö- vereinigt.') Northumbr.
') Das substautiv aengl. byrele bietet noch besondere Schwierigkeiten
in seinem nach seite der form wie function einzigartigen snffix. Die flexion
byrele, pL byrclas stellt das nomen zu den jVi-stämmen ; dabei muss es, ror
allem wenn *biruil- mit langer erster silbe zu gründe liegt, auffallen, dass
die zu erwartende gemination fehlt (vgl. uestennes u. dgl.), das wort viel-
mehr dem typus bocere, icrltere mit ursprünglich langer zweiter silbe folgt.
So hat Kluge, Lit.-bl. 1887, sp. 114 byrele in der tat auf *byrerc mit dissi-
milation zurückgeführt. Hiergegen scheint mir jedoch die Übereinstimmung
des verb. byrelian und aisl. byrla zu sprechen, abgeleiteten verben, deren
grundwort sehr wahrscheinlich die bezeichnung für ein tragbares hohlgefäss
ist (*birtcila- neben *l>irila-, letzteres in as. biril [Hei.], ahd. biril [Tatian]
'korb', daneben aber auch ahd. biral 'urna', s. J. Grimm, Zs. fda. 6, 190, und
vgl. *bera 'bahre' bei W. Horn, Beitr. z. deutsch, lantlehre s. 20; zum ansatz
der nebenform mit suffixalem te berechtigen aengl. bearwe 'korb', ofries.
bartee, westfal. biertre, s. Kluge, Et. wb. s. bahre, Klugc-Lutz s. barrote).
Zu diesem *bincila- würde sich das aisl. byrlari 1 raundschenk ' direct oder
durch vermittelung des verbums verhalten wie mlat. buticularius (= alts.
bulticlari) zu buticula 'hohlgefäss', wie mengl. botler zu botel, nengl. butter
zu botüe. Ich möchte nun vermuten, dass aengl. birele, byrele dem aisl.
byrlari gleichzusetzen und ans *byrdere mit haplologischer silbenellipse
entstanden ist, vielleicht schon auf der stufe *birileri (ws. *bierileri't) >
*birili. Beispiele für silbenschwund in diesem selteneren falle, wo die
beiden mit gleichem consonanten anhebenden silben durch eine dritte,
zwischenstehende getrennt sind, gibt Brugmann, Kurze vgl. gramm. § 338.
In unserem falle wäre als wesentlich fördernd der umstand wirksam ge-
wesen, dass die zwischensilbe gerade auf / anlautet: schon dann, wenn
eilbenanlautendes l und r allein zusammen in einem worte begegnen,
zeugen ja Versetzungen wie aengl. weleras gegen got. wairäos, ahd. elira
neben erila für die leichte störbarkeit der ursprünglichen reihenfolge; vgl.
auch die allerdings nicht sichere gleichung eäclereri Wadstein, KAS. 103, 5
(s. index s. 199) = caclari ' praestigiator ' Steinmeyer, Anz. fda. 4, 136.
Uebrigens begegnet mengl. ein birler 'pinrerna', das vom verb. birlen
aus neu gebildet ist.
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ZUR WESTGERM. GRAMMATIK. 139
—
biriladon u. s. w. wäre dann zu jenen gut belegten und schwer
zu erklärenden angl. formen zu stellen, die wie smirtcan keine
brechung des i zeigen (zur phonetischen erklärung des hier
zugrunde liegenden lautlichen Vorgangs s. Bülbring, ESt. 27,85;
doch sind die bedingungen für eintritt und unterbleiben noch
unklar). Das aengl. allein würde nicht zum ansatz dieser
grundform zwingen: neben ws. byrelian aus *birwilö- könnte
northumbr. biriliga aus *birilö- stehen, schliesslich wol sogar
ws. byrelian gleichfalls auf *birilö- zurückgeführt werden, wie
y aus t bei ähnlicher consonantischer Umgebung in ws. bysmor,
bysig, bysen entstanden ist.
Zusammenfassung.
Suchen wir zum Schlüsse das facit zu ziehen, so ist noch
einmal an die teilweise Unsicherheit der in rechnung gestellten
posten zu erinnern. Zwar störende einflüsse von Seiten der
langsilbigen waren kaum zu verzeichnen, eine folge vor allem
davon, dass das l in flexionssuf fixen keine rolle spielt: inner-
halb der reicher entwickelten, geschlossenen gruppe der ad-
jectiva auf -ul, -ol geben umgekehrt die kurzsilbigen in gewissen
grenzen den ton an (ws. formen wie släpolc). Aber nur eine
beschränkte zahl von belegen ist, wenn auch den wichtigsten
texten entnommen, überhaupt zusammengestellt; unter ihnen
bilden die beispiele des kent. und angl., vor allem leider des
späteren merc. an sich einen schmalen trapp, ermangelt der
vollere chor des spätws. vielleicht hie und da hinreichender
beglaubigung als Vertreter auch der gesprochenen spräche.
Der wert chronologischer angaben vollends muss unter der
erwägung leiden, dass die feder des schreibenden sich gegen
synkopierungen der Volkssprache zur zeit ihres aufkommens
allgemein, und selbst später noch individuell mehr oder weniger
zu sträuben pflegt. Ich kann unter diesen umständen nur die
hoffnung aussprechen, dass weitere, vor allem breitere for-
schung einen ersten anfriss nicht ganz werde zu verwerfen
haben, dessen grundlinien sich in kürze folgendennassen dar-
stellen:
Urengl. i, aus wgerm. i oder u, schwindet bei unmittelbar
voraufgehender kurzer tonsilbe vor einfachem / nach allen
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140
WEYHE
consonanten1) ausser nach />, und wahrscheinlich auch ausser
nach ursprünglich stimmlosem f (frwfele). Diese synkope ist
gemeinaengl., doch zu verschiedenen zeiten vollzogen; sie darf
als urengl. gelten nach dentalen (sicher nach t, vermutlich
nach s) sowie nach labialen (sicher nach tr und f < % ver-
mutlich nach p, wo wie nach s frühe beispiele fehlen), tritt
rund im 8. jh. ein nach den gutturalen (c und hier palata-
lisiert), und im 10. jh. nach r; zweifelhaft die zeit ihres Voll-
zugs, wo nasale voraufgehen.
Dieser stand erfährt eine doppelte Verschiebung: das
northumbr. geht über ihn hinaus, indem hier auch synkope
nach ]> begegnet (swoedles), das südengl. tut einen schritt
rückwärts, indem massenhaft secundärvocale eindringen. Der
verlauf letzteren processes lässt dabei einen zeitlichen Zusammen-
hang mit der vorhergegangenen synkope nicht verkennen, wenn
die schon urengl. synkope von yfel im ws. des 9. jh.'s bereits
häufig, bei yElfric so gut wie ganz aufgegeben, die erst früh-
aengl. von micel dagegen dort noch durchaus gewahrt, hier
erst in ganz bestimmter enger Umgrenzung beseitigt ist.
Weit zäher hält sich das w. Hier ist synkope für die
urengl. zeit nicht erweislich, Schwund des vocals vielmehr
überall als späte entwicklung der dialekte anzusehen. Erhalten
ist u normaler weise (vgl. dagegen hrhseotle) im merc. des 8.
und des beginnenden 9. jh.'s, ferner im ws. selbst der späten
zeit mit ausnähme der Stellung nach w, wo synkope schon im
10. jh. belegt, nach s, wo sie um das jähr 1000 vorhanden ist,
und nach ft wo erst ganz spät, auf der schwelle des mengl.,
die ersten synkopierten belege auftauchen. Während über das
spätmerc. nichts sicheres zu ermitteln ist und im kent. synkope
unter besonderen betonungsverhältnissen begegnet, erweisen im
gegensatz zum ws. die wenigen beispiele aus dem northumbr.
des 10. jh.'s (wie watla, staplas, regles) für diese stufe dieses
dialektes synkope auch des u als regel. —
So sind die mundartlichen differenzen auch hier nicht
unerheblich, auch hier im ganzen auf den gegensatz anglisch-
l) Synkopierte beispiele fehlten mir nach rf; beispiele überbanpt nach
h und l, was im ersten falle auf zufall beruhen musste, im zweiten wol-
verständlich ist (vgl. die erwä^ungen E. Schröders, Zs. fda. 42, 70), wie denn
etwa stulor 'furtive, insidiouü' ein älteres +8tulul fortsetzen mag.
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ZUR WESTGERM. GRAMMATIK.
141
niehtanglisch hinauslaufend. Dieser gegensatz lässt sich fin-
den ausgang der aengl. zeit ganz im allgemeinen dahin
formulieren, dass das angl. die kürzeren, das südengl. die
längeren bildungen bevorzugt: der süden beseitigt in weitem
masse die synkopierten formen und behält die unsynkopierten
bei, das angl. wahrt die einmal vollzogene synkope und syn-
kopiert wenigstens auf northumbr. boden, was bis dahin noch
verschont geblieben war (sc. das u, sowie i nach p).
So manifestiert sich in diesem kleinen ausschnitt alteng-
lischer synkopierungserscheinungen dieselbe fortschrittliche
tendenz des nordens dem Süden gegenüber, die letzthin zumal
von Luick betont'), auch sonst in aengl. zeit wie späterhin
hervortritt und ein willkommenes seitensttick vor allem in
dem mengl. Schwunde auslautender e aufweisen kann.
') Neuerdings auch, wie ich nachträglich sehe, andeutungsweise in
bezug auf die synkope, Studien zur engl, lautgeschichte 1903, s. 154. 177.
LEIPZIG,
HANS WEYHE.
ZUR STILISTIK DER xVLTSÄCHSISCIIEN
GENESIS.
In einer früheren arbeit ») war ich darauf ausgegangen,
das formale material der as. Genesis (G) darzulegen und damit
die Stellung zu beleuchten, die sie der tradition der westgerm.
epik, speciell dem Heliand (H) gegenüber einnimmt. Im an-
sehluss daran sollen die vorliegenden Studien über die poetische
Verwendung dieses materials den versuch einer Stilistik unserer
fragmeute darstellen.
Es sei mir daher gestattet, zunächst etwas weiter auszu-
holen, um dann auf die beiden dichtungen als epische kunst-
werke uäher einzugehen. Dabei kann ihre Sonderstellung als
religiöse epen oder besser gesagt, als bibeldichtungen erst in
zweiter linie in betracht kommen.2)
I. Gedaukenfuhrung.
Nach Vischer (a. u. a. o. 1275) 'bestimmt sich das Stilgesetz
des epischen dichters dahin, dass er mit der ruhe der gegen-
ständlichkeit die dinge als gediegene gestaltungen des seins
mehr in ihrer erscheinung, als in ihrem inneren geheimnis und
ihrer Wirkung auf das innere schildern, dass er nicht stoss-
weise, sondern stetig, eins aus dem andern entwickelnd fort-
schreiten soll. Er hat durch die ausführlichkeit seines ver-
l) Studien zur as. Genesis. I. Leipz. diss. 1902 (citiert als I).
*) Relativ scheint mir der unterschied nicht so bedeutend zu sein, ob-
wol ich mit den urteilen Yischers (Aesthetik s. 103: 'dass einem religiösen
epos überhaupt das wesentliche der dichtart abgeht') und B.Busses (Beitr.
26, 85: ' ... eine ähnliche Schwierigkeit, wie für die späteren christlichen
Germanen, als sie das leben des heilands besingen wollten: die ganze poe-
tische technik versagte') im princip übereinstimme. Vgl. auch R. Bechstein,
Nd. jahrb. 10, 135.
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ZUR STILISTIK DER ALTS. GENESIS.
143
weilens zu zeigen, dass hier der zweck in jedem punkt der
bewegung selbst liegt. Der gemessenen, breiten, ruhig gross-
artigen fortbewegung hat die äussere sprachform den gemässen
rhythmischen ausdruck zu geben'. Es werden also (a.a.o. 1277,
vgl. W. v. Humboldt, Ueber Goethes Herrmann und Dorothea.
Ges. werke. Berl. 1843, s. 218 f.) 'seine gemälde gegliederten
ketten gleichen, in welchen bewegung aus bewegung, figur
aus figur entspringt, das ganze wird in seinen einzelnen
gruppen durch nirgends unterbrochene umrisse eine einzige
figur bilden, ... die handlung geht ununterbrochen fort, jeder
umstand fliesst als notwendige folge aus dem vorigen her und
herscht so das gesetz durchgängiger Stetigkeit'.
Das gilt ebensogut vom Homer wie vom Beowulf wie von
der as. bibeldichtung. Speciell der Heliand bietet ein sehr
interessantes bild von der gedankentechnik seines dichters, der
die prosa der vorläge nicht nur formell, sondern auch inhalt-
lich in poesie umwertet, wie v. 94—119 zeigen mögen:
(Luc. 1, 8) Factum est autem cum (Zacharias) sacerdotio fungeretur in
ordine vicis suae ante deum, (9) secundum consuetudinem
sacerdotii, sorte exiit ut incensum poneret ingressns in tem-
plum domini. =
94 Thno nuarth thiu tid cuman the thar gitald habdnn
nnisa man mid uuordun, that scolda thena uuih godas
Zacharias bisehan.
(10) Et oinnis multitudo erat popnli orans foris hora incensi. =
Thuo nuarth thar gisamnod filo
97 thar ti Hicrusalem Judeo liudo,
uuerodes te them uuihe, thar sea uualdand god
snithe thiulico thiggean scoldun
100 herron is huldi, that sea hebancuning
lethas alieti. Thea liudi stuodun
nmbi that helaga hns, endi gieng im thie giherodo man
an thena uuih innan. That unerod oöer bed
umbi thena alah ntan Hebreo liudi,
5 hnan er thie fruodo man gifrumid habdi
unaldandes nuilleon. So hie thuo thena uuihrog drog
ald aftar them alahe endi umbi thena altari gieng
mid is rokfaton rikeon theonon:
— frumida ferehtlico frohon sinas,
10 godea iungerscipi gerno suitho
midi hlutro hugiu, so man herren scal
georno fulgangan — :
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144
PAULS
(11) Apparuit autem Uli angelus domini stans a dextris altahs
incensi. (12) Et Zacharias turbatua est videns, et timor
inruit super eum. =
grurios quamun im,
egison an them alahe: hie gisah thar after thiu enna engil godes
an them uuihe innan.
(13) Ait autem ad illum angelus 'Ne timeas, Zacharia, quoniam
exaudita est deprecatio tua.' =
Hie sprak im mid is uaordon tuo,
15 hiet that fruod gumo foroht ni uuari,
hiet that hie im ui andriede: 'Thiua dadi sind' quathie
'uualdande uuertha endi thin uuord so seif,
thin theonost is im an thanke, that thu sulica githaht habes
an is enes craft
Wir haben an dieser stelle typische beispiele für die
epische composition: weniger anschauliches wird zusammen-
gezogen, vereinfacht, ja weggelassen (94—96). Ein bild wird
breiter ausgeführt, zugleich die Schilderung in erzählung um-
gewandelt mit logischer Verbindung ihrer etappen und aus-
füllung der pausen dazwischen (96 - 106). Das folgende ähn-
lich: retardierendes motiv (109—112) in der ausmalung des
bildes. Vor allem jetzt die historisch falsche, aber poetisch
sehr wirksame Umstellung von Ursache und Wirkung (112—114)
— ähnlich z. b. v. 386—397 = Luc. 2, 8. 9. Die den verlauf
der handlung unterbrechende directe rede wird durch teilweise
Umwandlung in indirecte vorbereitet, und so ein gleichmäßiges
fliessen herbeigeführt (114 ff.): ein ausserordentlich beliebtes
stilmittel ") (vgl. z.b. die bergpredigt).
Nun mag man dem entgegenhalten, dass für den dichter
nicht nur lediglich poetische, sondern auch mehr didaktische
principien bei der gestaltung der dichtung massgebend gewesen
seien. Aber das wäre gar kein einwand: denn insofern als
die Zuhörerschaft einen stetigen hauptfactor des epischen
dichters ausmacht, ist jeder epiker mehr oder weniger didak-
tiker. Und für uns kommen schliesslich weniger die motive
als vielmehr die tatsachen in betracht.
Während wir so beim H in der glücklichen läge sind,
beide beobachten zu können, ist dies bei der G leider nicht
») Vgl. Heusler, Der dialog i. d. altgerman. erzählenden dichtung, Zs.fda.
46,244.
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ZUR 8TILI8TIK DER ALTS. GENESIS.
145
der fall. Wenn wir den Avitus für einzelne stellen als quelle
annehmen, so fällt uns beim G- dichter mit dem ersten blick
eine ganz bedeutende freiheit in der Verwertung des Stoffes
auf. Was unser dichter aus dieser mutmasslichen quelle ent-
lehnt hat, sind nur einzelne grosse züge, wie auch schon Sievers
(Der Heliand u. d. ags. Genesis s. 18 ff.) hervorhebt. Vgl. z. b.
die parallelstelle
At. 1,320-325
Accipiunt invenes dictum laetique sequuntur
spondentes cuncto serrandam tempore fidem.
Sic ignara mali novitas nec conscia fraudis
incautaa nnlla tetigit formidine mentes.
At pater instructos sacrata in sede relinquens
laetus in astrigeram caeli ae sostulit auram.
B 240—245
Hwserf bim J?a to heofenum halij drihten
stiftferhö cyninj: stod his handjeweorc
somod an sande, nyston sorja wiht
to bejnornianne, butan (J>tet) beo jodea willau
legest laesten: heo wseron leof jode,
penden beo bis halije word healdan woldon.
Die stelle genügt natürlich nicht, um einen vollen eindruck
von der composition der Genesis zu geben, sie zeigt aber doch
schon eine charakteristische erscheinung derselben, besonders
beim vergleich mit der behandlungsweise des Avitus. Dieser
bietet zwei bilder: 1) Adam und Eva empfangen den befehl
gottes; — 2) gott schwebt zum himmel empor. Das ist im
anschluss an die rede gottes die natürliche folge der tatsachen.
Beide bilder sind ausgeführt; zwischen ihnen steht eine sub-
jective betrachtung des dichters. Die darstellung der Genesis
B ist aber nicht so einfach: 1) auf das verbot gottes folgt
die zusage der beiden (237—239); — 2) gott gibt ihnen die
erde zu eigen (239; das steht aber schon in der rede); —
3) gott schwebt zum himmel empor (240); — 4) Adam und
Eva stehen da, sorgenlos, in der absieht gottes willen zu er-
füllen (241-44); — 5) sie sind gott lieb, so lange sie nach seinen
geboten leben wollen (244. 45).
Wo ist hier einheit der anschauung und ebner fluss der
darstellung? An stelle der kette finden wir nur einzelne
glieder: das ist schon dasselbe kennzeichen der inhaltlich wie
Beitrage ntr geschiebte der deutschen sprach«. XXX. 10
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146
PAULS
formell auseinanderfallenden darstellungsweise der G, das wir
noch weiter unten näher ins auge zu fassen haben werden.
Nur an dieser einzigen Genesisstelle scheint mir eine der-
artige vergleichung zweier verschiedener autoren zulässig, wie
wir sie im H fast überall anstellen können; die übrigen citate
aus dem Avitus sowie die von Siebs aus dem Hilarius und
Claudius Marius Victor (Zs. fdph. 28, 139 ff.) sind für unsern
zweck wenig oder nicht geeignet Aber auch ohne directe
vergleichsobjecte bieten H und G an sich reichen stoff für die
Untersuchung ihrer gedankenführung. So wird z. b. die schon
oben betrachtete stelle H 94 ff. von folgenden gedanken ge-
tragen: 1) Zacharias soll opfern ( — 96); 2) viele leute versam-
meln sich zum gottesdienst (—101); — 3) sie bleiben vor dem
tempel stehen und Zacharias geht hinein ( — 103); — 4) sie
warten auf die beendigung des Opfers ( — 106); — 5) das opfer
(—112); — 6) die erscheinung des engels (—116), u.s. f.
Vergleichen wir damit die gedankenführung einer stelle
wie G 80 ff.: 1) Kain geht aus gottes angesicht; er ist ver-
flucht (—81); — 2) den eitern wird die tat verkündet (gikudit:
von wem? —83); — 3) Adams trauer (—85); — 4) Evas trauer,
als sie das hreugiuuadi (leichengewand: s. Behaghel, Der Heliand
und die as. Genesis, Giessen 1902, s.39f.) wascht (—88); —
5) doppelte trauer um Abels tod und Kains tat und verstossung
( — 97); — 6) oft stehen die eitern an griata (wo?) und sagen
sich, — 7) dass ihre sünde das verursacht habe, dass ihnen
keine kinder mehr erblühen werden (thian muostin, — 100); —
8) sie trauern, bis gott sich ihrer erbarmt und ihnen erben
schenkt
Nach der anzahl ihrer inhaltlichen nova differieren gerade
diese beiden stellen nicht wesentlich: wol aber zeigen die be-
handelten einzelthemen oder die etappen der gesammthandlung
charakteristische unterschiede. Während nämlich die der He-
liandstelle in steter zeitlicher und logischer Verbindung mit
einander stehen, klaffen zwischen denen der Genesisstelle ein-
zelne lücken, sei es, dass der Wechsel der zeit oder des ortes,
oder dass das logische Verhältnis der einzelstufen der hand-
lung der berechtigung oder des ausdrucks ermangelt Der
grund für diese in der G recht häufige erscheinung dürfte
darin liegen, dass dem dichter die gesammtvorstellung nicht
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ZTTR STILISTIK DßR ALTS. GENESIS.
klar genug vorschwebt, und dass so die einzelvorstellungen
zu viel nachdruck erhalten, so dass ihr Verhältnis zu jener
weniger deutlich hervortritt. Welchen zweck hat an unserer
stelle z.b. die an sich nicht unpoetische ausmalung des bildes
der trauernden Eva: thuo siu bluodag uuosk hreugiuuadi, das
dadurch ein so lebhaftes colorit erhält, dass es über andere,
inhaltlich wichtigere dominiert? Ein logischer fehler liegt
z.b. in der anknüpfung des gedankens 7, wo zwischen präte-
ritalen Verhältnissen plötzlich ein futurales auftaucht (v.99).
Augenscheinlich überspringt hier der dichter einen zwischen-
gedanken, denn es ist ja gar keine rede davon gewesen, dass
Adam und Eva nach Abels tod und Kains verstossung kinderlos
bleiben sollten.
Solche erscheinungen verdienen beachtung, weil sie den
dichter der Genesis in einen scharfen gegensatz zu dem des
Heliand treten lassen, auch wenn ihnen nicht ein absoluter
wert beigelegt werden kann, vor allem in anbetracht der ab-
hängigkeit der dichter von ihren vorlagen und ihrem Stoff
überhaupt. Eine eingehende Untersuchung auch des Heliand
mag deshalb noch manches an den tag fördern können, was
strenger ästhetischer kritik nicht standhält.
Ehe ich zu einer solchen gesammtkritik der G tibergehe,
möchte ich noch die stelle von der Zerstörung Sodoms hervor-
heben (290 — 337), deren H- parallele ich schon an anderer
stelle erwähnt habe.1) Völlig einander gleichzustellen sind
diese beiden parallelen freilich nicht, denn im H ist das thema
nur vergleichsweise herangezogen und demgemäss knapp, aber
sachlich ausgeführt, wenn auch viel weiter als die quelle
(Luc. 17,28) Similiter sicut factum est in diebus Loth . . . (29) qua
die . . . exiit Loth a Sodoma, pluit ignem et sulphur de caelo et
omnes perdidit. Aber vergleichen wir immerhin einmal die
beiden parallelen in bezug auf ihre innere structur:
H 4366
so uuarth oc that fiur cuman
het fan himile that thia hohun burgi
l) S. I, 25 f. ; über formale eigentümlichkeiten dieses abschnittes ebda.
1.30 (295). 32 (323). 38 (291). 41,47 (301). 43 (291). 45 (336). 47 (337).
51 (302). 53 (296); ferner anch Behaghel s. 13 (297). 15 (294). 17, 18 (306).
20 (291. 294. 296. 316). 42 f. (329). 43 (301). 44 (302. 803. 312. 332).
10*
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148
PAÜLS
nmbi Sodomaland suart logna bifeng
grimm endi gradag, that thar enig gumo (-no M) ne ginass
botan Loth eno: ina autleddun tbanan
drohtines engilos endi is dohter tua
an enna berg uppan: that obar (odar M) al brinnandi fiur
gie land gie lindi logna farterida:
so farunga nnarth that fiur cnman: ...
Die disposition ist höchst einfach: 1) das brennende Sodom
(4366 — 4369); als gegenständ des Vergleiches dem historisch
früheren bild — 2) Loth auf der flucht ( — 72) vorweggenommen,
und zum schluss ( — 74) als Überleitung zum tertium compara-
tionis widerholt. Die disposition der G-parallele ist gleichfalls
untadlig: 1) die Vorbereitungen (290—298); — 2) die flucht
(—310); — 3) die Zerstörung Sodoms (—329); — 4) Loths
weib (—337). Die ausführung dieser einzelthemen ist aber
um so anfechtbarer:
1) 295 f. Der gedanke: He ni habda thar his hadalias than mer ||
botan is dohtar tua, der doch wol kanm als parenthese angesehen werdeu
darf, unterbricht durch den Wechsel des subjects und den constatierendeo
charakter den verlauf der erzählung, die deshalb mit dem vorangehenden
gedanken wider aufgenommen werden muss.
2) 303. Hietun that sice ni gihordin sulic gihlunn tnikil. Von ' solchem
grossen getöse' wissen wir noch gar nichts: sowol die demonstrative wie
die erweiternde bestimmung des objects ist zu tadeln.
306. Dass die engel nicht bei Loth bleiben, glaubt man schon: was
nützt es aber dem horer zu erfahren: Thuo (wann?) uurubun eft uuider
helega uuardos, \\ godas engilos, gengun sniumo (warum?), || sidodun tt
Sodomo: er zerbricht sich nur vergebens den köpf, was die engel in dem
brennenden Sodom anfangen wollen: zerstören? In der biblischen Genesis
fehlt das motiv.
3) Die erzählung von der Zerstörung Sodoms ist fast der stilistisch
schwächste teil der O, und ihre gedankenführung ist nicht besser: es ist.
als wollte der dichter das chaos der untergehenden Stadt stilistisch malen:
es kracht und bricht: rauch wallt umher. Feuer fällt vom himmel. Todes-
schrei des Volkes. Die Stadt brennt. Die männer fallen. Schwefel fliesst
in den Strassen. Die süuder büssen. Das land versinkt: niemand kann
entrinnen. Es geht im see unter, wo es heut noch liegt. Alle haben
büssen müssen, nur Loth mit den seinen ist gerettet
4) Als diese nun des Volkes verderben (qualm) nnd die Stadt brennen
'hören' (329 f.) . . . u.s.w.
Das ist fast der stil eines modernen impressionisten, aber
nicht eines altgermanischen epikers. Das ruhelose hin und
her, aus einer Vorstellung in eine andere, entspricht nicht der
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ZUR STILISTIK DER ALTS. GENESIS.
149
ruhe, der gegenständlichkeit und der Stetigkeit des epischen
Stils. Gut wäre nur der 'schluss' 320 ff., der wirklich retar-
dierende motive bringt: aber es ist kein wirklicher schluss,
sondern nach der ruhigen betrachtung 325 ff. geht mit 4 (329)
die erzähl in il'- wider weiter, ungeschickt wie oben: die kaum
begonnene Schilderung der handlung wird durch eine tiberlange
parenthese unterbrochen, und so muss der dichter seinen ge-
danken noch einmal anfangen.
Dass eine derartige kritik der gedankenführung unseres
dichters nicht zu weit geht, zeigt schon das verfahren des
ags. Übersetzers. Wenn dessen besserungsversuche sich auch
in folge seiner abhängigkeit von der vorläge meist nur auf den
ausdruck und die äussere form erstrecken, so lassen doch
einige stellen erkennen, dass er auch mit dem inneren bau
seines Originals nicht zufrieden gewesen ist.
So hebt er die unbeholfene gleichförmigkeit ') der parallelen
gedanken v. 2 — 5 dadurch auf, dass er den ersten aus der un-
natürlichen gruppe als frage herausnimmt; ebenso beseitigt er
den unmotivierten tempuswechsel des gedankens von v. 5 b,
den er in ein adversatives Verhältnis zu dem vorausgehenden
bringt, und in ähnlicher weise verbindet er v. 20 und v. 23.
In dem letzten fall ist auch wol die anpassung an die vorher-
gehenden gedanken gegenüber dem Personenwechsel in G auf
stilistische beweggründe zurückzuführen.
Tiefer greifende änderungen hat sich freilich der Über-
setzer nicht gestattet. Es zeigt daher auch die Gen. B dieselben
abweichungen von der technik des Heliand wie die original-
fragmente, und ich kann mich somit weiterhin auf die letzteren
beschränken.
Ich komme zunächst noch einmal auf v. 2 ff. zurück. Auf-
fällig ist hier vor allem die Schnelligkeit, mit der ein gedanke
auf den andern folgt: sie überrascht um so mehr, als jeder von
ihnen eine neue, und zwar recht concrete Sinneswahrnehmung
bringt: vgl. die ausdrücke giuon, hinana und sulicaro lognun.
Neben der ungenügenden art der ausführung erschüttert auch
») Im gegensatz zu Braune und Behaghel s. 38 f. fasse ich diese Sätze
als nebengeordnet auf, da ich den sinn der hypotaxe von 3b nicht verstehe;
vgl. auch das überwiegen der parataxe in dem ganzen abschnitt
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150
PAULS
der schon von Behaghel (s. 38 f.) gerügte vergleich v. 4. f. hier
den glauben an der klarheit in der darstellung des dichtere.
v. 9. 'Nun sollen wir wol in sorge sein um unser los; denn
er hat uns selbst geboten, dass wir uns vor solcher strafe in
acht nehmen sollten': kann das ohne weiteres heissen: 'denn
jetzt trifft uns die strafe, die gott uns angedroht hat'? Aber
das ist doch der durch den Zusammenhang geforderte sinn.
v. 13. Zu beachten ist der Wechsel der person: nu thuingit
mi thero uuaron uuit iuom.
v. 14. Der so breit ausgeführte gedanke: 'wie sollen wir
uns vor den unbilden der Witterung schützen?' überrascht
einigermassen; denn wie kommt Adam auf ihn? Weit näher
liegt der gedanke von v. 12, der später (v.22) noch einmal
aufgenommen wird. Jenes motiv hat der dichter wol aus
Avitus 3, 323 ff. (folgen des Sündenfalles) entlehnt, wo ein Un-
wetter in ähnlichen zügen geschildert wird. Die vorwegnähme
der stelle ist indessen wenig glücklich; denn weder ihre ein-
ordnung in Adams rede, noch ihre ausführung befriedigt: man
beachte z. b. die parenthese von 18 b oder den Übergang vom
unwetter auf den hunger (v. 21 ff.).
v.27. Die parenthese ist nichtssagend und überflüssig.
v. 35. Ebenso; hier werden sogar zwei von einander un-
abhängige gedanken in einen kurzen Sinnesabschnitt hinein-
geschachtelt.
V. 37. Ni ik thes sorognn ni scal, quad he,
gomian huar hie ganga, ni it mi god ni gibod,
that ik is huerigin hier hnodian thorofti.
vgl. Gen. 4, 9 nescio. num custos fratris tnei sum ego? Tadelns-
wert ist hier auch das futurum, das nicht in den Zusammen-
hang passt.
V. 55. Thno an forahtnn nuard
Kain aftar them quidiun drohtinas; qnad that hie müsse garoo
that is ni mahti uuerdan uualdand uuiht an nneroldstundu
dadeo bidernid : . . .
Dieser gedanke, der demjenigen in v. 40 ff. entspricht, liegt
zwar nahe, passt aber wenig in den Zusammenhang hinein,
da er zu stark retardiert; auch bildet er keine genügende
einleitung zu Kains rede. Die darstellung der Bibel ist gerade
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ZUR STILISTIK DER ALTS. GENESIS.
151
in der erzählung von Kain und Abel ausserordentlich knapp;
der epische bearbeiter musste wol erweitern, aber die aus-
führung ist ihm wenig geglückt.
v. 62 ff. Die widergabe des gedankens von Gen. 4, 13
major est iniquitas mea quam ut veniam merear ist dem dichter
recht schwer gefallen; die begriffe 'schuld' und 'gnade' haben
ihn zu der ungeschickten gegenüberstellung von misdad, tiano
etc. einerseits, mildi hugi und hluttar muod andrerseits geführt.
v. 68. Ueber an thisun uuega vgl. Behaghel s. 39.
v. 72. Ueber tekan togian vgl. I, 6. Es scheint mir frag-
lich, ob die stelle einen so glatten sinn gibt, wie Kögels Über-
setzung es wahrscheinlich macht: 'so will ich dir dennoch
frieden setzen; ich will dich mit einem solchen zeichen ver-
sehen, dass du unangefochten in dieser weit sein kannst, ... *
(vgl. Behaghel s. 36 f.).
v. 78 vgl. I, 46.
v. 80 vgl 1, 38.
v. 101 ff. Hier befremdet die eigentümliche reihenfolge:
v. 104 ist von thegnos und thiornun die rede; nachdem der
betr. gedanke abgeschlossen ist, wird von der zeitlich voraus-
liegenden geburt Seths berichtet. Der weiter folgende, etwas
schwerfällige gedanke ...so thana is manna uuel, thie io mid
sulicaro huldi muot herron thionun (['und es gieng ihm gut,]
wie es dem menschen immer wol geht, der ...') hätte kraft
seines betrachtenden Charakters einen Sinnesabschnitt herbei-
führen sollen: aber die erzählung von Seths leben geht weiter:
Hie loboda mest liudeo barnun || godas huldi gumun . . . (vgl.
Behaghel s. 40).
v.121. Auf die Schwierigkeit, die das Verständnis von
uuard seggio folc \\ menu gimengid hat, habe ich schon I, 42
lungewiesen.
V. 148. Folc uuirdit eft gihuoroban
te godas rikea, gnmono gisidi
langa huila, endi sted im aidor thit land gisund.
Ob hier der dichter überhaupt eine Vorstellung gehabt hat,
ist mir zweifelhaft. Er spricht vom jüngsten gericht, bei dem
Enoch mit dem erlösten volk zu gottes reich eingeht; thit land
aber ist doch die erde, und die ist von nun an gerettet?
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152
PAULS
V. 154. habdnn im 80 uilu fiunda barn
uuammas geuuisid (vgl. 1, 46).
Die sprachlich unklare stelle ist auch inhaltlich schwer ver-
ständlich.
V. 156 ff. ac biet sie threa faran || ... endi uuas im selbo
[thar mid.
Die Unklarheit der quelle (18, 2 apparnerunt ei tres viri . . .
19, 1 Vetieruntque duo angeli Sodomam vespere) hat auch unserm
dichter Schwierigkeiten gemacht.
v. 178 ff. Zu beachten ist der gedankengang dieser und
der folgenden reden:
(v. 166. Er betete und bat um seine huld): 1) Wobin willst du, berr?
— 2) Ich bin dein knecbt. — 3) Willst du etwas von mir haben? — 4) Ich
bin dir Untertan. — 5) Darf ich dich fragen, wohin du gehen willst? — Oder
v. 191 ff.: 1) Du bist allmächtig. — 2) Du scheidest gut und böse. — 3) Da
bist gerecht. — 4) Du wirst die guten nicht mit den bösen verderben. —
5) Allerdings hast du die macht dazu. — 6) Darf ich dich fragen, wenn du
mir nicht zürnst? u. s. w. — Oder v. 226 ff.: 1) Zürne mir nicht, dass ich
so viel rede. — 2) Ich verdiene deine langmut nicht. — 3) Ich möchte gern
erfahren, ob du das volk schonen oder verderben willst. — 4) Was tust da,
wenn du zehn gerechte findest? — 5) Vergiebst du ihnen und schonst da
sie dann?
Es ist schwer zu entscheiden, ob die anläge oder die aus-
führung dieser reden schlechter ist. Braune (a.a.O. s.31) findet
darin einen bemerkenswerten zug, »JUy; das einförmige feilschen
Abrahams (von 50 auf 45, 40, 30, 20, 10 gerechte) vereinfacht
wird, insofern der dichter Abraham nur dreimal handeln lässt
(50. 30. 10), dafür aber diese reden mit angemessener Variation
weiter ausführt. Das darf man gern als verdienst des dichters
anerkennen. Aber man betrachte andrerseits die unbeholfene
und prosaische art der reden genauer und vergleiche die letz-
teren (die erste allerdings ist frei erfunden) mit der quelle, an
die sich der dichter hier eng hält (Gen. 18, 23— 32): welcher
unterschied zwischen der ernsten ruhigen dialektik Abrahams
dort und der unsichern, zögernden, schier sich windenden elo-
quenz hier, die fast den eindruck unfreiwilliger komik her-
vorruft.
V. 180. Nu hruopat theae uuardas te mi
dages endi nahtes the the iro dadi telleat,
seggiat hiro sundeon.
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ZUR STILISTIK DER ALTS. GENESIS.
153
Der gedanke passt schlecht in den Zusammenhang; im original
mag vielleicht etwas ähnliches gestanden haben wie Gen. 18, 21,
wo es heisst: . . . clamorem, qui venit ad me . . . Die präcisie-
rung durch das persönliche subject und die Zeitbestimmung ist
nicht am platze.
V. 184. Thanna scal sea uuallande
fiur biuallan, sculun sia hira firinsundeon
suara bisenkian, suebal fan himile
fallit mid fiure, feknia aterebat ...
Auffällig und zu tadeln ist der Wechsel von concreten und
abstracten Vorstellungen, zumal in der (wenn auch wol un-
beabsichtigten) form der aufzählung. Vgl. hiermit die dar-
stellung der Zerstörung Sodoms (v.311 ff. s. 147 f.). Im gegensatz
zu der quelle, die hier die drohende strafe nur andeutet, gibt
unser dichter eine detaillierte beschreibung des kommenden
Unheils, nicht ohne dadurch den schlusseffect zu schädigen.
Eine ähnliche vorwegnähme constatierten wir bereits oben
(s. 150).
v. 218. sniumo gisagda: eine unmotivierte bestimmung, wie
163. 181. 307.
v. 244. Der schluss der Unterredung mit gott weist eine
weitere Ungeschicklichkeit der conception auf. Ich sehe wenig-
stens keine motivierung für das gebet und die Versicherungen
Abrahams: wollte der dicjiter das motiv des gebets durchaus
bringen, so wäre eine fürbitte für Sodom nach dem weggange
des herrn trotz seiner unerbittlichkeit das nächstliegende
gewesen.
V. 251. Scoldun sia» befidan, huat thar ferahtera
umbi Sodomaburug, sundeono tuomera
raanna uuari . . .
Aber die engel sind doch nach Sodom gegangen, um zu sehen,
ff thia mann undar htm sulic men fremmiat: so sollte man
hier an die sündigen leute denken, zumal da nun ausführlich
von ihrem treiben erzählt wird. Diese Schilderung (v. 254 ff.)
zeichnet sich durch die schon bekannten gedankensprünge aus:
auf die Wahrnehmung der engel folgt eine constatierung des
dlchters; an abwechslung in der einheit der zeit und der Vor-
stellung fehlt es gleichfalls innerhalb der wenigen verse nicht
(vgl. hierzu auch Behaghel s. 43).
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154
PAULS
V. 270. Thuo gisah he an haband engilos
gangan an thea gardos, so sea fan gode quamun
giuueride mid geuitteo . . .
Die sinnliche anschauung wird durch die abstracte ausmalung
gestört.
v. 272 ff. Man beachte die reihenfolge der einzelhandlangen:
gisah, sprak tuo, geng tegegnes etc.
v. 280 ff. Von vers zu vers wechseln: se gengun (die
engel), hie (Loth) im giungarduom fremide, sea sagdun, he
sat, sia gisagdun. Ferner besteht ein gewisser gegensatz
zwischen den anschaulicheren zügen: se gengun im an is gast-
seli und he sat und den abstracten giungarduom fremide und
held fcrahtlica. Ueber das im zusammenhange allerdings un-
verständliche an uuahtu s. I, 30, Behaghel s. 37.
V. 288. Thuo habdun usas drohtinas bodon
thea firina bifundan, thea thar fremidun nien.
Wann und wie die boten dies erkundet haben, bleibt dunkel;
man stellt sie sich doch noch in Loths wohnung vor, wo sie
ihm guodas so filo, suodas mitteilen.
V. 312. uuard thero burugeo giuuilic || rokos gifollit.
Diese auch von Behaghel (s. 44) gerügte stelle verdankt der
inconsequenz des sich hier jedenfalls an die quelle haltenden
dichtere ihre entstehung (Gen. 20, 25).
Es ist nicht ganz leicht, sich über alle einzelmomente eines
gesammteindrucks in gleicher weise rechenschaft zu geben;
ebenso schwierig ist es, eine reihe von beobachtungen an einein
object wie dem unsern zu einem abschliessenden gesammturteil
darüber zusammenzufassen. Es gibt etwas, das einer syste-
matischen einreihung nach den oder den gesichtspunkten wider-
strebt, das zugleich aber in wie über dem System liegt* So
möchte ich die vorstehenden kriterien der conception und com-
positum des dichtere nicht als allein ausschlaggebend für ihre
beurt eilung augesehen, sondern sie in beziehung zu ihrer ganzen
Umgebung gesetzt wissen und zu dem, was man die Stimmung
oder das et hos des ganzen nennt Fassen wir von diesem
Standpunkt aus die einzelbeobachtungen zusammen, so ergibt
sich folgendes bild von der gedankentechnik des dichtere.
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ZUR STILISTIK DER ALTS. GENESIS.
155
Der dichter der G versificiert einzelne gedanken, der des
H ganze voretellungsgruppen. Das zeigt für den H die Stetig-
keit and sachgemässheit der abwicklung und entwicklung der
darstellung, wie wir sie z. b. s. 143 f. kennen gelernt haben und
weiterhin überall beobachten können. Im gegensatz dazu
zeigt die G eine lockerere aneinanderreihung von einzelgliedern,
die in anläge und ausführung nicht den eindruck der einheit
zu machen im stände ist, da ihr in vielen fällen das band
wechselseitiger beziehung und motivierung abgeht. Und alle
die oben gemachten einzelbeobachtungen über die gedanken-
fuhrung unseres dichters führen auf die eine hauptsache zurück:
auf den mangel an sinnlicher anschauung. Damit tritt die G
in einen gewissen gegensatz nicht nur zum H, sondern auch
zu dem naiven Charakter der ganzen altgermanischen epik,
deren publicum noch sehen will, was geschieht, während erst
der moderne mensch zufrieden ist, es zu hören. ') So offenbart
sich bei unserm dichter eine gewisse Vorliebe für abstracte
Torstellungen, zuweilen am verkehrten ort: innerhalb concreter
Verhältnisse; auch laufen in einer längeren voretellungsreihe
gelegentlich abstracte und concrete gedanken durcheinander.
Können wir daraus schon auf ungenügende übereicht des dich-
tere über eine handlung oder einen zustand schliessen, so zeigt
sich dieser weiterhin in dem mangel an Stetigkeit der dar-
stellung, die oft von einer Vorstellung zu einer andern ab-
schweift, ohne auch nur einer von beiden gerecht zu werden.
Diese erecheinung tritt ebenso in den concreteren figuren der
erzählung und Schilderung wie in den mehr abstracten der
rede auf. So werden einzelne wichtige züge in der ausführung
vernachlässigt, während andere über das mass ihres wertes
hinaus hervortreten; darunter machen sich häufig wider ab-
stracte Vorstellungen geltend, z. b. in den zahlreichen paren-
thesen, die hier nicht immer als typische hilfsmittel der com-
position angesehen werden können. Parenthesen sind im
allgemeinen als retardierende momente aufzufassen: hier aber
stehen sie zuweilen an stellen der handlung, die keine Unter-
brechung zulassen; auch der fall kommt vor, dass durch das
») Miklosich, Die darstellung im slav. volksepos (Denkschr. d. Wiener
ak. d. w., phil.-hist. kl. 38) s. 6.
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156
PAULS
fehlen derartiger motive unvermittelte Übergänge von einem
gedanken zum andern sich bemerkbar machen. Dies charak-
teristicum ist im allgemeinen recht häufig; inconsequenzen in
der durchführung der einheit des ortes, der zeit oder der
handlung innerhalb einer vorstellungsreihe begegnen recht
oft; auch den logischen Verhältnissen der einzelgedanken wird
dabei nicht immer rechnung getragen.
Von diesem Standpunkt aus konnten Paul und Behaghel
unserem dichter die scheinbar im Widerspruch zu einander
stehenden vorwürfe der Weitschweifigkeit der darstellung
(Germ. 21, 95 ff.) und der oft rätselhaften kürze der erzähiung
machen (Behaghel s. 36). Jene beruht z. t. auf der widerholung
schon einmal erzählter tatsachen, dem ausmalen von neben-
umständen u.8.w., diese auf der Vernachlässigung oder Unter-
drückung selbst wichtiger Zwischengedanken
Dieser stilcharakter beruht aber, ebenso wie auf mangel-
hafter anläge, so auch auf mangelhafter ausführung. Aller-
dings empfinden wir die Weitschweifigkeit weniger störend bei
gleichen gedanken, gut variiertem gewand (diese erscheinung
gehört ja zu den typischen eigenheiten des epischen Stils) :
kehrt aber mit dem gedanken auch die sprachliche ausdrucks-
form (bildung von gruppen und Sätzen) wider, so tritt der
Stilfehler deutlicher hervor.1) In der praxis darf man aber
doch nicht zu scharf zwischen den beiden gebieten scheiden;
denn wie oft kann ein an sich correcter und passender gedanke
durch die mangelhaftigkeit des ausdrucks an Wirkung ver-
lieren. Und wie schwierig ist oft nicht die entscheidung
darüber, ob ein Stilfehler auf die rechnung der mangelhaften
gedanken- oder sprach technik des dichters zu setzen ist; um
so mehr, wenn diese durch eine bis ins einzelne gehende
poetische tradition modificiert wird.
II. Satztechnik.
Von einer absoluten norm in der satztechnik unseres epischen
stils können wir kaum reden. Es würde zu weit führen, wollten
wir auf die fundamentalen grundlagen des Verhältnisses von
inhalt und form, von gedanken und satz hier näher eingehen.
>) R. M. Meyer, Die altgerman. poesie etc. (Berl. 1889) s. 513.
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ZÜS STILISTIK DER ALTS. GENESI8.
157
Zwei principien regeln indessen dies Verhältnis doch im
allgemeinen: das der Stetigkeit und das der abwechslung.
Bald dominiert das eine, bald das andere: das stetige fort-
schreiten der epischen handlung findet seine folie in dem an-
schauenden verweilen der darstellung, und die dadurch angeregte
Vorstellungstätigkeit des hörers setzt ihn über die pausen im
fortschritt der handlung hinweg. Die frage nach dem zu-
sammen- und gegeneinanderwirken dieser beiden principien
führt uns zunächst zu einer Untersuchung der satztechnik des
dichters im engeren sinne.
Die satztechnik des dichtere erhält ihr charakteristisches
gepräge durch die art und weise, wie dieser den haupt- und
nebenmomenten der handlung diejenigen der darstellung ent-
sprechen lässt. Wort und handlung müssen in gewissem sinne
einander angepasst sein. Wie die handlung in der regel nicht
schlag auf schlag dahinstürmt, so verträgt auch ihre darstel-
lung dauernd nicht die blosse aneinanderreihung von nova,
keine ununterbrochene folge von hauptsätzen. Wie die technik
des erzählers sachlich eine gewisse consequenz in der ein- und
ausführung der nova, in dem herausarbeiten der historisch
und logisch bedingten Verbindungen des einzelmotivs mit seinen
nachbarmotiven, und ein gewisses ausklingenlassen der motive
fordert, so gehört formell zu den erfordernissen seines Stils
auch ein angemessener Wechsel von haupt- und nebensätzen:
schon traditionell Ein gewisser parallelismus der technik in
dieser beziehung ist daher unvermeidlich. So herscht z. b.
auch in H und G die gleiche gewohnheit, satzgruppen (sinnes-
gruppen) durch nebensatzabschluss voll ausklingen zu lassen:
H«) 65, 6 °/0, G 61, 8 %; der unterschied ist also hier unwesent-
lich. In anderer beziehung treten jedoch auch wider deutliche
unterschiede in der behandluug von haupt- und nebensätzen
hervor.»)
l) 1—675. Erzählung und rede steht genau in demselben Verhältnis
n einander wie in G.
*) Für den H habe ich hier die Zählungen von F. Peters (Satzban im
Heliand, gymn.-progr. Schwerin 1886, s. 2) benutzt ; in gleicher weise habe
ich deshalb die parenthesen und anakoluthe von G und B nicht mitgezählt.
Im folgenden gebrauche ich HS für 'hauptsatz' und NS für 'nebensatz'. —
B bedeutet Gen. B.
158
PAULS
H
2755 HS
— 56,2 °/0
2146 NS
= 43,8«/o
G
224
= 65,5 %
119
= 34,5 %
B
316
= 57 •/•
237
= 43 •/.
Verhältnis der haupt- und r.obensütze.
Die folgende tabelle zeigt die satzcombinationen von H,
G und B: neben freien haupteätzen einfache HS-XS-combina-
tionen, ferner HS mit unter sich subordinierten und endlich
teilweise coordinierten NS-gruppen, alles nach procenteiL
H
0
B
HS frei
51,7
64,8
58,9
HS + NS
28,9
22,9
24
HS 4- subord. NS
10,9
3,3
8,2
IIS + coord. NS
8,5
9
8,9
Das heisst: die G zeigt gegenüber dem H ein plus von 9,3 %
HS im allgemeinen und von 13,1 °/o freien HS; die perioden
sind nicht so mannigfach wie im H. Die Gen. B steht dem H
weit näher; der grund dafür scheint mir das bessere Stilgefühl
des Übersetzers zu sein, das wir ja bei den versen 791—817
controlieren können. Hier erscheinen nur 68,75 °/0 freie HS
bei 75 °/0 der vorläge: die änderungen werden also wol nicht
rein zufällig gewesen sein. Bei einer genaueren Untersuchung
der perioden ergibt sich ferner folgendes:
Nebensatagruppen (subordinierte glieder).
HS +
2
8
4
5
NS
H
44,86
10,28
0,9
0,18
= 56,22
G
23,1
8£
= 26,9
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ZUR STILISTIK DER ALTS. GENESIS. 159
Nebensatagruppen (subord. und coord. glieder).
HS +
2
8
4
5
6
8
NS
H
18,7
16,2
5,2
2,2
1,3
0,18
= 43,78
G
34,65
34,65
3,8
= 73,1
Also: auch hier überwiegt der gebrauch der weniger com-
plicierten Schemata in der G. Mit andern Worten: die G zeigt
in ihren nebensatzgmppen ein bedeutendes plus in der Ver-
wendung von coordinierten gliedern.1) Der dichter scheint
oft der Subordination innerhalb der perioden direct aus dem
wege zu gehen, und andrerseits beruht die coordination häufig
auf der Variation eines gliedes der periode. Ein weiteres an-
zeichen für die Vorliebe des Genesisdichters für coordination
liegt offenbar in der häufigkeit der freien hauptsätze. Auch
sie mögen also einer genaueren prüfung unterzogen werden.
Schon ohne herbeiziehung von statistischem material ge-
winnt der leser altsächsischer epik den eindruck von einer
doppelten Verwendung der hauptsätze: erstens im zwanglosen
Wechsel mit nebensätzen, entsprechend den jeweiligen logischen
und historischen Verhältnissen; zweitens in einer häufung, die
äusserlich betrachtet unserem altepischen stilprincip nicht ent-
spräche. Aber hier wirkt doch ein individualisierendes princip
des dichters mit, das einen ergänzenden gegensatz zu der
tradition der objectiv- ruhigen darstellung bildet. So oft der
dichter nämlich das bestreben hat, ihm besonders wichtige
stellen über das niveau des vorhergehenden und folgenden zu
erheben2), dient ihm eine entsprechende häufung von haupt-
sätzen als angemessenes mittel. Auch hierin stehen H und G
unter derselben tradition: hier wie dort finden wir dies stil-
mittel vorzüglich bei einführungen neuer personen, bei beson-
ders anschaulichen oder dramatischen handlungen oder in
reden als ausdruck eines höheren affects. Nun zu einzelheiten.
Bei der folgenden Statistik habe ich von einer einzelaufzählung
l) Vgl. dazu R.Bechstein a.a.O. 8. 136 f. 'auggedehnte anwendung des
untergeordneten satzes' (im H).
*) Vgl. Peters a. a. o. s. 10 ff.
160
PAÜL8
der häufigeren und weniger praktikabel n hauptsatzgruppen von
2 bis einschliesslich 4 gliedern abgesehen. Von den übrigen
fallen auf gruppen von
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
im H 17,2
17,2
20,7
24,1
7
3,5
1,7
3,5
1,7
1.7
3,5
in der G 54,5
9,1
9,1
9,1
9,1
9,1
Durchsichtiger als das Verhältnis der gruppen unter
einander gestaltet sich das ihrer Sätze zu den übrigen freien
(1 — 4) hauptsätzen: von 1466 freien hauptsätzen des H (146
der G) stehen in gruppen von 5 und darüber im H 450 ==
30,7 o/o, in der G 85 = 58,2 %. Es finden sich also von den
freien hauptsätzen der G mehr als die hälfte zu derartigen
gruppen gehäuft. Wenn die gesammtanzahl der gruppen auch
nur gering ist (11), so nehmen diese doch eine gewisse cen-
trale Stellung ein: sie markieren durch ihre auffallende form
besondere höhepunkte des interesses unseres dichters: nur fragt
es sich, ob jene stellen wirklich, also auch für unser interesse
von solcher bedeutung sind.
Man kann nicht sagen, dass die Verwendung unseres stil-
mittels an irgend einer der Genesisstellen nicht zu erklären
oder zu rechtfertigen wäre:
v. 27. 152 setzt eine bedeutende handlnng ein (vgl. H 780. 2357. 3122.
3541); ähnlich 80, dazu aber 77 Verfluchung.
168. 189. Beginn von reden (vgl. H 272).
17. 306. Bewegte Schilderung bez. handlnng: stürm, Zerstörung (vgl.
H 2241. 2906. 3695. 732. 741).
77. 144. Höhepunkt einer rede, affect; Prophezeiung (vgl. H 3002.
3066. 3626. 3695. 4310).
262. Einführung einer neuen person (vgl. H 72. 252. 501. 1186).
Indessen will ich auch nicht behaupten, dass alle diese
stellen gerade sehr glücklich seien. So wären v. 27 ff. die gar
zn häufigen parenthesen zu bemängeln; die reden Abrahams
gewinnen gewis nichts durch den vergleich mit der ähnlich
gebauten rede Gabriels; Adams Schilderung des Unwetters ist
formell gar zu eintönig (anaphora, paralleler satzbau), und die
atemlose erzählung von Sodoms Untergang v. 306 ff. bietet alle
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ZUR STILISTIK DER ALTS. GENESIS.
161
nur denkbaren Unebenheiten des stils. An den beiden übrigen
stellen scheint mir die häufung nicht am platze zu sein.
v. 114 (Die nachkommen Seths und Kains). Durch die
massenhaften sätze beraubt sich der dichter der Wirkung, die
seine einführung der wichtigeren person Enochs gehabt haben
würde.
Ferner v. 280 ff. (Loth und die boten gottes). Keine in-
haltsnova; kein grösserer nachdruck ruht auf der erzählung.
Nicht ohne bedeutung ist es wol, dass gerade an den beiden
letzten stellen sich die auch von Behaghel (a.a.O. s. 32) er-
wähnten und meiner ansieht nach wenig zu billigenden satz-
widerholungen finden. Noch andere Unebenheiten, zumeist
metrische, zeigen sich gerade bei der hauptsatzhäufung.
Danach können wir unsere bisherigen ergebnisse folgender-
massen zusammenfassen:
1) Die satztechnik der G zeigt eine bedeutende mehrheit
von hauptsätzen an sich, und von freien haupteätzen gegenüber
nebensätzen.
2) In perioden tritt die coordination stärker hervor als die
Subordination.
3) Die freien hauptsätze sind meist zu umfangreichen
gruppen gehäuft.
Dies misverhältnis von haupt- und nebensätzen entspricht
nicht dem beim H constatierten ruhigen fluss der darstellung,
den ein angemessener Wechsel zwischen vorwärtsschreiten und
verweilen charakterisiert. Auch in G ist ein solcher Wechsel
vorhanden, aber die gegensätze sind zuweilen zu schroff. Die
einzelnen gefüge sind unter sich zu locker, die gruppen lassen
in der zwanglosen aneinanderreihung ihrer glieder oft die
notwendigen Verbindungen vermissen. Besonders die haupt-
satzgruppen zeigen an verschiedenen stellen ihre Unzulänglich-
keit, deren letzter grund ihre nicht sinnesgemässe Verwendung
ist Der dichter beherscht das von der tradition übernommene
stilmittel nur äusserlich, wie er gleichfalls die natürlichen
mittel für retardieren und beschleunigen gelegentlich verkehrt
anwendet, so dass sie gerade die entgegengesetzte Wirkung
haben.
Betrüge iur gewichte der deuttchen iprache. XXX. U
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162
PAULS
Bis hierher hat uns der satz einfach als träger eines ge-
dankens gegolten, ohne rücksicht auf das inhaltliche Verhältnis
der einzelgedanken zu dem ganzen. Das letztere Verhältnis
soll im folgenden untersucht werden.
In vier schematen prägt sich das Verhältnis der gedanken
zu einander aus:
1) Der zweite gedanke bringt einen dem ersten völlig
neuen inhalt, ein gedankennovum: AB.
2) Der zweite gedanke deckt sich völlig mit dem ersten: AA.
3) Der zweite gedanke deckt sich im wesentlichen mit dem
ersten; er zeigt etwa eine leichte special isierung: Aa.
4) Der zweite gedanke deckt sich nur zum teil mit dem
ersten; beide gehen von demselben punkt aus, aber der zweite
schiesst über den ersten hinaus mit einem teilweisen novum,
z. b. einem begriff snovum: AAb.
Die Verwendung dieser Schemata ist im allgemeinen klar.
Das erste ist weitaus das häufigste: es charakterisiert die fort-
laufende darstellung; die übrigen sind retardierende momente.
Man kann aus H und G etwa folgende belege notieren:
AA. Aus H:
V. 168. Than scalt thu eft uuord sprekan,
hebbean thinera stemna giuuald: ni tharft thu stum uuesan
langron huila.
V. 197. Scred thie uuintar forth, || gieng thes iares gital.
V. 264. thu scalt uses drihtnes uuesan
modor mid mannon, endi scalt thena magu fuodean
thes hohen himilcuninges suno.
V. 3916. that im thann fliotan sculun
fan is lichamen libbiandi flot,
rinnandi uuater, ahaspring mikil,
cumat thanan quica brunnon.
V. 5564. Thia liudi spracun
hoscuuord manag helagon Criste,
gruottun ina mid gelpu.
V. 5651. Hie ankenda iro mirkiun dadi,
gifuolda iro fegnes.
In keinem dieser belege bringt der zweite gedanke irgend
etwas zum ersten hinzu: nur v. 169 ist sein ausdruck etwas
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163
entschiedener. Der neue satz specialisiert nicht, aber er zeigt
auch keine Verallgemeinerung. Von den 6 beispielen stehen 3
in directer rede, 2 (5565. 5651) in der einführung einer solchen.
Aus G:
V. 14. hu scultra unit nu libbian, efto hu sculun uuit an thesum
[liahta uuesan?1)
V. 161. endi scolda usas unaldandas
geld gifrummian, endi scolda thar goda theonan.")
V. 184. Thanna scal sea uuallande
fiur binallan . . . suebal fan himile
fallit mid fiure.8)
V. 169. ik biun thin egan scalc,
hold endi gihorig, thu bist mi herro so guod,
medmo so mildi.
v. 14. 184.169 in der rede.
Aa. Aus H:
V. 70. than lang hie giuuald ehta
Erodes thes rikeas endi radburdeon giheld
Jndeono lindi.
V. 115. hiet t hat frnod gumo foroht ni uuari,
biet that hie im ni andriede.
Y. 262. ni habi thn nuekean hugi,
ni foroht i thu thinon ferahe : ni quam ik thi te enigon freson herod
ni dragu ik eni drugithing.
V. 318. Ni uuis thu . . . Mariun uureth . . .
ni forhngi thu sia ti hardo,
ferner 3712,37.45. 3801. 3905,12. 5584. 5612,31.92; davon 7
in der rede, 1 (3912) in redeeinführung.
Aus G:
V. 19. huilum thanne fan himile heto skinit,
blikit thiu berahto sunna.
») Die Verbindung mit efto ist nicht schön, gerade weil beide gedanken
to völlig gleich sind. Bei einer gewissen modificierung könne es eher
rtehen, da ea mehr fortaetzend als entgegensetzend verwendet wird (vgl.
H 26 ff. 1422.
*) Opfer bringen — gott dienen: Verallgemeinerung; über die form
a. 1,28.
•) Scheinbare apecialisierung; schlecht, weil für den Zusammenhang
zu concret gedacht
11*
164
PAULS
V. 48. ia dror sinkit nu an erda, |] suet sundar ligit.1)
V. 104. thigrun aftar uuel, || uuohsun uuanliko.«)
V. 125. thas uuard anuuerdit sau
Sedas gisidi, uuard seggio folc
meuu gimengid vgl I, 42.
V. 192. all bi thinun dadiun sted
thius uuerold an thinum uuillean, thu giuuald hauas
obar thesan middilgard manna kunnias 1,49 f.
V. 285. Suart furdhur scred
narouua naht an skion, nahida moragan,
davon 3 in der rede.
Aab. Hierher könnte man rechnen:
H V. 46. En uuas iro thuo noh than
firio bamun biforan, endi thiu fiui uuarun agangan:
scolda thuo that sehsta saliglico
cuman thuru craft godes endi Oistes giburd.
G V. 16. gisuuerek upp dribit
kumit haglas skion himile bitengi.
V. 44. uue8an thiu hugi hriuuuig, thes thu mid thinum handon
gidedos,
that thu uuurdi thines bruodar bano.
V. 140. Thann hier ok thie ledo kumit,
that hier Antikrist alla thioda
uuerod auuerdit.
G 16. 44 in der rede.
Das sind im ganzen 22 H- und 13 G-belege. Die letzteren
fallen einigermassen durch ihre zahl auf (ein beispiel auf 25 G-,
aber erst auf 45 H-verse). Im übrigen zeigen sich keine grossen
unterschiede; 52,4 °/0 (59,1 ° 0) der H- und 61,5 °/0 der G-belege
stehen in der rede (bez. redeeinführung). Die differenz wird
durch die tatsache aufgehoben, dass in den 222 versen der
bergpredigt, die zu unserm zählstoff gehören, kein einziger
beleg zu finden ist: nur der dialog kommt in betracht, und
zwar speciell die eingangsverse der einzelnen reden. Und dann
überwiegt numerisch das material der G.
') Verunglückter ausdruck; 1,27.
*) Ich empfinde auch diesen parallelismus als nicht ganz untadelhaft;
der zweite gedanke scheint mir (wie v. 184) zu concret für den Zusammen-
hang zu sein.
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ZUR STILISTIK DER ALT8. GENESIS.
1G5
In der inneren anwendung dieser stilmittel konnten wir
also Übereinstimmung zwischen H und G erblicken, dagegen
zeigte G einige Unebenheiten, die vorzugsweise auf die aus-
drucksweise im einzelnen zurückzuführen sind. Für die kritik
ist die letztere von grösserem wert, da sie weit deutlicher als
das allgemeine traditionelle element über das poetische können
des dichtere aufzuklären imstande ist. So dürfen wir also aus
praktischen rücksichten die drei retardierenden momente zu-
sammenfassen und nach der gleichartigkeit ihrer äusseren
erscheinung (eines gewissen wechseis im ausdruck) mit dem
namen satzvariation belegen. Was darunter genauer zu
verstehen ist, darüber mag eine Orientierung nun am platze sein.
III. Variation.
Allgemeines.
Unter dem namen Variation pflegen wir heute mehr
erscheinungen zusammenzufassen als R. Heinzel in seiner
abhandlung über den stil der altgermanischen poesie getan
hat. Dort spricht Heinzel nur von der i Variation' der aussage:
(s. 9) 1 ... Verbindungen von begriffen, gedanken, urteile. ..
Ein aus mehreren Worten bestehender ausdruck wird variiert,
dasselbe noch einmal gesagt, gewöhnh'ch durch dieselben Satz-
glieder und in einer gewissen parallelen form.' Heinzel be-
schränkt nun den terminus nicht auf die variierte widerholung
des prädicats, er geht zugleich auch auf die satzvariation ein,
die ja denselben motiven ihren Ursprung verdankt: die Wichtig-
keit einer idee durch häufigkeit und sinnfälligkeit ihrer Ver-
wendung kund zu tun, oder, noch allgemeiner und für die
sprach technik des naiven menschen, also auch des volkstüm-
lichen dichtere von gleich grundlegender bedeutung: durch
extensität des ausdrucks intensität des eindrucks zu erzielen.
Von derselben intensität der Vorstellung geht natürlich der
dichter aus, doch darf sie nicht in dem masse in ihm domi-
nieren, dass sie nicht dem allgemein menschlichen wie auch
speciell dichterischen princip der abwechslung rechnung trägt:
an stelle einer geschmacklosen und unkünstlerischen wider-
holung entsteht so die 'Variation' der aussage.
Wenn nun anstatt auf einem gedanken vielmehr auf einem
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166
PAULS
einzelbegriff ein besonderer nachdrock ruht, so folgt die
spräche demselben princip; ist dieser begriff ein nominaler teil
des satzes, so spricht die grammatik von Opposition'. Die
Stilistik kann jedoch mit diesem indifferenten terminus nicht
viel anfangen: sie muss den inneren wert der erscheinung
prüfen, und kommt damit zu der Unterscheidung zwischen
progressiver (weiterführender) und regressiver (ausführender)
apposition. Jene führt durch ein begriffsnovum bewegung,
diese mit dem zurückgreifen auf den auszuführenden begriff
eine gewisse ruhe herbei. Da nun für den epischen stil nur
bewegung aus handlung von wert ist, so werden wir die
progressive apposition als stilprincip ziemlich vergebens suchen,
während die regressive eines seiner wichtigsten retardierenden
momente ist Auch durch ein mehr äusserliches charakte-
risticum entfernt sich diese erscheinung von dem rein gram-
matischen begriff der apposition: sie folgt nicht notwendig
unmittelbar ihrem beziehungswort, sondern oft erst nach
anderen Satzteilen, ja nach nebensätzen. Häufig steht sie am
schluss des ganzen satzes (Heinzel s. 5). Damit ist sie denn
keine eigentliche 'apposition' mehr: die correctere bezeichnung
'Variation' hat sich darum auch für sie eingebürgert: zum
unterschied von der 'prädicativen' oder gedankenvariation
könnte man sie nominal- oder begriffsvariation nennen. Doch
würde eine consequente Unterscheidung der beiden arten
mehr der theorie als der praxis nützen, denn der schaffende
dichter wird sich wol häufig genug weniger auf die kraft
und fülle seiner anschauung als auf seine sprachliche technik,
vor allem auf seine beherschung des traditionellen synonymen-
schatzes verlassen haben. Wir werden indessen die sinngemässe
anwendung unsers Stilmittels in dem handinhandgehen beider
demente begründet finden.
Im letzten ende führt Variationstechnik auf einen affect
zurück: die lebhaftere teilnähme, das gesteigerte pathos ver-
anlasst eine gleiche Steigerung und belebung des ausdrucks.
Der nachdruck, der auf einer äusserung beruht, macht sie
breiter, verlangsamt ihr tempo: wie häufig erfordert nicht in
der musik das crescendo ein rallentando. Hat nun aber in
der dichterischen anschauung ein begriff das sinnliche über-
gewicht über einen anderen, so muss der poet vor allem darauf
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ZUR STILI8TIK DER ALT8. GENESIS.
167
bedacht sein, das stilistische gleichge wicht nicht dadurch zu
stören, dass er allzu frei seinem gedanken lauf lässt. Es
würde ihm schlecht anstehen, wenn er z.b. das subject dem
verbalbegriff an nachdruck und umfang zu sehr voranstellte;
vor allem würde er so das ruhige fortschreiten der darstellung
unterbrechen. Um den hörer also nicht längere zeit beim
subject verweilen zu lassen, als es die bedeutung des prädicats
gestattet, fühlt sich der dichter veranlasst, seine accente zu
verteilen und an stelle von ausgeführtem subject — prädicat —
so zu ordnen: subject — prädicat — ausführung (also 'appo-
sition' oder besser 'Variation'). Damit wäre zugleich auch das
gnmdschema für die Stellung der Variation gegeben, das uns
selbst aus den verwickeltsten begriffs- und gedankencomplexen
immer wider hervortritt, so oft auch der dichter variierend
auf ein thema zurückgreift.
So entsteht durch die doppelwirkung der objectiv fort-
schreitenden handlung und der subjectiv verweilenden an-
schauung jener concrete Charakter des epischen stils, der in
der tat das volk noch sehen und erleben lässt, was geschieht.1)
Ihm entspricht eine weitere art des gehobenen ausdrucks
(Heinzel s. 3 ff.): die ersetzung des pronomens durch ein nomen
bei der wideraufnahme eines begriffes. Die fülle der anschauung,
die die begriffsweit der altgerm. dichter umgibt, und der er-
erbte reichtum ihrer ausdrucksmittel lassen die pronominalen
beziehungen matt, abstract und unpoetisch erscheinen: an ihre
stelle tritt dasselbe stilelement, das den typischen ausdruck
ihrer sinnlichen gedankentechnik bildet, die Variation. Sie
stellt also auch hier die anhalts- und ruhepunkte in der be-
wegung dar, welche ein pronomen in folge seines mangelnden
anschauungswertes nicht bieten konnte.
An dieser stelle möchte ich noch auf zwei erscheinungen
eingehen, die zwar nicht unter den allgemeinen begriff der
Variation fallen, aber ihm nicht zu fern stehen. Auch bei
ihnen ist jenes princip wirksam, das durch eine art von
accentteilung den hauptbegriff seines vollgewichts entlastet.
Und zwar tritt diese ein ohne rücksicht darauf, ob der sprach-
liche ausdruck direct eine solche trennung zulässt. Das ist
») S. oben 8. 155.
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108
PAULS
zunächst der fall bei einem complexen begriff wie z. b. nomen
-f attribut l) (Heinzel 3, s. 12). Ich brauche wol kaum hervor-
zuheben, eine wie bedeutende rolle diese erscheinung in der
spräche des gemeinen mannes spielt2); in manchen dialekten
werden starke misfallensurteile fast nur in dieser Stellung ge-
braucht. Vor allem beliebt ist die trennung eines complexen
begriffes oder seine durchkreuzung mit dem ganzen oder teil-
weisen verbalbegriff; über die inneren gründe dieser Stellung
s. oben (s. 167). In gleicher weise wird auch das prädicat be-
handelt (Heinzel s. 13).
Nicht viel anders liegt die sache, wenn ein einfacher be-
griff unter dem hochton steht. Verträgt sich starke hervor-
hebung eines Satzteiles nicht mit der bedeutung der übrigen,
so spaltet der accent gewissermassen den tragenden gedanken
oder begriff oder ausdruck: daraus entspringt z. b. die primi-
tive widerholung (chume chutne geselle min Meyer a. a. o. s. 228),
oder die künstlerisch höher stehende variierende widerholung
(0 ich thor, ich rasender thor aus Schillers Xenien, Meyer s.229)..
Auf die fülle des unter diese allgemeinen gesichtspunkte 3)
fallenden Stoffes kann ich hier nicht näher eingehen: wenig-
stens sei aber noch die vocativische anrede erwähnt: Willst
du mit, Hänsehen? im gegensatz zu dem primitiven Will Häus-
chen mit? Gerade hier hat die spräche wol am frühesten den
personalbegriff in zwiefacher weise ausgedrückt. Eine voll-
kommene parallele dazu bildet die erscheinung, auf die Heinzel
unter lc (s. 7) eingeht : die voranstellung des pronomens (der
dritten person). Es ist ein in der gewöhnlichen rede ungemein
häufiges ausdrucksmittel; z.b. auf die frage: Is Henscliel Willem
noch ni derheeme? folgt die antwort: A is ni drhecme, HenscheL
Oder: Ich ha's'n sat, dei gelapsche do (Hauptmann, Fuhrmann
Henschel s. 3 bez. 50; licen verludern lasst a'n, dr Pauer (ders.,
Vor Sonnenaufgang s. 41). An stelle der zweigipfligen satz-
curve (Henschel is ni drhceme) tritt also die eingipflige, in-
dem man einen der betonten begriffe aus der ursprünglichen
Verbindung loslöst und ihn gleichsam ergänzend dem satz folgen
') Vgl. Bechstein 8. 137. Peters s. 6.
a) Vgl. Hellwig, Die Stellung des attributiven adjectivs im deutschen.
Diss. Giessen 1898, s.44; 'Apposition mit prädicativem nachdruck' ebda. s. 168.
») Vgl. hier Meyer s. 230 ff.
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ZUR STILISTIK DER ALTS. GENESIS.
169
lässt. Dadurch sieht man sich veranlasst, auf den nach-
gestellten hauptbegriff proleptisch hinzuweisen, und diesen
zweck erfüllt das pronomen. Der form nach haben wir es
hier also nicht mit einem regressiven, sondern einem pro-
gressiven stilelement zu tun — was nach den erörterungen
von s. 166 ausserordentlich auffallen müsste — ; aber im gründe
ist es regressiv. So erklärt Heinzel (s. 7): 'dem dichter schwebt
ein neuer begriff so lebendig vor äugen, dass er ihn wie ein
bekanntes mit dem pronomen einführt und erst später mit dem
eigentlichen worte unzweideutig bezeichnet'. Somit liegt in
Wirklichkeit doch auch bei dieser 'pronominalvariation' keine
abweichung von der oben (s. 167) constatierten gewohnheit des
dichters vor.
In dem capitel 'satztechnik' ist bereits ein teil des Stoffes
behandelt, der unter der Überschrift 'Variation der aussage'
hierher gesetzt werden könnte. Für jene 'satzvariation' in-
dessen bot sich ein anderer ausgangspunkt dar als der, welcher
nach den vorstehenden erörterungen zur betrachtung jenes
zweiten teiles führt, der Variation des prädicate.
Rein äusserlich betrachtet bildet diese eine gewisse er-
gänzung zur satzvariation. Während die letztere vorwiegend
in hauptsätzen auftritt, herscht in nebensätzen die prädicats-
variation vor.
Die Ursache für diese Verschiedenheit der Verwendung
liegt offenbar darin, dass der dichter aus ästhetischen rück-
sichten die Variation eines vollständigen nebensatzes mit seinem
relativischen oder conjunctionalen eingang gescheut hat. In den
3 Heliandstellen (3736 relativsatz und 3916. 5691 conjunctional-
sätze) sind diese eingänge nicht widerholt, ebensowenig G 16.
G 44 und 140 weisen eine formell so stark ausgeprägte Varia-
tion auf, dass die notwendige conjunctionelle einführung der-
selben nicht zu unangenehm auffällt,
*) Das material für die Untersuchung des H bilden ca. 1000 verse:
1-338. 1279-1502. 3671-3925. 5532—5712.
Die Variation in Q und H.
Satzvariationen: HS
H 19 = 86,4 °/0
G 10 = 77 °/0
NS
3 = 13,6 o/o
3 = 23 •/„.
170
PAULS
Fassen wir unter prädicatsvariation die Variation
sämmtlicher verbal begriffe zusammen, so ergibt
Prädicatsvariationen : HS
H 23 = 41,1 •/,
G 18 = 64,3 0 o
NS
33 = 58,9%
10 = 35,7%.
Also auch hier wider ein bedeutender unterschied zwischen H
und G. Gehen wir indessen näher auf die einzelerscheinungen
ein, so könuen wir als prädicatsvariation in engerm sinne nur
diejenige des verbum finitum ins auge fassen (H 77. 130. 1349.
52. 68. 1434. 95. 97. 3721. 24. 3844. 57. 64. 5555. 56. 90. 5017.
91. 98. 5709. G 46. 65. 68. 153. 165. 176. 181. 227. 246.306):
Verb, fin.: HS
H 3 = 15%
G 5 - 50%
NS
17 = 85%
5 = 50%.
Diese differenzen sprechen ganz entschieden zu Ungunsten von
G: wir sollten in ihr (wie es sich bei H gezeigt hat) in weit
grösserem massstab ein zusammengehen der retardierenden
Stilmittel, des nebensatzes und der Variation, erwarten.
Der unterschied dieser tabdle von der vorhergehenden
weist auf andere Ursachen hin. Die nominalforraen des ver-
bums (infinitiv und participium) zeigen in der Verteilung ein
anderes bild (H 2. 149. 164. 168. 183. 184. 189. 230.311.317.
320. 328. 1359. 360. 1405. 10. 21. 49. 51. 69. 72. 74. 3887. 5608.
75. G 28. 37. 39. 41. 72. 77. 156. 160. 177. 232. 237. 294):
Infinitive: HS
H 12 = 48 %
G 8 = 66,7 %
NS
13 = 52 %
4 = 33,3 %
auch hier eine nicht unbedeutende differenz, dagegen (H 123.
166. 170. 1326. 3895. 5558. 78. 5647 ; 64. 3919. 5591, G 47.
71. 147; 20. 32. 204):
Participien: HS
H 8 = 72,7 %
G 5-83,3
NS
3 = 27,3%
1 = 16,7%.
So können wir diese erscheinungen nicht völlig den eigentlichen
prädicatsvariationen gleichstellen; sie bilden vielmehr eine über-
gangsstufe zu den nominalvariationen.
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171
Was die Verteilung der prädicatsvariationen auf erzählung
und rede (incL einführung derselben) anbelangt, so besteht
zwar ein unterschied von derjenigen der satzvariationen; H
und G zeigen jedoch weder in der gesammtzahl, noch im ein-
zelnen nennenswerte differenzen; es herscht fast die gleiche
Übereinstimmung wie vorher:
Satzvariationen: erzählung
H 9 = 40,9°o
G 5 = 38,5 •/•
Präd.- Variationen:
H 17 = 30,4 °/0
G 7 = 25
rede
13 = 59,1 %
8 = 61,5 »o
39 = 69,6 •/•
2 t = 75°/0
Aus dieser Übereinstimmung dürfen wir immerhin den schluss
ziehen, dass die rede mit ihrem stärkeren affect und ihren
weniger zahlreichen und bedeutenden inhaltsnovis ein besonders
günstiger boden für die Variationstechnik ist. Das maximum
bilden auch hier die verba finita mit 70 (H) : 80 (G) °/o rede,
das minimum die participien mit 55 (H) : 66,7 (G) °/0. Zum
schluss zeigt sich auch hier widerum ein auffallendes plus in G;
hier eine prädicatsvariation auf 12, im H auf 18 verse.
Unter den 28 prädicatsvariationen der G befindet sich nun
eine ganze reihe, die einer genaueren betrachtung wert sind.
Auf einige von diesen habe ich schon früher hingewiesen, und
zwar bei der besprechung der abweichungen im wortgebrauch.
Solche stellen sind:
V. 46. thes ni habda he eniga genuurnhte te thi, || sundea gisuohta ;
V. 71. Thoh thu sog aledit sis, || mid firinum bifangan;
P, 35.
V. 72. thoh nnillik thi frithu settean || togean sulic tekean;
[1,6 f. Ben. 36.
V. 77. cuman te thines herron sprako, || uueslean thar mid uuor-
[don thinon; Beh. 19.
V. 227. hu ik ans filu mahlea || uneslea unider thi mid minnm
[uuordam ; I, 46.
Solche stellen führten oben zu der Vermutung, dass der aus-
druck des dichtere nicht immer gleichen schritt mit seinen
172
PAULS
gedanken gehalten habe. Andere stellen zeigen neben mangel-
haftem wortgebrauch auch noch andere technische Uneben-
heiten.
V. 160. thuo fundun sia Abraharaa bi enum ala standan,
uuaran enna uuihstedi.
Das wäre eine ganz concrete Vorstellung: warum widerbolt denn der dichter
den nunmehr bekannten begriff ala durch uuihstedi mit dem unbestimmten
artikel? Jedenfalls hat er, ohne irgend eine Anschauung zu haben, nur
eine synonyme phrase niedergeschrieben: gerade die folgenden gedanken
scheinen diese annähme zu bestätigen (vgl. 1, 28 ff.).
V. 204. muot thanna that land gisund
uualdand an thinum uuillean giuuerid standan?
Zum ausdruck 1, 43. 50 ; wir haben es hier mit der Variation eines teil-
begriffs zu tun, der obendrein durch seine äusserliche trennung von dem
zugehörigen verbum nicht die schwere besitzt, ohne die ein begriff nicht
variationsfähig ist. — Eine weitere Variation eines zu leichten begriffes
findet sich
V. 176. Thuo quam im eft tegegnes godas anduuordi
mahtig muotta; 1,52. Beh. 41.
Hier ist nicht der verbal-, sondern der nominalbegriff das wesentliche. Auf
ihn geht allerdings mahtig zurück, aber anduuordi hätte etwa in einem
spraka eine parallele finden müssen; obgleich auch dann die stelle noch
nicht glatt wäre. Aehnlich liegt die sache bei
V. 41. that he bihelan mahti herran sinum
thia dadi bidernian.
Zunächst liegt hier ein grammatischer fehler vor: bihelan kann nicht absolut
stehen. Wichtig ist ferner nicht der verbalbegriff bütelan, sondern das
ganze prädicat thia dadi bihelan, und das hätte eine entsprechende Varia-
tion finden müssen. In unserm falle ist das varians weit schwerer als das
variatum ! Auch
V. 306. Thuo uurnbun eft uuider helega uuardos,
godas engilos, gengun sniumo
zeigt eine fehlerhafte Variation, die durch das novum sniumo dem zu va-
riierenden uurubun uuider nicht gerecht wird. Endlich bietet uns
V. 232. the sea liggian sculun, || fegia biuallan
die parallele zweier ganz incommensurabler begriffe: 'liegen' | 'fallen' —
und damit einen der schwersten fehler gegen das wesen der Variation.
Bei 11 stellen von 28 mussten also aussetzungen gemacht
werden; und das kennzeichnet die mangelhaftigkeit der Varia-
tionstechnik des dichters. So häufig er das stilmittel ver-
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ZUB STILISTIK DER ALTS. GENESIS.
173
wendet, so ist er doch nicht völlig in dessen geist eingedrungen:
wenn er auch die form von der tradition übernommen hat, die
innere bedeutung der erscheinung ist ihm nicht klar geworden
oder überall klar geblieben.
Die oben constatierten Unebenheiten finden sich in gleicher
weise in den mehr verbalen wie in den mehr nominalen formen
der prädicatsvariation. Irgend welche weiteren unterschiede
zwischen diesen beiden formen sind mir nicht aufgefallen.
Mit der nominal Variation komme ich auf das eigentliche
gebiet der arbeit von Pachaly: ich werde gelegentlich auf diesen
hinzuweisen haben; für meine Statistik habe ich indessen weder
seine, noch ßoedigers oder Behaghels auszählungen benutzt.
Wie es sich besonders bei P. gezeigt hat, geht die theoretische
definition der Variation nicht immer so glatt in der praxis auf,
und so kann es nicht verwundern, wenn meine zälilungen einige
differenzen von denen Pachalys und Behaghels aufweisen. Zur
rechtfertigung setze ich die belege für die folgenden kategorien
der absoluten nominalvariationen her.
a) Gott (im H + Christus).
H 26. 30. 49. 90. 109. 135. 240. 324. 326. 331. 1284. 86. 1334. 77.
1402. 71. 3671. 83. 3711. 16. 58. 6a 80. 86. 88. 3883.91. 3921. 5540.43. 67.
83. 86. 98. 5613. 23. 29. 35. 40. 50. &i.
G 8. 23. 25. 31. 101. 106. 134. 152. 155. 168. 174. 191. 229. 273.
b) Abstracta.
H 6. 10. 14. 25. 27. 28. 51. 52. 64. 83. 90. 112. 140. 238. 239. 295.
331. 1302. 07. 17. 30. 41. 42. 46. 48. 54. 55. 65. 91. 1438. 39. 74. 3695.
3709. 46. 59. 7a 88. 91. 3830. 32. 37. 41. 59. 66. 74. 81. 86. 97. 3922. 5563.
82. 5626. 37. 60. 87. 5701.
G 11. 49. 51. 60. 62. 66. 82. 89. 105. 109. 117. 120. 129. 144. 171.
183. 189. 244. 253. 254. 262. 264. 266. 303. 329.
c) Concreto. «
H 15. 52. 62. 68. 97. 126. 165. 176. 193. 194. 215. 230. 246. 248. 249.
251. 253. 255. 269. 291. 296. 306. 312. 316. 323. 326. 330. 335. 1281. 98.
1372. 83. 91. 95. 1400. 12. 30. 49. 61. 77. 86. 90. 1500. 3676. 85. 86. 94.
3700. 14. 26. 30. 33. 45. 64. 71. 82. 96. 9a 3824. 67. 84. 3907. 17. 5532.
32. 35. 38. 41. 43. 43. 4a 49. 53. 57. 70. 75. 56G4. 18. 23. 42. 46. 63. 67.
5707. 11.
G 33. 86. 99. 114. 119. 127. 139. 141. 142. 148. 151. 184. 187. 203.
207. 214. 220. 234. 251. 256. 268. 283. 287. 291. 294. 299. 306. 309. 314.
319. 320. 328.
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174
PAULS
d) Pronominalvariationen.
H 5. 8. 20. 29. 35. 38. 56. 70. 106. 253. 268. 286. 1280. 96. 1308. 10.
53. 58. 1408. 16. 39. 63. 3749. 96. 96. 99. 3830. 46. 60. 5532. 5648.
G 28. 95. 97. 156. 159. 177.
e) Adverbia.
H 327. 1282. 1384.
G 39. 132. 151. 260.
Zu diesen absoluten uni mal Variationen kommen für die
aufstellung der gesammtsumme noch 15 ad jectiv Variationen aus
H und 11 aus G in betracht, deren Specialbehandlung weiter
unten erfolgt. Damit bekommen wir im ganzen 231 belege
aus H gegenüber 92 belegen aus G: also wider ein plus in G:
27 °/o G-verse weisen nominalvariation auf, 23 °/0 H-verse.
Eine entsprechende mehrzahl hatten wir bereits bei den satz-
'3,8 % G : 2,2 o/0 H) und den prädicatsvariationen (8,3 % G :
5,6 °/o H) zu verzeichnen; fassen wir die Variation in ihren
sämmtlichen erscheinungsformen zusammen, so finden wir sie
in 39,1 °/0 der G- und 30,8% der H-verse.
In den einzelnen gruppen stellen sich die Verhältnisse
wie folgt:
a
b
c
d
e
fl
19
26,4
38,9
14,3
1,4%
G
17,3
30,8
39,5
7,4
5 •/•
Von den hier festgestellten unterschieden ist besonderer wert
auf den in der Variation von abstractis und concretis zu legen.
Die pronominalvariation zeigt nach der häuligkeit ihrer
Verwendung auch eine differenz, doch wage ich nicht daraus
Schlüsse zu ziehen. Erst eine eingehendere betrachtung der
belege scheint das zu ermöglichen. Wie wir oben (s. 170) ge-
sehen haben, wird das verbum finitum vorwiegend im neben-
satz variiert, die nominalformen des verbums dagegen im haupt-
satz, und ähnlich steht es mit der nominalvariation überhaupt,
von der auf hauptsätze fallen
a
b
c
d
e
H 61
66,7
59,5
35,5
100 °,o
G 64,3
68
62,5
83,3
75 •/•
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ZUR STILISTIK DER ALTS. GENESIS.
175
Auf e) kann kein wert gelegt werden; auffallend aber ist
vor allem die differenz in der Verteilung der pronominal-
variationen, die H gewöhnlich im NS, G im HS verwendet.
Als die norm werden wir doch die pronominalvariation des H
ansehen müssen. Das erhärtet auch ein vergleich mit dem
Beowulf, in dem unsere erscheinung ebenfalls (wenn auch nur
mit 56,3 °/o) in den nebensätzen überwiegt. Ueberhaupt scheinen
nebensätze mit ihren meist steigenden eingängen und häufiger
Verwendung von pronominibus dieser art von Variation beson-
ders günstig zu liegen. Gegen diese auffassung spricht auch
die Sachlage des Beowulf nicht, denn dieser unterscheidet sich
gerade in seiner Variationstechnik nicht unwesentlich vom H :
durch eine weit geringere häufigkeit der Variation im all-
gemeinen, wie auch speciell unsrer pronominalvariation: dem
hinweis durch das pronomen folgt nur in seltenen fällen die
nachträgliche nominale bestimmung (den 30 beispielen des H
[1000 verse] stehen nur 16 in v. 1—1500 des Beowulf gegen-
über). Neben diesem zahlenunterschied findet aber eine tiefer
gehende Übereinstimmung im gebrauch von H und Beowulf
statt: hier sind über 93 dort 74 % Variationen des subjects,
während in der G sich nur 33,3 % subjectsvariationen finden.
Nach diesen statistischen erörterungen dürfte es sich ver-
lohnen, auf das material der G genauer einzugehen.
Auch unter den oben citierten nominalvariationen befinden
sich einige, die wir bei der besprechung eines individuellen
wortgebrauchs in der G bereits gestreift haben. So verweise
ich z. b. für
V. 266. mid gumkustium || giuuerid mid geuuitteo
auf 1, 45; gumkust selbst ist eins von den zahlreichen nur in G
belegten nominalcompositis (Behaghel s. 10); sein gebrauch in
der Variation mit giuuüt ist correct
Eine sehr unschöne Variation sehe ich in der stelle
V. 196. that thn thar te henum duoas ubila endi giioda,
lioba endi leda, uuand sia gilica ni sind.
Wir haben es hier lediglich mit einer häufung von synonymen
zu tun: nur die äussere form verrät die Variation, die inneren
bedingungen dafür fehlen. Allerdings treten diese inneren
bedingungen der Variation durchaus nicht immer in gleicher
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176
Pauls
sinnfälligkeit hervor; hier wie bei den meisten ästhetischen,
also auch stilistischen fragen ist der gefühlswert wichtiger als
der absolute begriffswert. Danach sind auch die folgenden
erscheinungen zu beurteilen, die neben auffälligkeiten im wort-
gebrauch vor allem solche in der Variationstechnik zeigen.
Es sind dabei nicht immer nur details, auf die jenes kri-
terium seine anwendung findet: gleich die ersten der zu be-
trachtenden stellen führen auf principienfragen, wie v. 11. 329
u. a. auf diejenige von Variation und apposition.
Wir hatten oben (s. 166) diese ein progressives, jene ein
regressives Stilmittel genannt; vielleicht ist aber damit für
die praxis noch nicht alles nötige gesagt. Die Variation bringt
kein absolutes novum, wie es die apposition häufig enthält,
aber durchaus nicht immer. Man kann also über die Variation
hinweglesen, ohne dass der sinn beeinträchtigt wird, aber das
gleiche ist zuweilen auch bei der apposition der fall. Der
eigentliche unterschied liegt tiefer: die anwendung der appo-
sition richtet sich nach der logischen, die der Variation nach
der gefühls- oder stimmungsmässigen notwendigkeit. Dafür
bieten die genauer untersuchten Heliandpartien folgende belege:
V. 74. uuas fan them liudeon Leuias cunnes,
Jacobas suneas, guodero thiedo.
V. 3793. thes herrosten man, || Erodeses thegan,
V. 5551. cuning Judeono, || Jesus fan Nazarethburh.
In der apposition steht ein eigenname als novum; auch im letzten fall, in
dem es sich um die kreuzinschrift handelt, v. 75 wird die apposition durch
Variation fortgesetzt. Aehnlich ist
V. 253. Sia en thegan habda
Joseph gimahlid, guodes cunneas man,
wobei das letztere wort das vorhersehende thegan variiert. Nach unserm
gefühl würde daun aber Joseph appositionell aufgefasst werden müssen; ob
das hier möglich ist, will ich nicht entscheiden.
V. 326. that is Jesus Crist, godes egan barn,
uualdandes suno.
V. 5607. Maria muoder Oistes.
V. 5611. Johannes iungro Cristes.
Hier haben wir es mit einer notwendigen erklärung zu tun, wenigstens bei
v. 326, wo deren Wichtigkeit ja auch durch Variation bezeugt wird; etwas
mehr formelhaft erscheinen die letzten beiden beispiele; hier spricht auch
die quelle für apposition.
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ZUR STILISTIK DER ALTS. GENESIS.
177
Als Variation beurteile ich dagegen
V. 3884. Huar quam that Judeono folk, quathie,
thina nuidersacon, tha thi hier uurogdun te mi?
Der ausdruck Judeono folk scheint vom Standpunkt des dichtere aus gebraucht
zn sein, und ihm ist Judeo : uuidarsaco wol eine art von synonyraon gewesen.
Aeussere ähnlichkeit mit den versen 74 f. 253 f. zeigt
V. 194. scolda im erbiuuard || suitho godcund gomo
gibidi uuerthan, || barn an burgeon;
doch wage ich nicht, die erste erweiterung mit Sicherheit als apposition
hinzustellen, da ihr inhalt kein wesentliches sinnesnovura bringt. Gleiche
Schwierigkeiten verursacht aber auch ihre einreihung unter die Variationen.
Aus der G verdienen folgende stellen eine besprechung:
V. 12. Nu thuingit mi giu hungar endi thnrst,
bitter balouuerek, thero uuaron unit er bedero tuom.
Hier haben wir es natürlich mit einer apposition zu tun (dagegen Pachaly
9.53; vgl. dazu die allerdings auch nicht schöne Variation sulic uuiti | ha-
ramo mestan v. 11), aber mit einer fehlerhaften apposition. Das ergibt
sich aus dem gebrauch von balouuerek (Beb. s. 14). Der Wechsel der pcrson
(mi — uuit) ist bereits s. 150 gerügt; er Hesse es plausibel erscheinen, dass
der relativsatz sich eng an die apposition anschliesst und nicht etwa an
die beziehungswörter, wenn nicht der directe hinweis in dem pluralischen
thero gegeben wäre. So müssen wir bitter balouuerek wol als eine art von
parenthese auffassen: 'nun bedrängt mich hunger und duret — eine bittere
quäl -— was wir sonst nie empfunden haben'.
V. 103. that im uurdun odana erebiuuardos,
thegnos endi thiornun.
Eine Variation ist hier ausgeschlossen (danach Pachaly s. 88 zu streichen) :
thiornun sind keine erebiuuardos (vgl. v. 99); aus demselben gründe ist aber
auch die apposition tadelnswert. Bliebe formell also nur eine aufzählnng
übrig, die jedoch wegen erebiuuardos = thegnos ebenfalls nicht annehm-
bar ist.
V. 260. Thanna sat im thar innan (burug) adalburdig man,
Loth mid them liudium
▼gl. oben H 253; nach unserm 'namens Loth' ist m. th. I. als Variation zu
thar innan zu fassen.
Die stellen
V. 33. fragoda huuar he habdi is brodar thuo,
kiudiungan man,
V. 268. Thuo te sedla hneg sunna thiu huuita,
alloro bokno beratost,
Y. 328. endi thiu uuif mid im || thriu mid them thegna
enthalten sämmtlich Variationen.
Beiträge rar geschichtc der deutschen spräche. XXX. 12
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178
PAULS
Weder in H, noch in G ist also eine principielle Scheidung
von apposition und Variation möglich, aus dem einfachen gründe,
weil die apposition kein stilprincip unsrer dichtung ist, Be
merkenswert ist dabei, dass die beiden gerügten stellen der
G fehler aufweisen, wie sie für ihre Variationstechnik charak-
teristisch sind: die Ungleichheit oder besser die incommensura-
bilität von variatum und varians. Wie z. b. die apposition v. 14
nicht in den grundbegriff aufgeht, so lassen sich aus der Va-
riation manche fälle aufführen, wo ihre beiden glieder nicht
in dem richtigen begrifflichen Verhältnis zu einander stehen.
Schon die verbalvariation zeigte derartige erscheinungen; v.204
z. b. die Variation eines teilbegriffs.
Hierher gehört
V. 66. Nu ik ni uuelda mina triuuua haldan,
hngi uuid them thinum hlutrom muoda (vgl. s. 151).
Kögel übersetzt: 'Da ich meine treue nicht halten wollte, den frieden deinem
reinen herzen gegenüber. ' Behaghel macht darauf aufmerksam (s. 89), dass
hugi nicht friede heisst. Kögel meint sicher das richtige, aber das bestreben,
auch möglichst wortgetreu zu übersetzen, hat ihn zu einem der vorläge
ähnlichen fehler geführt. Ob triuuua der bedentung 'treue' oder 1 bündnis.
friede' zuneigt, hugi ist keine Variation dazu: es fehlt die hälfte. Aus der
ganz ähnlich gemeinten Variation H 1457 hlultran hugi | holda treuua lässt
sich auch auf die Verbindung von hold mit hugi schliessen, die im H sonst
nicht belegt ist, und diese würde an unserer stelle die Variation correct
machen. Gerade die Variation eines begriffes mit dem allgemeineren, dnrch
das adjectiv specialisierten begriff ist am gebräuchlichsten. Aber die Va-
riation vou substautiv + adjectiv scheint unsenn dichter besondere Schwierig-
keiten gemacht zu haben.
Ein recht auffälliger fehler steht
V. 214. thritig . . . thegno . . . | uuamlosa uueros.
'Fromme, sündlose menschen' ist ja eben der zu variierende begriff, und
der fehlt hier. Auch v. 240 f. möchte ich erwähnen: tehani treuhafttra |
liodi. Die Variation dieser stelle liegt nur in der äusseren form: der Wechsel
von genetivischer und accusativischer construction (Pachaly s.45) stellt tehani
treuhaftera als selbständig, also substantivisch hin. Auf diese weise kann
der begriff durch liodi variiert werden. Aesthetisch ist die Variation in-
dessen wertlos, zumal an unserer stelle, wo doch trotz ihrer widerhoinng
noch ein gewisser nachdruck auf dem adjectivbegriff ruht; vgl. v.203. 207.
214. 219. 234. 251; ganz ähnlich H 1261.»)
l) Uebrigens lassen sich derartige rein formale Variationen auch im H
gelegentlich nachweisen, z. b. 1281 uuisa man \ gumon. Das erklärt sich
leicht, wenn man bedenkt, dass im princip eine adjectiwariation unmöglich
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ZUR STILISTIK DER ALTS. GENESIS.
179
An dieser stelle sei es gestattet, auf das Zahlenverhältnis
der in unseren texten vorkommenden fälle einzugehen. Ich
ordne nach ihrem syntaktischen resp. beziehungswert.
Abstracto.
H: subst. — ; attrib. 3783. 5621; präd. 3767. .3776. 5655.
G: trabst. 196. 284; attrib. -; präd. -.
Concreto.
H: subst. 3753; attrib. 201. 3846. 5625. 5704; präd. 1377. 1494. 3719.
3790. 3794.
G: subst. 240; attrib. 116. 130. 169. 170; präd. 20. 32. 45. 134.
Also 15 belege von H gegenüber 11 von G: welch ein mis-
verhältnis! Weitergehende Schlüsse scheint aber das material
nicht zu gestatten. Erwähnen will ich nur, dass innerhalb
dieser Variationen formell völlige freiheit herscht. Adjective
wechseln mit participien, H 3767 sogar ein adjectiv mit einem
genetiv (enuald | uuilleon guodes). Das dadurch bedingte leise
hineinklingen des verbalbegriffes verträgt sich sehr wol mit der
prädicativen Stellung, die fast alle derartigen fälle aufweisen
(G 20. 32. 134, vgl. die prädicatsvariationen G 204. H 64. 3919.
5591); attributiv steht nur H 5704 negilid sper \ liard.
Einer der oben aufgezählten belege ist aber aus eben
diesem gründe zu bemängeln: v. 45 bluodig | uundun uuorig.
uuorig hat nur die bedeutung 'erschöpft' (sithuuorig H 670.
2238), bildet also keine parallele zu 4 blutig'. Jedenfalls hat
dem dichter sein droruuorag v. 29 (vgl. 1, 32) vorgeschwebt,
dessen erster bestandteil ihn zu der Variation veranlasst hat.
Auch noch an zwei anderen stellen liegen gleichsetzungen von
zustands- und tätigkeitsbegriffen vor, und zwar bei Substantiven:
V. 81. Soroga unard thar thuo gikudit, || inuuidd mikil,
iro kindes qnalm (vgl. 1, 37).
Man beachte hier zugleich den subjectswechsel : soroga (Adam und Eva),
inuuidd (Kain), qualm (Abel; wird im H nnr passiv gebraucht).
V. 189. habda im ellian guod, || uuisa uuordquidi,
vgl. H 3055 habda im eilen guod, \\ thrista githahti: eUen und thrista
gühahti sind zwei schön hervorgehobene charakterzüge des stiel suerd-
ist. Eine qualität kann nicht durch eine andere sinnesgemäss wider quali-
ficiert bez. variiert, sondern nur von dem träger des adjectivbegriffes kann
eine zweite, der ersten verwante, das ganze variierende eigenschaft aus-
gesagt werden.
12*
180
PAULS
tliegan Symon Petrus: wie vereinigen sich aber eilen nnd uuisa uuordquidi
im bild des greisen Abraham (Gen. 18, 11. 12; vgl. Behaghel 8. 41)?
Unerträglich wirkt der besprochene gegensatz, wenn zu
ihm noch Ungleichheit der form hinzutritt. Das ist der fall bei
V. 254. Tho gihordon sie, fegere kann,
an allaro selida gihuuen snndiga lindi
firinnnerk fremmian.
V. 303. Hietnn that sise io ni gihordin snlic gehlunn mikil,
brakon an them bnruginm.
V. 329. Tho gihordun sea thero thiodo qualm ]| bnrugi brinnan.
Behaghel rügt mit recht alle drei stellen (s. 42 ff.) ; dem dichter scheint hier
wirklich hören nnd sehen zu vergehen: auseinanderhalten kann er wenig-
stens gehöre- und gesichtseindrücke nicht mehr. Aehnliches hatten wir ja
auch schon bei v. 2 gefunden.
Anderwärts stellt der dichter unschön auch abstracta und
concreta neben einander:
V. 244. hac he feil im after te bedu, || an kneo craftag.
V. 264. he uuas Abrahamas adalknoslas,
his broder barn.
Die unschönheit des letzten beleges erhellt ein vergleich mit der parallelstelle
H 1298. huilica uuarin allero irminmanno
gode uuerthostun gumono kunnies.
Und ebenso zu beurteilen ist schliesslich
V. 142. thann he mid uuapnu scal
uuerdan Enocha te banon, eggiun scarapun
thuruh is handmegin.
Schon 1, 47 habe ich darauf aufmerksam gemacht, dass hier wie v. 90. 146
die concrete ausmalung des gedankens nicht am platze ist, am allerwenigsten
also ihre Verstärkung durch die an sich richtige Variation.
Ausstellungen mehr formaler art sind zu machen bei
V. 262. habda im uuelono giuuog, |] guodas ginunnan,
ein singular und ein plural, vgl. dazu
H 3774. all that siu habda
uuelono ginunnan, so siu iro niht ni fargaf
guodes an iro gardon.
Variatum und varians machen in ihrer blossen nebeneinanderstellung einen
recht kümmerlichen eindruck:
V. 284. Sia him guodas so filo, || suodas gisagdun.
Demgegenüber ist eine attributive Stellung vorzuziehen wie
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ZUR STILISTIK DER ALTS. GENESIS.
181
H 3783. gihordun is guodun uuord || suotia seggian.
Endlich lässt sich aus dem gebiet der pronominalvariation
unter ähnlichen gesichtspunkten betrachten
V. 146. nurikit ina uuammscadon,
eigentlich: 'bestraft ihn, den Verbrecher'; ina scheint mir hier aber kaum
mehr stilistischen wert zu haben als der blosse artikel tlietia. Ebenso be-
urteile ich
V. 95. thes im thuo bethiun uuard
sinhiun tuem ser umbi herta.
wie unser 'ihnen beiden'.
V. 177. Ni uuilli ik is thi mit hau nu, j| helan holdan man.
Unter den weit zahlreicheren pronominalvariationen des
H habe ich einen solchen Übergang aus einer in die andere
person nicht gefunden.
Als correcte adverbialvariation fasse ich
V. 260. Thanns sat im thar innan (burug) adalburdig man
Loth mid them liudium.
burug muss aus dem vers hinaus, den es sonst verdirbt : die anlehnnng an
die zweite hälfte des compositums, der es seinen Ursprung verdankt, ist
durchaus unstatthaft.
Behagliels bemerkungen zur Variation entnehme ich zum
Schlüsse die beispiele
V. 151. Thuo habdnn eft so suuido Sodomoliudi,
nueros so faruuerkot,
V. 171. uuilthu minas uuiht || drohtin hebbian huat?
An beiden stellen ist unser Stilmittel gar nicht anwendbar,
da die variata gar keinen begriffswert haben: das zeigt auch
die farblosigkeit der ausführung.
In 23 fällen ist also die Variationstechnik des genesis-
dichters zu bemängeln; von ihnen sind 12 Variationen von ab-
stractis, 6 von concretis. Die früher hervorgehobene relative
mehrheit der Variationen von abstracten begriffen an sich
macht sich also nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ
unangenehm bemerkbar.
In allen diesen einzelfällen ist der springende punkt die
Ungleichheit oder incommensurabilität der Variationsglieder.
Gerade dadurch wird unser empfinden am meisten gegen die
technik der G eingenommen. Im H aber findet sich nichts,
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182
PAULS
was sich diesen Übeln Variationsarten zur seite stellen Hesse.
Was er bietet, ist durchaus normal, der Genesisdichter aber
hat aus dichterischem Unvermögen die norm an zahlreichen
stellen verletzt.
Es bleibt nun noch die Variation in ihrem Verhältnis zur
satz- und zur verstechnik zu erörtern.
Ich schicke die bemerkung voraus, dass nach der Zusammen-
fassung s. 174 im H die nominale Variation mit 78 °/0 über-
wiegt: in der G sind es nur 64,3 und das ist auch für den
gesammtstil der beiden dichtungen von Wichtigkeit.
Wenig bedeutsames haben hier die syntaktischen Unter-
suchungen von Ries ') zu tage gefördert. Aehnliche erfahrungen
hat Behaghel gemacht (s. 26), wenigstens in bezug auf die
frage nach der syntaktischen grundlage der Variation. In der
art, wie mehrere glieder desselben satzes variiert werden, hat
Behaghel für den H eine grosse mannigfaltigkeit festgestellt,
der gegenüber die Variation in der G fast dürftig und trocken
zu nennen ist (s. 29). Am wichtigsten scheinen mir jedoch
Behaghels Untersuchungen über die Stellung der einander va-
riierenden glieder im satz zu sein, mit dem ergebnis, dass die
endstellung des nicht erweiterten gliedes im H viel stärker
vertreten ist als in der G (s. 32), und zwar mit 50.6—54,8 °/0 H :
38,4 % G: nur dürfte es doch wol schwierig sein, in dieser
differenz eine gesetzmässigkeit bez. eine abweichung von der
norm nachzuweisen. Ebenso scheint es mir nicht wol angängig,
specielle gründe für die Verschiedenheit der Stellung anzugeben,
oder in ihr ein besonderes stilcharakteristicum zu erblicken.
Daher finde ich auch keinen Widerspruch zwischen den ergeb-
nissen Behaghels und meinen allgemeinen bemerkungen über
Stellung und Verflechtung der Variationsglieder innerhalb des
satzes (s. 167 f.). Weitergehende erörterungen dieser frage
aber halte ich für unzulässig, so lange die Untersuchung nicht
auf ein weiteres gebiet ausgedehnt wird. Die Variation ist
eben ein poetisches Stilmittel: ihre technik ist darum aufs engste
verknüpft mit der poetischen Umwertung der darstellungsform,
') John Ries, Die Stellung von subject- u. prädicatsverbum im Heliand,
QF.41, Strasburg 1880, und Zur as. Genesis. II. Zur Wortstellung, Zs.fda.
40, 270.
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ZUR STILISTIK DElt ALTS. GENESIS.
183
und darum fliessen eben in der Variation , die ihrem wesen
nach 'auf der grenzscheide zwischen den tatsachen des Sprach-
gebrauchs und den eigentümlichkeiten des stils' steht (Beliaghel
s. 25), satz (sprach-) technik und verstechnik in eins zusammen.
IV. Verstechnik.
Dem Verhältnis von inhalt und form hatten wir bei der
Untersuchung der satztechnik das von Stetigkeit und abwechs-
lung zur seit« gestellt. Die entsprechende proportion erhalten
wir für die verstechnik durch die gegenüberstellung von satz
und vers. So kann man sagen: das ganze — die inhaltliche
(syntaktische) einheit — wird oft in teile — formale (metrische)
einheiten — aufgelöst Ein syntaktischer teil ist dann gleich
einem metrischen ganzen. Auf der andern seite werden aber
widerum die metrischen einheiten durch die syntaktischen Ver-
hältnisse ihrer sprachlichen Substrate mehr oder Weniger eng
aneinander geschlossen. Es ist also ein und dieselbe bewegung,
je nachdem wir sie vorwärts vom üfrpiQofitvov oder rückwärts
vom (tvfrfioi; aus betrachten: wir können in ihr gleichsam das
bild eines kämpf es erblicken, der liier mit einem siege des
stärkeren, dort mit einem ausgleich zwischen beiden endet.
Das mittel zum ausgleich ist vorzugsweise die Variation, vor
allem da, wo das logische princip sonst das ästhetische ver-
decken würde. Die grenzen des sinnlichen ganzen dürfen
nicht ohne grund dauernd mit denen der formalen teile zu-
sammenfallen: satz und vers decken sich vielmehr gut nur dann,
wenn die ruhepause an beider ende logisch und ästhetisch be-
rechtigt ist.1)
Satz und vers.
Wenn ich mich nun zu einer Statistik der verstechnischen
erscheinungen von H und G wende, stelle ich mich von vorn-
herein auf den Standpunkt, von dem aus R Fischer, Anz. fda.
25, 41 die Unzulänglichkeit jeder absoluten versstatistik betont.
Ich möchte daher die folgenden metrischen betrachtungen*)
>) Vgl. dazu namentlich M. Deutechbein, Znr entwicklung des englischen
alliterationaverses. Leipziger habilitationsschrift 1902, s. 7 ff.
») Untersucht sind analog dem stoff für die satztechnik H 1—675; für
die berechnungen fallen natürlich die schweUverse (268a. 254b. 555a. 556b
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184
PAULS
nicht ohne stillschweigende bezugnahme auf die resultate der
vorhergegangenen stilistischen aufgefasst wissen.
1) Satzeingänge,
a) Hauptsätze.
Es fallen auf hauptsatzeingänge (HE) die verstypen
A
B
C
D
E
A,
a
b
a
b
a
b
a
b
a
b
a
H 30
40
22
125
18
61
5
11
6
12
14
42,8
57,2
15
85
21,5
78,5
31,3
68,7
33,3
66,7
100
(b!) %
G 30
30
12
81
4
28
11
7
1
6
15
(1?)
50
50
12,8 87,2
12,5
87,5
61,1
38,9
14,3
85,7
100
(v.331) •/.
also G —
7,2
+ 2,2
+ 9
29,8
+ 19%.
Bemerkenswert sind die starken differenzen bei D und E;
doch lege ich mehr wert darauf, dass gerade bei den fallenden
rhythmen (ADE) ein so prägnanter unterschied stattfindet.
G zeigt jedoch neben dem minus in Ab und Db (dem ent-
sprechend plus in BbCb) ein plus in Eb; es liegt also keine
consequente Verwendung dieser beiden rhythmischen kategorien
(fallend und steigend) vor. Ob die differenz zwischen D und E
zu weiteren Schlüssen berechtigt, will ich dahingestellt sein
lassen: zumal ich der meinung bin, dass die Scheidung fallender
und steigender rhythmen ihre grossen Schwierigkeiten hat und
nicht überall glatt durchführbar ist. !) Aus praktischen gründen
halte ich jedoch im folgenden an der herkömmlichen Schei-
dung fest.
Aus der Zusammenfassung der oben verzeichneten fälle
ergibt sich folgendes Verhältnis der eingänge in den beiden
halbzeilen:
—560b. 600a- 605b) fort; ebenso aber aus der G v.25. 116. 236. 322b-
324 a. — Mit a und b bezeichne ich die beiden halbzeilen des langverses.
') So unterscheidet Fischer (a.a.O. 8.50) steigende und fallende C;
Deutschbein (a.a.O. s. 12) schliefst E als unsicher von seiner Statistik fallen-
der und steinender typen aus; und ich meinerseits gewinne aus B-versen
wie H 63a. 67a fon Jlumuburg, 19b IM muosta im erbimiard, 86 that sea
crbiuuard, 87 ac uuarun im hämo los; ferner 133. 149. 375. 401. 404
(sämmtlich a), 405 that ik tu gitellian mag n. a. m. nicht den eindrock
steigender rhythmen.
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ZUR STILISTIK DER ALTS. GENESIS.
185
H 95a = 28,2 % : 249b - 71,8
G 73 a = 32,3 •/• : 152 b = 67,7 %
Bei dem starken überwiegen der Genesisbelege überhaupt
(vgl. s. 161 'bedeutende mehrheit von hauptsätzen') ist die
differenz der verhältniszahlen hier fast belanglos: im H wie
in der G herscht die bekannte gewohnheit des westgerm. epi-
schen stils, nach der hauptsätze vorwiegend mit der zweiten
halbzeile, also nach der cäsur einsetzen.
Bei Unterscheidung von steigenden und fallenden eingängen
gestaltet sich die letzte proportion folgendermassen:
8t. f. 8t. f.
H (54) 15,7 % + (41) 12,5% : (186) 55,3% + (63) 16,5%
G (31) 13,7% + (42) 18,6% : (109) 48,2% + (43) 19,5 %.
Das heisst: die steigenden HE überwiegen, vor allem in b;
selbst hier sind die letzteren stärker vertreten als in a. Ihre
differenzen sind jedoch im Heliand weit grösser als in der
Genesis, deren a-verse im gegensatz zum H sogar eine be-
deutende majorität von fallenden HE aufweisen.
b) Nebensätze.
Es fallen auf nebensatzeingänge (NE) die verstypen
l
a
H 12
{
b
17
58,6
I
a
27
26
5
b
77
74
(
a
15
32,6
b
31
67,4
D
a b
1 3
25 75
I
a
3
75
3
b
1
25
A3
a
14
100 %
G 14
77,8
4
22,2
17
32
36
68
5
31,3
11
68,7
— ! 1
— 100
1
1
100
13
100 ■ „,
also G -
-36,4
-6
+ 1,3 %.
Auf D und E kann nichts gegeben werden, wol aber sind
die differenzen bei B und namentlich bei A beachtenswert.
Vergleichen wir die obenstehende tabelle mit der vorigen, so
ergibt sich für die steigenden NE eine gleichmässigere Ver-
teilung auf a und b, doch stets mit der charakteristischen
majorität in b. Gegenüber der consequenten Verteilung der
HE und NE auf Aa und Ab im Heliand und dem gleichgewicht
der HE in der Genesis in diesen Stellungen fällt eine bedeu-
tende differenz bei den NE stark auf. Endlich sei auf das
186
PAULS
den HE entsprechende Verhältnis (besser mis Verhältnis) der
NS vom typns A3 aufmerksam gemacht.
Die halbzeilen weisen also folgende zahlen auf:
H 72 a = 35,9 °/0 : 129b = 64,1%
G 49a = 48 % : 53b = 52 %
Beide texte zeigen genau das gleiche numerische Verhältnis,
obgleich wir nach der prävalenz der HE in G wol eine mino-
rität der NE hätten erwarten dürfen. Und ferner macht sich
eine gleichmässigere Verteilung der NE geltend, vor allem
in G. Dies ausgleichsbestreben haben wir schon bei den HE
kennen gelernt,
Detaillieren wir die obigen verhältniszahlen, so ergibt sich
Bt f. st. f.
H (56) 27,9% + (16) 8 % : (108) 53,7 % + (21) 10,4 •/.
G (35) 34,3°/. + (14) 13,7% : (47) 46,1%+ (6) 5,9%.
Wie bei den HE überwiegen in beiden halbzeilen die steigen-
den eingangstypen die fallenden, besonders in b; auch hier sind
die letzteren häufiger als in a. Diesmal liegt hier der unter-
schied in der technik der beiden dichter: dem bereits con-
statierten ausgleich zwischen a und b entspricht ein bedeuten-
des plus von fallenden HE in a, während b demgemäss das
correspondierende minus zeigt.
Das Schlussergebnis für das Verhältnis von H und G be-
stellt also in der feststellung von ausgleichstendenzen bei der
letzteren, so wol zwischen den beiden halbzeilen als auch den
rhythmengeschlechtern; und zwar zu gunsten der fallenden
typen und des ersten halbverses.
2) Satzausgänge. ')
a) Hauptsätze.
Es fallen auf hauptsatzausgänge (HA):
A
B
C
D
£
A.
a
b
a
b
a
b
a
b
a
b
a
H 119
40
24
33
14
14
41
3
18
2
6
78,8
25,2
42,1
57,9
50
50
93
7
90
10
100 %
') Ueber differenzen zwischen der gesammtsnrame der satzeingange ttQd
satzausgänge s. unten.
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ZUR STILISTIK DEK ALTS. GENESIS. 187
A
B
C
D
E
As
a b
a
b
a
b
a | b
a
b
a
G 89 29
6
29
2
10
30 i 5
12
3
7
75,5 24,5
17,1
82,9
16,7
83,3
85,7 14,3
80
20
100 °/0
also G - 0,7
+ 25
+ 33,3
+ 7,3
+ 10.
Zunächst ist wider das numerische übergewicht der G-fälle
zu vermerken, speciell in den steigenden typen und in A3.
Ferner erhellt aus der tabelle eine principielle Übereinstimmung
in dem vorhersehen der fallenden rhythmen, vor allem in a,
gegen welche ihre differenz in der G (plus in b) zurücktritt.
Aber auch ein ebenso principieller unterschied der steigenden,
der in einer sehr bedeutenden majorität dieser klasse in den
zweiten halbzeilen besteht. Dafür bieten genauere belege die
Zusammenfassungen nach den halbzeilen
H 222a = 70,7% : 92b = 29,3%
G 146 a = 65,6 % : 76 b = 34,2%,
also widerum auf Seiten der G für einen allgemeinen ausgleich
zwischen a und b, und speciell die Proportionen
st. f. st. f.
H (44) 14 % + (178) 56,7 % : (47) 16 % + (45) 13,3 %
G (15) 6,8% + (131) 58,8 % : (39) 17,5% + (37)16,8%.
Die mehrzahl der hauptsätze schliesst also mit fallendem rhyth-
mus, besonders diejenigen des ersten halbverses (überschuss
in G), während in B die Verteilung der typen fast auffallend
gleich ist.
Diesen Verhältnissen entsprechen die der hauptsatzeingänge
H 28,2% a : 71,8% b
G 32,3% a : 67,7% b;
es existiert also eine fast genau reeiprokes Verhältnis zwischen
eingängen und ausgängen. Die kleine differenz erklärt sich
daraus, dass eine anzahl von hauptsätzen innerhalb der rhyth-
mischen einheit durch nebensätze fortgeführt werden. In an-
betracht dessen, dass fernerhin eine ganze reihe von Sätzen
nur eine halbzeile füllen, ist die Übereinstimmung um so auf-
fallender. Einen ähnlichen vergleich gestatten die gegeuüber-
stellungen der steigenden und fallenden typen (s. 187 : s. 185).
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1>S pacls
b) Ntbeasiue.
K> fallen auf nebensatzausgänge (NA):
A
a b
H 113 35
77 23
B
a b
5 X
16.1 8X9
C
a b
3 10
23,1 76.9
D
a b
17 1
94.4 5,6
E
a 1 b
15
100
A8
a
2
•/•
G 47 15
72* 27.4
7 19
27 73
3 10
23.1 76.9
4 3
57 43
5
100
1
%,
also 6 + 4.4 - 10.9 + 37,4
Wie die HA zeigen auch die XA Übereinstimmung inner-
halb der rhythmischen kategorien: die numerisch stark über-
wiegenden fallenden typen finden sich mit grosser niajorität
in der ersten halbzeile. die steigenden in ähnlicher proportion
in der zweiten. Die G unterscheidet sich wesentlich durch
gleichmäßigere Verteilung speciell der fallenden Schemata (D);
der allgemeine unterschied ergibt sich aus den Proportionen
H l,x.a = 67,7 % : 72b = 32,3 • .
Q 67a = 58,8 0 0 : 47b = 41,2%.
von deuen die letztere H gegenüber die für G charakteristische
nivellierung zeigt, ohne aber derjenigen der NE gleichzukommen,
während die erstere in umgekehrtem Verhältnis zu den betref-
fenden NE steht.
Aehnliche beziehungen finden sich innerhalb der halbzeilen
H (10)4,4% + (145)63,3% : (36) 16,15 % + (36) 16,15 %
G (11)9,7%+ (56)49,1% : (29) 25,4 % 4- (18) 15,8%.
Das heisst: die mehrzahl der nebensätze schliessen mit fallen-
den rhythmen, vor allem in a, die G zeigt diese gewohnheit
in weniger starkem masse als der H: sie weist ein plus von
steigenden NA in b gegenüber rhythmischem gleichgewicht
des H auf. Das resultat stimmt ungefähr mit dem aus den HA
zusammen; sie stehen in einem entsprechenden Verhältnis zu
den nebensatzeingängen.
Die ergebnisse dieser betrachtung lassen sich graphisch so
veranschaulichen (wenn X das überwiegen von steigenden,
\ das von fallenden typen bezeichnet).
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ZUR STILISTIK DER ALTS. GENESIS.
180
1)
2) NE.
3) HA.
4) NA.
a
H
G
G
H
Allerdings berechtigen diese Schemata an sich noch nicht zu
weitergehenden combinationen. Denn das genauere bild der
sätze ergibt sich nicht bloss aus deren ein- und ausgängen,
sondern es kommt dafür auch noch der sat zum fang sehr
wesentlich in betracht. Eine ganze reihe von aus- und ein-
gängen fallen z. b., wie bereits bemerkt wurde, praktisch da-
durch zusammen, dass viele sätze nur eingliedrig sind. Diese
sind also zunächst auszuscheiden und für sich zu betrachten.
Es finden sich eingliedrige sätze unter den 545 ein- und
ausgängen des untersuchten Heliandmaterials: 128 (also 23,5 %),
unter den 327 der G 107 (= 32,7 %), die sich in annähernd
gleichem Verhältnis (geringes plus des H in b) auf die halb-
verse verteilen. Von ihnen sind
a) Hauptsätze 76,6 % (H) bez. 70 */o (G). Hier ist die
Verteilung auf die halbzeilen folgende:
H 37a = 38,1%
60 b
G 33a = 44,6 °/0 : 41b = 53,4 °0.
Davon kommen auf steigende und fallende rhythmen
8t. f. 8t. f.
H (14) 14,3 • . + (23) 23,8 : (43) 44,4 •/• + (17) 17,5 °/0
G (10) 13,5 % + (23) 31,1 «|. : (29) 37,2 % + (12) 16,2 °/0.
Die verhältniszahlen bieten hier keine so bedeutenden diffe-
renzen dar wie die absoluten, bezüglich der letzteren ist aber
jedenfalls die häufigkeit der Genesisfälle bemerkenswert.
G bringt hier ausserdem in a auffallend viele D-verse (9 G :
4 H). Das allgemeine rhythmische Schema der hauptsätze
ist also:
a b
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PAULS
b) Nebensätze:
H 8a
G 7a
25,8 •/.
21,2-0
23b = 74,2 »o
26 b = 78,8%; daTon
st
H (4) 12,9 % + (4) 12,9°,
G (5) 16,1% 4- (2) 5,1%
8t.
(20) 64,5
(28) 69,1 %
(3) 9,7 %
(3) 9,7 %
Auch hier ist das absolute zahlenverhältnis interessanter:
H : G = 1 : 2! In G findet sich widerum eine abnorme ein-
seitige typenhäufung, nämlich 11 C in b ( : H 2). Schon bei
den tabellen der HA und NA liess sich das constatieren; wie
denn auch jeder leser der G die C-verse der zweiten halbzeile
bald als ein besonderes charakteristicum dieses textes empfindet.
— Das allgemeine rhythmische Schema der nebensätze ist
H
Durch subtraction erhalten wir daraus folgende modificierungen
der satztabellen:
1) a) Hauptsatzeingänge (vgl. s. 184):
H 58a = 23,4% : 189b = 76,6% 1
G 40a = 26,5% : 111b = 73,5 \ / Ub ~~6'1 0
ferner
st. f. st. f.
H (40) 16,2 % + (18) 7,2% : (143) 58% + (46) 18,6%
G (21) 13,9 % + (19) 12,6% : (80) 53% + (31) 20,5%.
Die proportion von s. 185 kehrt hier beim H annähernd wider,
obwol hier die steigenden eingänge etwas entschiedener über-
wiegen. In G sind die gegensätze wider stärker ausgeglichen,
besonders in a. Die sonstige starke differenz von H a : G a
kommt also hier in wegfall; das rhythmische Schema wird
HE.
b) Hauptsatzausgänge (vgl. s. 186 f.):
H 185a = 85,2% : 32b = 14,8% 1
G 113a = 76,4% : 35b = 23,6% | UD +
32 b = 14,8%
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ZUB STILISTIK DER ALTS. GENESIS.
191
8t. f. 8t. f.
H (30) 13,8% + (155) 71,4% : (4) 1,8% + (28) 13 •/.
G (5) 3,4 •/• + (108) 73 •/. : (10) 6,8 °.o + (25) 16,8%.
Gegenüber der proportion von s. 187 kommt hier also das all-
gemeine vorhersehen des fallenden hauptsatzschlusses deutlich
zum ausdrucke vor allem in a, während die G überhaupt eine
mehrheit von HA. aufweist. Damit ändert sich auch das all-
gemeine rhythmische Schema in
a b
HA. \ |
2) a) Nebensatzeingänge (vgl. s. 185 f.):
H 64a = 37,7% : 106b = 623% 1 p. „. Qo
G 42a = 69,6% : 27b = 30,4% / Kxü"~ö1^ <°
also ein gewaltiger unterschied; auch ist zu bemerken, dass
hier H den sonst der G eigentümlichen überschuss der absoluten
verhältniszahlen zeigt
8t f. 8t f.
H (52) 30,6% + (12) 7,1 % : (88) 61,7°/. + (18) 10,6%
G (30) 43,5% 4- (12) 26,1% : (24) 26 % -I- (3) 4,4%.
Es beginnt demnach die mehrzahl der nebensätze mit steigenden
a b
typen, das Schema von s. 189 NE. | bleibt also; es
entspricht ja auch dem der HE. Während aber, übereinstim-
mend mit diesen, die majorität der eingänge im H auf b fällt,
liegt in der G das übergewicht in der zwischen steigend und
fallend mehr nivellierenden ersten halbzeile.
b) Nebensatzansgänge (vgl. s. 188):
H 147a = 75 % : 49b = 25 % \
(i 60a = 74,1% : 21b = 25,9% jLTa+u>-> o
Wie oben zeigt H ein absolutes plus der fälle; im übrigen
herscht völlige Übereinstimmung.
8t. f. 8t. f.
H(6)3 % + (141) 72 % : (16) 8,2% + (83) 16,8%
G(6)7,4% + (54) 66,7% : (6) 7,4 % + (15) 18,5 %.
Danach lässt sich über den rhythmischen bau des satzes folgen-
des aussagen:
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192
PAULS
Eingang nnd ausgang der satze sind normaler weise rhyth-
miseh differenziert: einem steigenden eingang entspricht ein
fallender ansgang nach folgenden Schemata:
1) Haupt «ätie. Schema ab: majorität der eingänge in b, der aus-
ginge in a. — Schema ba: minorität der einginge in a, der ansgänge in b.
2) Nebensatie. Schema »a majoritÄt der eingänge in b (G in a).
der auAgänge in a. - Schema ab: minorität der eingänge in a (G in b),
der ansgänge in b.
Darin sind aber nur charakteristica der rhythmischen
teehnik der sätze zu erblicken, nicht die rhythmen der satze
selbst. Das konnten sie ja nur für zweigliedrige sätze sein,
die in H 39,6%, in G 41.9% der gesammtzahl bilden. Von
ihnen fallen auf die Schemata a b in H 87,2 %, in G 77,4 °/0;
es ist also in G der langzeilenstil hier um 9,8 % häufiger an-
gewant als in EL
Nach abzug der ein- und zweigliedrigen sätze bleiben für
H 200. für G 83 mehrgliedrige satze übrig: das sind 36,7%, :
25,4 0 , der gesammtzahl. Bei diesen erhebt sich von selbst
die frage nach dem Verhältnis ihrer mittelglieder zu den ein-
und ausgangsgliedern.
Ein analogon zu der behandlung mehrgliedriger einzelsätze
liefern uns gegliederte satzgruppen oder perioden. Es
wird zweckmässig sein, zunächst über diese hier zu berichten.
Dabei sind denn auch hier in erster Iinie die Verhältnisse der
periodenein- und ausgänge festzustellen, und zwar speciell in
beziehung auf die stärke der Sinneseinschnitte, welche
die einzelnen periodenglieder (sätze) von einander trennen.
Von den 314 hauptsatzausgängen des H stehen 130 (41,4 °/0)
vor starker oder mittelstarker sinnespause; in der G 87
(39 °/o) von 222. Die beispiele verteilen sich folgendermassen
auf a und b:
H 112a = 86/2% : 18b = 13,8% \ m . 1U. 0
G 58a = G6,7% : 29b = 33,3 % J Ub + 1J'° 0
Das entspricht dem Verhältnis der gesammtfälle
3) Mittelglieder.
H 222a = 70,7% : 92b = 29,3%
G 72a = 60 % : 47b = 40 %
} Gb + 10,7%
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ZUR STILISTIK DEK ALTS. GENESIS.
198
Das rhythmische Verhältnis der halbzeilen unsrer sätze ist
8t. f. 8t. f.
H (21) 15,4% + (91) 70,8% : (8) 5,4 + (10) 8,4 °/0
G (5) 5,7% + (53) 61 % : (18) 20,7% + (11) 12,6 %.
Hier treten uns also viel stärkere typische differenzen zwischen
H und G entgegen (vgl. oben die hauptsatzausgänge s. 187. 190).
Die nebensatzausgänge betrugen in
H 227; - 155a = 67,7% : 72b = 32,3% I
G 114; — 67a = 58,8% : 47b = 41,2% I UD + ö'y 0
Davon fallen hierher 127 H (56 »/„) und 61 G (52,6 in ihrer
Verteilung auf a und b:
H 94a - 74 % : 33b - 26 % 1
0 34a = 55,8% : 27b = 44,2% J tTÖ + 18'^
auf die rhythmengeschlechter:
st f. st. f.
H (5) 4 % + (89) 70 % : (15) 11 % + (18) 15 %
G (7) 11,6% 4- (27) 44,2% : (17) 27,9% -f (10) 16,3
0
>.>•
B bevorzugt also auch hier (vgl. s. 188) die fallenden rhythmen
nicht in demselben masse wie H. Die frühere differenzziffer
der contrastierenden typen ist in ihren a von ca. 40 °/0 auf
22,6 °/o gesunken, in b aber gestiegen. Auch darin zeigt sich
ein erheblicher abstand vom Heliand.
Bei den mittelgliedern der perioden selbst liegen die
dinge viel schwieriger und unklarer. Da eine genauere Schei-
dung unmöglich sein dürfte, habe ich sämmtliche einschlagenden
einzelsätze gleichmässig registriert.
Sätze, die nur durch schwache Sinneseinschnitte von
einander oder von denen der vorigen gruppen getrennt sind,
gibt es in H 283 = 51 °/o, in G 188 = 54, 4 ©/0. Diese bieten
folgende verhältniszahlen dar:
1) Hauptsatzausgänge:
«t. f. st. f.
H (23) 12£ % + (87) 47,3 % : (37) 20,1 % + (37) 20,1 • 0 = 184 (65 %)
ß(10) 7,4 % + (78) 57,8 % : (21) 15,6% + (26) 19,2% = 135 (71,8%).
Dass es mit diesen satzausgängen eine andere bewantnis haben
muss als mit den oben betrachteten, erhellt schon daraus, dass
der H entgegen seiner sonstigen gewohnheit hier fast die sonst
für die G charakteristische ausgleiehung aufweist.
Beitrage rur geschichte der deutschen sprach«. XXX. 13
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m
PAULS
2) Xebensatzausgänge:
8t f. st f.
H (4) 4 \i (5«) 56,6% : (21) 21,2«;. 4- (18)18 % = 99 (,35 %)
G (7) 13,2% + (27) 50.9 % : (7) 13,2% + (12)22,7% = 53 (28.2 «%).
Der H hat also in a eine grosse mehrheit von fallenden typen,
in b geringe minorität derselben; die G zeigt dagegen, wie
oben bei den HA. auch hier das umgekehrte Verhältnis.
Die ausgänge der nicht abschliessenden sätze unterscheiden
sich also in H und G vor allem dadurch, dass die G hier im
grossen und ganzen der traditionellen rhythmisierung der
zweiten halbverse folgt, der H dagegen eine fast umgekehrte,
scheinbar inconsequente Verteilung der rhythmen bietet. Der
grund für diese differenz liegt offenbar in dem Charakter der
fraglichen sätze. Als Zwischenglieder sind sie minder dazu
geeignet uud berufen, durch bedeutendere inhaltsnova starke
sinnliche und also auch rhythmische differenzierungen hervor-
zurufen: ihre aufgäbe ist vielmehr, die periode ungefähr auf
dem rhythmischen niveau zu erhalten, auf das der eingang sie
gebracht hat und von dem der ausgang sie allmählich herab-
sinken (oder aufsteigen) lässt. Auf der höhe selbst muss natür-
lich eine angemessene nüancierung für bewegung sorgen. Für
die ausführung dieser aufgäbe im einzelnen scheint mir mehr
das rhythmische feingefühl des dichters, als irgend welche
tradition oder gewohnheit in frage zu kommen, oder als eine
etwaige hinneigung zu einem besonderen Schema der melodie-
führung. Den häufig so kunstvollen und verwickelten neben-
satzperioden des H entspricht denn auch durchaus ein an-
gemessenes auf und ab der rhythmen, während die Genesis
hier lediglich das allgemeine Schema der nebensätze befolgt.
Auch die mittelglieder der einzelnen sätze haben
die aufgäbe, durch wirksamen Wechsel von ruhe und bewegung,
von bekanntem und neuem den satz seinem abschluss zuzu-
führen. Damit zerfallen sie in zwei grosse gruppen: die der
ausführenden und die der fortführenden demente. Diese
kennzeichnen sich speciell durch ihren syntaktischen wert, jene
durch ihren stilistischen. Das wichtigste element der letzteren
art ist die Variation. Ihr Verhältnis zum vers kann demnach
nur durch die betrachtung der beziehungen des satzes zum
verse beleuchtet werden. Da nämlich der satz, wie bekannt,
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ZUR STILISTIK DER ALTS. GENESIS
195
vorwiegend mit der zweiten halbzeile beginnt, so muss behufs
besserer bindung der langzeilen die rhythmisch bedingte spalte
zwischen einer schlusshalbzeile und dem folgenden vers inhalt-
lich überbrückt werden. Dazu sind aber nicht alle Satzteile
gleichmässig geeignet: so vermeidet man es im allgemeinen,
nominale und verbale glieder (vor allem object und prädicat,
d. h. das verbum finitum) von einander loszureissen. Die inhalt-
liche einheit der metrisch getrennten teile ist ja nicht absolut
geschlossen: meist machen sich zugleich auch syntaktische ein-
schnitte geltend. Ein ganz directes hinüberfliessen aus einem
langvers in den andern gibt es darum auch kaum. Die rhyth-
mische pause am schluss der langzeile wird zwar durch das
syntaktische enjambement in gewissem sinne reduciert, aber
sie bleibt doch bestehen: das kann man deutlich sehen, wenn
man beim Vortrag das tempo verlangsamt. Das sinnesenjam-
bement (das formaler, also stilistischer natur ist) kann also
nie zwei halbverse völig mit einander verbinden. Trotzdem
ist das bestreben nach stilistischer, also relativer bindung der
aufeinander folgenden langverse so stark, dass sich daraus
sichtlich die typische form der Variation als ausdrucksmittel
entwickelt hat.
Als mittelglieder von Sätzen, die auf verschiedene halb-
verse verteilt sind, finden sich im H1) 255, in der G 113 Va-
riationen. Das Verhältnis entspricht also dem häufigeren ge-
brauch der Variation im H überhaupt. Die majorität im H
würde sogar noch etwas höher sein, wenn unsere Untersuchung
sich hier nicht auf die verbal- und eigentliche nominalvariation
beschränken müsste: denn die satz Variation fällt hier selbst-
verständlich aus, und die pronominalvariation kommt nicht in
betracht, da ihr variatum als selbständiges Satzglied zu leicht ist.
Von den hierher gehörigen nominal Variationen (H 200,
G 85) zeigen die Stellung ba in H 165 = 80,3 % G 66 =
77,6%; von 55 (28 G) verbalvariationen H 47 = 85,5 o/o,
G 21 = 75 °V
Das charakteristische Schema ba (vgl. s. 191 f.) überwiegt
also auch hier bei weitem, nur tritt es auch hier in G etwas
») In 1000 versen ; 8. oben s. 191.
13*
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196
PAULS
gegen H zurück. Als stilistisches bindemittel der langzeilen
überwiegen also die Variationen in H.
Als gmndlage auch einer rhythmischen bindung kann die
Variation jedoch nicht angesehen werden. Schon dadurch, dass
variatum und varians zwei begriffseinheiten darstellen, ge-
statten sie nicht nur, sondern fordern sie geradezu einen ge-
wissen einschnitt, der seinem wert nach häutig dem einschnitt
vor einem abhängigen satze gleicht. Diese pause zwischen
den beiden teilen deuten die herausgeber meist nur dann mit
einem komma an, wenn nicht ein anderes Satzglied dazwischen
tritt. Vorhanden ist die pause aber auch im letzteren fall
Mit dieser begrifflichen grenze fällt nun ein rhythmischer
haltepunkt zusammen bei dem Schema steigend -fallend. Wie
schon in jedem Overs, macht sich ein rhythmischer einhält
zwischen jedem steigenden und fallenden halbvers bemerkbar,
am deutlichsten nach typus B (der in steigenden zweiten halb-
zeilen zudem weitaus am häufigsten ist). Nach fallenden typen
fällt dagegen diese hemmung des fortschritts weg.
Nach ihrem rhythmischen bau zerfallen die ba- Varia-
tionen in
Nominalvariationen:
steigend -faUende,
H 102 + 2 (steig, a) = 63 0 „
G 33 „ = 50%
(also wider ein beispiel für die ausgleichenden tendenzen der veretechnik in G).
Verbalvariationen:
steigend-fallende
fallend -fallende
61 = 37%
33 = 50%
H 23 = 48,9
0
0
fallend-fallende
24 = 51,1%
9 = 42,9%
G 12 = 57,1.%
(also fast das umgekehrte Verhältnis).
Beim zusammentreffen zweier fallender halbverse ist, wie
bemerkt, die besprochene pause rhythmisch weniger stark mar-
kiert. Als ein weiteres hilfsmittel der contrastierung der
nachbarzeilen tritt dann oft chiastische Stellung der ein-
zeluen teile der Variationsglieder auf. Im ganzen handelt es
sich jedoch auch hierbei wol wider weniger um eine allgemeine
norm als um den ausdruck augenblicklicher stimmungs- nnd
gefühlsmomente auf seilen der dichter.
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ZUR STILISTIK DER ALTS. GENESIS.
197
Aehnlich liegt es auch bei anderen fällen tatsächlichen
enjambements ohne Variation. Hier kommt es immer auf
die bindende kraft der betr. syntaktischen gruppe im einzelnen
an. In einem fall wie
V. 8. huo sia is gibodscip scoldin |) f rammiau firiho barn
wird z. b. innerhalb des prädicats das vollverbum von dem hilfs-
verbum durch den verschluss äusserlich getrennt, aber die
syntaktische Zusammengehörigkeit der beiden teile genügt für
gute bindung. Ebenso H 13. 44. 45. 111. 124. 140. 210; ähn-
lich 121. 181 u.s.f. — Loser ist jedoch die Verbindung in
fällen wie
V. 172. nuart ald gunio || spraka bilosid
oder
V. 194. scolda im erbinuard,
snitho godcnnd gomo gibidi unerthan
feraer 87. 90 u. a. m.
So kann denn auch zuweilen diese art von bindung durch
eine Variation durchkreuzt und gelockert werden.
Oder es verteilt sich auch eine nominale gruppe:
V. 186. that sea uses uualdandes i| lera lestin,
so v. 190 u. a.
Derartige fälle sind, wenn man nur auf das schematische
sieht, auch in der G ganz gewöhnlich, z. b.:
V. 9. Nu uuit hriuuig mugun || sorogon for them sida
V. 43. so thi ti thinaro uueroldi mag || uuesan thin hngi hriuuuig
V. 73. so thu au treuuua maht || uuesau an thesero uuerolde
V. 137. thar bie simlon muot || uuesan an uuunnion
V. 142. thann he mid uuapnu scal || uuerdan Enocha te bauon
V. 218. that hie so uueldi || lestian an then landa
V. 234. ef thu thar tehani treuhafte maht ||
fidan under themo folca (ähnlich v. 240)
V. 278. so im god habdi || farliuueu an them landa
oder mit durchkreuzung der verbalen teile:
V. 2. Nu maht thu sean thia suarton hell || ginon gradaga,
nu thu sia grimman maht || hinana gihorean:
nis hebanriki || gelihc sulicaro lognun
V. 54. than thu an thinum bruodar habas |j firinuuerek gifremid
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108
PAULS
V. 70. Hier scalt thu noh nu, quad he, || libbian an thesun landse
V. 93. thar ui habdun siu eniga uuunnia tuo || niudlico ginuman
V. 171. nnilthn minas nuiht || drohtin hebbian hnat?
V. 208. thea te goda hebbian || fasto gifangan
V. 215. uuilthu sia noh thanna || latan te liua?
V. 257. thea an that uuam habdun || thea liudi farledid.
In Wirklichkeit besteht jedoch ein starker gegensatz
zwischen G und H. Er tritt klar zu tage, wenn man die
betreffenden stellen im Zusammenhang laut liest. Die G-verse
zeigen dann etwas eigentümlich gebrochenes namentlich in
der rhythmenfolge, die (im gegensatz zu den oben citierten
Heliandstellen) fast ausschliesslich die steigend-fallende ist,
also kein glattes verbinden der halbverse gestattet. Oft fällt
der eine accent auf das hilfsverb oder ein sonst begrifflich
leichteres wort, der andere auf den zugehörigen infinitiv. Der
letztere darf dann für diesen accent (der durch die kürze der
pause noch schwerer wird) nicht zu leicht sein. Das ist er
aber in den meisten der obigen beispiele. Es entsteht dadurch
ein rhythmischer und melodischer bruch: an stelle des geforderten
Die gleiche erscheinung zeigt sich bei der Verteilung
anderer begrifflicher bez. syntaktischer gruppen auf die beiden
halbverse:
Nomen + ad jectivische oder genetivische ergänzung.
V. 123. that uuas thiu uuirsa giburd, || kuman fan Kaina
V. 184. Thanna scal sea uuallande || fiur biuallan
V. 297. that hina brinuandi || fiur ni biuengi
V. 200. thuoh thu is giuuald habes |j te gifrummiauna
V. 277. quat that he im selbas duora || gaui sulicas guodas
V. 281. sea im filo sagdun || nuararo uuordu
V. 312. uuard thero burugeo giuuilic || rokos gifullit,
uuard thar fan radura so uilu || fiures gifallin.
Verbal Verbindungen.
V. 108. them scuopun siu Sed te naman || uuarom uuordum
Schemas
oder genauer noch
: also ein ausgesprochener hiatus.
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ZUR 8TILISTIX DER ALT8. GENESIS. 109
V. 231. hueder that unerad gisund || libbian muoti
(ähnlich v. 204)
V. 55. Thno an forahtun uuard || Kain aftar them quidiun drohtinas
(v. 90 f. verträgt eher die betonung des nachgestellten subjects.)
Sehr häufig ist endlich die durchflechtung der die
halbzeilen verschleifenden Satzglieder durch die Variation:
V. 23. uuit hebbiat unk giduan mahtigna god || unaldand uuredan.
V. 41. that he bihelan mahti herran sinum ||
thia dadi bidernian.
V. 52. ni mag im enig mann than suidor ||
nuero farnuirikian an uneroldrikea
V. 65. that thu mi alatas ledas thingas ||
tianono atuemeas.
V. 127. endi nnrdun manno barn, || lindi leda
V. 141. that hier Antikrist alla thioda ||
uuerod aunerdit
(V. 152. that im nuas usa uualdand gram || mahtig drohtin)
V. 155. thno ni unelda that nualdand god || thiadan tholoian
V. 229. ni si that thn it unilleas bi thinaro guodo, god hebanriki, ||
thiadan githoloian:
V. 204. mnot thanna that land gisund ||
unaldand an thinnm uuillean giunerid standan?
V. 219. Ef ik thar lubigaro mahg, quad he, || thritig nndar thero
thiodo thegno tidan, || godforohta gnmon:
V. 224. Abraham thno gimahalda agaletlico, ||
folgoda is froian
V. 266. umbi Giordanas stados mid gnmknstium, |j
giunerid mid geuuitteo:
V. 283. held is herran bo<lan helagliea, ||
godas engilos.
V. 284. Sia him guodas so filo, || suodas gisagdun.
Diese beispiele zerfallen nach der Stellung der Variation
in zwei gruppen:
In denjenigen mit mittelstellung werden durch die Variation
zwei zusammengehörige glieder des satzes, wie object und prä-
dicat (v.141. 284) oder das prädicat selbst (23. 127. 155.204.
229) von einander geschieden. Die beiden teile, vor allem das
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200
PAULS
nachfolgende, müssen also einen gewissen begriffswert haben,
um die syntaktische und stilistische trennung aushalten zu
können. Zu ihr tritt noch in unsern fällen (ausser v. 141) die
rhythmische durch das steigend-fallende Schema hinzu. Unsere
beispiele lassen aber die nötige Selbständigkeit mit ausnähme
von v. 127 durchgehends vermissen: sie können also nicht für
stilistisch correct gelten.
Genau entsprechend verhalten sich die übrigen fälle, in
denen die beiden auf die halbverse verteilten glieder der Va-
riation durch ein Satzglied getrennt sind. Dieser satzteil muss,
damit die begrifflich nötige pause zwischen variatum und
varians zu recht bestehen könne, nach seinem eigenge wicht
gleichfalls einen gewissen Sinneseinschnitt erfordern. Dieser
doppelten forderung genügen aber v. 65. 266 nicht: der syntak-
tische einschnitt ist da nicht correct. Bei v. 41. 65. 219. 224.
284 beruht die Unebenheit darauf, dass die pause nach schwach
betontem Satzglied rhythmisch nicht genügend motiviert ist.
Schliesslich sind diese unschönen Variationen auch noch zum
grossen teil nicht eigentliche mittelglieder, sondern schliessen
den satz ab: auch das beeinträchtigt den ebenen tluss der
darstellung.
Noch einen dritten stilistischen mangel weisen einige
dieser Variationen auf: eine mangelhafte füllung der betref-
fenden halbzeilen. Die nicht genügende ausführung der v. 65.
141. 152. 155. 229. 206 zeigt, wie das verlangen nach der
anwendung des formalen stilmittels den dichter seinen inhalt-
lichen wert vernachlässigen Hess; und ebenso die äusserlich
zu leichten oder gar innerlich wertlosen Satzglieder v. 41.
224. 283.
4) Versfüllung.
Bezüglich der versfüllung ergibt sich nämlich aus der
technik der guten wg. denkmäler die regel, dass jeder halb-
vers normalerweise einen wichtigen begriff enthalten soll, und
zwar ein fortführender halbvers ein novum, ein ausführender
(also meist die Variation) einen entsprechend schweren begriff.
Wie unschön die Vernachlässigung dieser regel wirkt, haben
bereits die obigen beispiele gezeigt. Ich füge noch eine anzahl
weiterer belege hinzu:
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ZUR STILTSTTK DER ALTS. GENESIS
201
V. 57. that iß ni mahti uuerdan nualdand uuiht ] an uueroldstundu
dadeo bidernid:
V. 84. thes unard Adamas hugi | innan breostun
sui(!o an sorognn,
V. 148. Folc nuirdit eft gihuoroban
te godas rikea, | gnmuno gisidi
langa huila, | endi sted im sidor thit land gisund.
V. 301. leddun hina endi lerdun | langa hnila
V. 156. ac hiet sie threa faran
is engilos ostan | an is arundi,
V. 211. Abraham thuo gimabalda | adar side,
ford fragoda | frahon sinan:
V. 243. Thno ni dorste Abraham leng | drohtin sinan
fnrdhur fragon, . . . (245b) quad he gerno
is geld gerenuedi
Y. 291. that thar mord mikil l mauno barno
scolda thera liodio hnuerthan | endi ok thes landas so samo.
V. 335. thar sin standan scal
mann um te marthn | obar middilgard
after heunandaga, | so lango so thius erda lebot.
Wenn in der mehrzakl dieser beispiele je ein halbvers
hinter dem durchschnittsmass der füllung zurückbleibt, so fällt
dieser mangel besonders durch den gegensatz zu benachbarten
fast zu reich gefüllten versen auf: der ganze rhythmus kommt
dadurch ins stocken. Inhaltlich zu schwere halbzeilen sind
indessen selten (vielleicht v. 60. 80. 199. 209. 233): häufiger
sind halbverse mit Wörtern als mit begriffen überfüllt. Immer-
hin treten diese übervollen verse weniger störend hervor, weil
der vers eher eine rhythmisch oder melodisch gesteigerte be-
wegung zulässt als das gegenteil. Formell schlecht gefüllte
halbverse haben wir in
V. 275. that he muosta sea mid is ogum | an luokoian')
V. 39. that is huerigin hier | huodian thorofti.
uuardon an thesaro uueroldi.
V. 167. that hie is huldi ford | hebbian muosti
V. 175. nuarod thu sigidrohtiu | sidon iniilleas?
V. 210. thuru that ik thea hluttron man | haldan nuille
') üeberhanpt sind die verbalen versausgänge besonders armselig.
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202
PAULS
V. 231b. hueder that uuerad gisnnd || libbian muoti
V. 237. that sia umbi Sodomaland | sittian muotin
V. 305. an thiu thie sea an them landte | libbian oueldin
V. 333. than lang the sin an them landa j libbian muosta.
Es ist bezeichnend für die G, dass gerade ihre zweiten
halbverse, die, wie wir gesehen haben, in höherem masse die
vorwärts schreitenden momente enthalten sollten, so sehr die
rhythmische bewegung der ersten hemmen. Allerdings wird
in diesen ersten halbversen das vorwärtseilen nnr durch die
form, nicht durch den inhalt gegeben: ein ähnliches auseinander-
gehen dieser beiden demente ist mir im H jedoch nicht auf-
gesessen.
5) Metrisches.
Wenn ich mir Genesisstellen vorlas und zum vergleich
beliebige Heliandabschnitte aufschlug, erschienen mir die unter-
schiede zwischen den beiden dichtungen oft so greifbar, dass
mir eine bestätigung der gewonnenen eindrücke durch eine
statistische Untersuchung fast als überflüssig erschien. Sehr
oft stimmte aber nachher das resultat einer solchen Untersuchung
sehr wenig mit dem vorher empfangenen allgemeinen eindruek
zusammen, den ich doch für richtig halten musste. Der mangel
liegt also auf seite der Statistik. Vor allem auf dem gebiet
der metrik in engerm sinne fand ich R. Fischers urteil über
die Verwerflichkeit einer absoluten versstatistik (oben s. 183)
bestätigt. Trotzdem ziehe ich hier ein paar meiner tabellen
heran, weil ich glaube, dass doch auch aus ihnen einiges wert-
volle gefolgert werden kann.
Die Verteilung der typen in der G stellt sich zu der
des H (nach Kauffmanns Zählungen Bei tr. 12, 289 ff.) und der
des Beowulf (nach Deutschbein a.a.O. s. 69) folgendermassen:
A
B
C
D
a 1
b
a
b
b
a j b
B
1424
1114
299
726
504
582
445 349
II
26G2
1G67
807
2307
G39
1216
564 155
41 18
G
180
1
100
44
127
15
65
E
a b
128 330
411 1 198
22 15
a
303
414
30
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ZUR STILISTIK DER ALT8. GENI
203
in procenten:
A
B
C
D
E
A3
a
b
a
b
a
b
a
b
a
b
a
B 46,1
35,9
9,6
23,4
16,2
18,8
14,3
11,3
4,1
10,6
9,8
H 48,4
29,8
14,7
42,1
11,6
21,8
10,3
2,8
7,5
3,5
7,5
G 54,2
32,2
13,3
38,3
4,5
19,6
12,3
5,4
6,6
4,5
0,1
Bemerkenswert sind die differenzen der A- und C-verse,
speciell in der ersten halbzeile; wichtiger ist aber wol die
allgemeine Übereinstimmung in der Verteilung der typen, wo-
durch das Verhältnis der G zum H sich auffällig von der ab-
steigenden entwicklungsreihe der metrischen technik in der ags.
epik unterscheidet (vgl. Deutschbein s. 69).
Das Verhältnis der steigenden und fallenden typen hat
sich indessen doch etwas verschoben: in procenten:
a b
steigende H 33,8 63,9
G 26,9 57,9
a b
fallende H 66,2 36,1
G 73,1 42,1
Im ersten halbvers zeigt die G also eine mehr differenzierende,
im zweiten eine mehr ausgleichende tendenz: eine erseheinung,
die eigentlich in umgekehrtem Verhältnis zu dem natürlichen
wert der beiden halbzeilen steht.
Nach dem oben bei der versfullung beobachteten sollte
man erwarten, dass silbisch stärker oder schwächer gefüllte
typen in der G in grösserem umfang hervortreten als im H.
Aber auch hier lässt uns die Statistik im stich. Die berech-
nung nach Kauffmanns Zählung bringt fast genau gleiche
procentzahlen für beide dichtungen. Trotzdem ist ein unter-
schied da, wenn er sich auch nicht zahlenmässig klarlegen
lässt: er ergibt sich weniger aus den isolierten einzelfällen,
als aus dem Zusammenhang. Im Zusammenhang machen sich
nämlich bald häufungen, bald gegensätze von vollen und leichten
typen geltend, die weder ästhetisch motiviert, noch wirksam
sind. Es herscht in der G vielmehr die gewohnheit, jene
volleren typen vorwiegend im zweiten, die leichteren im ersten
halbvers zu verwenden, und das gibt dem rhythmus einen
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201
PAULS
unruhigen, oft springenden Charakter. Solche gruppen finden
sich z. b. v. 98 ff. 152 ff. 179 ff. In ihnen erfordern die b-verse
wegen ihres Silbenreichtums ein schnelleres tempo, aber trotz-
dem schiessen sie über das zeitmass der leichteren a-verse
hinaus. Derselbe unterschied besteht auch in dynamischer
hinsieht: die hebungen der volleren verse erhalten durch die
fülle der Senkungen einen stärkeren nachdruck, vermöge dessen
sie über die schwächeren hebungen der leichter gefüllten domi-
nieren. An stellen dagegen, wo mehrere zu volle typen auf-
einander folgen, heben sie sich nicht scharf genug von einander
ab: sie erinnern dann durchaus an den Stil der prosarede.
Dieser eindruck wird häufig noch dadurch verstärkt, dass die
vielsilbigen Senkungen zugleich zu schwer belastet, die hebungen
für sie zu leicht sind, dass also der poetische rhythmus mehr
oder weniger verschwindet. So z. b. v. 43 ff. 55 ff. 89 ff.; dann
in den reden Abrahams, besonders 231 ff., in denen 233b huuat
uuüis thu is thanna, fro min, duoan ziemlich der unschönste
halbvers der ganzen dichtung ist. 236 uuilthu im thanna hiro
ferh fargeban ist ein offenkundiger prosasatz. Wenn man von
der fehlenden alliteration absieht, könnte man ihn allerdings
als schwellvers auffassen, dessen Schema ja auch andere verse
nahe stehen, so:
V. 67 a. hugi uuid them thinum hlutrom muoda
V. 77. forhuatan sculun thi hluttra liudi, thu ni salt io furthur
[cuman te thines herrou sprako,
uueslean thar mid uuordon thinon.
V. 91a. Kaiu au sulicuu qualma
V. 229 a. ni si that thu it uuilleas bi thinaro guodo.
Aber das sind keine echten schwellverse, weil sie beim Vortrag
kein anschwellen (des rhythmus, der stimme) zulassen. Wenn
sie auch an ziemlich pathetischen stellen unserer dichtung
stehen, so geht ihnen selbst doch aller der schwung ab, der
z. b. die schönen verse der bergpredigt im Heliand auszeichnet.
Den gedanken der Genesis und ihrer darstellung fehlt dieser
poetische schwung keineswegs überall: aber gerade ihren
verseil gebricht es gänzlich an jenem immanenten rhythmus.
den wir in den meisterwerken der alliterationspoesie bewundern.
Es ist darum auch nicht möglich, sie in langsamem tempo,
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ZUR STILISTIK DER ALTS. GENESIS.
205
mit melodischer und rhythmischer Variation der stimme nach
höhe und stärke vorzutragen wie die Heliandverse: unwillkür-
lich gleicht man mehr zwischen hebnngen und Senkungen aus,
die intonation wird flacher, die halbverse laufen mehr in-
einander, der ganze rhythmische Charakter nähert sich dem
der prosa. —
Im vergleich zu solchen allgemeinen mangeln lege ich
weniger wert auf einzelne metrische fehler, die uns hier
und da aufstossen. Direct falsch sind verse wie 264 b attal-
Inoslas (wenn man nicht mit Holthausen, Zs. fda. 39, 55 adali-
hnoslas liest), 284. 307 (a) godas engilos, 331b siu ni uueldere
Hiera engilo. Als unschöne oder nicht ganz glatte verse könnte
man noch einige andere hinzufügen, aber ich nehme davon
abstand: finden sich doch auch im H eine reihe von derartigen
versen. —
Wichtigere gesichtspunkte bietet dagegen wider die alli-
teration. Auch bei ihr hat die Statistik nichts zu tage ge-
fördert als ein Verhältnis von einfacher und doppelter alliteration,
das dem im H herschenden Verhältnis ganz entspricht.
Der Genesisdichter hat dies kunstmittel mit gleicher ge-
wissenhaftigkeit angebracht wrie die Variation: selbst der freiere
typus A3 ist kaum häufiger verwant als im H. In bezug auf
die heranziehung der verschiedenen Wortklassen zur alliteration
findet eine geringe differenz statt: es alliteriert in der G ein
etwas höherer procentsatz von verben; dabei sind sämmt liehe
verbalformen berücksichtigt.
H (338 y.) 705 nomina (81,5 %), 160 verba (18,5%)
G 681 „ (76,7 •.), 205 „ (23,3%).
Beschränken wir uns auf die wichtigste gruppe der letzteren,
die alliterationen der verba finita, so ist ein directer vergleich
nicht möglich wegen des engen Zusammenhanges des Stabreims
mit dem rhythmus. Wenn im allgemeinen die gewohnheit
herscht (die rege], könnte man fast sagen), dass über die alli-
teration der starkton entscheidet, so hat sich eine lange tra-
dition mit dieser gewohnheit auseinanderzusetzen gewusst. Wie
nun aber auch der gebrauch in nominalgruppen z. b. sein mag,
für die verbalalliteration kann nur der sinnesaccent von gel-
tung sein. Darum muss ich verse wie die folgenden bemängeln:
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206 PAULS
V. 213. Huuat duos thu is thanna, quad he, drohtin fro uuin1)
V. 243 f. Thuo ni dorste Abraham leng drohtin sinan
furdhur fragou, hac he feil im after te b£dn
V. 287. an allara gelida gihnuem uhtfugal sang»)
V. 290. umbi Sodomburug: tho sagdun sia Loda3)
Vor allem aber sind falsch:
V. 56. Kain aftar them qnidiun drohtinas, quad that hie
[uuisse garo
V. 245. an kneo craftag; quad he gerno
Vgl. V. 98. sinhiun samad, quadun that sia uuissin that im
[that iro sundia gidedin
H V. 620. that uuerod nuarlico, quathun that sia uuissin garoo
V. 2968. uuisero uuordo, quathun that sia uuissin garo.
Umgekehrt findet sich einmal alliteration eines nomens an stelle
des betonten verbums:
V. 171. uuilthu minas uuiht
drohtin hebbian huat? it all an thinum duoma sted.
An folgenden stellen dürften begrifflich leichte Wörter
durch die alliteration zu stark hervorgehoben sein:
V. 13. bitter balouuerek, thero uuarun uuit er bedero tuom
V. 70. hebanes uualdand: Hier scalt thu noh nu, quad he.
Eine rein technische auffälligkeit findet sich
V. 306. Thuo uurubun eft uuider helega uuardos;
vgl. dazu Sievers, Altgerm, metrik s. 37, anm.
Damit ist freilich die bedeutung der alliteration für die
Charakteristik der Genesis noch nicht erschöpft. Zur Vervoll-
ständigung des bildes müsste ich auf viele einzelheiten dieser
Untersuchung, vor allem auch meiner früheren arbeit zurück-
greifen, um das Verhältnis der alliteration in der Genesis zu
deren stil zu illustrieren. Und eines sei noch bemerkt Es
wird keinem leser unseres textes entgangen sein, wie sehr
dessen dichter unter dem bedrückenden einfluss der alliteration
*) Bei betonung von thanna.
») Vgl. Braune s. 63.
») Hier wäre auch die andere auffassung möglich: 'da teilten sie
Loth mit ... '
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ZCR STILISTIK DER ALTS. GEN
*3K
207
steht Sie ist bei ihm nicht ein sich natürlich ergebender
schmuck, sondern eine hergebrachte not wendigkeit, nach deren
bann er seine stilistische technik einrichten muss. Allerdings
ist auch der H nicht frei von Zwangseinwirkungen der allitera-
tion: niemals jedoch scheint diese dem Helianddichter so sehr
im Vordergrund der technischen erfordernisse gestanden zu
haben wie dem dichter der Genesis.
Wir haben also auch in den alliterationsverhältnissen der
G einen beleg für dieselbe technische inferiorität ihres Ver-
fassers, die sich auch bei der betrachtung seines Versbaues,
seiner variations- und seiner satztechnik ergeben hat. In dem
Verhältnis der G zum H ist typisch die schematische ähnlich-
keit in der äusseren form der dichtung neben viel weiter und
tiefergehenden differenzen in der gedankentechnik wie auf
dem gebiet des inneren Stiles, also der poetischen darstellung
überhaupt.
Berichtigungen. S. 186, z. 14 lies 53,7% statt %. — S. 187, z. 16
v.n. lies 17,6% statt 17,5 %. — S. 188, über z. 12 v.u. lies
st. f. st. f.
H (10) 4,4 % + (145) 63,3 % : (36) 16,15 °/0 + (36) 16,15 %
G (11)9,7%+ (56)49,1% : (29) 25,4% + (18) 15,8%.
LEIPZIG. FRITZ PAULS.
EIN BULGARISCHER OEDIPUS.
Ich mache die germanisten darauf aufmerksam, dass es
auch ein bulgarisches Volkslied gibt, das in den kreis der
Gregoriuslegende gehört, und das Paul in der zweiten aufläge
seiner ausgäbe nicht erwähnt. Es findet sich in den Bulga-
rischen Volksdichtungen, übersetzt von Ad. Strauss, Wien und
Leipzig 1895, s. 218, und stellt sich nahe zu den von Seelisch,
Zs.fdph. 19, 416 ff. besprochenen fassungen, schliesst aber damit,
dass der söhn sich selbst den tod gibt, als er der blutschande
inne wird.
In der anmerkung verweist der hrsg. auf eine einschlägige
arbeit von Dragomanow, die gleichfalls bei Paul nicht ver-
zeichnet wird.
GIESSEN, 17. oct. 1904. 0. BEHAGHEL.
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208
NHD. ARKELEI UND DIE ANDEREN NEBEN-
FORMEN VON ARTILLERIE.
Das ältere nhd. und nd. sowie seand. arkelei, -i(e) wird
belegt vom DWb. 1, 551, von Schroetter 1. 142, vom Schweiz,
id. 1, 450, von H.Fischer im Schwab, wb. 1, 314, von Schiller-
Lübben, Mnd. wb. 1, 126, vom Ordbok öfver svenska spräket.
utg. af svenska akademien, A 2257, und schliesslich von P. Eick-
hoff, Der Ursprung des Wortes artillerie, in der Festschrift de>
gymuasiums zu Wandsbeck 1897, s. 68. Ueber die herkunft
des Wortes sind schon öfters Vermutungen ausgesprochen
worden, sie werden von H.Fischer a.a.O. zusammengestellt.
Er sagt: 'Arkelei ist ältere entlehnung, wol, wie artillerie, aus
*articulariax\ etwa mit anlehnung an arcus 'bogen'; schwerlich
direct aus *arcularia zu arcularius 'bogenmacher'. Arcttbalista
kann nach zeit und bedeutung nicht hierhergehören.' Ich
möchte hinzufügen, der form nach auch nicht. Ebensowenig
wie die beiden letzten von Fischer erwähnten hypothesen
genügt die erste mit ihrer fragwürdigen anlehnung an arcus.
Ich vermute vielmehr, dass arkelei auf deutschem boden
auf rein lautlichem weg aus artillerie oder besser artil-
lerei entstanden ist.
Die entwickelung von artillerei zu arkelei denke ich mir
folgend ermassen :
Artillerei wurde zunächst mit ausstossung der unbetonten
mittelsilbe zu *artlereit vgl. cbmmandeur > komtur, kappehn
> Kaplan, mademoiselle > manuell (s.Luick, Anglia 20, 351 ff.).
Nun ist aber tl eine dem deutschen ungeläufige lautverbin-
dung, sie wurde durch kl ersetzt: arklerci. Diese ersetzung
von tl durch kl (oder dl durch gl) ist eine lautsubstitution
innerhalb der spräche selbst, die sich mehrfach beobachten
lässt, Beispiele: Schweiz, figler = fiedler, Schweiz, id. 1,690;
frk. bair. figlböge = fiedelbogen, Schmeller 1,689, der das wort
zu fiekeln 'reiben', verächtlich für 'die geige spielen' zieht.
J. N. Schwäbl, Die altbayer. ma., München 1903, § 38,3; bair.
sigl 'sidel, sitz', Schmeller, Maa. Baierns § 440; frk. alem. äsigler,
') Die etymologie der roman. formen (franz. artillerie, ital. ariiglieria,
Bpan. artillaria u.s.w.) untersucht A.Thomas, Romania 24, 265 ; vgl. dazu den
aufsatz von Eickhoff a.a.O.
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ARKELEI etc.
209
olsigler = einsiedler, Birlinger, Alem. spr. 1, 114, bair. oa$igl(er),
Schmeller a.a.O., Unger, Steh*. Wortschatz, Graz 1903, s. 197;
vgl. auch Kluges Zs. f. d. wortf. 3, 262; hess. bair. spigl = mhd.
spidel 4 spittel' = keil, keilförmiger einsatz am hemd, Schmeller
2, 658 (Pfaff, Beitr. 15, 192 führt pfälz. äpigdla auf *$pidikilin
zurück); alem. bair. speigel = speidel, keil, vgl. Schmeller 2, 659,
rerspeigeln -mit keilen das holz auseinandertreiben', Birlinger
a.a.O. s. 115.
Im hess. ist mhd. tärieltilbe Hörtel taube' zu dirkldüwd ge-
worden, doch hier könnte man auch an dissimilation von t — t
zu t — h denken, vgl. it.-span. patata > ostfrk. pataken-, tat-
tuffel > kartoffel und Zs. f. hd. ma. 1, 29. Dasselbe gilt für
elsass. feghdid neben fidlided = fidulität, d. h. Schelmenstreich,
Martin-Lienhart, Elsäss. wb. 1, 95.
Auch engl, mundarten kennen die lautsubstitution von tl
zu kl, vgl. Barklemg — Bartlcmy für Bartholomen?, mankle-
shelf = mantle-shelft acleast = at least (verf., Beitr. zur ge-
schiente der engl, gutturallaute, Berlin 1901, s. 10 f.), little >
UM bei Jackson, Shropshire word-book s. xli.
Die form mit k statt t finden wir auch in den scand.
sprachen: ark(e)li. Bemerkenswert ist es, dass sich im scand.
arkeli in der bedeutung von ariilleii geschieden hat: arkeli
bezeichnet oder bezeichnete in der älteren spräche nur die
Pulverkammer oder das magazin für kriegsmunition, artiUeri
hat dagegen die weitere bedeutung wie im deutschen; vgl. z. b.
C.Molbech, Dansk ordbog, Kopenhagen 1859.
Art kr ei ist also zu arklerei geworden (arkelerei DWb.).
Und daraus entstand schliesslich arkhi (arkclci), indem das
zweite r schwand, vermutlich durch totale dissimilation. So
ist ja auch ariillerei zu artelei, artolei geworden (Schiller-
Lübben 1,131 und Fischer a.a.O.).
Die entwickelung von artillerie zu arkelei gieng also
folgenden weg: artilleri > artdlcrci > *artlerci > arklerei >
arklei (arkelei).
Eine nebenform von ark(e)lerei ist das von Fischer bei-
gebrachte älternhd. äcklerci. F. erklärt das mit unrecht für
eine 'entstellte form'. Hier ist zunächst das erste r ge-
schwunden, wol auch in folge totaler dissimilation; dafür
spricht das nd. nebeneinander von attelrie und artelei, vgl.
Schiller-Lübben 1, 131. Ausserdem aber finden wir in unserem
Beitrage iur geschieht« der deutschen spräche. XXX.
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210
HORN, ARKELEI etc.
wort dt an stelle von a. Das ist nun bei Wörtern, die aus dem
franz. oder ital. entlehnt sind, nicht selten, ä ist nichts
anderes als eine lautsubstitution für das helle romanische a.
Auf diese lautsubstitution hat m. w. zuerst Wilmanns hin-
gewiesen in seiner Deutschen gramm. I1, s. 199, anm. (zu
lärm), dann Behaghel in Pauls Grundr. 1 \ 696, fussnote (zu
teller, lärm, scliärpe) und verf., Beiträge zur deutschen laut-
lelire 1898, s. 15 ff. und Zs. f. frz. spr. u. lit 21, 69 ff., jetzt auch
Schweiz, id. 4, 1308 (zu binäts < afranz. espinache oder it.
spinacio).
In der älteren spräche und in den heutigen mundarten
begegnen häufig formen mit a oder o vor / (statt t, arta-
larei, arckalei (archallei), artoll(er)ei, nd. artolei (Schiller-
Lübben 1, 126), in heutigen mundarten artolerie (im Odenwald,
in der Schweiz, Schweiz, id. 1, 479), im älteren schwed. artol
leri, attolcri, so heute noch dialektisch, daneben auch tolleri,
vgl. Ordbok öfver svenska spräket, A 2419 ff. Diese formen
halte ich für hyperschriftsprachliche bildungen. Die
schwach betonten vocale werden in den mundarten zu a ab-
geschwächt. Weil nun mundartlichem ab^räd ein schrift-
sprachliches apparat, mundartlichem adfögäd schriftsprach-
liches advokat entspricht, wird zu artohri ein vermeintlich
schriftsprachliches artalarie, artolerie gebildet Die hyper-
schriftsprachliche form ddohri ist im Odenwald die allein
gebräuchliche. Es kommt ja bei fremdwörtern manchmal vor,
dass hyperschriftsprachliche formen ständig gebraucht werden,
aber nur bei fremdwörtern, wenigstens im deutschen; in Eng-
land, wo der einfluss der Schriftsprache auf die mundarten
viel stärker ist als bei uns, kommen auch einheimische Wörter
ständig in hyperschriftsprachlicher form vor. Vgl. Zs. f. frz.
spr. u. lit. 22, 61 ff. und Salverda de Grave's Vortrag über Het
individuele dement bij het ontleenen van vreemde woorden
in den Handelingen van het tweede nederlandsche philologen-
congres, gehouden te Leiden 1900, s. 89 ff.
Im engl, hat das roman. wfort eine andere entwickelung
durchgemacht. Neben artillery stand früher artry, vgl. Murray's
New Engl. dict. 1, 476. Artillery ergab mit Schwund des un-
betonten mittelvocals *artlry, und daraus wurde artry mit
ersetzung der ungeläufigen consonantengruppe rtlr durch rtr.
GIESSEN, 12. sept. 1904. WILHELM HORN.
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BEHAGHEU GRENZ8CHREIBBB. — KLUYVER, TOLPATSCH. 211
GRENZSCHREIBER.
Seiner zeit glaubte ich mit meiner rectoratsschrift über
Schriftsprache und mundart das gespenst der grenzdichter
endgiltig totgeschlagen zu haben. Aber die sippe ist zäh,
und zu meiner schmerzlichen Überraschung ist ganz neuerdings
in diesen blättern ein vetter des grenzdichters, der grenz-
schreiber, umgegangen. Auf s. 376 und 377 von bd. 29 glaubt
Junk festgestellt zu haben, dass die Münchener hs. von Rudolfs
Alexander sowol niederalemannische als mitteldeutsche eigen-
tümlichkeiten aufweise, und er zieht daraus den schluss, dass
die k auf einem grenzgebiet entstanden sei, und zwar soll
diese heimat in Mannheim oder in der nähe zu suchen sein,
'wo ja md. und alem. hart aneinander grenzen'. Junk hat
seine abhandlung in Wien geschrieben, und aus der ferne ge-
sehen schrumpfen die entfernungen zusammen. Wenn ich aber
mein eisenbahnbuch nehme, so sehe ich, dass ich von Mann-
heim nach Rastatt, also bis in die nähe der alemannischen
grenze, nicht weniger als 85 Kilometer zu fahren habe: das
ist ein wenig viel für das überspringen alemannischer eigen-
tümbchkeiten in die Pfalz. Weiter aber kann ich Junk ver-
sichern, dass ein Mannheimer nicht daran denkt, statt brennen
lurnen, statt dritte dirte zu sagen.
Die unerlässliche grnndlage für die annähme eines grenz-
dichters oder grenzschreibers ist der nachweis, dass die in
einem text vereinigten eigentümlichkeiten verschiedener mund-
arten auch wirklich an einem bestimmten orte zusammen auf-
treten Sonst liegt eben eine auf andere weise entstandene
mechanische raischung vor, und wir besitzen ja massenhafte
heispiele dafür, dass der Schreiber einer hs. und der ihrer
vorläge verschiedenen gegenden angehören.
GIESSEX, 22. juli 1904. 0. BEHAGHEL.
TOLPATSCH.
Reitr. 29, 558 nimmt H. Schroeder an, die ursprüngliche
bedeutung von tolpatsch, tolpatz sei 'einer der kauderwälscht',
und diese auffassung führt ihn zu einer Zusammenstellung
dieses wortes mit mhd. tolmetze, weil nämlich tolmetzen nicht
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212
RODAKIEWICZ, Zü BEITR. 29, 317.
nur 1 verdolmetschen', sondern bisweilen auch 'kauderwälschen,
schwätzen' bedeutet; das p in tolpatsch erkläre sich durch
einfluss von tölpel Nun ei*sieht man aber aus dem artikel
Kluge's, dass die bedeutung tölpel wahrscheinlich erst jünger
ist, und dass tolpatsch mit p bestanden hat, ehe sich der
einfluss von tölpel geltend machen konnte. Als die eigentliche
bedeutung ergibt sich vielmehr: ungarischer oder slavischer
soldat (der kein deutsch versteht). Eine form talpatsch ist bei
Kluge nicht verzeichnet, sie findet sich in einer stelle aus
Gleim: Was soll, o talpatsch und pandur, icas soll die träge rast?
(DWb. unter pandur). Dieses talpatsch dürfte dem ungarischen
entlehnt sein: talpas (von talp, sohle, fusssohle; ung. s = i)
bedeutet 'grossfüssig', als subst. auch u.a. 'der infanterist';
daneben findet man talpacs, der plattfuss (Ballagi, Wb.). Ge-
rade der lautwert des ung. kurzen a würde auch das o in
tolpatsch begreif lieh machen. Allerdings bestehen im deutschen
Wörter wie talpe, pfote, tatze, und talpen, schwerfällig gehen
(DWb. 11. 101), allein form und bedeutung von talpatsch, tol-
patsch machen fremde herkunft wahrscheinlich.
LEIDEN. A. KLUYVER.
ZU BEITR. 29,317.
Der güte des herausgebers der Beiträge verdanke ich die
möglichkeit, an dieser stelle mein aufrichtiges bedauern über
eine nachlässigkeit auszusprechen, die sich in den gesammt-
druck meiner arbeit: Beiträge zur geschickte der altenglischen
Präpositionen mid und und mit berücksichtigung ihrer beider-
seitigen beziehungen (Anglistische forschungen 2, Heidelberg
1903) eingeschlichen hat, In dem Sonderdruck des ersten teils
meiner arbeit, der als doctordissertation erschienen ist, hatte
ich herrn professor Sievers meinen dank ausgesprochen für das
interesse, das er an meinen Untersuchungen auf philologischem
gebiete nahm. Leider unterblieb aber versehentlich bei der
Veröffentlichung des ganzen in den Anglistischen forschungen
eine widerholung dieses hinweises, den ich hiermit nachtragen
möchte.
INDIANAPOLIS, Indiana, november 1904.
ERLA HITTLE RODAKIEWICZ.
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Van'?>-nfcotrk A. ftap
Kfinlieh nd eaeWcaes
Hie (..-dichte UsviM> IM Wölk
Dr J. s<hatz io Iiwbinh A
pebend^r F^nlHrnnf and liiilV Ulf n
kitspar Zpo>s, llie Dertschq uml
.' anveränderte Auflage, ■nwfltlw fctl
* r * |f,. — . in Halbiederband Jt IS
\ < rl.i- Max Niemeyer io Hall«' .1. «1.
Braune. Wilhelm, i •-»••-r • I _ - ilentBchen
.\k:nli !ni-« li< I • -tr» <l«-. gehalten zum J.iliresfe&te <1
Heide Ihf-rjr atu '22 Noverabi-r l!*o4. 1904.
Dittrich, Ottmar. (Jruuilzu-. der >|tr.ic*hpnychalo£:i<
um] alljri-uu-inp-v »'lntl«f_Msrln' (irnndlcgii] \| ir
11*04. -r H.
Meissner. Rudolf. Skalden] i \,.rtr..
Müller- Fraureuth, Karl. Au- «!.-■- Well dei Wörl
f Jejren-tiindi' <l' Ut-« li» ! W < i f t< i -r)uiii'_r- 1904
Neudrucke frühneuenglischer Grammatiken Im r»u -_. ... - ■ n
Rrotanek. kl. 8.
I. (icorge M.'isiin'a (lramuiaiiv angloise. Nach den
\<<T2 und lieraufiKejrebeii v«»n l: tidolf Hmtanek,
Noreen. Adolf. Altec
gutniBebeu. 1 904 § r. 8,
Panzer. Friedrich. Da- altdeur-elie Voik-epi*. fcäji V.«
Saran. Franz. I i Iii . . - n-m/ Verses.
Triloff. Hermann.
aul Grund
I.mi.' Cinl.-it
Ausgegeben den 13. März 1905.
J
^BEITRÄGE
ZUIt \
GESCHICHTE DKR DEUTSCHEN SPRACHE
UND LITERATUR
DNTBB MITWIRKUNH VON
HERMANN PAUL UND WILHELM BRAUNE
HERAUSGEGEBEN
VON
EDUARD SIETERS.
XXX. BAND. 2. HEFT.
HALLE a. 8.
MAX NIEMEYER
TT 78 OK. STEINSTRASSE
1905
r
Die herren mitarbeitet werden gebeten, zu ihren inanusoripteu
nnr lose quartblütter zu verwenden, nur eine gelte zu be-
sehreiben und einen breiten rund freizulassen.
INHALT.
Grammatisches. Von W. van Helten 219
(LXIV. Zur entwickelung germanischer langer consonanz atu
kurzem consonanten -f- w-, s.213. — LXV. Zur Vorgeschichte
von germ. stimmloser spirans -f- tenuis und von aus ff,
s. 232. — LXVI. Zu ahd. (und altniittelfrk.) as. altostnfrk.
•o aus -na und verwantes. s. 23"j. — LXV II. Zur entwicke-
lung von altgerm. jj und wr, s. 240. — LXVIII. Zu germ.
•nj- (woraus aus »m -f- f (oder daraus entstandenem
dental) -f s. 24N).
Bemerkungen zum gotischen Wortschatz. Von C. C. t'hlenbeck 2j2
Germanisch *huui; schwarz". Von K. Helm 32*
Ans der gesehichte des adverbs. Von .1. Franc k 334
Weg mit dem Schriftbild'. Von E. Sievers 344
Zur nachriebt!
Es wird gehrten. ;i 1 1*- auf die redaetion der 'Beiträge' bezüjr-
liclien Zuschriften und Sendungen an Professor Dr. E. Sievern
in Leipzig-Gohlis (Pölitzstrasse 20) zu richten.
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GRAMMATISCHES.
LX1V. Zur entwickelung germanischer langer consonanz
ans knrzem consonanten + n-.
1.
Nach Kauffmanns in den Beitr. 12, 507 ft vorgetragener
fassung wären die germ. formen mit langer, auf conson. + n-
zurfickgehender consonanz in zwei kategorien zu verteilen:
a) die form mit gedehnter consonanz hat sich
allein behauptet, sei es dass überhaupt kein Wechsel in
der consonanz möglich war, da -n- bei endbetonung in allen
fällen unmittelbar auf den verschlusslaut oder Spiranten des
Stammes folgte, oder dass der assimilierte doppellaut den ein-
fachen analogisch verdrängte; im letzteren fall wurde aus den
casus, in denen assimilation des ableitenden -n- eintrat, ein
Paradigma n-loser flexion gebildet, oder es wurden nach
massgabe der casus mit w-flexion auch die geminier ten formen
in diesem System belassen; die zu dieser kategorie gehörenden
bildungen weisen nur pp, tt, kk, nicht lange media bez.
Spirans auf;
b) die form mit doppelconsonanz ist überhaupt
nur auf westgerman. boden zu belegen und erscheint
teils innerhalb desselben gebiets, teils durch beiziehung gotischer
and scandinavischer belege gleichzeitig mit einfachem
Konsonanten; in den hieher gehörigen fällen ist kein über-
tritt in die starke flexion zu constatieren, ist demnach
tein äusseres zeichen vorhanden, dass -n- in der geini-
tation untergegangen wäre; die zu dieser kategorie ge-
ltenden bildungen erscheinen nicht nur mit langer tenuis,
Ofldern auch mit langer media bez. Spirans;
Beiträge sur geschichte der deutsches spräche. XXX. 15
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214
für die pp, tt, Air der ersten kategorie wäre gemein-
germanische assimilierung von mit vorangehender
media oder tönender Spirans, für die consonanz der anderen
formen aber dehnung des conson. vor -n- und erhaltung
des nasal s geltend zu machen.
Als stützen dieser dehnungstheorie werden Beitr. 12,510
einige formen hervorgehoben, die sich nur durch die annähme
solcher hypothese. keineswegs als die folgen gemeingermanischer
assimilation deuten Hessen: abd. traccho (neben trahho, ag&
draca) = lat. draco; ahd. hopfo, nl. hoppe etc. (woneben ans
mlat. hupa -hopfen' zu folgerndes germ. hupoX das wegen der
abweichenden benennung der pflanze im an. (wo sie humall
heisst) wol nicht in urgerm. zeit existiert haben dürfte; schweii
iculkchz (neben tculchz), das dem ahd. as. tcolcan, ags. miw
entsprechen sollte; schwäb. boote 'kesseltrommel', das mit ags.
beacen Signum, afries. beken, büken 'feuersignal', ahd. bouhkan
Signum identisch wäre. Doch hat bereits von Friesen in seiner
Untersuchung 4Om de germanska mediageminatorna' s.6 f. undlo
die beweiskraft dieser bildungen mit recht beanstandet: wegen
traccho ist mlat. (neben draco) begegnendes dracco zu beachten1);
wie aus an. humall die nichtexistenz von alten hupö oder -ö,
huppcs etc. im urgerm. zu folgern sei, ist kaum einzusehen;
tculkchd und wulchd lassen sich anstandslos zu (aus ahd. ml
chün nom. pl. Ahd. gll. 2, 112, 18 und aonfrk. uulcon, -um dat
pl. zu folgerndem) schwachem femin. wulcha stellen (vgl. auch
mhd. mnd. mnl. wölke fem.; wegen kch aus kk, das trotz seiner
Stellung nach langer silbe keine kürzung erlitt, s. unten 5 a. schL);
dem neutr. beacen, bouhhan etc. steht wol baokd als fem.
gegenüber, und semantisch gehen die Wörter zu sehr aus-
einander, um die annähme ihrer identität ohne weiteres zu
rechtfertigen.
Aber auch die hypothese selber sowie andere in Zusammen-
hang hiermit vorgeschlagenen fassungen unterliegen bedenken.
Erstens. Der umstand, dass neben formen mit langer
consonanz dazu stehende bildungen mit kurzem conson. zum
teil zu belegen, zum teil nicht zu belegen sind, kann schwer-
lich ein kriterium für Verschiedenheit in der entstehung der
') Wegen eines beleg» dieser form s. Grammat. lat. 4, 198, 17.
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GRAMMATISCHES.
215
länge abgeben, weil das fehlen einer bildung mit einfachem
conson. die folge vom Untergang solcher form sein könnte.
Ebensowenig ist der umstand, dass unseren belegen zufolge
ein nomen ausschliesslich in der schwachen declinationsklasse
verblieben, als beweis für durch (junge) dehnung, nicht durch
(alte) assimilierung entstandener länge geltend zu machen:
durch znsammenfall einiger casusendungen der schwachen und
der starken declination veranlasste entgleisung war möglich,
keinesfalls aber notwendig; und nicht ausgeschlossen ist
ausserdem die möglichkeit, dass irgendwelche, neben dem
schwachen nomen entstandene starke form verloren gegangen
oder nur durch zufall nicht belegt ist. Ausserdem wider-
sprechen formen, wie ags. sccabb, codd etc. (s. unten s. 220)
der aus Kauffmanns these hervorgehenden folgerung, dass
schwachen nomina mit langer media keine durch ent-
gleisung entstandene, stark flectierte form zur seite
stände.
Zweitens. Die bildungen mit langer media sind
nicht auf das westgerm. beschränkt: es finden sich als
an. belege die nomina krabbi, lubba, skrubba, stubbi, koddi,
todda, baggi, kaggi, vagga, stubbr, gabb sowie das verb gabba,
woneben ausserdem eine menge alter gleichartiger formen
anzusetzen sind auf grund der in v. Friesens oben erwähnter
abhandlung (s. 21 ff.) aus neunord. sprachen und dialekten ge-
sammelten belegen mit bb etc. Die annähme von entlehnung
aus dem südgerm. (Beitr. 12, 520) wäre hier mithin kaum
zulässig. Mit der Zs. fdph. 32, 255 vorgeschlagenen fassung
aber dieser bildungen als diminutiva, deren langer conson.
mit der in kosenamen begegnenden länge in eine linie zu
stellen wäre, käme man für eine anzahl der nord. nomina
allerdings durch (und ich möchte in der tat für einen teil der
von Kauffmann a. a. o. hervorgehobenen belege die berechtigung
solcher fassung nicht in abrede stellen), doch dürften baggi
last', kaggi 'tonne', lubba 'grosser Stockfisch', nschw. dubb
'pflock', nnorw. d'mlgubba 'dampf, nschw. dial. gubbe 'getreide-
garbe', nnorw. dial. hubb 'gipfel' u.dgl. (s. unten) unbedingt
eine andere deutung erfordern.
In den got, quellen erscheinen zwar keine belege mit
langer media, doch kann dieser umstand nicht auffallen, weil
15*
216
VAN HELTEN
eben mit den einschlägigen westgerm. belegen correspondierende
belege im überlieferten ostgerm. Wortschatz fehlen (man beachte
auch v. Friesen s. 8 ff.).
Drittens. Kauffmanns theorie versagt für die verbal-
formen ags. flocgian, mnd. grabben, ahd. giscoppöt, hlahh&i etc,
deren -n- untergegangen, nicht (wie bei dehnung vor -n- zu
erwarten wäre) erhalten geblieben ist.
Viertens. Mit rücksicht auf den durchstehenden einfachen
conson. von ags. Öe$n, reg*, tvwxn, mcegn, frignan, hrwfn, stefn
1 stimme', stefn, stefna prora, as. Oiegan, regan, ahd. tcagan.
magan, as. fregnan, ahd. hraban, aofries. stifne 'stimme' u.dgl.
ist dehnung von stimmhafter Spirans vor -n- zu leugnen
(nur für die tenuis ergibt sich dieser process aus ahd. irdlim,
trucchin, woneben aus artruhnet zu folgerndes truhlian, mbd.
truchcn, sowie aus mittelfränk. wäpen aus weppn-, vgl. Bein.
1, 23; wegen der möglicherweise ebenfalls auf dehnung be-
ruhenden, langen stimmlosen Spirans von bair. zecto 'zehn' &
Beitr. 12, 524)1); woraus zu schliessen, dass die bb etc von
cbba, budda, roggo etc. und folglich auch die pp etc., ff etc.
von tropfo, hopfo, broccho, baccho, snoffa, lap])e, crohJia etc.
keinesfalls als vor -n- gedehnte laute gefasst werden können.
2.
Mit recht beanstandet Kauffmann (Beitr. 12, 508 f.) die von
Kluge für *knabb- (woraus ahd. chnappo) vorgeschlagene deu-
tung, d. h. annähme von entstehung einer neuen form mit langem
conson. neben und durch anlass von "knapp- und *knat)-: 'Nach-
dem *knab- und "knapp- im stammausgang so sehr weit aus-
einandergegangen waren, könnte ein *knabb- psychologisch nur
so entstanden gedacht werden, dass mit bewusstsein reflectiert
worden wäre, worin die differenz t :pp bestünde, und es er-
scheint mir (Kfm.) sehr fraglich, ob das resultat dieser reflexion
») v. Friesens gesetz (s. seine abhandlung s. 116) 'I nr(8am-)germanßk
tid, efter det at assimilationsprodukterna pp, tt, kk förkortats efter konso-
nant och läng vokal, ha p, t, k, f, p, h och b, d, i st äl Innigen framför
-u- flirlängts tili resp. pp, tt, kk, ff etc.' entbehrt jeglicher stütze und be-
grUndung; es erscheint ebensowenig einleuchtend als der versuch (a.a.O.),
mit gedachter geraeingerm. dehnung die existenz des einfachen conson. von
Öegn etc. zu vereinbaren.
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GRAMMATISCHES.
217
dasselbe wie bei Kluge gewesen wäre, denn b und pp (als
gesprochene laute) verhalten sich nicht wie einfache und doppel-
consonanz.'
Doch dürfte die annähme von beeinflussung einer auf
älterer lautstufe stehenden (durch assimilierung entstan-
denen) länge durch den einfachen conson. keinen anstoss
erregen, nämlich die ansetzung von -dt- etc., die zur zeit
des Übergangs von langer Spirans in media durch an-
lehnung an die t etc. bestimmter schwacher casus vor besagtem
Übergang geschützt wurden und (im gegensatz zu den regel-
recht entwickelten -bb- etc., woraus in der folge -pp- etc.) erst
spater, nach oder während der Verschiebung von media zu
tennis, die überlieferten -bb- ergaben; also zu gnab- (oder etwa
(jnob-) (woraus ags. cnafa, ahd. chnabo) neben regelrecht ent-
wickeltem gnabb- (woraus awfries. knappa) auch auf anlehnung
beruhendes gnabb- (woraus ahd. knappo)x). Nach solchem
gnabb-, woraus knabb-, aber begreifen sich:
aofries. bobba- in bobbaburg 'dem kinde zukommender schütz'
(vgl. mhd. buobe, ahd. Bttobo, ags. Böfa und beachte wegen
der regelwidrigen nichtkürzung von langer consonanz und wegen
der vocalkürzung unten 5 b) — nschw. bobba 'geschwulst', nind.
hubbele, mnl. bobbel, bubbel, nschw. bubbla 'Wasserblase', nnl.
bobbel 'Wasserblase, geschwulst' — mhd. täpe (eis. döpen,
schwäb. döp), Happe, nhd. tappe (vgl. unten 5b) 'pfote' (aus äebb-
für dehn-) — ags. drabbe, üL (KU.) drabbe faex, nostfries.
(ih. natürlich ostfriesländisch-nd., D. Koolm.) drab(be) 'dicker
schmutz, bodensatz', nisl. auf altes nomen drabba hinweisendes
drabba 'beschmutzen' (wegen ags. drwf und anderer verwanten
s. Kluges Et. wb. zu treber) — dräppo (mit * bezeichne ich hier
und im folgenden den quantitativ nicht zu fixierenden laut)
') Nach dem muster von gnab- : gnabb- entstand dann noch als neu-
bildung gnab- (woraus ags. afries. cnapa, as. knapo) : gnabb-. Wegen
l»araUelen s. unten (im text) zu c{h)rapo etc. (s. 221), hake etc. (s. 222).
') Die mehrzahl der hier und im folgenden citierten formen entnehme
ich aus Kluges, Kanffmanns und v. Friesens Sammlungen (Beitr. 9, 15 ff.
12, 520 ff., Om de germ. geminatorna 8. 22 ff. ; auf v. Friesens etymologische
Erörterungen, denen ich nur zum teil beistimme, gehe ich hierbei nicht
ein); einiges (meist dem nl. und fries. Wortschatz entnommenes) füge ich
hinzu; eine (für unseren zweck übrigens nicht unbedingt erforderliche) er-
schöpfende Zusammenstellung habe ich indessen nicht angestrebt.
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218
VAX HELTEN
fimbria LexAlem. III. 5 (vgl. iräben vel rasen: kama, extreiua
pars vestimenti, Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg.
181b) — ahd. trappo racemus (mit altem tr oder dr?) — ahd.
trüppin racemos Ahd. gIL 1, 351, 4, bair. trauppen (woneben ahd.
trübo, -a), nostfries. (D. Koolm.), nnd. (Woeste) drubbel 'knäueL
menschenhaufen' — mnd. dobbc 'niederung, Vertiefung, sumpf
(vgl. lit. daubä 'grübe' und ags. dufan immergere) — nschw.
dial. dobbe, nschw. dubb 'bolzen, pflock, nagel', tirol. tupp
'grosses stück holz' (vgl. mhd. tübel 'pflock, zapfen, nagel",
ahd. tubeli, tubila incastratura, nl. deurik 'zapfen', mnd. düre
penis) — ags. cbba, mnd. mnl. ebbe, wozu ahd. ippichöye revolvat
Ahd. gll 2, 409, 57 (vgl. got. ibuks 'rückwärts') — nisl. gubba
'erbrochenes' (eig.'gegohrenes'), nnorw. gubba 'dampf, nebel*.
nostfries. (D. Koolm.) gub(be) 'schlammiger bodensatz in graben
(vgl. awestn. gufa 'rauch') — nschw. dial. gubbe 'eine art ge-
treidegarbe' (v. Fries, s. 41), nnorw. dial. gobb 'rücken, schulter-
partie', Schweiz, guppe" 'hutkuppe', guppel 'Wölbung, gewölbter
rücken, höcker' — ahd. häppa, mhd. happc, Schwab, höp 'hippe'
(zu xoxlq 'messer', lit, kapöne 'hackmesser') — nnorw. dial.
hubb 'gipfel, buckel', nostfries. (D. Koolm.) hobbe 'hügelartig
aus dem wasser hervorragendes stück mooriger erde', hubbtl
'höcker, erhöhung', nnd. (Frischbier) hubbel 'hügel', Schweiz.
hupp{en) 'quaste an einem barett', tir. huppe 'hügel', bair.
hoppen 'pocke, blatter auf der haut' etc. (vgl. mhd. hübet, as.
huvil 'hügel' und s. noch v. Friesen s. 47) — ahd. chlubba,
kluppa forcipula (vgl. ahd. chlobo decipula, as. fugulcloro auci-
pula, aisl. clofi 'fessel') — ags. crabba, aisl. Jcrabbi, mnd. mnl.
crabbe (vgl. ahd. krtbaz, mnd. mnl. crevet 'krebs') — ags.
etcabbe 'sumpf (nach Leos gloss.), nnorw. dial. kvabb 'wasser-
haltiger, lehmiger sand', nostfries. (D. Koolm.) kteabbe 'sumpfige
stelle', mnd. quabeldrank (b als Schreibung für bb) 'das tränken
in schlämm' — nl. (Kil.) quabbcl tumor durus. nl. ktcab(be),
nnd. quabbe(l) 'wamme', nwestfläm. kwabbel 'wamme', ältdän.
kvabbe idem — ags. lobbe aranea (d.h. 'zottiges tier'?), mengl.
nl. (Kil.) lobbe, nisl. lubbi canis villosus und lubbi 'dicke haar-
zotte', mnd. nl. (Kil.) lobbe, lubbe 'hals- oder handkrause' —
awestn. lubba, mengl. lobbe-kchng 'grosser Stockfisch', alt. dän.
lubbe 'eine art Stockfisch', mnd. lobbe 'Stockfisch', mostnfrk.
(Teuth.) lobben 'eynreley groit stockvisch, strumulus', nengl.
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GRAMMATISCHER.
219
lob 'klotz' und (trop.) 'flegel, tölpel' — nnorw. dial. lubb und
lubba 'rundliches, starkes tier', nschw. dial. lubbig 'dick, klumpig',
alt. dän. lubbe 'fetter hund', ndän. lubbet 'fleischig, fett', nost-
fries. (D. Koolm.) lob(be) 'fleisch- oder fettmasse', mnd. lobbe
grosser hund', nl. lobbes (mit -es als diminutivsuffix) 'dick-
sack' — nhd. naupen und nuppen, noppen 'Schrullen, grillen'
(8. DWb. 7, 474) — ahd. rabbo, mhd. rappe corvus (vgl. ahd.
rabo) — nnl. rob, nnd. (Brem. - nsächs. wb.) rubbe 'seehund'
— dL (EiL) robbe 'kaninchen', engl, rabbit — nl. (EiL)
schabbe operculum, lacerna, penula (vgl. s. 222 zu scuobba etc.)
— nL (Kil.) schabbe Scabies (vgl. ahd. scaban 'kratzen'), mnd.
scabbe 'schäbiger kerl' — nl. (Kil.) schabbe tinea, blatta (vgl.
mhd. scabe m. gl. bed.) — nl. (Kil.) schabbe cavillum und ca-
villatrix (das wort ist wegen des vocals nicht zu der s. 222 er-
wähnten sippe schobbe scomma etc. zu stellen) — aschw. skrubba
höhle, Schlupfwinkel' (vgl. ags. scra,fi höhle') — tirol. schroppen
'holperige, unebene stelle', bair. schroppen 'erdhügelchen' —
afries. snabba 'mund', mnl. mnd. snabbe rostrum (zu ahd. snabul)
— mnd. mengl. sfubbe, awestn. stubbi, stobbi, aschw. stubbi, nl.
(Kil.) stobbe truncus — mnd. tobbe, tubbe 'zapfen, nagel' —
mhd. (rheinfr. niederrhein.) züpe, nhd. zaupe 'hündin', hess. zopp
m. gl. bed.;
ags. budda 'käfer' — nl. (Kil.) gadde apua — westfäl.
hodde coagulum = hess. hotten — mengl. cod(de) 'schote, balg,
kissen', awestn. koddi 'kissen', nnorw. dial. kodde 'kissen',
kodd(e) 'hoden(sack)', nschw. kodd 'hodensack', nl. (Kil.) kodde
euleus, testiculus — mnl. codde 'keule' — mnd. codde, cudde
'junges schwein', nl. (Kil.) kudde porcus (vgl. mnl. code porcus)
— nl. (Kil.) kodde jocus, woher koddi gh facetus — schwäb.
krotl 'kröte' (vgl. ahd. krota) — ahd. chratto 'korb' (verw.
mit ags. cradol 'wiege'? vgl. Kluges Et.wb. zu kratze) — nl.
paa\de) 'kröte', mengl. paddok 'kröte' — nl. (Kil.) podde
kröte', pudde mustela piscis (vgl. mnX.puut rana, \A.pude) —
ahd. räddo, mhd. ratte lolium (vgl. ahd. räto, as. rädo) — ags.
rddduc 'rotkehlchen' (vgl. ags. rtW 'rot') — ahd. scotto 'schot-
ten)' (vgl. as. scuddian, ahd. scutten quassare) — nl. (Kil.)
sladde, slodde mulier sordida und sladde linteum tritum —
siegerl. sodde 'pfütze', mhd. sutte 'lache, pfütze' (vgl. ags. seaö,
afries. säth, mhd. söt 'pfütze, brunnen') — mnd. sodde 'sud'
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220
VAN n ELTEN
(neben gleichbed. sode) — mh<L eotte 'flausch, was zottig herab-
hängt ', nl. (KiL) *ro<i(rfe) ' fetzen ', awestn. fodda 'wollenbüschel'
(vgl. ahd. zoto juba, villus, fimbria) — nl. (Oudemans) tad (aus
*tadde) 4 fetzen' (vgl. ahd. zato, -a villus, juba) — nl. (KU.)
t?a/Wc fungus und laganum, libi admodum tenuis et flaccidi
genus — nl. (KU.) vodde 'läppen, fetzen, Wischtuch';
awestn. baggi 'bündel', mengl. westfläm. bagge 'kiepe' —
mnl. bagge 'ferkel' — ags. docga canis — ahd. häggo, hü(c)b,
schwäb. höh, Schweiz, häh, höh 4 haken' (vgl. ahd. togo m.gl.
bedeut) — mnd. knagge 'knorren, dickes stück', mengl. knaggie)
'pflock, knorren im holz', nnd. knagge 'knorren, baumstumpt
dickes stück brot, hölzerner wirber -— mnd. mnl. mengl. coggt
'breites, rundliches Seeschiff' (verwant mit higel? vgl. Francks
Et wb. zu kogge) — Schweiz, mäki 'mohn' (vgl. die nebenfora
mägiy ahd. mago) — schwäb. mouh 'obstansammlung, im heu
angelegt' (vgl. ags. müga, an. mügi 'häufe'1)) — nl. pluggt.
mM. pflocke (und pflock, vgl. unten 5a) — mnd. nl. (KU.) pogge
'frosch' — ahd. roggo, rocco, as. roggo, mnl. rogge 'roggen' (zu
ags. ry$e, aisL rugr) — mnd. slagge 'beim schlagen abspringende
metallsplitter' — ags. sucga1 bachstelze' — mhd. snäke, schwäb.
schnöh, eis. §nöh 'schnake' — ahd. sneggo, snecco, nnd. schnigge
(vgl. ags. sncegel, nnd. snagel limax und beachte Beitr. 12, 521)
— nl. vlagge 'fahne' — ags. focgc 'füchsin' (vgl. got. fauhö,
ahd. voha m. gl. bedeut.) — awestn. aschw. vagga 'wiege' (zu
ahd. waga cunae) — ahd. waggo, tvacko Ahd. gll. 3, 212, 2.
4,414,21, mhd. wacke 'kieselstein' [wegen des Beitr. 12,521
aufgeführten Schweiz, lunh 'hinge' s. das unten LXVIH zu
Jungunna etc. bemerkte; in Schweiz, jttnki 'das junge' kann
das k auf anlehnung an junk beruhen]; beachte auch als in
die starke flexion übergetretene bildungen (vgl. unten 5 a) ags.
sceabb Scabies (vgl. s. 219 schabbe Scabies) — awestn. stMr
truncus (zu stubbi, s.S. 219) — ags. codd 'tasche' (vgl. oben
codde 'balg') — sowie vielleicht ags. sceadd 'maifisch', scrobb
'gesträuch', facg 'plattfisch', puddas sulcos Germ. 23, 399, zu
denen ich keine schwache nebenform zu belegen vermag (awestn.
gabb könnte zum verb gabba gebildet sein).
') Das Beitr. 12, 521 aufgeführte mücga ist im Bosw.-Tollerscben wb.
nicht verzeichnet.
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GRAMMATISCHES.
221
Als den gnaW-, woraus knabb-, und gnabb-, woraus knapp-,
zu vergleichende doppelfonnen sind zu verzeichnen:
bair. grueppen 'grübe', nl. (Kil.) grubbe fovea (mit aus
sehr geschlossenem ö verkürztem voc, wie schubbe, s. unten)
und mnd. groepe 'mist- und jauchrenne', nl. (Kil.) gruppe fovea
— schwäb. knaupd 'knorren', Schweiz, chnupo 'knäuel', mnd.
cnobbe, cnttbbe 'knorren, knoten (auf der haut)*, nl. (Kil.) knobbel
tuber, nodus, globus und ranl. cnoppe 'knorren, knospe, knorpel,
knoten', mnd.knoppe 'knoten, zum knoten zusammengebundenes'
(vgL mhd. knübcl 'knöchel') — nwestfläm. kobbe 'federbusch
(eines vogels), haarbusch, hutkopf, nhd. koppe, kuppe 'berg-
koppe, spitze (eines fingers, nagels)', bair. koppen 'kröne eines
nadelbaumes, fingerspitze', Schweiz, koppen 'federbüschel (eines
vogels)', nl. (Kil.) kobbe gallina, nwestfläm. kobbe aranea und
nl. (Kil.) koppe gallina, mnl. koppe aranea, as. coppodi cristatus
— ahd. c{h)räpo, mhd. nhd. kräpe uncinus, luxemb. kröp 'haken',
siebenb. kröpen 'türhaken' (s. DWb. 5, 2062) und mnl. krappe
cardo, nnd. iskrappen 'eissporen', ahd. c(h)rüpho, ehräpfo un-
cinus, ahd. nhd. krapfe 'haken' sowie mhd. nhd. krapf fuscina
(vgl. unten 5 a; beachte auch ahd. chräfo, ehr äff o uncinus aus
*kräpo mit p wie in cnapa, s. oben s. 217, anm. 1, oder mit p
für pp nach langer silbe?) — nnl. Krabbe ' Schweinsrippchen'
und nl. (Kil.) krappe pars abscissa, pars carnis, placenta,
ofella, crustum, ahd. kräpfo, eräpho artoerea, mhd. nhd. krapfe
.festgebäck' (Kluges deutung, s. Et. wb., 'so nach der haken-
artigen form des backwerks benannt' ist wegen der nl. be-
deutungen wol abzulehnen) sowie mnl. krap 'speckstiiek' (vgl.
unten 5a; mrhein. und hess. krappel, krcppel 'pfannkuchen' haben
zweideutiges pp) — nl. (Kil.) nnd. quabbe 'aalquabbe' und
mnd. nl. (Kil.) quappe m. gl. bedeut. — nnd. (Br.-ns. wb.)
nobbe, nubbe, mhd. noppe 'wollknötchen' und mnd. mnl. noppe
m. gl. bedeut. — ahd. lappa 'läppen', nnd. labbe 'hängelippe'
und ags. afries. lappa, mnd. mnl. läppe — preuss. rabc (d. h.
rabbe, vgl. gleich zu erwähnendes nnd. ruhe) 'schorf einer
wunde', mhd. bair. tirol. rappe(n) 'kratze' und mhd. rapfe
kratze', nl. (Kil.) rappe Scabies, crusta vulneris — ahd. rapa,
rüppa, nnd.rube (d.h. rubbe, s. Beitr. 9, 179) 'raupe' und mostnfrk.
(Teuth.) rüpe, ruyppe, bei Kil. als Fri. Hol. Sicamb. verzeichnete
niepe, roope, ruype, roepe eruca (henneb. roppe, thür. ruppe,
222
VAN HELTEN
siebenb. top, vgl. Beitr. 12, 144, sind zweideutig; nnd. rupe
könnte lehnwort sein) — ahd. scuobba, sctwpa squama. mhd.
schuoppe, schuppe, mostnfrk. (Teuth.) scoehe idem, nL (Kil.)
schobbe, schubbe idem (wegen des w vgl. s. 221 zu grubbe), nl.
(Kil.) schobbe operculuni, tegumentum, lacerna und mnd. schöpe
squama (vgl. das s. 219 verzeichnete schabbe operculum und
mnd. schöve squama, nl. [Kil.] schoeve amiculum) — nl. (Kil.)
schobbe scomma, scurra und schoppe ludibrium, mnl. scop, ahd.
scopf 'spott' (vgl. unten 5 a) — ahd. trappa und ags. trvppa
'schlinge';
nl. (Kil.) knodde nodus und ags. cnotta 'knoten', aofries.
cnotta 'binde' F20, nuLJcnütr nodus (vgl. unten 5a) (vgl. ahd.
chnodo, chnoto) — mnd. peddik medulla und mnd. mnl. pitte
'mark, kern', nl. (Kil.) pctte nucleus, mnd. mnl. pH (vgl.
unten 5a; man beachte auch ags. pida medulla, mnd. pedik)
— wegen as. klcddo, mnl. clitte etc. sowie mnl. kladde, klatte
etc. s. unten 3;
Schweiz, bake 'backe' und ahd. baccho, mhd. backe (wegen
ahd. bahho, aonfrk. kinnebaco vgl. knapa s. 217, anm. 1) — ags.
frocga rana und aisl. fraukr (vgl. unten 5a) — awestn. kaggi
•fass, tonne' und vatnkakki 'wasserfass' — ahd. chräcco fuscina
und aisl. krd kr 'haken' (vgl. unten 5a; beachte das verwante ahd.
chrägo m. gl. bedeut.) — mnd. tagge 'zacke' und mnd. mnl.
tacke 'zweig, zacke'.
Vereinzelt begegnen auch schwache nominalbildungen mit
langer stimmloser Spirans und zwar meist neben einer lange
tenuis oder media aufweisenden doppelform:
ahd. laffa palma (vgl. got. löfa, aisl. löft 'flache hand') —
mhd. schroffe 'felsklippe' (vgl. mhd. schrove m. gl. bedeut) —
ags. snofl'a 'schnupfen' neben mnd. snoppe 'nasenschleim', mhd.
snupfe und snüpfc (vgl. snaupfe bei Lexer) 'schnupfen', aisl.
snoppa 'schnauze';
as. cledtha, ahd. cleddo, chledda, mostnfrk. clesse (Teuth.)
und mnl. clisse, clesse 'klette' (mit ss aus pp, vgl. Beitr. 9, 16*0)
neben gleichbedeut, mostnfrk. clettc (Teuth.), mnl. clitte, clette
(in den Werd. gll. stehendes cletto Wadst. 91, 2 könnte as., aber
auch ahd. form sein) und as. kleddo W adst. 77, 2. 84, 9 (ahd.
3.
GRAMMATISCHES
223
chletta, -o mit tt aus dd oder aus pp?) sowie ags. cldte (mit t
für ft) und ahd. cleito (mit * aus d für dd) (vgl. noch mit altem
einfachen conson. ags. cli de, ahd. chlcdo oder -a und ahd. kleto
oder-a; in ahd. clethen lappas Diut.2, 333 kann th lange oder
kurze spirans darstellen) — mnl. classe (mit ss aus pp) lappa
neben gleichbed. nl. (EL), nostfries. &Z<i(frfe — mnl. cJasse
* schmut zklumpen ' neben gleichbedeut. mnl. mnd. clatte (bei
Walter unrichtig durch 'fetzen' übersetzt) und mnl. nnd. kladde
•schmutzklumpen, fleck, schmutz' — mnl. closse 'kugel', mostnfrk.
dm 'klumpen' (Teuth.) neben nl. (Kü.) clotte 'klumpen' (es
sei denn dass letzteres wort zur sippe ahd. chlöz, mnd. mnl.
döt 'klumpen, kugel' gehöre) — mengl. läppe, ahd. ladda, latta
neben ags. latta, siebenb. (s. Beitr. 12, 144) lats, mnl. lattc 'latte'
— ags. moppe tinea, mhd. motte neben mnl. motte (mnd. mutte,
aisl. motH sind zweideutig: altes tt oder aus pp entstandenes?)
— ahd. fethdhah, fettah (derivatum zu einem verlorenen schw.
stamm mit -ah als diminutivsuffix);
aofries. crocha 'feuerbecken' neben ags. crocca 'krug', aisl.
krukka m. gl. bedeut. (vgl. ags. cruce, as. krüka urceus) — ags.
pohha 'beutel' neben gleichbedeut. pocca — mnd. poche, bair.
pfochc 'blatter' neben gleichbedeut. mnd. mnl. pocke, ügs.pocc
(vgl. unten 5a), bair. pfucke Schmeller2 1, 419 — ags. rohha,
mnl. röche, mnd. röche, ruche 'rochenlisch' neben nschw. rocka,
ndän. rokke — ahd. scahho promuntorium (vgl. aisl. skagi 'kleines
Vorgebirge') — mhd. schache 'stück einzelstehenden waldes'
(vgl. aisl. skögr 'hain') — ags. scohha lenocinium neben ags.
scucca, sccocca 'teufel, Verführer' — fraglich ist wegen des
anlautenden conson. der Zusammenhang von (mit ags. Örnh,
aisl. öro 'kiste' verwantem) schwäb. druch 'truhe' mit ahd.
schwachem truccha, Schweiz, tntkchd 'truhe' (und ahd. truha;
das ch — hh könnte auch auf hu zurückgehen) — die näm-
liche Unsicherheit waltet ob in betreff des etymologisch dunklen,
neben züya ruga erscheinenden schwachen fem. zühha 'runzel'.
Diese ff, pp, hh können natürlich nicht als die ergebnisse
regelrechter entwickelung gelten. Der im aind. zu beobach-
tenden tatsache zufolge, dass die sogen, schwächsten casus auf
■nds, -nt, -näm etc. ausschliesslich zu endbetonten stammen
stehen {mürdhnds, -ni, -näm etc. zu mürdhä, -änam, -dbhyas
etc.), sind zu den nomina mit wurzelauslautender, aus tenuis
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- fr i-*tt riiix t:h Verners gesetz
x~f ' rirnr^i •s&irecäaiisg des stamme?
-~t*» -r2"».- mi fes» -""T- -'im«« etc, bei nicht-
i.T.n^-^: -n. I j. <r irni^ar. Lass selegentlieh in
i-^t ~ n iirrtz±issc^r irr - J.ea i_i;e2»;r:e durch die andere
£2em. ii nirti iL- Lsa Sei -kc od etc. auch nen-
irM 3L~ -S*^> «s. «ti in schwang kaaa
nni nLTtiidr: LT* - -i, > frr. - T* <c:. ar: neogebildeten -/Ws
«l -• ^ r n tt -^ji i^-^lt^l Ais diesen alten oder
ItrlrrO. *CL ^LT3. £1X1 -Wi AL idTW. Als sich nUD
i les Lrrsei rt -V* *c«l sc^temies. etc. in der folge
* -eiL fü-rj-i^-fa ttu> woraus historische
-Jh -e:'- -v- *c\ . t üi'.-^a n cen nebeaformen durch
tfVCTpr i-aL at-^rÄCi xxwlier. etc. für (zu Y
l fril-cir sn^sses >~U : = -/*- : .'^-l
"^"fsnsi itr jrzzx -tsi**? ±z^~r~z.z von doppelformen
r_- rrrem. nfi x.:i:e-'i:«r:.:-*;ec:. stamm beachte die
:Vä ii i n-: c erriirt« aI-L s**;.ii aas «tum/* und cA«ofo
iL* r* t .r" — i^-x | *>m axs V cd mnd. ptddik, mnd. mnL
i s. s.2^f i^s ?.V — *ä c:<V aas ^?i/>öm, wozu
i«. *zs .-V*-- fcV/o oder -a aas ^lüi
r»ir7 :rz .v.7 e:c. ALS
s. 3 ali sr^r»;. aas si<mZ neben sterro, as. sfcfVi
a^» #;>r*; — aef Är..*.~ . ;cer ätü?.; 5 l Än>&j«$ (mit durch ans-
ei-:: -izz fär regelrechtes nur stehender endung) etc. hin-
wei-eL de aLi furo. eil± ir.r^ rwrf» ahd. (k)raban, ags. Ära?/«,
KilI mnL rar^i «die entstehnne der form mit d.h. die
enUrleisung des wort es in die o-declination, bildet eine parallele
zu den gleich in 5a zu besprechenden fallen1)) neben auf
hrotrus etc. hinweisenden ahd. mbbo, mhd. rappe.
4.
Osthoff verlegt in seiner anregenden anmerkung in Beitr.
8, 300 die entstehung von langem conson. aus einfachem laut
+ n'. in den gen. sg. und pL (auf -»es, -nim). Kauffmann hält
Beitr. 12, 543 vorgerm. genetive und dative sg. auf -«es, •»»
') Wie hraban etc. zu rabo etc., steht ahd. rogan, ags. hro;*, aÜ
'fischeier' zu ahd. rogo.
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GRAMM AT
Mll
225
für sebr zweifelhaft, wäre aber geneigt anzunehmen, dass neben
altem gen. pL auf -nöm auch ein dat pl, wenn nicht durch-
weg, so doch unter umständen mit verwant wurde; für
den acc. pl. möchte er auf grund des von Kogel restaurierten
got. auhsnuns die existenz einer schwächsten casusform betonen.
Dass eine analogisch mit -w- versehene endung des dat pL
(-nümmiz für -ummiz aus -nmis) zur zeit der assimilation exi-
stiert haben könnte, ist naturlich nicht in abrede zu stellen,
wenn auch die endungen got. -tiam, ags. -www, an. -nom, die
im hin blick auf ags. zu crxen, exen (aus einer neubildung ohsniz),
oxna stehendes oxum (selten oxnum) als jüngere neubildungen
zn gelten haben, nicht zu besagter annähme berechtigen
(beachte auch Brugmanns Grundr. 2, 719 und vgL unten 5a).
Eine alte, altindischem nds des acc. pl. entsprechende suffix-
form ergibt sich nicht nur aus auhsfiuns (mit erhaltenem -u-
in zweiter silbe gegenüber nach IF. 14, 80 in dritter silbe
zwischen zwei n synkopiertem -m-?), sondern auch aus der
durch -nuns oder -nunz im verein mit -nummiz des dat. pl.
(und mit etwaigem -wuwi oder -nun des acc sg.) veranlassten
Übersiedlung in die «-declination von an. gm (wm), biorn, ahd.
arn, pl. erni (vgl. got. ara, ahd. aro etc., ahd. bero, ags. bera
etc.'); ob indessen auch altes flelchitis bez. -unz etc. anzunehmen,
ist eine andere frage (s. unten 5 a). Für die ehemalige existenz
aber von vorgerm. den aind. -nas, -ni entsprechenden -nes, -ni
spricht der in allen germ. dialekten auftretende und zwar
(neben vereinzelten resten der schwachen flexion im got. ags.
und aofries., s. Sievers, Ags. gr. § 281, anm. 1 und Aofries. gr.
§ 196) vorhersehende consonantstamm wia»(w), mon, maÖr, mannr,
den ich jetzt mit rücksicht auf mana- in got. matiamaurprja,
•sefis entschieden (vgl. IF. 14, 80) auf einen schwachen stamm
zurückführen möchte: nur bei der annähme von neben den
pluralbildungen mit -w- (monnöm, monnuns und monnumiz)
geltenden alten singularformen mit -w- begreift sich die all-
gemeine Übersiedlung dieses nomens in die consonantische
flexion (nach neben -nez für -nes und -wt neugebildetem -wwm
oder -nun des acc. sg. ist auch für den zu orö, bero oder berö
stehenden acc. sg. das gleiche suffix für möglich zu halten).
') In anbetracht des nicht assimilierten rn sind hier natürlich als
Prototypen örnumiz, -nunz anzusetzen.
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226
VAN HELTEN
5.
a. Neben den schwachen nominalbildttngen mit langer
tenuis oder media begegnen vielfach starke, nach der o-decli-
nation flectierte formen:
ahd. knöpf, mnl. knop (flect. knoppe) neben mnd. cnoppe
* knoten' — ags. cropp 'sprössling' neben croppa — mhd. krapf
fuscina neben ahd. chräpfo uncinus (s. s. 221) — mnl. krap
'speckstück' neben nl. (Kil.) krappe pars carnis etc. (s. s. 221)
— mnl. scop, ahd. scopf ludibrium neben nl. (Kil.) schoppe
'spott' (s.s. 222) — ahd. scopf 'Wetterdach' neben zgs.sceoppa
'halle, hütte', mnd. schoppe 'scheune' — ahd. stupf 'punkt'
neben stopfo m. gl. bedeut — ahd. topf 'kreisel' neben gleich-
bedeut. topho, mhd. topfe;
&gs.$ncel(t) und nhd. gnaUe 'Stechfliege' — ags. codd und
aisl. koddi 'tasche' — ahd. chos und äiozzo 'kleid' — nl.
(Eil.) klot gleba, mhd. klos 'klumpige masse, kugel' und nl.
(Kil.) Motte gleba — mnd. mnl. pit nucleus und mnd. mnl.
pitte m. gl. bedeut. (vgl. s. 222) — aisl. (zu ags. aofries. cnotta,
s.8.222, zu stellendes) knütr 'knoten' (aus knüt[t]-);
ahd. hoc, aisl. bukkr, bokkr und ags. biicca, aisl. bokki
hircus — ahd. nacch und aisl. hnakke, -t 'nacken' — ags. rcecc
und aisl. rakki 'spürhund' — aisl. rokkr und ahd. roccho
«rocken' — ags. smocc, aisl. srnokkr und ahd. smoccho 'Unter-
kleid' — ahd. flec, aisl. flckkr und ahd. fleccho 'flecken' —
aisl. (zu ags. frocga rana zu stellendes) fraukr rana (aus
frauk[k]-) — aisl. (zu ahd. chräcco, chrägo 'haken' zu stellendes)
krdkr (aus kräk[k]-) — vgl. auch die s. 223 und 220 aufgeführten
pocc neben pocke, pflock neben plugge;
die s. 220 aufgeführten sceabb, stubbr etc.1).
Die tatsache, dass hier beim heraustreten aus dem alten
geleise die Strömung sich ausschliesslich der o-declination, nicht
l) Für die starken nomina mit langer tenuis, wie ahd. chapf cacnmen,
got. skatts, ags. sceatt, ahd. atocc(h) etc. < Beitr. 9, 167. 12, 515 ff.), neben denen
keine schwache doppelform überliefert ist, dürfte die nämliche herknnft aus
schwachem prototyp als möglich gelten; doch wäre hier auch ebensogut
entstehung aus mit -no- gebildetem derivatum denkbar. Nur für ahd. spot,
flect. spotta, und mnl. spot, flect. spotte, ist wegen der verschiedenen con-
sonanz (ahd. tt aus pp, doch mnl. tt aus dd für dd, vgl. oben s. 222 f.) die
annähme von altem schwachen nominalstamm geboten.
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GRAMMATISCHES.
227
der consonantischen zuwante, nötigt zu der folgerung, dass zur
zeit des metaplasmus die in der schwachen flexion neben -enez,
eni (bez. -onez, -oni), -onöm, oder -onö(n), -ommiz (mit o- durch
analogiebildung nach dem -o- des nom. gen. acc. pl. für altes
ummiz) oder deren fortsetzungen einhergehenden -n-losen
endungen nur durch das paradigma der o-declination
beeinflusst wurden. In die periode, worin solchen schwachen
casusendungen , -es, -?', -5m oder -ö(n), -ummiz, als casussuffixe
der o-klasse -csso oder -essa, -oi oder eine fortsetzung desselben
( af, -e% -#»), -öm oder -5(n), -omiz und als endungen der con-
sonantischen flexion -es bez. -ez, -i, -5m oder -o(n), -umiz zur
seite standen, wäre besagter übertritt demnach auf keinen fall
zn verlegen: zu der zeit hätte eben der einfluss der consonan-
tischen declination überwogen und so den übertritt in diese
flexion veranlasst Versuchen wir es daher mit einem jüngeren
Stadium, und zwar mit dem, worin nach der Wirkung primärer
vocalapokope (Beitr. 28, 522 ff.) und der entstehung von -u- aus
•o- vor m als flexionsbildungen in schwang waren: in der
schwachen declination flekkes, -t, -0 oder -ö, -umz oder -um,
in der starken o-declination fisJces, -V1 oder -e*, -ö oder -8, -umz
oder -um (für -omz oder -om), in der consonantischen (der
historischen endung bez. nichtendung gemäss durch analogie
verallgemeinertes) -ez oder -e (oder event. -iz oder i, vgl. Beitr.
28, 526, anm. 3), -i, o oder -ö, -umz oder -um. Hier standen
sich neben indifferenten suffixen für den gen. und dat pl. die
endung von flekkes als dem suffix des gen. sg. der o-declination,
die endung von flekki als dem suffix des dat. sg. der consonan-
tischen flexion entsprechend gegenüber, befand sich aber die
o-klasse als in ihrer Verwendung vorhersehend für den fall der
annectierung entschieden im vorteil. [Ausgeschlossen ist dem-
zufolge die annähme eines acc. pl. flekkuns oder -unz (mit ana-
logischem -z), bez. -un, der im verein mit flekki zu gunsten der
consonantischen declination gewirkt hätte; es kann für diesen
casus nur von auf neubildung nach dem nom. pL beruhendem
•onun(z) bez. -unun(z) die rede sein.]
Für die vereinzelten, statt mit langem, mit ursprünglich
einfachem conson. erscheinenden o-stämmen, ahd. chnof neben
chnopf, scof 'Wetterdach' neben scopf, tof 'kreisel' neben topf,
chrof 'kröpf neben chropf, stock 'stock' neben stoccli, scof
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228
VAN HELTEN
'dichter' (= ags. sceop) neben scopf, Schweiz, block neben blohd
(s.Beitr.9,167. 12, 515 ff.), statuiert Kluge (Beitr.9, 171) einen
Wechsel in der Stammbildung zwischen »-losem suffii und
n-suffix, während Kauffmann (Beitr. 12, 512 ff.) die formen durch
annähme von reduction langer consonanz im silbenauslam
deuten möchte. Gegen letztere fassung spricht die tatsache,
dass alte reduction von im silbenauslaut nach hochtonigem
kurzen vocal stehender länge bis jetzt nicht erwiesen ist (die
Schreibungen bed, man, net etc. sind doch kaum massgebend
für die ausspräche). Für nomina wie chrof, stocJi etc., neben
denen keine schwache form belegt ist, könnte allerdings Kluges
Vermutung nicht für unwahrscheinlich gelten. Für die auf
schwachen prototypus zurückzuführenden chnof, scof, tof (&
s.226) aber dürfte eben dieser herkunft wegen eine andere
deutung der einfachen consonanz entschieden geboten sein,
nämlich herleitung derselben aus hwpes, -i, -ö, -um(z), deren >p-
aus den schwachen formen, denen von haus aus einfacher
conson. zukam, für das regelrechte -pp- von hwppes etc. ein-
getreten war.
b. Regelrechte kürzung der langen consonanz nach
langer silbe ist bekanntlich von Osthoff und Kluge nach-
gewiesen. " Doch finden sich hier einige ausnahmen (zum teil
mit vor langer consonanz gekürztem vocal, insofern nicht
anlehnung au eine nebenhergehende, langen vocal vor ein-
fachem conson. aufweisende form erhaltend eingewirkt hatte);
man beachte unter den oben aufgeführten bildungen aofries.
bobba- (s.217), nhd. tappe (s. 217), ahd. dräppo (s. 217), ahd.
trüppin, nofries. drubbel (s. 218), ahd. häppa (s. 218), ahd. räddo
(s.219), ags. rüdduc (s. 219), ahd. häggo, hücko (s.220), hair.
gmcppen, nl. grubbe, gruppe (s. 221), ahd. c{h)räpho, chräpfo,
mhd. krapfe uncinus etc. (s.221), nnl. krabbe ' Schweinsrippchen ',
ahd. kräpfo artocrea etc. (s. 221), ahd. rtippa 'raupe' etc. (s. 221),
ahd. scuobba, mhd. schuoppc, schuppe squama etc. (s. 221), ahd.
chräcco 'haken' (s.222);
sowie ahd. gesläpfa nupta, mhd. kütze 'kauz' (Beitr.9, 178 f.),
harpfe, Schweiz, balkda, wulkcte (Beitr. 12, 524. 525)').
*) Eine andere benrteilung erfordern natürlich mhd. scharpf, sarpf,
gelpf neben scharf, sarf, gelf : die im ahd. (vgl. Braunes gr. § 131b) geltende
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G KAMM ATISCHES.
229
[Als nicht durch kürzung entstandener laut hat der vocal
zu gelten von neben den formen mit a (woraus au) begeg-
nenden bildungen nhd. noppen, nuppen 'Schrullen' (s. 219),
hess. zopp 'hundin' (s. 219), nl. podde 'kröte', pudde mustela
piscis (s.219), mnd. cnobbe, cnubbe etc. 'knorren' etc. (s. 221),
henneb. roppe, thür. ruppe etc. 'raupe' (s. 221), mnd. snoppe,
mhd. stiupfe etc. (s. 222) : aus mhd. schuppe (für schuoppe,
s. 222) geht hervor, dass die vocalkürzung jüngeren datums ist
als die entstehung von «o, mithin eine viel jüngere erscheinung
repräsentiert als der wgerm. Übergang von u in o]
Die regelwidrige behandlung der consonanz begreift sich
als das resultat von analogischer erhaltung: als die noch nicht
durch ausgleichung ihrer doppelformigkeit verlustig gegangenen
schwachen nomina sich durch das gesetz der consonanten-
kürzung in zwei kategorien trennten, in die der ursprünglich
kurzsilbigen, mit alter (den in Beitr. 9, 166 ff. 12, 521 ff. ge-
sammelten belegen zufolge in historischer periode noch zum
teil erhaltener) einfacher und gedehnter consonanz, und
die der ursprünglich langsilbigen, mit alter einfacher und
hiermit zusammengefallener gekürzter consonanz, konnte in
letzterer kategorie durch anlehnung an die zur ersteren ge-
hörenden formen die alte doppelbildung sich behaupten bez.
hergestellt werden.
6.
a. Wie bei den nominalformen, findet sich bei den mit
-tifl- gebildeten verben manchmal lange media statt oder auch
wo! neben einer auf -tn' etc. regelrecht zurückgehenden langen
tenuis (wegen belege solcher bildungen mit -pp- etc. s. Beitr.
9, 163 f.):
&gs.gabbian, aisl.gabba 'spotten' (doch könnte dieses verb
auch denominativ sein, vgl. aisl. yabb 'spott' und beachte andrer-
seits das s. 220 zu diesem nomen bemerkte) — mnd. grabbelt
'greifen', nl. grabbden 'grapsen' (vgl. aksl. grabiti 'greifen')
— nl. (Kil.) labben lambere, mnd. labben iecken, schmutzig
zweierlei qualität von nach r und / stehendem, ans p verschobenem con-
*on. (ursprünglich spirans bei tauto-, aftricata bei heterosyllabischer aus-
spräche?) wurde in der folge regulär zu gunsten des f aufgegeben, aus-
nahmsweise aber beibehalten.
Beitrage zur geschiente der deutschen sprach«. XXX. 1(5
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230
VAN HELTEN
essen oder trinken' — nl. (Kil.) schallen scalpere (vgl. ahd.
scalan 'kratzen'1) — mnl. nl. (Kil.) schrahlen scalpere (vgl
mnl. schraven m. gl. bedeut.) und mnd. mnl. schrohbcn, schrubben
'kratzen, reiben, scheuern' (ro, ru = altem ru im ablaut za
ra) — mnl. mnd. stallen 'schlürfen', mnd. slullercn, nl.
leren m. gl. bedeut. — mengl. sollin 'seufzen' (vgl. mhd. süft
'seufzer', ahd. safteön) — nl. (Kil) hobben, -den sultare, oberd.
hoppen 'hüpfen' neben ags. hoppian, nl. (Kil.) hoppen, -elen
oberd. Hopfen m. gl. bedeut. (vgl. noch unten c) — mnl. crabten.
cralbelen, nhd. krappein neben mnl. crappclen 'kratzen' — ahd.
kiscoppöt onustum Ker.gll.221,29, mhd. schoppc n 'stopfen' neben
nl. (Kil.) schoppen obstipare, replere, mhd. schöpfen 'stopfen'
— mengl. snobbin 'seufzen' neben ahd. snopffimn*) singultu
(vgl. ahd. snoffüan m. gl. bedeut. und nl. (Kil.) snof, smf
singultus), mnd. tollen 'zupfen, zwacken', nl. (Kil.) tollen tu-
multuare neben mhd. zupfen 'zwacken', nl. (Kil.) toppen to-
multuare — nl. icibbelen (uielchn) motitare neben wippen
agitare, vibrare (vgl. ahd. ueilön, ags. wdfian 'schwanken');
ags. dodelcttan *) pulsare Germ. 23, 399 — broddian neben
brottettan2) luxuriare Zs. fda. 9, 435;
ags. flocgian emicare Germ. 23, 399, mhd. flocken 'fliegen'
— ags. hocjian eminere Germ. 23, 392 (zu got. hauhs etc.) -
mengl. waggin, mhd. n ackcn, nl. (Kil.), mnd. tvagyelen vacillare.
Für die deutuug dieser -II- etc. ist folgendes zu beachten.
Der bekannten aind. betonung der -n<7-stäinme gemäss sind
für diese klasse urgerm. flexionsformen anzusetzen mit -h-
und -n-. Aus der Überlieferung aber ergibt sich, dass bei
diesen verben ausgleichung stattgefunden, und zwar entweder
zu gunsten der formen des sg. praes. ind., deren betontes
stammsuffix die bedingung für die spätere assimilation des -n
enthielt, oder zu gunsten der anderen praesensbildungeu, deren
-w- lautgesetzlich erhalten bleiben musste (beachte ahd. Urnen,
stornen, wcrnen, ags. leornian, tvcecnian etc. und die eine be-
stimmte kategorie bildenden inchoativa got. -uahian, -lundnan,
') Hierueben nl. (Kil.) schobben scalpere als neubildung nach deo
wechselformen (s. gleich unten im text) schrobben und schrabben.
") Wegen ähnlicher fonnerweiterung vgl. ahd. blecchazzen 'blitzen* ia
mnl. blicken 'glänzen', ahd. napfezen zu ags. hwrppian dormitare. ahd.
trophezzeu zu trophbn distillare.
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GRAMMATISCHES.
231
tn, Paursnan etc.. an. icakna, slitna, hnipna etc.). Durch
munten uniformierungsprocess entstanden die verba mit
og. tenuis oder aspirata + n- zurückgehenden, histori-
p- etc. : mittelstufen -bb- etc. aus -bb- etc. aus -bn'.
vu überlieferte bildungen aber mit um eine stufe zurück-
uliebenen -bb- etc. weisen, wie die oben in 2 besprochenen
nominalformen, auf eine in der entwickelung stattgefundene
bqnmong hin, die nur durch ein -b- etc. der zum paradigma
gehörenden flexionsformen, also durch die Spirans von -hn- etc.
der ursprünglich mit unbetontem stammsuffix gesprochenen
formen veranlasst sein kann. Also vor der periode des Über-
gangs von -bb- etc. in -bb- etc. noch im paradigma -bb- etc.
und -tn- (mit alter Verteilung oder, was wahrscheinlicher, be-
reits in willkürlichem, die ausgleichung vorbereitendem Wechsel);
dann im nachfolgenden Stadium z. t. nicht durch -bn- etc. be-
einflusste entwickelung von -bb- etc. zu -bb-, z. t erhaltung von
■hh- etc. durch daneben stehende -bn- etc.; darauf weitere ent-
wickelung von -bb- etc. und -bb- etc. und Verdrängung der formen
mit -n-.
b. Lange stimmlose spirans kam den -nä - bildungen
ihrer ursprünglichen accentuierung gemäss von rechtswegen
nicht zu, und es kann hier demnach solcher consonanz kein
phonetischer factor zu gründe gelegen haben. In dem hh von
ahd. lachen Hesse sich die folge erblicken von anlehnung des
verbs an hlahhi- (vgl. got. hlahjan, ahd. hlahhen, ags. hlieJihan):
-hh- für aus -gn- entstandenes -kk-, das erhalten blieb in awfries,
hlackia, aisl. hlakka. Ueber die etymologisch dunklen ags. hoffing
orbis, tcoffian delirare, lyffettan 'schmeicheln', wlceffetere 'narr' (?),
diffe defruto (Beitr. 9, 159), aus gaffetung 'spott' zu folgerndes
soffetan vermag ich nichts zu sagen. Ags. tcuhhung rabies (zu
mhd. tcüchzen 'brüllen') kann hh aus hu enthalten oder ono-
matopoietische bildung sein, wie ags. cohhettan 'husten, kichern',
mnl. kuchen tussitare, mnl. crochcn m. gl. bedeut., &\id.chahhazzen,
ags. ceahheltan, ahd. kihazan ridere, mnl. Schachen ridere u.dgl.
Unklar ist mir ags. aus mengl. siyhin 'seufzen' zu folgerndes
sihhian, das man ungern vom starken skan suspirare trennen
möchte. In ahd. spottön und mnl. spotten liegen denominative
vor zu alten spoppö und spottö (vgl. s. 226, anm.; mnd. spotten,
aisl. spotta haben zweideutiges tt: aus pp oder = // aus dd etc.?).
16*
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232
VAN HELTEN
c. Einige verbalformen mit langer tenuis oder media
gewähren >-flexion und uuigelauteten wnrzelvocal: mhd. hüpfen,
nl. (KiL) huppen, huppelen (ä* aus ü) und mit 66 (vgl. oben a)
nl. (Kil.) hubbclen, woneben ags. hoppian etc. (s. oben a) —
mhd. rupfen, woneben mhd. ropfen, rupfen mit altem -ppö-
oder -ppe aus -bnä- (vgl. got. raupjan vellere) — mhd. slüpfen,
ahd. slupfen — mhd. schupfen 'schleudern, stossen', woneben
gleichbedeutendes schupfen, nl. Schoppen — mhd. bücken, ninL
buchen (mit ü° aus w), woneben mhd. mnl. bocken — ahd. druccJwn,
ags. örycean, mnl. drucken (mit iV* aus iV) (vgl. ahd. </rff/i 'fessel')
— ahd. lucchen, mhd. ftfcfcen 4 locken', woneben locken, ahd. /ocÄö»,
ags. loccian — ahd. rucchen, mhd. rücken, mnl. rudtai (mit «V
aus /V), woneben mhd. rocken, rucken — ahd. smucchen, mhd.
smücken 'an sich drücken' (zu mhd. smiegen) — ahd. zucdxen,
mhd. zücken, aofries. /t-tem (s. Beitr. 14, 273), woneben ahd.
Für die deutung derselben sind zu vergleichen die griech.
mit -ttjjo- gebildeten, von Brugmann in seinem Grundr. 2, 981
hervorgehobenen verba lesb. xXivvco, hom. att. xXcvco aus xhi ico
(woneben lat. inclinozre, as. hlinon) etc.
LXV. Zur Vorgeschichte von germ. stimmloser spirans
+ tenuis und von s(s) aus tt.
Für das schwache praeteritalsuffix stellt alter stimmloser
dental fest durch germ. pahta, pahta, warhta, worhta etc. und
got. ahd. as. wissa, wn. vissa, on. risse, ags. wisse, ahd. muosa,
got. ahd. as. mahta etc. (ob dieser dental nach der Wackernagel-
Behagherschen hypothese auf das th von medialem suffix der
2. sg. ind. zurückzuführen oder als das resultat eines anderen
entwickelungsganges zu fassen sei, kann hier unerörtert bleiben).
Für die schwachen praeteritalformen ist alte wechselnde
betonung anzunehmen: einerseits weisen die von Sievers, Beitr.
9, 563 hervorgehobenen nasjan, tvasjan, hausjan, laisjan, gasleip-
Jan, gatarhjan etc., deren stimmlose spirans keinenfalls aus den
praesensbildungen oder dem part. praet. herrühren kann, auf
wurzelsilbenbetonnng im praet. hin; andrerseits geht in be-
stimmten formen dieses praeteritums nichtbetonte Wurzelsilbe
hervor aus dem schwundstufigen vocal von germ. wissa (tcista\
kunpa, paurfta, gadaursta, skulda u.s.w.
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GRAMMATISCHES.
233
Mit rticksicht auf diese Verschiedenheit des accents Hesse
sich altes p von got. kunpa, an. kunna, -e (»n aus w/>), ags.
cuöe, ahd. konda1), an. unna, -e, ags. uöe, ahd. owrfa gegen-
über altem ö von got. munda, wn. mwwfa2), ags. munde 'er-
innerte mich', an. munda, -e, monda, -c 'wurde', got. shdda,
an. shdda, -e (wn. meist skylda etc.)3), ags. sceolde, afries. scolde,
ahd. scolta, as. skolda deuten: p bez. # als die folge einer die
ursprüngliche doppelformigkeit beseitigenden uniformierung.
Doch erhebt sich bei solcher fassung die frage: woher die ent-
schiedene Vorliebe für p bei *kunpö~m, *unpöm im gegensatz
zu der in *munö*öm, *skulÖOm zu beobachtenden, sich der nor-
malen entwickelung der praeteritalbildungen anschliessenden
bevorzugung des 61 Dass bei so consequentem gemeingerm.
verfahren der zufall sein spiel getrieben hätte, ist kaum an-
zunehmen. Es muss hier offenbar ein factor tätig gewesen
sein, der den abnormalen sieg der stimmlosen spirans in *kunpöm,
*unpom zu veranlassen vermochte.
In der jüngeren entwickelungsgeschichte der praeterito-
praesentia zeigt sich widerholt bei formell sich nahestehenden
verben analogische neubildung. Ahd. konda, onda, as. konsta,
gionsta, farmonsta gewähren durch anlehnung an dorfta (oder
*thorfla), -torsta (oder *-dorsta), scolta (oder *scolda) bez. thorfta,
dorsta, skolda entstandenes, regelwidriges o (für ti). In ahd.
mugun (neben altem magun), as. mugun zu mag liegen ana-
logiebildungen vor nach sculun zu scal (vgl. auch Beitr. 15,214 f.);
ebenso in spätws. muge nach scule, in aofries. mugun nach
*skulun (statt dessen tiberlieferte skilun, skelen mit aus dem
opt. stammenden voc), in anorw. muga inf. nach skulu, in aschw.
mugha inf. nach skula etc.; vgl. auch ahd. as. mohla (neben
mahta) zu mag nach skolta, skolda zu scal. Umgekehrt bietet
') Die isolierten ausnahmen oii. künde, konde (s. Noreens Aschw. gr.
§ 555, 1, anm. 1) und awfries. koude repräsentieren natürlich analogie-
bildungen.
l) In hiernebeu überliefertem muujni kann die consonanz wegen des
alten gesetzes, np wird zu nn, nicht auf altes nfi hinweisen.
') Aschw. der jüngeren periode angehörendes nud mschw. skulle ist
natürlich nicht auf shdp- zurückzuführen; die form entstand durch assimi-
lierung ans nhüde, wie rille au«? rüde (vgl. Noreen» ARchw. gr. § 556, 3 mit
*nm. 3. 553,19. 292, 1).
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234
VAN HKLTEN
der anorw. dialekt skdkm (neben skolom) nacli *magum (woraus
megom). Die ahd. 2. sg. kanst (woneben darft, scalt, maht), as.
banst (woneben tharft, skalt, maht) und das as. praeteritum
konsta, -onsta weisen nach dem muster von -tarst, *darst, dorsta
entstandene endungen auf: kanst, konsta, -onsta zu alten kam,
-ann nach *darst bez. -tarst, -dorsta zu altera darr bez. tarr
(dagegen erhaltung von regelrechten scalt, maht, skolda, mahta
zu skal, mag mit kurzem cons. im auslaut; as. farmanst, for
monsta durch jüngere analogiebildung nach kanst, *anst, konsta.
-onsta; dass für diese formen mit -st, -sta analogiebildung
geltend zu machen, ist zu entnehmen aus as. part. küd für
kun])-, dessen regelwidrige, durch anlehnung entstandene con-
sonanz auf vorsächs. praet. knnp- hinweist). Mit langen eon-
son. erscheinen mhd. s(ch)uUcn, mnl. sullm zu s(ch)a1, sal nach
mhd. kunnen, mnl. können zu kan; umgekehrt mit kurzem
conson. mnl. conen, cuenm (s. meine Mnl.gr. § 222 r) nach
solen, suelen. Hiernach ist auch für eine alte periode des vor-
germ. ein ähnlicher Vorgang denkbar, d. h. es konnten die zu
Pur-hume, Öur-zume etc. stehenden praeteritalformen die zu
kun-nume stehenden in der weise beeinflussen, dass hier kvnp.
unj)- daneben geltende kunÖ-, und- verdrängten (während zu
mu-nume, sku-lume stehende praeteritalbildungen sich solcher
einwirkung entzogen und in der folge der regel gemäss sich
der nebenform mit p entledigten). Eine solche beeinflussung
aber konnte schwerlich von purft-, Öurst- ausgehen ; m. a. w. es
sind hier alte purfp-, öursp- zu postulieren, die zur ansetzung
berechtigen (direct) von für pt, st eingetretenen fp, sp, woraus
überlieferte ft, st, (indirect) von für kt, sp. sk eingetretenen
hp, sf, sh, woraus überlieferte ht, sp, sk.
Nach fp etc. aus pt etc. ist auf tt zurückgehendes pp an-
zusetzen, woraus ss bez. s. Dieser wandel des pp ist in eine
ziemlich alte periode des vorgerm. zu verlegen: er ist nicht nur
älteren datums als der wandel von auf analogischem wege aus
pn entstandenem) pp (vgl. s. 223 f.), das (mit ausnähme eines be-
schränkten Sprachgebietes, s. s. 222 f.), insofern es nicht erhalten
blieb, zu // wurde, sondern er muss sogar vor oder spätestens
während des eintritts von pp für Jm erfolgt sein, denn bei
erhaltung von aus // hervorgegangenem />/> zur zeit der ent-
stehung von auf pn beruhendem pj> wäre für die so zusamnien-
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GRAMMATISCHES.
235
gefallenen längen gleiche behandlung zu erwarten; die ent-
stehung aber von für pn eingetretenem pp fiel mit dem wandel
von ön in Öd zusammen, ist also eine ältere erscheinung als
die Verschiebung von media zu tenuis, die bekanntlich bereits
vor der sprachlichen berührung zwischen Germanen und Römern
stattfand.
Erwägung des hier ausgeführten dürfte die controverse
betreffs Chatti und Hassi, Hessi (vgl. IF. 4, 341 ff. und Zs. fda.
43, 172 ff.) zur entscheidung bringen: das tt von Chatti kann
nicht als lautsubstitut gelten für pp, woraus ss hervorgegangen
wäre.
LXVL Zu und. (und altmittelfrk.) as. altostnfrk. -o
aus -*ta und verwantes.
Gegenüber normalem -u = altem -ti(-) und aus -ö begegnet
bekanntlich im ahd. uud as. nonnales -o aus ua: ahd. horo,
balor gelo, garo, haro, meto, sneo, brfo, sllo, pläo etc., as. balo-,
9<iro, naro, missivaro, horo, meto, smero, skado, knio, kneo, trio,
treo, hleo 'schütz', frao-, faho, sneo. Die Zs. fda. 36, 268 vor-
geschlagene fassung, aus -oua (für -na) hervorgegangenes -o"
sei in den meisten dialekten zu -o, in einigen aber zu -u ent-
wickelt, ist zu unbegründet, um einleuchtend zu erscheinen.
Dasselbe gilt von dem erklärungsversuch (s. Zs. fda. 37, 123),
wonach -o für u stände durch entlehnung aus -otvcs etc., dessen
o in schwachtoniger silbe aus anorganischem -u- entwickelt
wäre. Dem überlieferten material rechnung tragend und in
parallelen entwickelungsprocessen eine stütze findend, dürfte
dagegen folgende, eigentlich auf der hand liegende deutung
sein: -o aus -#a mit durch -a umgelautetem unsilbischen de-
ment, also in folge eines processes, der vor der Wirkung der
secundären vocalapokope (vgl. Beitr. 28, 522 ff.) und nach der
entwickelung von -o(-) der endsilbe zu -ö(-) eintrat (wegen
sneo, knio etc. aus sne-o, knc-o etc. s. weiter unten). Neben
den erwähnten formen ausnahmsweise im ahd., nicht selten bez.
sogar öfters im as. erscheinende harn Rd. Jb. (s. Braunes Gramm.
§ 108, anm. 1), balu-, guru, nat u, falu, hont, sneu, sku (wegen
deras. belege s. Zs. fda. 37, 124. Wadst. 100. 23. 102,25. Holt-
hausens Gramm. § 361) haben demnach als neubildungen zu
gelten: sie beruhen, wie ags. snän; hriiv etc., auf angleichuug
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230
VAN HELTEN
an die flectierten formen mit -«-, sind mithin als auf m aus-
lautende monosyllaba zu fassen. Wegen des ahd. neben regel-
rechtem cneo belegten sg. kniu s. Beitr. 9, 537, anm.; als gegen-
stück dieser auf entlehnnng aus dem plur. kniu (für kne-u aus
kneuu) beruhenden neubildung begegnet aus dem sg. entlehnter
ahd. plur. kneo, knio.
Nach -o aus -ga wäre auch mittelsilbiges -o- aus -ga- (für
-ua-) zu erwarten sowie -gan (für -uan), -oa (für -od aus -hü
für -uo~ aus -uön) und, wenn auf -öz zurückgehendes -ö noch
vor der Wirkung des besprochenen umlauts zu -a geworden
war, ebenfalls ga (für altes -uöz; dass -ä aus -ön und mittel-
silbiges -a- aus -o- bereits vor der entstehung von endsilbigen
-a, -a- vorhanden waren, ist aus Beitr. 28, 505. 525 f. 29, 344 f.
zu ersehen). Und in der tat finden sicli as.: siola, seola (für
vorliterarisches seola aus saiual-), aroa nom. pl. fem. Gott 2ö67.
garoa nom. pl. masc. Cott, 675 (beides mit -a aus -öz, vgl. Beitr.
28, 506 ff,; wegen fraha laeti, unfraha maestos s. unten); ein-
schlägige formen mit an und -a (aus -ön) sind leider nicht
oder nicht sicher belegt (sineuua nervum der Petri-gll. Wadst.
85,26 könnte ahd. sein1); Cott. 2844 gewährt garoes mit ana-
logisch eingeführtem g für regelrechtes m). Dagegen erscheint
im Mon. neben garouues 2844 auch garouua 675, beides mit
svarabhakti - endung für regelrechtes -ttes und analogisch ent-
standenes -ua. Die nämliche aber, zu gunsten des u wirkende
ausgleichungstendenz tritt ausnahmslos hervor in den ahd. be-
legen: drauua, thrauua 'drohung', bräuua (woneben noch andere
neubildungen dröa, braa), scnua, -uuua, -cuua, -auua, faruua.
-auua, -cuua, -ouua, garouua etc. [Eine ahd. directe ent-
sprechung von as. siola fehlt : das normale seht geht als durch
regelrechte synkope der paemiltima entstandene form zurück
auf se-u-l- für saiuul- mit durch -u des nom. und dat. sg. aus
-o- hervorgerufenem -«-, das voranstehendes u absorbierte; da-
neben ausnahmsweise seulu Is. 17, 12. Möns. frgm. 5,7, -a 14. 6.
deren -u- begreiflich wird durch die annähme von saiuul-
(== ags. sdwol), das durch einwirkung von ehemaligem saiital-
») Dasselbe gilt von in den Petri- und den Werd. glossen stehenden
neubildnngen gelau coecinum, -o eroceus Wadst. 76,11. 90,34, gara par(a)tos
Wadst. 104,21, deren fehlender halbvoral auf anlehnnng an die flexion«-
bildungeu mit -u, -umu, -um, -un, -hh aus -yu, -yumu etc. beruht.
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GRAMMATISCHES.
237
sein n zunächst behauptete und erst später bei der Wirkung
von Sievers' synkopegesetz sein einbtisste, wodurch -u-
fur -m-.J
Neben -o(-) aus -wa(-) hat -w(-) als die regelrechte fort-
setzung von -mi(-) zu gelten. Solches -u- begegnet in ahd.
kikaruta Rb (s. Ottniann s. 48), inkaruta, -tCr R, garttta Hild.
(Braunes Gramm. § 363, anm. 4d). woneben häufiger garota,
givarota, kisalota (zu garmien, fareuuen, *salutten) mit durch
anlehnung an garo etc. entstandenem mittelvocal (as. finden
sich nur nichts)Tikopierte formen gcmuida, geriuuidc, -un, ge-
mtuidun, gigernuit, gcgariuuit etc.). Unzweideutige belege für
solches -m fehlen: aus der as. Schreibung euu Cott, 1421. Mon.
1416 geht hervor, dass as. seit(-)f eu(-) 'gesetz' (wegen der
belegstellen s. Zs. fda. 37, 124, wegen des Stammes beachte ags.
*<k, ce aus sniui, ai^i) sicher, ahd. seit Möns frgm. 10, 16 mög-
licherweise als mit den oben besprochenen neubiklungen sneu
etc. in einer linie stehend gefasst wurden, in der regel aber
begegnen unsere /-Stämme mit eo (ahd. seo als norm, as. seo,
$eo-, eo, eo- neben seu etc., vgl. Zs. fda. a.a.O.), d.h. mit nach
dem muster von sneo, kleo (letzteres ahd., nicht as.) für aus regel-
rechtem e-u entstandenen langdiphthong eingetretenem laut
(sneuues etc. : sneo = seuues etc. : seo); es könnte demnach in
seu etc. allenfalls die alte regelrechte bildung vorliegen, deren
langdiphthong nur für das Sprachgefühl eine andere geltung
erlangt hätte, ebenso denkbar aber wäre hier auch entstehung
des überlieferten eu als für normales eo eingetretener neuer
neubildnng. Beachte auch ahd. (h)leo, (h)reo, as. hreo(-\ hreii(-)
(letzteres Cott. 4078. 4101). jedoch wegen des ursprünglichen
um-, iz- Stammes dieser Wörter (vgl. ags. hldw, hldetc, hrdw,
hrcexc und s. Sievers' Gramm. § 288) unter berücksichtigung der
möglichkeit von für alte hie, hre (aus hle u für hleuu etc.) ein-
getretenen neubildungen.
Nach Braunes Ahd. gr. § 108, anm. 2 steht ahd. o für
nach langem vocal nur in den älteren quellen und fällt seit
der mitte des 9. jh.'s überall ab. Doch ist der ansatz dieses
Schwundes schon in eine etwas frühere zeit zu verlegen mit
rücksieht auf in Rb und Rd stehendes see Ahd. gll. 1, 283, 10.
637.4 (in Rb und Rd überlieferte re Ahd. gll. 1,279, 17. hre, hreh,
reh mit rees, s. Ottmann zu Rb s. 48. 69. sind nicht beweiskräftig.
238
VAN HELTEN
weil hier altes hre aus hre-u, s. oben, vorliegen könnte). So-
dann aber sei zu dieser erscheinung noch folgendes bemerkt.
Das durch absorption von o entstandene e weist auf aus (-0
hervorgegangenes, monophthongisches eo als Vorstufe hin (be-
achte auch cneo, knio, trio aus alten kne-o, tre-o). Aus in der
literatur des 9. jh.'s zu beobachtendem nebeneinander von ft
und e geht hervor, dass zu der zeit schwach articulierte aus-
spräche des zweiten dementes des langdiphthonges herschte.
welche die zwischen co und c schwankende Schreibung ver-
anlasste. Nach ahd. sne, hie, n% sc, pri, bli, grä etc. sind die
(übrigens nur ausnahmsweise erscheinenden) as. sc, ehaft, hrelik
(s. Holthausens Gramm. § 280) zu beurteilen. Dass der lang-
diphthong in unseren nominalbildungen nicht durch kürzung
zu co wurde, begreift sich als die folge der erhaltenden ein-
wirkung von e der flectierten casus. Wo solcher factor fehlte,
stellte sich für eo kurzdiphthong ein, der mit dem alten, au>
eu entstandenen diphthong zusammenfiel und, wie dieser, in der
folge zu io wurde; so in as. siola (woraus jüngeres scola) und
den adverbien ahd. (n)co, (71)10, as. (n)io, (n)eo (= got. aiw, ni
aiw), ahd. (h)wco, (h)wio 'wie' (aus vorhistor. haiua für hmuo(n\
das sich in betreff seiner bildung dem aind. ecam 1 so' vergleicht:
in Exhort., L. Sal. und R begegnendes hu e kann dem erörterten
gemäss nicht auf hueo zurückgehen, es ist zu got. kaitca zu
stellen und, wie dieses, als die fortsetzung zu denken von mit
ved. erä 'so' zu vergleichendem prototyp Iraiuö). Auf nicht
durch die flectierten casus gestörte, regelrechte entwickelumr
weisen hin die vereinzelten belege ahd. snio, siolih (s. Braunes
Gramm. § 43, amn. 6) und das von Kern sen. in den Taalkund.
bijdragen 1,48 ff. aus Schenkungsur kunden von kaiser Friedrich
(dat. 1174 und 1184) citierte sijctol 'seezoll'. Ahd. speo und $p<
3. sg. praet. ind. (zu spluuan) sind nicht in eine linie zu stellen
mit snco, sne etc. In spe liegt das resultat vor von regel-
rechter entwickelung (aus spaiue durch primäre vocalapokope
spe-u, das durch secundäre vocalapokope spe ergeben musste):
speo kann demnach nur neubildung sein, die neben durch ein-
wirkung der praesensforinen für sj)C eingetretenem *speu ent-
stand nach analogie der einstmals als doppelformen vorhan-
denen monosyllabischen seo, sen, sneo. *sneu etc. (die später.
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GRAMMATISCHES.
239
wie sich aus dem vereinzelten beleg seu ergibt, durch nahezu
alleinherschende ?o-formen ersetzt wurden).
Nach sneo etc. aus alten sne-o etc. sind als parallelen aus
alten fra-o, stra-o entstandene monosyllabische frao, strao zu
erwarten, die sich in der tat in bair. quellen (Pa. R. Km 29)
finden, sonst aber mit monophthongiertem laut begegnen als
ahd. frö, strö, as. frö- (in frömöd, -muod, -Ifco M 1163. 2062.
C2062. 3559. MC 2677. 3041); hierneben na. frao- (in fraomuod
C 1163) als durch anlehnung an die kurzsilbigen formen (*falo
etc.) erhaltene oder hergestellte disyllabische bildung (des-
gleichen as. faho MC 1783); ahd. strau. strou (acc. pl.) durch
ahstrahierung aus flectierten *strauuucs, *s frommes etc., die
selber auf zu altem strao entstandene neubildungen zurück-
gehen; und as. fra Wadst. 18, 13. 58, 19 durch abstrahierung
aus den flectierten casus, die vor den endungen -», -umu, -un
etc. ihr m eingebüsst hatten (vgl. die neben letzteren durch
ausgleich aufgekommenen fraha laeti C 4725. 5896, unfraha
maestos Wadst. 16, 27 mit hiatusdeckendem A-zeichen, das durch
analogie auch in frahmöd, -muod M 1011. 3559. 5982. C 1011
verwant wurde; neben fraha etc. beachte auch fahora, 1. -o,
C 2236).
In altmittelfrk. scado, salo (s. Beitr. 22, 440) erscheint -o
= ahd. as. -o. In garoda des LW, giycroda der Pss. (Beitr.
22, 140. Altsüdmittelfrk gr. § 29) könnte -o- = -o- von ahd.
'jarota etc. (s. s. 237) sein oder für regelrechtes -u- stehen
(wegen -o- aus -u- der amfrk. quellen s. Beitr. 22, 475. Asnifrk.
?r. §22f). Sonst beachte hier scla (Beitr. 22, 459. Asmfrk.gr.
S 29) — ahd. sela; siela (Beitr. a. a.o. und 466) as. siola;
(n)ie{-), tcie, uuio (Beitr. 22. 466. Asmfrk. gr. § 14) — ahd. as.
(n)io, ahd. (h)wio.
In den altostnfrk. quellen begegnen yaro, horo, sco und
garu, seu (s. Gramm. § 35 f und 20, wo indessen noch, wie in
§22. die alte fassung -o für u aus -ua aufgestellt ist; der
langdiphthong tu dürfte hier, mit rücksicht auf die in diesem
dialekt zu beobachtende entsteh ung von anorganischem u
zwischen langem vocal und heterosy Habischem u, für zwei-
deutig gelten, vgl. § 17. 20 der Gramm.). Sonst beachte noch
strö (aus altem strao) und seht ( nicht auch sila. s. § 20). io,
[n)it- (s. § 20 und 24, anm.).
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240
VAN HELTEN
Ags. bearu, -o, meolu, -o, geam, -o etc. und aofries. (rästring.)
balumon, skadutcepen, horutcerp lassen durch ihr silbischen laut
(nicht halbvocal) darstellendes -u(-) für das vorags. und vor-
fries. nichtentstehung von -ga aus -ua erkennen.
Durch die ahd. amfrk. as. -o(-) aus -uo(-) und -{«a aus -m
werden die ahd. amfrk. und as. formen mit vor endungsvoeal
neben -/- stehendem -{'- verständlich (vgl minnea, sippea, mäm
etc.; kunnru, uuilleo) biddcan, vnytan, icillco etc. und s. Braune*
Ahd. gr. § 118, anm. 1. Asmfrk. gr. § 30^. Holthausens As.gr.
§ 172): entwickelung von r aus / vor -a- und -ö (aus -önf-fe):
dann Verwendung dieses r auch für vor andrem vocal stehendes
bez. aus i (nach langer silbe) hervorgegangenes i, wie um-
gekehrt manchmal / für regelrechtes e (in redia, secchia etc.:
biddian, ajgia etc.). Durch vocalapokope aus -$a für -ja ent-
standenes -e fehlt, indem die endung des nom. acc. sg. masc.
und nom. acc. sg. ntr. kurzsilbiger Stämme bekanntlich auf
•ir, -tu zurückgeht.
I W Ii. Zur entwickelung von altgerm. JJ und tnr.
L
Brugmann hat in seinem Gnmdr.5 1, 283 und seiner Kurzen
vergleich, gramm. s. 97 für einige germ. bildungen mit auf
kurzem vocal + jj zurückgehender laut Verbindung entstehong
des Jj aus ( als zweitem dement eines diphthonges und > der
folgesilbe wahrscheinlich gemacht:
got. twaddje, wn. tveggia, on. tumggia, ahd. zicci(i)o, a?.
hrt'io aus duoi io- (? wegen dieses prototyps s. aber unten) —
got. daddjan, aschw. d&ggia 'säugen' aus nach aind. dhayat»
'er saugt', aksl. dojy 'ich säuge', aind. dhenus i milchend ' et<-
(s. lirundr.2 1, 172) anzunehmendem prototyp mit aj io- für -oy-io-
(die wort stufe mit älterem oi lasse ich im folgenden, um Weit-
läufigkeit zu vermeiden, aus; als reflexe des von Brugmann an-
gesetzt en dh.>\-io wären historische formen mit / statt a bez.
m zu erwarten, wenn anders die zurückfuhrung von schwach-
stufigem / auf »i das riclitige trifft) — got. iddja aus nach
ved. iyat und aind. äyat anzusetzenden, mit augment versehenen
Prototypen i 'i iom, -cd (oder durch analogische neubildung 4$Y)
») ten Brinks lierleituug vuu tu- iu ags. evik aus i-o mit i-j- =- t°l
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GRAMMATISCHES
241
— aisl. Frigg, ahd. Frln, ags. Frigedceg aus zu aind. preyas
geliebt' zu stellendem frel-lö- oder-i*-1) — got. waddjus, aisl.
veggr, ags. wds$ aus uai-in- mit suff. -lu-, wie got. stubjus,
drunjus (zu lat. viere)'1) — ahd. ei (gen. eies, pl. aisl.
e99t ags- «y, as. « (belegt durch eia, eicro, eiiero, eiro), mnl. ei,
nwfries. aey aus aj-iaz (? vgl. das unten zu diesem nomen be-
merkte). 3)
Brugmanns fassung dieser bildungen und die daraus für
die entstehung aller jj aus ü gezogene consequenz gewinnt in
nicht geringem masse an Wahrscheinlichkeit durch den umstand,
dass auch für die anderen formen mit altem jj, insofern die-
selben etymologisch durchsichtig sind, ein |-j sich sei es als
ursprünglich oder als durch compromissbildung bez. anlehnung
entstandene basis geltend machen lässt:
ahd. hei 'dürr' (mit dazu gehörendem ntr. gihei 'hitze,
dürre' und arheiyetun 'verdorrten', 8. Beitr. 9, 543) aus zu aksl.
sijati splendere, sivü cinereus, lat. cinis, got. hais 'fackel' für
Äcr|#>) zu haltendem hai-xo-, halle- (-/o-, -jjc- nach vocalisch
auslautender silbe, wie sich aus dieser und den andern, unten
zu erwähnenden, gleichartigen bildungen sowie aus oben an-
gesetzten frel-lö- etc. ergibt; nicht also das sonst nach langer
iddj- (Zs. fda. 23, 65) ist aufzugeben: es müsste der reflex von i-j- nach ags.
Frigrdceg, ctg, clct$ etc. als erscheinen. Wegen einer Vermutung über
'lie eutstehung von eode s. Holthausen, IF. 14,342.
l) Hierneben zu aind. priyas amatus zu haltende, substantivierte neutr.
adjectiva ags. f'reo (schwach) 'weih' ans frl-ö oder -ä für fri-\ö oder -yä,
«w. frt (stark) aus fri-o oder -a für fri-jo oder -a (wegen I aus t-j s. Beitr.
15, 467 f.; wegen der Verwendung dieser termini vgl. die neutra lieb, nl.
titf und mnl. dier 'mädchen', eig. 'teueres').
*) Weil diesen bildungen as. mnl. aofries. wei, awfries. wa(e)y ent-
sprechen müssten (vgl. die im text verzeichneten belege mit as. mnl. aofries.
«', awfries. a[e]y), sind die gleichbedeutenden as. weg (belegt durch wfgos
Hei. 1809), mnl. tceech, afries. wäg von waddjus etc. zu trennen und vielmehr
in ved. vieäti 'er umgibt, umfasst' zu halten. Dasselbe gilt für ags. wag,
träh (man beachte die belege mit ags. <£$ aus ajj). Ob mit Kögel (Beitr.
9,543) aus Weisteti auf ahd. wei 'wand' zu schliessen, ist sehr fraglich:
' wandstätte ' hätte doch kaum einen sinn.
*) Die von Noreen in seinem Abriss s. 161 vorgeschlagene deutung von
üslskegg 'bart' als zu oxows 'schattig' stehendem und eig. 'Schattierung'
bezeichnendem nomen dürfte aus semantischem gründe schwerlich ein-
leuchten.
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242
TAN HELTEN
silbe stehende disyllabische -i'o-, -t>-; vgl. auch die obenLXVl
erörterten formen mit alten -ua, -ua- etc. nach ai);
ags. der*, mnd. kky. awfries. clay iehm' (das genus nicht
belebt ), mnl. Uei(e) ntr. aus zu ags. dam iehm', yXoivc 'kle-
brige feuchtijrkeit'. jri/ry, ri«2 ieim', aksl. pitJM 'ton' etc. zu
haltendem /o-, je-stamm (das nomen ist substantiviertes adjectiv.
eig. = 'klebriges*);
ahd. scrci (tiect. screige clamore, giscriigin clamoribus), mbd.
mnd. schrei, das zurückgeht auf zu satan zu stellenden verbalen
masc. ? -stamm scraiji-, cumpromissbildung aus durch regelrechte
entwickelung für altes scra-ii- eingetretenem scrai- (woraus
md. schre) und scra-ii-, das durch anlehnuug einerseits an das
normalparadigma andrerseits an die flectierten formen scra-iffii
etc. erhalten blieb; zu diesem screi steht ahd. scrtiön, miü.
mnd. schreien, awfries. scraya (s. meine schrift Zur lexicologie
des awfries. s. 54) als denominativ;
ahd. scrci 'er schrie' aus scrai-ie, durch einwirkung von
ai der normal flexion für scra-ie eingetretener neubildung;
ahd. Uaiio, as. Heio (s. Beitr. 9, 543). nwfries. Haye (Zur
lexicol. des awfries. s. 54) aus zur sippe aksl. cena 'ehre', aisl
heiiir 'ehre' gehörendem, mit -{o- gebildetem und substantiviertem
adject.. d. h. Jlai-iö; vgl. auch aisl. soknheggr 'kriegsmanu' mit
heggr aus starker form ha{-ioM\
zu aind. trüyate 'er schützt' zu haltendes aschw. drceggc
(gen. -ggia) 'obdach' (s. Noreens Abriss s. 161), ebenfalls sub-
stantiviertes, auf ein -jo-adjectiv zurückgehendes nomen mit
altem qg-£
Für die etymologisch dunklen as. Ida 'fels, Steinplatte*
(Hei. M 2304 Idan dat. sg., M 4077 Ida acc. sg. als gelegent-
lich nach der st. flexion gehend), mnl. hie, leige, ahd. Leia,
Leige (s. Beitr. 9, 543), mnl. hye, awfries. (aus laeydc 'schiefern',
s. Zur lexicol. s. 54, zu erschliessendes) laey(e) (prototyp lai-iön,
das zur kategurie der in Kluges Nomin. stammbild. § 80— S3
erwähnten, mit -jon, -tön gebildeten und 'aus einem bestimmten
stoff herrührendes oder gefertigtes' bezeichnenden derivata
gehören kann), ahd. huaiiön, ueiyön 'wiehern' (parallelbildung
zu screiön?), ags. hncegan, aisl. gncggia, mnl. ncien, mhd. negcn
(d. h. neigen) 'wiehern', ags. ccex fem., aofries. lex masc, awfries.
Ica(e)y masc. 'schlüssel' (s. Zur lexic. s. 54), ags. hwces masc. oder
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243
ntr.(?), mnd. innl. im -molken* ist dem:,*::, -cri^al^ -: -es ;
anzunehmen.
Wegen ticaddje, tveggia etc. sei noch bemerkt, dass hier
die berech tigung von anknüprang .in l.oA uni iirai: be-
ruhender ansetzung von dmoi-fi- is. oben» zu b^zxeii-rlr:. ia
für do/o/ im hinblick auf d©<oc *dop[eIt* und a^s. ttr>'irn bis
(sowie Öriicu, as. thritco ter) als ba.-:? za gr'-.en tat.
Mehr empföhle sich die in Brokmanns Grus-ir. 2. *x>7 vor-
geschlagene gleichung lit. dctjä = urgernL imai-i'*u) «'.-ier
■Om bez. duoi löm\ beides durch anlehnang an >n dat. dual
lit. rfrem (oder dvem- bez. dvaim-y. urgenn. tu, ihn- i«>ier tuolm-
etc.) entstandene neubildungen. welche die alte form mit kurzem
voc. (= o von aksl. zum dat. drema st^hend«-iü gen. </"Ju =
aind. dvayös) verdrängten (wegen serm. ö. -0r -a, lit. -« des gen.
8. Grundr. a. a. o.). Die gleiche bildung begegnet bekanntlich
in wn. beggia, on. b&ggia. ')
Statt des von Brugmann für ei, ckz etc. angesetzten Pro-
totyps ai-iaz dürfte ferner, weil sieh hier wol historische
reflexe von suffix -iz-} nicht aber von -oz linden, vielmehr ai-iizi-)
anzunehmen sein als conipromissbildung aus durch regelrechte
entwickelung für altes a-\iz- eingetretenem alz- und durch an-
lehnung an aju* erhaltenem aiiz-\ ai>L egg (und aus krimgot.
ada zu folgerndes got. addja nom. acc. pL) entspricht dem aus
tkshjaje 'ei* (für ejo, vgl. Brugmanns Grundr. I2, § 1035. 2) zu
erschliessenden io-stamm 0/-/0-, -je-.
2.
Das jj aus j-( führt zu der consequenz: tcic (woraus ggic etc.
bez. wir) aus m m (vgl. auch Brugmanns Grundr.- 1,331. Kurze
vergl. gr. s. 107). Dieses aber lässt sich für die auf n ie zurück-
gehenden lautcomplex aufweisenden bildungen geltend machen
') Gegen die fassung von an. öriggia als analogiebildung nach tveggia,
tueeggia erbebt Osthoff (Etym. par. 139) den einwand. da*s öriggia als regel-
rechte bildnng durch ahd. drio gestützt werde, das wegen des dat. drim
kein ans dri bez. ihn übertragenea 1 enthalten könne. Hierzu aber ist
n bemerken: 1) dass im ags. neben dem efc bez. e bieteuden, durch die
nominativform beeinflussten gen. ticäza, -zra, \wiz{e)a, -zra ein dat. tmtm
steht (nur north, auch tudtm als neubildung); 2) dass auf lies, tuira und
mud. ttci(g)er duorum als analogiebildungen nach t/mm, drngkr gegeu-
stücke gewähren zu an. öriggia nach tveggia etc.
244
VAN HELTEN
bei der annähme von durch assimilation aus postvocalischem
-tj-n-' entstandener dehnung u-u «) (wegen des auf 9u-u zurück-
zuführenden utcw vgl. das oben zu daddjan bemerkte und
beachte n aus schwachstufigem >u).
Verbal bildungen mit alten -na-: aschw. gnugga 'schaben'
(s. Xoreens Abriss s. 162) aus gnuu-uö- für ghtuu-nä- (vgl. aisl.
gnüa m. gl. bedeut.) — aisl. snugga 'schielend spähen' (s. Xureen
a.a.O.) aus snuuuö- für smu-nä- (vgl. aisl, snüa 'drehen').
Verbalbildungen mit altem -wo-, -ne- (wegen solcher z.t
mit hochstufiger Wurzelsilbe erscheinenden Stämme vgl. Brug-
manns Cii undr.2,983f.): got. bligguan, ahü.bliuuan, zs.atbkuuan
(belegt durch ntbliuuuid excudit Wadst. 100,39; wegen des an-
gesetzten eu s. unten 3), mhd. briuwen, ags. breouan, as. gibreti-
uan Werden, lieber. 1, 4 b, ahd. hriuuan, as. hre(u)uuan, ahd.
chiuuan, ags. ceowan'% aisl. (h)ngggva 'stossen' (vgl. Noreens
Aisl. gr. § 485, anm. 3), aus tku-uo-, -ue- oder bleu-uo-, -ue- etc.
für bhleu-no-, -ne- etc.; dazu im praet. sg. ind. got. -bktggtc, ahd.
krau, rou, as. hrau, ags. hreaw, ahd. kou, ags. ceaw, aisl. {h)nogg,
in der anderen praeteritalflexion -blugguum, -bluggwans, ahd.
blüun, gebliun, kaplüan, aisl. bruggenn, -inn (die anderen flexions-
bildungen des isl. verbs fehlen), ahd. rtiuun, chüun, gicüuuan,
aisl. [h)nuggenn, -hin, aus durch entlehnung von uu des praes.-st.
entstandenen prototypen — mit diesen bildungen in eine linie zu
stellende ahd. houuan, ags. heawan, aisl. hoggva, aschw. hugga
aus hau uo-, -ue- für kau-nö-, -nc-\ dazu durch entlehnung von
uu das part. ahd. as. -hauu(u)an, ags. geheawcn, aisl. hgggvenn.
-inn, aschw. huggin und die praeterita ahd. (oberd.) hiu, hiu-
uuen, as. gihfai, h&uuuun, aonfrk. hieuuon, mnd. hceu, houw, -en,
ags. heow, aisl. hioggom, -um, aschw. hiog, hioggom (vgl. Beitr.
21, 452).
Verbalbildungen mit -niö-, -ni- (vgl. oben LXIV, 6c): aisL
») Vgl. dagegeu aisl. hlaun 'hüftbein' (= aind. pBtf*f 'hüfte'), got
dauns, hauns, laun, skauns, ahd. bona faba, aisl. skaunn 'bedeckung.
schild' u. ähul. aus paroxytoniertem prototyp (bekanntlich hatten die tu-,
no-, wä-bilduugen z.t. suffix-, z.t. wurzel&ilbenbetonung). Iu got -s/w«
etc. aus seguni- liegt nicht altes ]f als diphthongscomponent vor.
') Das Beitr. 19, 432 über chiuuan etc. bemerkte ist unrichtig: aus mnl.
kauicen (stamm feflMfO-) geht kein beweis gegen chiuuan etc. (stamm leu-uo-)
hervor.
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GRAMMATI8CHES.
245
byggva und byggia, aschw. byggia 'wohnen' aus buu-uio-, ui-
oder buu-uio-, -ul- für bhzu-niö-, -ni- (vielleicht auch north, bya,
as. aus bnida zu erschliessendes büian, die indessen auch deri-
vata zu bn 'wohnung' sein könnten) — aschw. bryggia (aus
*bryggva) 'brauen' — aisl. gyggva 'schrecken einflössen' (vgl.
hierzu aisl. intr.-inchoat. gugna 'erschrecken'; doch könnten in
den verben auch derivata vorliegen mit -io- bez. -no~- zu ver-
loren gegangenem adject. gugg(v)r aus guu-uo- für ghdu-nö-).
Adjectivbildungen mit -ni- bez. -wo-, -ne- (wegen solcher
bildungen mit hoch- oder mittelstufigem bez. schwachstufigem
wurzellaut vgl. Kluges Nom. stammbild. § 228. 229):
aisl. sneggr 'hurtig' (zu got. snhcan) aus snau-ui- für
snou-ni- — as. hriuui maestus Hei. 5612, aisl. hryggr (woher
hryggva 'betrübt machen') aus hruu-ui- für krzu-ni- — ob in
dem etymologisch dunklen aisl. dyggr 'treu' ygg gleichfalls auf
uu-ui oder etwa auf ugi zurückgeht, ist m. e. fraglich1);
got. glaggicö, -aba (auch glaggwuba, das sich als neubildung
dem umgekehrt neben harduba überlieferten hardaba vergleicht),
ahd. glouuer, as. glatt, ags. gleaw, aisl. gloggr sollers, sagax,
prudens etc. aus glau-uo-, -ue- für ghlou-nö-, -ne- (vgl. dazu ags.
glowan, aisl. glöa 'leuchten'); daneben auch mit altem -ni- aisl.
gloggr — ags. hneaw parcus, woneben aisl. hneggr 'spärlich,
sparsam' — aisl. snoggr und sneggr 'geschoren, kahl' (von
Xoreen im Abriss s. 162 zu lat. novacula gestellt) — got.
{•)triggtcs, -tca, -tcai etc., woneben ags. getriewe, as. triuui, ahd.
gitriuuui, aofries. triüwe, awfries. trouice, mnl. trüwe, troiitce,
aisl. tryggr (-ver), aschw. trygger.
Durch Substantivierung aus ad jecti vischen -ni- bez. -no-
bildungen hervorgegangene masc. oder ntr. nomina:
aisl. hygg, aschw. biug(g) 'gerste' eig. 'durch ackerbau zu
erzeugendes bez. erzeugtes' aus buu-ui- bez. buu-ui- für blizu-ni-
(hierzu vgl. ags. bc'oic 'getreide', as. bcuuo gen. pl. 'erntefelder'
Hei. 2595. afries. be 'ernte', die indessen nicht, wie den ags.
as. belegen gemäss erscheinen könnte, auf ein prototyp mit
-euu- aus -eu-n- zurückgehen, sondern auf einer basis mit -e-u-
') Zusammenstellung von aisl. styggr 'unwillig' mit lit. stoveii 'stehen'
etc. (g. Koreens Abriss s. 162) verbieten mostnfrk. (Teuthon.) stugge ferox,
saevus, nl. stug 'unfreundlich' (mit ti* für ü), die auf entstehung des gg
aus n hinweisen.
Beitrage nur geschiente der deutschen spräche. XXX. \7
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246
VAN HELTEN
beruhen: erstere grundform hätte afries. beu(tv) bez. biü(w)
ergeben, nicht be, das nach Zur lexicoL des altwestfries. s. 4 f.
und nach Aofries. gr. § 164 auf alte beues, -e zurückzuführen
ist) — aisl. glygg 1 wind' mit ygg aus uuui oder w<ji? — anorw.
glyggr und aisl. anorw. gluggr, aschw. glugger (vgl. Noreens
Aisl. gr. § 327. Aschw. gr. 342, 17) 'lichtöffnung' (zu gloa etc.)
eig. 1 leuchtendes';
as. dou (in milidou), ags. deaw, ahd. tou aus dauuo- bez.
äuu-uo- für dhou-nö- (zu aind. dhävati 'fliesst') eig. 'flüssiges'
— aisl. roggr 'haarbüschel' (vgl. aisl. rya 'schafe scheren',
denoniin. zu *rti 'wolle') eig. 'zottiges' — ahd. sou, ags. seaw
succus (zu aind. savam 'saft') eig. 'ausgepreistes' — ahd. spriu
' spreu' (zu mhd. sprcewen 'stieben') eig. 'zerstiebendes' — as.
iou, mengl. touw stuppa (etym. dunkel1)) — ahd. kathau dis-
ciplina, ags. Öeatv, as. (hau ritus, mos, awfries. aus taulic 'her-
kömmlich' zu folgerndes tau (vgl. die mit s anlautende sippe
aksl. staviti 'hemmen', lit stove'ti 'stehen', ahd. stüa in stüatago
'letztes gericht', got. staua 'urteil, gericht' und s. Beitr. 17, 565)
eig. 'feststehendes'.
Durch Substantivierung aus adjectivischen -wo - bildungen
hervorgegangene feminina:
aisl. dggg, aschw. dog 'tau' (neben oben erwähnten masc
bez. ntr. dou etc.) — aisl. rggg 'ziegenhaar' neben oben er-
wähntem masc. roggr).
Substantivische -na -bildungen: ahd. (h)reuua, (h)ri(u)uua,
ags. hreow moeror, poenitentia aus hreu-uö für kreu-nö (dazu
als denom. as. hreuuon poenitentiam agere, ahd. hriuuön, -en\
wegen der zweierlei verbalstämme von aus fl-nomina gebildeten
denominativen vgl IF. 14, 86) — - mhd. schoutve 'schau' (dem
DWb. 8,2291 zufolge sollte das wort, da es auf das deutsche
gebiet beschränkt wäre, vielleicht aus dem verb schouicen =
ahd. scouuön, as. skauuon, ags. sceawian, awfries. scouwia [vgl.
Beitr. 19, 378] gefolgert sein, nicht die basis des Zeitwortes
repräsentieren; da jedoch scouuön etc., wenn kein denomina-
tivum, nur -nö-bildung sein könnte, die verbalen -«a-stämme
aber nach Brugmanns Grundr. 2, 973 keine Wurzelsilbe mit
l) Das wort ist ans formellen gründen zu trennen von dem zur wurzei
teuh gehörenden aisl. taug 'seil'.
GRAMMATISCHES.
247
hochstufigem laut aufweisen, hat unser verb als denominativ
und mhd. schouwe, das übrigens dem mnd. und mnl. nicht
fremd war, als altes -nä-derivatum zu gelten, das in den ahd.
und as. quellen zufälligerweise nicht belegt ist, in den ags.
und afries. ebenfalls durch zufall oder in folge von frühzeitigem
Verlust fehlt) — got. triggwa, ahd. trcuua, triuua, as. treu(uu)a,
aofries. tre(u)we, triütve, anorw. tryggvar (pl).
Schwache masculina und feminina, die in den mit -nes,
-Mi etc. gebildeten flexionsformen (vgl. oben LXIV, 4) durch
assimilierung u-u aus u-n-' erhielten: got. skuggwa mit altem
-«M-M- aus -&u-n- ') — aisl. skugge-, -i, ahd. scüwo, ags. scuwa
umbra (das nomen ist seiner bedeutung wegen von got. shuggwa
zu trennen und zur sippe aind. shunöti 1 er bedeckt', oxvtog,
lat. scütum, aisl. skaunn 'schild, bedeckung' etc. zu stellen) —
aisl. ugla und ahd. üuuila, üla, ags. üle 'eule', diminutiv zu
*uggwö bez. *üwö aus 9u-n- (nicht umgelauteter wurzeivocal
im nord. und ags. durch anlehnung an das simplex oder indem
das suffix nicht -i'Z-, sondern -ah enthielt).
3.
Aus vorgot. ggj (woraus historisches ddj), an. ggi und got.
ggw, an. ggv, wofür Braune (Beitr. 9, 545 f.) den lautwert g*j
(palatale explosiva -f palat spirans) bez. g7w (velare explosiva
+ labio- velare spirans) nachgewiesen hat, ergibt sich, dass
zwischen diesen affricatlauten und den alten ij, u u als mittel-
stufe eine palatale bez. labio- velare spirans gestanden hat:
zwischen der für halbvocal (und vocal) | (i) bez. u (u) er-
forderlichen Wölbung des oberen bez. hinteren (unteren) zungen-
rückens und der für g*j bez. g*w erforderlichen, bedeutend
stärkeren, also durch intensiv gesteigerte muskel-
wirkung erzeugten Wölbung der einen bez. der anderen
zungenpartie liegt eine durch geringere energiesteige-
rung hervorzurufende Wölbung, welche die ausspräche von
spirans j bez. w ermöglicht. Diese qualität aber, welche dem-
>) Das von Noreen in seinem Abriss s. 162 neben skuggtca verzeichnete
aisl. skygna 'spähen' ist, wie dessen basis skygn 'klarsehend', aus der in
rede stehenden formenkategorie zn streichen nnd vermutlich zu mhd. gucken,
gucken aus gukkian, gukkön mit kk aus gn- zu stellen (wegen g aus gh zu
»* ans sgh vgl Siebs in Kuhns Zs.37,319).
17*
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248
VAN HELtEN
gemäss als die desjenigen lautes (des jj bez. wie) anzusetzen
ist, der zunächst für semivocalische länge eintrat (daraus durch
fortgesetzte energiesteigerung die affricatae), ist auch für das
westgerm. als erste entwickelungsstufe zu postulieren auf grund
der er wägung: dass den für indog. diphthong eu erscheinenden
aofries. in, iö und as. iu eine e enthaltende, durch aofries.
(rüstring.) trc(u)we, as. ütbleuuan, gibreuuan, hre(u)uuan, hre-
uuon, hreuuuog (C 3094), hreuuag (C 4030), treu(uu)a belegte
lautverbindung gegenübersteht (hriuonda C 5947 ist, wenn die
lesart für richtig zu gelten hat, als denominativ zu hriuui zu
fassen; dem as. hriuuig liegt ein prototyp mit vor -i- der
endung aus e entstandenem i zu gründe) und so zu der folge-
rung nötigt, dass während der entstehung von iu aus altem m
die auf prototyp euu zurückgehende lautverbindung keinen
diphthong eu enthielt. Erst durch vocalisierende ein Wirkung
von e auf den ersten teil von wtv (aus mm) entstand ein neues,
in den oben citierten fonnen vorliegendes eu; aus solchem
diphthong aber gieng durch fortgesetzte entwickelung, durch
widerholte einwirkung von u auf den ersten teil des diphthongs,
das iu hervor, das sich in ahd. bliuuan, hriuuan, hri(u)uua
etc. vorfindet (woneben nach Braunes Ahd. gr. § 30, anm. 2 sehr
seltenes, in (h)reuan Is. und H, treuua Tat. begegnendes eu,
das wol auf in einigen mundarten noch nicht zu vollem tu
entwickelten, als eu gesprochenen laut hinweist) und als Vor-
stufe zu gelten hat von aofries. (nichtrüstring.) triatee *), mnd.
brüteen, rüwen, trüwe (subst.).
Also ost- und nordgerm. ü zu jj;, woraus glj, uu zu wir,
woraus g7w;
westgerm. ü zu jj, woraus ij, m# zu ww, woraus utc.
LXVIII. Zu germ. -ni- (woraus -nn^-) aus -n -f- 1
(oder daraus entstandenem dental) +
Kluge und Brugmann verzeichnen im Grundr. f. germ. phil.
I2, 379 bez. im Gi*undr. d. vgl. gr. 1», 707 eine reihe von formen,
deren aus -n + dentalem verschlusslaut (nach Kluge d) + i-
entstandenes -ni- bez. -nni- auf zur zeit der synkope des
dentals nach langer silbe stehendes antevocalisches i lün-
') Mithin eintritt der accentverschiebung nach entstehung dea neuen tu.
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GRAMMATISCHES.
249
wiese. Mit dieser annähme stehen zwei tatsachen im wider-
sprach: 1) dass die Scheidung zwTischen -i- nach langer und -j-
nach kurzer Stammsilbe als eine noch zur zeit der secundären
vocalapokope im wgerm. vorhandene erscheinung feststeht (vgl.
Bei tr. 21, 437 f.); 2) dass die dehnung von conson. vor -x- eine
ältere lautentwickelung ist als die primäre vocalapo- und -Syn-
kope (vgl. Beitr.28,530f.). Nach 1. könnte -ndy (oder -ndj-)
für altes -ndi-, mithin auch -ni- für -ndi- (oder -ndj-) erst nach
der secundären vocalapokope eingetreten sein; nach 2. aber
war -nni- aus -ni- bereits vor der primären vocalapokope
vorhanden. Ein Schwund, wie der von Kluge und Brugmann
postulierte, wräre also nur nach ursprünglich kurzer
silbe möglich. Er lässt sich anstandslos plausibel machen:
für mit aind. satyas 'wirklich' (vgl. Kuhns Zs. 24, 345) zu
identificierendes got. sunjis und dazu gehöriges sunja, aus
sm//o-, -ie- bez. -iö- oder -ie-, denen i als nach kurzer silbe
stehender laut von rechtswregen zukam, sowie für aus sntip-
oder -iß- stammendes ags. synn (vgl. azn 'schuld') (woneben
ahd. sunta, as. sttndia, aisl. synd mit eig. nur dem auf altes
mti zurückgehenden nom. sg. sund bez. stmdi etc. zukommender
dentaler mute).
Es ist demnach die synkope in eine periode zu verlegen,
worin altes, nach aus n entwickeltem im stehendes noch
nicht nach dem muster der formen mit ursprünglich langer
Stammsilbe silbisch geworden wrar (ob der dental als t oder
als eine dessen fortsetzungen verklang, möchte ich einstweilen
unentschieden lassen).
Für die von den beiden forschem neben sunjis, -ja, synn
ins feld geführten formen mit -nn(x)- ist aber wegen der den-
selben zu gründe liegenden prototypen mit von haus aus langer
Stammsilbe eine andere deutung besagter consonanz geltend
zu machen.
Ahd. wrendo und ags. wrenna 1 Zaunkönig' repräsentieren
beide substantivierte adjectivbildungen mit stamm wrandi-
oder -iö- bez. wranni- (aus wrandni- oder wrandni- etc.) eig.
'ungestümer' (vgl. aksl. vrqtü ferox und beachte den eigen-
artigen, huschenden gang des vogels, der, wie sich Brehm,
Vögel 2, 178 ausdrückt, 'überaus schnell über den boden dahin-
250
VAN HELTEN
hüpft, so dass man eher eine maus als einen vogel laufen zu
sehen glaubt').
As. henginnia 'das hängen' (nach Kluge aus kankentt, doch
sind m. w. keine participialformen mit altem -ent- für das germ.
belegt) vergleicht sich den durch -nl, -n{ö- oder -nie- zu einem
adjectiv gebildeten abstracta as. tcöstunnia (zu teöstu-, vgl
as. tcösti, ahd. wuosti, ags. tceste und aofries. tcöst) bez. -innig,
ahd. tcuostinna (anlehnung an tcösti etc.) ' wüste' (eig. 'das
wüst sein'), as. fastunnia 'fasten' (zu fastu-, vgl. ahd. festi und
ags. fast, as. fast) und berechtigt zu der Vermutung eines ver-
loren gegangenen adjectivs mit -t- hangt- 'hängend'.
Für ahd. hcfihanna obstetrix Ahd.gll. 1,285,49 mit teran-
nun (pl.) gll. 2, 728, 13, von Kluge auf kapyontyä zurückgeführt
von Brugmann = got. liafiandci gestellt (die wgerm. form
müsste so ff statt f v aufweisen), liegt es nahe, an composition
zu denken aus einem auf verbalabstractum hafini hervor-
gegangenen hefi und einem 'alte frau' bezeichnenden, zu ahd.
ana 'grossmutter', ano 'grossvater', lat. antis zu stellenden,
schwachen femininum mit aus alten flexionsformen auf -nes,
-ni etc. (vgl. oben LXIV, 4) herrührendem nn (beachte auch
ahd. Anno).
Ahd. lungun(na), aofries. lungene, ags. langen fem., von
Kluge zu as. lungundian pulmone gehalten (Wadstein 113, 17
liest lungandian), lässt sich, wie ahd. lungin{n)a als -nh,
-niö- oder -n^-stamm den oben erwähnten tcöstunnia etc. zur
seite stellen: basis ein den aind. laghus, lit lengvas 'leicht',
Uaxvg 'schnell' entsprechendes, altes langu- (verwante bü-
dungen sind ags. lungrc cito, ahd. as. lungar strenuus); bedeu-
tung aus 'leicht, beweglich sein' durch Übertragung entstan-
denes 'leichtes, bewegliches' [wegen in semantischer hinsieht
zu vergleichender bezeichnungen für 'pulmo' vgl. Kluge, Et,
wb. zu lunge; ags. langen hat den wurzelsilbenvocal des alten
nom. sg. langun (durch primäre, vor der umlautswirkung
erfolgte apokope von -/ aus -i, vgl. Beitr. 28, 502. 522. 523),
den endungsvocal der flectierten casus mit -enn(t)- aus -unni-;
andere zu langa- stehenden derivata sind ahd. lunga, mhd.
lunge fem., aisl. lunga ntr., beides mit Verlust von -a- vor den
fl-haltigen endungen; Schweiz, lunkd, s. Winteler s. 61. Bach-
maun s. 25, mit durch -u- hervorgerufener dehnung gg, woraus
GRAMMATISCHES.
251
kk; neben lungene begegnendes aofries. lungernsiama 'fistel-
erguss aus der lunge' verdankt sein r wol der anlehnung an
ein dem abd. lungar etc. entsprechendes *lunger 'rasch'; in
dem oben citierten lungandian vermute icli durch voran-
stehendes -an- veranlassten Schreibfehler für lungandi dat. sg.
fem. eines compositums aus lunga und and (= aisl. -i-stamm
pnd 'atem', aofries. and- in andern 'fenster', nacli Beitr. 14,232
eig. 'türchen zum atmen') = 'das atmen der lunge', woraus
durch Übertragung 'das atmende'].
Neben mhd. eint, mnd. Und 'zacke, zinke', aisl. tindr 'zahn
am rade' begegnendes, von Kluge und Brugmann auf tendi-
oder tindi- zurückgeführtes ahd. zinna (pl. -«»), mnd. mnl.
tinne pinna begreift sich als schwaches femininum, dessen con-
sonanz aus den alten flexionsbildungen mit -nes, ~ni etc. her-
vorgegangen war (-mm- aus -n -f dental -f m-).
Für das von Kluge zu ags. diminutiv trendil masc. Orbis,
mnd. trendel 1 Scheibe, runder kuchen' (aus trandil1)) gestellte
ahd. (rennila turbo ('kreisel oder Wirbelwind'?) ist an dimi-
nutivbildung zu denken aus fem. mit -ni- abgeleitetem nomen
= 'drehendes' (eig. 'drehung').
Von Brugmann zu ags. bend, got, band* fem. gehaltenes,
gleichbedeutendes ags. benn (belegt durch benne nom. acc pl.,
-mim dat. pl., vgl. Bosw.-Toller i. v. benn) ist, wie tranni-, auf
-wt-stamm zurückzuführen.
Ahd. minna, as. minnea, -ia 'erinnerung, liebe' verbindet
Brugmann direct mit got. ntr. gaminju-, doch dürfte aisl. miniar
'gaben zum andenken' wol eher zu der annähme eines der
ahd. as. bildung zu gründe liegendem Stammes mnjfi- oder -jß-
fuhren.
') Vgl. hierzu in mnd. um ... freut, umme (den) trent 'ringsum in,
so um herum, ungefähr*, mnl. gleichbedeutendem om(me) trent, tränt er-
haltene« trand bez. trend 'kreis', maj*e. -/-stamm (mit aus dem pl. her-
rührendem e, wie in mnd. mnl. neben sträng erscheinendes streng) und zu
trand»- im ablautsverhältnis stehende mnd. trint, front, truiul 'rund', aofries.
trind umbe, trund um 'um ... herum'.
GRONINGEN. W. VAN HELTEN.
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BEMERKUNGEN
ZUM GOTISCHEN WORTSCHATZ.
Obwol ich aus erwägungen persönlicher art auf eine von
mir selbst zu besorgende dritte ausgäbe meines gotischen
etymologischen Wörterbuches verzichten muss, will ich doch
nicht unterlassen, den neuesten etymologischen versuchen
gegenüber Stellung zu nehmen und meine gegenbemerkungen
zu veröffentlichen. Seit dem erscheinen meines durch Th. von
Grienbergers Untersuchungen zur got. wortkunde (Wien 1900)
veranlassten aufsatzes (Bei tr. 27, 113 ff.) ist neben vereinzelten
schlagenden etymologien manche neue Vermutung geäussert
worden, deren Widerlegung mir geboten erscheint. Auch
zweifle ich jetzt an manchem, was ich früher geglaubt habe.
Die zahl der möglichkeiten ist ja unerschöpflich, zumal wenn
wir vor keiner Wurzelzerstückelung und vor keiner sema-
siologischen Willkür zurückschrecken. Die wurzeldeterminativ-
theorie enthält zwar gewis einen richtigen kern, ist aber für
die etymologische Wissenschaft nur verhängnisvoll gewesen,
indem sie die aufmerksamkeit von wirklichen entsprechungen
gut beglaubigter Wörter auf täuschende ähnlichkeiten hypo-
thetischer abstractionen hinlenkte. Auch das bewegliche f
hat schon unfug verursacht und bedroht die solide forschung
mit neuen gefahren. Und die bedeutungslehre sucht zwar
richtig die semasiologischen möglichkeiten durch die beobach-
tung lebender sprachen kennen zu lernen, vergisst aber gar
zu oft, dass sich mit parallelen eben nur möglichkeiten er-
weisen lassen und dass viele wege nach Rom führen.1)
') Im folgenden ist die seit 1. juni 1904 erschienene literatur nur gaux
ausnahmsweise berücksichtigt.
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ZUM GOTISCHEN WORTSCHATZ.
253
1. abrs. Trifft Lidens erklärung (Stud. zur aind. und vergl.
sprachgesch. s. 74 ff.) das richtige, so ist Grundtvigs conjectur
zu Hymiskviöa 12, 4 (afr . . . dss) kaum haltbar, denn abrs ist
dann nicht 4 stark' im eigentlichen sinne, sondern vielmehr
hochgradig, ungemein, heftig' (das mit got. dbraba so ziem-
lich gleichbedeutende an. afarliga, das Lid6n nicht belegen
konnte, steht Ivensssaga ed. Kolbing s. 87). Es bleibt aber
die möglichkeit, dass 'schrecklich' die grundbedeutung von
abrs sei und dass wir mit Stokes (Urkelt. Sprachschatz s. 50)
an kelt *obno- 'furcht' anzuknüpfen haben. Wertlos ist der
vergleich von thrac. aßpo- (Kretschmer, Einl. in die geschiente
der griech. spräche s. 249, fussnote). Auch Johanssons com-
binationen (IF. 3, 239 ff.) sind aufzugeben.
2. afaikan. Für die neueste auffassung von aikan als
*aikkanan aus *ai$nanan (Hoffmann, FEPA2, abh. für August
FSek s. 39) ist die reduplicierende flexion des verbums jeden-
falls nicht günstig. Auch halte ich es nicht für sicher, dass
das siraplex aikan von haus aus die bedeutung 'zueignen' hatte,
denn es ist sehr wol möglich, dass diese ursprünglich nur auf
die composita mit in- und ga- beschränkt war, und dass erst
aus den Zusammensetzungen ein einfaches eihhan, eihhön 'zu-
sagen' abstrahiert wurde. Damm behalten wir das rechte bei
einem erklärungsversuche von aikan von der bedeutung 'sagen'
auszugehen, womit aber nicht gesagt sein soll, dass ich die
früher von mir vorgetragene auffassung (aikan eig. 'äussern'
zuaksl. iza Beitr. 27, 114) für mehr als eine Vermutung gelten
lassen möchte.
3. afar. Die stelle Luc. 1, 5 (us afar Abijins) macht einige
Schwierigkeit. Grienbergers gedanke an eine kürzung aus
(ifarleibandam befriedigt nicht. Es sei daran erinnert, dass
Peters (Gotische conjecturen, Leitmeritz 1879, s. 3 f.) afar an-
sprechend in afaram (dat. plur. zu *afara 'nachkomme') ge-
ändert hat.
i.afgups. Germanische analoga erwähnt Tamm, Et. svensk
ordbok s. 17. Mit bildungen wie *afgrundus, afgups vergleiche
man ähnliche im aind., wo das vorgesetzte apa- ebenfalls pri-
vative kraft hat, z.b. apakalmasha- 'frei von Sünde', apatushära-
•frei von nebel', dpatüla- 'ohne wedel', dpanäbhi- 'ohne nabel',
äpabarhish- 'ohne barhish-abschnitt', apabhaya-, apabhi- ' furch t-
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254
THLENBECK
los', apamUrdhan-, dpapras-, apaflrsha-, dpa&rshan- 'kopflos'.
apa^astra- 'waffenlos', apagüla- 'ohne spiess', apa^oka- 'kumraer-
los\ Zu afliaims 'von der heimat entfernt', wo die eigentliche
bedeutung von af noch klar hervortritt^ lassen sich z. b. aini
apapätra- 'von dem die geschirre fern gehalten werden', dpa-
vrata- 'vom rrato- abgeneigt, ungehorsam' als parallelen an-
führen. An hd. abgott, abtceg erinnern aind. apamürga- 'Seiten-
weg', apamftyu- 'plötzlicher, unnatürlicher tod', apaya^as- 'nn-
ehre, schände', apa^abda- 'üble nachrede, verdorbene wortform,
ungrammatische spräche'.
5. aflcipan. Zu germ. *lipanan 'gehen' stellt Schräder
(Reallex. s. 928) lat. libra 'wage, pfund' aus *liprä (woraus siciL
XiTQct), indem er von einer wz. *leith- ausgeht und sich auf
die bedeutungsentwickelung von ahd. icäga, ags. tc<k$, an. tag
zu got. gaxvigan als parallele beruft. Aber Ubra lässt sich
nicht auf eine indog. grundform mit th zurückfuhren, denn
unter allen umständen scheinen th und t in lat t zusammen-
gefallen zu sein (vgl. Meillet, MSL. 10, 276 und Verf., IF. 13,
213 ff.), weshalb von verwantschaft mit *li])anan [dazu jetzt Bar-
tholomae, Zs. f. d. wortf. 6, 231] nicht die rede sein kann.
6. afmauips. Mit ahd. muo(j)an, muodi. lat. möles, gr.
ftmZoq u.s.w. beruht afmauips auf einer langdiphthongischen
wurzel *möu-, *w*m-, *mü-, woneben aber schon in der Ursprache
durch entgleisung ein secundärer ablaut *mö-, *mo-, *m*- auf-
gekommen war (vgl. zu solchen erscheinungen Reichelt, KL
39, 1 ff.). Anders wird das Verhältnis zwischen *möu- und *mö-
von Persson beurteilt (Wurzelerw. s. 147. üppsalastudier s.l80ff.).
während Prellwitz (BB. 20, 309 ff.) nur den monophthongischen
ablaut *mö-, berücksichtigt. Mit Bugge (Beitr. 13, 316 1)
und Hirt (Beitr. 22, 229. Ablaut s. 95) die germ. sippe zu gr.
xd(4va), aind. catw(/)- zu stellen, ist nicht empfehlenswert, weil
dann der ablaut afmauips : ahd. muodi unerklärt bliebe und
dazu noch der offenbare Zusammenhang mit f/öjXoc und mötes
zerrissen würde. Auch Perssons anknüpfung von *mö(«)- an
aind. dmiti, dmiva, amind- (Wurzelerw. s. 147, fussnote 2. Üpp-
salastudier s. 186) ist wegen des auf eine aj- wurzel hinweisen-
den i und der abweichenden bedeutung von amf- nicht ohne
bedenken. Schliesslich sei noch bemerkt, dass lat moveo, das
Grienberger s. 8 heranzieht, weder formell noch semasiologisch
ZUM GOTISCHEN WORTSCHATZ.
255
recht zur wz. *möu- passen will (vgl. mein Etym. wb. der aind.
spräche s. 225. Hirt, Ablaut s. 105. 151).
7. afslaupjan. Grienberger s. 9 betrachtet afslaupjan
und afslaupnan als denominativa von einem abstractum *sla-
icipa oder *$laupa zu einem adjectiv *slawa- 'erschlafft, kraftlos'.
Beachten wir aber die bildungsweise der verba auf -jan und
nan, so werden wir eher geneigt sein mit Diefenbach (Vergl.
wb. 2, 265 f.) und Johansson (Beitr. 14, 322 f.) von einem ver-
lorenen starken verbum *sliupan oder aber von einem adjectiv
*$1aupa- auszugehen. Dazu kommt noch, dass ein *slatcipa
nicht, wie es Grienberger für möglich hält, im abgeleiteten
verbum sein i eingebüsst hätte, und dass wir uns andererseits
zu einem adjectiv *slatca- kein abstractum *slaupa denken
können. Wenn Grienberger sich auf junda (= lat. juventa)
beruft, so vergisst er, dass dieses von einem consonantstamme
(aind. yüvan-) abgeleitet ist, während *slaupa zu einem indog.
o-stamme gebildet wäre. Leider kennen wir die eigentliche
bedeutung von slaupjan nicht, weshalb wir besser tun, von
etymologischen Vermutungen abzusehen.
8. afswaggwjan. Vielleicht ist das ganze wort, das nur
2. Cor. 1, 8 cod. A belegt ist (swaswe afswaggwidai weseima jal
Uban), aus dem got. vocabular zu streichen. Ansprechend
vermutet Cromhout (Leidener doctoralthese 15. oct. 1900) ein
durch nach Wirkung von stvaswe verschriebenes af(sw)aggwidai.
Zu *afaggwtdai vgl. gaaggwidai (2. Cor. 4, 8). Ohne afswagg-
irjan aber können wir die ursprüngliche qualität des gutturals
von ahd. swingan nicht genau bestimmen.
9. agls. Mit recht vergleicht Stokes (Urkelt. Sprachschatz
R. 8) agls ' schimpflich', wovon aglus 'beschwerlich', usagljan
belästigen', aglaitei, aglaiti 'unkeuschheit', aglait - gastalds
'schändlichen gewinn erstrebend' nicht zu trennen sind, mit
ir. dil 'schände' und aind. aghd- 'böse' (anders über aghd-
Sütterlin, IF. 4, 92 f., dessen etymologie ich nicht in mein Etym.
wb. der aind. spräche s. 3 hätte aufnehmen sollen). Bis soweit
kann ich mich mit Wiedemann (BB. 28, 50 f.) vereinigen, der
auch in seiner auffassung von *aglaita- Bugge (Beitr. 24, 438)
und Grienberger s. 10 f. gegenüber recht haben wird (vgl. auch
Johansson, Nord, studier, Uppsala 1904, s.477). Wie aber kommt
er dazu von einer wurzel mit der bedeutung 'sich heftig be-
25r,
l'HLENHECK
wegen' oder ' wallen' auszugehen? Haben wir denn der
wallungswurzeln nicht schon mehr als genug? Auch wenn
Wiederaann gr. a\Xvq 'finsternis, nebel' in die sippe von agh
hineinziehen will, entgeht mir der gesichtspunkt, von welchem
aus diese combination als möglich erscheinen könnte. Vollends
unglaublich ist auch seine Vermutung, dass in serb. slov. ochol
'hoffärtig, hochmütig' eine Wurzelerweiterung mit indog. s vor-
läge ('slav. ocJi- = indog. *«&$-'), denn russ. cholja, cholitl (Mi-
klosich s. 88) lassen doch keinen zweifei darüber, dass o- in
ochol die bekannte präposition ist (vgl. auch das von Koz-
lovskij, Aren, f. sL phiL 11, 383 fL herangezogene russ. nachal).
Kehren wir aber zu agls zurück. Früher meinte ich, dass
agls u. s. w. mit agis verwant sein könnten, indem ich zugleich
Zusammenhang von agis mit aggteus für möglich hielt. Wenn
aber aghä-, wie ich jetzt glaube, mit agls zu verbinden ist
dann haben wir bei dieser sippe — im gegensatz zu indog.
*aügh-l — von velarem gh auszugehen und ist verwantschaft
mit aggteus ausgeschlossen. Die grundbedeutung von agls,
aglus u.s.w. scheint 4 böse' zu sein, aus welchem gründe ich
auch die combination mit dem wegen der nasallosigkeit eben-
falls von aggwus zu trennenden agis aufgeben muss.
10. ahaks. Dass in aJiaks ein farbenname steckt, ist auf
grund zahlreicher parallelen recht wahrscheinlich (vgl. Schräder.
Reallex. s. 852 ff.). Nur ist lat. aquilus, das Grienberger s. 11
vergleicht, wegen des qu wol besser ferne zu halten. Bedenken
wir aber, dass lit. baländis 'wilde taube' ursprünglich ' weiss'
bedeutet haben wird (Persson, De origine ac vi primigenia
gerundii et gerundivi latini s. 33), dann dürfte es nahe liegen,
ahaks mit gr. cdxQo<; 'blassgelb, blass' zu verbinden. Was den
consonantismus betrifft, verhielte ahaks sich zu coxqoq wie
ahana zu axvtj. In andern Worten: wir hätten von indog. kh
auszugehen.
11. aha. Apr. ape, lit. hpe 'fluss', wozu apr. aptis 'brunnen'
ein deminutivum ist (vgl. Mt. upuie), gehört zu a,md..äpas 'wasser',
nicht — wie Grienberger s. 12 meint — zu aha, lat. aqua. In
den satom- sprachen ist aha noch nicht widergefunden, denn
aind. kd- 'wasser' lässt sich zu etymologischen zwecken nicht
verwerten und aevä- in devävant- und dergl. heisst nicht 'wasser',
sondern 'ross'. Dass man darauf verfallen konnte, aevävatim
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ZUM GOTISCHEN WORTSCHATZ.
257
Rv. 10,97, 7 als 'wässerig' aufzufassen, ist wunderlich genug,
denn v. 4 hätte uns eines bessern belehren sollen: oshadhtr tti
mätaras, tdd vo devir upa bruve, saneyam dgvam gäm väsa
ätmänam tdva piirusha. Vgl. Johansson, IF. 2, 20 f. Zupitza,
Germ. gutt. s. 60. Verf., Et wb. der got. spräche2 s. 5.
12. aibr. Das wort ist zu sehr der verschreibung ver-
dächtig, als dass wir uns eigentlich viel den köpf darüber
zerbrechen sollten. Wenn aibr richtig überliefert ist, so kann
es doch nicht mit Grienberger s. 12 f. aus *aiwbra- 'das gesetz-
mäßig dargebrachte' erklärt werden (den gedanken, dass aibr
eine verdunkelte Zusammensetzung mit dem stamme von bairan
wäre, finden wir übrigens schon bei Diefenbach, VergL wb. 1, 11).
Nicht weniger verfehlt ist die, ich weiss nicht von wem, her-
rührende Vermutung, dass aibr eigentlich 'schweineopfer' be-
deutet hätte und mit hd. eber verwant wäre!
13. aigan. Mit unrecht will Bugge (Beitr. 24, 449 f.) aigan
von aind. tf- trennen (vgl. Wiedemann, BB. 28, 55 ff.). Vom
arischen abgesehen ist aigan ausserhalb des germ. nicht wider-
gefunden, denn das osk. wort, das Schräder (Reallex. s. 172)
heranzieht, ist aus mehr als einem gründe ferne zu halten.
14. aihtrön. Weder Johansson (Beitr. 15, 223) noch Grien-
berger s. 13 vermögen uns ganz zu überzeugen. Wäre aihtrön
ein desiderativum zu aigan, so würde es kaum ohne object
gebraucht werden können, und Grienbergers etymologie ( : gr.
oixxgog) würde uns besser befriedigen, wenn aihtrön nicht
betteln', sondern 'bemitleiden' oder 'mitleid erregen' bedeutete.
Ist aihtrön etwa von einem zu aind. ihate 'erstrebt, begehrt'
gehörigen nominalstamm abgeleitet? Bei Bartholomaes auf-
fassung von ih- (1F. 5, 215 ff.) wäre dies freilich unmöglich.
Wenn aihtrön aber wirklich mit xhatt zusammengehört, so wird
das ai wol als ai = indog. i zu betrachten sein (germ. *ixtro-
aos indog. *igh-tro- mit derselben vocalstufe wie avest. izyciti).
15. ainakls. Grienberger s. 14 denkt an eine Zusammen-
setzung von ain- und -akls, das dann zu an. aka gehören sollte.
Diese auffassung ist mir nicht wahrscheinlich, denn aka be-
deutet nicht 'gehen' oder 'fahren' im allgemeinen, sondern 'mit
einem fuhrwerk fahren'. Darum ist ahd. einfara 'solivaga'
keine schlagende parallele.
16. ainlif. Grienberger s. 14 identifiziert got. -lif mit lit
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258
ÜHLENBECK
-lifo. Ist das / in ttcalif wie in wulfs durch den einfluss des
vorhergehenden w zu erklären und ist der labial in ainlif erst
durch angleichung an ttcalif zu stände gekommen?
17. airus. Das Verhältnis von airus zu arundi bleibt
auch nach Bugges ausführungen (Beitr. 24, 430 ff.) dunkel.
Dennoch scheint es mir voreilig, mit Wood (s. IF. Anz. 11,205).
Grienberger 8. 15 und Wiedemann (BB. 28, 46) von zwei ganz
verschiedenen wurzeln auszugehen. Können wir nicht indog.
e\i) : ?i zu gründe legen? Wenn uns auch dieser ausweg ver-
sagt — im allgemeinen war ja schon frühe zu i contrabiert
worden! — so möchte ich noch eher an irgend eine Wort-
mischung denken, als die Wörter ganz von einander trennen.
18. a ips. Keine der mir bekannten etymologien dieses gera.-
keltischen Wortes ist einwandfrei. Gegen Osthoffs Vermutung,
dass ai])s mit gr. alvog zu verbinden sei (BB. 24, 199 ff.), spricht
der vocalismus von ir. öeth, während die von Tamm (Et. svensk
ordbok s. 119) angenommene grundbedeutung 'gang' (zur wz.
*ej-) für ein so charakteristisches wort zu farblos ist Auch
Grienbergers gleichsetzung von aips mit gr. okoq (s. 16) be-
friedigt nicht, denn weder von 'los, Schicksal', noch von Un-
glück, Untergang, tod' lässt sich leicht zur bedeutung 'eid'
eine brücke schlagen. Wiedemann (BB. 27, 212) meint, dass
aips mit ahd. ewa und eidum auf dem begriffe des festmachen?
oder bindens beruht, ohne dieses aber durch den nachweis
einer passenden wurzel erhärten zu können. So bleibt denn
die erklärung des wortes noch zu finden.
19. aiwiski. Nach Flensburg (Stud. auf dem gebiete der
indog. wurzelbildung 1, 52 ff.) wäre aiwisks von einem s-stamme
mit -fco-suffix abgeleitet und mit gr. alävrjq, aiävoq 'schmerz-
lich, traurig', denen er ebenfalls einen s-stamm (*«//ac-) zu
gründe legt, nahe verwant. Diese auffassung scheitert aber
uu dem umstand, dass aiwisks, ags. eewise, wie Grienberger
*. 1 7 und Wood (Mod. lang, notes 16, 309) mit recht hervor-
kwtwii, zunächst auf *aiwjan, ags. äwan 'verachten' beruht
\\ u haben es in aiwisks also mit dem gewöhnlichen adjectiv-
>,um\ iaÄu- zu tun [vgl. jetzt Schröder, Beitr. 29, 557].
•JO. aisasmipa. Zu der in -smipa u.s.w. enthaltenen
wui'Ad aUvllt Wood (Am. journ. of phil. 21, 181) noch lit. smailits,
dv^on tafoutungen er aber nicht gerecht wird. Bei Kurschat
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ZUM GOTISCHEN WORTSCHATZ.
259
finden wir: smailüs 'spitz, naschhaft, geil' (also nicht 'sharp,
keen, bold, greedy'), smilineti 'fortgesetzt etwas naschen,
leckern', smtlius 'näscher, Zeigefinger', smtle 'näscherin*. Die
verba smaTlinti und smailduti sind denominativ. Die grund-
bedentnng von smailüs ist wol 4 fein, dünn' oder ähnliches.
21. akrs. Wie man aus IF. Anz. 13. 10 ersehen kann, hat
auch das aind. die bedeutung 'weide' im gegensatz zu Acker-
land' nicht erhalten. Vielmehr werden die djräh den bergen
gegenübergestellt (vgl. die stellen bei Grassmann und im Petersb.
wb.). Das wort djra- bedeutet 'fläche, ebene', und Rv. 4, 1, 17
(d stmjo hrhatds tishthad djrän) ist von den hohen (oder grossen)
flächen des himmels die rede. Wenn indog. *agrö- jemals die
bedeutung 'triff gehabt hat so lässt sich dies aus dem über-
lieferten Sprachmaterial nicht mehr erweisen. Ich kann Hirt
in seinen bemerkungen gegen Schräder nur beistimmen. Was
Meringer (IF. 16, 184) über die bedeutungsentwickelung von
*agrö- sagt> hängt wie viele andere seiner speculationen in
demselben aufsatze ganz in der luft.
22. aljan. Mit unrecht habe ich aljan 'eifer' zu aind.
an«, aryd- gestellt (vgl. über die bedeutungen dieser Wörter
Geldner, Ved. stud. 3, 73 ff.). Vielleicht ist Johansson (Zs. fdph.
31,298) auf der richtigen fährte.
23. anasilan. An der verwantschaft von -silan mit lat.
silere ist nicht zu rütteln, alles weitere aber ist unsicher. Vgl.
einerseits Brugmann (Grundr. 1* 791), andererseits Osthoff
(Parerga s. 68 f.) und Grienberger s. 23. Ich möchte eine Ver-
mutung äussern, welche sich zwar nicht mit Brugmanns
ineinung, wol aber mit den ansichten der beiden letztgenannten
forscher verträgt Das aind. kennt ein wort selaga- 'räuber,
Wegelagerer' (wovon mit vrddhi säilagd), das wie eine Zu-
sammensetzung mit -ga- 'gehend' aussieht. Ist das erste com-
positionsglled etwa ein mit sitere ablautendes adjectiv *sela-
'still, schweigend' und heisst selaga- eigentlich 'der still ein-
hergeht'?
24. anatrimpan. Von Siebs' combinationen (KZ. 37, 310)
dürfte nur dieses richtig sein, dass -trimpan, hd. trampeln mit
mnd. strampen 'heftig auftreten', hd. strampeln, strampeln zu-
sammenhängen könnte.
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2~>
25. andlahts. Grienberger s.24f. stellt andbahts, das er
iLit umhaaus für urverwant hält, zu lit. be'gti 'laufen' (vgL
ItikltKch 5v. 12). wogegen aber zu bemerken ist. dass ein 4o-
particip nicht als zeitloses nomen agentis fungieren konnte.
Mit rr Lt sagt Brugmann (Grundr.2.206): 'der begriff der
Vollendung, des vollendet -seins und in folge davon zuständlichen
scheint ii.\s wesentliche bedeutungselement bei den vom verbal-
stamm aus grbildrten formen gewesen zu sein.' VgL über
andUihts mein Et. wb. der got. spr.1 s, 13 f. und Tamm. Et. svensk
ordU k S.7L
2*1 ati ihruskan. Grienberger s. 25 f. nimmt den alten
gedanken wider auf. dass andhruskan (nach ihm mit r) mit
lat. scrütur zu verbinden sei. Nicht gern aber möchte ich
andhruskan von an. hör skr losreissen. aus welchem gründe
auch Meillets Vorschlag, das wort als eine contamination von
Vduskan (wz. "Ileus ) und *furskan (:jihd. forscön) zu erklären
(De Indo-Europaea radice mcn- s.25) mir nicht gefallen will.
Verwantschaft mit hardus (s. Brugmann, Grundr. 1', 385. 2,240)
ist wegen der bedeutungsdifferenz nicht wahrscheinlich. Eher
ist horskr (: andhruskan) mit an. hraJr, hress, hross und ihren
verwanten in den andern dialekten zu lit. krec2iu 'schütte'.
krataü 'schüttele fortwährend' zu stellen (vgl. Persson, Wurzel-
erw. s. 167. fussnote 1). Semasiologisch ähnlich ist Woods ety-
mologie (Joura. of germ. phiL 2, 215), welche an lat. curro an-
knüpft, ohne aber den wahrscheinlichen Zusammenhang von
horskr mit hraör zu beachten.
27. andstaldan. Man könnte versucht sein, got and-
staldan, gastaldan mit lit. staldas, apr. staldis 'stall, auf ein
indog. *st(h)axl-dh- zurückzuführen. Ist staldas (staldis) aber
nicht eher ein lehnwort aus germ. *stadld-, wie nach Sievers
(IF. 4, 337 f.) die ältere form von *stalla-, ahd. stal gelautet hat?
28. andstaurran. Grienbergers ansatz einer, vorgerm.
wz. *sthur- (s. 2G) ist ganz willkürlich, denn germ. ur (or) kann
ja auch die tiefstufe zu er sein. Andstaurran, ahd. storren ist
doch nicht von ahd. star und seineu verwanten zu trennen?
29. ans. Falls Grienberger s. 27 mit recht ans als 'träger'
erklärt, dann ist verwantschaft mit aind. dnas Lastwagen \
lat. onus 'last' (Hoffmann, BB.25, 108) recht wol möglich, nicht
aber der von Wood (Joura. of germ. phil. 2, 213) vermutete
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ZUM GOTISCHEN WOKTSCHATZ.
261
Zusammenhang mit aind. asi-, lat. ensis 'schwert'. Zu einer
wz. *on- ' tragen' stellt sich unmittelbar als nomen agentis
gr. ovoq 'esel', das also nicht ursprünglich ein neutraler
.«-stamm gewesen sein wird (vgl. mein Etym. wb. der aiud.
spräche s. 7).
30. arbaips. Mit recht bemerkt Kluge6 s. 18, dass Schweiz.
arten, nassau. erwd als moderne neuschöpfungen zu betrachten
sind. Aber auch wenn diese dialektformen bei der erklärung
von arbaips aus dem spiele bleiben müssen, bleibt es möglich,
arbaips von einem verbum *arban, *arbaida abzuleiten (vgl.
Wiedemann, BB. 28, 45 f. gegen Bugge, Beitr. 24, 439). Die sippe
von lit. ddrbas ist wol von arbaips, aksl. rabü, robti u.s. w.
ferne zu halten, denn Wood (Mod. lang, notes 16,306) ver-
gleicht mit ddrbas ansprechend ags. {$e)deorf 'arbeit, an-
strengung, mühe' (ge)deorfan ' arbeiten, sich mühen'.
31. arniba. Ags. eornost, ahd. ernust stehen begrifflich
zu fern. Mit arniba laG<palÖ>$ (wozu Grienberger s. 29) ver-
gleiche ich an. ern 'brisk, vigorous', crnligr 'of brisk, stout
appearance'. Aussergerm, verwante kann ich nicht nachweisen.
32. arwjö. Das von Johansson (Beitr. 15, 224) heran-
gezogene gr. dQai6$ 'dünn, schwach' scheint ursprünglich mit
/ angelautet zu haben (s. Leo Meyer, Griech. etym. 1, 263)
und bleibt darum besser aus dem spiele. Gehört arujö zu lit.
drvas 'frei'? Oder, wie Grienberger s. 29 f. annimmt, zu an.
i>rr 'schnell, freigebig', ags. earu, as. aru 'bereit', womit avest.
aurva-, aurvant- 'schnell', aind. drvan(t)- 'rennend' verglichen
werden? Torbiörnsson (Die gemeinslav. liquidametathese 1. 63)
verbindet an. orr mit lit. drvas, was mir im hinblick auf dr-
ran(t)- nicht geraten erscheint.
33. astap. Bugges armenische etymologie (IF. 5, 172)
möchte ich jetzt nicht mehr für wahrscheinlich halten. Auch
Grienbergers erklärung aus vorgerm. *ad-stati' (s. 31) leuchtet
nicht ein (anders freilich urteilt Johansson, Nord, studier 1904,
s. 469). Falls wir es wirklich mit indog. *sth3ti- zu tun haben,
so wird das anlautende a von astap auf verschreibung be-
ruhen, wie schon vor jähren Peters (Gotische conjecturen,
Leitmeritz 1879, s. 4 f.) vermutet hat. Er liest Luc. 1,4
icaurdei stap.
34. asts. Weitgehende Vermutungen über die verwant-
Beitrige zur gescbichte der deutschen spräche. XXX. 18
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202
rULKXBECR
schaft von indog. *ozdo- findet man bei Johansson, IF. 14, 323.
Selbst csche und espe mochte er in die sippe hineinziehen, ein
gedanke. der sich nicht ohne Gewaltsamkeit durchführen lisst
An. askr, ags. cesc, ahd.asc ist ja nicht von Mt.ttsis, apr. icoasis,
russ.jVi.vt n/ u.s.w. zu trennen und an. ysp, ags, <tsp, ahd. aspa
ist die genaue entsprechung von lett. apsa, urslav. *osa (vgl
Beitr. 2(3, 295). Führt Johansson auch apsa und osa auf indo?.
*ozduü aus *od{z)duä zurück? Wie schön passt lit. ajwsas
zu dieser grundform! Es ist nicht erfreulich zu sehen, wie
viel Scharfsinn ausgezeichneter forscher auf nur zum Wider-
spruch herausfordernde etymologien verschwendet wird!
3.">. atisks. Warum verwirft Grienberger s. 31 die alte
gleichung got. atisks : lat. ador? Ist atisks aber — wie er
annimmt — eine germ. neuschöpfung zu *atjan, so fragt sich,
wie die bedeutung so rasch von 'Sättigung' über 'Viehweide'
zu 'saatfeld' fortgeschritten ist? Und wäre atisks nicht eine
recht sonderbare ableitung von *atjan? Die sippe von an.
clskr, elska schw. fem., ihka schw. verb. ist selbst zu sehr der
erkliirung bedürftig, als dass sie die bildungsweise von atishs
erläutern könnte.
30. audahafts. Tm gegensatz zu Grienberger s.34 halte
ich hw.auöinn, ags. caden, as. ödan 'geschenkt, verliehen', sowol
wegen der bedeutung wie der form, für das particip eines
starken verbums. Die grundbedeutung von an. auör, ags. ead,
as. öd, ahd. öl 'besitz, gut, reichtum' wird auf grund von auöinn
als 'gäbe' anzusetzen sein, und wir haben dann eine gute
parallele zu gabei 'reichtum', das sicher nicht von gilxin ge-
trennt werden darf, um es an lat. cöpia (Bugge, Beitr. 12, 416 i.)
anzuschliessen. Audags 'glückselig' ist eigentlich 'reich', wie
aus den andern germ. dialekten hervorgeht, und es verhält
sich zu auda- 'reichtum' wie gabcigs zu gabei. Nach dem ge-
sagten dürfte weder an Zusammenhang mit wadi (Wood, Mod.
lang, notes 10, 309) noch an verwantschaft mit aind. dvati
(Johansson, Nord, studier 1904, s.462) zu denken sein.
37. aühsa. Zu aühsa, aind. ukshdn- stellt Wiedemann
(BB. 27, 220) armen, ustr 'söhn'. Warum verbindet er ustr
nicht eher mit aind. üshtar- (ushtdr-) 'pflugstier', ushtra- 'büffel.
kamel', avest. ustra- 'kamel' (wozu Johansson, IF. 2, 60 ff.)?
Meillets etymologie von ustr (MSL. 7, 162) habe ich augen-
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ZÜM GOTISCHEN WORTSCHATZ.
203
blicklich nicht zur band. Bartholomaes anknüpfung an aind.
puträ- oder an indog. *sünu-, *sftiü- (Stud. zur indog. Sprach-
geschichte 2, 33) ist äusserst zweifelhaft. Die ähnlichkeit von
ustr und dustr kann von haus aus bestanden haben und gerade
die Ursache davon sein, dass ustr — eigentlich ein nomen
agentis zu einer wurzel mit der bedeutung 'semine irrigare'
— ein wort für 'söhn' geworden ist.
38. aurahi. Grienbergers erklärung (s. 36 f,) — welche
einen nominativ auraJijö voraussetzt — ist zu künstlich, um
wahrscheinlich zu sein. In keiner hinsieht befriedigend ist
Bezzenbergers Vorschlag (BB. 26, 66), aurahi mit lat. Onus zu
verbinden.
39. awö. Anders als Schräder (Reallex. s. 308) und Wiede-
raann (BB. 27, 222 f.) sehe ich in indog. *auo-, *auä- ein lall-
wort. Ganz unwahrscheinlich ist die von Delbrück (Verwant-
schaftsnamen s. 104 f.) gutgeheissene etymologie, welche das
wort als eine ableitung von aind. dvati, lat. avtre betrachtet.
Ist gr. aia 'erde' als entsprechung von lat. avia 'grossmutter'
zu atcö zu stellen (Brugmann, IF. 15, 94 ff.)?
40. azets. Martin (Zs. fda. 46, 186 ff.) erklärt azets als
az-ets 'an-ässig, anbeissig' im sinne von 'appetitlich, zum essen
reizend, lecker', was auf grund der bedeutung 'leicht' nicht
einwandfrei ist. In jeder hinsieht anfechtbar ist Grienbergers
auffassung von azets als ableitung mit suffix -tta- (s. 40).
Darin berühren sich die beiden erklärungs versuche, dass sie
in az- die präposition sehen. An entlehnung aus armen, azat
'frei' (Bugge, LF. 5, 172 f.) ist wegen des e und wegen der ab-
weichenden bedeutung kaum zu denken.
41. badi. Die bedeutungen 'bett' und 'polster' passen
schlecht zu gr. ydtvT} (xa&prj) 'krippe', das Wiedemann (BB.
28,72) mit badi verbinden will.
42. bagms. Kann in bagms nicht eine Wortmischung vor-
liegen, indem *bauma- (ags. beam, as. böm, ahd. boum) mit
*bagna- (aschw. bagn) zu einem worte zusammenschmolz? Mit
Grienberger s. 42 *baunia- aus *bagma- herzuleiten, geht nicht
an, denn ags. seam, ahd. soum, worauf er sich beruft, ent-
stammt dem vulgärlat. sauma, nicht unmittelbar der urspr.
form sagma. Noch weniger geraten ist es, mit Meringer (IF.
10, 157 f.) bagms von *bautna- ganz zu trennen. Bei meiner
18*
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2f>4
*
ÜHLENBECK
contaminationshypothese wäre *bauma- als 'gewächs* zu indog.
*bhcuä- zu stellen (so schon Johansson, Beitr. 15, 224 f.), bagn
dagegen würde zu einer mit gh oder k auslautenden wurzel
gehören. Eine Sammlung ähnlicher confusionsbildungen wie
die von mir vermutete (*bauma *bagna- : *bagma-) findet
man bei Johansson, Zs. fdph. 31, 300 f.
43. bairabagms. Wiedemanns ganz willkürliche etymo-
logie von baira- (BB. 28, 61 f.) bedarf kaum der Widerlegung.
44. bandwa. Mit Leo Meyer (Got, spräche s. 59) ist bandtm
zu gr. (f alvm zu stellen. Die grundform des wortes ist *bhon-tuä,
nicht *bhan tuä (Feist, Got. etyro. s. 15), denn (f alvm beruht
ebenso wie ßalvto (wz. *guem-) auf einer e- wurzel (vgl. mein
Et. wb. der aind. spräche s. 195 s. v. bhdnati). Die bedeutungs-
ent wicklung von bandwa ist dieselbe wie von aind. ketu- 'licht-
erscheinung, zeichen, banner'. Diese auffassung ist jedenfalls
derjenigen vorzuziehen, welche bandwa als eine ableitung von
bindan betrachtet (Diefenbach, Vergl. wb. 1, 296 ff. Kögel Gesch.
der deutschen lit. 1, 1, 17, fussnote).
45. bansts. Grienberger s. 43 stellt bansts zu bindan. Ist
dies richtig, dann müssen wir bansti- auf indog. *bhondzdhi-
aus *bhondh-s4i' zurückführen, während wir das s von batise
u. s. w. als Vereinfachung von ss aus indog. dzh, urspr. dh s zu
betrachten haben (vgl. Brugmann, Grundr. 1», 628). Wiedeniann
(BB. 28, 61) gibt eine andere etymologie von bansts, welche sich
zum teile au alte combinationen Diefenbachs (Vergl. wb. 1,274)
anschliesst, semasiologisch aber unvorteilhaft davon abweicht.
Im gründe findet sich auch Grienbergers gedanke schon bei
Diefenbach.
46. barizeins. Tamm (Etymologisk svensk ordbog s.26)
meint, dass es auf grund von lat. far bedenklich ist, an eine
c-wurzel anzuknüpfen [was ich nicht zugebe]. Dieser einwand
gegen die &atraw-etymologie trifft aber auch seine eigene Ver-
mutung, dass in bariz- eine zweisilbige form der wurzel von
aind. bhf sh/f vorläge, denn auch hier haben wir es mit e-voca-
lismus zu tun (s. Stokes, Urkelt. Sprachschatz s. 172 f.). Ich
möchte bariz- jedenfalls als bar-iz- auffassen, wozu lat, far (rr)
und slav. *bor§-hio die Schwundstufe des suffixes repräsentieren
würden. Falls das u von avest. baourva- 'speise' zum suftlx
gehört und aiud. bhärvati 'kaut, verzehrt ' eig. ein denominativum
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ZUM GOTISCHEN WORTSCHATZ.
205
zu *bhar-va- ist, so kann bar-iz- als ein altes wort für 'speise'
dazu gestellt werden. Eine ähnliche bedeutungsentwicklung
beobachten wir bei aind. dnna- 'speise, reis'. — Die mytho-
logischen combinationen bei Schräder (Reallex. s. 870 f.) sind
zu unsicher.
47. barusnjan. Grienbergers ausführungen (s. 43 f.) sind
zu phantastisch. Die slavische sippe, deren er als parallele
bedarf, beurteilt er unrichtig, denn nicht 'rot', sondern 'schön'
ist die ursprüngliche bedeutung von russ. krdsnyj (vgl. Mi-
klosich s. 137). Hat das von slav. krasa nicht zu trennende
nord. hros etwa auch einmal 'röte' bedeutet? Doch auch von
dem mangel an guten parallelen abgesehen, ist Grienbergers
*rusnjan : *rusni- : *rudjan zu ags. rudu 'röte' nicht beson-
dere überzeugend. Beziehung zu gariuds 'ehrbar', eig. 'er-
rötend', ist auch semasiologisch kaum denkbar, denn wie leicht
der begriff der schamhaftigkeit aus dem des errötens sich
entwickeln kann (vgl. aind. lajjatc 'schämt sich' aus rajyate
'rötet sich', E. Leumann, WZKM. 3, 345), so schwer ist es, sich
eine entwicklung von 'röten' — denn das wäre doch die eigent-
liche bedeutung von *rudjan und *rusnjan — zu tvaeßttv
vorzustellen. Und schliesslich glaube ich nicht, dass das got.
das neutrum ba ähnlich gebrauchen konnte wie die Nordmänner
ihr bdÖi (z. b. vildi Halh bceöi kjosa ok deila, Laxd. c. 14).
Wir haben also barusnjan als ein wort zu betrachten.
48. bauan. Hesychs (paittv ■ xoutv hätte Hoffmann (BB.
21, 137) an der einheit des germ. bauan in allen seinen be-
deutungen nicht irre machen sollen. Am besten lassen wir
(farttv aus dem spiele.
49. baur. Falls alban. bir 'söhn' mit recht hierher ge-
stellt wird (s. Brugmann, Grundr. 1*, 465), so haben wir schon
ein indog. *bherö- 'söhn' anzusetzen.
50. bau]>s. Grienberger s. 45 vermutet ursprüngliche
Identität von bauda- mit dauba-, welches letztere die ältere
consonantenfolge bewahrt hätte. Dies ist allerdings möglich,
obwol bauda- sich auch anders erklären Hesse (vgl. neuestens
Meillet, MSL. 10,282. Karsten, Beitr. zur germ. wortkunde s.28.
Meringer, IF. IG, 155 f.). Beispiele solcher fernversetzungen aus
verschiedenen indog. sprachen findet man bei Brugmann (Grundr.
l5?873ff. Kurze vergl. gramm. s.249), aus modernen deutschen
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ITHLKKHKCK
dialekten bei H. Schroeder (Beitr. 29, 355). Zweifelhaft ist das
von H. Kern (Feestbnndel M. de Vries s. 45 ff.) beobachtete Um-
stellungsverhältnis zwischen slav. gub- und got. biugan, denn
gub- entspricht zunächst ags. geopan, giap (Verf., Beitr. 26.569.
.7. H. Kern, Album Kern s. 254 f.), aber der von demselben ge-
lehrten angenommene Zusammenhang von slav. zld- (: htiedün)
mit got. deigan darf trotz des scheinbar auf älteres « hin-
weisenden o von russ. zodcij wol für sicher gelten. Noch ein
bei Brugmann nicht erwähntes beispiel ist lit kepenos : aksL
pccenl 'leber', dessen Zugehörigkeit zu kepu : peka nicht er-
wiesen ist. Im vorübergehen will ich auch das Verhältnis von
kepu zu pd(t mit einigen worten streifen. Gr. (iqtoxuxoc, das
meist mit lit. kepu zu indog. *pckv- gestellt wird, macht
Schwierigkeiten wegen des x, denn aus *kvoj)o- hätte gr. *xoxo-,
nicht xoxo- werden müssen. Wiedemann (Lit. praeteritum
s. 192) ist geneigt, kepu und aproxo^oc von *peku- zu trennen
Wenn man sich dazu entschliessen kann, was immerhin be-
denklich ist, so bietet sich die möglichkeit dar, an. haf, ags.
hmf 'rneer' unterzubringen (vgl. Kluge« s. 156) : germ. *hafa-
liesse sich als 'das siedende' mit kepu und -xo.toc zu einer
wz. *kep' 'sieden' stellen. Aus *k*ep* dagegen vermag ich
haf nicht zu erklären, denn meiner anschauung nach hätte
*kuöpO' im germ. nur *hafa- ergeben können. — Kehren wir
nach dieser abschweifung zu bauda- : dauba- zurück, so bleibt
noch übrig, gegen Grienbergers zweifelnd ausgesprocheneu
bedeutungsansatz 'leer' einsprach zu erheben, weil dieser sich
nicht mit den bedeutungen der zu dauba- gehörigen Wörter
(z. b. nl. dof 'glanzlos, dumpf") in einklang bringen lässt.
51. bidagwa. Thurneysen (IF. 8, 212), Cromhout (Leidener
doctoralthese 15. oct, 1900) und Grienberger s. 4(3 lesen bidaga,
welche conjectur wegen des folgenden was sehr wahrscheinlich
ist. Die änderung in bidaqa ist aufzugeben.
52. bigatrdan. Ahd. gcrta, das Grienberger s. 40 mit
unrecht heranzieht, ist entweder mit slav. *£irdi 'Stange' zu
verbinden oder — was vielleicht den vorzng verdient — nach
Sievers (Zum ags. vocalismus s. 24 ff.) zu beurteilen.
53. bigitan. Die verwantschaft von germ. *getanan mit
lat. prehemlo, gr. yavöuvco ist wegen der nasallosigkeit des
germ. Wortes etwas problematisch (über lat. praeda, das man
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ZUM GOTISCHEN WORTSCHATZ.
207
aus *prai'hcda hat erklären wollen, s. Hoffmann, BB. 20, 133 f.).
Oder beweist lit. pasigendu, pasigesti 'vermissen' (vgl. Brug-
mann, Kurze vergl. gramm. s. 515), dass das n in prehendo
nicht wurzelhaft ist? Für die bedeutungsentwicklung von
pasigendu könnte man sich auf russ. chvatattsja cego ^plötzlich
nach etwas greifen, etwas vermissen' berufen. Wol sicher mit
*gttanan verwant ist aksl. gadati 'raten', dessen nebenform
fjatati sich vielleicht durch germ. einfluss (vgl. an. gdta 'rätsel')
erklären lässt. Sind auch lit. godus 'habgierig, geizig', gödas
'habgier', godetis 'gierig sein', godhigas 'gierig' hierher zu stellen?
54. bihait. Mit recht nimmt Oomhout (Leidener doctoral-
tliese 15. oct. 1900) an, dass bihait sich in seiner bedeutung
nahe an ags. bt'ot u.s.w. anschliesst. Auch im got. ist bihait
so viel wie jilpctvide, und bihaitja ist einer, der oft solche
prahlreden äussert.
55. bijandzup pan. Mit Oomhout (Leidener doctoral-
these 15. oct. 1900) ist bidjandzup pan zu lesen. Damit erledigt
sich auch Grienbergers Vermutung (s. 40), dass *bijan sich als
verbale kurzform zu einem vollen verbum stellen lasse.
56. bimampjan. Mit dem Verhältnis von bimampjan zu
{itftqofjai, fiofiff?'] vergleichen sich fälle wie aind. dmbu 'wasser',
ST. oftßQoa 'regen' : aind. dmbhas 'wasser', abhrd- 'wölke', gr.
<l<P{>6i; 'schäum' (vgl. Brugmann, Gründl*. I'2, 033). Mit Holt-
hausen (s. IF. Anz. 15, 102) zu einem fem. *mampa aus *mombhnü
unsere Zuflucht zu nehmen, ist nicht nötig. Noch anders Grien-
berger s. 48.
57. biniuhsjan. Mit Grienberger s. 48 für die andern
germ. dialekte eine grundform ohne h anzunehmen und niuhsjan
zunächst davon zu trennen, scheint mir durchaus unzulässig.
Brugmann (IF. 13, 153 ff.) will niuhsjan in einen weiten Zu-
sammenhang einreihen, ohne aber ganz das richtige zu treffen.
Offenbar gehört niuhsjan eng zusammen mit russ. njüchatl
'riechen, schnüffeln, schnupfen', poln. niuchac 'schnupfen', serb.
njtwiti 'schnüffeln', deren ch (s) sich am besten aus indog. ks
erklären lässt. So gewinnen wir ja die möglichkeit, niuhsjan
und njuchatX auf eine indog. vvz. *neuks- zurückzuführen (anders
Berneker, IF. 10, 153 f.). Schon Diefenbach (Vergl. \vb. 2, 110)
hat niuhsjan und njüchatl zusammengestellt, ohne aber auf die
lautverhältnisse einzugehen.
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208
UHLENllECK
58. bireks. Der nominativ zu birekjai (bireikjai) lautet
wol bireks (bireite). Wood (Journ. of germ. phil. 2.229) ab-
strahiert aus dem angesetzten nominativ hi-reks irrtümlich
einen a-stamm und führt das wort demnacli auf ein indog.
-wo-particip zurück, freilich mit hinzufügung eines *perhaps\
59. biugan. Die flexion von biugan zeigt in keiner germ.
mundart gramm. Wechsel, weshalb Zugehörigkeit von ahd. IM
zweifelhaft ist. Für indog. k spräche lit. buklus iistig, schlau*
('primarily xrooked»' Wood, Mod. lang, notes 19,4), für indog.
ffh dagegen gr.xrvx- (Meillet, Notes d'etymologie grecqne s. 8ft).
F'alls slav. güb- mit Kern hierher zu stellen ist, so mnss die
vorauszusetzende consonantenumstellung schon frühe statt-
gefunden haben, denn ags. £&ip, geopan weist mit güb- auf
eine indog. wz. *gheub- hin, deren consonantismus weder zu
biugan noch zu aind. bhujdti, gr. (fivyco, lat. fugio vollkommen
stimmt (über fernversetzung von consonanten vgl. no. 50).
00. biufis. Die bedeutungsentwicklung denke ich mir jetzt
folgendermassen. Einmal wird germ. *beuda- ein verbalabstrac-
tnm zu *bvudanan gewesen sein und u.a. 'anbieten, darbringunp'
bedeutet haben, ähnlich wie aind. niredana- zu dem mit *&cm-
dtinan gleichbedeutenden niredayati Später gebrauchte man
es concret für das dargebotene, insbesondere für das mit speisen
besetzte dargebotene holzbrett. So lässt sich die alte etymo-
logie biufis- : biudan aufrecht halten (anders (irienberger s. 50).
61. bin indan. Der formenbestand von tvindan weist
durchaus auf eine indog. wz. *ucndh- und Meringer (IF.
In", 172 ff.) wird recht haben, wenn er nicht nur das deutsche
wand, sondern auch aind. vandhüra- i wagenkorb' zur ver-
gleichung heranzieht. Auch wandua, an. vondr kann hierher
gehören, lässt aber auch andere deutungen zu. Dagegen
glaube ich die wz. *uendh- mit einiger Wahrscheinlichkeit in
aksl. ada 1 fischhaken ' widerzufinden, denn was die lautliche
seite betrifft, kann ada aus *vada, indog. *uondha entstanden
sein wie asu aus *VQ$ii (:air. fes) und osa aus *vosa (:lit.
vapsä), während ada als 'gewundene gebogene' (vgl. Diefen-
bach, Vergl. wb. 1, 147) sieh zu tvindan verhalten könnte wie
hd. anyel zu aind. dücati 'biegt, krümmt' (vgl. mein Et. wb.
der aind. spräche s. 3 s. v. aitkds, s. 4 s. v. dücati).
02. blandan. Im gegensatz zu Hoffmann (FEPA1) Abh.
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ZUM GOTISCHEN WORTSCHATZ.
209
für Ang. Fick s. 58) meine ich, dass blandan und blinds nicht
von einander getrennt werden dürfen, denn die begriffe 'um-
gerührt, gemischt, verwirrt' und 'trübe, dunkel' gehen fast
unmerkbar in einander über. Die bedeutungen der wz. *bhlendh-
decken sich grossenteils mit denjenigen der wz. *menth- 1 um-
rühren, mischen, verwirren, trüben' (vgl. Miklosich s. 189 f.),
der aber kein wort für 'blind' entsprossen ist (wol spricht
man im russ. von smutnyj vzyljad, stnutnyje ylaza 'trüber
blick, trübe äugen'). Anders als Liden (Stud. zur aind. und
vergl sprachgesch. s. 78) möchte ich auch bei *bhlendh- von
•umrühren' als grundbedeutung ausgehen. Dafür spricht vor
allem der parallelismus mit *mcnth-.
63. blet'ßs. Das wort sieht doch nicht aus wie eine ab-
Mtung von indog. *melit- 'honig' (Hirt. Ablaut s. 122). Wäre
davon ein adjectiv abgeleitet (wie aind. madhurd- von mddhii),
m wurde es sich wol näher an das Substantiv anschliessen.
64. bliyywan. Wood (Mod. lang, notes 15, 327 f.) und
<Trienberger s. 50 f. stellen got. *blau/)u-, blaupjan zu bliyywan.
Mit Wood, der bliyywan auf indog. *mlcuö zurückführt, ist für
*blau])u- eine grundform *ml6utu" anzunehmen. Näher als die
von Wood verglichenen mit m anlautenden Wörter stehen
vielleicht serb. mlaviü 'hauen, schlagen', slov. mluua 'hasel-
rute zum reif, denen ein indog. *mlöu- zu gründe gelegt
werden kann, welche aber von Torbiörnsson (Die gemeinslav.
liquidametathese 1,89) mit gleichem rechte aus *mohi- erklärt
werden (vgl. no. 121). Aus lautlichen gründen verwerflich ist
die noch von Hoffmann (BB. 20, 131) vertretene gleichung got.
bliggwan : lat. fllyo.
65. blötan. Gegen Grienberger s. 51 ist zu bemerken, dass
das auf grund der übrigen dialekte sicher reduplicierende
verbum sich schwerlich als ein junges denominativum auf-
fassen lässt.
66. blöp. Ansprechend ist der gedanke, in bhip einen
farbennamen zu suchen (vgl. z. b. aind. rudhird- und $onita-).
Das von Grienberger s. 52 verglichene lat. flavus dürfte aber
wegen anderer näher liegenden combinationen nicht geeignet
sein, um blöp erklären zu helfen. Eher können wir mit Hirt
(Ablaut s. 90) an die sippe von aind. mala- 'schmutz' denken,
welchenfalls die bedeutung 'blut' sich m. e. zunächst aus 'rot',
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riU.KXBECK
nicht etwa unmittelbar aus 'schmutzig)' oder 1 dunkelfarbig"
entwickelt haben wird. Zu mala-, malind- u.s.w. gehören ja
auch Wörter, welche eine hellere färbe als -schwarz' oder
'blau' bezeichnen: lat. mulkus 4 rötlich'; cymr. mchjn, com.
milin, bret. mvhn 'gelb' (Stokes, Urkelt. Sprachschatz s. 213)
Dass die begriffe 'schmutzig, dunkel' und 'rot' einander nahe
stehen, ersehen wir auch aus lit. dtrqia 'es ist schlechtes
Wetter*, es regnet stürmisch', ddrgana, dargus oras ' regnichtes
wetter' : ags. dcorc 'dunkel' : ir. dag 'rot' (s. Tijdschr. voor
ned. taal- en letterk. 10. 288 f. und Stokes. Urkelt. Sprachschatz
s. 149).
<S~. böka. Die annähme Bartholomaes, dass kurd. büi
'eine art ulme' mit lat. fagus u.s.w. auf einer langdiphthon-
gischen basis beruhe (IF. 1>. 271 ff.), ist keineswegs notwendig.
W ir können ja mit gleichem rechte kurd. buz mit slav. *btäi
'hollunder' (s. Miklosich s. 2t») verbinden, denn so wie so haben
wir bedeutungsversehiedenheit. Mit recht bemerkt schon
Wiedemann (BB. 28, 13), dass das ü von kurd. buz die an-
knüptung an ftlgus 'etwas zweifelhaft1 macht.
t>8. braifts. Weder Bugge (Beitr. 24, 453 f.) noch AViede-
mann (BB. 28T 34 ff.) ist es gelungen, etwas brauchbares vor-
zubringen, und nicht glücklicher ist Siebs (KZ. .37, 306 f.), der
— freilich mit lobenswerter Zurückhaltung — zunächst die
sippe von lit. brydoti 'hineingewatet dastehen', braidyti 'fort-
gesetzt waten' heranzieht, welche offenbar durch ablautsentglei-
sung aus derjenigen von lit. bredü, bnsti 'waten' (: aksl. bredq)
hervorgegangen ist. Und die bedeutungen passen auch gar
nicht! Zusammenhang von braida- mit *spraidjan ist ebenso
problematisch wie die ganze hypothese über indog. sp(h)> ans
* h bh-. Leider befriedigt auch Grienberger s. 53 nicht.
69. briggan. Morphologisch steht briggan dem aind.
brmhati 'kräftigt, stärkt, vermehrt, fördert' so nahe, dass niau
versucht ist, an verwantsehaft zu denken. Könnte man von
'vermehren, fördern' ausgehend irgendwie zur bedeutung
'bringen' gelangt sein? Eine zwingende erklärung von briggan
ist noch nicht «gegeben (vgl. neuestens Brugmaun, IF. 12, 154 ff.
Wiedemann, BB. 27, 228 ff.). Auch zu brmhati, Midnt- stelle
ich an. bringa 'brüst', dessen bedeutungsentwicklung an aind.
rdlcshas : ühshati oder an brusts (s. no. 72) erinnert. Semasio-
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ZUM GOTISCHEN WORTSCHATZ.
271
logisch verwant ist Zupitzas erklärung von bringa (Germ, glitt,
s. 120). Noch anders Wiedemann a.a.O.
70. brikan. Siebs (KZ. 27, 304) vermutet Zusammenhang
zwischen *bhrfaj- 1 brechen' und der in lit. spragit, sprogsth
u.s.w. vorliegenden wurzel. Es macht aber den eiiidruck, dass
*sp(lt)er?g~ urspr. nicht das brechen an sich, sondern den da-
durch verursachten schall bezeichnet hat (vgl. Persson, Wurzel-
erw. s. 17).
71. brunjö. Die neuesten etymologischen versuche sind
nicht überzeugend. Wood (s. IF. Anz. 11, 205) erklärt das
wort als 'something to be borne', Grienberger s. 53 operiert
mit einer wz. *bhrü- 'hervorragen', Wiedemann (BB. 27. 235 ff.)
vergleicht alban. brint 'rippe' und gr. r/p// v (ffQovtco, (/QaCo).
Mit Stokes (Urkelt, Sprachschatz s. 184) und Schräder (Real-
lex, s. 612) ist brunjö wol als eine entlehnung aus dem kelt.
zu betrachten, denn das einfache n von brunjö gegenüber dem
im (aus nd) der kelt. Wörter darf bei einem lehnworte nicht
schwer wiegen.
72. brusts. Ich vermute, dass die formen mit eu (an.
Injöst, ags. breast, afries. briust, as. briost) unursprünglieh sind
und ihren vocalismus der volksetymologischen ein Wirkung einer
nicht verwanten Wortsippe verdanken (in betracht käme etwa
an. brjota, ags. breotan 'brechen', mhd. brieten 'hervorbrechen,
aufschwellen, knospen', wozu das an brusts nahe anklingende
as. brüst ian 'knospen' oder — was mir aber nicht so wahr-
scheinlich ist — ags. beost, ahd. biost 'biestmilch', dessen neben-
foroien an. abrystur und nhd. dial. brkst sich nach Kluge 6 s. 43
ihrerseits an brüst angelehnt haben). Aber dann lässt das
plur. tantum brusts 'brüste' sich mit ru aus y als eine ableitung
der indog. wz. *bh(e)r(e)s- 'hervorragen' betrachten (vgl. mein
Et. wb. der aind. spräche s. 205 s.v. bhrshtish). Gegen ältere
et yinologien Wiedemann (BB 27, 220 ff.), dessen eigene aufstel-
lungen mich nicht überzeugen.
73. brnj)s. Gegen Wiedemann (BB. 27, 200) bemerke ich,
dass slav. *midva, *mülviti wegen der lautfolge nicht gut zu
aind. brdvUi, avest. mraoiti passt. Schwerer wiegt sein sema-
siologischer einwand gegen die etymologie braps : brdvUi,
Nvelche ich dennoch aufrecht halten möchte. An verwantschaft
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272
UIILKXHECK
von braps mit lit. marft (zuletzt Wiedemaun a.a.O. s. 205 ff.)
ist wegen des genn. u nicht zu denken.
74. bugjan. Vielleicht heisst btnjjan urspr. 'verhandeln,
verkaufen' und hat sich die bedeutung 'kaufen' erst secundär
entwickelt oder sie ist aus frabugjan losgelöst (natürlich schou
in urgerm. zeit). Dann können wir es zur indog. wz. *bJtcug{hy
(*bhe%k-'t) 'ablegen, wegtun, sich einer sache entledigen* stellen,
welche im got. durch usbaugjan, im lat. durch fungor repräsen-
tiert wird. Diese Wurzel ist zuerst von Osthoff (IF. 5, 293 tf.)
ins rechte licht gerückt. Anders über buyjan Grienberger s. 54
und Srhrader (Reallex. s. 329), welche es mit biugan zu ver-
mitteln suchen.
75. daühts. Meringers 'ducken beim eingange in die tür
des hauses' (IF. Iii, 113) ist nicht besonders ansprechend. Eher
könnte Holthausen (Anz. fda. 24, 33) oder Grienberger s. 79 das
richtige treffen.
70. deigan, Ueber das Verhältnis von deigan zu slav.
zid- s. das unter no. 50 bemerkte.
77. dis-. Frverwantschaft mit lat. dis- (Grienberger 8.56)
ist unmöglich, denn anlautendes indog. dh tritt im lateinischen
als f auf (fämuSf fCmina).
78. dishniupan. Grienberger s.56f. vergleicht balt. bmb-
'biegen'. Wenn man etwas zu stark biegt, so bricht oder zer-
reisst es. Anders legt Grienberger sich die bedeutungsent Wick-
lung zurecht, indem er ohne grund an das biegen der ringer denkt.
79. disskreitun. Die wz. *skrcj[d- bedeutet ursprünglich
sowol 'reisseil, ritzen' wie 'einen kreischenden laut von sich
gt-ben'. Vor der laut Verschiebung kam neben *i>krexd- ein s-loses
*krejfi' auf, das später zu hat- wurde (as. hrltan, nl. rijten);
nach der laut Verschiebung entstand ähnlicherweise neben sknt-
(got. shreitan, nhd. dial. schreisscn) ein s-loses krit- (mhd. kri;ai,
mnd. knien, nl. krijten). Vgl. Verf. (Beitr. 26, 301) und Holt-
hausen (s. IF. Anz. 15, 102). Anders über krtt- Siebs (KZ.37,319).
der das mit *krUan 'schreien' verwante *kritjön 'einritzen' nicht
beachtet. Verfehlt ist auch G Hellbergers gedanke (s. 57), dass
skreitan eine nebenform mit r zu lat. scinderc wäre, denn dieses
ist wegen got. skaidan in eine andere ablautsreihe zu stellen.
[Vgl. jetzt H.Schroeder, Beitr. 29, 518 f.]
80. diwans. Lat, fnnus, das Sommer (s. IF. 14,235) hierher
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ZFM GOTISCHEN WORTSCHATZ.
273
stellt, ist wol mit Osthoff (TF. 5, 296 ff.) ferne zu halten. Eine
neue etymologie von diwans, daups, dauflus versucht G Hell-
berger s. 58 ( : gr. Ot'co), ohne aber die alte und ansprechende
gleichung an. deyja : aksl. daviti zu widerlegen.
81. drauh s n a. Ausser Grienberger s. 58 f. ist noch Bezzen-
berger (BB. 23, 298, fussnote) zu vergleichen. Dass drau(h)sna
irgendwie zu driusan gehört, ist mir äusseret wahrscheinlich.
82. drigkan. Das richtige hat wol Zupitza (Germ. gutt.
s. 161), der ähnlicherweise — vor Grienberger und mir — ahd.
stcdahan zu aksl. vltkq, gestellt hat. Semasiologisch unwahr-
scheinlich ist Woods gleichung drigkan : lit. drignas 'feucht' :
drangüs 4 lau wann' (Mod. lang, notes 18, 15 f.).
83. dugan. Grienbergers auffassung von \\t daüg (s. 55)
halte ich für durchaus verfehlt.
84. duginnan. Ich gebe Wiedemann (BB. 27, 193 ff.) zu,
dass Bugges etymologie nicht für sicher gelten darf.
85. dumbs. Neben mhd. stum steht eine nebenform mit
h (p) im auslaut, welche Siebs (KZ. 37, 311) dazu verleitet,
verwantschaft mit got. dumbs, ahd. tumb anzunehmen. Aber
mhd. stumb (stump) lässt sich ganz einfach durch angleichung
an tumb (tump) erklären.
86. dwals. Lat. stultus ist eine zu schwache stütze für
die annähme, dass es neben *dhul- ein gleichbed. *st(h)ul- ge-
geben habe (Siebs, KZ. 37, 313).
87. faian. Wiedemann (BB. 28,38, fussnote) vergleicht
faian, dass er ohne grund von fjan trennt, mit aksl. poja
'singe' und gr. xatuv Mobgesang'. Semasiologisch zwar mög-
lich, aber nicht wahrscheinlich. Indem ich an verwantschaft
von faian mit fijan festhalte, so wird doch die ansieht, dass
lat. prior hierher gehöre, aufzugeben sein (vgl. die bei Osthoff,
Suppletivwesen s. 64 angeführte literatur).
88. fathufriks. Grienberger s. 62 meint germ. *freka-
auf indog. *preknö- zurückführen zu dürfen, aus welcher grund-
form aber nur *frekka- hätte entstehen können. Auch beachtet
er nicht, dass lit. perku u.s.w. im guttural von indog. *pre&-
' fragen' abweichen.
89. fairgunl Wiedemann (BB.28, 7) bemerkt mit recht,
dass Hercynia nicht von indog. *perhio- 'eiche' abgeleitet sein
kann, denn *perku~ hätte im gallischen entweder *r>y>- oder,
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274
OfiLKKBSCK
wenn die in quercus vorliegende assimilation auch für da*
keltische vorauszusetzen ist, vielmehr *j)erp- ergeben müssen.
Weiter aber kann ich Wiedemanns ausfiihrungen nicht bei-
pflichten. Er meint nämlich (a. a. o. s. 9) auf grund von aksL
pragü ' schwelle' und pregynji (pregynja) 'berg', dass die
wurzelauslautende tenuis von Hercynia nicht ursprünglich,
sondern an die stelle eines g aus indog. gh getreten ist, wo-
gegen aber eingewendet werden kann, dass pregynji (pregynja)
ein lehnwort aus dem germ. sein wird, und dass nicht die
mindeste notwendigkeit vorhanden ist, pragü mit Hercynia-
fairguni zu verbinden. Dagegen finde ich — anders als Wiede-
mann a. a. o. s. 10 ff. — es nicht geraten, an. Fjprgynn, Fjgrgyn,
lit. Perkünas von Hercynia- fairguni zu trennen. In slav.
Perunü sehe ich eine an die wz. *per- ' schlagen' und, was das
suffix betrifft, an die nomina agentis auf -unü angelehnte Um-
gestaltung von *Perkynü = lit. Perkünas (ähnlich, aber ver-
wirrt Ivanov, Izvestija otdelenija Russkago jazyka i slovesnosti
imp. akad. nauk 8, 144 ff.). Aind. Parjdnya- aber lässt sich
kaum mit unserer sippe vermitteln. Zu welcher wurzel fair-
guni u.s.w. gehören und durch welche entwicklungsstufen sich
die bedeutung 'berg' entwickelt hat, wissen wir nicht. Grien-
bergers anknüpfung an die indog. wz. *perk- in gr. xiqxvg;
und verwanten (s. 62 f.) scheitert an dem k von Perkünas.
90. fairlrus. Wiedemanns besprechung dieses Wortes
(BB. 28, 1 ff.) verdient alle beachtung. Dennoch kann ich mich
nicht dazu entschliessen, der gleichung fairhus : aind. pdreu-,
pärevd- unbedingt beizustimmen. Leider ist die urgerm. be-
deutung von fairhus — ßgr — feorh — ferah uns nicht bekannt.
An sich wäre es ebenso gut möglich, von der abstracten be-
deutung 'leben', wie von der concreten 'leib' oder 'ein best,
körperteil' auszugehen. Man denke nur an hd. leib, nl. Ujf
oder an russ. zivöt 'leben, leib, bauch'.
91. faskja. Scheftelowitz (BB.28,294) vergleicht armen.
heths ' radreif en'! Aber faskja ist aus lat. fascia entlehnt,
92. fafia. Gehört fapa etwa mit secundärem ablaut zu
indog. *pö(j)- 'schützen'? Man hätte anzunehmen, dass ein
indog. *pdtä oder *potä schon frühe paroxytonon geworden
wäre. Für die ablautsentgleisung und die alte accentzurück-
zielumg vergleiche man das wol ebenfalls zur wurzel *Mi>
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ZUM GOTISCHEN WORTSCHATZ.
275
gehörige und zunächst für *poH- stehende indog. *pöti- 'herr'.
Anders über fa]>a Kluge6 s. 102. Grienberger s. 05.
93. faüratani. In dem zweiten compositionsgliede möchte
ich lieber ein wort für 'an Weisung, zeichen' als für 'meteorische
lichterscheinung' (Grienberger s. 65) oder 'ramus sortilegus*
(Bugge, Beitr. 24, 447) erblicken. Auch Wiedemann (BB. 28, 53 f.)
meint, dass Grienbergers erklärung von Seiten der bedeutung
noch bedenken entgegenstehen, Bugges hypothese aber verwirft
er aus lautlichen und semasiologischen gründen.
94. fera. Wegen ahd. fiara ist jede etymologie, welche
an eine wz. *per- anknüpft (Kick, BB. 24, 203. 28, 106. Grien-
berger s. 66 f.) als verfehlt zu bezeichnen. Wenn 'seite des
körpers' die ursprüngliche bedeutung von fera ist, so können
wir es auf *(s)phe(i)rä zurückführen und es als eine ableitung
von *s})hc(iy 'sich ausdehnen' betrachten. Eine semasiologische
parallele ist an. siöa, ags. stde, ahd. s\t(t)a 'seite' : an. stör
•lang, weit, herabhängend', ags. sid 'weit, gross, ausgedehnt'
(s. Kluge« s. 362).
95. filhan. Die grundbedeutnng von germ. *felxanan ist
schwer zu erfassen, aber ich kann mich nicht mit Wiedemann
(BB. 28, 24) dazu entschliessen, anzunehmen, dass in ags. fcolan
zwei verschiedene, etymologisch nicht zusammenhängende verba
stecken. Vielleicht trifft die Ebel'sche gleichung filhan : aind.
pjrndkU doch das richtige, denn die erklärung von aind. parc-
aus indog. *pelk- hat durch meine etymologie von germ. *folka-
(Beitr. 26, 310 f.) eine stütze gewonnen. Zur bedeutungsentwick-
lung vgl. Tamm, Et. svensk ordbok s. 29. Was ich Beitr. 27, 118
über filhan gesagt habe, nehme ich jetzt zurück.
96. filigri. Mit einem germ. präfix fi- ist es zu schlecht
bestellt, um filigri mit Kluge (Pauls Grundr. I2. 478. 508) und
Johansson (Nord, studier, Uppsala 1904, s. 483) aus *(e)pi-lcghrio-
zu erklären. Warum sollten wir denn eigentlich filigri von
filhan trennen?
97. filufaihs. An. feigr, ags. fcege, ahd. feigi 'dem tode
verfallen' ist zunächst von faiha- 'bunt' zu trennen und mit
J. Grimm zu lit patkas 'dumm' zu stellen (vgl. Bezzenberger,
BB. 27, 176, fussnote. Wiedemann, BB. 28, 36 ff.). Nach dem
alten Volksglauben trübt sich ja der verstand des dem todes-
geschick verfallenen (s. Cleasby -Vigfusson s. 149 s. v. friyr).
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27fi
Auch der ind. sprach Weisheit ist diese Vorstellung nicht fremd.
Mit unrecht aber behauptet Wiedemann (a.a.O. s. 38). da«
patkas nicht mit piktas 'böse' verwant sein könne. Oder ist
russ. durnoj 'schlecht' nicht mit poln. durny 'töricht' identisch?
98. fisks. Woods erklärung von fisks als 'wassertier' zu
air. esc 'wasser' (Mod. lang, notes 15, 95) ist bedenklich, weil
*pci$kO't *pi$ko-, *pisli- jedes äussern Zeichens der ableitung
von eiuera stamme *piska~ entbehrt. Oder sieht Wood in /Üb
etwa eine kurzform zu einem mit aind. jalacara- gleichbedenten-
den worte?
99. fit an. Das wort mit Wiedemann (BB. 28, 39) and
altern gelehrten als 'schwellen' zu deuten und es mit aind.
pdyaie u.s.w. zu verbinden, geht wegen der transitiven con-
struction (fianzei aftra fita Gal. 4, 19) nicht an. Vgl. Beitr.
27, 118 f.
100. flauts. Falls flauts zu an. fljöta u.s.w. gehörte,
würde es kaum etwas anderes als 'fliessend' bedeutet haben.
Darum kann ich Grienberger s. 70 nicht beistimmen.
101. födjan. Mit recht stellt man hierher das nicht von
lat. pasco zu trennende aksl. pasq (anders, aber verfehlt Zu-
bat y. Aich. f. sl. phil. 13, 478 ff. und Verf., Et. wb. der got. spr.1
s. 39). Ueber das Verhältnis von fodjan zu aksl. pitati s. Ost-
hoff. Suppletivweseu s. 55 f. Reichelt, KZ. 39, 12.
102. fötubaürd. Grienberger s. 71 ist wol auf der rich-
tigen spur. Ich stelle germ. *borda- aus *bhrdho- zu aind.
bardh- 'abschneiden', bardhaka-, bardhaki(n)- 'Zimmermann'.
Dazu auch ahd. bret, ags. brcd, mnl. bert, das von Wiedemann
(BB. 28, 35 f.) nach dem vorgange Ficks anders beurteilt wird?
Slav. *bürti 'waldbienenstock', das Schräder (Reallex. s. 88) mit
¥borda- vergleicht, ist unklar. Auch Stokes (KZ. 35, 151) und
Bugge (Beitr. 24, 453 f.) befriedigen nicht.
103. fragij). Grienbergers erklärung (s.72) ist wol jeder
andern vorzuziehen. Dem von ihm construierten *fragjan stellt
sich aksl. prositi, prosa (*prosig) an die seite.
104. fragildan. Wahrscheinliche beziehungen ausserhalb
des germ. sind noch nicht gefunden; nur dieses steht fest, dass
wir gildan auf grund von aschw. gjalla auf indog. *ghelt- oder
*ghelt- zurückführen müssen, weshalb aksl. ilcdq, als lehnwort
zu betrachten ist (vgl. Osthoff, IF. 4, 268 ff.). Es wird aber
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Zl'M GOTISCHEN WORTSCHATZ
277
erlaubt sein, das freilich erst spät auftretende und prakritisch
gestaltete aind. haUa- (*harta-) 'markt' mit gildan zu ver-
binden. Als indog. grundforni von hatta- ist dann entweder
*yhelto- (*ghelto-) oder *gholto- anzusetzen (vgl. got. gild, an.
gjald u.s.w. aus einer endungsbetonten form mit c-stufe). Siebs'
versuch, gildan mit sJculan zu vermitteln (KZ. 37, 320) lehne
ich ab.
105. frahinpan. Um hinpan seiner wz. *km- 'capere'
anzupassen, erklärt Wiedemann (BB. 27, 197 f.) den dental für
ableitend. Unsicher.
106. fraisan. Das wort ist eher mit Brugmann (Grundr.
1» 925), Wood (Mod. lang, notes 16, 309) und Hoffmann (FEPA2S,
abh. für August Fick s. 38) als eine Zusammensetzung mit fra-
aufzufassen als mit Bugge (Beitr. 24, 435 f.) und Hirt (Ablaut
s. 121) zu gr. xttQa, xttQuco, lat. expcrior u.s.w. zu stellen.
Wiedemann (BB. 28, 48) entscheidet sich nur gegen Bugges
auffassung der lautverhältnisse, aber auch Hirts wz. *perei- ist
zu hypothetisch.
107. fraitc. Obwol unsicher, ist Hirts versuch fraitc mit
gr.öjrc/pra zu vermitteln (Ablaut s. 112), nicht nur allen ältern
erklärungen, sondern auch Wiedemanns gleichung fraiw : lat.
pracgnans (BB. 28, 43 f.) vorzuziehen.
108. fraslindan. Grienbergers vergleich von lit. sklendziu,
sklfsti 1. 'fliegen, schweben', 2. 'eine flüssigkeit so in ein ge-
fäss giessen, dass es überfliesst' (s. 74), ist semasiologisch un-
wahrscheinlich. Vermutlich haben wir es im lit. mit zwei
etymologisch verschiedenen verba zu tun. Zum zweiten sklendziu
('giesse, dass es überfliesst') stelle ich an. ags. hland 'urin',
indem ich von einer wz. *(s)klendh- ausgehe (anders über hland
Zupitza, Germ. gutt. s. 118). Was fraslindan betrifft, mag die
erklärung aus indog. *sleidh- 'gleiten' das richtige treffen, denn
eine passende wz. *slendh- kann ich nicht nachweisen. Oder
verhält fraslindan sich zu ags. forglendrian ähnlich wie ags.
slidan zu gltdan, ohne mit den letztgenannten Wörtern zusammen-
zuhängen? Vgl. Johansson, Beitr. 14, 326 und Siebs, KZ. 37, 320.
109. fraweitan. Woods anschauung über die bedeutungs-
entwicklung der wz. *ueid- (Publ. of the mod. laug, assoc. of
America 14,324. Mod. lang, notes 16,24) teile ich nicht, Lit.
vaidas 'zank, streit' ist wol nicht mit ahd. triff if as. witi, ags.
Beiträge rar geschiebte der deutschen spräche. XXX. \[)
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278
t'HLEXBECK
tci'tc, an. viti 'strafe' zu verbinden, sondern eher mit der ur-
sprünglichen bedeutungr 'Zwiespalt' zur wz. *ueiedh- (in aind.
vidhyati ils.w.) zu stellen. Analoga sind russ. razdor und aind.
bhtda-.
110. freis. Wie die bedeutung 'frei' sich aus 'lieb' ent-
wickeln konnte, zeigt Schräder (Reallex. s. 80G). Wir brauchen
also nicht mit Wood (Mod. lang, notes 16, 310) freis von aind.
priyd- zu trennen. Wood meint, dass freis die indog. präpo-
sition *pro- enthalten könne; warum aber lautet das wort dann
nicht *fraija-?
111. frisahts. Gegen Grienbergers erklärung von frisahts
als abstractum zu saihan (s. 75 f.) spricht vor allem das o,
denn ein indog. *$ok*ti- zu *seku- ist — wie er schon selbst
hervorhebt — doch wenigstens befremdend. Auch Brugmann
(1F. 13, 104), der das wort in fris-aiits zerlegt und -ahts mit
gr. 0915 gleichsetzt, indem er die wz. *okv- sonst noch in oha
und seinen verwanten widerzufinden meint, vermag mich nicht
zu überzeugen, weil doch die sippe von aha und ahd. ahtön,
dem -ahts in fris-ahts sich besonders nahe anschliessen würde,
etwas gauz anderes als 'sehen' bedeutet.
112. fula. Die Zugehörigkeit von \&t.jmllus ist nicht ganz
sicher und wir können auch darüber zweifeln, ob das u von
fula auf u oder , zurückgeht (vgl. Hii% Ablaut s. 39. Stolz, IF.
15, G7). Nur letzternfalls darf alban. pjeX 'zeuge, gebäre' heran-
gezogen werden.
113. gabaurjaba. Das adjectiv gabaurja- 'lustig, willig',
wozu *gabaurjön 'sich belustigen', gabaurjöpus 'lust, vergnügen',
ist nicht als ableitung von gabaür 'schmaus' verständlich und
überhaupt ist es fraglich, ob es etwas mit bairan zu tun habe.
Gehört gabaurja- (gabaurja-?) mit der ursprünglichen bedeutung
'erregt, stürmisch' in die sippe von an. byrr, ags. byre 'gün-
stiger wind', aksl. burja 'stürm', lat. furo, furia, furor (s. weiter
Et, wb. der aind. spräche s. 203 s.v. bhurdti)? Anders Kluge6
8.136 s.v. gebühr.
114. gadaula. Grienberger s. 78 erklärt gadauka als
'zusammen eintunkend', während Meringer (IF. 16, 142 f.), der
Grienbergers Vermutung auf grund culturhistorischer data mit
recht verwirft, an das 'ducken in dieselbe hütte' denkt Eher
& (jadanfai als 'bodengenosse' aufzufassen und gehört es,
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ZUM GOTISCHEN WORTSCHATZ
279
entweder mit k aas vorgerm. g oder aber mit h aus kk aus
vorgerm. gn, zu lit dügnas 'boden', das schon von Zupitza
(Germ. gutt. s. 161), aber unter ganz andern Voraussetzungen,
zusammen mit gadauka erwähnt wurde. Es wird ein mit
*flatja- (Schade s. 204 a) synonymes *daula- anzunehmen sein,
wozu gadaukan- wie gahlaiban- zu hlaiba-. Leider ist uns kein
*gaflatjan- (ags. *$eflet(a, ahd. *gaflezzo : ags. flett, ahd. flezzi)
überliefert, das sich in allen hinsichten mit unserem worte ver-
gleichen Hesse.
115. gafaürds. Gegen die auffassung von gafaürds als
'Zusammenkunft' könnte man höchstens anführen, dass das
germ. sonst nur *fardi- (ags. fierd, ahd. fart), nicht aber *furdi-
als abstractum zu faran gebraucht. Jedenfalls ist Grienbergers
etymologie (s. 80 f.) abzulehnen.
116. gafaurs. Nicht mit faran zu verbinden sind gafaurs
'gesittet, enthaltsam' und unfaurs 'ungesittet, geschwätzig'
(Grienberger s. 81 überzeugt mich nicht). Wood (Mod. lang,
notes 16, 310) vergleicht gr. xavQot, xava>, ohne auf die be-
deutungsentwicklung einzugehen. Vielleicht aber geht -fauri-,
dessen eigentliche bedeutung 'rein' gewesen sein kann, auf
*pöuari- zurück, und gehört es mit lat. pürus zur indog. wz.
*peuä 'reinigen, läutern'. Aber auch wenn das wort -fauri-
(nicht -fauri-) lautete, können wir an die wz. *peuü anknüpfen,
denn kurzer sch wundstuf envocal liegt in aind. pundti vor.
117. gagrefts. Obwol die allermeisten nomina actionis
auf 4h tiefst ufenform der wurzel zeigen, wird es doch erlaubt
sein, gagrefts, gagreif ts mit Wood (Mod. lang, notes 16, 310)
als solch ein nomen zu grcipan aufzufassen, denn durch an-
lehnung an das imperfectpräsens entstandene vollstufige //-ab-
stracta sind nicht unerhört. Darum ist kein genügender grund
vorhanden, mit Grienberger s. 83 f. ein *grepan als grundlage
von gagrefts, gagreifts anzunehmen.
118. gairu. Lit. galre, das Zupitza (Germ. gutt. s. 171)
heranzieht, kann aus einer ableitung von germ. *$aiza- (an.
gmr, ags. gar u.s.w.) entlehnt sein. Vielleicht gehört gairu
mit *zaiza- und andern Wörtern (vgl. Grienberger s. 85 f.) zu
aind. hinöti 'setzt in bewegung, treibt an, schleudert'.
119. galeiks. Mit recht bemerkt Wood (Mod. lang, notes
18,15), dass die annähme von urverwantschaft zwischen lit.
19*
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rm, EN BECK
des letzteren Wortes
At. Darum trenne ich
wnen nächsten verwarten
xc He, an. vtti 'strafe' zu verbinden
sprünglichen bedeutung 'z wiespal '
vidhyati u. s. w.) zu stellen. Anal
bheda-. ^Aöinmlichen weise ans ga-
llo, freis. Wie die be ^n g auf indog ^ zurQck.
idt *tiqqi- 'ähnlich, angenehm'
'J^BR (BB. 28, 41 f.) trennt gamaijts
>«S mit an. meiöa 'verletzen, ver-
,iflch nach Zupitzas bemerkungen
wickeln konnte, zeigt Sehr:
also nicht mit Wood (M<
priyd- zu trennen. W(
sition *j>ro- enthalten 1
nicht *fraija-?
111. frisahts
als abstractum zu
denn ein indog.
hervorhebt — «'
(1F.13, 164), c1
gl*, otpu glei<
und seinen
zu überzeu
dem -ahts
etwas gr
11?
sicher
fula a
15, 07
gezo
identifizieren möchte. Auch sonst
i ' £ begriff der körperlichen Verletzung
entwickelt (vgl. an. mein 'Verletzung.
''ad'' me^nn 'körperlichen schmerz ver-
rj **V*</> 'ändern' u.s.w.; ähnlich wird aind.
nach für 'gebrechen, krankheit, wunde'
^ Die von Torbiörnsson (Die gemeinster.
\ | herangezogenen serb. mlaviti 'schlagen',
^o^ j^te zum reif gehören wol zunächst zn
$P $ Entscheidend für meine auffassung von
^ i* *L klruss. mlavvi 'schwach' (Miklosich s. 198).
W(
i>-
Ii
mit
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Zji.0^* mir aber sehr fraglich ist (bei Dal und Pis-
■ nar tn1janJJ)- I™ letzten gründe sind bliggtean
ejnander verwant (s. Wood, Mod. lang, notes
Auf grund der abweichenden bedeutungen
- Genossenschaft, genösse' und an. gaman, ags.
Ifflan 'freude' als zwei verschiedene Wörter
*\1 # vjfl. Wadstein, IF. 5, 8. Grienberger s. 87. Wiede-
^0t* 9mmn ^t gewis ursprünglich ein
/fl $-*h*0in(i' m u.s.w., und ich vermute,
^ti^ ^ *ltn neutrum man 'maneipium' sich ähnlich
flf». Pieses wor* habe *cn schon früher be-
w ^''^120). Lat. nimbus 'regen, regenschauer,
.heo l^'r'das ^Vood (Am- i°urn- of Phil- 21> 179) hierher
1 .< flt'Pe 4 »liat« mit noüolinliT 7iir W» *ftchh~
>lk«*B<fUC"iH>rt ener m^ nasalinfix zur wz.
re^'^h^- ^ . rtfjt'bj, aind. nubhas u.s.w.
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von Fuss, straia tr:~~ZL. }• Ii. /- ;i. T-fJt ic-:»ta ^r-.c.
s^ro/a ich ni L; IZipSL kftXl-
128. gatarnyj*. zvzm t-tctll'TZLT IT. ;w 17*1 is: i J-
Mgeben. Zweifle* ri.i^ E:C U^ri :? i. Vrl
auch Wood «Ifod. Ulf. Ii'. cl . .
129. gatveo. Mit i£. 2^ ?.:-:Z Tilrsri-eiil::- v;n
an-9a/, ags-jeaf, && ^u* zn tnü«L Ausser tri*. *>; i- >:^k«s»
l>kelt. Sprachschatz &. IOoi ist axh zr. z ^ -weide* .Sc Iraker.
Reallei. s. %39j heranzuriTir^.
130. gaumjan. Warum GrieLberger s.$o die erkUntng
von gaumjan aus *ga-(a)Hmjan (vgl noch Johansson, Nord,
studier, Uppsala 11*4. s. 461) *h«Vh>t unwahrscheinlich' findet
»t nicht zu ersehen. Was er selbst beibringt, i>t äusserst
zweifelhaft. Mhd. giuden -großtun, prahlen, in geräuschvolle
freude sein, Verschwendung treiben', das Grienberger mit
'juumjan verbinden möchte, stelle ich vermutungsweise in lit,
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280 ÜHLENBECK
lyyus 'gleich' und galeiks der erklärung des letzteren Wortes
als 'dieselbe gestalt habend' widerspricht. Darum trenne ich
— anders als Wood — lygas mit seinen nächsten verwanten
von galeiks, das ich nach der altherkömmlichen weise aus ga-
und Utk erkläre. Zu lyyns, dessen g auf indog. gu zurück-
gehen kann, gehört wol nur kelt. *Uqqi- 'ähnlich, angenehm
(Stokes, Urkelt. Sprachschatz s. 251).
120. gamaips. Wiedemann (BB. 28, 41 f.) trennt gamaifc
von maidjan und verbindet es mit an. meiöa 'verletzen, ver-
stümmeln', das ich aber auch nach Zupitzas bemerkungen
(BB. 25, 98 f.) mit maidjan identifizieren möchte. Auch sonst
hat sich gelegentlich der begriff der körperlichen Verletzung
aus dem des veränderns entwickelt (vgl. an. mein 'Verletzung,
beschädigung, krankheit', meinn 'körperlichen schmerz ver-
ursachend1 zu aksl. meniti 'ändern' u.s.w.; ähnlich wird aind.
vikara- 'Veränderung' auch für 'gebrechen, krankheit, wunde
gebraucht).
121. gamalwjan. Die von Torbiörnsson (Die gemeinslav.
liquidametathese 1, 89) herangezogenen serb. mlaviti 'schlagen,
slov. mlava 'haselrute zum reif gehören wol zunächst zu
bliggtvan (s. no. 64). Entscheidend für meine auffassuug von
mlaviti, mlava wäre klruss. mlavyj 'schwach' (Miklosich s. 198).
dessen existenz mir aber sehr fraglich ist (bei Dal und Pis-
kunov finde ich nur mljavyj). Im letzten gründe sind bliggican
und malte jan mit einander verwant (s. Wood, Mod. lang. note>
15, 327).
122. gamun. Auf grund der abweichenden bedeutnngen
sind got. gaman 'genossenschaft, genösse' und an. gaman, ag>
Samen, as. ahd. gaman 'freude' als zwei verschiedene Wörter
zu betrachten (vgl. Wadstein, IF. 5, 8. Grienberger s. 87. Wiede-
mann, BB. 27, 202). Got. gaman ist gewis ursprünglich eit
collectivum zu mana- in manasefcs u.s.w., und ich vermute
dass auch das altn. neutrum man 'maneipium' sich ähnlich
(aus *g-mana-) erklären lässt.
123. ganipnan. Dieses wort habe ich schon früher be-
sprochen (Beitr. 27, 120). L&t nimbus 'regen, regenschauer.
regenwolke, nebel', das Wood (Am. journ. of phil. 21, 179) hierher
stellen möchte, gehört eher mit nasalinfix zur wz. *nehh- in
lat. nebirfa, gr. viqoq, vtf/t'Xr], aind. ndbhas IL S.W. Die bc-
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ZUM GOTISCHEN WORTSCHATZ.
281
dingungen, unter welchen c im lat. zu i wurde, sind freilich
noch nicht genau bekannt.
124. gansjan. Auch die jüngsten versuche, dieses hoff-
nungslose wort zu deuten (vgl. Grienberger s. 89 f. Wiedemann,
13B. 27, 204 f.) sind als gescheitert zu betrachten.
125. garedan. Dass indog. *redh- aus *re- weitergebildet
ist, lässt sich nicht erweisen, weshalb Woods combinationen
(Mod. lang, notes 17, 10) als haltlos bezeichnet werden müssen.
126. garchsns. Wood (Journ. of germ. phil. 2,229) ver-
bindet garehsns mit röhsns, welches wort ich (Beitr. 27, 129 f.)
seitdem als ein ni - abstractum zu aind. rdkshati erklärt habe,
ohne aber entfernteren Zusammenhang mit lit, rdkmti 'schliessen'
u.s.w. zu leugnen. Wie aber denkt Wood sich die bedeutungs-
entwicklung von garehsns? Hätten wir von der bedeutung
'das schliessen' auszugehen? Aber raksh- bedeutet nur 'schützen'
und 'wehren', nicht aber -schliessen'. Ich glaube, dass wir
garehsns zunächst — und vielleicht überhaupt — von röhsns
trennen müssen. Im gegensatz zu röhsns wird garehsns ein
««-abstractum sein, aber zu welchem verbum? Vgl. ausser
Wood a.a.O. noch Diefenbach (Vergl. wb. 2, 169) und Grien-
berger s. 91.
127. gastaurknun. Russ. strögij ist wol aus dieser sippe
auszuscheiden (vgl. Mikkola, IF. 6, 349 ff., dessen beurteilung
von russ. straza neben storöza, poln. straz, straza neben ströz,
stroza ich nicht billigen kann).
128. gatarnjan. Bugges Vermutung (IF. 5, 174 f.) ist auf-
zugeben. Zweifellos richtig Holthausen (IF. 14, 340 f.). Vgl.
auch Wood (Mod. lang, notes 16, 310).
129. gatwö. Mit an. gata ist gatwö wahrscheinlich von
an. gat, &gs.geat, as.gat zu trennen. Ausser kelt. *gad- (Stokes,
Urkelt. Sprachschatz s. 105) ist noch gr. x«£0) ' weiche' (Schräder,
Keallex. s. 839) heranzuziehen.
130. gaumjan. Warum Grienberger s. 95 die erklärung
von gaumjan aus *ga-(a)umjan (vgl. noch Johansson, Nord,
studier, Uppsala 1904, s. 461) 'höchst unwahrscheinlich' findet,
ist nicht zu ersehen. Was er selbst beibringt, ist äusserst
zweifelhaft. Mhd. giuden 'grosstun, prahlen, in geräuschvoller
freude sein, Verschwendung treiben', das Grienberger mit
gmmjan verbinden möchte, stelle ich vermutungsweise zu lit.
282
UHLENBECK
gawUiit, gaOsti 'sausen, summen, heulen, weinen, jammern', apsi-
gaüdes 'angetrunken'.
131. gaunön. Eine ähnliche bildung wie gaunön ist bei
indog. *gheuä 'rufen' sonst nicht nachgewiesen (serb. zovnuti
'einmal rufen' kann nicht in betracht kommen). Dennoch ist
die Zugehörigkeit zu dieser wurzel kaum zu bezweifeln und
auch Grienberger s. 95 entscheidet sich dafür. Nur ist Iii
zave'ti 'zaubern' vielleicht aus dem kreise der verwanten Wörter
zu streichen (s. Leskien, IF. 13, 117 ff.). Froehde's etymologie
(BB. 21, 325 ff.) ist wegen der klar hervortretenden schall-
bedeutung von gaunön ganz unwahrscheinlich (über lat. ßnus
s. Osthoff, IF. 5, 296 ff.).
132. gaurs. Ist an. gaurr 'elender kerl' mit got. gaurs
identisch oder gehört es in die sippe von ags. gor 'schinutz'
(vgl. Franck s. 309 s.v. goor)? Gegen Grienberger s. 96 be-
merke ich, dass gaurs nicht von air. gür .?. ger (Stokes, IF.
12,192) und von slav. *zuriti 'betrüben' losgerissen werden
kann. Auch as. gornön, gnornön, grornön, ags. gornian, xnor-
nian, grornian beurteilt er schief, denn wir haben auf grund
von as. gruri, ags. sryre von einer grundform mit r — r aus-
zugehen, wodurch Zusammenhang mit gaurs oder mit ags. gor
ausgeschlossen ist. Falls wgeini. *grur~ (*gror-) auf *gnu-,
indog. *ghrus- zurückgeht, kann slav. *gruchati 'krachen' (Mi-
klosich s. 80) verwant sein. Auch das mehrdeutige slav. *gru.€t
'kummer' liesse sich zu wgerm. *grur- stellen.
133. gaici. Das wort kaun auf indog. *ghou%o- zurück-
gehen und eine ableitung von *gheuä 'rufen' sein. Die be-
(leutungsentwicklung wäre dann 'ruf > 'gerichtsbann, heer-
bann' > 'gerichtsbarkeit und deren gebiet' > 'gau' (vgl. hd.
ann, gebiet). Anders Schräder (Keallex. s. 799). Grienberger
s.96. Scheftelowitz (BB.28,310).
134. gawidan. Aus dem slav. vergleiche ich aksl. sü-vaditi
'jüngere', sü-vada 'streit' (wozu sit-vaditi, su-vazdati 'dissociare').
Aksl. sü-vada 'streit' verhält sich ähnlich zu *uedh- 'binden',
sü-vaditi 'jüngere' wie aind. *samyuga- 'kämpf zu yundjmi, lat.
jungo (wozu auch got. jiuhan). Man könnte süvada 'streit'
freilich auch zu aind. vad-, väda-, vi-väda- stellen, aber dies ist
doch nicht so wahrscheinlich wie die anknüpfung an gatcidan.
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ZUM GOTISCHEN WORTSCHATZ.
283
Vgl. über *uedh- 'binden' sonst noch Noreen, Uppsalastudier
8. 197. Fick, BB. 28, 106. Meringer, IF. 16, 177. [17, 142 f.].
135. guter isqan. Wood (Jonrn. of germ. phil. 2, 231 f.)
meint, gawrisqan könne doch mit aind. vracc- zusammenhängen:
wir hätten nur anzunehmen, dass dem germ. verbum ein nominal-
stamm zu gründe läge, der sowol 'a hewing off wie 'that which
is hewn or plucked off, fruit' bedeutete. Aber dann wäre ga-
wrisqan doch wol schwach gewesen, was ich auf grund von
an. roskinn — trotz Grienberger s. 96 f. — für äusserst unwahr-
scheinlich halte. Zu cymr. gwrysg(en), das Stokes (ürkelt
Sprachschatz s. 286) hierher stellt, vgl. Foy, IF. 6, 323. Auch aind.
trkshd- ist ferne zu halten. — Mit unrecht hat Peters (Gotische
conjecturen, Leitmeritz 1879, s. 8 ff.) gawrisqand ändern wollen.
136. gazds. Grienberger s. 97 möchte aksl. gvozdl für ein
lehnwort aus dem germ. halten. Aber wie erklärt er dann
das v des sla vischen Wortes? Bei der annähme von urverwant-
schaft könnte man an alte doppelformen mit und ohne u denken.
Auch der bedeutungsunterschied (' Stachel' — 'nagel, keil') lässt
sich bei urverwantschaft besser begreifen. — Ueber ags. gierd
vgl. jetzt Sievers, Zum ags. vocalismus s. 24 ff.
137. geigan. Anders als Grienberger s. 81 f. halte ich
geigan für eine ähnliche reduplicationsbildung wie reiran. Also
gei-gai- wie rci-rai- und gei-g-ö wie rei-r-ö. Schon Leo Meyer
(Got. spräche s. 17) hat bei geigan an reduplication gedacht. —
Vgl. zu geigan noch Meringer, IF. 16, 135.
133. gibla. Die ohne ethnikon bei Hesych überlieferte
glosse yaßaXuv . kyxtyaXov ?} xe(pafo}v gehört wahrscheinlich
nicht hierher (s. Hatzidakis, IF.11,319).
139. gilpa. Vgl. zu meinen bemerkungen (Beitr. 27, 120 f.)
Niedermann, IF. 15, 106 f.
140. göPs. Lagercrantz (KZ. 35, 287 ff.) vergleicht ein gr.
*X«rob\ Aber warum sollten wir göda- von slav. goditi trennen?
141. gramjan. Zu indog. *ghrem- stellt Hoffmann (BB.
25, 108 f.) noch gr. x«QM> das entweder 'kampfbegier' oder
'kämpf bedeutet. Zweifelsohne gehört yaQ^} zu was
auch von Prellwitz s.354 und Leo Meyer (Griech. etym. 3, 304)
verkannt wird. Man denke nur an aind. rdna-, wobei sich
ebenfalls die bedeutung 'kämpf aus 'freude' entwickelt hat.
Mit gramjan hat x^QM nichts zu tun.
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284
U HL EN BECK
142. gramst. Mit recht vergleicht Diefenbach (Vergl.wb.
2, 427) die sippe von lit. gremidu, gremsiti 'laut schaben;
grdmdyti 'ausschrapen'; nur ist zu bemerken, dass wir -st in
gramst als suffixal zu betrachten haben. Gramst bedeutet
also eigentlich ' schabsei ', nicht 'das knirschende, knackende,
rauschende', wie G Hellberger s. 98 f. annimmt. Die wz. *ghrem-
vereinigt — ähnlich wie *skreb- — die bedeutungen 'rauschen'
und 'schaben'. Wie Wood (Mod. philology 1, 236) sich die
bedeutungsentwieklung von gramst zurechtlegt, ist aus seiner
kurzen darstellung nicht ersichtlich.
143. gras. Ich möchte gras und mhd. gntosc nicht gern
von ahd. gruoan, gruoni trennen. Vermutlich ist die zu gründe
liegende wurzel als *ghrö- anzusetzen und als eine nebenform
von *yldö- in gr. gAcopcfc, xXvq zu betrachten. Dann aber ist
lat. grämen, dessen a nicht recht passen will, wol ferne zu
halten. Auch Hoffmann (BB. 26, 141) bemerkt, dass grämen
nicht sicher mit gras zusammengehört, sondern auch andere
erklärungen zulässt. Vielleicht ist grämen mit germen ver-
want (Persson, WurZelerw. s. 123 f.), aber an verwantschaft mit
as. kr ad, ahd. hat 'kraut', das zu ags. crudan und gr. ßovo)
gehört (s. Beitr. 27, 126), ist aus mehreren rücksichten nicht
zu denken. Auch mit gr. yQinmq ( : -/quo, aind. gras-) lässt
grämen sich nicht verbinden.
144. gretan. Die gleichung gretan : aind. hräd- wäre mit
bestimmtheit abzulehnen, wenn Meillet (MSL. 10,280) mit ge-
nügendem gründe hräd- zu gr. y/da^a und dor. xtxXaönv stellte.
Das ist aber nicht der fall, denn es liegt viel näher, hräd;
Hrädüni' mit aksl. gradü zu verbinden. Gr. ydXa^a ist mehr-
deutig: vielleicht trifft Solmsen (Arch. f. sl. phil. 24, 579) das
richtige. Auch was gretan betrifft, bleiben wir zwischen ver-
schiedenen möglichkeiten schwanken (vgl. noch Johansson, IF.
14, 278. Wiedemann, BB. 27, 239 f. Wood, Mod. philology 1, 237).
145. grids. Nach Siebs (KZ. 37, 321) wäre grids zu einer
indüg. wz. *ghreidh- zu stellen und mit ahd. scritan, scrit ver-
want, Aber wie vertragen lat. gradior u. s. w. sich mit Siebs'
Vermutungen? [Vgl. jetzt H. Schroeder, Beitr. 29, 553].
146. grundu. Zweifelnd vergleicht Siebs (KZ. 37, 322)
die gruppe von lit. grindls 'dielenbrett', aksl. grqda 'balken',
gegen welche auffassung vor allem das adjectiv an. grunnr
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ZUM GOTISCHEN WORTSCHATZ.
285
'seicht' angeführt werden muss. Auch sein zweiter erklärungs-
vorsehlag, der an lit. grimstu, grimsti anknüpft, ist unsicher
(vgl. mein Et. wb. der got, spr.'2 s. 120 s. v. qrammipd). Vgl. über
grundu- Beitr. 27, 121 f.
147. gunds. Holthausens gleiehung gunds : gr. xarftvkn
(KZ. 28, 282) ist nicht ohne bedenken, denn xarfrvlrj ist viel-
leicht mit xctv&6c verwant, das wegen aksl. latu auf Hantho-
znrückgeführt werden muss (vgl. Prellwitz s. 137). Ganz un-
wahrscheinlich ist Grienbergers auffassung von gunds als eine
participialbildung zu gr. yiw (s. 100 f.). Falls die bedeutung
'eitergeschwür' sich aus 'durch einen schlag verursachte wunde'
entwickelt haben kann, so dürfen wir gunds als ein -fo-parti-
cipium der wz. *guhcn- 'schlagen' betrachten und es mit aind.
hatn- gleichsetzen. Das früher von mir mit gunds verglichene
rofig. zud 1 jucken' steht wol begrifflich zu ferne.
148. gup. Das vielumstrittene gujt ist nicht mit Wood
(Mod. lang, notes 16, 310) zu aksl. goveti zu stellen, denn dieses
hatte ursprünglich eine nicht so beschränkte bedeutung wie
•religiöse vereri' : vgl. czech. hoveti 'pflegen', obersorb. hovic
'günstig, dienlich sein', serb. ugoveti 'es einem recht machen,
befriedigen' (Miklosich s. 75) und ferner lat. foverc (Zupitza,
Germ. gutt. s. 172) oder lat, farerc (Wood, Publ. of the mod.
lang, assoc. of America 14,326). Noch unwahrscheinlicher ist
Meringers erklärung von gu}> als 'trankopfer' zu gr. ^tw (IF.
16, 153).
149. haban. Nach Zupitza (KZ. 37, 387 ff.) bestünde zwi-
schen Jiabere und haban dasselbe Verhältnis wie zwischen aind.
hrd; avest, zwd- und aind. rrad-, gr. xaQÖia, lat. cor, got,
Juiirtö. Aber wenn haban, hafts zu lat. capto, capitis gehören
(vgl. IF. 13,216), ist das Verhältnis nicht ganz dasselbe, denn
*ghabh- und *kap- weichen auch im auslaut von einander ab.
Für Zupitza ist das freilich keine Verhinderung, uralten Zu-
sammenhang anzunehmen. Und wer weiss, ob er nicht im
rechte ist? Ein greifbares resultat lässt sich auf dem von
ihm eingeschlagenen wege kaum erreichen. Wie dem aber
auch sei, mit got. gäbet 'reichtum', das nicht von giban ge-
trennt werden darf (vgl. no. 36), hätte Zupitza habere nicht
verbinden sollen.
150. haidus. In meinem Et. wb. der got. spräche - s.69 ist
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UHLENBECK
lit. skaidrüs wegen seines d im wurzelauslaut zu streichen (es
gehört mit lett, skaidrs zu lit. skedziu 'scheide').
151. haifsts. Grienberger s. 104 s tel 1 1 haifsts zu Kit szeptis,
szaipytis 'die zähne fletschen, das gesteht spottend verziehen'.
Aber wir dürfen haifsts und an. heipt doch kaum von a?s.
hebst, heeste, ahd. heisti trennen, für deren bedeutungen die
gesichtsverzerrung kein geeigneter ausgangspunkt ist. Nach
Grimm (s. Diefenbach, Vergl. wb. 2, 506 f.) und Grienberger s. 232
wären die westgerm. Wörter freilich mit ushaista zu verbinden,
das aber nicht 'ohne heftigkeit' oder ähnliches bedeutet, son-
dern das griechische töTtQq&elg übersetzt.
152. haihs. Ir. caech 'blind of an eye' und leth-caech
'with one eye asquint' (s. Stokes, KZ. 37, 254 f.) sind nicht von
einander zu trennen, denn die bedeutungen 'einäugig' und
'schielend' lassen sich beide aus einer grundbedeutung 'schief
erklären (vgl. einerseits russ. krivöj 1. 'schief, krumm', 2. 'ein-
äugig', andererseits russ. kosöj 1. 'schräg, schief, 2. 'schielend').
Aus 'einäugig' hat sich bei lat. caecus weiter die bedeutun?
'blind' entwickelt Wenn nun indog. *kaiko- (mit zwei velaren
k wegen aind. kekara 'schielend') ursprünglich 'schief bedeutet
hat, wird gr. xaixtüc, das Prellwitz s. 133 wie lat, aquilo :
aquilus : lit. aklas als 'der dunkele' erklären möchte, ferne zn
halten sein (vgl. Leo Meyer, Griech. etym. 2, 239).
153. haimöpli Germ. *öj>ala} *ö]>ila- 'erbsitz', wozu mit
-/0-suffix got. haimdjdi, ist gewis eine secundäre vrddhi-ableitung
von germ. *a])ala- '(edles) geschlecht' und hat ursprünglich 'auf
das geschlecht bezüglich, dem geschlechte angehörig' bedeutet.
Es ist also eigentlich ein adjectiv wie aind. käula- (= ktdina )
zu kula-. lieber die etymologie von *a]>ala- s. Schräder, Real-
lex. s. 815. Anders über haimöjdi u.s.w. Grienberger s. 104 f.
154. haims. Ich muss Grienberger s. 105 zugeben, dass
die baltischen mit k anlautenden Wörter stark der entlehnung
aus dem germ. verdächtig sind.
155. h air da. Auch hier kann entlehnung der baltoslav.
Wörter aus dem germ. vorliegen (vgl. zuletzt Osthoff, Parerga 1.9).
15G. hairpra. Mit aksl. crcsla 'lumbi' {*kert-slo ) wird
hairpra nichts zu tun haben. Für Zusammenhang mit hairlö
dagegen spricht das nebeneinander von germ. */*er/>ra- und
*hre})ra-, dem das Verhältnis von got. hairtö und aind grad-
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ZUM GOTISCHEN WORTSCHATZ.
287
entspricht. Vgl. aber auch Wood (Mod. lang, notes 17, 8), der
die gleichung hairpra : haürds durch analoga stützt.
157. haitan. Dem artikel in meinem Et. wb. der got.
spräche2 s. 70 f. ist ein hinweis auf Brugmann (IF. 6,94) und
Hoff mann (rEPA2, abh. für August Fick s. 40 f.) hinzuzufügen.
158. haiza-. Grienbergers auffassung von haha- als
*kaid-so- zu lat. caedere u.s.w. (s. 106 f.) scheitert an dem z.
Aus *kaid-so- hätte doch wol nur *hais(s)a- entstehen können!
159. hakids. Wie schon Diefenbach (Vergl. wb. 2, 513)
andeutet, gehört hakuls wahrscheinlich zu gevm.Viakan- 'haken',
so dass der mantel von den Germanen nach der fibula benannt
wäre (vgl. Schräder, Reallex. s. 433. S. Müller, Nord, altertums-
kunde, Sachregister s. v. Iii gelnadeln). Anders Kluge6 s. 166
und Justi (Zs. fda. 45, 421), nach denen hakuls mit einem namen
der ziege zu verbinden wäre; wider anders Grienberger s. 107,
der das wort als eine ableitung von an. haha 'kinn' betrachtet.
160. halbs. Im gegensatz zu Grienberger s. 107 f. und
Wood (Am. journ. of phil. 23, 195 f.) bleibe ich dabei, das b als
wurzelhaft zu betrachten, denn ich sehe gar keinen grund,
die alte gleichung halbs : aind. kalp- aufzugeben. Pedersen
(KZ. 38, 374) stellt halbs freilich zu aksl. chlapü, chlaku, chlasiü,
als deren ursprüngliche bedeutung er 'unpaar' ansetzt, aber
wie ich IF. 16, 93 ff. dargetan habe, steht die ganze hypothese
Pedersens über slav. ch aus indog. kh auf zu schwachen füssen.
161. haldis. Eher mit gramm. Wechsel zu an. hallr, ags.
kahl, ahd. hald 'geneigt' (Diefenbach, Vergl. wb. 2, 517 f.) als
zu haldan (Grienberger s. 108 f.).
162. halis. Holthausens Vermutung (IF. 14, 340), obwol
semasiologisch ansprechend, ist wegen des hypothetischen Cha-
rakters des adjectivs *hals — gr. xoXog zu unsicher. Halis
könnte auch zu einem worte für 'mühe' oder 'not' gehören
(vgl. aind. krcchrcna, krcchräd, duhkhena, duhkhäd u. dgl.).
163. halks. Ist 'leer' die eigentliche bedeutung des Wortes,
dann kann sich diese aus 'hohl' entwickelt haben (vgl. Diefen-
bach. Vergl. wb. 2, 519 f. Grienberger s. 109 f.) und dürfen wir
an ags. hole 'hollow, cavity' und weiter an die sippe von got.
ushulön anknüpfen. Andere, mir nicht wahrscheinliche Ver-
mutungen findet man bei Zupitza (Germ. gutt. s. 107), Pedersen
(KZ. 38, 374 f.) und Wood (Am. journ. of phil. 23, 195).
288
rilLENBECK
164. hals. Stokes (IF. 12, 187) hat indog. Hoho- auch im
keltischen widergefunden (air. coli ,t ccann). Dagegen ist aksl.
klasu 'ähre', das ebenfalls auf eine grundform *kolso- zurück-
geht, von hals zu trennen und eher als eine ableitung von
aksl. koljy, klati zu betrachten (s. Solmsen. Beitr. 27, 366).
165. halt 8. Sicher verwant sind russ. koldyka, koldykati,
weshalb die erklärungsversuche Woods (Ani.journ.of phil. 23, 196)
und Pedersens (KZ. 38, 374) als niüssig zu bezeichnen sind. Vgl.
noch Stokes (Urkelt. Sprachschatz s. 82).
166. handugs. Nach Grienberger s. 110 wäre handugs
mit lit. kdndu 'beisse' verwant, das aber mit gr. tuhMMb
'beisse, kratze', xvcodaXop 'schädliches, gefährliches tier, xvojöwr
'zahn am jagdspiess'. xvtbdög 'zapfen, achse' (eig. 'zahn1) auf
eine indog. wurzel mit auslautender media hinweist, wozu das
(/ von handugs nicht stimmt (vgl. Prellwitz s. 154. Leo Meyer.
Griech. etym. 2. 330 f. Hirt, Ablaut s. 93). Eine sichere er-
klärung von handugs ist noch nicht gefunden (vgl. neuesten*
H. Kern, Tijdschr. voor ned. taal- en letterk. 20, 245 f. Wiede-
inann, BB. 27, 198).
167. handtts. Was hat Zupitza (Germ, glitt, s. 183) doch
eigentlich dagegen, hatidus mit hinpan zu verbinden? Für
diese erklärung spricht die analogie von gr. #/(>, armen. cbepn,
alban. dort 'band' : aind. hdrati 'nimmt'. Vgl. noch Wiede-
mann (BB. 27, 198). Anders, aber nicht überzeugend, Grien-
berger s. 110, der den schon von Zupitza als nicht sehr wahr-
scheinlich bezeichneten vergleich von apr. kuntis 'faust' ver-
teidigt und lit, khnste (wozu Brugmann, Grundr. I3. 410) hin-
zufügt.
168. hansa. Zupitza (Germ. gutt. s. 109) und Helm (Beitr.
29, 194 ff.) treffen darin zusammen, dass sie beide hansa zu
lat. cvnsirc stellen. Wie Zupitza sich die bedeutungsentwick-
lung denkt, ist nicht deutlich zu ersehen, Helm aber bat
seine etymologie semasiologisch zu begründen versucht indem
er alle in historischer zeit begegnende bedeutungen auf 'die
abschätzung oder auch das durch die abschätzung ermittelte
mass, den wert oder die menge eines dinges1 zurückführt
Grossen nachdruck legt Helm auf den umstand, dass hansa in
den Urkunden des mittelalters zuerst in der bedeutung 'Handels-
abgabe' gebraucht wird, welche sich ungezwungen aus *ab-
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ZUM GOTISCHEN WORTSCHATZ. 289
Schätzung' erklären lässt. Von 'abschätzung' zu 'menge, schar'
zu gelangen, scheint mir aber nicht so leicht. Wiedemann
(BB. 27, 212) will hansa auf *kont-sä zurückführen und mit
hinfian verbinden, wodurch freilich die von ihm nicht berück-
sichtigte bedeutung Handelsabgabe' ebenso gut wie bei der
Helm'schen auffassung erklärt würde. Aber wie hätte die
bedeutung 'menge, schar' sich aus 'fang' entwickeln können?
169. hatis. Ahd. häzussa 'hexe' hat nichts mit luitis zu
schaffen (s. Franck, Geschichte des wortes hexe s. 34 ff. gegen
Xoreen, IF. 4, 324 ff.).
170. haubij). Das wort ist nicht mit Berneker (IF. 10, 152)
und Scheftelowitz (BB. 28, 157 f.) von lat. caput zu trennen,
sondern sein diphthong ist vielmehr mit Zupitza (Germ. gutt.
s. 104) dem einfluss eines begrifflich identischen oder wenig-
stens bedeutungsverwanten Wortes zuzuschreiben. Grienbergers
abweichende erklärung (s. 111), welche voraussetzt, dass *kaput
sich im germ. zu *haud entwickelt hätte, lässt sich lautlich
nicht rechtfertigen.
171. hauns. Wie man aus meinem Et. wb. der got. spräche2
s. 75 ersehen kann, fehlt es nicht an befriedigende anknüpfung
ausserhalb des germanischen. Der alten gleichung got. Antut*
= lett. kauns — gr. xavvoq ' xaxog keine rechnung tragend,
schlägt Meillet (Etudes sur l'etym. et le vocab. du vieux slave
1, 174) etwas neues vor, indem er hauns mit aksl. chudü, armen.
xun und gr. xovpog auf eine mit kh anlautende wurzel zurück-
führen möchte. Ob chudü und xun mit einander zusammen-
hängen, will ich nicht entscheiden; was den anlaut betrifft,
könnten sie sich gegenseitig verhalten wie slav. *ch(xitl : armen.
xind, xand (s. IF. 16, 96), aber warum sollen wir chudü denn
eigentlich von aind. kshudrd-, kshödati trennen? Gr. xoi^og
ist zu vieldeutig, als dass es ernstlich für die beurteilung von
hauns in betracht käme. Ich bleibe ruhig bei der alten ety-
mologie, umsomehr weil ich nicht glaube, dass kh durch slav. ch
vertreten wird. Meillet beruft sich, abgesehen von den bereits
(IF. 16, 93 ff.) erledigten beispielen, noch auf aksl. chochotati :
armen, xaxankh : aind. kakhati : gr. xaxd^co, welche Wörter
am besten als schallnachahmungen der einzelsprachen auf-
gefasst werden, und auf aksl.jjfäft ' kahlheit ' : lit, 'kahl',
wo wir wol doch mit entlehnung seitens der Litauer (pttkas
290
ÜHLENBECtf
aus slav. *plXchü, vgl. czech. plchy) zu tun haben. Biese ent-
lehnung hätte aber schon in alter zeit stattgefunden. Es
Hesse sich zwar auch denken, dass slav. *plech-, *pllch- auf
*ploik-s-, *plik-s- zurückginge und mit lit. pMas urverwam
wäre. Nur werden wir nicht zu einer wz. *phxhh- unsere Zu-
flucht nehmen dürfen, um den offenbaren Zusammenhang der
slav. Wörter mit lit, pDhas zu erklären.
172. ha um. Air. com, das aus dem lateinischen stammen
wird (s. Osthoff, Parerga 1,39), darf nicht als beleg von indog.
or angeführt werden. So werden got, haürn und lat, comu
einander näher gerückt, denn beiden können formen mit r zu
gründe liegen.
173. hausjan. Der oft angenommene Zusammenhang mit
ausö (s. zuletzt Grienberger s. 111) ist ganz unwahrscheinlich.
Vgl. Berneker (IF. 10, 151) und Bezzenberger (BB. 27, 145 f.).
174. hc])jö. Verwantschaft mit lat. catinus und gr. xorvXt;,
deren gegenseitiges Verhältnis ebenfalls der klärung bedarf,
ist recht zweifelhaft. Vielleicht hat Grienberger s. 112 f. das
richtige getroffen.
175. Hilms. Von ur verwantschaft mit lit. szdlmas, apr.
salmis 'heim', das durch slav. Vermittlung aus dem germ.
stammt (s. Brückner, Die slav. fremdwörter s. 140 und Miklo
sich s. 338), darf kaum die rede sein, denn die wz. *iel- 'ver-
bergen', woraus szdlmas hätte neu gebildet werden können,
ist dem baltoslav. sonst ganz fremd und an ein aus indog.
urzeit ererbtes wort für 'heim' zu denken, ist culturhistorisch
nicht gerechtfertigt (vgl. Schräder, Reallex. s. 3G4 ff.). Tor-
biörnsson (Die gemeinslav. liquidametathese 1, 100) hätte den
zunächst klruss. Ursprung von szdlmas nicht anzweifeln sollen.
176. himins. Mit E.Schröder (s.Solmsen, KZ. 37, 590, fuss-
note 2) ist as. ahd. himil durch dissimilation der zwei benach-
barten nasale zu erklären, so dass nicht an besondere engen
Zusammenhang mit gr. xfjtXtftoov zu denken ist. Grienberger
s. 113 erklärt die J-form richtig, aber in seiner auffassung von
himina- als einem medialparticip zu einem germ. *hf- 'leuchten'
kann ich ihm bei der äusserst fraglichen existenz dieses *hi-
(denn hhvi ist anders zu erklären!) nicht folgen. Mit grösserer
bestimmtheit als früher sehe ich in himins ein altes wort für
'decke' (wie lit. dangus zu dengiit), denn das a von camisia
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ZUM GOTI>CHTy WvET?CElTT.
dürfte kein unüberwindliches hiL:er~is s^b. cn rir *
eine e-wnrzel anzunehmen.
177. hindar. Wiederum (BB.27. lv^< «*Leint i^imv, ,'<f*
von hindar zu trennen, was durcLa^s hl^lIv^z is~. VrL über
Äwtfar u.s. w. Osthoff. Parenra L *2ö9 f.
178. Ä/aitr. Meringer (TF. 16. 117 ü» iLriüT. die S'aven
hätten ihr chlerü 'stall' aus got Mai* entlehnt: und das zu
einer zeit, wo das germ. wort noch 'wohnhaus. hürte* bedeutete.
Aber ist Matte, das in keinem dialekte etwas anderes als
'(grab)hüger oder 'grab* bedeutet, jemals eine bezeiebnung
des Wohnhauses gewesen? Es liegt doch viel näher, die be-
deutung von Matte unmittelbar mit der vun lat. citrus zu ver-
binden. Auch Grienbergers auffassung von hlaitc als iager
(der toten)' (s. 37) tragt dem engen Zusammenhang von hlaitc
und chrus keine rechnung.
179. hleibjan. Vielleicht lässt die Sippe von hie ibjan sich
mit aksl. slepu 'blind' (aus *kloipo-?) auf eine wz. *k1ap- 'be-
decken, verhüllen' zurückführen. Anders über hleibjan Grien-
berger s. 116 und Wood (Am. journ. of phil. 23, 197). über slepu
Miklosich & 307.
180. hleipra. Meringer (IF.16,120) legt sich die tatsachen
besser zurecht als Grienberger s. 117. Nur möchte man für
hleipra und hlija dieselbe bedeutungsentwicklung voraussetzen.
Zu hlijans (Vilitcans?) vgl. noch Stokes, IF. 12, 186 f.
181. hneitcan. Einer andeutung Cosijns (Tijdschr. voor
ned. taal- en letterk. 8, 247) folgend, könnte man die frage
stellen, ob hneitcan nicht mit aksl. niknqti, nicati 'pronum esse'
verwant sei. Das fehlen eines k im slav. anlaut Hesse sich
etwa durch dissimilation (*knik- > ntfe-) erklären. Slav. nik-
lässt sich aber auch anderswo unterbringen (vgl. Cosijn a.a.O.
und Verf., Et. wb. der aind. spräche s. 151 s. v. nyän). Zu hneitcan
vgl Brugmann, Grundr. I2, 680.
182. hnupö. Grienberger s. 118 beurteilt hnujtö wol richtig.
Verwantschaft mit gr. xrt&og ist dadurch aber nicht aus-
geschlossen, wenn wir, abweichend von Thumb (KZ. 36, 190 ff.),
dem griech. worte ein indog. *knutho- zu gründe legen.
183. hölön. Die beste Übersetzung von hölön ist wol 'ver-
leumden' (s. Grienberger s.6f.). Von den bei Diefenbach (VergL
wo. 2, 593) herangezogenen Wörtern kommen die folgenden in
202
ÜHLEKBECK
betracht: ags. hol 1 Verleumdung', hölian 'verleumden', holunga,
holinxa 'vergebens', ahd. huolian 'frustrari', an. hol 'lob, eigen-
lob, prahlerei', häla 'preisen, prahlen'. Die grundbedeutnng der
ganzen sippe ist offenbar 'gerede, geschwätz', weshalb wir am
besten von einer schallwurzel ausgehen. Ich vergleiche lett.
0
hilft t 'schwatzen', lit. kalbä 'rede', kalbü, kalbet i 'reden', gr.
xaXtoj 'rufe', lat. caläre 'rufen' (= ahd. Jialön), aind. kala-
'undeutlich vernehmbar, leise tönend' u.s.w., wozu auch lat.
calumnia 'Verleumdung'. Die von Wood (Journ. of germ. phiL
2,215) und Grienberger a.a.O. versuchte anknüpfung an ahd.
helan scheitert an den bedeutungen der mit hölön verwanten
germ. Wörter. Auch gr. xrjXtco ist wol ferne zu halten.
184. hraiwadübö. Hraiwa- ist noch stets dunkel. Woods
vergleich von lit. krelvas, aksl. krivü 'schief, krumm' (Mod.
lang, notes 18. 15) befriedigt nicht und auch Wiedemann (BB.
28, 31 ff.) bietet uns nichts zwingendes. Das von Stokes (Ur-
kelt. Sprachschatz s. 97) herangezogene air. cri 'fleisch, leib' ist
lautlich mehrdeutig, könnte aber höchstens mit hraiwa- wurzel-
verwant sein (nach Wiedemann a. a. o. wäre *krexo- die grund-
forra von cri). Ist hraiwa- 'leiche' etwa mit aind. kltbä- 'un-
vermögend, entmannt, unmännlich, verzagt, feig' zu vergleichen?
Dann wäre klibd- (mit b aus v) auf ein indog. *kriitö- zurück-
zuführen, womit hraiwa- (aus *kr6i<>uo-?) im ablaut stehen
könnte. Die bedeutung 'leiche' hätte sich aus 'schwach' oder
'verstümmelt' entwickelt. Die jüngsten versuche Bugges (Beitr.
24, 427 f.) und Grienbergers (s. 119), hraiwa- mit lit. kraüjas
u.s.w. zu vermitteln, hat auch Wiedemann a.a.O. mit recht
abgelehnt.
185. hröps. Wood (Mod. lang, notes 16,310) vergleicht
an. hrapa 'stürzen, eilen', das aber eher mit russ. korobiti
'krümmen', czech. krabiti 'hohlrund machen, falten' auf einer
wz. *kcreb- 'vertere' beruht, [Vgl. jetzt H.Schroeder, Beitr. 29,528].
18G. hröt. Sehr ansprechend identificiert Liden (Nord,
studier, Uppsala 1904, s. 432 ff.) hröt mit iran. *sräda-, npers.
saräy, saräi, sarä 'palast', das nach ausweis der aus dem pers.
entlehnten semit. Wörter ursprünglich 'tak eller betäckt rum'
bedeutet hat. Ganz sicher ist Lidens etymologie aber nicht,
denn hröt könnte auch mit aksl. krada 'rogus, fornax, altare'
verwant sein (Bezzenberger,BB.27, 170). Alle älteren erklärungs-
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ZUM GOTISCHEN WORTSCHATZ.
293
versuche von hröt — auch derjenige Wiedemanns, IF. 1, 194 —
sind abzulehnen [vgl. noch H. Schroeder, Beitr. 29, 520].
187. hugs. Das mit kugs verwante gahugds ist immerhin
der annähme, dass das g aus einer indog. tenuis entstanden
sei (vgl. jetzt noch Scheftelowitz, BB. 28, 282. 312), nicht günstig.
Brugmann (Grundr. l',406. 2,1275, fussnote) sucht sich die laut-
verhältnisse irgendwie zurechtzulegen, aber es ist doch ein-
facher, von einer wz. *keugh- auszugehen. Wird mit hugs der
geist etwa als 'der versteckte' bezeichnet und dürfen wir aind.
kuh- 'verstecken' in kuhaka- 'gaukler, taschenspieler; gaukelei,
betrügerei', kuhara- 'höhle', kühn- 'neumond' heranziehen?
Dazu vielleicht auch slav. *kuzlo 'zauberei' (s. Miklosich 8.150),
das sich nicht gut als lehnwort erklären lässt und dagegen
ausgezeichnet zu aind. kuhaka- 'gaukler; gaukelei' passen
würde. Dann wäre die wurzel als *keugh- anzusetzen und der
artikel kuhakas in meinem Et. wb. der aind. spräche s. Ol danach
zu berichtigen. Zur erläuterung der begrifflichen seite erinnere
ich an die uralte Vorstellung, dass die seele in der gestalt
eines kleinen menschen oder tieres im körper versteckt sei.
Nach meiner Vermutung wäre hugs eigentlich so viel als der
antarapürusha- der alten Inder (vgl. Mbh. 3,297, 17 tatah Ha-
tyavatah käyät pägabaddham vagam gatam \ ahgushthamatrum
purusham nigcaicarsha Yamö balät).
188. hunds. Ausführlich Osthoff, Parerga 1, 199 IT. Seine
etymologie hunds : faihu überzeugt mich nicht und Ich glaube
kaum, dass wir den uralten namen des hundes jemals befrie-
digend erklären werden. Der hund ist das älteste liaiiHÜeY
und, wenn indog. *k(u)uon- ursprünglich 'pecuarius' hedoUtet
hätte, so müsste es einen andern ältern namen verdrängt haben,
womit der hund in der jägerperiode bezeichnet winde.
189. hunsl. Ich möchte hunsl {?kunt-slo-'S) nicht gern von
lit. szveütas, aksl. svtfü, avest. spmta- 'heilig' trennen. Melden«
erklärung von hunsl als 'tötung' zu gr. wdrot (l l>:i>AXt ftbk.
für August Fick s. 294 ff.) ist zu farblos. Noch anders (irien-
berger s. 121 f.
190. hüs. Scheftelowitz (BB. 28, 150) stellt hüs mit an.
hauss 'schädel' zu aind. gushi-, das 'höhlung eines rohrs' be-
deutet und vielleicht besser sushi- geschrieben wird. Aber
auch wenn das wort gushi- lautete, so kann es doch auf sushi-
Beitrage tur geschichte der deutsches ipracbc XXX. 20
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MHLENBECK
zurückgehen, ähnlich wie cuslika- (= avest. huska-) aus *su$hka-
entstanden ist. Mit an. hauss hat cushi- nichts zu schaffen,
denn hauss entspricht vielmehr dem aind. kösha- 'behälter.
Was hüs betrifft, sehe ich keinen grund, den gedanken an
Zusammenhang mit huzd aufzugeben (vgl. Brugmann, Grundr.
1 >, 704).
191. kaiteis. Vgl. Wiedemann (BB. 27, 213, fussnote), der
ohne genügenden grund haiteis von keits trennt. Ich halte lit,
kvetijs nach wie vor für ein lehnwort. Das Verhältnis kretiß
'weizenkorn' : kveceiat 'weizen' erklärt sich durch das vorbild
der andern getreidenamen.
192. keits. Es ist unnötig, bei der erklärung von keits
zu der annähme einer contamination seine Zuflucht zu nehmen,
wie Meillet (Ktudes sur Tetym. et le vocab. du vieux slare
s. 179) es neuerdings getan hat. — Zu krimgot. wichtgata vgl.
Loewe (IF. 13, 9 f.), dessen ansieht ich nicht teilen kann.
193. köpan. In der sippe von ahd. houf begegnet uns
nirgends die indog. lautfolge *kuäb- (*kuäp-\ weshalb die sema-
siologisch unwahrscheinliche etymologie Grienbergers (s. 124 f.)
auch in lautlicher hinsieht keine empfehlung verdient Eher
könnte man fragen, ob köpan nicht irgendwie zur wz. *keuep-
'sieden, wallen; hauchen; rauchen; heftig bewegt sein, zürnen,
begehren' (s. mein Et. wb. der aind. spräche s. 58 s.v. kupyati)
gehören könnte, denn diese zeigt auch in afkapjan, apvaptwn
germ. p.
194. ibns. Bisher gibt es über *ebna- nur unsichere Ver-
mutungen (vgl. Johansson, Beitr. 15,229 t Grienberger s. 125 f.
Wiedemann, BB. 28, 73 f.). Falls das e auf vorgerm. • zurück-
geht und das b nicht aus m entstanden ist, kann *etna- mit
ahd. -eiba, langob. -aib 'gau' verwant sein, denn die bedeutung
'gau' lässt sich wol aus 'ebene' erklären. Anders über -eiba,
-aib Liden, Stud. zur aind. und vergl. sprachgesch. s. 52 ff.
195. iddja. Ags. eode ist fernzuhalten (vgl. Sievers, Zum
ags. vocalismus s. 52. Holthausen, IF. 14, 342).
1 96. infeinan. W enn infeinan, wie Grienberger s. 1 27 f.
vermutet, ursprünglich der ablautsreihe von beitan angehört,
so ist es kaum mit der von demselben gelehrten herangezogenen
sippe von faian zu vermitteln. Auch begrifflich ist Grien-
bergers etymologie äusserst gezwungen.
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ZUM GOTISCHEN WORTSCHATZ,
295
197. intrusgjan. Die hauptschwierigkeit ist die laut-
folge sg. Eine brauchbare etymologie ist mir nicht bekannt
(vgl. zuletzt Grienberger s. 130. Schräder, Reallex. s. 586).
198. inu. Grienbergers bemerkungen (s. 130 f.) enthalten
nichts, was neu und richtig zugleich wäre. Holthausen (IF.
14,341) möchte auch lat. sine zu inu stellen; es gehört aber
eher in die sippe von sundrö.
199. inwidan. Wie inwidan sich begrifflich mit gawidan
vermitteln Hesse (vgl. Grienberger s. 131), verstehe ich nicht.
Bedeutet das in inwidan enthaltene widan eig. 'leer machen'
oder ähnliches und gehört es mit indog. i zu aind. vidhura-
1 vereinsamt, ermangelnd, mangelhaft, elend, widerwärtig', vidhü-
' vereinsamt (?), mond', vindhdte 'mangelt'? Hierher auch got.
mdutcö, aind. vidhdvä, lat. viduus, vidua u.s.w. Got. in-wida
wäre ein indog. aoristpräsens *uidhö, doch hätte sich im ablaut
wahrscheinlich an gawida (*uedhö) angelehnt.
200. iumjö. Die etwas künstliche erklärung Johanssons
(Beitr. 15, 230 f.) ist wol aufzugeben (vgl. Bezzenberger, BB.
21,316, fussnote. Grienberger s. 134. Brugmann, IF. 13, 155).
201. iusila. Sowol iusila wie iusiza sind nicht recht klar
(vgl. noch Bartholomae, IF. 5, 221, fussnote. Cromhout, Leidener
doctoralthese 15. oct. 1900). Wenn Cromhout iusila 'avtctq1 mit
recht von iusiza wisan l6iafftQnv' trennt, so stehen uns noch
andere wege zur erklärung offen. Wir könnten z. b. vermuten,
dass die bedeutung 'linderung' sich bei iusila aus 'labung des
dürstenden', also aus 'befeuchtung' oder dergl. entwickelt hätte,
und an die wz. *eues- 'feucht' (s. Johansson, IF. 2, 63) anknüpfen.
202. ja. Auch die neuesten erklärungsversuche (Grien-
berger s. 134 f. Solmsen, IF. 14, 436) befriedigen nicht,
203. jer. Die Vermutung Schräders (Reallex. s. 395), dass
jcr ursprünglich die zeit bezeichnet habe, in dem man sich zu
Wanderungen oder zum ziehen auf die weide aufmachte, ist zu
unsicher.
204. jiuleis. Zu meinem Et. wb. der got. spräche 2 s. 91 f.
(vgl. Beitr. 27, 123 f.) ist noch nachzutragen, dass Kögels er-
klärung von an. jol aus *ieu-lo- zu lat. Julius und lit. jaünas
u.s.w. (Gesch. der deutschen lit. 1, 1, 37 f.) abzulehnen ist, weil
sie der ags. form seohhol keine rechnung trägt.
20*
ÜHLENBECK
205. jukuzi. Der vergleich von lat.jw</erMm ist aufzugeben
(s. Noreen, IF. 4, 325. Streitberg, IF. 14, 494 f.).
206. Jcalbö. Wechsel der reinvelaren und labiovelaren
guttural reihen, wie ich den in meinem Et. wb. der got. spräche2
s. 92 f. angenommen habe, ist mir jetzt nicht mehr wahrschein-
lich. Im allgemeinen dürfte Zupitza (Germ. gutt. s. 77 f.) das
richtige getroffen haben (zu an. krof, kryßa vgl. aber Wood
Mod. lang, notes 16, 306). Noch anders Osthoff, Parerga 1, 312 t,
fussnote.
207. kalds. Aksl. zlcdica und die übrigen auf urslav. *zeU-
zurückgehenden formen (s. Torbiörnsson, Die gemeinslav. liquida-
metathese 1, 106) gehören wol eher zu gr. x«*a£« (Solmsen.
Aren. f. sl. phil. 24, 579). — Ueber die von kalds abgeleiteten
Wörter für 'brunnen, quelle' handelt Karsten, Beitr. zur germ.
wortkunde s. 20 ff.
208. kaürus. Siebs' combinationen (KZ. 37, 317) sind zu
willkürlich. Grösseren wert hat Stokes' nachweis eines kelt.
verwanten (IF. 12, 186).
209. Je int us ist noch nicht befriedigend erklärt (vgl. zuletzt
Grienberger s. 140). E. F. Kossmann erlaubt mir, seine mit einer
Vermutung Schades übereinstimmende auffassung mitzuteilen:
'kintus Mt.5,26 gibt xoÖQavtng i.e. quadrans >ein viertel ass« in
einer bedeutung wider, die schon lange vorher sogar dem ganzen
ass zukam (viatica ad assem perdere Horaz u. ö.). Eine zahlbezeich-
nung muss wol in dem worte stecken, und zwar eine römische,
da die Goten zur zeit des Ulfilas keine eigne münzprägung
hatten. Nun ist kintus völlig identisch mit quintus in vulgärer
ausspräche (quinque non cinque App. ad Prob.), ein wort, das
sich freilich in der offiziellen terminologie der zeit nicht findet,
aber doch als vulgäre münzbezeichnung wol denkbar ist: ent-
weder wenn man es neben quadrans stellt, und Verwechslung
der vier- und fünf zahl annimmt, was bei den vielfachen
mischungen des decimalen und duodecimalen Systems im alt-
germ. (vgl. quentchen = ljA lot) wol erlaubt ist, Oder aber
als anzusetzende locale bezeichnung für den quinatius, den
halben denar, die kleinste münze, die damals in römischen
münzstätten ausgegeben wurde (gütige mitteilung von dr. Jul
Palm). Die bildung mit / brauchte an sich nicht auf ein lat.
ordinale zurückzugehen, nebenformen quinquarius, quintarius
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ZUM GOTISCHEN WOBTSCHATZ. 297
finden sich, wenn anch später oder in anderer bedeutung (s.
Du Gange, und quinquessis = qumUsti* Diefenbach. Gl«**.),
wozn noch einwirkung des allgemein üblichen flüssigkeitsmasses
sextarius (ags. sester, ahd. sextäri) kommen könnte. Da aber
schwer einzusehen ist, wie ein *hntareis im volksmund als
hntus hätte erscheinen sollen, so wird plausibler sein, eine
directe Umsetzung der distributiven bildung, die ja ihren sinn
eingebüsst hatte, in die gewis geläufigere ordinale (vgl. quar-
tarius, quartm ohis, nl. hcartje u. ä.) anzunehmen. Ein ähn-
liches überschlagen bei Du Gange tquart valant quatre deniers^'.
210. kniu. Gr. xqo/vv ist wol nicht hierher zu stellen (vgl
Hirt, IF. 12, 224).
211. kr ius tan. Das mit hriustan verglichene slav. *grusti
kummer' ist mehrdeutig, denn es könnte auch mit as. gruri,
a^s. zryre 'schrecken', as. g(r)ornön, gnornön, ags. g{r)ornian,
tnornian 'trauern, klagen' zu einer wz. *ghreus- gehören, welche
auch in slav. *gruchati 'krachen' vorzuliegen scheint (vgl.
no. 132). Falls wir kriastan mit lit. grüdiiu verbinden wollen,
haben wir uns von dem st rechenschaft zu geben, denn aus
U (d -f- 1) wäre ss, nicht st entstanden.
212. kukjan. Vielleicht ist got. kukjan, ofries. kükken
onomatopoetisch und dasselbe mag von an. kok 'kehle' gelten
(vgl. auch nl. kokhalzm). Es gibt aber auch andere möglich-
keiten: vgl. Siebs (Mitteil, der schles. gesellsch. für volksk. 1903,
heft 10, no. 1 und 2, s. 15) und Wood (Mod. lang, notes 19, 2).
Grienbergers auffassung (s. 142 f.) ist mir aus mehreren gründen
nicht wahrscheinlich.
213. kunawida. Auch Schräder (Reallex. s. 422) und
Meringer (IF. 16, 178) überzeugen mich nicht.
214. laggs. In meinem Et. wb. der got. spräche2 s. 97
citiere ich ap. dranga-. Man lese statt dessen np. dirang (ap.
"dranga-).
215. laikan. Zu laikan vgl. noch Mikkola (BB. 25, 75)
und Hoff mann (rEPJZ. abh. für August Fick s. 41). Grien-
berger s. 144 meint, dass lett. lekt, Ickät 'springen, hüpfen' ans
laikan entlehnt sei. Mit unrecht, denn lekt, Ukat sind nicht
von lit. lekiit, ükti 'fliegen' zu trennen, das nichts mit laikan
zu schaffen hat, aber gewis mit aksl. leteti, letati zusammen-
hangt (vgl. Brugmann, Grundr. 1» 585).
Uli LEK BECK
210. lais. Wood (Mod. lang, notes 18, 17) stellt noch einige
wöiter zur wz. *lcis- 'gehen' : lit. lesas 'mager', lystu 'werde
mager', aksl. Hehn 'arm, beraubt, böse, schlecht'. Aber wie
denkt er sich die bedeutungsentwicklung? M. e. lassen wir
U;sas, lystu, lichu besser beiseite.
217. lamb. Ausser Hirt (Ablaut s. 122) ist noch Osthoff
(Parerga 1,302 ff.) zu vergleichen. Gegen die annähme einer
engen morphologischen beziehung zu gr. tXaqog spricht aber
der umstand, dass lamb ursprünglich ein s-stamm gewesen ist.
Ost hoff (a.a.O. s. 309 ff.) urteilt freilich anders.
218. lasiws. Die forscher, welche sich in der letzten zeit
mit lasiws beschäftigt haben (Grienberger s. 145. Solmsen, IF.
13. 140 ff.), lassen aksl. losl 'gering, mager' beiseite. Aber lest
kann doch aus *losjo' entstanden sein, und passt semasiologisch
sehr gut in die von Solmsen behandelte Wortsippe. Was lasitrs
betrifft, so macht das suffix einige Schwierigkeit. Vielleicht
geht das w zunächst auf gut zurück und haben wir *lösiteo
als indog. grundform anzusetzen (zum labiovelaren Haut vgl.
Brugmann, Grundr. 2, 238).
219. lafiön. Die geistreichen Vermutungen Meringers (IF.
10, 114 ff.) lassen sich wol hören, weil sie den bedeutungen von
lajwn und lapaleikö, das kaum vom verbum abgeleitet sein kann,
in genügender weise gerecht werden. Aber auch die alte
etymologie, welche von dem begriff des wollens ausgeht, ist
recht wol möglich, denn sie wird durch die sichere parallele
von aind. ketayati 'fordert auf, ladet ein' zu keta- 'wille. ab-
sieht' gestützt. Meringer widerlegt zwar Kluges nicht schwer
zu widerlegenden bedeutungsansatz 'liebevoll behandeln', doch
hat er es nicht für nötig erachtet, auf die gleichung lapön :
gl*. XTtv einzugehen. Der den germ. Wörtern zu gründe liegende
nominalstamm könnte *Oto- (mit un ursprünglich accentuierter
tiefstufe der wurzel wie germ. *mur]>a- aus *mHo- u. dergL s.
Brugmann, Grundr. 2, 208) gelautet haben.
220. leihts. Ob Meillet (Etudes sur l'etym. et le vocab.
du vieux slave s. 164 ff.) mit recht die formen mit und ohne
nasal von einander trennt, möchte ich bezweifeln. Das n von
*letigh [s. Mansion, Glitt, grecques s. 45 ff.] kann infix sein.
221. leih. Der artikel leik in meiuem Et wb. der got
spräche1 s. 100 bedarf mehrfach der berichtigung (s. no. 119).
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ZUM GOTISCHEN WORTSCHATZ.
200
Woods etymologie von leih (Mod lang, notes 18, 15), welche
von der bedeutung 'gefallenes' ausgeht, ist in Widerspruch mit
dem tatsächlichen gebrauch des Wortes. Dass die bedeutungen
'äusseres' und 4 leib' sich aus deiche' oder 'aas' entwickelt
hätten, ist mir bis auf weiteres nicht glaublich. Man denke
sich z. b., dass die Russen ihr pddali für lebende körper zu
gebrauchen anfiengen! Oder sind cadäver und jirmpa jemals
für 'leib' und 'äusseres' gebraucht worden?
222. liugan. Der von Wood (Journ. of germ. phil. 2, 223 f.)
angenommene Zusammenhang zwischen liugan 'lügen' und liugan
heiraten' ist zwar vielleicht möglich, aber bleibt jedenfalls
unbeweisbar, so lange die von ihm vermutete wz. *leugh- 'biegen'
in keiner spräche auftaucht. Warum aber sollte es unwahr-
scheinlich sein, dass die indog. Ursprache gleichlautende Wörter
mit weit auseinander liegenden bedeutungen besessen hätte?
l'nd ganz gleichlautend werden die wurzeln nicht einmal ge-
wesen sein, denn liugan : laug weist auf *lcughc-, liugan : Im-
gaida aber auf Veugke-.
223. UuPön. Mit Wood (Am. journ. of phil. 23,200) ist
liupön, das zunächst von liupa- (awi-liup) abgeleitet ist, zu aksl.
ljutü 'saevus', gr. Xvöca 'raserei' u.s.w. zu stellen. Für die
Zugehörigkeit von liupa- zur wz. *leid- 'ekstatisch sein, rasen'
spricht die parallele von an. öör 'poesie', kymr. gwaud 'lied'
zu germ. *wöda- 'wütend' (vgl. air. fdith, lat, vates 'scher,
dichter'). Zu künstlich ist Kögels etymologie (Gesch. der deutsch.
Iii 1, 1, 7), nach welcher liujta- als ' auflösung der verschlingungon
der reihen (beim tanze)' aufzufassen und mit gr. Xv<o 'läse' zu
verbinden wäre.
224. lubjaleis. Wood .(Am. jouru. of phil. 23,201) will
lubja- und air. luib in die sippe von slav. *lubü 'bast' hinein-
ziehen. Aber wie gelangt man von einer wurzel mit der be-
deutung 'abschälen, abziehen' zu einem worte für 'heilkraut,
zauberkraut' oder für 'pflanze' im allgemeinen? Ist 'pflanze'
etwa als 'aus dem boden herausgezogenes' aufzufassen und
ist die bedeutung 'heilkraut, zauberkraut, gift' nur eine ein«
schränkung von 'pflanze'?
225. magan. Wiedemann (BB. 28,62 ff.) fasst aksl. moga
als lehnwort auf, was richtig sein mag. Wenn er aber sagt,
uns berechtige dazu der umstand, dass es ausser mostl keine
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300
ITHLENBKCK
weiteren primären bildungen zu mogq gebe, so irrt er sich,
denn aksl. vclhnoza 'magnat' und russ. podmöga 1 hilf e, beistand'
schliessen sich unmittelbar dem verbum an. Aber solche
primäre bildungen stehen der annähme früher entlehnung nicht
im wege.
226. mag us. Bei Wiedemanus auffassung von mogq wird
es möglich, magas zugleich mit magan und mit air. macc, akymr.
map zu verbinden (vgl. BB.27,221. 28, 63 f.).
227. mail Mit recht verwirft Wiedeniann (BB. 28, 47 f.)
Bugges Vermutung (Beitr.24,433f.) über Zusammenhang zwischen
mail und aind. mala-. Ob aber mail mit Grienberger s. 153 f.
zu gr. (tialvo) gestellt werden darf, ist wegen der verwickelten
ablautsverhältnisse von utaivo etwas zweifelhaft.
228. mail an. Wiedemann (BB. 28, 49 f.) vergleicht zu-
nächst gr. filöag ' . . . &tjq(ov ri, öteo&iov tovz xvdpovc (He-
sych.), das von Fick (BB. 28, 103 f.) mit ags. mite, ahd. mi;a
verbunden wird. Die beiden combinationen schliessen einander
nicht aus. Weiteres findet man noch bei Solmsen, KZ. 37, 584.
Mit Grienberger s. 154 und Hoffmann {VEPA2, abh. für August
Fick s. 45 f.) einen besonders engen Zusammenhang mit smeitan
anzunehmen, scheint mir wegen des verschiedenen ablaute*
nicht geraten und Bugges anknüpfung an lat tondo (Beitr.
24, 437 f.) hat auch bei Wiedemann berechtigten Widerspruch
gefunden.
229. malma. Die sippe von lit. melmfi, malm'u (s. Tor-
biörnsson, Die gemeinslav. liquidametathese 1, 87) ist wegen der
stark abweichenden bedeutungen von got. malma zu trennen.
Fick l4, 109 stellt lit. melmu zu aind. mdrman- 'gelenk, offene
stelle des körpers, schwache seite', das aber andererseits kaum
von armen, marmin 'leib, fleisch' (*mrmeno-? Hübschmann, Ar-
men, gramm. 1, 473) losgerissen werden kann. Haben wir es
hier mit einem fall des wechseis r : l zu tun? Oder ist
marmin aus einem iranischen dialekte entlehnt? Ein dem aind.
mdrman- entsprechendes wort scheint aber im iranischen nicht
nachgewiesen zu sein.
230. mammö. Dass mammö mit mimz verwant sei (vgl.
Mikkola, BB. 22, 241 ff. Wood, Journ. of germ. phil. 2, 216 i
Grienberger s. 154) ist mir nicht recht glaublich. Das wort
macht vielmehr den eindruck, ursprünglich ein lallwort der
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ZUM GOTISCHEN WORTSCHATZ.
301
kinder gewesen zu sein und die mutterbrust bezeichnet zu haben.
Die bedeutungsentwicklung wäre dann etwa: 'mutterbrust' >
'brüst im allgemeinen' > 'leib' > 'fleisch'. Man könnte sich
aber auch denken, dass ein lallwort *mammü unmittelbar auf
das fleisch (als nahrungsmittel) bezogen wäre.
231. manags. Weder Brugmann (Grandr. 2, 971) noch
Pedersen, KZ. 38, 354) berücksichtigen air. metiicc, kymr. mymjch
(Stokes, Urkelt. Sprachschatz s. 210). Dasselbe scheint auch von
Heinpls mir nur im auszug (IF. Anz. 15, 102) bekannten ety-
mologie zu gelten. Das kelt. wort lässt sich aber doch kaum
als entlehnung aus dem germ. auffassen.
232. manna. Die von Hempl (s. IF. Anz. 15, 102) be-
hauptete identität von aind. manu- 'mensch' und lat, manus
iiand' ist mir nicht wahrscheinlich. M. e. ist die bedeutung
•mensch' bei indog. *mönu- uralt, denn sie kehrt wider bei dem
wurzelverwanten *mon(e)n-, got. manna. Dagegen mag got,
manwas (wozu manwipa, manicjan) mit lat. manus zusammen-
hängen (anders Grienberger s. 155 f.).
233. marikreitus. Die annähme, dass marikreitus sich
an ein mit nl. krijt verwantes wort angelehnt habe, halte ich
mit Grienberger s. 141. 156 für unnötig. Vgl. Johansson, Nord,
studier, Uppsala 1904, s. 458 f.
234. marka. Die bedeutung von an. mgrJc 'wald' erklärt
sich einfach dadurch, dass die grenzgebiete zwischen den an-
siedlungen durch wald und wildnis gebildet wurden (vgl.
Schräder, Reallex. s. 307), und hat sich gewis erst aus 'grenze'
entwickelt. Den ausführungen Wiedemanns gegenüber (BB.
28, 78 ff.) verhalte ich mich durchaus ablehnend.
235. marzjan. Auch Franck (KZ. 37, 130 f.) ist es nicht
gelungen, meine zweifei an der identität von marzjan und aind.
nmrshayati völlig zu beseitigen. Dagegen hat die gleichung
got. marzjan : slav. *mXrz-, *morz- (s. Miklosich s. 193) in der
letzten zeit durch die erörterung Zupitzas über slav. z (KZ.
37. 396 ff.) an Wahrscheinlichkeit gewonnen. Dasselbe gilt von
der ansprechenden etymologie slav. *dirz- (s. Miklosich s. 43) :
got, yadaürsan. Es wundert mich, dass Zupitza weder *mTrz-
noch *dhz- unter seinen beispielen erwähnt, umsomehr weil
sie sich mit seinem lautgesetz leicht genug in einklang bringen
lassen. Wenn man nämlich annimmt, dass das z in aksl.
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302
UHLKNHECK
drüzülü, mss. dcrzlij und aksl. mrüztdu, mruzostt, mraziti, russ.
mcrzlcij, mvrzostf, serb. mraziti durch den einfluss der laut-
gesetzlichen formen aksl. drüzati, ärüznqU, russ. derzdt), der:-
nütt und aksl. mruzeti, russ. merzctt, mcrzttt an die stelle des
vor dem tone erhaltenen s getreten sind, so bedarf Zupitzas
regel kaum einer niodification. Nur muss bemerkt werden,
dass der stimmhafte verschlusslaut und das r hier durch einen
vocal getrennt sind.
230. mats. Die darstellung der bedeutungsent Wicklung in
meinem Et. wb. der got. spräche 2 s. 107 f. halte ich jetzt für ver-
fehlt, und auch Sommer (IF. 11, 265 f.) scheint nicht das rich-
tige zu treffen. Vgl. Grienberger s. 15G f. und Thurneysen, LF.
14, 132 f.
237. mcgs. Es ist ganz willkürlich, die vrddhi-bildung
mcgs von magus zu trennen. Gäbe es kein magus, so wurde
Wiedemanns vergleich von lit. mtgti 'wolgefallen' (BB. 28, 65t)
sich wol hören lassen.
238. midjungards. Der artikel in meinem Et. wb. der
got. spräche2 s. 110 ist nach Brugmann (IF. 14, 5) zu berichtigen.
239. mikils. Das a von lat. magnus steht der üblichen
Zusammenstellung mit fifyag u. s. w. nicht im wege (s. Hirt, Ab-
laut s. 15 f.). Darum kann ich Wiedemann (BB. 27, 221) nicht
beistimmen.
240. milhma. Das wort ist zu vieldeutig, um zu irgend-
welcher Sicherheit gelangen zu können (vgl. noch Grienberger
s.H>0f. und Torbiörnsson, Die gemeinslav. liquidametathesel, 88).
Gehört milhma etwa mit gr. fitlnofiat, fioXjty zu einer wz.
*mclku- 1 tönen'? Das /* kann vor m aus h entstanden sein
und 'der tönende' wäre ein passender name für die gewitter-
wolke. Von 'gewitterwolke' zu 'wölke' im allgemeinen ist
nur ein kleiner schritt
241. mundön. Es ist nicht geraten, mit Osthoff (s. IF.
Anz. 15, 104 f.) von einer nasallosen wurzel auszugehen.
242. munps. Dass mun])s nichts mit ahd. mala zu tun hat.
womit Grienberger s. b'G und Detter (Zs. fda. 42, 57) es noch zu-
sammenstellen, hat Liden (Uppsalastudier s. 79 f.) gezeigt. Zur
wz. *mcn- 'hervorragen' vgl. noch Fick, BB. 28, 104 f.
243. nati. Gr. vqövg gehört nicht hierher (s. Brugmann,
IF. 11, 273 ff.).
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ZUM GOTISCHEN WORTSCHATZ.
244. nauh. Oder lautet das wort nauh? Vgl. Brugmann,
Die demonstrativpronomina s. 66, fussnote.
245. naus. Jetzt entscheide ich mich für urverwantschaft
mit aksl. navl u.s.w. (so auch Grienberger s. 164). Das von
Hoffmann (BB. 25, 107 f.) herangezogene vsvevxivai • tt&vrjxtvai
ist sicher nichts anderes als 'sich geneigt haben' zu vtvm und
hat also ferne zu bleiben. Vgl. Theocritus XXII, 203 und eine
verszeile des Antimachus von Kolophon, an welchen stellen das
perf. von rnm so viel als '(im kämpfe) niedergesunken sein'
bedeutet (freundliche mitteilung meines hiesigen collegen van
Leeuwen).
246. nau])s. Got. nau])i- (naudi-), apr. nauti- ist verbal-
al>stractum zu einer wz. *näu- (vgl. schon Peters, Beitrag zur
goth.-hochd. Wortforschung 1871, s. 5 ff.). Mit aksl. nqzda, nqditi
und nuzda, nuditi (s. Osthoff, Parerga 1, 355, fussnote) lässt es
sich kaum vermitteln [vgl. noch Meringer, IF. 17, 152 f.].
247. nclv(a). Ich sehe nicht ein, warum der vergleich von
alban. nes 'morgen' (Brugmann, Grundr. I2, 148) mehr empfeh-
taug verdienen soll, als Zupitzas etymologie (Germ, glitt, s.60 f.).
Vgl. Wiedemann. BB. 28, 56.
248. neitcan. Ich erinnere an Peters' conjectur *nai} =
mhd. neit (Got. conjecturen, Leitmeritz 1879, s. 5 ff.). Ist sie
richtig, so ist das verbum neiwan aus dem gotischen Wort-
schätze zu streichen. Grienbergers auffassung des zweifel-
haften Wortes (s. 165 f.) ist jedenfalls zu künstlich.
249. niuklahs. Ansprechend ist Brugmanns Vermutung
(IF. 12,184, fussnote 1), dass das / durch dissimilation aus n ent-
standen sei, wodurch anknüpfung an gr. vioyvoq ermöglicht
wird. Man könnte freilich den einwand erheben, dass indog.
tm vor dem haupttone germ. gg und weiter durch den letzten
akt der lautverschiebung kk ergeben hätte, aber Brugmann
würde dieser Schwierigkeit entgehen durch die annähme, dass
die dissimilation der beiden n älter sei als die in andern fällen
unter denselben accentbedingungen regelmässig eintretende
assimilation von gn zu gg (kk). Grienbergers erklärung (s. 167)
ist jedenfalls nicht so wahrscheinlich.
250. nota. E. F. Kossmann will das wort in folgender
weise erklären (schriftliche mitteilung): 'nota Mc. 4, 38 (ana
nötin Iv x\i jtQVfivy). Könnte dies nicht einfach lat nauta sein?
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304
UJILKNDECK
Vulgär-lat. o = au bedarf keiner belege. Da der schiffsmann.
der das boot lenkte, hinten sass (daher jrpiy/r^rij.:), so konnte
'beim bootsmann sitzen' identisch werden mit 'hinten sitzen'.
Die präposition ana setzt freilich voraus, dass die metonymie
bootsmann — bootsmannsbank schon eine vollzogene gewesen
sein müsste.' Diese erklärung ist der meinigen (Beitr. 27, 128)
vorzuziehen [vgl. noch Meringer, IF. 17, 151 f.].
251. qairrus. Grienbergers erklärung von qairrus (s.171 f.)
steht den älteren etyniologien (vgl. noch Siebs, KZ. 37, 317)
semasiologisch an Wahrscheinlichkeit nach. Von der bedeutung
'tönend1 kann man nicht leicht zu 'still, ruhig, zahm' gelangen.
252. qistjan. Doch wol eher mit Hirt (Beitr. 23, 352)
und Wood (Mod. lang, notes 17,9) zur wz. tyies-, wie schon
Diefenbach (Vgl wb. 2, 487) vermutet hat, als mit Brugmaun
(IF.6, 103) zu lit. gendü u.s.w.
253. qipan. Aind. gadati 'sagt, spricht', das nach Beitr.
29,333 auf indog. *yed- beruht (lautgesetzlich wäre *jadaii,
aber das g von jagüda ils.w. ist auch in das präsens ein-
gedrungen), hat mit qi/mn nichts zu schaffen. Wiedemanns
vergleich von air. bei 'mund, lippe' (IF. 1,513) wird richtig
sein, denn bei lässt sich ausgezeichnet als eine Z-ableitung der
in qipan enthaltenen wurzel auffassen. Eine andere etymologie
von bei hat Siebs (Mitteil, der schles. gesellsch. für volksk. 1903.
lieft 10, no. 1 und 2, s. 8, fussnote) vorgeschlagen, indem er an
lat, (kelt.) bäsium und andere Wörter für 'kuss' anknüpfte (KZ.
37,310 möchte Siebs bei zu qipan stellen).
254. qipus. Grienbergers gleichung qipus : lat. vitulus
(s. 173) gehört zu dem besten, was in den letzten jähren auf
dem gebiete der germ. etymologie vorgebracht ist. Vgl. sonst
noch über qipus Wood (Mod. lang, notes 17,9. 19,2) und Meringer
(IF. 10, 164).
255. qrammipa. Nach Grienberger s. 174 läge dem ad-
jectiv, wovon qrammipa (oder besser *krammipa) abgeleitet ist,
eine medioparticipialbildung zur wz. *guer- 'verschlingen' zu
gründe. Aber einmal lässt sich die bedeutung 'feucht' nicht
aus 'verschlungen werdend' erklären und andermal hätte vor*
germ. mn doch wol eher Dw ergeben. Und wie wäre bei Grien-
bergers auffassung das einfache m von an. hramr zu beurteilen?
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ZUM GOTISCHEN WORTSCHATZ.
305
— Verfehlt ist Peters' Vermutung (Got. conjecturen, Leitmeritz
1879, & 12 ff.).
256. raupjan. Das von Wood (Mod. lang, notes 16, 310)
herangezogene lit. rubä 'raub, plünderung' (wozu ein denom.
rubyti) ist ein lelmwort aus dem deutschen (s. Brückner, Die
slav. fremd Wörter s. 16 f.).
257. razäa, Ueber das Verhältnis von ags. reord zu got
razäa vgl. Sievers, Zum ags. vocalismus s. 25. — Grienbergers
etymologie (s. 175) ist nicht einmal so wahrscheinlich wie die
in meinem Et. wb. der got. spräche2 s. 122 erwähnten unsichern
Vermutungen. Am meisten durfte die gleichung razäa : rödjan
für sich haben.
258. rign. Vgl. Hoffmann (BB.26, 136), der verwantschaft
mit lat. rigäre befürwortet. Aber rign lässt verschiedene
grund formen zu und leider ist ausserhalb des germanischen
kein nomen nachgewiesen, dem es sowol in der wurzel wie im
suffix entsprechen könnte.
259. riurs. Das vielfach verglichene lat. rutre ist mehr-
deutig: vgl. Hoffmann, BB. 26, 142.
260. «ata«. Ich sehe keinen zwingenden grund dazu, gr.
tWi von saian u.s.w. zu trennen, wie nach Curtius' Vorgang
von Hirt (IF. 12, 229 ff.) und Osthoff (Parerga 1, 197 f.) ge-
tan wird.
261. saihan. Nur wenn saihan ursprünglich 'glänzen'
bedeutet hat, wird es mit *seku- 'tönen' in ags. secgan u.s.w.
(s, Zupitza, Germ. gutt. s. 72 f.) verwant sein. Vgl. Beitr. 29, 336 f.
262. sair. Woods annähme, dass im anlaut ein p ge-
schwunden sei (IF. 13, 119 f.), ist ebenso unbeweisbar wie Hirts
Vermutung über einen ursprünglichen anlaut ks (Beitr. 23, 354).
263. saiwala. Woods neue etymologie (Mod. lang, notes
18,15) ist der alten gleichung saiwala : aloXog nicht vorzu-
ziehen (s. Beitr. 27, 130). Eine etymologie ist anerkannter-
massen um so wahrscheinlicher, wenn wir nicht nur wurzel-
verwantschaft, sondern auch identitat der suffixe constatieren
können.
264. sakan. Nach Wood (IF. 13,119) soll in sakan wie
in sair ein anlautendes p verloren sein. Warum nicht? Denn
alles, wovon man das gegenteil nicht erweisen kann, hat als
möglich zu gelten. Aber wenn ein anderer behaupten sollte,
306
UHLENBECK
dass der ursprüngliche anlaut ks oder ts oder gott weiss was
gewesen wäre, so hätte seine behauptung gerade denselben wert
265. saldra. Grienbergers erklärung von saldra als un-
mittelbarer ableitung mit comparativischem suffix zur wz. *säl-
'salz, salzen' (s. 180) ist mir aus dem gründe nicht wahrschein-
lich, dass sali, saltan im germ. festes t haben. Vgl. noch Wood,
Am. journ. of phil. 24, 40.
266. saljan. Es ist ein glücklicher gedanke Grienbergers
(s. 180) saljan 'wohnen' mit lat. soler e zu verbinden. Was
Stokes (IF. 12, 192) aus dem keltischen heranzieht, ist zu
unsicher.
267. saljan. Wood (Am. journ. of phil. 24, 40 ff.) stellt
vieles zusammen, was bei strenger Wahrscheinlichkeitsrechnung
besser auseinander zu halten ist. Die indog. etymologie ver-
liert sich stets mehr in einem irrwalde haltloser möglichkeiten.
Wras saljan 'opfern' betrifft, hat Osthoff (Beitr. 13, 457 ff.) wol
das richtige.
268. sarwa. Grienberger s. 180 f. trägt den bedeutungen
von ags. searu, sierwan keine rechnung.
269. sauls. Mit an. süla, ags. syl, ahd. sül ' Säule' und
ahd. swelli 'schwelle' beruht sauls auf einer zweisilbigen wurzel
(vgl. Kluge« s. 329. 358 und Grienberger s. 182). Das l ist
suffixal, wie aus ags. swer 'säule', nhd. dial. schwire 'pfähl',
aind. svdru- 'opferpf osten' (s. Kluge« s. 359) hervorgeht. Anders
über süla u.s.w. Wood, Am. journ. of phil. 21, 181.
270. saürga. Im gegensatz zu Grienberger s. 182 bleibe
ich dabei, das g als wurzelhaft zu betrachten, obwol ich über
die verwantschaftsbeziehungen des Wortes nicht zu klarheit
gekommen bin. Falls wir an lit. sergiu, sdrgas anzuknüpfen
haben, so werden auch aksl. strega, strazX, stram heranzuziehen
sein (vgl. Mikkola, IF. 6, 349 ff. und Torbiörnsson, Die gemein-
slav. liquidametathese 1, 28 ff.). Anders über strega ils.w.
Sütterlin (IF. 4, 101 f.) und (zweifelnd) Zupitza (Germ. gutt.
s. 180, fussnote 2).
271. saups. Semasiologisch ist das wort nach Grimm
(Myth.* s. 32) zu beurteilen, lieber die ursprüngliche gestalt
der wurzel vgl. Brugmann, Grundr. 1 2, 790.
272. sels. Auch nach Meringers bemerkungen über sfls
(IF. 16, 151) halte ich Schroeders etymologie für verfehlt. M. e.
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ZUM GOTISCHEN WORTSCHATZ
307
tritt vorgerm. dl nur als germ. tl auf. Auch die beiden
erklärungsvorschläge Woods (Beitr. 24, 531 f. und Am. journ.
of phil. 24, 40 f.) sind zu unsicher.
273. sibja. Es ist ziemlich gleichgiltig, wie man das wort
erklären will, denn die Urbedeutung lässt sich doch nicht mit
Sicherheit ermitteln. Nur sollen wir es nicht, wie Grienberger
s. 184 zu tun scheint, von aind. sabhd trennen.
274. sidus. Die alte etymologie von sidus, sidön ist doch
wahrscheinlich genug, um einen neuen erklärungsversuch (vgl.
Wood, Mod. lang, notes 16, 310 f. 18, 13) unnötig zu machen.
275. sinßs. Das von Flensburg (Studien auf dem gebiete
der indog. wurzelbildung 1, 64 f., fussnote 3) herangezogene lat.
transenna ist besser ferne zu halten.
276. sipöneis. Entlehnung aus dem slav. halte auch ich
jetzt für unwahrscheinlich. Aber Grienberger s. 186 f. befrie-
digt ebenso wenig wie Much (Beitr. 17, 33).
277. siulcs. Die Verbindung von siulcs und ahd. swach mit
ahd. swehhan ist nicht, wie Wood (Publ. of the mod. lang,
assoc. of America 14, 310) meint, 'a good example of the
superiority of phonetic comparison over such as are based on
similarity of meaning', sondern vielmehr ein beispiel ganz will-
kürlicher, nur auf anklang beruhender wortvergleichung. Gegen
Wood kann es nicht genug betont werden, dass die phonetische
möglichkeit eines etymologischen Zusammenhangs bei stark
abweichenden bedeutungen keineswegs als Wahrscheinlichkeit,
geschweige denn als Sicherheit betrachtet werden darf, selbst
dann nicht, wenn diese weit auseinander liegenden bedeutungen
sich irgendwie zusammenreimen lassen, was ja fast immer der
fall ist. Ich leugne nicht, dass Wood gelegentlich unsere
semasiologische erkenntnis gefördert hat und dass einige gute
etymologien von ihm herrühren: aber in den meisten fällen
vergisst er, dass die von ihm als sicher oder wahrscheinlich
hervorgehobene möglichkeit nur eine aus vielen, nicht mehr
und nicht weniger berechtigten möglichkeiten ist. Gegen Wood
einerseits und gegen Breal andererseits behaupte ich, dass
sowol die bedeutung, wie die lautgestaltung in gleichem masse
berücksichtigt werden müssen. Die etymologische methode in
gesetzen zu formulieren ist freilich etwras unerreichbares, denn
im gründe entscheidet doch das subjective wahrscheinlichkeits-
308
UHLENBECR
geftilil. — Etwas positives über siuks und abd. stcach weiss
ich nicht vorzubringen (vgl. ausser Zupitza, Germ. gutt. s. 165
noch Scheftelowitz, BB.28,307 und Pedersen, KZ. 39, 483).
278. skaidan. AVenn man lat. caedo beiseite lässt, bleibt
kein grund übrig, weshalb wir von einer aj-wurzel (vgl. Hirt
Ablaut s. 147) ausgehen sollten. Ausführlich über die ablauts-
verhältnisse Hoffmann, FEPA2, abh. für August Fick s.42ff.
279. skalja. Eher zu lit. skeliu, skelti 'spalten' alszugr.
öxiXXm 'trockne' (vgl. Schräder, Reallex. s. 988).
280. skalks. G Hellberger s. 187 stellt skalks mit suffixalem
k (indog. g) zu skidan. Dann wäre skalks etwa so viel als
skyldr maör, aber mit anderer bedeutungsschattierung. Nur
kann ich Grienbergers erklärung wegen der anzunehmenden
ungewöhnlichen bildungsweise nicht für richtig halten. Anders,
aber ebenfalls unwahrscheinlich Wood (Journ. of germ. phü.
2, 232), der zunächst an engl, sktdk, dän. skulke, schwed. skolka
anknüpft, aber doch das /.■ als suffix betrachtet, um skalks als
'cringing fellow' erklären zu können.
281. s kam an. Es ist mir nicht ganz klar geworden, was
Grienberger s. 187 f. eigentlich mit seiner wz. *ska- 'schneiden'
meint (vgl. auch seine etymologie von skatts, das sich m. e.
viel leichter aus einer mit dental auslautenden wurzel erklären
lässt). Auch ist mir Zusammenhang von skaman mit an. skammr
trotz des doppel-m von an. skgmm 'schniach', skamma 'ver-
unehren' recht zweifelhaft.
282. skaudaraip. Unter den von Wood (Mod. lang, notes
17,10) mit raipa- (aus *roibhno-?) verglichenen Wörtern könnten
zunächst in betracht kommen: ags. rdfian [= an. reifa 'ein-
wickeln'] in der Zusammensetzung drdfian 'loswickeln', an. riß
•zusammenbinden, zusammennähen'. Sicher auszuscheiden sind
an. reifa (ausgenommen in der bedeutung 'einwickeln') und rtifr
'froh, heiter'.
283. skeinan. Krimgot. scliediit gehört nicht hierher (vgl.
zuletzt über das dunkle wort Loewe, 1F. 13, 11 f.).
284. skeirs. In meinem Et. wb. der got. spräche5 s. 133
ist air. cir nach Stokes (KZ. 37, 255) zu streichen. Mit unrecht
vermutet Stokes jetzt Zusammenhang von skeirs (das mit skeinan
auf einer c^'-wurzel beruht) mit dem im vocalismus abweichen-
den air. eäir, caer 'flaninia, pruna'.
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ZUM G0TI8CHEN WORTSCHATZ
309
285. skildus. Das urteil über die von Schräder (Real-
lex. s. 721) aufgeworfene frage muss ich den keltologen über-
lassen.
286. slcöhsl. Schräder (Reallex. s. 871 f.) vermutet als
ursprüngliche bedeutung 'der dahingegangene, verstorbene'
und beruft sich auf die analoge bedeutungsentwicklung von
aind. preta-. Ich denke aber bei dem neutrum sköhsl, das zu
ags. scacan gehören wird, vielmehr an das spukhafte sich-
herumtreiben der geister. Wider anders Mekler (rEPAS, abh.
für August Fick s. 254 f.), der ebenfalls an scacan anknüpft
aber sköM als 'das schütteln, rütteln' > 'Schüttler, rüttler'
iiuffasst.
287. skuft. Der anklang des semasiologisch weit abliegen-
den skiuban hätte Grienberger s. 190 f. nicht verleiten sollen,
skuft damit zu verbinden. — Lautlich unmöglich ist die glei-
chung apr. scebelis : got. skuft (Berneker, Die preuss. spräche
& 321).
288. skulan. Litkaltas 'schuldig', kaltl 'schuld' vertreten
die s-lose nebenform der in got. skulan, lit. sketiti, skolä u.s.w.
enthaltenen wurzel (vgl. Siebs, KZ. 37, 320).
289. slahan. Vielleicht hat das mit slahan verglichene
avest. hardc- (wozu aind. srkd-) indog. r (vgl. Scheftelowitz,
BB. 28, 305).
290. slaihts. Zu beachten ist noch Zupitza, BB. 25, 97.
Ganz willkürlich betrachtet Grienberger s. 191 f. slaihts als eine
participialbildung zur wz. *legh- 'liegen', welche bekanntlich
keine nebenform mit anlautendem s aufweist.
291. sniwan. Zunächst vergleichbar ist die schon von
Schade s. 839 herangezogene sippe von aksl. snova, snujq, (vgl.
Miklosich s. 312). Russ. snovdtl bedeutet geradezu 'schnell hin
und her gehen, huschen' (z. b. narod-to tak i snujct, odin tuda,
drugoj sjuda, Ostrovskij, Socmenija9 3, 252). Anders, aber kaum
richtig, Hirt, Ablaut s. 120.
292. snutrs. Grienbergers etymologie (s. 195) ist an-
sprechend. Die gleichung got. snutrs : gr. voc<; ist zwar
möglich, gibt aber keine rechenschaft von dem t (indog. d) in
snutrs. Mit gr. aÖQog (: aind. sändra-) wird snutrs nichts zu
tun haben.
293. sparwa. Nach Brugmann (IF. 13, 100, fussnote 1)
Beiträte ror geschieh* der deutschen sprach«. XXX. 21
310
ÜIILEKBECK
wol nicht als 1 flatterer sondern als 4 scharrer' zu deuten. Ein
objectives kriterium fehlt.
294. spill. Die combinationen von Siebs (KZ. 37, 305) sind
zu unsicher.
295. sprautö. Dasselbe gilt von Siebs, KZ. 37,303t
296. Stamms. Grienbergere erklärung (s. 198) ist in laut-
licher hinsieht bedenklich. Dürfen wir etwa aind. stimita-
'schwerfällig, träge, still, unbeweglich, nass' (woneben timita-
und eine präsensbildung timyatt) zur vergleichung heranziehen?
Germ, stam- = aind. stim- = indog. *storo-? Eventuelle balto-
slav. beziehungen von stam ms gibt Zubaty, SB. der k. böhm
ges. der Wissenschaften 16 (1895), s. 26 f. (aksl. tomiti gehört
nicht in diesen Zusammenhang, sondern zu aind. tdmyati: s. Verf.,
Et. wb. der aind. spräche s. 111).
297. standan. Hirts erklärung von *sthä- aus *stö(u>7-
(IF. 12, 195 ff.) Ist zwar möglich, aber unbeweisbar.
298. stibna. Mit recht bezeichnet J.Schmidt (Krit. der
sonantentheorie s. 133) die gleichung got. stibna : gr. öropa
wegen der begrifflichen Verschiedenheit als nicht gerechtfertigt.
Grienberger s. 199 stellt stibna zu gr. oxivm, das er fälschlich
in özi'vco zerlegt. Nur dann lässt stibna sich von der wz.
*sten- (s. mein Et, wb. der aind. spräche s. 342) ableiten, wenn
man das hypothetische vorgerm. *stcmnä durch dissimilation aus
*s/e(n)-»m-ä erklären darf.
299. stigqan. Das verbum beruht nicht, wie Wood (Publ.
of the mod. lang, assoc. of America 14, 303 f.) und Grienberger
s. 199 annehmen, auf einer ej-wurzel, sondern ist eher mit
Osthoff (Parerga 1, 363 ff.) auf eine eji-wurzel zurückzuführen.
300. stikls. Nach Grienberger s. 199 wäre stikla- ursprüng-
lich Einzelnes glasstück'. Wie verträgt sich damit die bedeu-
tung von aksl. sttklo?
301. stilan. Das in meinem Et. wb. der got. spräche2 s. 140
herangezogene keltische wort ist eher nach Stokes (IF. 12, 192 1)
zu beurteilen. Ost hoff s erklärung (Beitr. 13, 460 f.) steht dann,
so weit ich sehe, nichts mehr im wege. Andere, aber wol sicher
verfehlt, Grienberger s. 199 f. und Siebs, KZ. 37, 307.
302. stiur. Ueber kelt. *taruo-, womit Persson (üppsala-
studier s. 187 ff.) nicht gut fertig werden konnte, lehrt un>
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ZUM GOTISCHEN WORTSCHATZ.
311
Vendryes (MSL. 12,41) vielleicht das richtige (*taruo- für *tauro-
durch einwirk ung von *ueruä-, air. ferb 'kuh').
303. stöma. Die alte auffassung von stöma als -men-
ableitong von *$tha- ist doch viel einfacher als Schroetters ver-
such, stöma mit ags. stapol, ahd. staphal zu vermitteln (Zs. fda.
42, 68).
304. stubjus. Woods etymologie (Journ. of germ. phil.
2, 225 f.), welche von einer wurzel mit der bedeutung 'schlagen'
ausgeht, ist nicht einleuchtend (vgl. Beitr. 26, 308 f.).
305. sugil Wood (Mod. lang, notes 16, 306) trennt sugil
von sauil und stellt es zu ags. swegl 'himmel, sonne', swegle
'glänzend', as. swigli ' hell, strahlend'. Diese Wörter beruhen
mit swögfan, swögatjan, swegnjan, swegnifia, swiglön, swiglja
auf einer wurzel, welche sowol 'tönen' wie 'glänzen' bedeutet
(vgl. Grienberger s. 205). Ueber sugil aber zweifle ich, denn
sein g könnte derselben art sein wie das g in ahd. jugund
und dergl. (s. Bugge, Beitr. 13, 504 ff. Noreen, Urgerm. lautlehre
s. 153). Ungern entschliesst man sich dazu, den zufall für die
Übereinstimmung mit aind. svär verantwortlich zu machen.
306. suns. Falls ags. sona, ahd. sän, sär zu lat. sertis,
air. str und weiterhin zu got. seipus gehören (vgl. Wood, Mod.
lang, notes 18, 15), müssen wir got. suns wegen seines ab-
weichenden vocalismus (indog. n oder un?) ferne halten.
307. sunus. Wenn Wiedemann (BB. 27, 220) auf grund
von aind. sunöti meint, indog. *sünu- müsse den künftigen er-
zeuger, nicht wie aind. sutd- den erzeugten bezeichnet haben,
so bleibt er uns den beweis schuldig, dass sunöti überhaupt
mit sanü-, süte, savitdr- u.s.w. verwant sei. Die bedeutungen
liegen weit genug auseinander und zudem können wir, obwol
Vermischungen stattgefunden haben, su- 'auspressen' noch
deutlich als anit- wurzel, sü- 'erzeugen' als set-wurzel erkennen.
Ueber gr. vioc, das Wriedemann nahe an vti anschliesst, vgl.
Delbrück, Verwantschaftsnamen s. 77.
308. supön. Die richtige erklärung gibt Schade s. 843
(vgl. Wood, Mod. lang, notes 15, 96 und Grienberger s. 202 f.).
309. sats. Dieselbe vocalstufe liegt nicht nur in aind.
süddyati, süda-, sondern auch in lit. südau, siulyli 'salzen' vor.
Vgl für die bedeutung lit. saldüs, aksl. slculüku 'süss' : got.
salt u.s.w.
21*
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312
TTHLENBECK
310. supn. Eher mit Wood (Mod. lang, notes 16,311)
zu an. sjöör u. s. w. als mit Grienberger s. 203 f. zu mhd. $ut(t)e
(dieses wort, das auch die bedeutungen 'lache, pfütze, liölle*
zeigt, wird zu sieden gehören).
311. swarts. Zu Osthoff (Parerga 1, 94 ff.) vgl. Nieder-
mann (IF. 15, 116 ff.). Zweifelhaft ist verwantschaft von swarts,
l&t.sordes, sordidus mit \&t.suäsum 'Schmutzfleck' (aus *suard-to-?
Niedermann a. a. o. s. 120, fussnote 3). Vgl noch Brugmann,
Grundr. 1 324.
312. stveiban. Bei russ. brositX hat die bedeutung 'von
etwas ablassen, mit etwas aufhören, etwas aufgeben' sich aus
'werfen' entwickelt. Auch got. stveiban kann ursprünglich
'werfen' bedeutet haben und mit aind. kshipdti 'wirft, schleu-
dert' auf einer wz. *(k)s(u)eip- beruhen (s. darüber mein Et.
wb. der aind. Sprache s. 71). Vgl. Diefenbach (Vergl. wb. 2,357 ff.)
und Wood (Mod. lang, notes 16, 20 f.).
313. swers. Siebs (KZ. 37, 317) will swers von lit. sverti
trennen und lit. svarüs als deutsches lehuwort erklären. Und
warum das? Nur um swers und kaürus aneinanderetyniolo-
gisieren zu können! Dazu kann ich mich nicht verstehen.
Habe ich nicht recht, wenn ich sage, dass das bewegliche s
gefährlich wird? — Dass gr. *}(>a>c mit stvers zusammenhängen
sollte (Schräder, Reallex s. 25), will mir nicht einleuchten.
314. Steibis. Grienbergers erklärung (s. 205) ist nicht neu
(vgl. Schade s. 905).
315. stvikns. Grienberger s. 205 vergleicht gr. ayvug, das
er auf *ofayvo~ zurückführt, und beruft sich für den ablaut
auf got. airJcns : gr. tlp/o'c. Sehr hübsch, aber der Spiritus
asper von dyvoc, äyiog, äyog, ago//«/ ist nicht aus su, sondern
aus i entstanden (vgl. aind. yaj-). Auch ist das s von Steibis
nach ausweis der verwanten dialekte ein indog. i, weshalb
anknüpf ung an germ. *sutkanan (Schade s. 915. Wood, Mod. lang,
notes 16, 307) lautlich gerechtfertigt ist.
316. swiltan. Mit recht verwirft Siebs (KZ. 37, 315) den
gedanken an Zusammenhang mit ags. swelan (vgl. Diefenbach,
Vergl. wb. 2, 366. Schade s. 912. Brugmann, Grundr. 2, 1052.
Grienberger s. 206); nur hätte er seine eigene Vermutung nicht
drucken sollen. M. e. haben wir scharf zwischen indog. gv und
yu zu unterscheiden. Selbst wenn das s in swiltan wirklich
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ZUM GOTISCHEN WORTSCHATZ.
313
ein präfix sein sollte und wenn zwischen dem s und dem w
ein guttural geschwunden wäre — was man wol behaupten,
aber nicht beweisen kann — , auch dann hätten wir kein recht,
an indog. *gitel- anzuknüpfen. Derselbe einwand trifft mehrere
der von Siebs angenommenen etyraologien (vgl. no. 313 und
no. 318).
317. stcinps. Wenn swinps eine participiale bildung zu
got. *$waian, nl. guttaten ist, so wird ein vorgerm. *sue-nt'
anzusetzen sein (vgl. Grienberger s. 206). Daraus wäre swinps,
*sudntO' weitergebildet wie winds, *uentö- aus *ue-nt-. Ist es
aber nicht besser, swinps nach Stokes (Urkelt. Sprachschatz
s. 323) zu beurteilen?
318. stcumfsl Siebs' erklärung von ahd. swimman (KZ.
37,310) scheitert an derselben klippe wie seine etymologien von
stccrs und swiltan.
319. tains. Solmsens Vermutung (ßeitr. 27, 363) ist jeden-
falls neben der von Wood (Publ. of the mod. lang, assoc. of
America 14, 334) und Grienberger s. 207 vorgeschlagenen ety-
mologie (wozu Wiedemann, BB. 28, 53 f.) in erwägung zu ziehen.
320. tandjan. Die möglichkeit, dass wir von tttnd- aus-
zugehen haben und dass tand- und Und- durch ablautsentglei-
snng zu erklären seien, hätte ich in meinem Et. wb. der aind.
spräche s. 127 nicht so bestimmt leugnen sollen. Vgl. den auszug
aus Osthoffs Vortrag IF. Anz. 1, 82.
321. timrjan. Germ *tim(b)ra- verhält sich nach Bezzen-
berger (BB. 27, 153 f.) zu gr. öaftaQ(r) ähnlich wie gr. xojtqoq
zu aind. cdkft. Wir haben von einem neutralen r- (»-) stamme
mit der bedeutung 'gezimmer' auszugehen. Dieser ansprechende
gedanke bestätigt die an sich schon wahrscheinliche Zugehörig-
keit von *tim(b)ra- zu gr. ötfinj und entzieht der gleichung
*tim(b)ra- : aksl. dqUi, dqbrava den schwankenden boden.
322. trauan. Zu trauern, traust i, trigywa, triygtcs, tritt
vgl. die schöne abhandlung Osthoffs 'Eiche und treue' (Parerga
1,98 ff.).
323. trudan. Wie bei stigqan und tandjan möchte Osthoff
(Parerga 1, 372 f., fussnote) auch in diesem falle eine cw-wurzel
zu gründe legen. Dagegen spräche, wenn wirklich hierher zu
stellen, das von Stokes (IF. 12, 187 f.) herangezogene air. am-
drad (cun-drath) [vgl. noch Holthausen, IF. 17, 293].
314
UHLENRECK
324. tuggl Kann germ. *tw'/g1a- 'gestirn' nicht mit lit.
dtng(a) 'scheint, dünkt', dtngotis 'sich dünken' auf einer wz.
*dngh- 'glänzen, scheinen' beruhen? Mit n (nicht n) will ich
nur auf die litauische intonation hinweisen (vgl. Hirt, Akzent
s. 143). Anders über *tuiigla- Grienberger s. 210 f. (vgl. Diefen-
bach, Vergl. wb. 2, 673), über <Ting(a) Prellwitz, BB. 22, 128 ff.
325. tuggö. Es würde keine besondere kraft erfordern,
das hochaufgetürmte hypothesengebäude Fays (Journ. of germ,
phil. 3, 92 ff.) umzustürzen. Für mich bleibt die identität von
tuggö -n- mit lat. lingua (*dingua) unser einziger fester anhalts-
punkt.
326. twcifls. Die suffixgestaltung des wahrscheinlich von
der zweizahl abgeleiteten Wortes ist befremdend. Vielleicht
trifft Solmsen (Beitr. 27, 359) das richtige.
327. pähö. In der semasiologischen begründung der —
auf wen zurückgehenden? — gleich ung ])ähö : lit tdnhts
stimmen Wood (Journ. of germ. phil. 2, 217 f.) und Grienberger
s. 212 überein. Wie kann Wood sprechen von 'the reason why
this connection has not been made before', wenn er selber anf
Fickl4,442 verweist, wo fiahö mit tdnhis zu aind. tandkti
gestellt wird? Seine bemerkung 'Etymologists seem to forget'
u.s. w. ist an dieser stelle schlecht angebracht. Es scheint mir
überhaupt, dass die etvmologen eher zu viel als zu wenig mit
semasiologischen Spitzfindigkeiten aneinanderkitten. Dass ' t he
significations b, c, d may be entirely distinct from each other
and yet easily derivable from a common meaning a\ wird
jedermann zugeben, aber daraus ist doch nicht zu folgern, dass
die bedeutungen b, c, d von einer bedeutung a abgeleitet sein
müssen? Dieses zu seiner unnötigen methodologischen be-
merkung; was ])ähö betrifft, kann ich ihm nur beistimmen.
Ganz unstatthaft ist die Vermutung Schräders (Reallex. s. 866).
328. parihs. Der neueste erklärungsversuch (Grienberger
s. 213) ist nicht überzeugender als die altern (vgl. Diefenbach,
Vergl. wb. 2, 699. Leo Meyer, Got. spräche s. 135. Peters, Got
conjecturen, Leitmeritz 1879, s. 13 f.).
329. paürnus. Ob Jtaurnus von alters her ein «-stamm
gewesen sei, lässt sich nicht entscheiden, denn aksl. Mnü könnte
auch mit aind. tp\a- auf *tmo- beruhen. Deshalb ist es gewagt,
mit Flensburg (Stud. auf dem gebiete der germ. wurzelbildung
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ZTW GOTISCHES WORTSCHATZ.
1. 85 ff.) einen besonders engen morphologischen Zusammenhang
zwischen Jxiürnus und aind. tarnte, gr. tqvo» anzunehnjtiL
330. ßaürp. In meinem Et wb. der got. spräche* s. 150
ist gr. rtQffiror, rtQafivor wol auszuscheiden (s. Flensburg. Sind,
auf dem gebiete der indog. wurzelbildung L76).
331. ]>eihan. Feist ( Got. et ym. s, 120 ) und Osthoff (IF.
8, 40 ff.) meinen lit. temkit, üiii wegen des bedeutuiigsunter-
schiedes ferne halten zu müssen. Ich gebe zu. das- die Ver-
mittlung der bedeutungen einige Schwierigkeit nacht, möchte
aber doch die möglichkeit offen halten, das« sie sich irgendwie
vermitteln lassen.
332. peihs. Anders als ran Helten (Beitr. 27. 137 ff. ) halte
ich 'zu bestimmten zeiten stattfindende völlig Versammlung" für
die älteste erreichbare bedeutung von ]<"<?, weshalb für mich
kein grund vorliegt, dieses wort von pcihs zu trennen. Auch
Wood (Mod. lang, notes 19. 1) hält an di^ zusaiimjengeh<'rigkeit
von ptihs und ping fest. I>ie slav. Wörter, welche van Hellen
(a.a.O. s. 143) mit ping vergleicht sind vielmehr na< h Mikloskh
s.3501 zu beurteilen (zu slav. stellt sieh aus dem cerni
an.pungr -schwer', s, Zupitza. Germ, gutt s. 181).
333. peikö. Grienbergers etymologie (s.215j ist unwahr-
scheinlich. Warum sollten wir pafrö von aksL taoa — und
von peihan — trennen? Ursprünglich wird *tiiik-uä-n- wie
*tokk'jä die 'dichte, compacte wölken masse, gewitterwolke1
bezeichnet haben (vgl. lit. tdnkus -dicht' und als parallele
für den bedeutungsübergang 'dicht, compact" zu -wölke* aind.
ghana).
334. piubs. Dazu noch air. Uol 'dieb* (s. Stokes, IF. 12.
192 f.)? Vgl. übrigens Beitr. 27, 133.
335. piuda. Ansprechend erklärt Meillet (Etudes sur
letym. et le vocab. du vieux slave & 175) aksl. tuldl, siuidl
'aXXoTQto^ als ableitnng von einem aus got piuda entlehnten
worte. Leider ist ein slav. *tjuda, aksl. *siuiat wovon *t{j)udji,
*($)tu£df abgeleitet sein könnte, nicht nachgewiesen. Auf den
umstand 'que lette tauta designe ä date ancienne surtout un
peuple etranger' möchte ich kein gewicht legen (apr. wird
tauta für das eigene land gebraucht: en Prosiston tautan).
336. piahsjan. Das von Grienberger s. 210 und Wood
(Mod. lang, notes 16,311) herangezogene aksl. tUtka, th's'ti
3n>
Uli LEX RECK
'klopfen, schlagen' steht begrifflich zu ferne. Auch beurteilt
Wood die baltischen Wörter unrichtig, denn lit. tulköczius
'mörserkeule' verrät sich schon durch sein suffix als lehnwort
aus dem slavischen (russ. tolkdc, klruss. tovkdc) und apr. UaJm
(Euch. 52) lässt sich wegen der lautfolge kaum als einheimisches
wort auffassen (s. Berneker, Die preuss. spräche s. 184 f.).
337. prafstjan. Grienberger s. 217 möchte prafstjan eher
mit gr. TQtxo) verbinden, aber sein 'trost' als 'wendung des
gemütes' hat für mich nichts überzeugendes. Wie Cromhout
(Leidener doctoralthese 15. oct. 1900) und Osthoff (Parerga 1,
130 f.) halte ich an verwan tschaft mit TiQxo fest. Auch
übrigens ist Grienberger in seinen bemerkungen zu prafstjan
nicht glücklich. Aus dem germ. vergleicht er nach dem
zweifelnden vorgange Diefenbachs (Vergl. wb. 2, 715 f.) ags.
fröfor, as. frotra (fruodra), ahd. fluobara, ohne das anlautende
f erklären zu können. Nur dann Hesse sich diese Vermutung
aufrecht erhalten, wenn man das anlautende f durch assiinila-
tion an den inlautenden labial erklären dürfte, was ich nicht
zu entscheiden wage.
338. Pramstci Der gedanke an entlehnung von aksl.
chrastl 'scarabaeus' aus got. pramstci ist aufzugeben. Das
richtige über chra£tl lehrt Miklosich 8.91
339. prcihan. Wie ich aus Karsten (Beitr. zur germ.
wort künde s. 6, fussnote) ersehe, hat Hellquist (Ark. f. uord. Iii.
11, 318 ff.) noch eine ganze reihe germanischer Wörter ver-
glichen. Zu den aussergerm. beziehungen gehöit noch avest.
pruxta- 'zusammengedrängt' (Bartholomae, Zs. f. d. wortf. 4, 252).
Auf grund dieses iran. Wortes dürfen wir annehmen, dass die
bedeutung 'dringen, drängen' — neben 'dröhnend stossen' oder
dergl.? — in die indog. urzeit hinaufreicht.
340. prütsfill. Es ist nicht leicht, sich über die verwant-
schaft dieses Wortes endgiltig zu entscheiden: vgl. noch Karsten,
Beitr. zur germ. wortkunde s. 10 f. und Ost hoff, Parerga 1, 351,
fussnote. Jedenfalls aber gehört prütsfill mit air. trosc 'aus-
sätzig' zusammen (Stokes, Urkelt. Sprachschatz s. 139. Karsten
a.a.O. s. 11).
341. ptdan. In meinem Et. wb. der got. spräche2 s. 153
ist aksl. toliti zu streichen. Vgl. Solrasen, Beitr. 27, 367.
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ZUM GOTISCHEN WORTSCHATZ.
317
342. Jmthaurn. Wood (Mod. lang, notes 16, 307) sagt mit
recht, dass wir bei an. fijota u.s.w. nicht von 'stossen' als
irrundbedentung auszugehen haben. Ob die bedeutung 'tonen,
rauschen' auf 'schwellen' zurückgeht, bleibt zweifelhaft.
343. ßwahan. Die bedeutung 'waschen' hat sich wol
eher aus 'schlagen' (Grienberger s. 219) als aus 'abreiben'
(Wood. Journ. of germ. phil. 2, 227 f.) entwickelt. Oder spricht
an. fvdl 'seife' für die letztere ansieht? Kaum, denn es wird
nichts anderes als 'mittel zum waschen' sein. Dass sich aus
reiben' die bedeutung 'waschen' entwickeln kann, darf nicht
bezweifelt werden, und Wood beruft sich auf gute parallelen,
aber in dem falle von pteahan ist mit Grienberger vor allem
auf apr. twaxtan 'badequast' gewicht zu legen. Auch Wood
nimmt übrigens Zusammenhang an mit Wörtern, deren bedeu-
tung er zunächst auf 'schlagen' zurückführt, so dass er sich
mit Grienberger nahe berührt. Warum aber soll Jncahan und
so viel anderes in die sippe von aind. taviti gehören? Aus
•schwellen' lassen sich eben alle bedentungen ableiten und es
gibt keinen laut, der sich nicht willig in die stattliche schar
der wurzeldeterminative einreihen lässt.
344. ubils. Ausser der identität von ubils mit air. fei
(Stokes, KZ. 36, 274) können wir nichts mit Sicherheit behaupten.
Falls Johansson (Beitr. 15, 238 f.) und Grienberger s. 220 (sema-
siologisch von Johansson abweichend) das wort mit recht zu
uf (= aind. üpa) stellen, lässt ubils — fei sich, abgesehen vom
accent, noch mit aind. upala- 'stein', upala 'der obere mühl-
stein' gleichsetzen, das eine alte i-nebenform von üpara- sein
kann. Anders Wood, Mod. lang, notes 17,7.
345. ubizwa. Im gegensatz zu Grienberger s. 220 f. be-
trachte ich ubiztea als eine Weiterbildung von indog. *upcs-
(vgl. noch aind. upds- 'schoss').
346. ufartrusnjan. Die eigentliche bedeutung des ajr.
ist zu zweifelhaft, als dass wir etymologisch irgendwelche
Sicherheit erreichen könnten. Am ehesten gehört es in die
sippe von an. tros (s. zuletzt Grienberger s. 221 f.),
347. ufbauljan. Der wz. *bhcuel- 'schwellen' hat Osthoff
(Suppletivwesen s. 66 f.) den boden entzogen. Auch Wood (Mod.
lang, notes 19, 4) stellt ußauljan u. s. w. zu aind. bhdvi-, bhtt-.
348. ufrakjan. In meinem Et. wb. der got. spräche2 s.155
318
UTTLENBECK
ist lit. rhzyti zu lesen (vgl. dazu Zupitza, Germ, glitt, s. 108\
Ueber aind. rj-, ftij* handelt jetzt Geldner (Ved. stud. 3, 26 ff.\
dessen von den landläufigen anschaunngen stark abweichenden
aufstellungen eingehender prüfung bedürfen. Sollte er recht
behalten, so hätte rj-, pij- nichts mit rakjan u.s.w. zn schaffen.
349. ufta. Ich möchte meine eigene erklärung (Beitr.27.133)
derjenigen Woods (Journ. of germ. phil. 2, 214) vorziehen, denn
eine ableitung von iudog. *upo würde kaum 'dicht aufeinander
gedrängt, dicht zusammenstehend' bedeutet haben können. Auch
formell wäre *upto- nicht gut als ableitung von *upo- begreif-
lich. Und ladet ufta andererseits nicht gerade dazu ein, es
als adv. zu einer participialbildung zu betrachten?
350. ufflanjan. Warum will Grienberger s. 223 panja
nicht als indog. *totu>iö auffassen? Das von Grienberger heran-
gezogene lit. Uihus 'geschwollen' ist zweifelhaft (vgl. traniis
ieicht überflutend, anschwellend'). Um wie viel zweifelhafter
ist dann das germ. *panu-, das Grienberger construiert, um
panjan davon ableiten zu können!
351. ahtiuy. Das wort ist zu sehr der verschreibung ver-
dächtig! Grienberger s. 224 f. und Osthoff (Parerga 1, 258)
befriedigen nicht. Nur gebe ich Grienberger zu, dass wir
über die Zugehörigkeit von uhteigs zu ühtwö zweifeln können.
352. ühtwö. Warum ühtwö eher zu lit. ükstos 'bezieht
sich mit wölken' als zu lit. attkstt 'frühe' gehören sollte (Prell-
witz, HR 26, 324), leuchtet mir nicht ein. Steht ühtwö dem aind.
akttt- durch sein w nicht besonders nahe?
353. ulbandus. Osthoffs künstliche erklärung von iltqä:
als Zusammensetzung aus einem indog. *el- 'horn' und einem
dem lat. cbur entsprechenden fremdworte (Parerga 1, 281) steht
der auffassung von llt'yäq als einheimisches, mit cUyo;, lat.
albus ablautendes wort an Wahrscheinlichkeit nach (vgl. über
die wz. *tlcbh- Wadstein, Uppsalastudier s. 152 ff.). Zur lite-
ratur ist auch noch Schräder, Reallex. s. 180 ff. 405 nachzu-
tragen.
354. unbiarja. Grienbergers etymologie (s.225 f.) ist ganz
unwahrscheinlich. Van Wijk (Amsterdamer doctoralthese ll.jnni
1002) vermutet ansprechend *unhiurja.
355. ungatass. Grienberger s. 227 berührt sich nahe mit
Peters, Beitrag zur goth.-hochd. Wortforschung 1871, s. 9 ff. Mit
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ZUM GOTISCHEN WORTSCHATZ.
319
recht betrachtet Peters gatass als eine ähnliche bildung wie
*kasst und Grienberger hätte von dieser auffassung nicht ab-
weichen sollen.
356. unleds. An. IdÖ, ags. \<kÖ beruhen auf vorgerm. */c7o-.
während got. unleds, ags. unläd auf *leto- hinweisen (vgl. Grien-
berger s. 227).
357. unwerjan. Wood (Publ. of the mod. lang, assoc. of
America 14. 329 f. Mod. lang, notes 16, 307) legt den bedeutungen
ruhig, angenehm' (an. värr) und 'wahr' (ahd. war, air. ftr, lat,
virus) den begriff 'joining together' zu gründe. Leider wird
diese hypothetische grundbedeutung nicht durch tatsachen ge-
stützt Denken wir an die semasiologisch nahe stehende sippe
von triggws, so werden wir eher dazu geneigt sein, von 'fest'
oderdergl. auszugehen. Die bedeutung 'ruhig, angenehm' finden
wir nur bei an. väsrr und got. *tccrs (in *unwers\ weshalb sie
stark unter dem verdacht steht, sich erst im germ. von 'wahr,
zuverlässig' abgezweigt zu haben. Von 'zuverlässig' zu 'ruhig,
angenehm' dürfte auch kein zu grosser schritt sein. Die be-
deutung 'wahr' dagegen ist, wie aus der Übereinstimmung
mehrerer Sprachgruppen hervorgeht, zweifelsohne uralt (vgl.
noch aksl. vera 'glaube', das sich an iran. var- 'glauben' an-
schliesst).
358. ur reis an. Zu reisan, dessen s er wol mit recht als
enveiterung betrachtet, stellt Wiedemann (BB. 28, 72) lit. rytas
morgen', indem er eine ursprüngliche bedeutung '(sonnen) -
aufgang' annimmt. Aber germ. *nsanan bedeutet nicht nur
'steigen', sondern auch 'fallen' und 'auf etwas losstürzen' (vgl.
ags. risan von zerreissenden tieren gesagt), und die unerweiterte
wz. *re%-, worauf rytas beruhen müsste, bezeichnet ebenfalls
verschiedene arten der bewegung (s. Et, wb. der aind. spräche
s.249 s.v. rindti). Darum ist es ganz unwahrscheinlich, dass
rytas hierher gehören sollte.
359. urruglcs. Wegen der unsicheren bedeutung (nach
Cromhout, Leidener doctoralthese 15. oct. 1900 wäre urrugkai
— qvoti) ist von etymologischen Vermutungen (s. zuletzt Grien-
berger s. 230 und Wood, Mod. lang, notes 16,311) abzusehen.
360. us. Woods Vermutung über etwaigen Zusammenhang
mit aind. vas- 'leuchten' (Journ. of germ. phil. 2,219) gehört
in das gebiet der uncontrolierbaren speculationen. Dass die
320
UHLEXUECK
bedeutung 'to dawn' sich aus 'spring forth, rise' entwickelt
haben kann, will ich natürlich nicht leugnen. Aber vas-
kann ebenso gut von alters her ieuchten' bedeutet haben.
361. usbaugjan. Jetzt ausführlich über die ind. wz. bhuj-
'befreien, reinigen' H. Kern, Museum 10,18 t
362. usfiJma. Die möglichkeit, dass das m ein suffix sei
besteht allerdings. Damm ist es wol erlaubt, mit Solmscn
(Beitr. 27, 364) slav. *polchü zu vergleichen, ob wol man sich
bewusst bleiben soll, dass ähnliche combinationen immer einen
sehr hypothetischen Charakter behalten. Nur möchte ich das
neben *polchü stehende *popolc)tü nicht als reduplicationsbildung.
sondern als Zusammensetzung mit po- auffassen (vgl. russ. perc-
polöch neben po-poloch).
363. usflaugjan. Sichere aussergerm. beziehungen fehlen.
Zu Iii plunksna vgl. Kern, Tijdschr. voor necL taal- en letterk.
20, 244 f. und Thurneysen, IF. 14, 127 ff.
364. ushaista. Eine ansprechende etymologie ist mir nicht
bekannt: vgl. Diefenbach, Vergl. wb. 2, 506 ff. Leo Meyer, Got.
spräche s. 36. Wegen der form läge es nahe, an aind. ceshtati
'regt sich, rührt sich, treibt' anzuknüpfen. Dann wäre ushaista
ursprünglich s. v. a. nicceshta- 'regungslos', aus welchem begriffe
man wol zu 'kraftlos, schwach, dürftig' gelangen könnte.
365. usqiman. Mit dem objectsdativ bei usqiman, fra-
qiman ist der gebrauch desselben casus bei an. koma in seiner
factitiven bedeutung ('to make to come, put, bring, carry'
Cleasby-Vigfusson s. 349) zu vergleichen, was weder Delbrück
(Vergl. syntax 1, 262) noch van der Meer (Gotische casus-syn-
taxis 1, 187) beachtet haben. Bei usqiman, das ursprünglich
eine allgemeinere bedeutung gehabt haben wird (vgl. an. h>m
chm 6r landi nnd dgl.), ist wahrscheinlich eine nähere, auf den
tod bezügliche bestimmung verschwiegen worden. Denken wir
an Wulfstäns to dtade dcuman (ed. Napier s. 22), so können wir
geneigt sein, usqiman du daupau als den vollständigen aus-
druck zu betrachten, woraus der gebrauch von usqiman als
'töten' erklärt werden muss (vgl. Daniels, Kasussyntax zu den
echten und unechten predigten Wulfstans s. 69 f.). Ob wir
aber aus dcuman to dcade schliessen dürfen, dass der verhältnis-
mässig seltene accusativ bei usqiman älter sei als der gewöhn-
lich auftretende dativ, ist mir angesichts des objectsdativs bei
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ZUM GOTISCHEN WORTSCHATZ.
an. kotm recht zweifelhaft. Man könnte übrigens auch ver-
muten, dass us libainai, nicht du daufrau, bei usqiman zu ver-
vollständigen wäre.
366. usskaws. Wegen Grienberger s. 228 bemerke ich,
dass ich die emendation usskawai (hs. unshawai) und die an
ahd. scouwön anknüpfende etymologie für richtig halte. Was
Mikkola (IF. 16. 96) noch aus dem cech. anführt, ist zu
unsicher.
367. uspriuian. Die Zugehörigkeit von air. tromm 'schwer'
ist unsicher (vgl. einerseits Stokes, Urkelt. Sprachschatz s. 139.
Verf., Beitr. 26, 571, andererseits Zupitza, KZ. 36, 243, fussnote).
Ueber die grundbedeutung von frriutan handelt Karsten, Beitr.
zur germ. wortkunde s. 10 f.
368. ut. Wood (Journ. of germ. phil. 2, 218 f.) stellt zu
indog. *üd- 'aus' noch die sippe von got. tvatö. Nun lässt
sich von der bedeutung 'aus' der begriff des hervorquellens
wol ableiten, aber wer sagt uns, dass *twdör eigentlich 'das
hervorquellende' bezeichnet habe? Aind. undtti, worauf Wood
sich beruft, ist doch nicht an erster stelle 'spring up, bubble
up, flow', sondern vielmehr 'benetzen' (nur Rv. 10, 149, 2
ydträ samudrd shabhitö vy tiunad kommen wir mit 'benetzen'
nicht aus). Ist es nicht vorsichtiger, in *uodör ein uraltes
wort für ' wasser' anzuerkennen und das nur im indischen
belegte verbum als denominativum zu betrachten? Wahr-
scheinlich aber war der stamm *uned- schon in der Ursprache
vorhanden, denn der nasal von lit. vandü u.s.w. lässt sich am
besten durch den einfluss des mit nasalinfix gebildeten verbums
erklären.
369. wadi. Die gleichung wadi : widan (Diefenbach, Vergl.
wb. 1, 140 ff.) ist nicht so unanfechtbar, wie Aleringer (IF. 16,
177 f.) zu meinen scheint, denn germ. a = lat. a ist jedenfalls
äusserst selten in der c- reihe und es liegt viel näher, wadi
mit lat. vas (yadis) auf indog. *uadh- oder u3dh- zurückzuführen,
als das germ.-lat a aus einem reductionsproduct von indog. c
zu erklären. Oder vermutet Meringer zwischen wadi und lat.
ras ein ablautsverhältnis, indem er das o von wadi auf indog. o,
dasjenige von lat. vas dagegen auf ein reductionsproduct von e
zurückführt? Dies wäre allerdings erlaubt, denn dass es ein
lat. a gibt, das eine Schwächung von e repräsentiert, ist nicht
322
UHLENBECK
zu leugnen. Ist es aber nicht viel wahrscheinlicher, dass das
a von wadi mit demjenigen von lat. vas und Iii vadüti auf
einem und demselben laute beruht? Dann ist Zugehörigkeit
zur e-reihe bei unserer mangelhaften kennt nis des indog. voca-
1 Ismus freilich nicht ausgeschlossen, aber doch in hohem grade
unwahrscheinlich. Dies alles hätte Meringer erwägen sollen,
ehe er seine zuversichtliche behauptung, germ *wadja- sei
vom blockbau auf den handel übertragen (!), niederschrieb.
Man hat sich beeilt, Meringers aufsatz 'Wörter und Sachen'
als in methodologischer hinsieht wichtig zu bezeichnen, aber
ich muss gestehen, dass ich darin — von guten einzelheiten
abgesehen — keinen fortschritt der etymologischen methode
erblicken kann. Dass, wo wir es mit bezeichnungen von
sachen zu tun haben, diese Sachen selbst unsere aufmerksam-
keit erfordern und dass etymologisches Studium ohne tieferes
eindringen in die realia des altertums und der gegenwart un-
denkbar ist, darf doch nicht gerade als eine neue entdeckung
Meringers gelten. Hätte er unsere methode wirklich fördern
wollen, so wäre es erspriesslicher gewesen, bei seinen eigenen
Untersuchungen streng und methodisch zu verfahren. Das aber
hat er in dem vorliegenden aufsatze nur ausnahmsweise getan,
ja bisweilen überschreiten seine Schwärmereien alle schranken
der ernsthaften wissenschaftlichen forschung (ich denke z. b.
an seine rein phantastische darstellung der bedeutungsentwick-
lung der wz. *j*en- IF. 16, 179 ff.). Auch im falle von wadi
hat Meringer, wie ich schon dargetan habe, unsere erkenntnis
nicht gefördert Leider gilt dasselbe von Fick (BB. 28, 105)t
der auch an eine e-wurzel anknüpft — freilich an eine andere
als Meringer — , ohne sich von den damit verbundenen laut-
lichen Schwierigkeiten rechenschaft zu geben. Was die sippe
von wadi betrifft, ist das einzige resultat, das die etymologische
forschung in den letzten jähren erzielt hat, ein negatives:
Zupitza (KZ. 37, 405 f.) hat nämlich deutlich gezeigt, dass der
gedanke an Zusammenhang mit gr. asfrXov unbedingt aufzu-
geben ist.
370. waggar eis. Scheftelowitz (BB. 28, 157) irrt, weun
er das g- von got waggareis für den Vertreter einer labio-
velaren media aspirata hält. Hätte er sich das Verhältnis von
gr. opgtq zu got. siggwan vergegenwärtigt, so wäre es ihm
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ZUM GOTISCHEN WORTSCHATZ.
323
nicht eingefallen, aeol. afMfnv mit got, *waggö zu verbinden.
Auch die bedeutungen stimmen nicht (das gilt auch von armen.
gang 'schädel, hinterkopf).
371. wai. Nach Bezzenberger (BB. 26, 168) wäre gr. öi^vg
hierher zu stellen. Aber was ist dann das anlautende o und
was das d von *6fidjvg? Das griechische wort wird eine von
wai unabhängige onomatopoetische urschöpfung sein.
372. waihjö. Grienberger s. 234 zweifelt zwischen ai
und ai Das finn. wird aber in dieser frage ein wort mitzu-
reden haben (s. Karsten, Nord, studier, Uppsala 1904, s. 51 ff.).
373. tcaila. Die grundbedeutung von aind. velä ist zu
unsicher, als dass wir es mit einiger Zuversicht mit got. tvaila
(Brugmann, IF. 15, 99 ff.) vergleichen dürften. Jedenfalls aber
möchte ich nicht gern mit Meringer (IF. 10, 149 ff.) waila von
ahd. wela u.s.w. trennen [vgl. noch Brugmann, IF. 16, 503 f.].
374. wainags. Wood (Mod. lang, notes 16, 23) wirft allerlei
durcheinander (vgl. Beitr. 27, 135). Wir haben nicht den ge-
ringsten grund dazu, wainags von einer wurzel mit der bedeu-
tung 'turn, drive, pursue' abzuleiten. Da wäre die von der
interjection wai ausgehende etymologie noch wahrscheinlicher!
375. wairilös. Die lippen könnten nach der tätigkeit
des schliessens benannt sein, so dass ivatrilös als eine ableitung
der wz. *uer- 'schliessen' in aksl. vh-q, lit. veriü, lat. aperio,
operio aufzufassen wäre. Anders Grienberger s. 236 (der da-
gegen wairdus als den 'beschliesser' erklären möchte).
376. wairs. Got. wairs, wairsiza haben so ziemlich die
entgegengesetzte bedeutung von aind. vdrshiyän (wozu mein
Et. wb. der aind. spräche s. 276), weshalb man nicht leicht auf
den gedanken kommen wird, die Wörter mit einander zu ver-
binden. Man bedenke aber, dass die bedeutung 'schlimmer'
sich aus 'zu hoch, überflüssig' oder dergl. entwickelt haben
könnte. Wenn wir von dem s in watrs keine rechenschaft
zu geben hätten, läge es gewis näher, aksl. gorij 'schlimmer'
heranzuziehen (vgl. schon Diefenbach, Vergl.wb. 1,191), welchen-
falls das w wie in ahd. warm als Vertreter von indog. gvh zu
erklären wäre. Noch anders Wood, Mod. lang, notes 17, 7. Ganz
veraltetes bei Leo Meyer, Got. spräche s. 173 f.
377. waldan. Hoffmann (rEPA2, abh. für August Fick
s. 58) scheint das d von waldan auf indog. dh zurückzuf iihreu,
324
ÜHLENBECK
was wegen des an. praet. olli unstatthaft ist. Auf grund von
an. olli und air. flaith möchte ich jetzt die ganze baltoslav.
sippe als in sehr alter zeit aus dem germ. entlehnt betrachten.
Anders Wood, Journ. of germ. phil. 2, 220.
378. walus. Vgl. noch Bezzenberger, BB.23, 318. Diese
stelle hätte ich in meinem Et. wb. der got, spräche2 s. 166 ver-
werten sollen.
379. wamba. Die an aind. gabhd- (Pedersen, BB.20,238)
und slav. *gaba (Beitr. 22, 192) anknüpfende etymologie ist
semasiologisch ansprechender als 'Woods vergleich von aind.
vapd 'eingeweidehaut, netzhaut' (Mod. lang, notes 15, 98).
380. wamm. Grienbergers auffassung von wamm als medio-
participiale bildung, vielleicht zu der in wans vorliegenden
wurzel (s. 237), ist lautlich und begrifflich anfechtbar. Eher
gehört tvamm zu indog. *ueme- 'sich erbrechen' und haben wir
von der bedeutung 'spucke' auszugehen. Was hat Grienberger
eigentlich dagegen?
381. wandus. Seit Meringer (vgl. oben no. 61) uns gelehrt
hat, in tvindan eine wz. *uendk~ zu erkennen, ist die Wahr-
scheinlichkeit, dass wandus mit windan zu verbinden sei.
erheblich grösser geworden. Eine semasiologische parallele
bietet uns walus (Et. wb. der got. spräche1 s. 166).
382. waurdahs. Gewis nicht mit Grienberger s. 238 als
bahuvrlhi aufzufassen! Es ist natürlich eine ähnliche bildung
wie an. oröigr und ags. wordij.
383. weihs. Jetzt schliesse ich mich in der erklärung
von weihs 'heilig' unbedingt an Osthoff (IF. 6, 39 ff.) an. Vgl.
noch Wood, Mod. lang, notes 18, 16 (der mit unrecht ags. was,
as. weg von got. waddjus trennt).
384. weihs. Sommer (Handb. der lat. laut- und formen-
lehre s.263) stellt lat. villa (*uexkslä-?) zu got. weihs (gen.
weihsis) 'flecken, dorf. Villa lässt aber auch eine andere
erklärung zu (s. Zimmermann, IF. 15, 123).
385. weinabasi. Grienbergers erklärung von basi als
'naektf nicht' (s. 239) will mir nicht einleuchten.
386. weinuls. Da got. wcinuls nicht verbaler herkuuft
sein kann, meint Grienberger s. 239, so seien auch die übrigen
adjectiva dieses typus von substantiva abgeleitet — eine
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ZUM GOTISCHEN WORTSCHATZ.
325
Schlußfolgerung, welche ich keineswegs als zwingend anerkenne
(vgl. Brugmann, Grundr. 2, 195).
387. wcitwöds. Fick (BB. 28, 105) sieht in weituöds eine
Zusammensetzung mit der bedeutung 'wisseu verbürgend'.
Leider ist uns weder ein got. *weita- 1 wissen' noch ein mit
wadi ablautendes *tcöda- 'verbürgend' überliefert. Warum
sollten wir die alte erklärung von weittvöds als part. praet.
act. aufgeben?
388. wigadeinö. Im gegensatz zu Grienberger (s. 240)
betrachte ich mit Brugmann (Kurzgef. vergl. gramm. s. 303)
und älteren gelehrten das wort als eine Zusammensetzung.
389. wigäna. Mit Cromhout (Leidener doctorthese 15. oct.
1900) in *gaicina (d. h. *gatvinna = ags. dat. gewinne) zu
ändern?
390. wiljahalpei. Zu got, Vialps stellt Zupitza (BB.25,99)
noch lat. ausculto. Eine der schönsten etymologien der letzten
jähre.
391. winnan. Meringers ausführungen über winnan und
seine verwante (IF. 16, 179 ff.) sind ein abschreckendes beispiel
dafür, wohin subjective Willkür selbst den geschulten Sprach-
forscher verführen kann. Es ist charakteristisch für sein ver-
fahren, dass die bedeutungen 1 ackern', aus welcher er alle
andern bedeutungen ableitet, und 'coire', woraus sich zunächst
ieidenschaft, wonne, liebe, freundschaft' entwickelt haben sollen,
durch keine spräche erfordert werden (ein leser des Meringer-
schen aufsatzes machte die bemerk ung, dass der coitus vielmehr
eine folge, als die Ursache der Ieidenschaft ist!). Man glaubt
aber seinen äugen nicht, wenn Meringer sogar zu sagen weiss,
welche bestimmte art des ackerns ursprünglich mit *uen- ge-
meint sei: 'das anbohren des bodens mittelst eines spitzen holzes
...und darauf folgendes aufreissen des bodens'. Und worauf
beruht diese ganz genaue bedeutungsbestimmung? Ausschliess-
lich und allein auf dem umstände, dass ein anklingendes wort
im aind. 'bäum, holz' und dergl. bedeutet! Hoffentlich wird
Meringer bald von den irrwegen seiner märchenweit in die
bahnen der strengen Wissenschaft zurückkehren. Dass er auch
etwas tüchtiges zu leisten vermag, hat er oft genug gezeigt,
ja selbst durch das dichte gewölk seiner 'Wörter und Sachen'
blinkt gelegentlich ein strahl des klaren Urteils.
Beiträge zur geschickte der deutschen spracht. XXX. 22
326
CHLENBECK
392. tcintrus. Ein mit got. tcatö ablautendes indog. *vend-
(<L L *ued- mit nasal in fix) ist allerdings möglich, aber doch darf
Lidens etymologie (Beitr. 15, 522) nicht für sicher gelten, denn
wie lässt sich wahrscheinlich machen, dass tcintrus ursprüng-
lich 'Wasserzell' bedeutet habe? Jedenfalls verdient die Ver-
mutung, tcintrus sei als 4 weisse zeit' zu fassen und mit galL
vindo-, air. find zu verbinden (Kluge6 s. 426), neben der Liden-
schen erklärung erwogen zu werden.
393. wis. Wood (Mod. lang, notes 18, 16) und Wiedemann
(BB.28,67f.) stellen tcis unmittelbar zu tcisan 'sein, bleiben,
verweilen' (vgl. Diefenbach, Vergl. wb. 1, 227 f.), was richtig
sein kann. Vielleicht ist aber Karstens deutung von tcis als
'glänzende, spiegelhelle meeresfläche > meeresstüle' zu aind.
vaB' 'leuchten' (Beitr. zur germ. wortk. s. 30 ff.) jeder anderen
erklärung vorzuziehen [dagegen Brugmann, IF. 17, 319 f.].
394. tcisan. Sollten die beiden got verba tcisan wirk-
lich nichts mit einander zu tun haben? Vgl. Wiedemann
BB. 28, 68.
395. tcizön. Mit Cromhout (Leidener doctorthese 15.oct.
1900) ist wol anzunehmen, dass tcizön eigentlich 'sich belustigen'
bedeutet und sich also nahe an gawizneigs im 'ovvrjöofiai' und
tcisan 'ivtfQau to&ai1 anschliesst Wie man aber über tcizön
u.s.w. urteilen mag, jedenfalls ist die Zugehörigkeit von lat.
vescor äusserst fraglich (vgl Niedermann, IF. 10, 251 ff. Brug-
mann, IF. 13, 161).
396. tclizjan. Gegen Grienbergers etymologie (s. 243)
spricht vor allem das z, das sich nicht aus ss, vorgerm. ts (d-s)
erklären lässt
397. tcöds. Ich bleibe bei der darstellung in meinem Et.
wb. der got spräche5 s. 174. In *wödana-z sehe ich — anders
als Grienberger s. 243 — ein altes appellativum mit der be-
deutung 'geistig verzückter' (vgl. lat. vätes und air. fdith). Es
ist offenbar mit dem suffix -ono- (woneben -eno- in an. 09m)
von der wz. *uät- abgeleitet, welche mit *ue- 'wehen' nichts
zu tun hat,
398. wöpeis. Grienbergers gleichung tcöpeis : iusiza (s. 244)
ist in jeder hinsieht unhaltbar.
399. wraiqs. Das mit wraiqs gewöhnlich identifizierte gr.
fatßoq könnte auch auf *sraigvö- beruhen und mit lit srtijp
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ZUM GOTISCHEN WORTSCHATZ.
327
'Schnecke' verwant sein (s. Brugmann, Grundr. P, 189 f.). —
Die ausführungen von Peters (Got. conjecturen, Leitmeritz 1879,
s. 9 ff.) sind verfehlt. Afries. tvräk beweist die richtigkeit der
gotischen Überlieferung.
400. tcratön. Mit recht bemerkt Wood (Mod. lang, notes
16,308), dass verwantschaft von wratün mit ags. wrotan u.s.w.
nicht zu bezweifeln ist. Nicht so sicher ist die von ihm vor-
geschlagene aussergerm. anknüpfung.
401. wulpus. Es liegt doch viel näher, in wulpus u.s.w.
ablautsbildungen zu waldan zu erblicken — das d von waldan
ist ja wegen an. olli auf indog. t zurückzuführen! — als mit
Grienberger s. 247 f. zu lat. vultus und volo seine Zuflucht zu
nehmen.
LEIDEN, frühsommer 1904. C. C. UHLENBECK.
22*
GERMANISCH 'HUNIZ 'SCHWARZ'.
In den Germanistischen abhandlungen (H.Paul dargebracht)
hat J. Hoops (s. 178 ff.) ein germanisches adjectivum hün (*hünti)
'dunkel, braun, schwarz' erschlossen, und ich habe in den Hess. *
blätt. f. Volkskunde 2, 83 f. das vorkommen dieses adjectivums
in alten orts- und flussnamen *) nachzuweisen und dadurch H.'s
annähme zu stützen versucht. Mehrere zustimmende Äusse-
rungen sind daraufhin an mich gelangt; von anderer seite wurden
allerdings auch bedenken ausgesprochen und die belege für
noch nicht ausreichend erklärt, das wort zu sichern. Ich glaube
nun demgegenüber doch, dass gerade die angeführten flussnamen
eine recht starke stütze des wortes sind. Dass das früher
allein bekannte germ. hün 'hoch' zur erklärung dieser namen
ganz unbrauchbar ist, liegt auf der hand; das neue wort da-
gegen ermöglicht eine völlig einwandfreie deutung derselben:
die bezeichnung 'schwarzes wasser' ist als name von ge wässern
aller art durchaus nichts ungewöhnliches, sondern überall und
zu allen Zeiten häufig. Vgl. die Zusammenstellungen Osthoffs
in seinem aufsatz über den namen des Neckar, Frankfurter
zeitung 1903, 24. febr.2)
Wer aber daran anstoss nimmt, dass belege für dieses
hün nicht auch aus späterer zeit gegeben werden können, der
bedenke, dass gerade orts- und flussnamen uns auch sonst
öfters worte erhalten haben, die in historischer zeit nicht mehr
») Die wichtigsten sind: * Hünapa (Honnepe, nebenfluss der Ijssel;
Honepe in Gelderland, Honnef, kreis Siegburg), +Hünoutca (Hunau, nebeo-
flnss der Sorpe; Hörnte nebenfluss der Kühr; Haun, nebenfluss der Fulda
und gleichnamige orte), Hunnebrock, reg.-bez. Minden, Hünepül bei Xanten,
(1259), Homoigen in Baiern. Genauere angaben finden sich a.a.O.
") Auch Kvavij (sc. 7117/17), name einer quelle bei Syrakus, gehört
hierher.
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OERMANISCH IIUN1X.
329
in lebendigem gebrauch waren, und dass uns deshalb bei einem
teil derselben auch heute noch die bedeutung ebenso unbekannt
ist, wie es bei hün bis vor kurzem der fall war.
Auch etymologisch ist hun durchaus nicht isoliert. Schon
Hoops hat auf verwan tschaft mit gr. xvavoz hingewiesen; er
geht also aus von einer zweisilbigen schweren base (vgl. Hirt,
Indog. ablaut s. 42 ff.) *kewö, von welcher das griech. wort die
von Hirt als RSb bezeichnete stufe repräsentiert. Das germ.
hrm und ebenso das von mir a.a.O. s. 84 in den namen Cuno-
harrus, Cunopennus vermutete kelt. hlnos 'schwarz' sind als
die RSa-stufe derselben base zu betrachten1); die zweite voll-
>) Neuerdings wird von Much (Genn. himmelsgott s. 210) und anderen
der name Hercynia (*Perkunia) als ein compositum erklärt, dessen erster
bestandteil das verstärkende per- ist (vgl. lat. permagnus); der zweite be-
s tandteil wird dann zu kelt. künos 'hoch' gestellt; der name würde dann
also 'das sehr hohe gebirge ' bedeuten. Vorausgesetzt, dass die abtrennnng
überhaupt richtig ist, könnte dem zweiten bestandteil aber lautlich ebenso
gut dies zweite kelt. kiinos zu gründe liegen. Auch die bedeutung könnte
passen. Dass die bezeichnung des mittelgebirges als des dunkeln im gegen-
satz zu dem 'weissen' hochgebirge, den Alpen, besonders treffend wäre, hat
schon Much a.a.O. s.208 hervorgehoben; zu den dort genannten gebirgs-
naiuen ist nun auch noch hütüiart (Hoops a.a.o. s. 178) zu stellen. Die
Bezeichnung 'das hohe' scheint dagegen für das mittelgebirge weniger
geeignet zu sein. Dem gegenüber inuss aber darauf hingewiesen werden,
dass der name Perkunia vielleicht bei einem volke aufkam, das höhere und
vor allem weisse schneebedeckte berge nicht kannte. In diesem fall wäre
aber auch beim mittelgebirge die benennung 'das hohe ' völlig verständlich.
Got. fatrguni 'berg' käme natürlich für unsere frage nicht in betracht, wenn
es wirklich ein lehnwort aus dem kelt. wäre. Aber die annähme dieser
eutlehnung ist angesichts der nord. namen Fjprgyn und Fjprgynn und des
lit Perkunas meines erachtens nicht haltbar. Hier muss altes germ. sprach-
gut voriiegen. Eine entscheidung unserer frage bringt aber auch das germ.
material leider nicht; immerhin würde man wol ein germ. +fergunjam mit
der ganz allgemeinen bedeutung 'der berg' am liebsten als 'das hohe' er-
klären. Als name des gewittergottes liesse sich sowol 'der sehr hohe' als
auch 'der dunkle' verstehen, während für die benennung der weiblichen
Fj?rgyn als einer erdgöttin die benennung 'die sehr dunkle' näher zu liegen
scheint. Aber ist sie denn deshalb, weil die skalden Fjgrgyn für jgrd ein-
setzen, wirklich schlechtweg eine erdgöttin, oder soll der name nicht viel-
mehr die berggöttin bezeichnen, wobei dann irgend welche erinnerung an
die ursprüngliche sinnliche bedeutung des wortes nicht mehr ins spiel käme?
— Und endlich, wie gesagt, ist überhaupt die abtrennnng per-kut\ja richtig
und notwendig? Ich lasse deshalb im folgenden diese ganze Wortsippe
bei seite.
330
HELM
stufe liegt in lit. sjsvtnas 'blei' vor, das zugleich über den
Charakter des anlautenden gutturals auskunft gibt.
Mit dieser base lässt sich noch etwas weiter kommen.
Die vollstufe I mit dem qualitativen ablaut -o- musste im germ.
hau- ergeben, das mir in dem allerdings sonst in einen anderen
Zusammenhang gestellten got. hauns 'niedrig' und den damit
verwanten germ. Worten (got. haunjan, hauneins, ags. hean,
hynan, ahd. höni, hönen u.s.w.) vorzuliegen scheint. Ich sehe
keinen grund, mit Kluge (Et.wb. s. 178) daran zu zweifeln,
dass wir für dieses wort von der sinnlichen bedeutung 'niedrig'
auszugehen haben; denn die sinnliche bedeutung musste der
abstracten notwendig vorausgehen, nur muss, wie die Überein-
stimmung der germ. sprachen und das lett launs (s. u.) zeigt,
die abstracte bedeutung in unserem fall sehr alt sein.
Auf dieselbe base und zwar wie hün und Jcünos auf deren
stufe RSa führe ich endlich noch lat. cunae zurück, als dessen
grundbedeutung schlechtweg 'das lager' zu gelten hat.
Ist die Zusammenstellung von hün mit got. hauns richtig,
so muss jenem natürlich eine ähnliche bedeutung wie diesem
zu gründe liegen. Ist das denkbar? d.h. ist ein bedeutungs-
wandel 'niedrig, tief > 'dunkel, schwarz' wahrscheinlich oder
erklärlich? Die frage lässt sich unbedenklich bejahen; denn
die beiden Vorstellungen des dunkels und der tiefe stehen sich
bekanntlich hinsichtlich ihres gefühlswertes selir nahe, und die
verschiedensten sprachen geben uns zahlreiche beispiele dafür,
dass das dunkle als tief1) bezeichnet wird. Wir sprechen im
deutschen von tiefer nacht (franz. nuit 1 pro fon de), tiefem dunkel,
tiefem schatten (s. DWb. 11,483. 485), von der tiefe der färben
(ebda. s. 489), und haben die adjectivischen composita tiefblau,
tief braun (ebda. s. 486), tiefschattig, tiefschwarz (ebda. s. 492).
Der Voc. teut. Nürnberg 1482 interpretiert lat. tettr durch
tief oder vinster. Engl, deep kann direct 'dunkelfarbig' be-
deuten, deepen heisst 'eine färbe dunkler machen', vertiefen.
Aus dem schwed. vergleicht sich djupblä. Im griech. begegnen
die Wendungen ßa&tla oxia, ßa&tla oulx^rj, ßa&v oxoroq, hl
») Seltener ist die entsprechende bexeichnung heller färbe als 'hoch';
vgl. hochrot, hochiidU (clarissiunis; DWb. 4, 2, s. 1625), hohe färben (ebd*.
s. 1599); dän.Zwyred; schwed. hogrod; engl, high-red, high-coloured (lebhafte
färben habend).
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MANISCH HÜSIZ.
331
ßa&vrarov dxocxtä&iv, die adjectiva ßa&voxiog und ßa&x'ivog
(obscurus), und die glossen ßa&v ' piXav, ßa&el^q ■ fieZatvTjq (ge-
naueres im Thes. graecae linguae 2, sp. 35. 36. 37). Vgl. auch
Singer, Zs. f. d. wortf. 3, 235.
Mit der annähme der Zugehörigkeit von got. hauns zur
base kewö werden zwei bisher aufgestellte etymologische
gleichungen hinfällig. Erstens kann die urverwantschaft von
hauns und lett kauns, lit, kuve'tis nicht mehr aufrecht erhalten
werden; die baltischen worte müssen vielmehr auf alter, vor
der lautverschiebung liegender, entlehnung aus dem germ. be-
ruhen.1) Dadurch wird lett hauns ohne weiteres erklärt. Für
kuvhis dagegen müssen wir annehmen, dass es nach analogie
anderer verba abgeleitet ist von einem aus dem germ. ent-
lehnten adjectivum künas ('niedrig'), bei welchem das n als
ableitungssuffix empfunden und deshalb vor der verbalbildung
abgeworfen wurde.5) In der Stellung vor vocal musste daraufhin
das ß des Stammes in uv übergehen (vgl. Wiedemann, Handb.
der lit. spräche § 58), das dann verallgemeinert wurde. — Eine
andere annähme, dass nämlich das wort ursprünglich kunötis
geheissen, aber unter anlehnung an drovetis 'sich schämen'
sein n durch v ersetzt habe, scheint mir nicht haltbar zu sein,
weil dabei die kürze des u unerklärt bleibt.
Zweitens ist des ablautes wegen gr. xawog von unseren
Worten zu trennen, da bei den -mö-basen ein griech. av un-
möglich ist. Das adjectivum muss vielmehr mit xalm (*xatw,
xaJm) zu der schweren base käw*) gestellt werden; vgl. auch
Schulze, Zs. t vgl. spracht 29, 97.
Andererseits lässt sich jedoch der kreis der worte, die
mit unserem hün u.s.w. zusammengehören, noch bedeutend
erweitern. Die base, von der wir ausgegangen sind, entspricht
l) Diesen Sachverhalt hat schon Hirt, Bezzenb. Beitr.24,268 vermutet.
Vgl. auch Kretschmer, Einleitung in die geschiente der griech. spräche
s. 108 f.
«) Zu vergleichen sind falle wie silp\nas - 8Up\ti, ta\tuu - kel\ii
(8. Brogmann, Vgl. gramm. 2, 1, §66, s. 139); ttk\inaa — tckäi (Kurschat,
Gramm, der lit, spräche § 351, 3).
^ Gehören dazu nicht vieUeicht auch (als R-stufe) lat. cävus ( < *covus),
gr. *d/o<? Die bedeutung 'hohl' würde sich gut erklären als 'durch fener
ausgehöhlt'.
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332
HELM
nämlich laut für laut der von Hirt1), Indog. ablaut § 386 be-
handelten base iieicö 'anschwellen'. Es ist nun gewiss unmög-
lich, dass wir fürs indogermanische zwei basen als ursprünglich
annehmen, die lautlich völlig übereinstimmen, aber genau ent-
gegengesetzte bedeutung ('anschwellen, hoch werden' und
'niedrig werden') haben. Die doppelheit, die uns in den
historischen sprachen begegnet, muss vielmehr ihre erklärung
in einer ursprünglichen einheit finden; d.h. wir müssen als
ursprünglich eine einzige base ansetzen mit einer neutralen
bedeutung, aus der sich durch differenzierung die beiden
späteren bedeutungen entwickelten. Die allein mögliche der-
artige grundbedeutung ist in unserem fall die: sich in grösse
oder läge in irgend einer richtung verändern. Sobald mit
einzelnen Worten die Vorstellung einer bestimmten richtung
verbunden wird, beginnt die differenzierung. Man kann sich
den Vorgang gut an jüngeren einzelsprachlichen Vorgängen
klar machen. Das deutlichste beispiel bietet wol germ. risan,
das ursprünglich die bewegung von unten nach oben und die
von oben nach unten bezeichnet. Auch im mhd. kann es noch
für beide richtungen verwendet werden, es überwiegt aber
schon sehr die Vorstellung des 'sich senkens', und mit den
anderen deutschen von demselben stamm abgeleiteten Worten
ist diese Vorstellung ausschliesslich verbunden (vgl. rise, risclen,
betterisc\ während umgekehrt durch engl, rise nur noch die
Vorstellung des aufsteigens ausgedrückt wird. Ich erinnere
ausserdem an lat. altus, das je nach der richtung, die der
sprechende im auge hat, 'hoch', 'weit' oder 'tief bedeutet;
ferner an die indog. wurzel stigh 'schreiten', und das darauf
zurückgehende germ. steigern, das durch das hervortreten der
niveau- Vorstellung eine speciellere bedeutung erhalten hat
aber doch auch im nhd. noch insofern wenigstens neutral ist,
als es zwar meist die bewegung des aufwärts schreitens be-
zeichnet, daneben aber in bestimmten fällen auch noch die
bewegung des abwärts schreitens auszudrücken vermag, z.h.
in die tiefe steigen, ins grab, in eine grübe, in einen schadü
steigen u. a.
l) Zu vergleichen ist noch Hoops a. a. o. s. 175. Much, Der germ.
üimmelsgott s. 209 f. Reichelt, Der secundäre ablaut, Z8.f.vgl.sprachf.39,23.
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GERMANI8CH UUN1Z.
333
Aehnlich wie bei risen in ein und derselben spräche die
doppelte bedeutung auf die dauer nicht haltbar war, sind auch
in der auf indog. Jcewö zurückgehenden Wortsippe die beiden
durch differenzierung entstandenen sinnlichen bedeutungen
nirgends nebeneinander lebenskräftig geblieben, ja in den
meisten sprachen hat sich keine derselben in ursprünglicher
weise erhalten. Wirkliches fortleben zeigt sich fast aus-
schliesslich in den Übertragungen auf nicht räumliche gebiete.
Ich gebe nachstehend ein Schema, wie wir uns den be-
deutungswandel nach dem gesagten vorzustellen haben.
Indog. &eicö
(sich in grösse oder läge in irgend einer richtung verändern)
. .
gross werden klein, niedrig werden
' 1 — — — — *s . ■ - ■ s
in rein sinn- übertragen: = in rein sinn- tibertragen auf
licher bedeutung mächtig u. s.w. lieber bedeutung das gebiet der
färbe : griech. lit.
kelt. germ. (xra-
voq, 8ZvTna8,
künos, hflniz).
übertragen auf das
gebiet des moralischen :
germanisch (und balt.
lehnwörter ans d. ger-
manisch.): hauns, höhn
(kaum, kuvetis).
die sinnliche bedeu-
tung in den histor.
sprachen fast ganz
untergegangen.
GIESSEN, 12. dec. 1904
KARL HELM.
AUS DER GESCHICHTE DES ADVERBS.
In Hartmanns Arm. Heinr. schildert das mädchen seinen
eitern, welch trauriger zukunft sie beim tode ihres herren
entgegenzusehen habe; die eitern könnten sie nicht ausstatten,
und müssten sie in eine ehe geben, wo es ihr beschieden sei
aUe swacJte zu leben, dass ich tu lieber wcere tot (v. 755). Ich
habe mich gewundert, über diese mir aus einem nahe ver-
wanten Sprachgebiet ganz geläufige construction da, wo ich sie
zunächst suchte, keine bessere auskunft zu finden.1) Im mnl
begegnet sie nämlich sehr häufig, und es ist oft über sie ge-
handelt worden, hauptsächlich von Verdam, zuletzt in seinem
Mnl. wb. 4, 576 f., wo er über 00 belege gibt der art wie nü-
mant die [dativ] mi liever duecht ende eere geschiede dan «
'niemand, dem ich lieber gutes und ehre erwiesen sähe als
euch'; ic bin my liever doot dan hi; si [sc. die leiteten] sijn
mi liever verloren dan men wiste . . . mire vrouteen ver-
hoelnhede; liever haddi hem gestveghen 'lieber hätte F. gehabt,
dass E. geschwiegen hätte'; hi hadde hare liever gewesen ries
dan hi so langhe lach in gebede; dat hem moeder ende vader
liever voeren — hindertrert vcle 'dass er lieber hätte, nmtter
und vater giengen zu gründe'.5) Ich füge noch folgende stellen
hinzu: Renout200 (mit anmerkung). Walew. 5051. 9203. Brab. Y.
») Wackernagel merkt in seiner ausgebe nur an 'wenn ich tot wäre'.
Das sieht etwas darnach aus, als ob er tot für das an der construetion
erklärungsbedürftige gehalten und sie gar nicht richtig aufgefasst habe.
Jedenfalls ist seine erklärung nicht genügend.
») In der von Verdam zuletzt erörterten stelle aus Perchevael ist weh
dem franz. je me hurroie aneois .... caiens u morir u languir vivent
zweifellos, trotz etwaigen metrischen bedenken, zu lesen ic teare mi lievtr.
godeweet | dot [hs. dat] hier oft [fehlt hs.] ghtdoghede seven jaer | sulie
quäle die mi waer te swaer.
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AUS DER GESCHICHTE DES ADVERBS.
335
6, 6091. August Scheepken 290. Mit dem positiv statt des com-
parativs heisst es bei Ruusbr. Begh. 54, 20 alsoe [' ebenso'] lief
tcare hi mg gheboren van eenen ghemeynen tvive; 60, 31 derselbe
satz mit u statt mi.x) Weitaus die meisten beispiele zeigen
einen satz im conj. praet, doch sieht man aus den von mir
angeführten, dass dies keineswegs bedingung ist. Ebenso con-
struiert wird das im mnl. mit liever synonyme comparativische
adverb eer, eigentlich 'eher'.
Verdam sagt nun von der construction im glossar zu Ferg.
unter liever ' eine ausdrucksweise, die eine zusammenschmelzung
von zwei Sätzen enthält, oder in der man rot als dat. ethicus
auffassen kann' und im Wb. 'aus der unwillkürlichen Verbin-
dung der beiden ausdrucksweisen mi wäre liever dat und einer
anderen form desselben gedankens ohne liever hat sich die
eigenartige construction von liever mit dem dativ eines Personal-
pronomens entwickelt, wobei der objectsatz in den hauptsatz
aufgenommen wird. Statt mi wäre liever dat gi stvegct und
gi stvegct bet (oder betcr) 'ihr tätet besser daran zu schweigen'
sagt man im mnl. gi swegct mi liever; aus ic hadde liever dat
men mi mijn lijf name und men moclite (soudc) mi eer mijn
Ujf nemen erwuchs men name mi liever (oder mi eer) mijn lijf.
Man braucht noch nicht auf dem Standpunkt einzelner
heutiger grammatiker zu stehen, die die spräche von 'com-
promissbildungen', auch in der laut- und formenbildung, wim-
meln lassen — eine ansieht, die ich mit aller entschiedenheit
weiter bekämpfen werde — , um auf syntaktischem gebiet
erscheinungen, die auf diesem wege zu deuten sind, anzu-
erkennen. Aber wenn hier auch die beispiele nicht selten
sind, die mit recht daraus erklärt werden, dass dem sprechen-
den oder schreibenden zwei verschiedene, aber in irgend einer
binsicht übereinstimmende construetionen zu gleicher zeit vor-
schwebten, so haben wir es dabei in der regel doch mit mehr
vereinzelt vorkommenden entgleisungen zu tun, und eine solche
compromissbildung dürfte sich nicht so leicht zu einem in
weiterem umfang anerkannten Sprachgebrauch gefestigt haben,
wie er in unserem falle durch das mnl. in seinem ganzen be-
ieich und das, wenn auch seltenere, einstimmen des mhd. er-
') S. jedoch weiter unten.
FRASCK
wiesen ist.) Schon aas dem vorkommen derselben construction
b*im positiv ergibt sich ja. dass Yerdams erklärung nicht
zutrifft, der man ausserdem den vorwarf nicht ersparen kann
dass sie ohne weiteres vom Standpunkt der heutigen spräche
aus gegeben ist. ohne die unerlässliche frage nach der orga-
nischen be recht igung des älteren gebrauchs zu stellen, die
fnure. ob unser Sprachgebrauch nicht vielmehr, wie es doch
anzunehmen nahe liegt dem älteren gegenüber eine beschrän-
kung- darstellt. Taal-en letterbode 5. 132 hatte Verdam sich
richtiger darauf beschränkt zu sagen -zu dem worte lierer
wird im mnl. ein pronomen im dat. hinzugefügt, wenn man
sagen will >ich wollte liebere oder >ich hätte lieber dass*'.')
Wenn wir die eben aufgeworfene frage auf theoretischem
wege zu beantworten suchen, so müssen wir doch sagen, dass
an der construction nichts ist. weshalb wir sie theoretisch
nicht für möglich halten sollten: lieb bedeutet 'etwas was an-
genehm ist'; es ist ein stark relativer begriff (Behaghel, Syntax
des Heliand § 111. 119), bei dem also ein ergänzender begrii
wie wir, nur natürlich ist, und gerade so gut wie ich teäre
eher abgereist müssen wir auch ich teäre euch lieber abgereist,
wie ich teäre besser tot auch ich teäre euch lieber tot theoretisch
für möglich halten. Es dürfte doch selbstverständlich sein,
dass das adverb ursprünglich an allen begriffsschattierungen
und allen construetionseigentümlichkeiten des ihm zur seite
stehenden adjectivums, so weit sie die natur der wortart nicht
einschränkte, beteiligt war, und das dürfte vielleicht noch um
so mehr gelten, je mehr beide Wortarten in der form überein-
stimmend geworden waren. Einigermassen ist das schon früh
so, insofern der acc, neutr. des adj. als adverb gebraucht
werden kann, in weiterem masse, nachdem das adverbiale o
zu 9 geworden ist, in noch weiterem nach synkopierung der
endungen, die zu einem zustand führt, in dem die grammatik
grosse Schwierigkeiten findet, wenn nicht gar zur willkür
*) üeber das mnd. kann ich nichts bestimmtes sagen, da ich mir eigene
aufzeichnnngen nicht gemacht habe und weder im wörterbnch noch bei
Nissen, Forsag til en middelnedertysk syntax beispiele finde. Auch über
die anderen germ. sprachen kann ich keiue auskunft geben.
*) Das ist von Stoett, Mnl. syntaxis § 45 wörtlich übernommen, aber
aus Verdams »dem worte Uever' ist hier »dem adjectivum liccer' geworden.
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AUS DER GESCHICHTE DES ADVERBS.
337
greifen muss, um beide auseinander zu halten (vgl. Gr. gr. 4»,
1107 f. Blatz, Nhd. gr. 2*, 625 ff. Paul, Prinzipien > s. 341). Frei-
lich bedarf die annähme einer solchen Übereinstimmung zwischen
den beiden Wortarten immerhin einiger vorsieht. Der gebrauch
des adverbs muss in der historischen zeit insofern tatsächlich
eine änderung oder eine ausdehnung erfahren haben, als eine
analogische Vermehrung der zahl geläufiger bildungen platz
gegriffen hat, eine tatsache, die noch eine genauere Unter-
suchung benötigte, durch die wir z. b. auch erfahren würden,
wie so nicht lüto, sondern ubar lüt als adverbium von lüt
gilt.1) Man vergleiche einmal die ahd. und rahd. beispiele bei
Gr.gr.4!, 1111 fL, und die später in Verbindung mit sein, werden,
geschehen, tun u.s.w. so geläufigen adverbien liobo und leido
sind erst spätahd., so viel ich sehe nur bei Notker vereinzelt,
belegt, wie sie auch im as. fehlen (Hei. nur einmal leölico far-
foran). Im mhd. aber ist liebe allgemeines adverb in der
genau zum adj. lieb stimmenden bedeutung, also 'so dass es
angenehm, erfreulich ist', nicht nur in den eben genannten
Verbindungen, sondern z. b. auch liebe ergän, liebe gereden, liebe
gedienen, liebe ('angenehm') leben, daz was im liebe becant, des
im der htninc liebe sach (s. die Wörterbücher). Wenn bei
adverbien von adjectiven mit relativem begriff sich viel seltener
Casusergänzungen finden als bei den adjectiven selbst, so liegt
das m. a. nach daran, dass in den ein adverb bergenden Sätzen
die relativität in der regel schon so wie so weiter ergänzt
ist, z. b. in ez ist mir liebe irgangen, einem liebe gedienen durch
die dative (die hier auf das verbum bezogen werden können),
oder in Tristan und sin frouwe Isöt die lebeten aber liebe unde
tcol durch die beziehung auf das subject. In folge der über-
wiegenden beziehung auf das subject des satzes ist lieber eben
zum comparativ des adverbs gern geworden.2) Immerhin gibt
') Ich vermag nicht, den unterschied zwischen lüte 'sonore' und über
lüt 'palam' (Gr. gr. 3, 122) als etwas ursprüngliches anzusehen, d.h. nicht
anzunehmen, dass man für 'palam' das letztere gebildet habe, weil das
entere auf die bedeutung »sonore' beschränkt gewesen sei. [Vgl. dazu noch
Beitr. 27, 40 f. E. 8.]
*) Weniger richtig kann ich finden, was Gr.gr. 4 a, 915 über die be-
whränkung sagt, 'weil adverbia etwas allgemeineres an sich tragen und
die besonderheit eines abhängigen casus ihnen weniger zusagt'.
FRANCS
Grimm s. 915 einige beispiele mit dativergänzung (auch für
andere casus mit parallelen aus dem lat. und griech.), eins
auch s. 917 im verholne und allen sinen geverten Lohengr. 3853.
Dazu kommt die stelle aus dem Arm. Heinr., von der wir aus-
gegangen sind. *) Auch geliche gehört ja hierhin mit beispielen
wie du gebarest geliehe einem matt oder dem (diu) geliche tuon
und ferner wol aus dem mnl. hi is m welcomen, insofern wd
comen eine umdeutung des alten compositums willicumo, wküt
cuman nach dem adverb tcel ist Dafür sagte man auch mi
liere (oder lief) comen Mnl. wb. 4, 576.
Der grund, warum wir die meisten dieser constructionen
nicht mehr gebrauchen können, liegt, wie mir scheint, zunächst
in einer allgemeinen entwicklung des adverbs, durch die es in
eine engere beziehung zum verbum getreten ist als es ursprüng-
lich zu ihm gestanden haben muss, wobei es seine bedeutung
eingeschränkt hat, indem eine bestimmte der möglichen be-
deutungen das übergewicht bekam und ausserdem der modal-
begriff in den Vordergrund trat Die syntaktische Verbindung
befindet sich auf dem weg zur composition, in der die bedeu-
tung der einzelnen teile mehr gebunden wird als sie ursprüng-
lich war. Im mhd. konnte man sagen si kom im liebe, d. h,
sie kam, und das war ihm etwas erfreuliches, aber nhd. sie
hat ihn lieb behandelt heisst nur 4 in liebender, freundlicher
weise'. Ursprünglich hätte, so müssen wir annehmen, beim
adverb in einem entsprechenden satz der dativ einer person
stehen können, die weder mit dem subject noch dem object
dieselbe war. Nhd. das ist besser gehandelt würde im all-
gemeinen im sinne von 'moralischer' aufgefasst werden, und
in das hastu gut gemacht das adverb nur den verbalbegriff in
modalem sinne näher bestimmeu. Von diesem modalen ad-
verb unterscheide ich dasjenige, das man wol als prädicati?,
in vielen fällen auch als resultativ bezeichnen könnte (vgL
Delbrück, Vgl. syntax 1, 539). Es bestimmt nicht sowol die
art des verbums, sondern den sinn des ganzen satzes. Das
modale hat seine stelle hauptsächlich bei verben mit relativem
>) Frtid. 156, 12 in ist ein heiden lieber bt dan zwene kristen oder dri
inuss der dat in zum priidicat ist bi gezogen werden. Der für unser Sprach-
gefühl nicht so einfache sinn ist natürlich 'sie sehen es lieber, dass ei«
heide in ihrer nähe ist als einige Christen'.
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AU8 DER GESCHICHTE DE8 ADVERBS.
339
begriff; in ihrer Verbindung bezeichnen beide zusammen eine
besondere oder neue art der tätigkeit Das prädicative findet
sich mehr bei Zeitwörtern von absolutem begriff. Dieser bleibt
an sich bei der zuftigung unverändert, es wird vielmehr, wie
gesagt, durch das adverb der ganze satz prädiciert. Beispiele
werden sich im folgenden ergeben. Ich nehme also eine ent-
wickelung dahin an, dass sich modale und prädicative bedeu-
tung bei den adverbien mehr geschieden haben, als es ursprüng-
lich der fall war.
Bei der Verengerung der bedeutung ist jedenfalls auch,
wie schon angedeutet, die überwiegende beziehung des adverbs
auf das subject des satzes beteiligt. Lieb ist gar nicht mehr
das allgemeine adverb von lieb 'erfreulich', und unser es ist
mir lieb als fortsetzung des ahd. liobo müsste eigentlich als
erstarrte formel oder als Umbildung in die adjectivconstruction
angesehen werden. Noch ausgeprägter ist diese entwickelung
beim comparativ lieber. Wenn wir den in der letzten an-
merkung aus Freidank citierten satz mit nhcL äugen ansähen,
würden wir unbedingt lieber auf das subject heiden beziehen
und also übersetzen: 'ein beide ist lieber bei ihnen'. Erklären
wir dies damit, dass wir sagen, bei uns ist lieber der com-
parativ zum adv. gern, so bezeichnen wir nur das ergebnis.
Der wirkliche grund ist das überwiegen der beziehung auf
das subject und die einschränkung auf die hierdurch bedingte
bedeutung.
Schliesslich kommt dann noch in betracht, dass bei uns
an die stelle der dativconstruction vielfach präpositionale Um-
schreibungen getreten sind, worauf vielleicht auch die engere
Verbindung des adverbs mit dem verbum von einfluss war:
besser für mich statt mir besser. Grimm bildet fürs nhd. das
ereignet sich ihnen beiden schädlich, nachteilig, wo wir doch
auch lieber für sie beide sagen würden; ebenso das hat sich
vorteilhaft für mich ereignet. Ist die Verbindung mit dem dat
noch geläufig, und handelt es sich um einen begriff, der sich
nicht wol rein modal zum zeitwort fügt, so besteht auch für
uns noch die mhd. construction: er ist mir gelegen (wäre mir
gelegener) abgereist] dieser Mortimer starb euch sehr gelegen {)]
») Spricht sich auch darin wider eine grössere gebundenheit des neueren
340
FRANCK
auch ich bin gleich dir ermüdet; er handelte einem helden
gleich.
Dass für unser Sprachgefühl der wesentliche unterschied
in der engeren Verbindung des adverbs mit dem verbum be-
steht, scheint mir aus folgenden tatsachen hervorzugehen. Ein
prädicatives adverb ist in weiterem umfang noch beim cum-
parativ erhalten, besonders in conjunetivsätzen: das bleibt besser
verschwiegen; er wäre besser tot; das solltest du klüger lassen;
er würde das richtiger geglaubt haben. Sobald aber ein adverb
in engerer Verbindung mit dem prädicat geläufiger ist, so ver-
sagt in der regel wider diese construetion. Er hätte besser
gegessen kann in doppeltem sinn gebraucht werden, modal 'er
hätte etwas besseres gegessen' und prädicativ 1 er hätte besser
daran getan zu essen'; aber er hätte gut gegessen ist in letz-
terem Verhältnis nicht möglich, und das doch wol deshalb,
weil modales gut essen eine zu geläufige Verbindung ist
Möglich wird die prädicative anwendung, wenn das adverb
vom prädicat getrennt wird. Ich würde das klüger tun gebt,
weil modales klug in Verbindung mit tun nicht gebräuchlich
ist, aber ich würde das klüger anfangen würde man als com-
parativ von etwas klug anfangen auffassen; möglich ist al*r
wider prädicativ ich würde das klüger so anfangen. So aoeb
er hätte gut ein wenig gegessen; das würde man richtig tf
machen. Ganz gangbar ist auch prädicatives adverb unmittelbar
vor verben, die absolute begriffe ausdrücken und also ein modales
adverb nicht wol vertragen; nicht nur das Hesse sich gut w
machen, sondern auch das Hesse sich gut machen; das laut
sich schlecht machen; das lässt sich leicht übersehen; er ist
schwer zu überzeugen u.s.w.') Den unterschied zwischen de»
adverbs aus, dass man nicht auch sagen kann er wäre mir gelegenier) toi,
d.h. darin, dass das prädicative adv. gelegen ausdrücklich ein zeitwort fl
verlangen scheint und sich nicht zu einem adjectivischen prädicat fügt!
An sich sollte doch gelegen tot ebenso gut möglich sein wie einerseits gt-
legen gestorben, anderseits gerne (lieber) tot.
») Die betonung bei modalem und prädicativem adverb ist versehe.!«:
modal es wird schlecht gehn, präd. es wird schlecfU gehn oder schlecht pe*»i
mehr modal das wäre glücklich vorbei (es hätte aber auch unglücklich gehl
können), präd. das wäre glücklich vorbei (geschehen musste es; ein glü
dass es nun vorbei ist). Bei der Stellung das geht schlecht treffen al
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AUS DER GESCHICHTE DES ADVERBS.
älteren und jüngeren wortgebrauch mögen noch folgende gegen-
überstellungen veranschaulichen. Ein dem mhd. du wärest mir
lieber tot, oder einem entsprechenden satz mit einem pari praet..
anscheinend paralleles nhd. die gans wäre mir lieber gebraten
ist in Wirklichkeit anders. Denn hier ist lieber adjectiv,
welches eine eigenschaft des durch ein attribut bestimmten
snbjectes bezeichnet.. Dagegen würde in dem im mhd., aber
nicht im nhd. möglichen das gold wäre mir lieber gestohlen (als
dass ich es für ein neues kleid ausgäbe) durch lieber eine
eigenschaft des prädicats ausgedrückt. Möglich wäre wider
mit adjectivischem lieber : das gold teure mir lieber gemünzt
Nhd. das kraut wäre ungekocht schädlich: schädlich ist die
eigenschaft vom (subject) kraut (mit attribut) in ungekochtem
zustand; mhd. äaz kindelin wmre schedelich verlorn: der Verlust
(das satzprädieat) wäre schädlich. Bei auflösung mittelst eines
Nebensatzes ergibt sich auf der einen seite 'wenn die gans
gebraten wäre, wäre sie mir lieber', auf der andern 'wenn die
nachricht verschwiegen bliebe, wäre es mir lieber'.
Wir sind von der Voraussetzung ausgegangen, dass wir
es in den construetionen überall mit adverbien zu tun hätten.
Das wird ja in einzelnen fällen durch die wortform bestätigt,
nnd in denen mit lieber spricht dafür die parallele von mnl. eer.
Aber in anderen fällen besteht tatsächlich die coneurrenz mit
lern adjectiv, um so mehr als auch schon in mhd. zeit das
Sprachgefühl wol nicht mehr ganz sicher gewesen sein wird.
So, d. h. adjectivisch, fassen z. b. Gr. 4'2, 151 und Paul, Mhd. gr.6
j 292 das eben angeführte diz kindelin da? wo?re schedelich ver-
'om Gregor 680 auf. Die auffassnng kann in der tat nicht
^stritten werden, ebensowenig indessen die möglichkeit, dass
iuch das adverb stehen könnte. Die hs. J hat wirklich sched-
kten an der stelle. Unter den beispielen, auf die wir hin-
weisen, finden sich ganz gleichartige einerseits mit bezzer,
•eide bedentiingen (/das wird einen schlimmen ausgang nehmen' und "das
nrd sich schwer machen lassen1) auch in der hetonung znsammen. In
atzen wie da* wäre glücklich vorbei, nun ist er glücklich fertig, das hab
ch richtig versäumt könnte man übrigens auch an entwicklnng ans inter-
ectionellen adverbien denken, also ähnlich wie da ist er wahrhaftig schon
ertig; nun ist er leidtr tot.
Beiträge xur jeschichte der deutschen spräche XXX. 23
342
FRANCK
anderseits mit ba$. In Sätzen wie das ist leicht getan, leidtt
vergessen, wie ich sie vorhin als beispiele für präd. adv. ge-
bildet habe, nimmt Gr. 42, 152 ausdrücklich das adjectiv an;
'wobei man leicht nicht fürs adv. nehme; in dem scheinbar
ähnlichen das ist bald gesagt lässt sich das adv. nicht leugnen,
aber diese phrase scheint entweder falsch gebildet oder dem
franz. c'est bientot dit nachgeahmt'. Das scheint mir aber zu
viel gesagt.
Insbesondere ist die coneurrenz vorhanden, wenn sich,
wie in dem beispiel aus Gregor, ein umschriebenes perfeetnm
oder plusquamperfectum in dem satze findet. Denn hier steht
eine construetion im Wettbewerb, die Gr. 4* 151 ff. im anschluss
an die construetion von helfen und anderen verben mit dem
part. praet. auch für Verbindungen wie gut, leicht, schicer, lieb,
nütze sein nachgewiesen wird in beispielen wie e$ teane dir
be$%cr vermiden; da von ist mir michels be^er gestrigen; da;
im vil siv&re was vernomen; iuiver kunft eil lieb ist mir rer-
nomen; da$ ist iu ere getan ('es ist eine ehre für euch, wenu
ihr das tut'). S. fürs mhd. noch Paul« § 292, fürs mnl. Stoett.
Synt. § 424 f. ») Das oben im anfang gegebene beispiel aus Runs-
broek alsoe lief teare hi my gheboren van eenen ghemeynen
tvive passt ja gleichfalls sehr gut hierhin. Dass aber auch die
andere auffassung möglich wäre beweist wol Wap. Mart. 1, 109
also lief hadt mi een teilt Sas ofte een Vriese bescreven 'eben
so viel wert würde ich darauf legen, wenn ein ungebildeter
Sachse oder Friese es verbrieft hätte', worin lief von Verdam,
Mnl. wb. 4, 576 als adverb gefasst wird. Man könnte ja den
satz ebenso gut mit dem einfachen conjunetiv bescreve wie mit
hadde bescreven bilden. Freilich Hesse sich auch dann lief
wol als adjectivum verteidigen, aber ebenso wenig scheint es
mir nach dem sonst beigebrachten zweifelhaft, dass Maerlam
auch hätte lieve schreiben können. Es konnte eben nicht
fehlen, dass die beiden ursprünglich verschiedenen construc-
') Ich füge fürs inul. noch einige bezeichnende beispiele hinzu: dot
proefde hi gheorluoft dilte Rijmb. 24(305: mW beters dan rore die siele ght-
beden Brab. Y. 7378; ghij waert weerdich ghesmeten tnet rurte steteren ('ver-
faulten läppen') Mnl. dram. poez. 321,37. Fürs mhd. führe ich noch an
läfjet mir den leben hiin, da; ist ü be^er getan Alex. 6336.
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AUS DER GESCHICHTE DES ADVERBS.
343
tionen, verbales prädicat mit nicht modalem adverbium und
adjectivisches prädicat mit prädicativem attribut. wie Paul es
a.a.o. nennt, durcheinander giengen. und bei vielen der bei-
spiele wird es sich auch gar nicht mehr entscheiden lassen,
aufweiche der beiden Seiten wir sie zu stellen haben. Wäh-
rend Grimm die genannten participialconstructionen aus ellipsen
erklärt hatte (Gr. V, 158), fasst Paul § 292 sie als parallelen
zu den § 203 besprochenen constructionen mit prädicativem
attribut, d. h. solchen wie er bestuont si müeder. Da nach ihm
ausser adjectiven und participien auch adverbia so stehen
können und zwar alle auch bei einem ad jecti vischen prädicat >),
so könnte man freilich den grössten teil der beispiele auf diese
seite ziehen: vgl. ich tvcere iu vil lieber tot auf der einen, da$
ir liep tccere versteigen (Lanzelet 4038), uns ist noch hinte liep
vernomen ir inneclichiu triuwe auf der andern seite; in ist ein
heiden lieber bi'1) und der ist sweere bi 'der ist unangenehm
in der nähe, seine nähe ist unangenehm' (Paul § 203, anm. 4). 3)
Da die fügung mit dem adverb (liebe, lieber u. s.w.) an sich
keinem zweifei unterliegt, müssen wir uns also wol bei dem
schluss beruhigen, dass es nicht möglich ist, die beiden con-
') So erklärt Paul den satz aus Trist, so wiere er maneyes bc^er tot.
Seine Umschreibung 'so wäre er als toter viel besser, d.h. so wäre es viel
besser, wenn er tot wäre' erinnert an die bemerkung Wackernagels zu
dem vers aus Gregor und könnte leicht misverstanden werden, insofern man
dann hinter bc^cr die bedeutung 'besser daran' suchen möchte. Die hat
aber das wort nicht, Eine persönliche eigenschaft kann das adjectiv in
diesen beispielen nicht bezeichnen, sondern nur eine eigenschaft des prädi-
eats. Wir hätten uns also die construetion zurechtzulegen als comparativ
eines er tccere guot tot 'er wäre etwas gutes, wenn er tot wäre'. Ich stehe
an, die frage aufzuwerten, ob man etwa betfer auch als adverb fassen könne;
denn die bis jetzt m. w. hierfür geltend gemachten beispiele (s. Lexer s. v.)
sind nicht beweiskräftig.
8) Vgl. auch mir wäre lieber unter der erden, angeführt Gr. gr. 4a, 158.
*) Da im mnl. doot mit sijn und hebben in anscheinend elliptischen
redensarten sehr gebräuchlich ist (z. b. die Alexander hadde doot 'die A.
zum tode gebracht hatte'; vgl. meine anm. zu Maerl. Alex. 3, 183 und Mnl.
wdb. s. v. doot), so könnte man ein ic wäre mi liever doot um so leichter
nnt einem dat wäre mi lief verswegen parallelisieren wollen. Aber auch
im mhd., wo ein entsprechendes ich hän tot nicht bekannt ist, besteht ja
ich weere mir lieber tot.
3U FRANCK, ADVERB. —
SIEVERS, 'WEG MIT DEM SCHRIFTBILD .
strnctionen auseinander zu halten. Soweit nicht die spracli-
form für adj. oder adv. entscheidet, sehe ich keine möglich-
keit dazu. Es stehen uns aber mithin zwei wege offen, die
construction, von der wir ausgegangen sind, als alten echten
Sprachgebrauch zu erklären, ohne zu einem compromiss unsere
Zuflucht nehmen zu müssen.
In seiner rectoratsrede Ueber die einigung der deutschen
ausspräche s.13 deutet Braune einen von mir bei den beratungen
zur ausgleichenden regelung der deutschen bühnenaussprache
gebrauchten ausdruck dahin, als hätte ich den einfluss der
schrift auf die ausspräche des deutschen leugnen wollen.
Diese deutung ist irrig. Wie der ganze Zusammenhang, in
dem jene iiusserung getan wurde, und auch der abkürzende
bericht bei Siebs, Bühnenaussprache s. 26 zeigt, habe ich nichts
anderes sagen wollen und gesagt, als: 'weg mit dem Schrift-
bild für den, der phonetisch hören lernen will'.
LEIPZIG-GOHLIS, 26. februar 1905. E. SIEVERS.
BONN.
J. FRANCK.
'WEG MIT DEM SCHRIFTBILD.'
Digitiz
I N H A L T.
T'ie adjectiva im rV.-wulfepö* al* toteUwur*mitt-L Von M
8cheinert ^
Zur terhnik .1er mittelhochdeutschen dichlant:. Ytm 0. Beha^hel 43;
Zwei ronjertaren zu Waltber. Von E. Horfmann-Krarer . . 5$|
Althochdeutsches. Von J. Schatz* tg
(1. Irm,wU„t. s.ötö. - o Adalporo, L 5*16. — 3 Hard «
- 4. Gartet,. I.56K).
Zu Beitrage .mm Von H. Paul
Zu S.ilman und Moroll Von L.Schmidt. c?i
Zur uacluicht!
Ks wird gebeten, alle auf die redaetion der 'Beiträge* bezüg-
lichen Zuschriften und Sendungen an Professor Dr. E. Sievers
in Leipzig-Gohlis (Pölitzstrasse zu richten.
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DIE ADJECTIVA IM BEO WULFEPOS ALS
DARSTELLUNGSMITTEL.
Literatur.
Eine einigermassen umfassende Untersuchung über die stilistische
Verwendung des adjectivums im allgemeinen existiert bisher weder in den
büchern über stil etc. noch in speciellen arbeiten: nicht einmal eine voll-
ständige behandlung der homerischen epitheta scheint vorhanden zu sein.
Ich teile von den mir bekannt gewordenen Schriften die mit, die allgemeinere
oder speciellere beitrage enthalten (oft bloss kleine ansätze zu einer Samm-
lung), darunter auch solche, die zur vorliegenden arbeit nicht in directer
beziehung stehen, um die weitere vergleichung als die beste erkenntnis-
methode gerade in diesen fragen zu erleichtern. Die wichtigsten Schriften
sind besternt.
1. Allgemeines. *J. F. E. Meyer, De epithetorum ornantium vi et
natura deque eorum usu apud Graecorum et Latinornm poetas, Utini 1837.
— *H. Storch, Das epitheton ornans, Ratibor 1858. — J. La Roche, Die
bomer. epitheta, Zs. f. d. ö. gymn. 13 (1862), 860 ff. — *R. Heinzel, Ueber
den stil der altgerm. poesie = QF. 10 (Strassburg 1875), bes. s. 32. — F. Rin-
ning, Beovulfokvadet, Kebenhavn 1883, 117 ff. 129 ff. — A.Filipsky, Das
»tehende bei wort im volksepos, Vülach 1886. — R. M. Meyer, Die altgerm.
Poesie, Berlin 1889, 122 ff. 196 ff. — *Fr. Panzer, Das altdeutsche volks-
Halle 1903. — *0. Immisch, Die innere entwicklung des griech. epos,
L«p«g 1904. — F.R atzel, Ueber naturschilderung, München und Berlin
1^W> s. 295 ff. — A. Lichtenheld, Das schwache adj. im ags., Zs. fda. 16
0873), 325 ff. Die hier aufgeworfenen fragen entscheidet — H. Osthoff,
Zur geschiente des schwachen deutschen adj., Jena 1876, der aber nicht
gekannt zu sein scheint von — A. J. Barnouw, Textkrit. Untersuchungen
nach dem gebrauche des bestimmten artikels und des schwachen adj. in der
w- Poesie, Leiden 1902. — J. Hellwig, Die Stellung des attrib. adj. im
deutschen, Giessener diss., Halle 1898. - V.E. Mourek, Weitere beitrage
»yntax des ahd. Taüan, Sitz.-b. d. k. böhm. ges. d. wiss. 1894, XIII.
^ CalUway, The appositive participle in Anglo-Saxon, Baltimore 1901
Pnbl. of the Mod. lang. ass. of Am. 15, xxn. 16, 141 ff.). — W. Moebius,
Dl« sprachlichen ausdrücke für gradverhältnisse im Parz., Leipzig 1898.
Be**ä«e nur geschichte der deuttetaen spräche. XXX. 24
34(3
SCHEIN ERT
2. Englisch. *B. ten Brink, Gesch. der engl, lit 1», 446. 44$. -
E. Otto, Typische motive in dem weltlichen epos der Angelsachsen, Berlin
1902. — E. Erlemann, Das landschaftliche auge der ags. dichter, Berlin
1902. — *W. Mead, Color in Old English poetry, Publ. Mod. laug. ass.
Am. 13, app. I, xvi. 14, 169. — J. E. Willms, Eine Untersuchung über den
gebrauch der farbenbezeichnungen in der poesie Altenglands, Münster 1902.
— K. Schemann, Die synonyma im Beowulfliede, Münsterer diss.. Hagen
1882. — H. Ziegler, Der poet Sprachgebrauch in den sog. Cädmonschen
dichtungen, Münster 1883, s. 38 ff. — O.Jansen, Beitrfige zur synonymü
und poetik der ... dichtungen Cynewulfs, Münster 1883, s. 5 ff. 73 ff. -
R. Simons, Cynewulfs Wortschatz, = Bonner beitr. zur anglistik 3, Bonn
1899. — U. Zernial, Das lied von Byrhtnoös fall, Berlin 1882, s. 15 f. -
K. Holterraann, Ueber spräche und stil der ae. Gregoriuslegende des
Auchinleck-ms., MUnsterer diss., Hagen 1882, s.ölff. — G.Helms, The
English adjective in the language of Shakespeare, Rostocker diss., Bremen
1868. — B. Tschischwitz, De ornantibus epithetis in Shaksperi operiboi.
Halle 1871.
8. Deutsch, nordisch. Heliand, hg. v. E. Sievers, s. 391 ff. —
0. Küntzel, Künstlerische elemente in der dichtersprache des Heliand,
Rostock 1887, s. off. — M. Neuschäfer, Die Verwendung der adj. im He-
liand, Leipziger diss., Halle 1903. — E. C. Roedder, Wortlehre des adj.
im altsächs., Bulletin of the University of Wisconsin no. 50, Madison 1901-
— J. Kleinpaul, Das typische in der personenschilderung der deutschen
historiker des lO.jh.'s, Leipzig 1897, s. 9 ff. — *B. Baumgarten, Stilist,
untersuchuugen zum deutschen Rolandslied, Halle 1899, s. 7 ff. — M. Wie-
gan d, Stilist Untersuchungen zum könig Rother (= German, abh. 22).
Breslau 1904, bes. s. 14 ff. (mir erst nach beendung meiner arbeit bekannt
geworden). — J. Bethmann, Untersuchungen über die mhd. dicht nng vom
grafen Rudolf (= Palaestra 30), Berlin 1904, s. 127 ff. — *H. Schmidt,
Ueber das attrib. adj. im Nibelungenlied und in der flias, Salzburg 1886
(eine reichhaltige Sammlung ans beiden gedienten). — Timm, Das Nibe-
luugenlied nach darstellung und spräche ein urbild deutscher poesie, Halle
1882, s. 106 ff. — P. Pope, Die anwendung der epitheta im Tristan Gott-
frieds von Strassburg, Leipziger diss., Halle 1903. — F. Vogt, Salman and
Morolf, Halle 1880, s. CLff. — A. Salzer, Sinnbilder und beiworte Mariens
in der deutschen literatur, Linz 1893. — R. Heinzel, Beschreibung der
isländ. saga, WSB. 97 (Wien 1880), 1, 107 ff, bes. 173 ff.
4. Französisch. L. Gau ti er, Les epopees fran^aises 1* (Paris 1878).
492 ff. 514 ff. — *F. Ziller, Der epische stil des altfranz. Rolandsliedes.
Magdeburg 1883. — K. Zutavern, Ueber die altfranz. epische spräche I.
Heidelberg 1885. — H. Drees, Der gebrauch der epitheta ornantia im alt-
franz. Rolandsliede, Münster 1883. — 0. Husse, Die schmückenden bei-
wörter und beisätze in den altfranz. chansons de geste, Halle 1887. -
A. Ott, Etüde sur les couleurs en vieux francais, Züricher diss., Paris 1899.
— 0. Boerner, Raoul de Houdenc. Stilist. Untersuchung, Leipzig 1884.
s. 5 ff. — C. Hu eilen, Der poet. Sprachgebrauch in den altfranz. chanson*
de geste Amis et Ainiles und Jourdains de Blaivies, Münster 1884, s.40ff-
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AßJECTIVA IM BEOWüLFEPOS.
347
— W. Keller, Maistre Wace. Stilistische Untersuchung, Züricher diss.
St. Gallen 1886, s.49ff. — P. Graevell, Die Charakteristik der personen
im Rolandslied, Marburg 1880. — Dessen methode folgen: F. Mauss, Die
Charakteristik der in der altfranz. chanson de geste Gui de Bourgogne
auftretenden personen, Münster 1883. — H.Barth, Charakteristik der
personen in der altfranz. chanson d'Aiol, Züricher diss., Stuttgart 1885. —
W. Mejer, üeber die Charakterzeichnung in der altfranz. heldendichtung
Raonl de Cambrai, Kiel 1900.
5. Slavisch. F. Miklosich, Die darstellung im slav. volksepos,
Denkschr. d. Wien, ak., phil.-hist. kl. 38 (Wien 1890), heft 3, 26 ff.
6. Homer. *L. Krah, De fixis quae dicuntur deorum et heroum
epithetis, Königsberg 1852. — L. Krah, Ueber epitheta der götter und
menschen, Philologus 17 (1861), 193 ff. — H. Schmidt (s.oben unter 3). —
A. Schuster, (Jeber die krit benntzung homerischer adjective, Clausthal
1859. — A.Schuster, Ueber die homer. epitheta des Schiffes, Zs. f. d.
gymn.-wesen 14 (1860), 451 ff. — *A. Schuster, Untersuchungen über die
homer. stabilen beiwörter, Stade 1866. — *A. Schuster, Homers auffassung
und gebrauch der färben, Zs. f. d. gymn.-wesen 15 (1861), 712 ff. — A. G ö b e 1 ,
Das meer in den homer. dichtungen, ebda. 9 (1855), 513 ff. — E.Kammer,
Ein ästhetischer commentar zu Homers Dias, Paderborn 1896, s. 40 ff. 96 ff.
7. R ö m i s c h. C. G. J a c o b , Disquisitionum Vergilianarum particula I,
Coloniae 1829. — G. A. Gebauer, Quatenus Vergilius in epithetis imitatus
sit Theocritum, Zwickau 1863. — L. Cholevius, Epitheta ornantia, quibus
utitnr Vergilius, cum iis comparata quibus posteriores epici latini, maxime
quidem Silins, carraina sua distinxerant, Königsberg 1865. — H. B 1 ü m n e r ,
Die farbenbezeichnungen bei den röm. dichtem. Berlin, stud. f. class. phil.
and arch. 13 (Berlin 1892), 3.
8. Ausgaben. Benutzt sind die Beowulf ausgaben von Heyne-
Socin', Paderborn 1903, A. Holder», Freiburg 1899, und A. Holder,
Beowulf üb: Wortschatz mit sämmtlichen Stellennachweisen. Freiburg 1896.
Die lesarten s. in Grein-Wtilkers Bibliothek 1.
Citiert wird nach Holders text Mit lit. 1,2 etc. wird auf die ab-
schnitte der vorstehenden literaturangaben verwiesen.
9. Abkürzungen.
B. = Beowulf. — Hj. = HroÖjar. — Hl. = Hyjelac. — W], =
Wijlaf. — G. = Grendel. — Gm. = Grendels mutter. — d. = drache.
= mannen. — t. = (typus), eine unbestimmte person.
I. Capitel. Allgemeine bemerknngen.
§ 1. Die indirecte darstellung, die des dichtere bilder
und gestalten in action vorführt, muss mit der directen, die
charakterisierende aussagen über sie macht, immer vereint
vorkommen — nur stets in wechselnden mischungsverhältnissen.
24*
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348
SCHEITERT
Dem epos liegt die directe darstellung näher als dem drama,
und Chaucer z. b. beschreibt im Prolog seiner Canterbury Tales
die einzelnen pilger in charakterisierenden berichten; so (Globe
Edition, CT., Prol.):
299 (Clerk)
Bnt al that he myghte of his freendes hente
On bookes and his lernynge he it spente,
And bisily gan for the soules preye
Of hem that yaf hira wher-with to scoleye.
Of Studie took he moost eure and moost heede etc.
309 (Sergeant of the Lawe)
A Sergeant of the Lawe, war and wys,
That often hadde been at the Parvys,
Ther was also, ful riche of excellence.
Discreet he was, and of greet reverence;
He seraed swich, his wordes weren so wise etc.
Diese stellen zeigen, wie mannigfaltige formen des sprachlichen
ausdrucks die directe Charakterisierungsart annehmen kann,
zugleich, dass sie ihren bestimmtesten, einfachsten und oft
auch abstractesten ausdruck in adjectiven findet
Will man nun die Verschiedenheiten in der Verwendung
der adjectiva in der poetischen darstellung bei verschiedenen
autoren, dichtungsarten, Völkern untersuchen, so muss man zu-
nächst die frage erörtern, wie der adjectivschatz der spräche
seiner gesammtheit nach stilistisch verwendbar ist.
§ 2. Schon seine abgrenzung von den Substantiven wie
von den verben ist oft fraglich, und man sieht sich genötigt,
von fall zu fall zu urteilen. Sicher ist, dass Substantiv und
adjectiv in ursprünglicher spräche nicht scharf auseinander-
gehalten worden sind; dass auch später die eigenschaft das
object vertreten kann, zeigt für den Beowulf das häufige se $6da
und ähnliches. Da alles in eine scharf abgrenzende definition
zu fassen unmöglich ist, wird man eine mittlere richtlinie für
das wesen der eigenschaftsangaben festhalten können: sie geben
etwas in oder an einem objecte mit gewisser constanz vor-
handenes an, oder eine äusserung des objects, die aus seinem
Charakter hervorgeht. Diese bestimmung ist auch für die
Unterscheidung von den mehr auf den Vorgang, seinen eintritt
und verlauf deutenden verbalen angaben anzuwenden, alsoz.b.
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ADJECT1VA IM BEOWULFEPOS.
349
— wenn gleich in leisester nüaneierung — für die beurteilung
von ausdrücken wie er war traurig im Verhältnis zu es be-
kümmerte ihn. Das gleiche gilt von den participien, von denen
aber viele einfach zu adjectiven geworden sind, andere Syno-
nyma zu eigentlichen adjectiven darstellen.
§ 3. Innerhalb der grammatischen kategorie der adjectiva
und unter den ihrer bedeutung nach dazu gehörigen participien
lassen sich nun folgende gruppen scheiden:
1) Verbaladjectiva. Sie drücken meist eine möglichkeit
aus und dienen entweder mit hilfe von sein zum ersatz eines
ausdrucks mit können, müssen, oder zum abgekürzten ausdruck
eines solchen satzes, oder sie kommen participien gleich: gesenc,
onsce$e, gife]>e.
2) Adjectiva determinativa, wie ich sie nennen möchte.
Sie verraten oft noch ihren Zusammenhang mit pronominibus
und dienen der räumlichen, zeitlichen und relativen Orientierung
der objecte: 'nahe', ' letzt', 'gemeinsam'.
3) Angaben über intellectuelle auffassung: 'bekannt',
•klar'.
4) Angaben der dem in rede stehenden object übergeord-
neten art: 'weiblich'.
5) Angaben von eigenschaf ten, die einem object an-
haften, sei es als ihm innewohnend, sei es als ihrer Wirkung
nach erkennbar an andern, sei es als bloss an ihm vorkommend.
Sie sind es, die zur eigentlichen Charakterisierung der objecte
dienen, und sie kommen daher zuerst für die poetische Ver-
wendung in betracht. Sie zerfallen in verschiedene arten,
unter denen wider fast stets eigenschaften der ruhe und der
bewegung, andrerseits dauernde und vorübergehende sich
unterscheiden lassen:
a) Angaben über blosse existenz und über existenz-
fähigkeit, existenzdaner: 'lebendig', 'krank', 'tot', 'jung', 'alt';
b) Angaben interner eigenschaften eines objects. Sie
lassen sich zerlegen in speciellere und allgemeinere, von
denen die ersten wider ausdrücke für physische und für
persönliche eigenschaften in sich schliessen. Im einzelnen
kann man nicht immer scharf geschiedene gruppen aufstellen,
sondern man muss zu continuierlichen Übergängen seine Zuflucht
SCHEINERT
nehmen, wie ja auch von dieser gruppe der adjectiva ein Über-
gang stattfindet zu der der gefühlsadjectiva;
c) Angaben über das Verhältnis der objecte unter-
einander: 'mächtig', 'lieb', 'verhasst';
d) Angaben des gefühlseindrucks, den die objecte
machen: 'schön1, 'herrlich', 'schrecklich';
e) Angaben über das Schicksal des objects: 'glücklich',
'elend'.
§ 4. Die frage nach den objecten, denen die eigen-
schaften zugeordnet werden, ist ungleich einfacher: wir
brauchen lediglich eine einteilung in lebewesen, nator-
dinge und erzeugnisse menschlicher tätigkeit, all-
gemeinere begriffe und abstracta vorzunehmen.
Von grösserer Wichtigkeit ist es zu erfahren, in welchen
fällen der dichter eigenschaften der objecte angibt. Da ist
zuerst zu bemerken, dass nicht etwa immer die objecte, die
des autors interesse am meisten erregen, am meisten mit ad-
jectiven belegt werden, sondern dass eigenart des objects oder
des dichters, aber auch der nationalen spräche, der dichtungsart,
der überlieferten Stilgewohnheiten hier die verschiedensten
kreuzungen hervorrufen können. Wenn z. b. die bezeichnungen
des meeres, das doch die Angelsachsen immer aufs neue inter-
essierte, in der poetischen spräche nur wenig adjectiva anziehen,
wenn es vielmehr häufig durch kenningar und Variationen,
also mehr gefühlsmässige ausdrücke gekennzeichnet wird (vgl.
Schemann 34 ff.), und wenn im Homer für die see nicht viel
mehr adjectiva vorkommen als im Beowulf (auf ca. 3000 verse
B : H etwa « 10 : 14, vgl. Göbel, lit. 6), so wird dies daran
liegen, dass für das meer bei seiner relativen gleichförmigkeit
und seinem ewigen Wechsel in aussehen und bewegung über-
haupt nicht viel unterschiedliche eigenschaftsangaben gefunden
werden können. Es ist also immer auf die möglichkeit oder
notwendigkeit des ausdrucks durch andere stilmittel zu achten,
und zur völligen klarlegung des ganzen gebiets wird auch
einmal die verschiedene Verwendung von directer und üidirecter
darstellung zu untersuchen sein: bei sächlichen concretis mnss
natürlich der beschreibende directe stil stets den grösseren
räum einnehmen (färbe, grosse, gestalt); lebewesen können und
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ADJECTIVA IM BEOWULFEPOS.
351
müssen mit indirectem stil in ihrem handeln vorgeführt werden,
sich so charakterisierend.
§ 5. Besondere bedeutung für die Verwendung des adjectiv-
schatzes überhaupt hat die analysierung des Verhältnisses
der eigenschaftsangaben zu dem objectsbegriff, dem
sie beigelegt werden.') Man hat hier meist epitheta or-
nantia und necessaria unterschieden (so Meyer, Storch, La
Roche, lit. 1), doch zeigt genauere betrachtung, dass dies nicht
genügt, wenn auch zugegeben werden muss, dass jener unter-
schied die hauptsache wenigstens am leichtesten fassbar macht.
Ich möchte, um die Verwendung des gesammten adjectivschatzes
zu charakterisieren, folgendes auseinander halten:
1) Das rein logisch gebrauchte adjectivum dient
dazu, durch einengung eines begriffs einen neuen zu bilden:
rechte hand, se micla dorn = 'das Weltgericht', ece rced =
'Seelenheil'.
Logisch sind aber auch bestimmte angaben eines speciellen
Sachverhalts, d. h. die räumlich, zeitlich und relativ orientieren-
den adjectiva determinativa: uplang dstöd etc.
2) Das charakterisierende adjectivum dient dazu,
aus einer gattung ein exemplar von bestimmter eigenart heraus-
zuheben: Goethe, Iphigenie 1
Heraus in eure schatten, rege wipfel
Des alten, heiigen, dichtbelaubten haines . . .
3) Das typisierende adjectivum gibt eine eigenschaft
an, die im verein mit mehreren andern für den anschauungs-
kreis des sprechenden notwendig mit der gattung des objects
verbunden ist, so dass er nach bedarf oder auch nach belieben
im einzelnen falle das eine oder andere der typischen adjectiva
aussprechen kann: der tapfere held, der wackere held. Specielle
Charakterisierung ist natürlich auch dann nicht eingetreten,
wenn es zwei untertypen einer gattung gibt, etwa typus und
gegentypus (Heinzel, lit. 1, s. 32). Hierher gehören aber auch
') Diese analyse kann immer nur im zusammenhange des ganzen
satzes, oft auch der ganzen dichtung ausgeführt werden. Daher darf man
bei derartigen Untersuchungen nie nach Wörterbüchern arbeiten, da diese
immer irgendwie abstrahieren, und psychisch völlig verschiedenes als gleich
erscheinen lassen können.
352
SCHEINERT
die adjectiva, die bei den verschiedensten objecten, wo es nur
immer angeht, anftreten können: gross, gewaltig, herrlich.
Andrerseits können adjectiva dnrch constante anwendung auf
einen öfter widerkehrenden vorübergehenden zustand einen
gewissen grad des typischen erlangen: man könnte sie situa-
tionstypisch nennen.
4) Complicierter sind die fälle, in denen ein teil (etwa
körperteil) oder ein ausfluss (etwa worte) eines ganzen
mit einem adjectivum charakterisiert wird. Diese Charakteri-
sierungen sind natürlich für den teil etc. zunächst speciel).
ordnen sich aber oft der Charakteristik des ganzen unter, und
werden so indirect typisch (z. b. Grendles heafod — egeslic
B. 1649).
Die arten 2, 3 und die diesen entsprechenden fälle von 4
sind die eigentlich charakterisierenden eigenschaftsangaben
die man beim auftreten in poetischer darstellung poetische
adjectiva nennen sollte, nicht epitheta (ornantia); denn dieser
ausdruck ist zu eng, weil er nicht alle eigenschaftsangaben
umfasst, zu weit, weil er auch substantiva einschliesst.
Bei der Unterscheidung dieser gebrauchsarten des adjec-
tivums ist die frage stets zu stellen nach dem Verhältnis der
betreffenden eigenscbaft zu dem object, von dem eben gesprochen
wird, nicht zu dem verwendeten substantivum, da dieses oft
allgemeinere bedeutung hat und daher irre führen könnte (z.b.
B. 1645 tapferer mann, auf Beowulf zu beziehen).
$ 6. Die blosse anzahl der adjectiva ist auch nicht
ohne interesse: die grössere kann eine grössere fähigkeit zum
scharfen erfassen und ausdrücken eines vorstellungsinhalts,
eine grössere neigung zum theoretisieren verraten, wogegen
die anwendung von substantiveompositis und besonders von
kenningar weit ausgreifenden associationen wesentlich auf
grund des gefühls einen breiteren Spielraum lässt. Doch
braucht natürlich jene grössere fähigkeit zu logischer schärfe
diejenige zu reichen phautasieassociationen nicht auszuschliessen.
denn sie können sich in kühnen Übertragungen äussern, sei es
etwa durch anwendung von ausdrücken für psychische eigen-
schaften auf sächliche concreta, sei es durch die von angaben
physischer und psychischer eigenschaften auf abstracta.
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ADJECT1VA IM BEO WULFEPOS.
353
§ 7. Ferner muss auch die Verschiedenheit im syn-
taktischen gebrauche des adjectivums beobachtet werden:
attributiv, prädicativ, substantiviert, in enger Verbindung mit
verben, oder appositiv, d.h. als mehr beiläufig und nachträg-
lich zugefügtes entfernteres attribut (vgl. Mourek s. 19. Callaway
s. H4; von Paul, Mhd. gr.5 § 203 'prädicatives attribut' genannt).
Für eine psychologie der eigenschaftsangaben an sich ist es
nun gewiss ganz gleichgiltig, ob es etwa heisst: Siegfried der
tapfere held schlug die Dänen und Sachsen, oder Siegfried schlug
die Dänen und Sachsen — er war ein tapferer held. Und
doch sind gewisse psychische unterschiede der Verwendung
unverkennbar. Die prädicierende ausdrucksweise, die schon
durch ihre ausdehnung zu einem satze mehr beachtung im zu-
sammenhange des ganzen erheischt, neigt in ihrer schärferen
auseinanderhaltung von object und eigenschaft zu schärferer
begrifflicher klarheit, und steht so dem object, vor das sie sich
zum zwecke ausführlicherer beschreibung hinstellt, freier gegen-
über als die attributive ausdrucksweise, die object und eigen-
schaft oft noch als eins fühlt. Deshalb sind aber noch nicht
alle prädicativsätze gleichwertig, denn eine mehr beiläufig
gebrachte prädicierung kann einer attribuierung sehr nahe
kommen; so z. b. B. 3156:
geworhton Öa Wedra leode
hlsew on hliöe, s6 waes heah 7 brad . . . ,
wogegen reine prädicierung öfter vorkommt in der Chanson de
Roland (ed. Stengel 1900):
1311 Margariz est mult vaillanz Chevaliers,
E bels et forz et isuels et legiers.
Schliesslich darf auch die modalität des satzes nicht
ausser acht gelassen werden, und zwar handelt es sich weniger
darum, ob position oder negation, als darum, ob bedingte aus-
sage, wünsch etc. vorliegt-, oder ob tatsächlich vorhandene
eigenschaften angegeben werden.
§ 8. Auch die methode der bildung continuierlicher
gruppen, die in der ganzen arbeit angewendet wird, kann
nicht all die complicierten Verhältnisse und die zum teil nie
ganz entscheidbaren fragen (z. b. in der Synonymik) restlos
auflösen; sie ist aber die einzige, die den tatsachen keinen
354
SCHKINERT
zwang antut, oline doch auf eine eindringendere darstellung
zu verzichten.
Die materialsammlung will vollständig sein, soweit
nicht ausdrücklich anders bemerkt wird.
II. Capitel. Die adjectiva im Beowulfepos als
darstellungsmittel.
A) Objectgruppen.
§ 9. Betrachten wir nun die Verwendung der adjectiva
des Beowulfepos ihrer gesammtheit nach, so ist zuerst zu fragen,
welche adjectiva auf die einzelnen objecte angewant werden,
was natürlich zunächst ohne rücksicht auf ihren speciellen
stilistischen wert (z. b. die S3ntaktische einordnung) zu ge-
schehen hat. Um volle und leichte Übersicht zu schaffen, ordne
ich unter den einzelnen objecten auf grund von cap. I so:
1) Adjectiva, die constante eigenschaften des objects be-
zeichnen, also die poetischen adjectiva (§5); — 2) zustands-
angaben; — 3) angaben über existenz etc. (§ 3, 5, a); — 4) adj.
determinativa; — 5) adj. in enger Verbindung mit verben; —
6) adj. in Sätzen, die nicht eine tatsächlich vorhandene eigen-
schaft aussagen, sondern bedingte, geglaubte und ähnliche aus-
sagen bringen.
Innerhalb dieser einzelnen gruppen ordne ich synonymisch
nach § 3, 5, b ff. Das am häufigsten gebrauchte wort steht voran;
etymologisch zusammengehöriges wird nicht auseinandergerissen;
was dann noch übrig bleibt, wird alphabetisch geordnet; nicht
ganz sichere fälle werden so gestellt, dass sie Verbindungs-
glieder von einer gruppe zur andern darstellen.
Pass manche adjectivbedeutungen hier schon besprochen werden, Dicht
erst bei der Verarbeitung des adjectivschatzes, Hess sich nicht vermeiden,
wenn die darstellung der objecte klar auseinandergelegt werden sollte.
I. Lebewesen.
Beowulf.
$ 10. Angaben körperlicher eigenschaften des recken
sind äusserst selten; vgl. aber noch § 33 und 34. — tcäpnum
geiccordad 'durch waffen geziert' = 'herrlich gerüstet' ist
typisch für den kriegshelden.
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ADJECTIVA IM BBO WULFEPOS.
355
'Gross, stark': ncefre mära ... 247, wigena strengest 1543,
mcegenes sträng 1844, moncynnes (manna) ma>gcne(s) strengest 196. 789.
— 'Gerüstet': wotpnum geweoröad 250.
§ 11. Von Charaktereigenschaften sind die anf kampf-
tüchtigkeit bezüglichen die beliebtesten (33), andere gibt es
bloss 5; adjectiva der intellectuellen eigenschaften —
'erfahren', 'lebensklug' — sind selten (7).
'Tapfer': heard 376. 401. 1807. 1963, ne ... heardra 719, heard
under helme 342. 404. 2539, beadice heard 1539, ntöheard 2417; hilde-
deor 834. 1646. 2183, heaPodeor 688; dctdcene 1645; Ärör 1629, watreow
629; - modig 502. 75a 813. 1643. 1812. 3011; sttdmod 2566, swtdmöd
1624, sicyöferhö 826, anhydig 2667, ßristhydig 2810, stearcheort 2552,
pryöstcyd 736, collenferM 1806, higepyhtig 746, »ic ecrrj 2541. — Ver-
schiedene Charaktereigenschaften: ^caro ('tatbereit') 1825, rüm-
heort 1799, wtonc 341, lofgeornost 3182, goldhiccet 3074 (?). — 'Klug':
tcts 1845. 2329. 3094, mshycgende 2716, «no^or 826, on mode frod 1844,
jewttfe 3094.
§ 12. Was Beownlfs Verhältnis zu anderen angeht,
so wird hervorgehoben seine edle abkunft und seine über-
ragende Stellung.
eacen hahe ich als = 'mächtig' hier angesetzt, weil es, ursprünglich
'gross' Dedeutend, dann nach ausweis der Wörterbücher zur bezeichnung
jeder art von intensität vorkommend, an dieser stelle
196 se" was moncynnes maesenes strenjest
on }>aem da^e pysses lifes,
«J>ele 7 eacen.
nicht wol eine andere bedeutung haben kann, denn es nach aspele noch dazu
in einer mit and gebildeten fonnel als ' gross ' zu interpretieren, heisst dem
dichter eine Ungereimtheit zutrauen, wie er sie sonst nirgends begeht.
Seinen verwanten ist Beowulf wolgesinnt, seinen Unter-
tanen mild (wofür aber erst in den letzten zeilen ein paar
adjectiva auftreten; vgl. übrigens § 87. 90. 91. 93), daher bei
allen beliebt.
Die häufigen bezeichnungen für 'alt' habe ich neben yldesta in diese
gruppe aufgenommen ; sie gehören begrifflich genommen unter die angaben
der existenzdauer (§ 3, 5, a), aber die anwendung im alten epos verbindet
damit ein Btarkes geftihl der Wertschätzung ('alt' = 'erfahren', 'ehr-
würdig'), so dass sie unter die typischen eigenschaften eingereiht werden
Verhältnis zu andern: yldesta 258. 363, eald 2210, eaWdaford
2778, gomol 2421. 2793. 2817. 2851. 3095, fröd 2209. 2513, här 3136;
- apele 198. 1312, rke 399, e'acen 198; — mitdust 3181, mondwrtrust
3181, leodum liöost 3182, hold (Verhältnis zu Hyjelac) 1979. 2170; - Uof
356
SCIIEINERT
203. 1876. 1994. 2897. 3079. 3108. 3142; vocativ: 1216. 1758. 1854. 1987.
2663, leofesla 2823, deore (für Hroöjar) 1879, ma him (Hreöel) ladra ...
2432, jram (gegen Grendel) 765.
§ 13. Sehr beliebt sind angaben über a) die fähigkeit
der gesamnitpersönlichkeit — besonders göd = Süchtig
wacker', unserm 'leistungsfähig' entsprechend — und b) adjec-
tiva, die das gefühl widergeben, mit dem man Beowulf be-
trachtet: 'berühmt', 'geehrt'.
Hof, mit dem ans den übrigen germanischen sprachen wol bloss ahd.
ruova zusammenzustellen ist, im ags. bloss ein poetisches wort, wird auch
wegen seiner fähigkeit, vielfach Verbindungen einzugehen, eine so allgemeine
bedcutung wie 'berühmt1 haben. Ks ist aber nicht ausgeschlossen, d&a
composita wie beaduröf, hcaporof hier und da in die bedcutung 'tapfer'
übergegangen sind oder ihr wenigstens nahe kommen.
'Tüchtig': S6d 195. 205. 384. 675. 1190. 1518. 1595. 2184.2327.
2390. 2563. 3036, gumcystum göd 2543, ärgod 2342, betsta 947. 1750.
1871, selra wtw'g ... 860. 1850, betera 1703, unsinnig 2089. — 'Be-
rühmt': rof 1793. 2538. 2690, eüenrof 340. 358. 3063, dddum ro/* 2666.
beadurof 31(50, hcaporof 381, hijeröf 204, mctre 1301. 1761. 2587, män
peoden ('hehr', 'erhaben') 797. 1598. 2572. 2721. 2788. 3141, widcud 1480,
güÖum etil) 2178, Hriadig 2189, wcorÖ Denum 1814, ttibmg . . . riers
tci/rira 861, fyrdwyrpc 1316, tceordfullost 3099, dorne sewurpad 1^45.
— Schicksal: sigoriadig 1311. 2352.
§ 14. Für Beowulf, der den mittelpunkt des interesses
einnimmt, gibt es natürlich auch eine grosse anzahl adjectiva.
die zustände ausdrücken. Von physischen eigenschaften er-
scheint bloss 'blutig', das durch seine anwendung bei jedem
kämpfe situationstypisch wird. Die übrigen sind, wie trnräd,
on möde from, äusserungen seines Charakters in bezug auf
einen ganz bestimmten fall; teils geben sie die Stimmung an:
'freude', 'betrübnis' und (wider durch anwendung bei jedem
kämpfe situationstypisch) 'zorn\
Zustände: füh ('blutig') 420; - sides füs 1475, güpe gcfyscd 630,
he p<vs modig wa?s 1508, on mode from pai . . . 2527, rmerÖa gemyndi.;
1530; Man 2183, eann 2368, ne earmra ... 577; — gebolgen 1539. 255a
torne g. 2401, bolgenmod 709, yrre 1532. 1575, heorogrim 1564, rejx
1584, anrrtd 1529. 1575; goldtdanc 1881, since hrimig 1882, glocdmöd
1785, hreoh 1564, teerigmod 1543.
§ 15. Die angaben über existenz etc. (z.b. 'gesund' =
'aus einem kämpfe lebendig hervorgegangen'), die determina-
tiva, die mitverben verbundenen, und die modal modifizierten
aussagen bedürfen keiner besonderen erklärung.
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APJT5CTIVA IM BE0WTTLFEP09,
357
'Am leben': cnihtwesende 372, umborwesende 1187, syfanwintre
2428; heaöoldces häl 1974, cwic 3093, gesund 1628. 1998, nces fckge 2141,
lifigaxde 1973. 2665. - 'Matt, wund': stpes wer ig 579. 1794, hildesced
2723, «wirf 2753, eüensioc 2787, headosioc 2754, feorhbennum sioc 2740,
siexbcnnum sioc 2904, dreorig 2789, heorodreorig 2720, aWres orwena
1565. — 'Tot': ecddorleas 3003, sawolleas 3033, deadbedde fast 2901,
unlifigende 2908. — Determinativ: feorrancund 1795, upfan^ 759,
uppriht 2092. — Mit verb: nc Ämc ... micles icyröne ... geddn wolde
2185, ... wearÖ .. gefcegra 915. — Eigene meinung: n€ tnc hnahran . . .
677. — Falsche meinung andrer: s/e'ac 2187, unfrom 2188, «c s»£e-
Are% . . 1597. - Wunsch: hn&widig 1708, dreore fäJi U7, dcbdum
gedefe 1227 Wra tf<5c 1220, <fa<% 1225. - Bedingt: ctric 2785, /bi*
jwtten 1479, /toufcrdpuro /a?sf 636. - Vgl. § 34.
Hroöjar.
§ 16. Vergleicht man die anwendung der auf HroÖsar
bezogenen adjectiva, so zeigt sich, dass die mittel der Charak-
terisierung bei beiden fürsten die gleichen sind, nur dass
Hroösar seltener vorkommt, und dass er von anfang an der
gereifte, kluge, ehrwürdige herscher ist, als der Beowulf erst
am ende des gedichts erscheint. Deshalb wird bloss die Ver-
teilung anders, vgl. die Übersicht § 21. Hervorzuheben ist
nur, dass die allgemeineren angaben, wie die über tüchtig-
keit, eindruck, bei Hrodgar gegenüber den anderen melir
hervortreten als bei Beowulf.
£eatolic, von geatwe, 'rüstung, ausstattung ' , kann natürlich bloss
heissen 'bereit gemacht, ausgestattet' (vgl. § 161), das ist 'trefflich, ge-
schmückt' (wie übrigens Sweet richtig angibt: 'adorned, splendid'), nicht
aber 'stattlich', wie man es meist übersetzt.
Belege: geatolic 1401; — hildcdeor 1816, drydswyd 131, rümheort
2110; — tri* 1318. 1400. 1698, snotor 190. 1313. 1384. 1475. 1786. 2156;
— eald 357. 1702. 1874, gomol 1397. 1677. 1792. 2105, gomelfeax 608,
Uondenfeax 1791. 1873, fröd 279. 1306, infrod 1874, wintrum frod 1724,
här 1307. 1678, unhar 357; — cepelum gud 1870, r'tce 310, glced 863,
glmlman 367, hold 376, leof 618. 1483; - god 279. 347. 355. 863. 1486,
ärgöd 130, seiest 1685; — güdrof 608, sigeröf 619, mitre 270. 1474.
2011, mcbre ßeoden 129. 201. 345. 353. 1046. 1992, widcüß 1042, tirfast
922, cystum gecyped 923, orlcahtre 1886. — Zustände: unblide 130,
hreohmod 2132. — Imperativ: gloed 1173, geofena gemyndig 1173,
blide 617, sorhleas 1672. - Gruss: hol 407.
Andere beiden.
§ 17. Genau das gleiche widerholt sich bei allen andern
neiden: so ist Hy^elac, ebenso Wiglaf der 'junge', OngenJ>eow
358
SCHEIHERT
der 'alte' held, und auch die mannen sind stets 'kühn, klug.
tüchtig, berühmt'. Es würde sich deshalb nicht lohnen, alle
einzelheiten für Scyld, Beowulf L, Offa etc. aufzuführen. Als
beispiel gebe ich noch:
Beowulf» mannen: byrnum icercdc 238. 2529, sctrhame 18Öä
searwum geanre 1813; — hildedeore 3169, fyrdhtrate 1641, frome 1641,
stöfrome 1813, cenoste 206, mödige 1876, ne mödiglicran ... 336, ftla-
mödtge 1888, güfimöd 306, sictöferhöe 493, nidhydige 3165, teanite-
«rewte 799; — wis 1413, »nofor 202. 416; — stccts 186a 2518; — jod
2648, 416. 3122; — headonutre 2802, />rt/d«m «fcaZte 494, uyrde
368. — Zustände: fuse to farenne 1805, «rearwe 211, tydre 2847,
«n/e'o/c 2863; — dnmcen 2179, wwfc/ite 3031, unröt 3148, hio faule 3142,
wollentear 3032. — Müde: s&mepe 325. — Determinativ: eipeodig
336, feorran cumen 361. — Meinung: /je he üsic zuneigend göde
tealde, heate helmberend 2641. — Wunach: «da gesunde 318.
Frauen.1)
§ 18. Die frauen, die in der reckendichtung keine be-
deutende rolle spielen, werden auch durch adjectiva bloss ober-
flächlich charakterisiert. Das typische wort, mit dem die er-
scheinung der fürstin verbunden ist, pflegt goldhroden, beag-
hroden zu sein. 'Schön', in der ritterdichtung so häufig, kommt
bloss ein einziges mal vor: 3016. Denn 1941 änlic (Dry&o)
mit 'schön' zu übersetzen, statt der eigentlichen bedeutang
'hervorragend', ergibt keinen für die stelle passenden sinn.
Es kann doch wol bloss gemeint sein 'hervorragend an Stellung'.
Vom normalen typus weicht ab freene 1932 (Dryöo) als nega-
tiver gegentypus, den Dryöo eine Zeitlang vertritt. Die lesart
fremu der hs. nimmt einen 'katachresmos' an, wie ihn der
dichter sonst nicht begeht (den anzunehmen übrigens auch für
Homer mindestens in sehr vielen fällen als falsch erwiesen ist:
vgl. Schuster 1859, bes. s.21. Göbel, lit6).
Wcalh peow: goldhroden 613. 640, beaghroden 623, möde ge/nmge*
G24, unsfeest 626, freolic 615. 641, cynna getnyndig 613, mdre 2016. —
Hyjd: geong 1926, Weitungen 1927, trts 1927, ne gniad gifa 1930, tun
hndh 1929. - Dryöo: goldhroden 1948, ceöelum diore 1949, cenlic 1941,
göde mebre 1952, freene 1932, lifigende 1953. - Hildeburh: drihük
1158, geornor 1075. — Freawaru: geong 2025, goldhroden 2025. -
Beowulfs gemahlin: wundenheord 3151, sorgeearig 3152. — Ongen-
peows gemahlin: golde berofen 2931. — maBjÖ: seyne 3016, golde
bertafod 3018.
') A.Broch, Die Stellung der frau in der ags. poesie, Zürich 1902.
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ADJECTIVA IM BEOWULFEPOS.
Gott.
§ 19. 'Ewigkeit', Weisheit', 'allmacht', 'herrlichkeit'.
eald 945, ece 108. 1692. 1779. 2330. 2796, sc/r 979, sod 1611, witig
685. 1056. 1554. 1841; mihlig 701. 1398. 1716. 1725, vlmihUg 92; haiig
381. 686. 1553, sigehreÖig 94. — Bestimmter fall: este bearnge-
byrdo 945.
Ungeheuer.
§ 20. Von den Ungeheuern, die in gewissem sinne gegen-
typen der helden sind (vgl. Otto, lit. 2, s. 15), ist Grendel am
eindringlichsten charakterisiert. Das äussere wird auch hier
kaum berücksichtigt, hier noch eher erklärlich als bei Beowulf,
da der dichter eben von Grendel keine directe anschauung
haben konnte. Statt 'tapfer' ist Grendel 'wild' und 'grimmig',
statt 'tüchtig' und 'wacker' 'boshaft' und 'schuldbeladen', statt
'berühmt' ein 'verrufenes und widerwärtiges Scheusal', und er
hat ein 'trauriges geschick'. Alle übrigen adjectiva bringen
naturgemäss nichts, was von der darstellung der helden abwiche.
Grendels mutter unterscheidet sich von ihrem söhne
bloss dadurch, dass sie weniger ausführlich behandelt wird;
vom drachen wird ausserdem seine Schlangengestalt, sein
feuer und sein alter hervorgehoben.
Grendel: deorc 160, tnicel 1348, mära ... 1353, foremihtig on
fepe 969. — 'Grimmig': grim 102. 121, dtor 2090, reoc 122, reße
122, gromheort 1682, ctfengrom 2074, grä-dig 121. — Verhältnis zu
andern: lad 132. 841. 1257, tcräd 660. 708, unct'tß 960. — 'Nieder-
trächtig': bealohydig 723, bealetca gemy tidig 2082, teerig 133, fast
on Jx'm (febhte 7 fyrene) 137, inwitpanc (?) 749, fyrendrtdum füh 1001,
mäne faJ\ 978, morpres scyhh'g 1683, ealdres sc. 1338, synnum geswenced
»75, fäg wiö god 811. - ('Entsetzlich'): meegnes ruf 2084, röf
nidgetreorca 682, metre 103. 762, tirleas 843, atol 159. 165. 592. 732.
816.2074, hetelic 1267. — Schicksal: dreama leas 850, dr&ame be-
d<tled 1275, dreamum bedäled 721, hean 1274. 2099, earmsecapen 1352,
femeeaß 973, wons&hg 105. — (Bekanntheit): deogol 275. — Zu-
stände: blodigtoÖ 2082, gcarofolm 2085; — yrre 2073, tjrremod 726,
$ebolgen 723, huöe hremig 124, mdefcs geomor 2100, tetrigmod 844. —
Matt, dem tode nahe, tot': güdwerig 1586, /V^je 846, deadfd'ge
850 (Bugge, Beitr. 12, 89), aldres oncena 1002, feorhseoc 820, Hfbysig
966, fylweng 962, aldorttas 1587. — Determinativ: iWtmwi 761.
— Mit verb: teeard forht . . . 754. — Absicht: «0 idelhetule ...
2081.— Beowulfs wille: noWe ... />onc ctccahncuman aeiene forltetan
792. - Vgl. § 34.
300
SCHETNERT
Drache: Aeusseres: fiftigts fotgcmearces lang 3043, hrin$bo$a
2561, wohbogen 2827; — fyrwylmum fuh 2671, fyre gefysed 2309, fyrt
befangen 2274, bymende 2272. 2569, hat 897. 2296. 2691, nacod 2273. -
Charakter: gearo ('auf der lauer') 2414, stearchcort 2288, heaÖogrim
2691, mudmdfUa vlonc 2833. — Verhältnis zu andern: eatf 2271-
2415. 2760, wintrum frod 2277, ?«<J 2305. 2315. 3040, fäh 2655, gryrefäh
2576, nearofdg 2317. — 'Niederträchtig': /frMa gemyndig 2689.
— 'Entsetzlich': n* syOfcr* ... 3038, wraßic 891, ato/ 2670,
2825, unhiore 2413, /Wen<? 2689. — Zustände: /«/ srfmra ... 2880,
yrre 2669, gebogen 2220. 2304, Are'oAmrfrf 2296. — 'Matt, tot': «irr
wund 2746, trtoufam sfifle 2830, dcaöt fast 3045, ea&frt bercafod 2825.
§ 21. Ein blick auf die folgende übersieht lässt erkennen
dass bei Grendel die allgemeineren eigenschaften die specielleren
in äusserst hohem grade überwiegen (spec. zu allg. = 18 : 31,
bei Beowulf 88 : 50).
Beowulf
Hroöjar
Grendel
drache
^mutant *
vUUB Ulli v .
6
1
4
12
Charakter ....
38
3
8
4
[darunter 'tapfer'
(33)
88
(2)
18
(DJ
7
9
27
7
6
6
10
17
4
tüchtigkeit ....
21
7
11
1
27
50
15
12
31
6
2
8
zus.
138
59
49
33
24
2
ii
5
25
8
4
determinativ ....
3
1
2
1
modal modificiert . . .
12
5
2
zus.
66
7
21
9
im ganzen
204
66
70
42
Tiere.
§ 22. Von tieren ist bloss das ross öfter erwähnt und
mit adjectiven belegt. Es werden sogar zwei färben unter-
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ADJECTIVA IM BEOW ULFEPOS.
361
schieden: 1 weiss' und 'fahl'. Ein paar mal werden die tiere
vermenschlicht (so füs und blidheort für hrefn).
mearh: blanc 856, fealu 865, (rppelfealu 2165; wutidenfea.v 1400,
sadolbeorht 2175, faHedfüeor 1036, swancor 2175, steift 2264; flotrer
mearas lungre gelice 2164. — he Orot: hornum trum 1360. — hafoc:
*öd 2263. - Äre/n: «?on 3024, 6tec 1801, ftfta o/er fe«m 3025, W»«5-
kort 1802.
n. Natur.
§ 23. Die naturerscheinungen beanspruchen in der zeit
der ältesten epen noch nicht das interesse wie im späteren
mittelalter (vgl. ausser Erleraann, lit. 2, O.Lüning, Die natur
in der altgerm. und mhd. epik, Zürich 1889. A. Biese, Die ent-
wicklung des naturgefühls2, Leipzig 1892). So sind die hierher-
gehörigen adjectiva einförmig und einfach: es kommen auch
bloss die grössten und gewöhnlichsten naturerscheinungen vor.
Ausser grossen- und lichtangaben gibt es auch situations-
typen: z. b. 'blutig'. Bemerkenswert ist, dass die allgemeineren
eigenschaften ('herrlich' u.s.w.) äusserst selten sind: man haftet
hier eben wirklich an der anschauung. Die adjectiva, die bei
der Schilderung von Grendels wohnung und vom drachensaal
gebraucht werden, stelle ich zusammen, da sie alle mit einander,
einige allgemein-typische ausgenommen, den eindruck des wider-
wärtigen, unheimlichen hervorrufen sollen.
Erde: wlitebeorht 93, fd>ger (im frtihling) 1136. — Meer: fealu
1950, sid 507. 2394, wid 2473, deop 509. 1904, sealt 1989, weallende
M6. 581; — zustände: dreorig 1417, waldreore fug 1631, blöde fuh
1594, hreo 548. — Gestade: sid 223, teid 1965, stiap {beorgas) 222,
rindig 572. 1224, cuö (heimat) 1912. - Sonne: bcorht 570. 1802,
twtglwered 606, sudan füs 1966. — Frtihling: wuldortorht 1136. —
Nacht: deorc 275. 1790. 2211, wan 651. 702, nipendc 547. 649, sweart
167; ondlong 2938; — wünsch (höf lichkeitsform) : gehHe 1320. —
Unwetter: lad gewidru 1375, cealdost 546, headogrim 548. — Feuer:
MÄC 1517, hat 2522. 2781. 2819, gtfre 1123, W« 83 (lüdbite Hees 1122),
An'm 2650, ma)st 1119. 3143, untc«c/ic 3138 (diese drei vom Scheiterhaufen).
— Rauch: sweart 3145, hat 3148. — beorh ('grabhügel'): heuh 2.S05.
3097. 3157, bräd 3157, miceZ 3098, wide gesyne 3158, nearoera-ftum fast
2243, NMtre 3098, foor/Vf 2803; eallgearo 2241, «iiw 2243; utameeard
2297. — Grendels wohnung: stige nearwe 1409, e/ijc ünpadas 1410,
"ncitö jeiad 1410, dfoei lond 1357, e'aene ear<fa« 1621, gt/nne grutid 1551,
o/er myrean mdr 1405, mistige moras 162, windige nafssas 1358, neowle
1411, 8<ca|) stänhliÖo 1409, o/cr /iamc sfrni 1415, kWh wyrtum fast
1364, Artafe beancas 1363, fcrim weallende 847, ydgeblond won 1374,
Beiträge zur geschieht« der deutschen spräche. XXX. 25
362
SCH EIXE KT
yt)$eblond atol 848, pets wcelmes pt is teide aiö 2135, ceaUe streama*
1261, frecne stowe 1378, nis heoru stow 1372, frecne fen$eläd 1359, wy»-
Uas wie (wudu) 821. 1416. — Drachenwohnnng: on flaute hetpr (?)
2212, under harne stdn 887. 2553. 2744, stänbeorh steapne 2213, #/>i*-
bogan stapulum faste 2718, <?<•<• eordreeed 2719, dryhtsele dyrnne 2320,
/WZ wrertta 7 iriro 2412, burne ... Aof 2547; — s% eldum uneud 22U.
— Land: *M 1733. 2199, trttf 1859, 6rörf 2207, pnne 466, tcW^ 2607,
swets {epel) 520; — gecynde 2197.
m. Erzeugnisse menschlicher tätigkeit.
§ 24. Bei den sächlichen concreten können nicht so häufig
wie bei den handelnd auftretenden personen angaben eines
zustande« vorkommen, sondern die constanten eigenschaften
müssen hier überwiegen. Aber auch hier sind natürlich eigent-
liche eigenschaften der erzeugnisse menschlicher tätigkeit von
den gefühlsausdrücken zu scheiden, mit denen man sie für sich
wertet. Gewisse adjectiva wie 'gross', 'leuchtend' (das übrigens
manchmal 'herrlich, köstlich' zu bedeuten scheint, vgl. bcorht
§ 110 und 111), 'trefflich', 'bewundernswert' finden sich fast bei
allen gegenständen.
Haus.
§ 25. Die auf das haus bezüglichen adjectiva gelten meist
Heorot1), es ist aber kaum eines so speciell, dass es einem
allgemeinen typus widerspräche. Bemerkenswert sind die an-
gaben über die kunstreiche herstellung, die der Angelsachse
offenbar aufs höchste bewunderte: tinibred, irenbendum besmijxkl,
und die über wertvolle Verzierung: goldfdh etc.
beorht 997. 1176. 1199. 2313, torht 313, Mah 82. 116. 713. 919. 1016.
1926. 1984 (JUahsele 647), jeap 1800, horn$eap 82, micel 69, nutst 78,
timbred 307, irenbendum besmtßod 775, «V. fast 998. — 'Verziert':
goldfah 308. 1800, golde geregnad 777, geatolic 308, sinefäh 167, banfä;
780, fetttum fah 716. — 'Trefflich, herrlich': betlic 780. 1925.
seiest 146. 285. 412. 658. 935. 2326, fdtger 522. 773, foremdrost 309. -
Zustände: Iieorodreorig 9ar>, dreorfäh 485, blöde fah 934, tmmft 413-
- Determinativ: idel 146. 413, westen 2456, healf 1087. - Exi-
stenz: ealgearo 77.
Verteidigungswaffen.1)
§ 26. Die rüstung wird einmal füslic genannt. Dies
• ») M. Heyne, Ueber die läge nnd construetion der halle Heorot.
Paderborn 1864.
') H. Lehmann, Brünne und heim im ags. B.-liede, Leipzig 1885;
Ueber die waffen im ags. B.-liede, Germ. 31 (1886), 486.
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ADJECTIVA IM HE0WULFEPOS.
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muss bedeuten: 'in der art und weise eines menschen, der zu
etwas bereit ist (füs)\ also liegt eine art personification vor.
Rüstung: gealolic 215, füslic 232. 2618, ürum sceal siceord 7
heim, byrne 7 byrduscrud bdm gemahne 2660. — Brünne: beorht 3140,
mr 322, grüg 334, hdr 2153, sid 1291. 1444, heard 322. 551. 1553;
- 'aas ringen': bröden 552. 1548. 2755, hondum gebroden 1443,
locen 1505. 1890, hondlocen 322. 551, hringed 1245. 2615, seowed smipes
orpaneum 406; — 'verziert': golde gegyrwed 553, searofäh 1444;
- 'trefflich': betst 453, «e/csf 454; — zustand: swäifäh 1111.
Schwert
§ 27. Das grösste interesse unter den sächlichen con-
creten zieht das schwert an sich. Aber es lässt sich kaum
nachweisen, dass der dichter die vielen Schwerter, die er er-
wähnt, mit adjectiven verschieden zu charakterisieren vermöchte.
Das schwert, das Beowulf bei Grendels mutter findet, ist das
einzige, von dem grosse besonders ausgesagt wird (1560. 1663.
2140). Sonst wird nicht einmal das seax vom 'schwert' unter-
schieden: beide heissen je einmal brdd (1546. 2978). Im übrigen
sind alle Schwerter 'hart', 'scharf, 'verziert' und 'damasciert';
besonderen wert verleiht ihnen ihr 'alter'.
'Leuchtend': brun 2578, brüneeg 1546, leoht 2-192, fah 586.
2701; — 'gross': bräd 1546. 2978, iaem 1663. 2140, märe Öontie ...
(560; - 'fest': heard 540. 988. 1566. 1574. 2037. 2509. 2638. 2829.
2987, scurheard 1033, icundrum heard 2687, ahyrded heaposteäte 1459,
ttfd 1533; — 'scharf: biter 2704, beadusecarp 2704, headoscearp
fhs. -sceard) 2829, eegum dyhtig 1287. 1558, eegum unsläw (Iis. ungleaw)
2564; — 'eisern': tren 1458. 2778, styleeg 1533; — Herstellung,
form: hamere gepuren 1285, banden 1285, hiUed 2987, wreoßenhilt
1698; - «damasciert': brodenrndl 1616. 1667, hringmctl 1521. 1564.
2087, mmdenmdhl 1531, sceadenmdl 1939, grtfcgnuil 2682, teyrmfäh 1698,
«ttrtanum fith (?) 1459; — 'verziert': fdted 2701, hyrsttd 672,
f'unden golde 1900, trnrffum blinden 1531, ^o/r/e gegyrwed 2192, geatulic
1562. 2154; — 'trefflich, herrlich, kostbar': jdd 1562, <*r£o<7
989. 2586, säest 1144, wps sc/ra ... 2193; — irlitig 1662, wratlic 1489,
<tyre 561. 1528. 2050. 3048, metre 1023, dryhtlic 892, fr'o/I/c 1809; —
Schicksal: sigeeadig 1557; — 'alt': ea/d 795. 1488. 1558. 1663. 2616.
2979, gomol 2563. 2610. 2682; — 'von riesen stammend': eoteniac
1558.2616.2979; — zustände: swdtig 1569, sieäte fah 1288, nacorf
539. 2585, tse jeteost 1608, imps fracod 1576; - vergleich: Äe
fane gubwine gödne tealde, wigerceftigne 1810 f., nces . . . mtitost magen-
Mtuma 1455. — Schwertgriff: gyUkn 1677, süic* fäh 1615,
1688.
25*
3G4
SCHEINEST
Kostbarkeiten.
§ 28. Die kleinode weisen keine besonders charakteri-
sierenden adjectiva auf. Von gold werden zwei arten unter-
schieden: brdd == fceted, und wunden, wonach es auch zwei
arten ringe gibt. Auffällig dürfte erscheinen, dass das gold
nie 'rot' genannt wird, wie es doch in der späteren diclitung
so oft geschieht, auch schon in der ags. Genesis ein paar mal.
Kostbarkeiten: beorht 214. 895, ««£«12749 (Rieger, Zs. fdph
3,411 sigle nach 1157 sigla searogimma), golde gegyrtced 1028, ncttu; ...
selra 1197, deore 2230. 3131, cald 472; vgl. ealdgestreon 1381. 1457.
longgestreon 2240, heahgeatreon 2302 ; — ... tcesan . . . mdfmws genunu
1860, wie sceal icorn fela mdpma gemanra 1784. — Ring: fotted 1750,
locen 2995, searwttm gesäled 2764, mast 1195, gylden 1163. 2809, wraiik
2173. — Gold: brdd 3105, fcHcd 1093. 2102. 2246 (fvlgold 1921), imwfa
1193. 1382. 3134, sc/r 1694, galdre bewunden 3052; — besonder-
heiten: hdöen 2276, unnyt 3168, gründe geteilte 2758.
Schiff.
§ 29. Für das schiff hat der dichter eine reihe ebenso
eigenartiger als charakteristischer worte zur Verfügung, die
besonders grösse und form bezeichnen.
sctgedp 1896, 8tdfa>pme(d) 302. 1917, bront 238, bunden 216,
bundenstefna 1910, hringedstefna 32. 1131. 1897, wundenstefna 220,
wundenfialx 298, jdd 199, teynsum 1919. — Zustände: fämigheal*
218. 1909, niwtyrwyd 295, faj 33, tit/tia 33, on ancre fa>st 303, oiwrr-
bendum fast 19ia — Vergleich: /wj/e ^d/cosf 218.
Reste.
§ 30. Von anderen sächlichen concreten, deren darstellimg
vom erwähnten nichts charakteristisch verschiedenes bringt,
bloss ein paar beispiele.
Strasse: fealu 916, stdnfah 320; vgl. widteegas 840. 1704; dp
1634; — meinung: dar htm foldwegas fägere pühton, cystum ebb
866f. - Gaben: from 21. — Bier: setr 496. — Ansserdero
kommen adjectiva vor bei hrof, dum, fldr (setl, stede), rest, bcncßel; heim,
scyld, gar, strctl, eofor; segen, wdge, fatu; aadol, web, tcalbend, glöt-
ttord, yrfe, bebt, hordwyn.
IV. Teilbegriffo, allgemeinere begriffe und abstracta.
§ 31. Die noch zu behandelnden Substantivgruppen sind
ausser worten für körper und körperteile allgemeinere und
abstracte ausdrücke. Unter all diesen befinden sich eine
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ADJECTIVA IM BEOWULFEPOS
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menge, die lebensäusserungen und ähnliches einer person be-
zeichnen (§ 5,4), so 'laute', 'worte', oder sonst etwas, das zu
personen in beziehung steht — 'verstand', 'liebe', 'rühm' — ,
so dass jede diesen beigelegte eigenschaft stets auch die person
mit charakterisiert. Genau genommen sind drei arten zu
scheiden:
1) Begriffe, die allgemein gebraucht sind, ohne beziehung
auf ein übergeordnetes ganzes, mit typisch constantem adjec-
tivum: atol yldo 1766.
2) Begriffe, die mit specieller beziehung auf bestimmte
Verhältnisse gebraucht sind — wie etwa die art eines kampfes
auch die kämpfer mit charakterisiert — , die aber ein so all-
gemeines lediglich intensivierendes, bei jeder verwanten an-
wendung nahezu constant widerkehrendes adjectiv beigelegt
erhalten, dass zur Charakteristik des speciellen f alles nichts
weiter beigetragen wird: jeden kämpf nennt der dichter 'ge-
waltig' oder 'entsetzlich'.
3) Begriffe, die durch das adjectivum in eine ganz be-
stimmte beziehung zu einem dritten gebracht werden, z. b.
841 no his lifceddl sdrUc pMe sccga cenegum. Es sind also
sowol Substantiv als adjectiv speciell gebraucht.
Die ersten beiden gruppen kann man natürlich als begriffe
mit typisch constanten adjectiven vereint betrachten und ihnen
die dritte (bei der in den Übersichten ein grösserer zusammen-
sang mitgeteilt werden muss) gegenüberstellen. Bei dieser
kann aber (abgesehen von bloss determinierenden angaben)
die indirecte art der typisierung (§5,4) eintreten, so dass
kein adjectivum aus dem rahmen der typischen anschauungen
herauszufallen braucht.
1. Begriffe mit typischen eigenschaften.
§ 32. Zu der ersten gruppe, die sich im anhang leicht
übersehen lasst, bloss ein paar anmerkungen: bei 'griff, 'schlag'
stellt man sich stets die höchste intensität vor, daher epitheta
wie atol, heard, grim, ne mdra. Qerdd von $i>cl heisst offenbar
'klug' und 'wolgebaut', syllic 'herrlich'; soÖ für syd deutet
wol ausser der beziehung auf wirkliche lebensereignisse auch
Überzeugungskraft an; mit sdrUc durch and verbunden ergibt
366
8C11 KI NE RT
es eine seltsame combination (trotz der bei Wright-Wülker,
Vocabularies2 belegten sdrltc sang trenos I 129, 20, 5. Iiis can-
tilena 198,21, s.lcoÖ tragoedia 502,13), denn söÖ ist typisch,
sdrlic kann es kaum sein. Man könnte aber recht wol daran
denkeu, mit Grein scarolic zu lesen, wenn man sich nicht daran
stossen will, dass in derselben zeile noch ein wort mit der-
selben bedeutung (syllfc) vorkommt. Ueber füslic in Verbindung
mit fyrdlcoÖ s. § 26. Grcedig von gudleoÖ ist übertragen ge-
braucht. Dass die adjectiva bei 'kämpf, ebenso bei 'bosheit'.
'leid', 'sorge' typisch sind, ergibt sich schon aus ihrer regel-
mässigen widerkehr in den verschiedensten fällen.
Weitaus die meisten hier gebrauchten adjectiva enthalten
gefühlsangaben, seien es ursprüngliche (z.b. atol), seien es
von physischen eigenschaf ten her übertragene (z. b. heard), vgl.
§ 104 und 155.
Leib, leben, tod, alter, Schicksal, weit: fktsehoma : ßfi
1568; Uchoma : Idne 1754, fdge 1755; feorh : Id-ne 2845, to vidan
feore 933. 2014; trund : ualblät 2725 (vgl. § 49), yldo : atol 1766; dtad:
biö sdla ponne edtcitlif 28<W ; — geasceafl : grim 1234 ; gesceaß : law
1622. — Lebensänsserungen: magen : modig 670; dam : heard
963. 133T», atol 1502; grap : grim 1542; mundgripe : nc mära ... 753:
heurosueng : heard 1590; — dream : hlüd 89; stefn : headotorht 2558;
MM£ scopes : stcutol 90; 9pd : geräd 873, syft/c 2109; vgl. eahl^e<t^n
869; jyd : frfJ 2109, «drifc (?) 2109; fyrdleod : fuslic 1424; juM'oJ :
grddig 1522; morgenstreg : mied 129. — Lebensereignisse: 5id :
teid 877, sorhfuU 512. 1278. 1429, jdocor 765, im? . . . ede 2586, .../w*
/>e /<<//< yßlädc eajje irurdon 228; £m<3 : grim 527; A/M : heorogrim 1847:
eegpraeu : afo/ 596; imeitseear : «fof 2478; feorhbealn : /Wen* 2250
2537; sweordbealu : s//ö>n 1147; ;et*yM : sftfe 2398; imUU : htard
2474; feoAfe : «« heardre ... 576; /aVid : md-st 459; Äo«a>«iof : M
tesai ... 2354; - /Kam : domleas (ddd) 2890; - friodowdr : fH
1096. - Verstand, gunst, furcht, freude: andgit : biö seiest
1059; &t : estum midum 958; ^es« : atdic 784; jryre : jr/W/c 3011:
medudream : »ir mara .. . 2016; trorolde irtjn : mdst 1079. — Bosheit
— leid: fiten : ondrysne 1932; mö : s/zfo 184, uncitö 276; Äyndo :
heard 166; hreöerbealo : heard 1343; Uodbealo : longsum 1722; kj^-
&<yi/o : 193; nydtcracu : nifigrim 193; getrin : strotig 133, ■««""'
191, fcM 133. 192, eaW 1782, tof^nm 133. 192; eeartfl : cwi/d 2396;
/>«i#/ : m/c<7 2849. — Leid — knmraer: tom : unlytel 833; tente :
mied 170; Sorg : «ttf 149; ht/gesorg : mmM 2328; hcortan sorg : k*^-
//We 2464; »wdecant : mtoel 1778; /4r<wa ... : *ornos< 2129; — M :
(eorAi 158. — Kuhni, botschaft, zeichen, wunder: rföm : vidytd
885; to/ : longsum 1536; ctrtwfc : mied 270; ofost : Mos* 3007, t8tä
256; Mcen : sieeofo/ 141. 833; tewm/or : micel 771; rtW : eaW 2330.
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ADJECTIVA IM BEOWÜLFEFO0.
307
2. Begriffe mit eigenschaften, die eine specielle
beziehung zu einem dritten angeben oder von diesem
abhängen.
§ 33. Ueber die begriffe mit eigenschaf tsangaben , die
eine specielle beziehung zu einem dritten angeben, gilt das
§ 31 ende bemerkte. Manche der determinativen Verhältnisse
erscheinen als schwerflüssige Umschreibungen einfach verbaler
ausdrücke (vgl. Panzer, lit. 1, s. 12), z. b. pcer tcces ... feorh
Ü6$en$t 2123, Öd wces . . . deaÖ uttgemete neah 2728, HceÖcynne
wcarÖ . . . güÖ onscege 2483.
Die Zusammenstellung der ausdrücke für kör per teile
zeigt wider, wie wenig sinn für die äussere erscheinung der
lebewesen der dichter gehabt hat: ein grosser teil der ver-
wendeten adjectiva gehört den gefühlsangaben an, und im
ganzen gibt es überhaupt nicht viele. Weit mehr interessiert
körperliche kraft. Dced bietet natürlich gelegenheit zur
an wendung der verschiedensten adjectiva: es kommen aber
bloss ein paar extrem positive und extrem negative all-
gemeiner art vor. Die ausdrücke für sinn, gemüt sind ziem-
lich häufig, fast stellvertretend für die person selbst — doch
sind sie in diesem gebrauche in der späteren poesie viel zahl-
reicher. Die dazu gehörigen adjectiva (constant oder zuständ-
lich) haben meist ihre parallelen unter den auf die personen
direct bezogenen.
Die wirklich charakterisierenden adjectiva dieser gruppe
ordnen sich den sonst üblichen typen mit wenigen ausnahmen
(z.b. dnfeald) völlig bei. Es sind meist gefühlsangaben, ab-
gesehen von den psychischen eigenschaften bei 'sinn', 'wort'
u. s. w.
Leben: nö fion longe uxes feorh ceßelinges (B.) flcbscc bewunden
2424; fictr wces JEschere ... feorh üdgenge 2123; on swä geonjum
feore (B.) 1843; B.: nü ic on mäÖma hord mitte bebohte fr öde feorhleje
2800; feorh alegdc, hckfrene sawle (G.) 852; ne his (G.) lifdagas leoda
(inigum nytte tealde (B.) 794.
Schlaf: ... ßonne se tceard swefcd, srncelc hyrdc; biÖ se sldy tö
fast, bisgum gebunden 1742 f.
Tod: Öd wces call sceacen dogorjcrimc*, diad ungemcte neah
(für B.) 2728; scolde his (G.) aldorgedM . . . carmlic wurÖan 805; nö
his (G.) Ufeedäl särlic puhte secga ctnegum 841; syöÖan undcme Fron-
cum 7 Frysum fyll cymnges (Hl.) wide weorÖeö 2911.
.308
SCHEINERT
Schicksal: him (B.) irrrs ... tcyrd ungemete neah 2420; (ün-
ferft:) donne tcene ic to pe (B.) tcyrsan gepingea, ... gif />u Gre*dle%
dearst ... nean bidan 525; heoldon he ah gesceap (Beowulfs mannen
durch des herren tod) 3084; tcas />crt gifede to swid (B.'s tod) 3085.
Leib: no Py d>r in gescod (G.'s matter) hälan Uce (B.) 1503;
ac he (G.) ntf (B.) hahban teile dreore fähne byred blodig tr<rl (B.)
448; ac gesecan sceal . . . j&tfr Ai« Uchoma legerbedde fast steefed öfter
st/mle 1007.
Körperteile: Blut: hat (G.) 849. 1423; (G. Gm.) 1616. 1668; (4)
1558; nafne hm (B.) his wlite Uoge, ctnlic ansyn 251; Grendles Maf od
. . . egeslic for eorlum 7 />(£re iWesc mid 1648; wliteseon wrcetlic: vertu
on sdtcon (heafod, vgl. 1648) 1650; jxet ic on pone hafelan heorodrio-
rigne (G.) ... 1780; him (G.) o/" eagum stöd ligge geltcost leoht un-
fäger 727; ir^s s/o hand to strong (B.) 2684; Peer tmc Airife tr<r«
/mwZ gemetne (Gm., B.)2137; Äco(Gm.) under lieolfre genam cüpe folmt
(G.) 1303; />«*< Wo (Gm.) />ow€ fyrdhom durhfön ne mihte ... laßan
flngrum 1505; hilderinces (G.) cjZ un/ieoru 987; foran aghtcyle was
stidra ntrgla style geltcost (G.)984; Itcais eabie ymbef eng (d.) biteran
bänum 2692; him on eaxle wearÖ syndolh stceotol (G.) 817.
Kraft: Ite pe a?t sunde oferflät, lupfde mdre mtrgen 518; craß 7
cenÖu swä him (Wl.) gecynde ica>s 2696; soÖ ic talige, pert ic merestren^o
mär an dhte ... Öontie dmig oper man 533; ac he mancynties mdsU
ercefte . . . heold hildedeor (B.) 2181 ; Öd teces . . . Grendles güberceft ^umum
undyrne 127.
Tat: fordon he (B.) manna mast marda gefremede, dteda dollicra
2645; (B.) ne gehtco'per incer swd d*'orlice detd gefremede 585; (B.) k
gefremman sceal eorlic eilen 637; bearn Ecgdeowes, gutna güdum cid.
god um dddum 2177; no Öy d*r he (HreÖel) Pone headorinc (seinen söhn
HeeÖcyn) hatian ne meahte IdÖum dxedum 2467; dna geneöde frecut
ÜCbdt (Sigemund) 889.
Schutz: (Wl.) ic him UfwraÖe lytle meahte tetgifan a?t güde 2S77.
Untat — leid: ond his md>g ofscet, brodor oÖerne ... pect tetrs
feohleas g efe oht, fyrenum gesyngad 2441 ; me wearÖ Grendles pin;
on minre epeltyrf undyrne cuÖ 409; icais /xe« wyrmes wig teide
syne 2316; eft gefremede mordbeala mdre (G.) 136; (Hl. zu B.) ac ou
UroÖgttre wt de itdne teean wihte gebe'ttest 1991; — ( Wl.) ponne we geheton
üssum Ida forde . . . pwt we him dä gitÖgetawa gyUlan woldon, gif hitu
Pyslicu pearf gelumpe 2637; — ond />a ceartcylmas cölran tcurÖaP 282:
— hetentdas trag sing die scece (G.) 154; pd teas synn 7 sacu
Sicco na 7 Geata tcro/tt g ernte ne 2472; Haöcynne weard . . . güd oh-
srtge 2483; pter wtes Hondscio hild onsdfge 2076; peet is undyrne ...
mdre (conjectur) gemeting monegum ftra, hteyle orlecg (coujectur) -htril
unter Grendles wcard on dam wonge 2000.
Friede, verw antschaft: (B.) p$ ic HeaÖo-Bcardna hyldo ne Ufa
dryhiiibbe ddl Dcnum unfd>cne, freondseipe feestne 2068; (H3. zu B.)
heald forÖ tela niwe sibbe 949; (Hl. zu B.) ha fast pu gefered pai pü*
[oleum sceal, Geata leodum 7 Gur-TJenum sib gemtine ... 1857.
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ADJECTIVA IM BEOWüLFEPOS
369
Sinn: geJiwylc hiora his ferhpe treowde, pat he (UnferÖ) hafde mod
micel 1167; (B.) we ßurh holdne hige hldford pinne se'cean cwomon 267;
(B.) ic fxrs Hrodgdr mag purh rümne sefan rdd gelaran 278; hü mihtig
god manna ct/nne Purh sidne sefan snytlru bryttad 1726; hwapere htm
on ferhpe greow breosthord blodreow (Heremod) 1719; eald ascte/ga
seöe call geman, gdrcwealm gumena (him bid grim sefa) 2043; (B. zu Un-
ferÖ) . . . Pat netfre Grendel sxeä fela yryra gefremede . . . , gif pin hige
lettre, sefa sied searogrim . . . 593; was his mödsefa manegum gecyped
tci's 7 wisdom (Wnlfgar) 349; pe pü gystran niht Grendel ewealdest purh
hetstne häd 1335; ne meahte wekfre mod forhabban in hrepre (GuÖlaf
und Oslaf) 1150; — ... nas him (B.) hrioh sefa 2180; him (Scylds
mannen) was geomor sefa, murnende mud 49; him (B.) was geomor
sefa, wafre 7 walfüs 2419; him (Wl.) was sefa geomor 2632; pa
teees fröd cyning (Hj.) ... on hreon mode 1307; pä was beorges teeard
(d.) tefter headuswenge on hreoum mode 2581; breost innan weoll peo-
stfum geponeum (B.) 2332; hyge was him hinfus 755.
Liebe, gedanke, rat: (B. zu Hj.) gif ic ponnc on eorpan weihte
meeg P'mre modlufan mär an tilian Öonne ic gyt dyde ... 1823; sydÖan
Ingelde weallaÖ walnidas oml him wiflufan after cearteylmum c '61 r an
teeordad 2065; (der strandhütcr) mtnne gehyrad änfealdne gepoht 256;
gehyrde on Beowulfe folees hyrde fastrddne gepoht 610; (H3. zu B.)
nü is se rdd gelang eft cet Pe änum 1376; him bebeorgan ne con teom
tcundorbebodum (?) wergan gdstes 1747.
Graus: tca>s se gryre lassa (Gm.) efne swä mich swä bid magpa
crcpft ... be wdpnedmen 1282.
Wolwollen: üs was d syödan Merewioingas milts ungyfede 2921.
Aeusserung: pärape ... wdp gehyrdon gryreleod galan godes ond-
sacan, sigeleasne sang 787; ponne he gyd tvreee, sdrigne san%, ponnc
his sunu hangaÖ hrefne to hruÖre 2447; stieg tip astdh nitre geneahhe 1K\.
Wort: sydÖan mandryhten (Hl.) ... holdne (B.) gegritte meaglum
wordum 1980; (W|>. zu H3.) ond to Geatum sprac mild um tcordum 1172;
hlyn swynsode, word w(tron wynsume 612; gyf ponne Frysna hteylc
freenan sprace Öirs morÖorhetes myndgiend tedre 1104; manaö sicä 7
vtyndgaÖ mdla gehwylce sdrum wordum 2058; pa was at dam geongum
(Wl.) grim ondstearu eÖbegete 2860; sied se steg hwata seeggende teces
Iddra spella (B.'s tod) 3029; lyt steigode niicra spclla sede nas gerdd
(B.'8 tod) 2898; Pat was pdm gomelan (B.) gingaste word breostgehyg-
dum 2817; hwilum gyd awrac ... sdrlic (?) 2108.
Gabe, kauf, tausch: fyftyne men 7 oder swylc dt offerede (G.),
läölieu Idc 1584; teeard unhtore ... goldmdömas hcohl ... nas peti
yde ceap to gegangennc gttmena anigum 2415; peahde öder his culdre
gebohte heardan ceape : Iladcynnc weard ... gud onsdge 2482; gotnela
Sedfing, ac forgeald hrade teyrsan wrirle tealhlem pone 2969: ne was
pai gcicrixle til pat hie on bd healfa biegan scoldon freonda feorum 1304;
hweepre he gemunde magenes strenge, gin faste gife de him god sealde
1271; ac he maneynnes mdste crafte (vielleicht doch strenge, wie Traut-
mann liest), ginfastan gife pe him god sealde, heoUl hildedcor (B.) 2182.
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370
SCHEINERT
Recht, sitte, art: ne biö sieylc cwenlic peaw (Drrfto) idese to
efnanne . . . Jxette freoduwebbe feores onsece . . . Uofne mannan 1940; *«•«
sceal mag dann, neaUes ... dyrnum crafte (Hat) dcaö renian hondgc-
steallan 2168; he tö ford gestop dyrnan crafte, dracan hiafdc neah 2290;
tca>8 se fruma egeslic leodum on lande (d.) 2309. Vgl. § 144. 146. 147.
3. Die stellen aus § 33, die sich auf Beowulf und
auf Grendel beziehen.
§ 34. Um darzulegen, wie diese angaben der darstellung
einer person dienen, gebe ich noch ein Verzeichnis all der eben
angeführten ausdrücke, die sich auf Beowulf und auf Grendel
beziehen:
Beowulf: no py dr in gescod hdlan lice 1503; da was eaü seeacen
dögorgerfm es, dt ad ungern et e n c a h 2728 ; h im was . . . wyrd ungemete
neah 2420; no ßon longe was feorh apelinges flasce bewunden 2-424;
pat was pdm gomelan (B.) gingaste ward breostgehygdum 2817; on
swd geongum feore (B.) 1843; nü ic on mddma hord mine btbohte
fröde feorhlege 2800; — nafne him his urlite leoge, änlic ansyn 2M;
was sio hand to strong 2684; sod ic talige, fiat ic merestrengo mär an
dhte ... dornte anig oper man 533; ac he mancynnes mauste crafte heold
2181; hwajjre he gemunde magencs strenge, gin faste gife, de him god
seahlc 1271; vgl. 2182; ßar unc hwilc was hand gemahne (B., Gm.) 2137;
fordon he manna nutst marda gefremede, däda dollicra 2645; ne gc-
hwaper incer nca deorlice däd gefremede 585; ic gefremman sceal eorlic
eilen 637; we ßmrh holdne hige hldford pinne ... secean cwomon 267;
IC pas Jlrödgär mag purh rümne sefan räd gcldran 278; pe pü gystran
niht Grendel ewealdest purh hdstne had 1335; HU is se rdd gelong eß
at pe dnum 1376; heold on he ah gesceap (B.'s mannen durch seinen tod)
3084; was Jxet gifede 16 swyd (B.s tod) 3085; heald ford tela ntwi
tibbe 949; bearn Kcgdeowes, guma güdum cüd, god um dadum 2177;
pat is uudyrne . . . mä re (conjectur Greius) gemeting monegum f'tra, hwylc
orlecghicil uncer Grendles weard on dam wonge 2000; donne wene ie tö
Pc wyrsan gepingea, ... grimre gude gif pü Grendles dearst nean bidan
525; gif him Pyslicu pearf gelumpe 2637; ne inc etnig mon ... beUa*
mihte sorh fulne sid 512; gode pancedon, pas pe him ypidde eaße
wurdon 228; ne was Jxit epe sid, Pat se mära maga Healfdenes gruml-
wong Jwne ofgyfan wolde 2586; — nas him hreoh sefa (er war nicht
traurig, denn er war nicht mehr verachtet wie früher: 2183) 2180; huw
was geomor sefa, wdifre 7 walfüs 2419; breost tnnan weoll peostrum
geponeum 2332; (B. zu Hj.) gif ic ponne on eorPan owihte mag pinre
mödlufan mdran tilian donne ic gyt dyde ic beo gearo sona 1823;
gehyrdc on Beowulf e folees hyrde fastradne gepoht 610; — swd sc teeg
hwata seeggende was Iddra spella (B/s tod) 3029; lyt swigode niwra
spella se de nas gerdd (B.'s tod) 2898; ond /je pat selre geclos, ece retdas
1760; byred blodig wal (möchte G.) 448-
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ADJECTIVA IM BEOWULFEPOS.
371
Grendel: him on eaxle tceard si/ndolh stceotol 817; ... on pone
hafelan heorodreorigne 1780; UM : hat 849. 1423. (1616. 1668);
Grendles heafod ... egeslic 1648; wlüeseon icratltc: teeras on sätcon
1650; hifH of eagum stod ligge gelicost leoht unfdger 727: heo under
heolfre genam ciifrc (ohne 1303: hilderinres egl unheoru 987; foran
äghicylc wees stidra nagla style gelicost 984; Öd tects ... Greixdles
güderceft gumum undyrne 127; me veard Grendles ping on minre epel-
tijrf undyrne cüd 409; eft gefremede moröbeala mdre 136; donne
teene ic tö pe ... wyrsan gefiingea, grimre gi'ide, gif pü Grendles dearst
nean bidan 526; heteniÖas tco?g singnle sirce 154; feorh älegde,
hctßene siticle 852; ne his lifdagas leoda dnigum nytte iealde 793; nö
his Ufgedal sürltc pühte seega cenegum 841; scolde his aldorgeddl ...
earmlic tcurdan 805; Pat xcces geocor siÖ, pat se hearmscapa to Heo-
rute ateah 765; hyge was him hinfüs 755; ... gryreleoÖ galan godes
ondsacan, sigeleasne sang 787; b\ir abidan sceal . . . mielan domcsOlS.
§ 35. Es handelt sich nunmehr darum, den gesammten
adjectivschatz, aus dem der dichter die mittel für die im vorigen
abschnitt besprochene darstellungsweise schöpft, übersichtlich
darzustellen. Auf grund von § 3 und § 5 bilde ich folgende
gruppen: I) Angaben über existenz, existenzfähigkeit, existenz-
dauer. — II) Physische eigenschaften. — III) Persönliche eigen-
schaften. — IV) Angaben über das Verhältnis zur Umgebung.
— V) Angaben über gesammtfähigkeit. — VI) Angaben über
den gefühlseindruck. — VII) Angaben über das Schicksal. —
VIII) Zustandsangaben (parallelen zu II bis VII). — IX) Spe-
ciale Charakteristik, logisch gebrauchte adjectiva. — X) Deter-
minativa; Zeitangaben. — XI) Angaben über intellectuelle auf-
fassung. — XII) Impersonalia, verbaladjectiva. Zur begründung
dieser einteilung, soweit sie sich nicht aus § 3 ergibt, folgende
bemerkungen:
In VIII sind angaben vorübergehender zustände zusammen-
gestellt, teils worte die auch constante eigenschaften ausdrücken
können, teils, wie die stimmungsangaben, solche, bei denen der
ausdruck eines vorübergehenden zustands das gewöhnliche ist.
Besonders wichtig ist es, das typische der vorhandenen
eigenschaftsbegriffe nachzuweisen. Was als typisch anzu-
sehen ist, ergibt sich meist aus der häufigkeit der adjective
und aus dem Zusammenhang der ganzen dichtung überhaupt.
Es zeigt sich danach, dass fast alle poetischen adjectiva des
B) Der adjectivschatz.
372
SCHEINEST
Beowulfepos dem gebiet dieser typischen eigenschaftsbegriffe
angehören. Sie geben sich dadurch zu erkennen, dass sie ge-
wisse begriffsgruppen positiver und (ohne mittelstufen) extrem
negativer eigenschaften bilden. Diese sind in II bis VII ver-
einigt, und zwar alle in § 5, 3. 4 unterschiedenen arten der
t}-pisierung, da eine weitere trennung teils unmöglich ist, teils
bloss die Übersicht erschweren würde. Gewisse collectiv-
ausdrücke für unbestimmt gelassene personen, sowie substan-
tivierte neutra sind ihnen angereiht, ebenso comparative und
Superlative (vgl. noch § 164—166).
Die paar vereinzelten angaben, die sich den typen nicht
fügen (§ 5, 2) und die logisch gebrauchten adjectiva (§ 5. 1),
dazu einige selten vorkommende sind in IX vereinigt.
Die Zeitangaben mit hilfe von adjectiven, die viel typisches
enthalten, sind der Übersichtlichkeit halber alle bei den deter-
minativen untergebracht.
XII enthält ein paar seltene impersonalia und die verbal-
adjectiva.
Unter jedem begriff sind alle worte aufgeführt, die dazu
dienen können ihn auszudrücken; worte mit mehreren bedeu-
tungen kommen also in verschiedeneu gruppen vor. Begriffe
die der negativen seite in der wertreihe des dichters angehören,
sind gleich als anhang zu den positiven mit aufgeführt, wenn
die zahl der belege nicht gross ist,
Vorbemerkungen
Uber die einrichtung der raaterialsammlnng.
Das gebräuchlichere adjectivum steht stets yoran, simplicia stehen
vor compositis; doch wird etymologisch zusammengehöriges nicht getrennt,
auch können Untergruppen auftreten. Am schluss jeder gruppe stehen
gewöhnlich ausdrücke, die durch negation des gegenteils und durch Über-
tragung gebildet sind, sowie participia. Was dann noch keinen bestimmten
platz hat, fügt sich der alphabetischen Ordnung.
Lautliche Schwankungen werden nicht verzeichnet.
Ist das Substantiv um ausgeschrieben, so ist das adjectivum im
betreffenden falle attributiv gebraucht ; appositive Verwendung (§ 171) wird
durch ~ vor oder nach dem substantivum angedeutet; bei enger Ver-
bindung mit verben oder bei modal modifizierten aussagen wird so viel
vom satze mitgeteilt, als zum Verständnis unentbehrlich ist (beide rücken
an den schluss einer gruppe). In allen übrigen fällen Q)rädicatsadjectiva;
solche die nicht auf ein Substantiv im selben satze zu beziehen sind, also
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ADJECTIVA IM BEOWULFEPOS.
373
nach pronominibus stehen oder substantiviert sind) wird das substantivnm
in abktirzung, in klammer oder deutsch gegeben.
In fällen, wo die eigenschaftsangabe eine beziehung zn einem dritten
angibt (§ 33. 34) wird die verszahl eingeklammert.
I. Existenz, existenzfähigkeit, existenzdauer.
§ 36. Die erste gruppe gibt naturgemäss zunächst rein
tatsächliche bestimmungen, und sie bezieht sich meist auf
personen. Ausdrücke wie dreorig, blöde fdh (§ 40) sind andeu-
tend (symptomatisch) gebraucht, was sonst bei adjectiven nicht
oft der fall ist. Fdege hat drei bedeutungen: 1) 'hinfällig':
a) zuständlich gebraucht = 'dem tode nahe'; b) constant =
'hinfällig seinem wesen nach' (eine typische eigenschaft, §47);
— 2) in verstärkter bedeutung = 'tot', lieber alt vgl. § 12;
jung wird als gegentypus dazu gebraucht. Eald wird auf
Sachen nicht viel seltener angewant als auf personen, gomol
fast bloss auf personen.
§37. Existenzeintritt: gearu (§ 81. 126): stöw 1005; sie sio
b(t>r g., cedre gecefned 3105; ealgearo (§81): beorh1) 2241; hit weard
e. (Heorot) 77; on bekl gearu: (Hna?f) 1109. — niwe: beorh*) 2243, sib
(949), spei (2898), Steeg ~ (783).
§ 38. Heil, lebendig: häl: lic (B.)(1503); ... ßone hilderdts lud
gedigeö (t.) 300; grussformel: wws ... häl 407; headoläces häl: (B.)
1974. — cwic(o): Wedera Jxoden (B.) 2785, B. 3093, (eyn)(t.)98; nolde
eorla hleo (B.) ... fione ewealmeuman (G.) ewiene forlrttan 792; —
gesund: B. 1628. 1998, B., m. 2075; sida gesund: feeder alwalda
eowic gehealde s. g. 318; — ansund: hröf ~ 1000; — unfeege:
eorl (t.) 573; t. 2291; nces feege (§ 41. 42. 47): B. 2141, Onjenpeow 2975;
— Ii f igen de : B. 1973. 2665, Dryöo 1953, (eald wsewiga) 2062.
§ 39. Ermattet: stdes teerig: B. 579. 1794; güÖwerig: Grendel
1586; — hildesced: (B.) teinedrihten ~ 2723; — setmepe: B., m. 325;
— gewergad: Wl. 2852.
§ 40. Verwnndet: wund: dryhten (B.) 2753; säre icund: d.
2746; gäre wund: (Hildebnrhs verwante) 1075; mecum wund: (untiere)
565; — wundum werig: (Ha?Öcyns mannen) 2937; wundum stille: d.
2830; — ellensioc: Wedra jxoden (B.) 2787; headosioc: dryhten (B.)
2754; feorhbennum sioc: B. 2740; siexbennum sioc: d. 2904. —
dreorig (§123): B. 2789; heorodreorig (§123): />eoden nutrne (B.)
2720; - blöde fäh (§42. 123): (Wulf) 2974.
') Vgl. Rieger, Zs. fdph. 3,407. Bngge, ebda. 4, 211.
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374
SCnElNERT
| 41. Dem tode nahe: fdtge (§38. 42. 47): Hondscio ~ 2077,
beorscealca sum rsj 1241, G. 846, t. 1527; deaÖfeege: G. 850; — aldres
ortcena: B. 1565, G. 1002; — feorhseoc: G. 820; — lifbysig: G.
966. — /"«*: beorscealca sum 1241; [hin f äs: (hige) (G.) (755)?]; wal-
füs: (sefa) (B.) 2420); — fylwcrig: feond (G.) 962; — Aeoroo/dc:
(OnjenJ>eow) 2488.
§ 42. Tot: dead: (Herejar) 467, Hl. 2372, (JEschere) 1309. 1323;
— ealdorlias: B. 3003, Grendel ~ 1587; — säwolleas: B. 3033,
(.Eschcre) 1406; - deaöe fast: d. 3045; diaöbeddc fast: B.2901;-
diaöwerig: (Schere) 2125; - fdge (§38.41.47): t. 3025; - blödßt
(§40. 42. 123): (se famnan ßegn) 2060; dreore fdh: he (G.) meß.)
habban teile d. fdhne 447; — unlifigende: (Herejar) 468, (.Eschert)
1308, einer der mannen 744, drihtguma (t.) 1389; — ealdre beriafod:
d. 2825; — forögewiten: B. (conditional) 1479.
§ 43. In jugendlichem alter: enihtwesende: B. 372. 535; —
umborwesende: B. 1187, (Scyld) 46; — syfameintre: B. 242a
§44. Jung: geong: Hl. 1831, güdeyning (Hl.) 1969, cempa (WL)
2(526, gdrtciga (Wl.) 2674. 2811, sc maja (WL) 2675, dam (Wl.)
2860, cem/>a (Offa) 1948, ce»i/>a (t.) 2044, (Hyjd) 1926, Freawaru 2025,
bxjre 2018, byre ~ 2446, eafera ~ 12, /corÄ (B.) (1843); — unfröd:
guma (Wl.) 2821.
§ 45. Alt: eaW B. 2210, Hj. 1874, Jfro^ar ~ 357, eöelweard (Hj.)
1702, (Onjenpeow) 2957, ceorl (Onj.) 2972, fader Öhtheres ~ (Onj.) 2929,
wisan 1865, a>scic/£a (t.) 2042, t. 2449, (gott) metod 945, d. 2415, «Af-
sceada (d.) 2271, ühtfloga (d.) 2760; - läf (schwert) 795. 1488. 1688,
sweord (vermutlich compositum ealdsiceord) 1558. 1663. 2616. 2979,
mddmas 472, enta geweorc 2774, heim ~ 2763, riht 2330, ,>«r*>i (1781).
— Vgl. ealdhldford B. 2777, ealdfader (Ecjpeo) 373, ealdgeic inna
(G.) 1776, ealdgestdas 853; — ealdgestreon 1381. 1458, ea/</-
^es^ew 869, caldgewyrht 2657. — ^omo/ (§ 140): Beoiculf ~ 2793,
se (B.) 2421. 2817. 2851, (B.) 3095, sc j. (Hj.) 1397, Seddins 171*2-
2105, n'iic (Hj.) 1677, ,s-M<Msa (Hj.) 2112, Scylfing (Oujenpeow) 2487.
2968, (Onjenp.) 2931, (Beowulf I) 58, (Ecjpeow) 265, ceorl (Hredel) 2414.
(Hj.'s mannen) 1595; — laf (schwert) 2563, sweord 2610, steeord ~
2682. — gamolfeax: sinces brytla ~ (Hj.) 608; — blondenfeax
(Hj.) 1791. 1873, (Onjenpeow) 2962, (Hj.'s m.) 1594. - fr öd (B.) 2209,
folees weard (B.) 2513, Hj. 279, cyning (Hj.) 1306, fader Ohihem
(Onjenpeow) 2928, (Onjenp.) 2950, fyrnwita (.Eschere) 2123, (WeoLstau)
2625; feorlüegu (B.) (2800). — infrod: Hj. 1874, t 2449. — teintrum
frod: Hj. 1724. 2114, d. 2277. — hur (§52): hilderinc (B.) 3136, hilde-
rinc (Hj.) 1307, hildfruma (Hj.) 1678, (Onjenpeow) 2988. — unhdr:
Hrodgär ™ 357; — eldo gebunden: gomel guöwiga (Hj.) 2111; —
yldra: oÖÖcet he y. weard (Hl.'s söhn) 2378; — geonge 7 ealde: t 72.
§ 46. Lange dauernd: ece (§ 140): drihten (gott) 103. 1692.
1779.2330.2796, eorbreced 2719; — fonjsum: fo/" 1536, (getein) 133.
191, Uodbealo 1722; — singäl: sacu 154; — langtwidig: du (B.)
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ADJECTIVA IM BEOWULFEPOS.
375
sceak tö fröfre iceorpan eal I. Uodum ßinum 1708; vgl. die composita sin-
niht (§116) 161, lonx-gestreon (§55. 147) 2241.
§ 4". Von hinfälliger beschaffenheit: fügt (§ 38. 41. 42):
ßdschoma 1568, (lichoma) 1755; — Irtne: {lichoma) 1754, lif 2845, ge-
sceaft 1622, schätz 3129.
II. Physische eigenschaften.
§ 48. Physische eigenschaften, einfacher und complicier-
terer art, überwiegend der Sphäre des gesichtssinns angehörig,
sind häufig bei naturerscheinungen und erzeugnissen mensch-
licher tatigkeit (§ 23 ff.).
Gesichtssinn.
8 49. Helligkeitsangaben macht der dichter sehr gern
und zwar überwiegend positiver art: 'glänzend, leuchtend'. Wie
weit diese hier und da zu blossen gefühlsausdrücken verblasst
sind, ist nicht sicher auszumachen (vgl. beorht § 111). 'Dunkel'
hat meist die nebenbedeutung des unheimlichen. Auffällig er-
scheint, dass es ausser (grau), gelb, fahl im Beowulf keine
farbenbezeichnungen gibt. Man hat offenbar in den ältesten
zeiten für färben nur ganz wenige scharf unterscheidende aus-
drücke gebraucht.1) In der ags. Genesis kommt schon 8 mal
trene vor (gefilde, wald, bäume, Auren), einmal 'rot' (vom golde;
Ygl. das Nibelungenlied). Vgl. auch Willms, lit.2, und Pope,
lit. 3, s. 27, bes. 54 ff.
B. 2725 ist mit Grein icutide xcctlblate zn lesen (statt wtelüleate der
hft.) wegen Cri. 770 pa-t bid frecne wund, bldtast benna, und wegen ahd.
pleizza = livor (vulneris) (Graff 3, 260) ; walbldt bedeutet also wie liridm
bleifarbig aussehend, blutunterlaufen'.
§ 50. Leuchtend: beorht (§110. 111): beacen godea (sonne) 570,
teima (oder Uoma) (sonne) 1802; bold 997, beahsele 1177, byri$ 1199,
hof 2313, byrne 3140, ratul 231, bordwudu 1243, frattve 214. 896;
beorhtost: beacna (segn) 2777; wlitebeorht: icanj; (erde) 93; sadol-
beorht: wkg rs* 2175; — bldci Uoma 1517; britn: eej ~ 2578;
brünecg: seax ~ 1546; brünfdh: heim 2615; - leoht: meord 2492;
— «cir: gold 1694, hringiren 322; teered 496; metod 979; — stcegel:
searogimmas 2749 (Eieger, Zs. fdph. 3, 411 «tffe s. nach 1157); $we$l-
l) So hat Schuster, lit 6, nachgewiesen, dass Homer helligkeitsangaben
(Uvx6$ 60 mal, fdhtq 170 mal) oft gebraucht, dass aber unter den wenigen
eigentlichen färben worten die mehr einen unbestimmten ton (ähnlich 4 fahl ')
bezeichnenden die mehrzahl bilden.
376
SG'HEINERT
wered: stmne 606; — torht (§ 76): hof ~ 313; wuldortorht: tcedtr
(frühling) 1136; — hwit: heim 1448; — blanca: equus Candidus 856;
— fdh (§ 123) (schillernd): flor 725, sweord 586, «trcor/f ~ 2701,
(eoforlic) 305.
§ 51. Dunkel: deorc: niht 275. 2211, nihthelm ~ 1790. &a/>-
scua (G.) 1G0; — myrce: tnör 1405; — tran: Ar«/n 3024; nüU 702,
sceadtüielma gesceapu ~ 651, ydgeblond ^ (1374); — nipende: nihtbll.
649; — 6/<rc: Are/n 1801; — «icearl: ni%< 167, wudurec ~ 3145.
§ 52. Grau: .rrrf,?: syrc* 334; ufan grdg (§ 61): arscAo/f 330;
— Aar (§45): s<«n 887. 1415. 2553. 2744, byrne 2153.
§ 53. Gelb, fahl: geolu: lind 2610 (schild); vgl. das compo-
situm geolo-rand 438; — fealu: mearh 865, /Jod 1950, strdt 916;
appelfealu: mearas ~ 2165; — walhlät: wund ZI2ö.
§ 54. Ebenso beliebt wie 'hell' und 'dunkel' sind die
grössenangaben. Grösse, sei es horizontal, vertical oder körper-
lich, wird stets für imponierend gehalten. Die gegensätze zum
positiven typus ('eng', 'schmal') dienen indirect der Charak-
terisierung der widerwärtigen Ungeheuerwohnung, sind aber
äusserst selten.
§55. Grosse, horizontal: ftftiges fotgemearces lang (§46.
147): d. 3043; — 8t d (§85. 116. 117): byrne 1291, byrne ... 1444, scytö
325. 437, glöf ... 2086; rke 1733. 2199; sck 507. 2394, 8<tna>8$a$ 223:
vgl. std-rand 1289; — sidfapmed: scip 302. 1917. — tcid(§116):
water 2473, waroöas 1965; rice 1859; siÖ 877; vgl. wid -wegas 840.
1704, wid-floga 2346. 2830. — 6rdd: (Ateir) 3157, rtcr 2207; seax
~ 1546, tnectf 2978; gold 3105; — jt'tine: grund 1551, rfec 466;
eacen (§89): eardas 1621; eaMstceord 1663, 2140; — rtiro (§ 86):
/niA/e Atta ea// tö riim, wongas 7 tetestafc 2461 Cromo/ ceorl 2444); -
enge: dnpad (1410); — near«: st(g (1409).
§ 56. Grösse, vertical: AeaA (§88. 111. 114. 117): 6eorA 3097.
(JUäw) 2805. 3157, hetß (?) 2212; se/e 713. 919. 1016. 1984; (8ele) 82, hin
116, A«a/ 1926; segn ... 48, Aotu/trtWra mo*s* (se^n) 2768, Are/' 983:
vgl. hea(h)burh 1127, heahsele 647, heahsetl 1087, heahstede 285-
— sfeap: oeorA 222, ffd noeorA 2213, sfdnA/id 1409; Arö/" 926, rond
2566: A«adosf<?ajK Ae/w 1245. 2153; — oronf: ceo/ 238, /brd 568;
— deop: water (meer) 509. 1904; — neowol: nas 1411.
§ 57. Grösse, körperlich: mseeJ (§ 116. 117. 140. 147): mearc-
stapan (G., Gm.) 1348, oeorA ~ 3098, »i^oam 69; m«ra (§116. 117
147): nd-fre m. ... (B.) 247; he (G.) was m. ponne . . . 1353; Art m »
Öonne ... («ireorrf) 1560; mrfsf (§117): oetf/yra 3143, tcce//yra 1119:
healaema 78; healsbeaga 1195; geap: reced ~ 1800, Ard/* 836; Aorw-
giap: sele ~ 82; srtjeap: waca 1896; — e acencraftig: hordarna
sum 2280, (yr/V) 3051; — jJU«>icor: ick£ ^ 2175; — lassa (§111
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ADJECTIVA IM BEOWULFKPOS. 377
140. 147): was se gryre (Gm.) /. efne stcä mich swä biÖ ma>gÖa cr<rft . . .
bt uxkpnedmen 1282.
$ 58. Bei sächlichen concreten wird gern ihre allgemeine
form, ihre kunstreiche herstellung und die Verzierung an-
gegeben, worin sich die hochschätzung des schmuckes wie des
kunsthandwerks ausspricht
§59. Gebogen: hringboga: d. 2561; wohbogen: wyrm 2827;
vom schiff: bundenstefna 1910; wundenstefna 220; wunden-
halt: wwdu 298; hringedstefna 32. 1131. 1897.
g 60. Geringt, geflochten: broden: beadohrcrgl 552, beadu-
sra2755, briostnet 1548; hondum gebroden: herebyrne 1443; —
locen: leodosyrce 1505. 1890; beag 2995; gelocen leoÖocra>ftum:
stpt ~ 2769; hondlocen: güdbyrne ~ 322, liesyrce ~ 551; —
kandgewripen: waübend 1937; — hrtnged: byrne 1245. 2615; —
sfarwwro gesctled: earmbeag nu 2764; — seowed smipes orpan-
cum: searonet 406; — wunden: £oW 1193. 1382. 3134; — fatted:
r§ 64): wage 2253. 2282, fcea,s- 1750, gold 1093. 2102. 2246 (gegensatz zu
runden; = brdd gold); vgl. fittgold 1921.
§61. Daniasciert (vom wh wert): brogdenmctl 1616. 1667;
hringmdl: 1521. 1564, gomelra laf ~ 2037; w«w(/ewmrf/ 1531;
sei adenmal 1939 ; £ r et g m * l (§ 52) : sweord ~ 2682 ; wyrmfäh:
1698; «<erf«nuwi (?): (erj, Hrnntinj) 1459; — (galdre
befunden: htmonna gold 3052?).
§ 62. Gefertigt: bunden: teudu (schiff) 216, heoru 1285; —
timbred: scel 307; — hamere gePuren: heoru 1285.
§63. Gestalt: />de rjeartc im /* u«: sceft ~ 3H9; _ 8nie
fast: segl 1906; — hilted: steeord 2987; — wreopenhilt: sieeord ~
1698; — i'ren&endttwi besmipod: (foldbold) 775.
§64. Verziert: goldfdh: sal ~ 308, recerf ~ 1800; heim
2811, (weä) 994; golde fah: hrof rw 927; — jo/rfe 6unrfen: «trurd
1900; jo/de gegyred: beadohragl ~ 553, HreÖles laf (sweord) 2192,
inflAwe 1028; jo/cie gehroden: eoforlic rv 304; hyrsted golde:
heim 2255; golde geregnad: medubenc ~ 777; — fitted (§ 60):
«yW 333; sweord ~ 2701; ftrltum fah: winreced ~ 716; — ft»C-
/"«A: «<i 167; «tnce /"«ä: Ä//f ~ 1615, (seUful?) fconjeetnr) 2217 (vgl.
since gewurpad: heim ~ 14.V)T */w/o/ 1638;; searofdh: herebyrne
~ 1444; «corwMm fah: sadol 1088: wreettum bunden: wunden-
mal 1531; — geatolic: güdsearo 215, giganta geweore 1562, güdsweord
2154, wc/ ^3 308; fengel ~ (Hj.) 1401: — hroden: hütecumbor Vttl,
ealotectge 495; — hyrsted: sweord 672: — nrrgled: sine 20&J;
befongen freawrusnum: heim ~ |4öl; — i/r/mm bewunden
(Bugge, Beitr. 12, 369) : ir a/« 10Ö1 ; — hyrstum behroren: f>frnmnnrut
fatu 2762; — omig: waffen n.aw. 3049. heim ~ 27*&; Purheien:
waffen u.s.w. 3049 (oder zusammenzuziehen: purhttone'j
Beitrage zur geschieht« der ^mtki Tr^fhr. XXX.
378
SCHEITERT
§65. Geschmückt: goldhroden: WJ>. 613. 640, (Dryöo) IMa
(Freawaru) 2025; beaghroden: ctcen (Wealhpeow) 623; — fäted-
hllor: mearas 1036; — xcundenfeax: tcicg 1400; — tcundenheord:
(B.'s trau) 3151 ; — golde bereafod: {mcegö scyne) 3018; goldebe-
rofen: iomeowle (Onjenpeows frau) 2931.
§ 66. Feurig (traditionell-typische eigenschaft des drachen): fyr-
tcylmum fdh 2671, fyre jefysed 2309, ff}re befongen 2274, 6yr-
nende 2272. 2569; — Ugge geltcost: ~ Je'oÄ* (G.'s äugen) (727).
§ 67. Stoff: iren: {ecg) 1458. 2778; vgl. irenbend 774. 998,
trenbyme 2886; isernbyrne 671 ; — ealliren: wijbord 2335: —
stylecg: (schwert) 1553; — gylden: hilt 1677, Ari»tf 2809, 6eaA- 1163,
Mgm 47. 1021; eallgylden: swyn 1111, wjn 2767; — je.ryrir«!
dracan fellum: (slof) 2087; — fldsce bewunden: no ... ww
feorh Kpehnges (B.) (2424).
§68. Giftig: (tttren: (eUorgdst) (Gm.) 1617 (vgl. dttor 2523.
2715. 2839).
§ 69. Bewegt: M?«af/*wd« (§ 117): brim 947, /lorf 546, ica<fo581.
Tastsinn.
§ 70. Zu den einfachsten eigenschaften, die ebenso im-
ponieren wie 'hell', 'dunkel', 'gross', gehören 'hart', 'fest',
besonders bei waffenstücken.
Aht/rded heaposwate ist nach einer Vermutung von Sievers wol anf
eine flüsaigkeit zu deuten, in die der schmied das schwert «um härten
taucht; das vollkommen unverständliche wundum heard ist mit Thorpe
einfach in wundrum heard zu ändern.
Für heaüosceard der hs. lese ich 2829 headoscearp, erstens weil das
in der Verbindung mit heard das einzig natürliche ist, zweitens weil die
schwerter sich wirklich als wirksam erwiesen haben, drittens weil man
sonst prolepsis annehmen raüsste, die im Beowulf bloss 2440 (§ 122) nach-
weisbar ist; übrigens gibt es für sceard im ags. bloss wenige belegstellen.
2564 dürfte unslmv (Bugge) der handschriftlichen lesart ungleatt vor-
zuziehen sein, weil eine Charaktereigenschaft wie unslätc leichter auf ein
schwert übertragen werden kann, als eine intellectuelle eigenschaft und
besonders weil gUmo im Beowulf sonst überhaupt fehlt (vgl. § 86).
§ 71. Scharf: biter (§134): ban 2692, wctüseax ~ 2701,
1746; — beaduscearp (§82): wa-lheax ~ 2704; heaöoscea rp (hs.:
~ sceard): homera lafe 28g9; ccgum dyhtig: eald sweord 1558.
mceord ~ 1287; — ecgum unsldw: sieeord ~ 2564 (hs. ^leaw).
§ 72. Heiss, kalt: hat: heaöufyr 2522, Ugegesa ~ 2781, Wo-
inßm 2819, wudurec ~ 3148, (wyrm) 897, d. 2296. 2691 ; — hf^or
849. 1423, {blöd) 1616, hildeswdt 2558, (burnan wcrlm) (2547); hdtost
heaöomata 1668; - ceald (§113.124): ntreamas (1261); c*«/<io*<:
wedera 546.
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379
§ 7$. Hart: heard (§82. 117): siceord 2509. 2638. 2987, stceord
rw 540, (sweord) 1566, icapen ~ 1574, gomelra hif 2037, homera laf
2829; gudbyrne ~ 322, herenet 1553, Uesyrce 551, Mm 2255, herestral
1435; vgl. heardecg 1288. 1490; — fyrheard: eoforlic ~ 305; i'r*n-
Aearr/: eo/or 1112; sciirAtarrf: /5r7a /«/" ~ 1033; regnheard: rond
326; ifMHdrum heard (hs. irtotrfum): wapen 2687; ahyrded heapo-
twäte: (ecg) 1459; — *<t<5: schwert 1533, rkrj/ (G.) (985); — «fy/e
gelicost: (nagt) (G.) (985).
§ 74. Fest: fyrbendum fast (§100. 101. 117): duru ~ 722;
iren6enrfum fast: hold ~ 998; searobe ndum fast: glöf r>*> 2086;
stapulum fast: stdnboga 2718; wyrtum fast: wudu 1364; ncaro-
craftum fast: beorh ~ 2243.
§ 75. Windig: windig (§ 124): treaffa* 572, eardweallas 1224,
»kwsa« 1358.
Gehör.
§ 76. Laut: heaÖotorht (§50): ste/n ~ 2553; — hlüd: dream
^> 89; — swutol (§ 149): san^ scopes 90; — hädor (?) : scop ~ 497.
Geschmack.
§ 77. Saltig: sealt: water (meer) 1989.
HT. Persönliche eigensohaften.
Körperlich
(selten, vgl. § 10).
§ 78. Stark, schnell: strong (§ 117): (hond) (B.) (26&4);
sirengest: wigena (B.) 1543; ma genes sträng: B. 1844; m(P1fen?((()
strenge st: B. 196. 789; — eafoßes craftig: UnferÖ 1466: nida
craftig: (Eomser) 1962; — foremihtig on fepe: (feond) (G.) 969;
— hornum trum: heorot 1369; — nalas eines lat: B. 1529; —
magendgende: man 2837; — nö hnägra ... (§99): no ic me an
herewasmum hndgran tätige, güdgeweorca, ponne G. hine (B.) 677; —
sa^mra at sacce (§125): röte ~ (t.) 953; — snell: sunu Wonredes
(Wulf) 2971; snellic: sarinc (t.) 690; — swift: mearh 2264.
f 79. Gerüstet: gyrded: cempa (Hondscio) 2078; — byrnum
xered: B., m. 238, B.'s m. 2529; — wdpnum geweoröad: B. 250,
(trenßreat) 33t; — scirhatn: scapan (B.'s m.) 1895; — searwum
searu: B.'s m. 1813.
Charakter.
§ 80. Unter 'tapfer', 'mutvoH', 'unbeugsam', der wich-
tigsten aller eigenschaften im reckenepos überhaupt, sind viele
ausdrucke vereinigt, die die Vorstellung von verschiedenen
Seiten her analysieren; dazu viele verstärkende composita;
wieweit man etwa noch nüancierungen wirklich unterschieden
2ß*
380
SCHEINERT
hat, ist nicht auszumachen; sicher ist man darin, wenn man
es überhaupt getan hat, nicht weit gegangen. — Für 'feigheit'
gibt es bloss ein paar vereinzelte ausdrücke. — Bei den
Ungeheuern sind die entsprechenden begriffe 'gef rassig' und
'grimmig'; nur stearcheort kommt auch einmal vom dracben
vor, und es ist bezeichnend, dass ein wort wie rfye bei Grendel
(§ 84) eine constante eigenschaft, bei Beowulf (§ 134) einen
zustand angibt.
§ 81. Tatbereit: gearo (§37. 126): B. 1825, güdfreca (d.) 24U
(auf der lauer); eal gearo (§37): pegnas syn gejmctre, peod e. 1230:
anwiggearu: B.'s und Hj.'s m. 1247. — wctfrc ('active, nimble')
(§133): wa>lgd>8t (Gm.) 1331; — füs ofer füg um: hrefn 3025.
g 82. Tapfer, mutvoll, unbeugsam: heard (§73. 117): eafora
~ (B.) 376, se h. (B.) 401. 1807.») 1963, Higeldces />egn (Eofor) 2977,
hildefrecan, HeaÖo-Scilfingas 2205, heap 432; nctfre heardra ...: htrlf,
healöegnas (als B.) 719; heard undcr helme: B. 404, vrlanc Wedera
Uod ~ (B.) 342, oretta (B.) 2539; beadwe heard: B. 1539; niö-
heard: cyning (B.) 2417; ntöa heard: Hygeldc ~ 2170; *ig**
heard: (Sigmund) 886; — deor (§84): swd>sra gestöa (DryÖos) 1933;
heafiodeor: B. G88, B., G. 772; hildedeor: B. 834. 2183, furle CB t
1646, H5. 2107, KatU (Hl.) 1816, ha>le (Wl.) 3111, (endescHa) 312, B/s
m. 3169. — hwatt: Heoroweard 2161, secg (sede nas geräd) 3028, Sctl-
dingas 1601. 2052. 3005 (?), . . /m? (B.) m ... tealde htcate helmberend
(seine mauneu) 2642; fyrdhtoa't: B.'s m. 1641, (Ongenpeotces eafcran)
2476; — from (§111): desgl. 1641. 2476; siöfrom: B.'s m. 1813; -
cene: Dänen 768: cenost: B.'s begleiter 206; d&dcine: mon (B.) 1645;
gdrchie: man (Offa) 1958; — hrör: se /». (B.) 1629; felahror: Sc-yld
~ 27; — gudrcow: (Beowulf I) 58; tccelreow: tciga (B.) 629: —
cyningbald: inen (Hg.'s m.) 1634; — scearp (§71): sa'ldwiga (t.) 288:
- unforht (§ 127): ombeht (endeschtä) 287; Hj.'s und B.'s m. 444: -
ne earg: B. 2541. - madig (§117. 127): md>g Higeldces (B.) 813,
merefara (B.) 502, sfc,? (B.) 1812, gumdrihten ~ (B.) 1643, /*im w.
(B.) 3011, B., Hj. 1876, man (Wl.) 2698, f/ia^o/x-jn (Wl.) 2757. t. 604.
Dänen 312, m. am ufer 855; — ne modi glicra: men (als B.'s m.) 337:
felamodig: ha>gstealdra [heap] (B.'s m.) 1888, m. am ufer 1637; —
güÖmöd: B.'s m. 306; sttdmod: B. 2566; swiömöd: lidmanna AWm
(B.) 1624; — swiöferhd: B. 826, (Sigmund) 908; B.'s m. 493, Hj/s m.
173; — ferhdfreca: Fin 1146; — anhydig: aÖeling (B.) 2667; nid-
hydig: men (B.'s m.) 3165; pristhydig: ptoden (B.) 2810; — sicib-
hicgende: magas ~ (Hj., B.) 1016, scealc monig 919; heardhie-
gende: hildemecgas (B.'s m.) 799, B.'s m. 394; — stearcheort: B. 2552.
d. 2288. — Örydstcyö: (mäg Higeldces, B.) 736, Hj. 131; — colleu-
ferhö: cuma (B.) 1806; Wl. 2785; - higeßihtig: rinc (B.) 746; -
') Anders Jellinek und Kraus, Zs. fda. 35, 280.
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ADJECTIVA IM BEOWt'LFEPOS.
381
drtda gchicas dyrstig: einer ans B.'s m. 2838; nearo ncdende: B.
2350. — tearogrim: gif ßin hige w(tre, sefa swä s. swä pit seif talast
(B. zu UnferÖ 594; — nctre ärfa>st: a>t ecga geldcnm (UnferÖ) 1168.
— wendon päd he (B.) sleac wehrt, cedeling unfroin 2188. — (eines
tapferen inaunes.) deorlic: debd (B.) (585), dollic: d&d (B.) (2646). —
ftesträd: gepöht (B.) (610).
# K3. Gefrässig: gifre: (G.'b) mödor ~ 1277; gifrost: g(tsta
(Ug) 1123; heorogifre: (Gm.) 1498; — grädig (§84): wiht uidurlo
(G.) 121, Gm. 1499.
§ H4. Grimmig: grim (§ 113. 134): gd-st (G.) 102, wiht unhftlo
(G.) ~ 121, Gm. 1499, grundhyrde (Gm.) 2136, (fcondscada) 555 (nntier);
(sefa) (cald asewiga) (2043); headogrim: d. 2691; — dior (§ 82):
dddfruma (G.) 2090; — reoc and repe (§ 134): wiht unhcelo ~ (G.)
122. — gromheart: gttma (G.) 1682; gromhydig: t. 1749; (rf en-
gt om: gdst r%» (G.) 2074; — bludreow: (briosthord) (Heremod) (1719);
- bolgenmöd (§134): (Heremod) 1713; - grdtdig (§83): güöleod 1522.
$ H5. Andere Charaktereigenschaften, wie 'hochsinnig',
'stolz', treten bloss vereinzelt auf. Welpungen wird man als parallele
zu mode gepungen stellen dürfen.
ritmheort: B. 1799, (Hj.) cyning 2110; — Weisungen: Hygd
1927 ; mode gepungen: ewen ~ ( Wf>.) 624 ; — u- / o w c : Mfaiera
teod (B.) 341, Hl. 2953, Afffcfl (Wulfjar) 331; m«rfmrf/i7a tr/onc: d.
2833. — lofgeomost: manna (B.) 3182; — söd (§150): metod 1611;
vgl. sodeyning (gott) 3055. — rtiro (§55): se/h (B.)(278); — sid (§55.
116. 117): sefa (gott) (1726).
Intellect
§ 86. Intelleetuelle bedeutung, meist eine eigenschaft
des alters = 'erfahren' (vgl. 1842, wo Hroöjar zu Beowulf
sagt: ne hyrde ic snotorlkor an swd geongum feore guman
Pingian), lässt der heldenliaftigkeit bei weitem den vorrang.
Witig = 'weise' wird bloss von gott gebraucht; geteütig, das
bloss einmal (3094) von Beowulf ausgesagt wird, dürfte das-
selbe bedeuten.1)
*) Wenn man es als 4 mit bewusstsein 1 interpretiert, so ist ins zwischen
ewico und gewittig mindestens sehr seltsam; und für die bedeutung 'bei
bewusstsein' lassen sich bei wis gar keine parallelen bringen. Dasselbe
ist aber bei gewittig der fall, und dieses wort etwa wegen des ge- auf
einen bestimmten fall zu beziehen, hat für das ags. keine berechtigung.
Man übersetze also 3093 ewico was pä gena wis ond gewittig mit : ' am
leben war er da noch, der kluge und weise'. Damit wird zugleich auf
des beiden letzte worte gedeutet, von denen auch im nächsten halbverse
wider die rede ist.
382
SCHEINKRT
wis: wordcwida (B.) 1845, se w. (B.) 2329, B. 3094, M tc. (Hj.)
1318. 1698, fengd (Hj.) 1400, men (B.'s) 1413? Hygd ~ 1927; — tcis-
fast: Wealhpeow 626; wishycgende: B. 2716; — panchy elende,
gumena ndthwt/lc ~ 2235; — «nofor: B. 826, se s. (Hj.) 1313. 1786,
(H5.) 190, guma (Hj.) 1384, /Vrnje/ (Hj.) 1475. 2156, sunu
stänes (Wl.) 3120, worto« (B/s) 202. 416, ceorlas (Hj/a) 1591, ceorl
monig (t.) 908; foresnotor: men (t.) 3162; — onmudefröd: B.
1844. - wfttff] jod 685. 1056, driftta» 1554. 1841; — gewittig: B.
3094. — Ueber gerad s. § 100.
IV. Verhältnis zur Umgebung.
g 87. Die adjectiva, die das Verhältnis zur Umgebung
bezeichneu, charakterisieren stand, macht, freundliches oder
feindliches verhalten. Se yldesta kann unter einer gruppe die
hervorragendste Stellung einnehmen. Mihtig kommt im Beo-
wulf bloss von gott und Ungeheuern vor, scheint also über-
menschliche macht anzudeuten. Auch die zahlreichen belege
bei Grein zeigen, dass das wort fast ausnahmslos auf gott
angewendet wird oder auf solche personen, die mit ihm in
engstem Verhältnis stehen.
8 88. Stellung, geburt: yldesta: B. 258. 363, Heardred 2435 ;
— apele: B. 198, cempa (B.) 1312, ordfruma (Ecjpeow) 263, cyn (t)
2234; — aöelum diore: (DryAo) 1949; a-pelum god: cymng (Hj.)
1870; — tinlic (vgl. § 18. 111): (DryÖo) 1949; - drihtltc (§111):
wif (Hildeburh) 1158; — freolic: wif (WealhJ>eow) 615, folcacen (Wp.)
641; — he ah (§56. 111. 114. 117): Healfdene 57; vgl. heaheyning (Hj.)
1039; — cynna gemyndig: eteen HroÖgdres (W]>.) ~ 613; — selra
('aus vornehmerem geachlecht') (§99): (Hl. ala B.) 2199.
§ 89. Mächtig: rice (bloss von füraten und obersten lehn*-
männern): se r. (B.) 399, (H5.) 310, Hj. 1237, peoden (Hl.) 1209, se r.
(Hl.) 1975, randxoiga (.Eschere) 1298; - iacen (vgl. § 12. 55): B.
198; — mihtig ('mit übermenschlicher kraft begabt'): god 701. 1716.
1725, drihten (gott) 1398; mänscaÖa (Gm.) 1339, merem'f (Gm.) 1519,
meredeor 558. — wlmihtig: se rr. (gott) 92; — alwalda: feeder 316,
gott 928. 955. 1314. — wineleas: wreecca (Eanmund) 2613; wini^ea
leas: t. 1664. — winegeomor: teeard (gumena ndthteyle a-pdan
cynnes) 2239.
§90. Freundlich gegen: gl«d: Hrodgär 863, Hröpxdf 1181,
suna Frndan (Injeld) 2025; - beo wid Giatas gla-d (Wf>. zu Hj.) 1173;
— glfrdman: JlroÖgar 867; — mildust: B. 3181; m 6 de» milde:
her st äghxcylc eorl m. m. 1229; — mo npwdbrust: B. 3181; — lidost
leodum: B. 3182; — gepw&re: pegnas syn g. 1230; — hold (§92):
B. (für Hl.) 1979, B. (dem Hl.) 2170, winc (Hj. für B.) 376, (Hiorojar l
söhne Hereweard) 2161, Hj.'a m. 487, . . . pis is hold weorod (B., m.)
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ADJECT1VA IM BEOWÜLFEPOS.
383
frean Scyldinga 290; hige (B. gegen Hj.) (267); — dddum gedefe:
beo />« suna mtnum d. g. (W)?. zu B.) 1227; — modes bilde (§ 135):
swä me (B.) Higeldc sie m. b. 536. — mildum wordum tö Giatum
sprec (Wp. zu Hj.) (1172).
§ 91. Merkwürdig ist, dass so wenig adjectiva für 'treu'
vorkommen, und dass es kein einfaches und einigermassen
gebräuchliches wort für 'freigebig' gibt. Göde mcere 1952
dürfte 'reich' bedeuten (was mir auch Gen. 2198 als gesichert
erscheint), da göd nach ausweis der Wörterbücher meist etwas
concretes wertvolles bedeutet: dinge mit denen man woltaten
erweisen kann. Dass unter den ausdrücken für 'freundlich'
(§ 90) sich noch eins befindet, das auch Freigebigkeit ' andeuten
kann, ist nicht wahrscheinlich; milde wegen 1229, UÖe wegen
der belege in den Wörterbüchern.
$ 92. Treu, festen sinns: trywe: (aghtcylc uprum, H3. und
Hrofmlf) 1165; her si d-ghwylc eorl oprum getrijwe 1228, mandrihtnc
hold (§90) 1229; - fceste geworht: ic (Hg.) ßd leode tcdt ge wid
feond ge wid freond f. g. 1864.
S 93. Reich, freigebig: göde tndre: (DryÖo) 1952; — ne
$nead gifa: (Hyjd) 1930; — geofcna gemyndig: beo wid Geatas
. • ■ (W> zu H3.) 1173.
§ 94. Leof heisst 'geliebt', lad das gegenteil; wrdö aber
und gram könnten an manchen stellen auch = 'bösartig' sein
(und würden dann in die nächste gruppe gehören). Mitunter
bedeuten alle diese worte wie lad, fdh, gram, wrdö einfach
feind', und können deshalb am einfachsten hier beisammenstehen.
Gryrefdh 2576 setze ich hierher, weil mir die bedeutung 4 terribiliter
mfestus' (Grein; zugleich als parallele zu nearofdh) im zusammenhange
am einleuchtendsten scheint. 'Terrible in its variegated colouring', wie
bei Bosworth-Toller für möglich gehalten wird, ist kaum zutreffend, da
wiegated colouring' wol nicht vorliegt; 'grauenvoll glänzend1 (Heyne)
kGnnte man bloss auf das feuerspeien beziehen wollen (vgl. nacod § 138).
g 95. Geliebt: leof: B. 203. 1876, man (B.) 1994. 2897. 3108,
Moden (B.) 3079, hldford (B.) 3142, landfruma (Scyld) 31, peoden (Scyld)
34, leodcyning (Beowulf I) 54, man (Offa) 1943, man (^Eschere) 2127,
(Hondscio) man 2080, mon (t) 297, . . . bearnum 7 broörum (Hildeburhs)
1073, men (B., m.) 1915; anrede: Beowulf 1216. 1758. 1854. 1987. 2663,
Hrödgär 1483, Wiglaf mb; leofre: me (Wl.) is micle leofre /xet . . .
2651; leof his leodum: Hj. 618, Breca 521; leofost: B. 2823,
hcdefia (.Eschere) 1296; — swdfs: gesidas 29. 1934. 2040. 2518; leode
1868; ipel 520; — deore (§107): man (B.) 1879, duguÖ 488; deo-
resta: (JSschere) 1309; ~ necs läöra: iubs ic (B.) him (HreÖel) läöra
384
SOHEf N'RRT
owihte fionne .. . 2432. — ne leof: f>eah hini leof ne w<r$ 2467 (H^yn
8. vater HreÖel); — gefcegra: he ... weard, mrtg Higelnces (B.) ...
freondum gef(egra 915.
«96. Verhasst: lad (§113. 140): O. 188. 841. 1257, d. 2305,
lyftfloga (d.) 2315, tcynn ~ 3040, B., G. 440, Ue/urrr/xr oprum) (B.
G.) 815; untiere 550, scuccum 7 scinnum 938, cyn (G.'s) 2008. 23H
finget (G.) (1505), Ife 83, man (B., Wl. gegen d.) 2672, t. 242. lad
(nentrum) 929; vgl. lädbite 1122, laögeteonn 559. 974: — fak:
(Cain) 1263, d. 2655, feondscada (nntier) 554. t. (= feind) 578: gryre-
fäh: d. 2576; neatofäh: d. 2317; — gram: B. (als G.'s feind) 765,
B., G. (feinde) 777, untiere 424, t. (feind) 1034; — tcrdp-. G. 660. 70».
untiere 1619; werod feinde) 319; - uucüß (§ 113. 149): G. 960.
— ne Hof ne lad: ttnig mon (t.) 511; — leofes 7 läpes (neutrumi
1061. 2910.
$97. Willkommen (begrüssungsformel, vgl. hal § 38) : tcileuma
(Deniga leodum, B., m.) 388, him (Hj.) (B., m.) 394, {Wedern leodum, B„
m.) 1894.
§ 98. Die adjectiva für gesammtleistungsfähigkeit nähern
sich in ihrer anzalil denen für 'tapferkeit'; nur mit dem unter-
schiede, dass es viel weniger Synonyma gibt, und, wenigstens
für 'tüchtig', so gut wie keine composita. Sie bilden den Über-
gang von den specielleren eigenschaften (II, III, IV) zu den
gefühlsangaben (VI). G6d kann natürlich, wie das auch seiner
ursprünglichen bedeutung 'passend' (vgl. got, yadiliggs) ent-
spricht, bloss von sächlichen concreten unser 'gut' bedeuten,
von personen 'wacker, tüchtig, brauchbar' (vgl. § 13). Gimcyst
in rumcystum göd ist eben das, wodurch man sich als god
erweist.
Das gegenteil zu göd wird dargestellt durch 'böse' und
'schuldig', die meist auf die ungeheuer anwendung finden.
Dyme ist in der bedeutung 'böswillig' im ags. ziemlich oft
belegt, ebenso leas, das für die sccawfras typisch ist.
2226 dUrfte die lesart synbysig vorzuziehen sein, da bysig oft genug
allein oder in compositen vorkommt und auch hier einen guten sinn gibt;
was aber sytde'as-ig angeht, so könnte leasig seiner bildung nach nicht»
anderes heissen als 'mit einem Mem, einer fallacia, behaftet'; die bedeutung
würde demnach von der von synbysig kaum verschieden sein, nur dass
Ua* subst. sehr selten und leasig nirgends belegbar ist (vgl. § 161).
Die ausdrücke für 'fromm' und 'heidnisch' sind im ältesten
reckenepos, das eben vom Christentum noch nicht ganz durch-
setzt ist, sehr selten.
V. Tüchtigkeit, brauohbarkeit.
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ADJECTIVA IM BEOWFLFEPOS.
385
$ m. Tüchtig, wacker: god: se g. (B.) 205. 384. 675. 1190.
151& 2327, B. 1595. 3036, mctg Higelaces (B.) 758, Jligeldeen fxgn (ft.)
195, eyning (B.) 2390, güöcyning (B.) 2563, Hj. 279. 347, se g. fHj,)
355, eyiu'f^ (Hj.) 863, snhtorgefaderan (Hj. und Hro^ulf> 1163, güA-
(•yn»«^ (Hl.) 19C9, w g. (Hl.) 2944, cymwj (Scjld) 11. M <r . (Onj*nf*ow)
2919, güdnncas (t.) 2648, t 2249; ... he (B.) «i* jarwfteml göde teaUU
9641, */r« 7#f/;^ (B.) OVrtta 6ear>» ^or/w «« tealdon 2184 : Aqfc 2263;
- j^fafa 199, giganta geweorc (schwert) 1562, scbwert 1810; d&d (B.)
(2178); gumcystum god: B. 2543, Hj. 1486; — ttrgdd irfsiing
(B.) 2342, a-peling (Hj.) 130, wpeling (conjectur; Ächerej 1329; »>t<
1*89 2586; — seiest: woroldcyninga (Hj.) 1685; sdcyninga (Hl y 23862^
fa/fo moncynnes (Offa) 1956, magopegna (.Eschert) 1406, Vöde mint
(B.'s) 416, rymwjM (B.'s) /x-rfias ~ 3122: - hü*a 146. 285. K58. 935,
&oW<i2326, rem/ 412, hrctgla 4.54, W/a 1144; (o/W, 256, tandgit)
1059; rtfrf eahtedon, hweet sxciÖferhöxtm seiest v&re irrt fdrgrynm U
Zcfremmanne 173; — &?<»<: «*c,ra (TZ.) 947. 1759, <V,r»« fB.j 1871,
beadorinca (Hna?f) 1109; (o/bst) 3007; — *<?/ra ffftty: keiner £iJn Ji.
860. 1850, nffs ... sinemtidpum s. an steeorden hnd 2193, wintgne nilran
hordmaötim 1187; rfe'afl &id *e7rfl Jjonne edteitlif 2890. stire b>d rfghtröm
fxrt he his freond ttrece ponne he fela murne 13*4, feoretffiÖe teofi tärtm
spähte pämfie him selfa deah 1839; }xrt fJ-lre lic* rtedo») 1759; -
betera: B. 1708, (Herejar) 469; - betlie: (Hanoi) 1H), (hold) V.rsrr,
- til (§113): BägaBl, (peod) 1250: ungemele tili: fan (WLj
2721; — pryÖUc: pegna heap 400. 1627; — Kit* tn»<;: B. 2089; —
Ä«aA (§78): (Hyjd) 1929. -- Än«Ar«: rinc (t.) 952; — tryna
f§ 113): wfgfrecan (Franken) 1212, xtigfr. (t.) 249*;.
9 100. Den anforderungen an «eine art entsprechend;
nützlich: .serarf (vgl. § 32): «pW 873; — aoöe gebunden Cwol-
^efügt'): (tcord) 871: — welig: iriestede 2607; — /^*t fg 74. 101. 1 17> :
friodowd-r 1096, freondseipe 2069; — unfd-cne: ic llea6o-Jk ardnn hyldo
ne telge, dryhtsibbe ddl Dettum unfdene, \riondncipe fastne 2068; —
uigeraftig: schwert 1811; - wy f : ne A*s (G.'s; feVi« «Ni;tfM
«yfte feaMc 794. - unnyt: («rotf; 3168.
§ 101. Böse: bealohydig: G. 723; bealewa gemyndig: bona
blödigtod (G.) 2082; /^ÄÖa gemyndig: d. »89; - trVrij fß 140):
^(G.)133; — dj/r»< (§ 149): gdst 1357; - jTtf#l on fjdm (... \&Me
7 fyrtne) (§ 74. 100. 117): G. 137; — intcit/janr (?): G. 749; — /,'a*:
secaiceras 253 (Sievere, Bei tr. 29, 329 ff ) ; — troA: wumdorbfbod 1747 (?).
§ 102. Schuldig: sinnig: seeg (Ott.) 1379; - fyrenddtdum
füg: se cpgldca (G.) 1001; m««e /«A: »««,ra (G.j 978; — synnutn
scildig: benemdon Peodnas mdtre Jjat »e seeg wd-re *. s. ne dotie wong
strude 3071; — morpres scyldig: godes undsaea (G.) 1683; ealdres
teyldig: G. 1338, (se fdmnan Jxgn) 2061; - nynbysig (vgl. Znpitxaa
fac*imile. Rieger, Z*. fdph. 3, 407 ; 'culpa laborana'): t. 2226; - synnum
geswenced: ladgete'ona (G.) 975; — mor/jre gemearcod: (Cain)
1264; — fyrenum gesyngud: (gefeoht) 2441 (tötung des bruders).
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886
8CHEINERT
| 103. Fromm; heidnisch: sodfnst: die frommen 2830; —
h(r/,en (§140): mwol (G.) (1852), t. 179. — fäg tciÖ god: 0.811;
fremde ecean dryhtne: (/xrorf) (riesen) 1691.
8 104. Unter den gefühlsadjectiven lassen sich unter-
scheiden: 1) eigentliche, z. b. weorÖ, atol; dazu viele deut-
liche ableitungen wie gryreltc, egesfull, domleas; — 2) angaben
physischer eigenschaften verblassen leicht zu intensitäts-
angaben: std, micel, heard, fast; — 3) seltener sind Über-
tragungen psychischer eigenschaften auf abstracta:
als beispiel .steht im Beowulf dafür der auffällige ausdruck
mudjan mee^nes 670. Doch ist die grenze nicht immer sicher
zu ziehen, so bei grim: man könnte versucht sein, dies stets
als gefühlsadjectiv anzusetzen; doch stellen wie 121 und 2043
weisen den gebrauch für psychische eigenschaft nach (vgl. § 84).
Ausdrücke für körperliche, überhaupt äussere Schön-
heit sind selten (vgl. § 10. 18. 110); es ist aber wol möglich,
dass manche andere gefühlsworte bis zu einem gewissen grade
auch durch äussere Schönheit hervorgerufen sind, nur ist diese
aus der aussergewöhnlichen hochschätzung noch nicht immer
speeifisch herausdifferenziert worden.
Seilte ist wie wreetlic vox media.
| 105. Schön: f<tgen freoburh 522, foldbtdd 773, fxtr him foü-
trexat fd^ere fiühton 866, b\i was winter »cacen, f. foidan beann 1137
- §eine: nur^d (t.) 3016; — triftig: ~ ealdsweord 1662. — «»•
febger: leoht (G.'s äugen) (727).
§ 106. a) Seltsam: b) wunderbar: seilte: a) sebdracan 1426.
tlof ~ 2086; b) spell 2109; — ne »yllicra: a) tritt (d.) 3038; -
icrtrtltc: a) teyrm 891, tcläeseon (G.'s hanpt) (1650); b) wtgbord 2339.
ica-gsweord 1481*, wundormüdÖum 2173; — tcundorlic: b) tc&gb ora 1440
§ 107. Kostbar: deore (§95): sweord 561. 3048, iren 2050,
mdddum 1528. 2236. 3131, drincfiet 2254. 2306.
§ 108. Berühmt, geehrt: röf (vgl. § 13): »e r. B. 2690, rand-
xriga (B.) 1793, öretta (B.) 2538; mtrjrnes röf: G. 2084; ellenröf:
B. 340. 358, eorl (B.) 3063, Hj.'s m. 1787; drtdum röf: B. 2ßfi6;
beadurof: B. 3160 (vgl. bregoröf): güÖröf: sinces brytta ~ (Hj.)
608; heaöoröf: B. 381, cyning (Hl.) 2191, B/s und HjVm. 864; rö/"
nUgetoeorca: G. 682 f.; bregoröf: Hl. 1925 (vielleicht beadurof w
lesen); higerof: B. 'J04 (von Grein coujiciert: B. 403); higerof:
k'jninz (H3 ) 619; - wtfre (von hochgestellten personen) (§ 109): G#t
VI. Gefiihlsoindrücke.
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ADJECTIVA IM BE0WULFEP08.
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(B.) 1301, maga EcgÖe'otces (B.) 2587, cempa (B.) 1761, se m. (H3.) 270,
maga Hecdfdenes (H5.) 1474. 2011, (Scyld) 36, magufiegn (Hondscio)
2079, citen (WealhJ>eow) 2016, peodna* 3070; ct/n 1729; — beorh 3098,
nutdtmmsweord 123, madfjumftrt 2405 [von Grein conjiciert: gemeting
2001]; ma>re peodcn ('hehr', 'erhaben'): B. 797. 1598. 2572. 2721. 2788.
3141, Hj. 129. 201. 345. 353. 1046. 1992, (Heremod) 1715, (Onela) 23*1;
fortmttrost: receda (Heorot) 309; wide mrtroHt: wreccena (Sije-
mnnd) 898; headomrtre: B.'s m. 2802; — cnÖ (§149): (ecg) 1145;
tcidcüd (§149): man (B.) 1489, H3. 1042: wea (1991); giidum cud:
,;uma (B.) 2178; — cystum cud: prer him foldwegas pühton . . . c. c. 867;
- blddfast: beorn (Jtochere) 1299; bldddgeude: (Hj. nnd Hropulf)
1013; - ti'rfast: bealihorda weard ~ (Hj.) 922; tireadig: man (B.)
2189; — breme: (Beowulf I) 18; -- fulcum gefräge (§149): (Beo-
wulf I) 55: — ßrydum dral: (Geatmccgas) 494 (vgl. Grimm zu Andreas
1097: 'robore clari'); — s ig eh redig (§ 135): gott 94; — manegum
;ecyPed: (mödsef'a) (B.) (349); cystum gecyped: beahJwrda tccard
(H5.) 923; f oleum gecyPed: (Ecgßeote) 262; — weord: tv. Denum
(rpeling (B.) 1814, B., m. 368, ne hyne (B.) . . . micles teyrdne drihten wc-
reda ged6n tcolde 2185; iryrdra: keiner als B. 860; he xydpan wa>s ...
mäpme fiy weorpra (B.) 1902; — weoröfullost: uigend (B.) 3099; —
lyrdtryrde: man (B.) 1316; — dorne gewurpad: mon (B.) 1645;
iciggeweorfiad: B. 1683; wide geweordod: (Offa) 1959.
$ 109. Verrufen, ruhmlos: m<tre (§ 108): mearcstnpa (G.) 103,
st m. (G.) 762; — tirleas: G. 843; — dömleas: dd>d (Jleam) 2890.
§ 110. Unter den allgemeineren ausdrücken, wie 'herr-
lich' und 'entsetzlich', sind die bildungen auf -lic (vgl. § 161)
sehr zahlreich. LcofUc bedeutet 'derart dass man es lieb haben
muss', und es wird daher meist im sinne von 'schön' gebraucht.
Dass aber Wiglaf als der einzige held 'schön' genannt werden
sollte, ist nicht glaublich, und deshalb wol die allgemeinere
bedeutung 'köstlich, herrlich' anzunehmen. Das gleiche wird
für Andreas 1448 {leoflic cempa), Gen. 1703 {eafora leofh'c, von
I/)t), vielleicht auch für Cri. 400 (UofUcne, von gott) das pas-
sendste sein. JBeorht ist 158 sicher, ebenso wol 2803 gefühlswort.
In der Sphäre derjenigen allgemeinsten ausdrücke, die mit
einer Stimmungserregung enger zusammenhängen ('herrlich'
etc.), sind auch die negativen gegentypen häufig: 'schrecklich'.
In 2442 ist die combination von hreöre mit hygemeöe mindestens
bedenklich; mau mtisste wol HreÖie lesen; es ist aber auch nicht erklärt,
wie hygemeöe (== 'traurig') zu der bedeutung 'traurig machend' kommen
soll, weuigstens kommt diese art Übertragung sonst im Beowulf nicht vor.
Es könnte aber ganz wol nach HreÖie ein Substantiv gestanden haben ; ob
hygemeöu?
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SCHEINERT
§ III. Angenehm, herrlich: (tnlic (vgl. § 18. 88): ansyn
dritte, B.'s) (251); - dryhtlie (§88): iren 892: — eorlie: ie (B.) j,t-
fremmun »real e. eüen (637); — leoflic: lindwiga (WL) 2603, iren 1809:
prymlic: precwtulu 1246; — wynsttm: tcudu (schiff) 1919, (teord\
(612); - getctse: fra>gn gif him wrtre niht g. 1320; — orleahtrt:
cyning (Hj.) 1886; — untdle: Hj., m. 1865; — unwdclic: dd 3138;
— N ft* 8 fracod: (eeg) 1575. — vgl. heahgestreon (§56. 8a 114. U7)
2302; - 6corA<(§50): JUtf» 2803, 6«M58; - front (§ 82): /VoAjtfi
21; — Mfi/<rs (§ 57. 140. 147): /«c 43; — ne särlic (§ 137): Atf
(G.'s) Ufgedäl seega (enegum (842); — meagol: word (Hl.) (etwa 'ein-
dringlich, herzlich') (1980).
§ 112. Heilig: Äa/i«j: ,süd 381. 1553, dryhten 686.
§ 113. Schrecklich: atol: ti-glctea (G.) 159. 592. 732. 816, «n-
gengea (0.) 165, Gm. 2074, inwitgtfst (<L) 2670; — e/om 1502; yWo 17M;
inwitscear 2478; ergpracu 596; y/w gesicing (848); ateltc: egesa lHi\
— earmlir: scolde bis (G.'s) aldorgeddl e. wuröan (807); — egtslic:
eordilraca 2825, Girmör« Aca/orJ (1649), /ruma (d.) (2309); e;etf«ft
/Vrrfer Öhtheres (OnjenJ>eow) 2929; — grimlic: gryre (d.) 3041; -
gryrelic: gist (untier) 1441, grutulhyrde (Gm.) 2136; — hetelie: heoro-
wearh(d.) 1267: — geocor: (sid) 765: — geomorlic: sied bid geomorlic
gontelum ceorle tö gebidanne fxvt his byre ride giong on galgan 2444; —
lad (§96. 140): (gewin) 134. 192, spei (3029); läÖlie: Ide (G.'s bente)
1584; - sliÖe(n): geslyht 2398, sweordbealo 1147, >itö 184; — forno«(:
Ärcotc« 2129; — ondrysne: firen 1932; — unheore: wif 2120, irwrl
(d.) 2413, egl (G.'s) (987): Hfl /«eoru: stow (Grendels wohnung) (1372);
— uneüd (§96.149): mV) 276; - wynleas: tcudu (1416), trt'c (821 >
(G.'s wohnung). — w (elf dg: teinter (1128); — ceald (§72. 124): cearsrf
2396; — grim (§84. 134): gledegesa 2650, ^npc 1148, ^rn/)
jtW 527, geoseeaft 1234; — heaöugrim: niht 7 tn'wf ~ 548; — heoro-
grim: hild 1847; — nidgritn: nt/tHcracw 193; — frecne (§ 140).
folees ewen (DryÖo) 1932 (hs. fremu), fyrdraea 2689, AM (Sijeniund)
(889), fela lafe (Schwerter) 1032, fengeldd (1359), stow (1378), /wr*.
bealo 2250. 2537; — mc til (§ 99): (gewrixle) (Dänen und Gen.) (1304):
wyrsa (§99): öonne wette ic (UnferÖ) tö fie (B.) wyrsan gepingea ....
gif Öü Grendies dearst rtian bidan 525; (Onjenpeow) forgeald . . . uyrwn
icrirlc worlhletn pone 2969.
$ 114. Schwer lastend, voll sorge: bealu: bealwon bendum
(877); — heah (§56. 88. 111. 117): geseeap (3084); — sorhfull (§136):
«8 512. 1278. 1429; — bisgum gebunden: (sUep) (1742); — hredre
hygemede (?) (§ 136): brudermord 2442.
§ 115. Von den eigentlichen intensitätsbezeichnungen
lassen sich noch die mehr quantitativen (meist bei colleetiv-
begriffen) absondern. Gebraucht werden in beiden fällen ge-
wöhnlich die ausdrücke der raumgrösse.
§ litt. Quantitätsangaben, den intensitätsangaben sich
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ADJECTIVA IM BEOWULFEPOS.
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nähernd: micel (§ 57. 117. 140. 147): getrum 922, magodriht 67,
matgenbyrÖen 3091; — ne mära (§57. 117. 147): weorod 1011; — sid
(§ 55. 85. 117): hexe 2347; — tcid (§ 55): feorh 933. 2014; vgl. wideferhp
702. 937. 1222; — unlytel (§117): dt^uä 498; vgl. sinhere (§46)
2936, synsn&d 743; syndolh 817; — heardfyrde: d<tl eorlgestriona
2245. - /t/<e/ (§ 117. 147): >«c<ra Ä/m fö lytel pcet he to lange htold 1748.
g 117. Intensitätsangaben: sid (§55. 85- 116): sorÄ 149; -
micel (§57. 116. 140. 147): wrctc 170, morfcearu 1778, est 958, tnorA-™-
IW^ 129, wu ndor 771, rf rewfc 270, />ear/" 2S49; ^/uri/Zc A/ora Ais (Un-
ferO) ferhpe treowde, fccei he hcefde nxod m. 1167; — mdra (§57. 116.
147): moröbeaiu 136; morgen 518, merestrengo 533; mdra ...:
mundgripe 753, medudream 2016, »c (B.) »mcfj /w'nre (Hj.) mödlufan
müran tilian 1823; — wff*( (§57): crwft 2181, /&A£ 459, nihtbealwa
193, hygesorga 2328, rortrÖa 2645, hondwundra (segn) 2768, worolde
icyn 1079; - unlytel (§116): fom 833, rföm 885: — «ö /tfsesf:
hondgemdta 2354; — nas «<*<Ofi: magenfultuma (Hrnntinj) 1455; —
vgl. heahlufu (§56. 88. 111. 114) 1954; — co/ra: .../>« cearwylmas
cölran icurdap 282; fihnl. tviflufan 2066; — Aeard (§ 73. 82): heoro-
stceng 1590, c/aro 963. 1335, tvroht ~ 2914, hereniÖ 2474, hreperbealo
1343, hynöo 166; Ais aW>r gehöhte, heardan ceape 2482; ne heardre . .:
/VoAte ... 576; — Ars« (§74. 100. 101): («Up) 1742; - ginf<est: gifu
(stärke) 1271. 2182; — ueallinde (§69): heortan sorh 2464; - sträng
(§78): (gewin) 133; - swid (§140): (gewin) 191, Cri/ete) 3085; -
mödig (§82. 127): ma-6-en 670. - lytel (§116. 147): lifwradtt mi.
§ 118. Leicht; schwer: e'afle: . . . pancedon pcespe him ypläde
ende wurdon 228; nas ipe: siÖ 2586, ceap 2415, »h> jba-f yfo byd to
befleonne (der tod) 1002 (vgl. K. Köhler, Der syntakt. gebrauch des inf. und
part. im Beowulf, Münster 1886, s.48f.).
VII. Schicksal.
§ 119. Angaben über das Schicksal sind naturgeinäss
nicht häufig. Eadig scheint an den meisten belegsteilen des
B. die bedeutung 'glücklich', nicht 'reich' zu haben. 'Unglück-
lich' ist eine eigenschaft besonders der ungeheuer.
§120. Glücklich: iadig: mon (t.) 2470; wes penden fm lifige
(tpeling iadig (\\> zu B.) 1225; si gor iadig: secg (B.) 1311. 2352;
ugeiadig: bil 1557.
§ 121. Elend, unglücklich, verflucht: hian (§ 130): G. 1274.
2099; — driamlias: Heremod 1720; driama Uas G. 850; driame
bedaled: G. 1275; dreamum bedceled: rinc ~ G. 721; — earm-
sceapen: G. 1351, (secg) 2228; — fiasceaft (§131): guma (G.) 973,
man (schatzdieb) 2285; — wonsälig: wer (G.) 105; — hellbendum
fast: diope benemdon piodnas märe . . . Jxet se secg wdbre ... h. f. ... se
done wong strude 3071.
390
SCHEINERT
VIII. Zu s t an da angab en.
(Parallel zu II bis VII).
§ 122. Dass die zustandsangaben in Situationstypen und
in kennzeichnungen specieller fälle geschieden werden müssen,
ist bereits erwähnt. Blödig (vgl. § 14) ist einmal (2440) pro-
leptisch gebraucht, der einzige fall von proleptischem adjectivum
im Beowulf, so viel ich sehe, zu erklären vielleicht nicht als
eigentliche prolepse, sondern als epitheton perpetuum. Dass
fdmighedls situationstypisch ist, beweisen Gen. 1417. EL 237.
Rä. 432. Metr. 2626.
Tydre und unleof (2847. 2863) wird natürlich von den
mannen Beowulfs bloss vorübergehend ausgesagt.
'Zornig', 'froh', 'traurig' sind wider situationstypen.
Für 'traurig' sind sehr viele Synonyma vorhanden, wie über-
haupt 'traurig' viel häufiger ist als 'froh'.
Physisch (vgl. II).
§123. Blutig: dreorig (§40): (werter) 1417; heorodreori;
(§40): (hüsa seiest) 93b, hafela (G.'s) 1780; dreorfäh: (dnhtsele) 485:
waldreore fäh: water ~ 1631; - blödig: wal 448, beadufobn 990;
gär (proleptisch) 2440; blöde fäh (§40. 42): (hüsa seiest) 934, (brm)
1594; — swätig: (sieeord was s.) 1569; swätfäh: syree IUI; swäte
fäh: siveord 1286; fäh (§50): B. 420; — blöd igt öd: bona (G.) 2082;
blöde bestymed: (bencfielu) 486; vgl. he geblödegod wearö satnä-
driore 2692.
J| 124. Vereinzeltes: fätnigheals: ftota 218, schiff 1909: -
niwtyrwyd: naca 295; — isig: (far) 33 (Sievern, Beitr. 27, 572) ; — Ut
gelicost: meord gemealt 1609; — n a co d (§ 139): swurd 539, gudbill
~ 2585; - morgenceald (§72. 118): gär ~ 3022; — windig (§75):
rest 2456; - hreo (§ 133. 135. 136): iyßa) 54a
Persönlich (vgl. III).
g 125* Körperliches: sdnra: he on höhne wees sundes pe «furo
(wägbora) 1436; — samra (§78): sytnle was py samra (d.) 2880;
fugle gelt co st: flota 218; — swigra: dä was s. seeg, sunu Ecgläfes 960.
§126. Bereit: sides fus: B. 1475; hinfüs: (hige) (G.) (755);
fus tö farenne: B.'s m. 1805; leofra manna füs: (hytoccard) 1916:
ütfüs: (far) 33; füsltc (übertragen, vgl. § 26): fyrdsearo 232. 2618,
fyrdUoÖ 1424; gupt gefysed: B. 630, gef. sacce tö seceanne: (d.)
2561; — gearu (§37. 81): beornas 211, (hyötceard) 1914; gearofol».
G. 2085; gearo gyrnwrace: Gm. 2118; — eftstÖes georn: (är)
(Wl.) 2783.
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ADJECT1VA M BEOWTLFEPOS.
f 127. Vereinzeltes: mödig (% SC): swa he nr mAie: no he jxr*
m. was, wctpna gewealdan CB.) 1508: — on möde from: ie com o. m_
f.,Jxrt ie ... (B.) 2527: — n<r$ forht: «Onsenpeow, 2967: forAf: ke
(G.) an woJ« iward on ferhöe 754; — tydre: treoxioga < B. * m » >>47:
- wrfroa gemyndig: efi *<rs ... m. g. mir; Hygeittce* <B..i lö&>: —
llte bearngebyrdo: (metod) 945.
Verhältnis zu andern (vgl IT).
§ 128. aldorleas: Dänen 15; hläfordleat: Hamerns m. 2935:
Peodenleas: Dänen in Frieslaud 1103; — ortreardc drachenschatx
3127; - freondum bcfeallen: Dänen und Friesen 112»»: — <trne$
pearfa (?) (vgl. Zupitzas ausgäbe): (ßegn mithtrylee*, der schatzdiefe;
2225; - unUof: B.'s m. 2863.
Tüchtigkeit (rgL V).
§ 129. unnyt (§ 100): (Heorot) 413; - bealohycgen de: B. und
d. 2565.
Verachtet, elend (vgl. Vit).
| 130. he an (§ 121): B. 2183, schatxdieb 2408.
In not (ygL VIT).
| 131. «arm: dnAaja (B.) 2368, teoA 2938; «<• earmra: man
(als B.) 577; - feasceaft (§ 121): (Scyld) 7, &N&b - 2393, Geaten
nach m.'s tode 2373.
Stimmung (zu III).
| 132. Trunken: druncen: drihtguman 1231, he&rdgeneatas 2179:
6^ore druncen: UnferÖ ~ 531; M>ffM rfrt<«c*n: (Unferö) 1467.
$ 133. Aufgeregt, wild: Are'oÄ (§ 124. 135. 136): B. 1564: on
hrion mode d. 2581; hreohmod (§ 136): d. 2296; - vdfre (§81):
Hefa) (2420) (B.), mod (Guölaf und Oslaf) (1150); - onhrered: (mere-
fixa mod) (549).
g 134. Zornig: yrr«: B. 1575, öretta (B.) 1532, G.2073, B., G. 769,
Gm. 1447, d. 2669; yrremöd G. 726; — gebolgen: B. 709. 1539. 2550,
G. 723, d. 2304. 2220, Untiere 1431; torne gebolgen: B. 2401; bolgen-
wod (§84): B. 709; — heorogrim: B. 1564; — repe (§84): cempa
(B.) 1585, B., G. 770; — awrrtd: B. 1529. 1575; — 6»fer (§ 71): untiere
1431. — grim (§84. 113): omfotrarti (Wl.) (2860).
§ 135. Stolz, froh: goldwlanc: gübrinc (B.) 1881; dtte xclanc:
(Gm.) 1332; — since hremig: B. 1882; fratteum hremig: byre
nnthttylees ~ 2054: Aud«- hremig: G. 124; - />//<- gefee^nod: Gm.
1333; — sigehredig (§ 108): WL 2756, ti« ivendon Jxrt he (B.) s. secean
ncome metrne peoden 1597; — bliÖheort: hrefn ~ 1802; — j/a-d:
Scyldingas 58; j/frdrood: (Geat, B.) 1785; — ferhpum fagen: B.'s
nnd Hj/s leute 1633; — dreamhealdende: Hj.'s m. 1227; — nots
hrioh (§ 124. 133. 136): na>8 htm h. sefa (B.) (2180); - bltöe (§90):
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BCHEIHBBT
bced (Yv» hine (Hj.) bliÖne aH p&re beorpege 617; — sorhUas: ic (B )
Air pi ponne gehdte paH pü on Ileorote most s. swefan (Hj.) 1672; —
hrudra gemyndig (für den andern auf freude bedacht): B., Hl. 2171.
g 18«. Traurig: gtomor: ides (Hildeburh) 1075, (sefa) (B.)(2419),
(sefa) (Wl.) (2632), (sefa) (Dänen) (49); modgiomor: (eortwered) 2894.
müdes geomor: Ö. 2100; geomor mod: (eald atscwiga) 2044, (gumena
ndthxcylc a*pelan cynnes, vgl. 2233) 2267, (magÖ) (t.) 3018; f elageomor:
(Ongenpeow) 2950; hygegtomor: schatrdieb 2408; — sdrig ferÖ: seq
(Wl.) 2863; sdrigmöd: H«ocyns m. 2942; — sorhcearig: B.'s gattin
3152, (gomel ceorl, . . . Ponne Am sunu hangaÖ ... , vgl. 2444) 2455:
sorhfull (§114): Gm. 2119; — galgmöd: his (G.'s) modor ~ 1277
(vgl. Wright-Wülker, Vocabularies t\ 172, 1: tristis, unrdt tel geaih); —
higemede (§ 114): [B. oder] Wl. 2909 (Sievere, Beitr.9, 142. Bugge, ebd*.
12,106); — wer i gm od: 0. 844, Gm. 1543; — müdes seoc: B.'s m.
1603; — unbliöe: Hj. 130, B.'b m. 3031, Grurnrna ndthwylc) 2268; -
unrot: B.'s m. 3148: — ncalle* hremig: necdles Hetware hremge Porf-
ton fedeiciges 2864; — witirMewde: (mod) (Dänen) (50): — hiofendt.
hcrled (B.'s m.) 3142; — wollentear: B.'s ni. 3032; — Peostre: gePone
(B.) (2332); — Ar«! oh (§ 124. 133. 135): on hreon mode (H^.) (1307):
hreohmüd (§ 133): Hj. 2132.
^ 137, Schmerzvoll: s<<r: tron/ (2058); adrig: sang (2447); —
sigeleas: sang (787); — vgl. giomorgyd (3150); — rote berofen
('freudlos'): rest (2457); — sdrlic (§ III): gyd (searolic?) 2109.
IX. Speoielle Charakteristik; logische zusätzo.
§ 138. Der eigenschaften, die sich nicht unter die ge-
bräuchlichen typen einordnen lassen, sind sehr wenige. Nacod
2273 muss wol einen vernünftigen sinn haben, da der dichter
statt niödraca ebenso gut eorddraca, ligdraca, fyrdraca wählen
konnte; es dürfte eine glatte, unbehaarte, schlangen artige haut
andeuten.
Mistig und hrimed sind specielle eigenschaften, sie helfen
aber die gegend, wo die ungeheuer hausen, als etwas entsetz-
liches beschreiben.
In einigen fällen entsteht durch zusammenrückung von
Substantiv und logisch (§ 5, 1) gebrauchtem attribut ein neuer
begriff; z. b. wvrga gcest = 'teufel'. Ein paar Substantivierungen,
m&gomelan = 'vorfahren', haben eine ganz bestimmt umgrenzte
bedeutung angenommen.
§ 139. Speciell: bdnfdg: (Heorot) 780; — stdnfdh: (stritt)
320; — nacod ('glitschrig, glatt'; § 124): niödraca 2273; — heoro-
höcyhte: eoforspreot 1438. — mistig: mör (162); — hrimed: beanau
(1363). — nces goldhwcet (?): B. 3074; — lagucraftig: man 209. -
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ADJECTIVA IM BEOW ULFEPOS.
393
lärena god: tces pu, üs l. g. (B. zum endesata) 269; lära UÖe: pyssum
cntftlum tces l. I. (Wj>. za B.) 1220. — gilphladen: guma (scop) 868;
— gidda gemyndig: guma ~ (scop) 868. — änfeald: gepdht {endesctta)
(256).- feohleas: gefeoht 2441. - feormendleas: fatn 2761. — lond-
rihtes idel: l. möt ... monna gehwylc idel hiceorfan, siddan apelingas
feorran gefricgean fleam eoiceme 2886.
§140. Logisch: ece rad («Seelenheil'; § 46) 1201.1760. — se
virga gast ('teufel'; § 101) 1747. — frecnu sprac ('Unverschämtheit';
§113) 1104. — lad gewideru ('unwetter'; §96. 113) 1375. — läöum
ddtdum ('feindseligkeiten') 2467. — Purh hastne hdd ('mit heftigkeit')
1335. — se micla dorn ('jüngstes gericht'; §57. 116. 117. 147) 978. —
gomelan ('vorfahren'; §45) 2036. - sio swiöre ('rechte hand'; §117)
209a - for lassan ('für geringeres'; §57. 111. 147) 951. - vgl. wil-
de or 1430. — cwenlic: ne biÖ swylc c. peaw 1940. — entisc: heim
2979. - eotenisc: eald sweord 1558. 2616. 2979. - haöen (§103):
hord 2216, gold 2276.
X. Adjectiva determinativa; Zeitangaben.
§ 141. Nicht poetische adjectiva, aber von ziemlicher
Wichtigkeit sind die determinativa. Ich stelle zuerst die
angaben allgemeinerer räumlicher Orientierung, dann die über
läge und richtung zusammen; dann besondere bestimmungen
am object, wie 'voll', 'leer', 'ganz', 'halb'. Die übrigen wie
neah und gemdene dienen meist übertragen zum ausdruck irgend
welcher Verhältnisse. Die angaben über grosse anzahl sind,
ähnlich wie die grössenangaben, oft bloss formelhaft, nament-
lich monig und eall. Die Zeitangaben dienen entweder der
relativ zeitlichen Orientierung ('früher', 'später'), oder zur an-
gäbe der Zeitdauer, und natürlich wird auch hier mit emphase
typisiert in den gegensätzen 'lang' und 'kurz'.
§ 142. Weitere Orientierung eines objects im Verhältnis
zu anderen: feorrancund: B. 1785; feorrancumen: ~ Giata
Mode 361, B., m. 1819; — elpeodig: men (B., m.) 336. — on ancre
fast-, (scip) 303; oncerbendum fast: (scip) 1918; — legerbedde
fast: (lichoma) 1007; - handa fast: (sidrand Jtafen h. f.) 1290;
fcondgräpum fast fürchtet B. zu fallen 636. — gründe getenge:
gold 2758. — süpan füs: (sigl) 1966. — feor: nis P(et feor heonon
mtlgcmearces pat se mere standed . . . 1361, nas htm feor panon tö gesecanne
sinces bryitan 1921.
% 143. Specielle Orientierung des objects: andweard: stein
1287, ütweard: (eoton) 761, ütanteeard: Idato ~ 2297, inneweard:
bold ~ 998, innanweard: Heort 991, flet 1976. — andlong: eorl
(WL)2ÖÖ6, uplang: B. 759; - uppriht: B. 2092.
B*itra<c zur geschichte der deutschen spräche. XXX. 27
f 144. Besondere bestimmungen: pyslic: Pearf 2637 (vgL swyk
5^2»- — r«*^r? ye/i>: fiower mearas 2164. — /"*//: tcrcrtta - urira (Wrfv)
2412: — Mff: iHeoroi) 14ö. 413: idelhende: no . . . üt . . . i. bona
V: -i ig\<A ••■ >^"*i'J»» «roW« 2081. — oj)?n: (hordwyn) 2271. — westen:
(k*uW;> 24» - h'cilf- \heah 1087. — Vgl. MtrfrfeitttAi 2782. 283ä
s*id<ia m^ard 75- 504. 751. 1771. 2096. — fa// (in cap. n, A nicht mit
verzekLn-t: § 146) C etwas seinem voUen umfange nach'; meist quantitativ,
aber auch inten«ivr. rgL die Wörterbücher.
§ 14*. Uebertragener gebrauch; allgemeinere relation:
hv^ebendum fast: ac him (Hj.) on hreÖre h. f. cefter deorum men (B.)
dvrne lan^aö b<am 1S78. — neah: bid ... bona Steide n. 1743, him
(B.) xras . . . wyrd ungemete neah 2420, öd wees . . . dead ungemete neah
(für B) 2728. — gemeine: ßdr unc (B., Gm.) hwile teces hand gem. 2137,
pä wa-s «ynn 7 MCU Sweona 7 Geata ... trroAt gemetne 2473; unc **a/
trorw /Wa in«//ma gemetnra 1784; Ähnl. 1860. 2660; (Hj. zu B.) fci/arf /m
gefered paH jxtm f oleum sceal, Geata leodum ond Gdr-Denum sib gemetne
... 1857. — gelenge: yrfeweard ~ Met gel. 2732. — gelang: (H3. zu B.)
nü in *e retd g. efi at ßc dnum 1376; (B.: Hl.) gen is call aA de lissa g.:
ic lyt hafo heafodmäga nefne Ilygeläe öec! 2150. — gecynde: him (HJ..
B.) was bäm somod . . . lond g. . . . 2197, eücn . . . , craft ond eenÖUy awa
him g. wees (WL) 2696.
f 146. Häufigkeitsangaben (in cap. II, A nicht mit verzeichnet):
änga: dohtor 375. 2997, eafera 1547, brößor 1262. — monig: attributiv
oder absolut gebraucht, auch im plur. mit gen. plur. des subst: im ersten
falle von lebewesen und sächlichen concreten, sonst bloss von personen.
zusammen 34 mal. Vgl. die Wörterbücher. — genöh: beagas 3104.
fethöo 2489. — «nn'm(e): gold 3012. 3135. — fela: absolut oder mit abh.
gen. — ealle (§ 144): absolut, attributiv oder mit abhängigem gen.; stets
von personen (ausnähme 1796); zusammen 21 mal. — fia: abs. 1081. 1412-
3061, fia worda 2246. 2662.
$147. Zeitangaben: dtrran mctlum 907. 2237. 3035; vfaran
dogrum 2200. 2392; nyhstan siöe 1208. 2511; hindeman side 2049-
2517; niowan stefne 1789. 2594; a>t siöestan 3013; sidast *ige-
hteila (peem piodne, B.) 2710; gingeeste tcord (Jwm gomelan, B.) 2817:
— lange tid (§46.55) 1915; lange hwile 16.2160.2780; lange Präge
54. 114. 1257; was seo hwil micel (§ 57. 116. 117. 140) 146: Igtle
hwile (§ 116. 117) 2030. 2097; lytel fac 2240; nces mära fyrst ...
(§57. 116. 117) 2555; na* lengra fyrst ... 134; Idssan hwile Po*,«
... (§57. 111. 140) 2571; tö lang ys tö reccenne ... (§ 46. 55) 2093:
nrrs N long t6 Öon pa>t ... 2591. 2845; — morgenlo ngne derg 2894.
ondlangne dag 2115, ondlonge niht 2938; nihtlongne fyrst 528.
XI. Intelleotuellö auffasaung.
§ 148. Die ausdrücke dafür, dass etwas 'erfahren', 'klar
geworden', 'richtig erfaßt* ist, sind naturgemäss in der poesie
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ADJECTIVA IM BEOWULFEPOS
395
nicht sehr häufig. Die angaben der bekanntheit können bei
besonderer emphase in die bedeutung 'berühmt' übergehen
(§ 108). Sweotol und wol auch soö sind typische eigenschaften.
§149. Bekannt, klar: cüp (§108): stritt 1634, nassas 1912,
folm (G.'s) 1303, Pas wahnes ße is tcide c. . . . 2135, . . . was yldum c.
Art ... 705, was wtde c. pat ... 2923; — undyrne: (gemeting) 2000,
9& was ... Grcndles güöcraß gumum undyrne 127, syÖöan und. fyü
cyninges widt weordeÖ 2911; undyrne cüö: wearö u. c. patU ... 150,
... wearÖ u. c. 410; — ßat gesyne wearÖ, widcüj) werum Patte ...
(§108. 154) 1255. 1256; — gefrdge (§ 108): swä hyt gefr. was 2480;
ne dyrne (§ 101): ne scecd Pas d. sum wesan . . . 271; — dyrne: dryht-
*de 2320 ('verbogen'); dyrnum crafte ('mit verhohlener list') 2168. 2290;
deogol, dygel: dadhata (ü.) 275, lond (U.'s) 1357; - uncüp (§96.
113): sttg 2214, geldd 1410; uncüpes fela ('neuigkeiten') 876. - sweotol:
tdcen 141. 833, syndolh 817.
§ 150. Wahr: so 3: gyd ~ 2109 ('wahrheitsgetreu'; söö subst.
öfters).
XII. Impersonalia; verbaladjectiva.
§ 151. Impersonalia die bloss als solche gebraucht werden,
sind wenig da; über die verbaladjectiva vgl. § 3, 1.
§ 152. Passend, gewohnt: gemet 687. 3058, gedefe 561. 1670.
3174, gerysne 2653, gepywe: stcä him (B.) gep. ne was ... 2332.
§ 153. Sich erstreckend, bestimmt: ne was hit lenge pa
gen . . . 83.
§ 154. Verbaladjectiva: onsage 2076. 2483, atgrapc 1269,
uögenge 2123, gesyne (§149) 1403. 2316. 2947. 3058. 3158, tpgesyne
1110. 1244, eaPfynde 138, eöbegete 2861, gifeöe 299. 555. 821. 2491,
2730, ne gifePe 2682, ungyfeöe 2921.
§ 155. Noch ein paar zusammenfassende bemerkungen
über den begriff sschatz:
Dass es in den meisten fällen, wo überhaupt gegensätze
in frage kommen, zwei conträre begriffe gibt, lehren die Ver-
zeichnisse klar genug: jede mittelstuf e fehlt. Aber es ist eigen-
tümlich, dass die reckendichtung oft, besondere bei den spe-
cielleren eigenschaften (II. III) bloss den positiv idealen typus
kennt: einen 'feigling' erwähnt man kaum, ein minderwertiges
sächliches concretum gar nicht. Wozu noch kommt, dass alle
die zum ausdruck gebrachten eigenschaften einen strich ins
massive haben: dass etwas kleines, weiches, zierliches auch
reizvoll sein könne, dafür hat man noch kein gefühl. Wenn
daher neben den vielen sid, ivid, brud, mkel die zwei tnge
27*
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306
SCHEINKRT
und nearo auftauchen, so können sie nicht anders als indirect
dem negativen gegentypus dienen.
Etwas mehr treten die negativen typen in IV. V und
namentlich in VI hervor. Denn wenn die adjectiva aus II
bloss auf sächliche concreta angewant werden, die für psy-
chisches (III) fast bloss auf personen (so streng dass es z.b.
585 deorlice dcbd heissen muss, nicht deore dced), so müssen in
VI die allgemeineren ausdrücke untergebracht werden, unter
denen manche ein epitheton aus der negativen sehe der wert-
reihe des autors erfordern. Für die abstractbegriffe ist eben
ein abgeschlossener anschauungscomplex in geringerem oder
unbestimmterem grade vorhanden als für concreta. Deshalb
variieren sie je nach ihrer anwendung auf einen bestimmten
fall viel stärker als alle andern, und verschiedene gleichzeitig
unterscheidbare eigenschaften können an ihnen nicht leicht
namhaft gemacht werden: so werden sie mit gefühlsadjectiven
versehen. Unter denen ist dann aber 'schrecklich' nicht etwa
immer eine Verurteilung; für einen ordentlichen heldenkanipf
und für einen ordentlichen schwertschlag gehört es sich, dass
er atol oder grim ist.
Dass in VI (wenn überhaupt) fast bloss die gewöhnlichsten
adjectiva physischer eigenschaften übertragen gebraucht werden,
lässt die einfachheit und ursprünglichkeit des sprachentwick-
lungszustandes erkennen: die worte wahren ihre eigentliche
bedeutung in hohem grade.
Einige male bezeichnet ein adjectivum ein Symptom und
erweckt daher im gegebenen zusammenhange eine weitere
Vorstellung, z. b. ufan srceg ('die lanze mit eisenspitze'), fdh
420 ('blutbefleckt'), drcorig 2789 ('verwundet'), scirJtam ('ge-
rüstet'); so auch forögewiten ('tot').
C) Composition und ableitung.1)
I. Componierte und complexe eigenschaftsangaben.
§ 156. Die genauere Untersuchung des adjectivschatzes
erfordert auch ein eingehen auf die inhaltlich wichtigsten
arten der adjectivbildung, d.h. auf composition und auf ge-
') 0. Dittrich, Ueber Wortzusammensetzung, Zs. f. rom. phil. 22 (189SN
305 ff., bes. 313. — K. Brugia an n, Ueber das wesen der sog. wortxus&miBca- M
ADJECTIVA IM BEOWULFEPOS.
307
wisse ableitungssilben. Nun zeigt sich aber bei der durchsieht
des Wortschatzes, dass neben corapositen wie teideup, nidheard,
goldfdh, goldhroden ausdrücke vorkommen wie Wide cüp, wiges
heard, golde fdh, golde gehroden, und dass daher auch diese,
und (will man nicht eine völlig unbegründete grenze ziehen)
überhaupt jedes mit einer Zusatzbestimmung versehene adjec-
tivum parallel mit den compositen betrachtet werden muss.
Ich nenne sie zum unterschied von den componierten complexe
eigenschaftsangaben.
Die einteilung des hierher gehörigen materials nach nutz-
bringenden gesichtspunkten ist nicht ohne Schwierigkeit.
Krackow hat seine aufgäbe insofern nicht beendet, als er die
complexen ausdrücke nicht beachtet, und als er überhaupt auf
eine eingehende behandlung der adjectiveomposita verzichtet,
indem er sie alle seiner klasse I zuteilt, ohne zu sehen, dass
eine ziemliche anzahl ganz offensichtlich seiner klasse II an-
gehört. Schablonenhaft und unpsychologisch ist übrigens seine
meinung von der entstehung der composita, über die man doch
bei Brugmann, Wundt und Dittrich treffliche belehrung findet.
Entsteht ein satz, wie Wundt (Völkerps. 1, 2', 234 ff. = 22,
239 ff.) auseinandergesetzt hat, durch die gliederung einer ge-
sammt Vorstellung, so ist ein compositum die gliederung einer
teilvorstellung (von besonderen fällen abgesehen). Ob nun ein
compositum im einzelnen auftreten im satze dem überlieferten
sprachgnt entstammt, oder (wenn man Zwischenstufen ausser
acht lassen will) sich im moment gebildet hat, diese frage zu
beantworten soll hier nicht versucht werden, zumal für das
ags. nur eine vergleichung mit den andern germ. sprachen
einigen aufschluss geben könnte, vieles stets unauflösbar
bleiben muss. Es wird sich also für uns nur um die frage
handeln, wie die glieder des complexen ausdrucks oder des
compositums in den ausdruck der betreffenden teilvorstellung
hineinkommen. Namentlich ist darauf zu achten, ob neben
dem compositum als ausdruck einer verwanten oder der gleichen
setzong, Ber. d. sächs.'ges.d. wiss.. phil.-hist.kl. 52 (1900), 359ff. — W. Wundt,
Völkerpsychologie 1, 1\ G02 ff. 1, 1«, 642 ff. — 0. Krackow, Die nominal-
composita als knnstmittel im ae. epos, Berliner diss., Weimar 1903. — 0. II au -
fechild, Die verstärkende Zusammensetzung bei eigenschafte Wörtern im
deutschen, Hamburg 1897. [S. nachtrag.]
398
RCHEfNRRT
Vorstellung auch simplicia gebräuchlich sind, wie weit diese
etwa an der bildung der composita beteiligt sind, oder ob die
auszudrückende teilvorstellung so compliciert oder so neu ist,
dass ein complexer ausdruck ad hoc gebildet werden muss.
Ich untersclieide demnach folgende gruppen, die eine con-
ti nuierliche reihe bilden.
An in. Die anorduuug geschieht nach bedeutungsgrnppen, meist in
Anlehnung; an oap. II, B (§ .%ff.); einander entsprechende componierte und
complexe ausdrücke werden nebeneinander gestellt, die letzteren aber in
(— ) eingeschlossen. Wo keine verszahl angeführt ist, ist sie aus cap. II, B
zu entnehmen.
1) Verstärkte ausdrücke.
§ 157. Eine auch als simplex belegte eigenschaftsangabe
wird verstärkt durch einen zusatz
a) rein intensivierender art:
eal-gearo, -gyldtn, -iren; (ealles anmnd 1000); f ela-hrör, -modig,
geong 1926, neah 1743, hold 2170; ungemete neah 2420. 2728, 077 2720;
nitre geneahhe 783; lungre gelte 2164; micle leofre 2651; tcundrum
heard 2687; turn IdÖra ötcihte 2432; d>ghw(rs orleahtre 1886, unrim
3135, untele 1865; swd god 347, unnyt 3168; fias tnodig 1508; tö rum
2461, foremihlig 069, swyd 191. 3085, sträng 133. 2684, fast on fidm 137,
fast [sUtp] 1742, nt tö gnead gifa Iii.*));
b) concreter art. Er gibt pleonastisch etwa das gebiet
an, in dem sich die eigenschaft bewährt (hcapo-deor), oder in
dem sie sich überhaupt zeigt (tvlite-beorht); ein paar mal werden
worte ähnlicher bedeutung aneinandergefügt: cacen-crceftig,
wöh- bogen. Jedenfalls entspringen alle diese Wörter einer
vorstellungs weise, die mit starkem inneren anteil arbeitet.
Daher sind auch die Zusammensetzungen mit 'kämpf-' und mit
mod und ähnlichen die beliebtesten. Was jedesmal pleo-
nastisch ist, lässt sich natürlich nicht einfach aus den begriffen
ablesen, sondern nur nach dem Sprachgebrauch der ags, dichter
beurteilen. So ist mod in glmlmöd ein momentum ornans.
weil glod allein gebräuchlich ist, nicht aber in steiömod, nicht
ferhS in swidferhö, weil siciö von personen in der gesammten
ags. poesie nur äusserst selten gebraucht wird. Vereinzelt
steht im Beowulf eine bildung wie cyningbald, die allerdings
parallelen findet in Worten wie cynerof (Jud. 200. 312).
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ADJECTI7A IM BEOWULFEPOS.
309
wtd-cüp; (wide cxiti 2135. 2923, mdroat 898, gesyne 1403. 2316.
2947. 3158, gctceoröod 1959); dr-göd; eb-begite, -gesyne, eapfynde;
(fasle besmißod 775); — I deaÖ-fd'ge; (sare wund); ellen-sioc; (Win-
trup* fröd); n wlite-beorht; wuldor-torht; hond-locen, ftand-gewrtpen;
(hondum gebröden; oröoncum gegyrtccd 2087, searoponcum be-
smipod 773, searwum ges&led 2764, gelocen leoÖocrceftum 2769,
nearocrceftum fast); ftjr-heard, iren-heard; (hcaÖofyrum hat);
in ma genes sträng, strengest, mcegene strengest; eafoßes craftig.
Bildungen mit 'kämpf etc.: Ii heapo-steap, -scearp, -torht,
in -deor, -grim, niÖ-heard, (niöa heard), -grim, (niöa crteftig); beadu-
scearp, (beadtee heard); güÖ-reow, wal-reow, hilde-deor, scür-
htard, w ig -crceftig, (wiges heard), fyrd-hweet, stÖ-from, da)d-cene.
Bildungen mit -möd etc. (oft zu vm): galg-, geomor-mod 2044.
2267.3018, (modes geomor 2100), glad-, hreoh-, särig-, böigen-, yrre-
möd; möd-giomor 2894; (mödes milde, blide; on möde frod, front,
+ forht on ferhde); sdrig- f erÖ, (ferhÖum fa?gen), f erhÖ-freca;
grotn-heart, blid-heori; hyge-giomor, (higum unröt 3148), grom-
hydig, heard-, wis-hiegende; fast-ra)d.
Verschiedenes: heoro-bläc, -driorig, -gifre, -grim; nearo-
ßgi gryre-fäh; (dddum gedefe, cystum cüd, gecyped; gumeystum
ZÖd; synnum scyldig, fyrenum gesyngad; vm beore, wine druncen;
torne gebolgen); sorh-cearig; — (vi, XI ylda bearnum undyrne citd
150, uttdyme citÖ 410; yldum cüd 705, uncitd 2214, forem&rost fold-
büendum 309, f oleum gefrdtge 55, gecyped 262, gumum undyrne 127,
teideup ic er um 1256, monegum fira undyrne 2000, manegum gecyped
349; x nis ... feor heonan milgemearces 1361 f.).
Besondere fälle: brün-fdg, eacen-cra:ftig, woh-bogen;
cyning-bald, glced-man, earm-sceapen; (formelhaft: heard under
helme, göd mid Oiatum 195).
2) Specialisierte angaben.
§ 158. Die Vorstellung findet ausdruck durch an Wendung
desjenigen auch sonst gebräuchlichen simplex aus dem Sprach-
schatze, das ihr möglichst nahe kommt, das aber noch der
ergänzung durch einen begriff bedarf, so dass es eine specia-
lisierung erfährt, aber nicht aus seiner gewöhnlichen begriffs-
sphäre herausgeschoben wird. So ceppdfealo, gdrce'ne, rüdröf.
Daher nebeneinander ausdrücke wie güdteerig : sipes wirig,
zdre wund : mecum wund.
I (headoläces hal, stÖa gesund 318), srt-mepe, güd-werig,
(fipes, wundum, teerig), heaÖo-stoc, hilde-sad, (gare, mecum
wund), u ceppel-fealu, horn-, sd-geap, (ahyrded heaöoswdte),
morgen- ceold.
Bildungen mit 'kämpf u. ä.: (siimra cet scecce, nalas eines
laH), ckfen-grom, gär-cene, eilen-, beadu-, güd-, heapo-, sige-,
400
SCHEITERT
hige-röf, {magnes, d(tdum rof, röf niPgeweorca); heabo-mirrt,
ig üb um cüÖ, prybum (Uni), fyrd-xryrpe, (mäpme py treorpra, yr fe-
in fe 1902), tcig- geweorPod, (geofum 7 güdtim xride geveorbod 1959.
wo ... an herewasmum hndgra(n), gübgetceorca 677 f.), vin ut-
füs, (sibes füs, füs tu farenne, leofra Manna füs; sundes 8(tnra
1435 f., iste bearngebyrdo, hübe hremig, fylle gefagnod), Kint-
geomor, (aldres orwina, swigra on gylpspraice gübgetceorca 980).
3) Ausdrücke, in denen ein glied mehr oder weniger
bloss functionswert hat.
§ 159. Aus der eigenschaftsvorstellung ist eine gegen-
stands Vorstellung (z. b. 'gold') ausgesondert und durch einen
mehr farblosen ausdruck (allgemein etwa 'versehen mit'; z. b.
fdh), eine art functionsangabe, wird eine beziehung zwischen
der als wesentlich auffallend aufgehobenen gegenstands Vorstel-
lung und dem träger der eigenschaft hergestellt. Es sei hierbei
daran erinnert, dass die altgerm. poesie überhaupt zum gegen-
ständlichen erfassen der Vorstellungen neigt (daher die ken-
ningar und Variationen). Bei einigen compositionen (mit -Icas)
ist auch die ausdrucksweise der position durch Verneinung des
gegenteils in rechnung zu ziehen, z. b. sdwolleas = dcad.
Es gehören hierher bildungen mit -fdh, -fcest, -füll, -leas,
'füs, gcaro, -gemyndig. Auch die mit -mod etc. (ein paar mal
mit adjectiven, die für sich allein nicht psychische eigenschaften
bedeuten können) sind verschiedentlich zu solchen functions-
angaben verblasst, wenn auch nicht so sehr wie etwa fdh und
füll. Die participia, namentlich die participia praeteriti, bilden
parallelen zu den eben genannten ausdrücken.
1) Mit -fdh: gold-, sine-, senro-, ban-, stun-, tcyrm-; blöd-, dreor-,
swdt-, wal-fdh; dazu (golde, since, seartcum, fctttum, ätertnnum (?), fyr-
wylmum, blöde, dreore, stcdte, tcaldreore fdh). — 2) Mit -fast: är-,
bl(ed-, tir-; 80Ö-, tcis-fast; dazu (deabe, deabbedde, legerbedde, feond-
gräpum, hellbendum, hygebendum fast; fast on päm [fahöe ond fyrene]).
— 3) Mit - füll: eges-, sorh-full, weorbfullost; dazu (füll tcratta 7 tcira).
— 4) Mit -/cos: ealdor-, sdwol-, aldor-, Moden-, tcine-, hldford-, sorh-,
driam-, teyn-, dorn-, sigc-, tir-, feormend-, feoh-leas; dazu (uinigea,
dreama leas; vgl. ames Pcarfa, londrihte8 idel). — 5) Mit -füf,
gearu: (febergeancvm, süpan füs, searwum, on ba>l gearu). —
6) Mit -mod, -heort etc.: güp-, stid-, sicib-möd, stciÖ-ferhÖ, sttarc-
heort, an-, nid-, bcnlo-hydig, bealo-, stciÖ-, panc-hicgende. —
7) Mit gemyndig: (bealetva, cynna, fahöa, geofena, gidda, hröpra,
märba gemyndig). — 8) Mit -wesende, -dgend, -habbende,
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ADJECTIVA TM BEOWUf-FEPOS.
401
-healdende: cnfht-, umbor-K exende-, bletd-, m<rgenngende, 8earo-lurb-
bende; dream-healdende; vgl. -hycgende (no. 6). — 9) Part, praeteriti:
stcegl-tcered, (byrnttm tcered, golde gegyrtced, gegyrtced dracan felhtm,
golde geregnad , fyre gef ysed), gilp-hladcn; vgl. fea-sceaft; (since,
dorne, wdpnum getceorÖad, blöde bestymed heorttdreore, tcratlum
bunden, b. golde, eldo, bisgum, söÖe gebunden, befongen frea-
tcrdsnum, fyre b., ftdsce, galdre, tcirum bewunden; dreame, drcamum
bedctled [vgl. -Mas], freondum befeallen, hyrstum behroren, ealdrc
bereafod, röte berofen; morpre gemearcod, ge tcid feond ge wiÖ
friond fceste geworhte).
4) Ausdrücke, deren teile gleichen begriffswert
haben.
§ 1<>0. Eine Vorstellung coniplicierterer art wird in teil-
begriffe aufgelöst, die für den ausdruck des ganzen etwa
gleichen wert haben. Hier lassen sich noch verschiedene
gruppen auseinanderhalten:
1) Einem teile des gegenstands wird eine eigenschaft bei-
gelegt, und das ganze als eigenschaft dem objecte; z.b. iöö,
blödig, Grendel, daher bona blödigtoö. Der eigenschaft bezeich-
nende teil steht voran; eine ausnähme: sadol-beorht. Verwant
sind diesen übrigens die § 159, 6 besprochenen bildungen mit
möd, -ferhÖ, -Jieort.
syfantcintre, s'tdfcepme{d), famigheaU, wundenhals, hringed-, tcunden-,
bundenstefnn, tcunden-, bring-, bröden-, gr<*g-, sciadenmctl; brün-, styleeg,
icreopcnhilt, zadolbeorht, fretedhleor, scirham, blödigtöö, idclhende,
gearofohn, tcollentear, blonden-, tcunden-, gamol-fecuv, tcutidenheord.
2) Manche combinationen sind denen von 2 und 3 (§ 158 f.)
verwant, aber die einzelnen teile sind für den vorstellungs-
gehalt etwa gleichwertig. So z. b. irenbendum fast: man sieht
die eisenbänder: wie fest muss das sein! Seoc, aber tnodes:
daher also nicht 'krank', sondern 'traurig, hoffnungslos'. So
gehören hierher eine menge Umschreibungen, vgl. deadiverig
= 'tot'.
a) Mit -feest: (stapulum, teyrtum, fyr-, tren-, searobendum, säle, on
ancre, oncerbendum; handa fee 8 1). — b) Verschiedene: I viu dead-,
fyl-tcerig; teerig -möd; feorh-se'oc, (feorh-, sierbennum, mödes scor),
lif-bysig, tca-l-füs, (tcundum stille, in, vm hornum truvt, fore-
mihtig on /V/m?), anuig-gearu (?), (gearo gyrntemee), lof-geornost,
(eftsiöes georn), gold-htcoet, {ddda gehteies dyrstig, füs ofer fdgum),
Collen- ferhÖ, hige-pihtig , pryd- stc y d, {nearo nedende, ... arfeest
cet eega gelaatm), lagu-erceftig, (möde gepungen), iv, ix mon-
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402
SCHEINE KT
Öw&rust, (Iura UÖe, larena göd, göde märe), Hl, iv inwit-panc
(?), blöd-reow, (caldres, morpres scyldig, matte, fyreruUtdum fäh, f.
iriÖ god, ceÖelum diore, ce. göd, V, VI ecgum dyhtig, e. unslüvc,
... rices teyrdra 8G1, ... vyröe eoiia geahtlan 308), vi, vn gin-feesi,
hard-fyrde, sige-, sigor-, tir-eadig, vm sige-hreÖig, {sittee, frvUcum,
hitöe hremig, nalles hremge feÖetcigcs), gold-wlanc, (maÖnuthta, ase
tclonc), x morgen-, niht-long.
3) Zusammensetzungen mit präpositionen und adverbien.
So bleibt aslmihtig nicht mehr in der Sphäre des begriffs mihlig,
sondern ist etwas ganz neues.
cel-mihtig, al-tcalda, un-feald, an-retd, upp-riht, -lang, and-lo»;;,
andweard, innan-teeard, inne-iceard, hin-füs, (ufan gretg).
4) Ausdrücke mit einem partieipium praeteriti, das einen
grösseren vorstellungsinhalt hat als die § 159,9 zusammen-
gestellten. So hyrsted goldc — 'geschmückt' (nicht bloss 'ver-
sehen'), und zwar 'mit gold'.
Ii, vm beag-, gold-hroden, (gehroden golde, hyrsted g., iren-
hendum besmipod, seowed svapes orPancum^, niw-tyrtcyd, Iii ff. trW-
pungen, (gujte gefysed, g. setece tö seeeanne), tcil-cuma, feorran-
cumen, vgl. feorran-cund, feor-büend, forÖ-getciten, Jyurh-eten.
5) Zu den ergänzungen hei adjectiven sind auch angaben
(meist im dativ) der objecte zu zählen, auf die sich die be-
treffende eigenschaft bezieht; in betracht kommen also hier
adjectiva
a) für das Verhältnis von personen zueinander (IV):
his mtigum ncere arfast cet eega geläcum 11C7, iciÖ Geatas glaed,
Uodum UÖost, hold frean Seyldinga 290, mit pron.: htm hold 2161;
mnndrihtne hold 1229; llygclaee tras niöa heardum nefa sicybe hold
21H9, ... ff«? ... mödes bliöe 435; beo pii suna minum d(ttlum
gedefe 1226, ... hyre ... este bearngebyrdo 945, ttghwylc öbrutn
trywe 1165, öörum getryxce, mödes milde 1228f., ne tö gnenö
gifa Geata Uodum 1930, (wid Geatas) geofena gemyndig 1173,
fitfssutn ctuhium Iura liöe 1219, wes pu üs Ittrena göd 209, leof fttf
Uodum 521. (018), UrötgAre halefia Uofost 1290, him leof 203. (1870.
24H7), na>s ic him lädra öwihte ... 2432, gehwaper öörum lad 814f.;
tecord Dettum 1814, he ptir eaüum weard, ... manna cynne freottdum
geftegra 913 ff., wileuman Dettiga Uodum 388. (1894), him ...tdl-
cuman 393, teces gehwaper öörum hröpra gemyndig 2171.
b) Für die beziehung von irgend etwas auf eine person:
'gut', 'nützlich' für jemand, u. a.:
hweet sicidferltÖum seiest wäre ... 1738, päd biÖ drihtguman M»
lifgendum (rfter seiest 1388, selre biö dghicum pect ... 1384, Uoda
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ADJECTIVA IM BEOVt'LFEPOS.
403
anigum nytte ne ... 793, dämm mm unnyt 3168, rinca gfhtcylcum
idel 7 unnyt 412, tum ... eafrt ... 228, me M liefe leofre fxzt ...
2651; — ^i/ Aim trtfr« ... tuA* getäse 1319, egeslic Uodum on lande
2809, geomorltc gomelum ceorle ... 2444, Hrobgäre hreowa tornost
2129, /Min tccs geomor sefa, murnende möd 49 f., Ahm k*ts geomor
sefa, wafre 7 walfüs 2419 f., Aim ircrs s^/a ^ öHior 2632, Ay££ tcxrs
A/m hinfüs 755. — umlerne Froncum 7 Frysum 2911, me . . . undyrne
cüd 409, fem ... ungemete niah 2419, na« Aim f«or /himom fö £«-
«cawne 1920, /xr* KW8 /*im ^o«e/an gingaste word 2817, />« tca*
forma sid geongum cempan 2625, (.vgl. />. tr. *. deorum madme: un-
pers.) 1527, ... se rctd gelang ... at Pe dnum 1376, ... eatt cet fie
lissa gtlong 2149, htm was bdm somod land gecynde 2196 (vgl. 2696),
...ßdm folcum seeal Geata Uodum 7 Gar- Dettum sib gemane ... 1855
(Tgl. 2472), ficbr unc htcile was hand gemane 2137 (vgl. 1783. 2569), stcä
htm gemet Öuhte 3057 (vgl. 687), stcä him gepywe ne was 2332; — fxtr
was Hondscto hild onsoige 2076. (2482\ par tcas JEsehere ... feorh
udgcnge 2122, fxtr him agktca atgrape wearÖ 1269, Beowulfe weard
güöhred gyfeße 818 (299), me gyfeöe wearÖ ... 555 (2491. 2682.
2730. 2920).
c) Für beziehungen von unpersönlichem:
gründe g et enge 2758, lice gel enge 2732, fugle, bgge, ise, style ge-
licost 2ia 727. 1608. 985.
II. Ableitungen, partioipia.
§ 161. Von gewisser auch inhaltlicher bedeutung sind
die ableitungssilben -ig und -lic.
-ig bedeutet 'behaftet mit', und es kann daher adjectiva von Substan-
tiven aller art bilden, von concreten wie von abstracteren ausdrücken.
Physische eigenschaf ten bezeichnen: blödig, drcorig, teig, mistig,
ömig, tcelig, tandig; persönliche: craftig, dyrstig, gradig, hretnig,
mihtig, modig, scyldig, sinnig, witig (gewittig^ ; allgemeiner sind: dyhtig,
iadig, sarig, wlitig. Diese adjectiva sind bo gewöhnlich, dass sie auch
weiter in composita eingehen können: blödigtoÖ, heorodreorig, lifbysig,
an-, bealo-, grom-, nid-, pristhydig, sigchrepig, foremihtig, wonsdlig, un-
sinnig, eiptodig, higepihtig, güdwerig.
4k zu lic ('körper') hat die bedeutung 'nach art von', und die damit
gebildeten adjectiva gehören meist der gruppe VI (gefuhlsausdrücke^ an.
Von Substantiven sind abgeleitet: cwen-, dryht-, eges-, eori-, geato-lic (vgl.
§ 16 , gryre-, hete-, sdr-, Prym-, pryö-, weord-, icrat-, wumlor-Uc. Oft dient
-lic dazu, eigenschaften, die nur von bestimmten objecten (meist personen)
ansgesagt werden können, auf allgemeinere ausdrücke anwendbar zu machen:
dol-, dior-, earm-, fiis- (§ 26), geomor-lic, (grimlic\ Nicht so überflüssig
wie es scheinen könnte, ist die bildung atelic, denn atol kummt im Beowulf
bloss vor von dingen, die wirklich schrecken einjagen: dorn, ecgPracu, in-
unUcear, yldo, ypa geswing, von Ungeheuern; atcltc neben egesa kann aber
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104
SCHEINEKT
nicht bedeuten 'entsetzen einflößend', sondern einfach 'entsetzlich', nach
nrt eines intensitätsausdrucks. Ebenso ist l&titte (lue 1584) = 'schrecklich',
während lad = 'verhasst, feindselig'. Ueber leoflic s. § 110. Was umendk
angeht, so ist die anwendnng von trüelie in der ags. literatur mehr aul
abstiacta beschränkt /armselig, elend') als die von tcäc ('schwach, ara-
seliir'\ die bedeutitng von umräelte wird also auch verallgemeinert sein:
'trefflich' Bosworth-Toller nnd Sweet: 'not mean, splendid' \ Freolic wird
besonders vom adel gebraucht, während fre.o ganz im allgemeinen 'frei'
heisst. Ueberfliissig ist die nur in snellie. Den ableitungen von adjectiven
verwant sind betlic, seilte (deren simplicia fehlen), (riütc (§ 18), pysUc.
§ 162. a) Nicht zahlreich sind die adjectivbildungen mit
dem präfix $e-\
Neben wenigen von ihnen sind im ags., z. t. auch im Beowulf, die
formen ohne ge- belegt zu gerysne. gelrywe, geidse, getciUig), jedoch meist
selten oder auch unsicher. Nur gefrdge, gerade, getdse, getrytee, geieittig,
geptedre sind qualitativ charakterisierende adjectiva, die andern sind deter-
minativ^ impersonalia und ähnliches: geeytule, gedefe, gelang, gelentf,
gelte, gemahne, gemet, genoh, gerysne, gesund, getenge, gepytee, gesynt,
efigesynt.
b) Unter den bildungen mit dem negierenden präfix un-
lassen sich zweierlei arten unterscheiden:
1) Ein in der wertreihe des sprechenden auf der positiven seite stehen-
des adjectiv wird negiert: un-blide, -cup, -fdger, -frod, -front, -heore, Jeof,
•iiyt, -rät; ttn-gyfede, -Hfigende; ähnlich orteearde, orwena, tronsdlig.
2} Ein auf der minnsseite der wertreihe stehendes adjectiv wird negiert,
was für das moderne Sprachgefühl manchmal etwas befremdliches hat: km-
derne, -fdene, -fdge, -forht, -lytel, -sldte, -synnig, -teile, -teäelie; vgl. orieahtrr.
Der einfachen Verstärkung dient un- in utdu'tr, wol auch in unrime,
worüber zu vergleichen ist A. Hoefer, Genn. 14, 201 ff. F.Dietrich, Zs.fda.
10, 335 (ungifre Gen. 2404).
g 103. Was die partieipia betrifft, die in den adjectiv-
Bchatz eingehen, so sind die allgemeinen bestimmungen darüber
in § 2 gegeben.
Partieipia praesentis sind selten: byrnende, htofende, mumerult,
tUpetule, tr call ende, Hfigende, unlifigende; composita werden gebildet mit
-tretende, -ngende, -heebbende, -healdende, -hycgende, -büend; vgl. nearo
nedende. Vgl. § 157, b. 159, a
Häutig sind dagegen die partieipia praeteriti. Von den als sim-
plicia gebrauchten beziehen sich die meisten auf eine physische eigensehaft
gebogen, eacen, hritned, gyrded, teftpned^, unter denen wider die mehreahl
das resultat eines schwierigen herstellungsprocesses angeben : bröden, bnmim,
fä led, hdted, hringcd, hroden, hyrsted, locen, neegled, timbred, trunden. Die
übrigen sind Stimmungsangaben: druncen, gebolgen, onhrired; ähnlich $<-
teergad. Weit zahlreicher sind die partieipia in compositen und in compleien
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riisfijLiiHnir**^^. irmm.; hl r:TL7.Är?,::T K.iss das eir.mal
lultgle »*t»ä jrTigrH r.rr. in. srr^rlAdr cm e»«er.f*r*s Koss e;r.wwü
belegtes li^iimtuei oi- *fc:-*i*/r,rrmst. dir aber erst in dor
äusserst*! fjL: «ioiji*- L^rLTt-icL. Bei comrlexen assdr^kon sind
■UagcragELna el*r f aTis sdien. dv*h wird Ni der w*itt£*f
c&geL TcTl "Hl 1 ultg T •! hZittÜT uL d TOJÄti das ÄC^YttV worr.o i
besebiren. hl: tu' Ti des-Lalb re>ir:per: werden. 7. K /•>
•NE* flri^ni «so:, Mm EcgJafts* on &lp$prAct jn«\?rtWVM\H,
1435 c« k;>Z»w «ftE* *wKfl^< 7* Sirwr.j, 81S2 f<\\?w« i%Av&
«*j:c** streKZ&L Die am häufigsten, und iwar auch ab-
solut sehr Liin^ vorkommenden formen sind so allgemeine
ausdrucke wie «7m, stlrtst mdray mutet (aus den h*il*ntuit£9-
gruppen V. VI i. Alle andern sind kaum mehr als einmal oder
zweimal belegt. Die vorhandenen formen siud folgende ^oom-
pleie ausdrücke besternt):
1 trtrr«, oAra, «irmra, "^ffir^ra, fcWffo*, AwaAm, Ufr*, lliMI,
tevrta, •trwrfira, »Lim;
errra, iew^ra, ufara: *&ci;ra, — SP bforblott. t*1$t. <YiW</o.<f. <rno.<J, ifcwvrf,
gifrotti, kdtosl. Inest, Uofost. *gciico$t, */n%>.<f, /<>/^ror»u»sf, Httfrtttf, iw.r.sf,
t»<*fo*f, mildust, mondwetrust, seiest, *$trai;cst, ivrnost, y/<fosf<i; S'W*t*
hindtma, nyhsta, stöesta.
Ueber die bedeutung der comparationsformen lAsst sich
folgendes feststellen:
§ 165. Der comparativ wird 1) gebraucht beim ver-
gleich mit früheren zuständen desselben objecto:
on holme teces sundes pe sdrttra 1435, iVi tc<rs siri^ra ncvj, turnt
Ecglafes 980. Der letztere fall zeigt deutlich die rein vergleichende, nicht
steigernde funetion des comparativs. — Die übrigen fälle sind 135. 'JH2.
914. 1823. 1901. 2066. 2378. 2880.
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«4. *V, S*7< IIU i.Ä ^ ■ ^
In (Um u^ikUm ii^n der Verwendung des snperlativs
y,<) <wf Hm {,i d,, wuUuntivs von ihm abhängig gemacht,
"Hi wM«r «ine an*l«* des in rede stehenden objecto
'^l' i' l«u bedeutet.
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aIaJBCTTT A. III BEOT-r^TE^LÄ
E) Die cirfiiptrc De* at t-cvvi ir. Der «atz.
§ 107. TTa* di*r emtunmr äe: hz ~-7~* n Q-i kü:t ül-
fekt. so feaht icL e* :5rr renür^iL an-j. nn nr:in zl ~iel
material anfrnMafea, van. dit erstei ÜE»-. v*» u~ I« ru>
epos (der wrenQ^ianii': tianurTun. rtoiat mrarsa**!!; veru-fL
ABsekhonad an dit erfrtermireL tm : T ^. i^r r>a*d
voiansgeschickt. du» :l ü^t art v Kr** fcvr.t nirrti r.
mit der der aprecher ni n. ca^ iti*-r Laida~>sv'*zL ^ r-
hrrnrafflf gl !■ Muri— ät* ar/str^im» lt- (Lk prbiii'^srcLg.
bei der der spreriier q*ül oi »je^n mr jr"üefctr"er irsiiKin jr-:r*iL-
übersteLt, günzlici znrujirj-ir.
L A Urft» mär gfeDrannmap fcc^cu \ u.
§ 16*. löt fcrTr"tnnr^ T^nucrmr tul a' mit
stantiv trin meist in 6er FV-linur A» t.ui mit rv ar « ta*
A und S dir bebmireL emer inJiseli- lC'-ieu 2>eii h.'ha:: navi
komme« kxr fa« HHgaöjBnj * l*i **x*aiwaii^,.*a.
vor. z.b. etw äTvJ-«uTrc äetc'&c* uuntiimth tfcZl M.
eng Terbriiiriit tsciadifc vjrit c*t j •ris'iiei. ull Da-
tiven) gtAraasäf «r<i;.ttfc u.'wr^ V^h i. ß^-u* m*si.M* '/TL
Die falle, in öebes eniei T.riirr>"-eiieijfu**i fcTi<tTi*'* Ti.*"**rrt.
sceaöema ie nciuvyl>L l&luzic IT.*. *'A tir-L ru*">"*.
nannten abriLL^ebei- ervi*eiiM u* V^-ifi'» *v t »*;«»:
den auf kbewtatB b*zlcpi*Jiirx A ^ • e:i»ei ve:: ju
proeentsätz lodern üft * '.o. u-iira. f 'u: *>ä'j— .uut k.w<jl ')
jvat 90^ MHfiK £W*5*tf 3** •»•/ »a».'- "UM* IT.* »».V* *W*ftf0/ "A"
keah Hcalfteme i~: r.«i.-..i ;~ JÄ* ;. r - £ ^ jj/^ Jf<«
2ClÖ\ 2ü Ä3*. 5Wt t-r U'r ri >'/•
50a 573. aar. i:s ^ <.v */ ^rr
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Uuükii isa ar/> »* ssn r*. ^ * '.* * r cä* 0«.
865. 909. 162. KCl. >'M. — Alf t»*- »ftf atAftrt i*.iT»ri*
Ter teilt: h*:/p*m rw ras t-# t ^v? T»'. 1 </fwv».v ^ *f
\ Berten*» 1 <a ui dm» u*^ w<fv.i ^-1^*
Torher fteWi*-i tv-
408
SCHEIKERT
mctg Hygeldces 813, Stcylce ferhÖfrecan \ Fin eft begeat 1146, ne seah ic
elpeodige \\ fnts manige men ... 336b, läpum bexceredon |j acuccum "
scinnum 938b, par />« godan ttcegen \\ sdton suhtergefaderan ;schwell-
vers) 1163b, beloren Uofum \ cet pdm Jindplegan \\ bearnum ' brotrum 1073.
b) Sächliche concreta: Erster balbvers: Iddan Itges 83*,
wlitebeorhtne tcang 93, Man häses 116; ähnlich 102. 167*. 223*. 334.
448. 472. 496. 507. 528. 547. 561. 56a 570*. 572*. 586. 649. 725. 773*.
848*. 892*. 983. 985. 990. 997. 1021*. 1023. 1093. 1111. 1128. 1136*. 1157.
1199. 1224. 1245. — Zweiter halbvers: swcartum nihtum 167, beorhU
frattce 214, beorhte randas 231 ; ähnlich 238. 275. 302*. 325. 333. 437. 466.
495. 509. 672. 702. 795. 836. 877. 896. 916. 926. 1007. 1163. 1193. 1245. -
Auf zwei halbverse verteilt: nahes hi hine Utssan \ lacum teodan
43, nttctyrtcydne \ nacan on sande 295*.
c) Abstracta: Erster halbvers: lange hwile 16, fromum feok-
giftum 21*, stcutol sang scopes 90*; ähnlich 114. 129*. 149*. 154*. 158.
166*. 184. 251*. 256. 267. 278. 512. 518. 527*. 585. 596*. 637. 670. 787*.
784. 852*. 889. 949. 977. 1096. 1148. 1172. — Zweiter halbvers: longe
präge 54, swe otolan tdcne 141, micel airende 270; ähnlich 276. 502. 520.
610. 740. 877*. 907. 933. 963. 978. 1104. 1150. 1201. 1203. — Auf zwei
halbverse verteilt: pdr Mo rfr tnctste Mold \\ tcorolde tcynne 1079b.
2) Adjectivum + substantivum in composition.
§ 169. Die zusammenziehung von A 4- S zu einem com-
positum ist nicht sehr häufig; vermutlich sind aber bindungen
wie ealdswcord ihnen noch zuzuzählen (vgl. Sievers, Altgerm
metrik § 23, 3, c).
Erster halbvers: on Mahslede 285, was his eald fader 373, geo-
lorand to gt'tpe 438, td ßäm Mahsele 647, wiold tctdeferhÖ 702, geond
tcidwegas 840, Malle ond Mahsetl 1087, IdÖbite Hees 1122, hämas 7
Maburh 1127, torngemot 1140, ealne trideferhp 1222. — Zweiter halb-
vers: geond ßisne middangeard 75, sinnihte Mold 161, nuddangeardes
504. 751, läögetionan 559, isenxbyrnan 671, ealdgesiöas 853, eald-
gesegena 869, ptet hie tctdeferhÖ 937, läögeteona 974, MaJxcymnges 1039.
3) Substantivum -f adjectivum (S + A).
§ 170. Die anorduung SA ist viel seltener. Das nach-
gestellte adjectiv (man denke an die franz. Stellungsregeln!)
kann ja leichter als etwas gefühlt werden, was zu dem schon
festgelegten objeetbegriff etwas neues hinzubringt; dies ist
aber bei den typisierenden adjectiven des altepischen Stiles
nicht der fall. Freilich lassen sich alle momente, die dennoch
die nachstellung hier oder da bestimmen, nicht einheitlich ab-
leiten, überhaupt nicht immer nachrechnen. Oefters sind hier
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adjectrra iunrpir^iiöf^. ö*- szü^l llt*s- Lusafirei nLf&nrs ww*
nicht nur ö*sl sL'tf^LtLTnni rp^TT.-m^i n. £2>*r iil:j*f * sneisr
können '-ai, 1c v^cmf \ -^"cTi^i-m l.'i^f : :o~r das sxSnTaztit
hat ikcL eöie liänre ärrliiXLr f»oi.r*** ; trii tl$\
Eine zksBca* r.O ^öth an:l öe cifeibar in&ämSt
nachte ;;lht ces sc^ltirrs. bes.oi^ irn re-iL iL
Das« bei >rl»rwei*er t:^ iZr^ i^Urr ctt annTr.rT^s c:e
Stellung AS eba Tie! bTLerea froceL-saiz aussah: als SA
(während bei sä^Jirtea crosttea cie ninr^t«! r« AS weni^r
groser ist a^ die t:c >A: tfL dir tbersxi' J 17CA wird iura
guten teü daran l:e*e~. <Lass bei letewes-u vl-wt und eicen-
sehaft vir] iLLir^r Terra Lse:: sir.i als bei sachlichen ccncmtB.
Deshalb w-i-t also das a.iW::T bei der st< llnr.*: AS schon auf
das ganze hin. desliib ]lalh es auch. sub>:an::> wru das grame
vertreten § 172». Wenn die Verteilung von AS und SA bei
abstraften derjenigen bei Icbrwesen viel näher steht als der
bei sächlichen concreten. so rührt dies wider daher, dass die
auf abstracta ingewanten gciühlsan^aben als eins mit dem
ganzen begriff gefühlt werden.
Was die in Verbindung mit einem adjectivum zum ausdruok
eines objects gebrauchten substantiva betrifft, so lasst sich
mitunter, aber durchaus nicht immer (am ehesten noch bei
sächlichen concreten) beobachten, dass ein Substantiv ein-
fachster art eintritt, so hüsa seiest 146. 285. 658. 935, to (w)
seh pdm hc'an 713. 919. 1016, wogegen worte wie dtyhtsclc
485. 767, hornreced 704 eher allein stehen.
a) Lebewesen: .Erster halbvers: magodHKi mied 67". «r/WiM.c
drsöd 130*, ombeht unforht 287*, peoden WUhrm 353*, dug*Ö mm/i/M 498,
£uma güphladen 868*, seega betsta 947*, maga mant fah 978. -
Zweiter halbvers: beornas geance 211, fader ahealda 3U5, uyrm
hat gemealt 897, getrume mich 922, Bcoteulf Mofa 1216. — Auf ver-
schiedene halbverse verteilt: ... seldjuma || wtpnuM t;rtrtorÖad
250, ... seeale momg || s\ciöhic$ende 919, eahta mtara* || ftttcdhUon
1036, ts his eafora nü \\ heard her eumen 370, (totul on fnrtarum |
fylwerigne 962*.
b) (Sächliche) concreta: Erster halbvors: mtdwrrn mied
69*, süÖ&earo geatoiic 215*, flota fümigheals 218, ft/rdsearu füslteu 232,
wudu icundenhals 298, rondas regnhearde 326*, aseholt uf'an lS-n^ 330*,
reced selesta 412*, freodoburh fdgre 522*, htrfdon sirurd naeoil 539,
wado tccaliende 546*, beadohragl bruden 552, hWm weallendn f>8l*,
Beiträge rur getchichte der deutschen spräche. XXX. 28
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410
SCHEINERT
sunnt stcegltcered 606*, egl unheoru 987*, iren chrgod 989, segen gyldenni
1021, sadol seartcum fäh 103H, eofrr irenheard 1112, beahsele beorkta
1177*, bordtcudu bcorhtan 1243*, prencudu /jrymlic 1246. — Gen. pl. +
s up.: hcalarna mctst 78*, hitsa seiest 146, beaduscritda betst 453, Anrjfa
seiest 454*, /ni«o ««fcs* 935, gctsta gifrost 1123*, fco/du *rk«f 1144*. -
Zweiter halbvers: segett gyldenne 47, trudu bundenne 216, beorgai
steape 222*, o/>/xrt At/ scel timbred 306, hringiren scir 322*, »n «de
A&in 703, britn tcealtende 847, fö sele päm hean 919, on seit ßäm hcan
1016, stcyn eallgylden 1111. — Gen. pL 4- sup.: Alisa säest 285, reden
ceaidost 546, /«mm sM-sf 658, ica-lfyra mctst 1119, healsbeaga mdst 1195.
— Auf verschiedene halbverse verteilt: ydlidan || .jodw 199,
hof modigra \\ torht 313, searonet seoved \ smißes orpancum 406*, feorer
mädmas \\ golde gegyrede 1028, tcirum betcunden \ vrala[n\ ütan he'old 1081.
fxet htm fela läfe \ frecne ne meahton 1032, sadol seartrum fäh \ »inet
getcurdad 1038.
c) Abstracta: Erster halbvers: morbbcala märe 136, pect vdf
tcrctc micel 170, nydwracu nipgrim 193*, pä tcas tcundor micel 771, «y«-
do/A stceotol 817, (orn unlytel 833*, /xrt Ae Art/de mod micel 1167, 6tceord'
bealo sliden 1147, gcasceafl grimme 1234*. — Zweiter halbvers: »wM-
becdtca mctst 193*, /"rf7io> t/irf-ste 439, k'o/if unfctger 727, /xrl tr<rs <<k«
stceotol 833, gerade 873, dorn unlytel 885, «srum tnidum 958. —
Auf verschiedene halbverse verteilt: dream gehyrtle || hiüdne 89,
word o/*r /and || söfle gebunden 871.
II. Appositiv gebrauchte adjeotivs.
§ 171. Zu den appositiven adjectiven rechne ich alle
diejenigen welche, dem dichter nicht gleichzeitig mit dem aus-
sprechen des gegenständes, sondern meist erst nachträglich
recht klar werdend, zum zwecke eindringlicher Charakteristik
(oft eines zustandes) zugesetzt werden. Häufig sind sie dem
zweiten gliede einer Variation vergleichbar, auch darin dass
sie, die deutliche nennung eines gegenständes noch ergänzend,
einen ersten halbvers füllen: güöbyrne scän \\ heard hondlocen
322. — Oft genug ist das object bloss mit einem pronomen
angegeben, und somit die appositive Verwendung schon formell
völlig klar: pcet he ])ritti$es \\ ntanna meegencrwft | on kis
mundgripc \\ heajioröf halbe 381. Dass auch eine umfang-
reiche form (z. b. sohle xeregnad) oder der schwerflüssig
wogende satzbau die appositive Stellung mit veranlassen kann,
braucht nicht in abrede gestellt zu werden. Ueber die auf-
tretenden begriffsverbindungen ist zu bemerken:
Appositive adjectiva kommen bloss bei lebewesen und
sächlichen coucreten vor (weil diese in der Vorstellung leichter
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ADJECTIVA IM BEOWlTLFEPOÖ.
411
festgehalten werden), und zwar von ersteren doppelt so oft als
von letzteren. Von den adjectivgruppen nehmen appositive
Stellung ein worte aus gruppe II bei sächlichen concreten,
bei lebewesen aber etwas weniger solche aus gruppe II — VII
(constante), als zustandsangaben aus gruppe I und VIII.
Gruppe I: swig up dstäh \\ ntwe geneahhe 783, was gehwaper
öÖrum || Ii fixende lad 815, hwapere ic furo, feng \ feore gedigde ||
sipes wer ig 579, hie on gebyrd hruron || gäre wunde 1075, hü he
werigmöd \ on weg panon || ... fdge 7 geflymed | feorhlästas bar 844 ff.,
beorscealca sum || füs 7 fdge \ fletraste gebeag 1241, scolde Grendel
ponan || f eorhseoc fleon \ under fenhleoöu 820, wit pat gectvddon \
enihtwesende 535, pe hine .... forÖ onsendon \\ dnne ofer yÖe \
umborwesende 46, Ddm eafera was | cefter cenned || geong in
geardum 13, peer HröÖgär sert || eald 7 unhär 357, heold penden
lifde II gamol 7 güdreow \ glade Scyldingas 58, dbr he on weg hwurfe \\
gamol of geardum 265, pa wees on sälum | sinces bryita \\ gamol-
feax 7 güöröf 608.
Gruppe II: eoforlic scionon \\ gehroden golde \\ fäh ond fyr-
heard 304 f., ... scadulielma gesceapu \ seriöan ctcöman \\ wan under
tcolenum 051, sele hlifade \\ he ah 7 horngiap 82, hie him dsetton \
gegen gyldenne \\ hiah ofer lUafod 48, oppctthysal timbred \\ geatolic
7 goldfäh | ongitan mihton 308, geseah steapne hröf \\ golde fähne
927, töpeespe he winreced, \\ goldsele gumena | gearwosi wisse || fett tum
fähne 716, eode goldhroden \\ freolicu folecteen | tö hire frian sittan
640, pdr fram sylle abeag \\ medubenc monig \ ... || golde geregnad
777, beadohragl bröden \ on breosium loeg \\ golde gegyrwed 553,
Pcet hit ... manna a?nig \\ betlic 7 bänfäg | tobrecan meahte 780, Güd-
byme scän \\ heard hondlocen 322, him of eagum stöd 1| Ugge
gelicost | Uoht unfdkger 727, heefdon swurd nacod \\ ... heard on
handa 540, pat him fÜa läfe \ frecne ne meafiton \\ scürheard scepÖan
1033, was Pat beorhte bohl \ tobrocen . . . || eal inneweard \ irenben-
dutn fast 998, duru sona onarn \\ fyrbendum fast 722, scop
hwilum sang \\ hädor on Heorote 497, gewät... \\ flota fämigheals \
f ugle gelicost 218.
Gruppe III: «?f7»f unhdlo || grim 7 grddig \ gearo sona was, ||
reoc 7 ripe 121 f., lean teohhode \ ... hnähran rince, \\ s dm ran at
saccc 953, Güpmöd grummon 306, hafde pä gefdlsod \ sepe dr feor-
ran com \\ snotor 7 swydferhd \ sele HröÖgäres 826, heold penden
lifde II gamol 7 güdreouw | glade Scyldingas 58, him Öä Scyld gewdt \
tö gescaphwile || felahrör feran 27, wene ic pat he (G.) wille | , ...
Geotena Uode \\ etan unforhte 444, hü he fr öd 7 göd | feond ofer-
8tc$dep 279, Pat hie Biowulfe \ beaghroden ewen || mode gepungen \
medoful atbar 624, hwilum cyninges pegn \\ guma gilphladen \ gidda
gemyndig \\ ... word oper fand \\ sööe gebunden 868 f.
28*
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412
SCHKINERT
Gruppe IV: eode Wealhpcoic fori || citen HröÖgdres \ cynna ;e-
myndig 613, Öonon he gesöhte \ siccbsnt edel, || leof his leodum \
lond Brondinga 521, ac ic inid grdpe sceal \\ fön tciÖ feonde \ 7 ymh
feorh sacan \\ lüp wiÖ lapum 440.
Gruppe V: An he fröd 7 | feond oferswyÖep 279, /mtI it<?
hine swd gödne \ gretan tnöton 347, ficet hit . . manna arnig \\ beilic
7 banfdg \ töbrecan mcaJtte 780, pe se ctgldca || f yrendädum fäg I
on fleam gewand 1001.
Gruppe VI: p<et he prittiges || manna m&gencrarft \ on his mutui-
gripe II heaporof hcebbe 318, pd tcats on sdlum \ sinces bnftta \\ gamol-
feax 7 güdröf 608, sirylce seif cyning, || ... btahliorda weard \\ ttyJ-
dode tirfatst \ getrume micle || cystum gecyPed 922f., oPP&t unc
flöd tödrdf || ... 7 norPan wind \\ heaÖogrim ondhwearf 548.
Gruppe VII: com pd ... rmc siÖian \\ dreamum bed&led 721.
Gruppe VLU: öd ic of seartcum cicöm || fdh from feondum 420.
ond pd gyddode \ güpe gefysed 630, fyrendearfe ongeat || pd hie ehr
drugon \ aldorlease \\ lange hwile 15, deah hie hira beaggyfan \ banan
folgedon \\ deodenlease 1103, Geiciton him Öd teigend | teica neosan
freondum befe allen 1126, pu worn fela, \ teine min Unferd, || beore
druncen \ ymb Brecan sprdee 531, ful oft gebeotedon | beore
drunene || . . . öretmeegas 480, ac ke ... |J bolgenm öd \ bewltca
gepinges 709, Oft fo£We /für | /«onrf treddode, || eou> yrremöd 726,
Panon eft getedt \\ hüÖe hremig | tö hdm faran 124, Au Ae wir ig-
möd | tm ur,? panon j| ... feorlUdstas barr 844, jte s<r eegktea \\ . . . <m
//«'um ^etrotki || aldres orteena 1002.
Gruppe X: drf iMBf Aufm Ar</)€ | Heort innanteeard \\ folmum
gefrattcod 991, tftfs /><£< beorhte bold \ töbrocen swtÖe \\ eal inneteeard]
irenbeiulum fa'st dOH, flola stille bdd, \\ seomode on sdle \ sidfa*pmed sa'p\
on ancre fast 303, opöe on wal crunge \\ feondgrdpum faest 636.
HI. Substantivisch gebrauchte adjectiva.
§ 172. Das nicht an ein substantivum angelehnte adjec-
tivum, im sing, wie im pl. und in allen casus belegt, erweist
sich als substantivisch zunächst in den casus obliqui (geongum
7 ealdum 72) und mit artikel (se göda), dann aber auch im
artikellosen nominativ (so stets im pl.) sowol durch die constanz
der bezeichneten eigenschaften wie durch sicher substantivische
parallelen: swiöferhde (pl.) 493; vgl. swiÖferhÖes 908.
Inhaltlich betrachtet gilt die Substantivierung fast bloss
bei lebewesen (ausserdem bei ein paar sächlichen concreten
und ein paar neutris), und zwar fast nur von constanten eigen-
schaften (gruppe II— VII). Denn diese, besonders die psychi-
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ADJECTIVA IM BEOWULFEPOS.
413
sehen (um die es sich im Beowulf bei personen wesentlich
handeln mnss), gehen bei lebewesen auf deren inneren grund
zurück, und können so, eng mit dem ganzen verwachsen, eher
für dieses gebraucht werden als irgend welche physische be-
stimmtheiten eines sächlichen concretums.
Gruppe I: schneße 325, deaöfa^ges 850, unlyßgendes 744, umbor-
wesendum 1187, geong manig 854, geongum 7 ealdum 72. — Gruppe II:
beornas on blancum 856, hringedstefna(n) 32b. 1181, wundenstefna 220;
goldhroden 614. — Gruppe III: hwat . . . scarofuebbendra byrnum icercde
237, c enra gehtcylcum 768b, se hearda 401b, heardra nän 988, wiges heard
886, heard under keime 342. 405, heardhiegende 394, swidkiegende 1016,
siciöferhöum 173, sicidferhde 493, swidferhdes siÖ 908, Örydswyd 131. 736b,
heafaodeor 688, heapodeorxtm 772, hildedeor 312. 834, hof mödigra 312b,
modge 855, grim 555, wtsfeest 626. — Gruppe IV: se almihtiga 92, se
n'ca 310b. 399, r/ce 1237, se yldesta 258, />owe yldestan 363, ÄoWra
487b, Pas laban 132, 841, läfium 440. 550, /«/>ra nahiig 242b,
^rawie«765, pä graman 117h, gramum 424. 1034, wrapum 660. 708b, /aro
578, unetipes 960, we fc'o/* rte /ad 511, /Wa lapes 929 b, /Wa . . . Hofes and
läpes 1061. — Gruppe V: se gada 205. 355. 675. 1190b, petm gödan
384 b, pä sflestan 416, ,joa* mid Gcatum 195, bealohydig 723, intcitpanctitn
(?) 749, httpenes 986, ?ueßenra 179. — Gruppe VI: se «irfra 762, /w*m
nutran 270, marne 36, ellenröf 340. 358, heaPoröfe 864, higerofm 204,
blädägende 1013b, wtdcüpes 1042, ßryöum dealle 493, sigehrepig 94, f/r-
/eases &13. — Gruppe VII— XI: cHama /eos 850b, rfream healdemle
1227b, /br töuan (ntr.) 951, je feorbuend 254 b, uneüpes fela (ntr.) 876 b.
IV. Prädicativ gebrauchte adjectiva.
§ 173. Ueber prädicierung im allgemeinen vgl. § 7. Der
form nach wird nicht immer subject und prädicatsadjectiv
einander gegenübergestellt, sondern öfters Substantiv und ad-
jectiv zusammengenommen und einem unbestimmten ausdruck
gegenübergestellt. Dem inhalt nach gehört das adjectivum
jedoch mit zur prädicierung: seße manna teces mwgene strengest
789; ebenso 196. 309. 898; pa>t was göd cyning 11; ebenso
134. 290. 716. 765. 863. 1075.
Dass auch bei den prädicativen adjectiven die personen
weitaus am meisten beteiligt sind, dürfte an der grösseren
mannigfaltigkeit der Verhältnisse liegen, in denen sie vor-
kommen, und an dem grösseren interesse, das sie erwecken.
Besonders wichtig ist, namentlich auch für den vergleich
mit der späteren epik, dass die prädicativen adjectiva nie in
gruppen auftreten, um irgend etwas im zusammenhange zu
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414
SCHEINERT
charakterisieren (wie z. b. in der Chanson de Roland oder bei
Chaucer), sondern immer nur in einem einzigen satze, in dem
allerdings hier und da, wenn auch im ganzen selten, teils auf-
zählend, teils mehr variierend, mehrere parallel gestellte ad-
jectiva sich zueinander finden können. Nach ihrer bedeutung
für die gesammte erzählung ordne ich sie in eine reihe von
gruppen, die sich continuierlich abstufen von beiläufig charak-
terisierenden Sätzen bis zu unentbehrlichen gliedern der erzäh-
lung. Die unter verschiedene gruppen aufgeteilten stellen
sehen oft einander sehr ähnlich, haben aber, zusammen mit
den jeweilen vorhergehenden und folgenden versen betrachtet,
eben die angedeutete Verschiedenheit der bedeutung.
1) Ein kurzer beigefügter satz dient der Charakteristik,
sich von attributiven oder appositiven adjectiven kaum unter-
scheidend:
sef>e manna was \ magene strengest 789, was his modsefa \ manegum
geeyped, \\ wig ond wtsdüm 349, J>d he gebolgen was 725b, swd hit gedefe
was 501b, (he was f<ig wiÖ god) 811.
2) Zu einer eingeführten person oder einer berichteten
tatsache wird eine zusatzerklärung oder eine begrundung
gegeben:
Öd was Heregär dead, \\ min yhlra mag \ ttnlifigcnde 467 b, nc he
fxrs faste was || innan 7 utan \ innbendum || searoponatm besmipod
773 ff., was t6 foremihtig \ f conti on fepe 909b, se was moncynnes \ ma-
gcnes strengest, || ... ajtele 7 eacen 19t] ff., ßd gyt was hiera sib atgadere 1
aghwylc ödrum tryice 11(54, pat was foremärost \ foldbuendum \\ receda
undcr rodcrum 309 a.
3) Eine ausführlichere darlegung wird in ihrer tatsachlich-
keit noch einmal kurz zusammengefasst oder charakterisierend
abgeschlossen, sei es nach ihrem inhalt, sei es nach ihrer
Wirkung:
hreo wdron ypa 548b, was se irenpreat \\ wäpnum geweorPad 330,
Pat was god cyning IIb, se was betera donne ic 469b, was seo ßeod
tila 1250b, was tö fast on päm 137 b, se was xcreccena \ wide marost
ofer werpeode 898, Pas wdron mid Eotenum \ ccge cüde 1145, was Pat
gewin tö sträng, || lad 7 longsum 133b, was Jxet gewin tö swyd, \\ lad 7
longsum 191b, him was geomor sefa, \\ murnende möd 49b, pat was
geomoru idcs 1075b.
4) An punkten der erzählung, die keinen f ortschritt der
handlung bringen, wird eine beschreibung, erklärung, Charak-
terisierung eingeschoben :
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ADJECTIVA IM HEOWULFEPOS.
415
strdt was stdnfdh 320a, foran äghwylc icas || stiÖra nagln \ style
Xelicost 984, was gehwaper oÖrum \\ lifigeiule Idd 814, ac pat was gdd
cym'ng 863b, tcord waron wynsume 612a, pat was geocor siö \\ fxei ...
765b, hyge was him hinfüs 755a, pat was yldum cup, || pai ... 705b,
P<i icas iaPfynde \ pe him . . . 138 a.
5) Der prädicativsatz leitet einen neuen abschnitt der
erzählung ein oder bringt einen fortschritt der erzählung:
Here-Seyldinga \\ bei st beadorinca \ was on bäl gearu 1100, du was
trinter scacen, \\ f&ger foldan bearm 1137, Beowulf was breme 18a, öd
was ... Beowulf Scyldinga \\ f "oleum gefräge 55, was min fader \ f oleum
gecyfxd 262, donne was pcos medoheal, \\ drihtsele dreorfdh, ... || eal
bencpelu \ blöde bestymed, \\ heall heorudreore 484 ff-, wiht unhttlo \\ ...
jearo söna was 121b, was mereftxa | mdd onhrered 549b, yrrc waron
bigen, || repe renweardas 769b; — eoton icas ütweard 761a, ne was lüt
lenge pd gen, || pat ... 83 f., nas hit lengra fyrst, || ac ymb dne niht
134b, was seo hwil tnicel: twelf wintra tid 146b, Öd was on ühtan \
mid ardage \\ Grendles güöcrceft | gumum undyrne 127, at pdm dde
was | ePgexyne \\ swdtfdh syree 1110, Pdr on bence was \\ ofer aPelinge \
yPgesene \\ heaÖosteapa heim 1244, öd was swigra seeg, ... || on gylp-
spräce \ güdgeweorca 980a.
Dazu dann ein paar weniger bedeutsame Verwendungsarten:
6) Sentenzen:
ofost is seiest \\ to geeyÖanne . . . 256b, fordan bid andgit \ ajhwär
seiest ... 1059, no pat ybe byÖ \\ to befleonne 1002b.
7) In auff orderungen und wünschen, wobei die adjectiva
der gruppe IV recht häufig sind:
wes pd M5 Idrena göd! 269b, her si äghwylc eorl | oprum getrywe, \\
müdes milde, \ mandrihtne hold 1228, wes pd HröÖgdr hui! 407a. — bad
hine blidne at päre biorpege 617a; ähnlich glad, geofena gcmyndtg 1173,
Idra liöe 1220a, dadum gedefc 1227a, gepwdre, ealjearo 1230, eadig 1225a,
ne ... dyrne 271b.
8) In nebensätzen, meist an ruhepunkten der erzählung,
öfters eingeleitet durch ein verbum des sagens:
was peaw hyra, \\ pat hie eft waron \ anwiggearwe 1247, gif P'm
hige wäre, \\ sefa sied searogrim | swd pd seif talast 594a, ic pat xehyre \
pat pis is hold weorod || frean Scyldinga 290b, gesaga him ... \ pat hie
sint wileuman \\ Deniga leodum 388; ähnlich este 945b, wileuman 394b,
leof 203b, modes blide 436b, drfast 1168a, selra 860b, rices wyrdra 861b,
seiest 173 b, rof 682 b, gifepe 299 b.
Prädicativ werden gebraucht worte aus allen bedeutungs-
gruppen, am ehesten etwa noch aus IV, VII und VIII; nur
prädicativ kommen vor gewisse angaben allgemeiner relation
(§ 145), dazu die impersonalia und verbaladjectiva (gruppe XII).
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BCHB1XBET
V. Mit verben verbundene adjectiva.
^ 174. Das adjectiv kann mit einem verbum m einem
complex verbunden erscheinen, und zwar stehen hier worte
der gruppe I zusammen mit VIII ff. allen übrigen zusammen
an häufigkeit nicht nach.
1) Eine reihe von verben, wie 'stehen', 'liegen', 'sitzen', sind
oft bloss concretere ausdrücke für 'sein' beim prädicat Die sätxe ent-
halten meist ein für die erzählnng wichtiges glied : pdr ctt hyde stöd
hringedstefna || isig 7 ütfüs 33, odfxrt tdel stöd || hüsa seiest 145b, ptrt
pes sele stände ... | rinca gehwyleum || tdel 7 unnyt 413, ßonne blöde
fdh II hüsa seiest | heorodreorig stöd 934b, uplang astöd 759b, ae on
mer^enne \ mecum wunde ... | uppe lägon 565, ßcet he for mundgript |
minum scolde || liegean lißysig 966. geartee stowe, || fxtr his liehoma
legerbedde ferst \\ steefep (efter symle 1007, goldfdg scinon || web cefter
wdgum 994b, cynna gehwyleum \ pdrade ewice hwyrfap 98, m(tre peoden |
unbliöe s<rt 180b, fxet pone hilderd>s \ hol gedigeÖ 300, hröf äna genas \\
ealles ansund 1000.
2) 'Besitzen': pect ic merestrengo | mdran dhte \\ ... Öonne ttwii
öper man 533.
3) 'Machen': ac he me habban wile || dreore fdhne 447, nolde
eorla hleo . . . || Pone eteealmeuman \ ewiene forlettan 792, ferder alwalda
... | eowic gehealde \\ siÖa gesunde 318.
4) 'Begegnen', 'finden', 'erleben', ebenso anch 'hören',
meinen' bilden oft mit negiertem romparativ (§165,4; einen empb*
tischen ausdrnck, der eingeschobener Charakteristik an ruhepunkten dient.
syödan (trest wcard \\ feasceaft fundenl, ... Geata leode || cempan j(-
corone | pdra pe he chioste findan mihte 206, ntrfre he . . . ehr ne sipdan |
heardran hcrle healdegnas fand 719; pat he ne mette ... | on (Iran
tuen II mundgripe mdran 753; ic hine cüde | enihtwesende 372, mtfre k
muran geseah || eorla ofer eorpan 247b, ne seah ic eipeodige \\
manige men \ mödiglicran 337, n<enigne ic under swegle \ selran hyrde ,1
hordmddum htrlepa, | sypÖan Hdma (ttwag | ... Brösinga metie 1197, nö
ic on niht gefragn \\ under heofones hwealf \ heardran feohtan | ...
earmran mannon 575 ff. ; — hy on wiggeatwum | wyröe pincead || eorla
gea>htlan 368, nö his lifgeddl \\ sdrlk pühte \ seega (enegum 842, Ödr hi*
foldwegas | f(?gere pUhton, \\ cystum cüde 866, ond sipdan witig god... I,
tn&rdo deme, | swd him gemet pince 687, ne his lifdagas | leoda (rnigutn
nytte tealde 794, nö ic me" an herewa>smum \ hndgran talige j| güd$c-
weorca \ ponne Grendel hine 677, Öonne wine ic tö pe | wyrsan gepingeo,
. . . gif pü Grendles dearst \\ . . . nean bidan 525.
5) Adjectiva verbunden mit 'werden' nahern sich stark dem ver-
balen ausdrnck; sie bringen gewöhnlich einen fortschritt in der erzählnn?:
pat hit wearÖ ealgearo, ]| healeerna mit st 77 b, he pier eaUum weard ||
mdg Higeldces | manna cynne || freondum gefeegra 915, scolde his aldor-
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ADJECTIVA IM BEOWÜLFEPOS.
417
gedal ... || earmlic wurdan 807, gyf .../>« ccancylmas \ cölran wurdap
282, gode ßancedon, \\ Jxes pe htm ypläde \ eade wurdon 228, he on möde
icearÖ \\ forht on ferhÖe 754, forÖam syöÖan tcearÖ || ylda bearnum \ un-
dyrne cüd, || Patte . . . 150, wie tceard Grendles ping || ... undyrne cüö
410b, hwwpere me gt/fepe tceard, || Pat ic dgUtcan \ orde gerauhte 555 b,
Beowidfe tceard \\ güöhreö gyfepe 819.
$ 175. Uebersicht.
lebe-
weseu
natur,
sächl.
concr.
abstr.
neutra
in Beow.
1-1250
j AS
79
63
48
190
j SA
appos.
18
54
51
28
18
87
82
447
subst.
80
4
4
88
präd.
53
11
17
8
89
136
m. verb
20
12
12
3
47
(23 °/„)
zusammen
304
169
95
15
583
composita
aus adj.-sbst.
5
11
5
21
zusammen 604
Auf 100 verse 48, 3 adj.
§ 176. Ueber die Stellung der adjectiva im rhythmus des
verses bloss ein paar andeutungen, zunächst über AS und SA,
soweit sie zusammen eine halbzeile füllen.1)
AS und SA stehen in der mehrzahl der fälle im ersten
halbvers; A und S werden offenbar gleich stark betont, ziehen
daher oft doppelalliteration an sich, bilden also für sich allein
einen vollen ersten halbvers. Die rhythmische form der ein-
zelnen ersten halbverse muss, da es sich um nominalbindungen
handelt, vorwiegend A,D,E sein, seltener B, C, nämlich wenn
eine präposition etc. vorangeht. Im zweiten halbvers sind
C, D, E selten, aber A häufiger als das hier sonst so beliebte B,
eben wegen der nominalfüllung, sodass AS und SA einen guten
') Pass der dichter nicbt ein sklave der alliteration zu sein braucht,
muss jedem klar sein, der einen blick in den synonymisch geordneten
adjectivschatz wirft.
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418
SCHEINERT
teil aller der zweiten halbverse des typus A ausmachen: zu-
gleich ein hinweis darauf, wie sehr die rhythmik des verses
von den natürlichen rhythmen der worte und den typischen
oder nicht typischen Wortverbindungen abhängt. Fast aus-
schliesslich im ersten halbvers stehen AS und SA als zweite
Variationsglieder, da diese überhaupt raeist im ersten halbvers
stehen: Btowulf Scyldinsa, \\ Uof leodcyning 54.
Die Stellung SA lässt sich vielleicht an einigen stellen
aus rhythmischen gründen erklären. So tritt bei SA in manchen
fällen D ein, das offenbar beliebter ist als E; wie es sich bei
der Stellung AS ergeben würde: flota fdmigkedls 218, sadol
scanvum fdh 1038, cofer irmheard 1112. In fällen wie 989
tnn cerjod wird vielleicht die schwere form L J_ | 1 x ver-
mieden, die bei AS eintreten müsste; auf _._L lässt man eben
lieber vLx folgen: syndolh sweotol 817; dies zugleich wider
eine constellation, die umgekehrt (als AS) überhaupt keinen
vers ergeben würde.
Von den appositiven und substantivierten adjectiven be-
gegnen im zweiten halbvers nur verschwindend wenige (rund
20 °0), weil sie durch die der substantivischen etwa gleich
schwere betonung in die erste halbzeile geführt werden. Von
den prädicativen und mit verben verbundenen, die teils als
nicht gegenständlich, teils als zum verbalbegriff gehörig gefasst
weiden, stehen 64 0 0 uud 58 % etwa im zweiten halbvers.
VI. Nachsätze, negation, häufung, angomessenheit.
§ 177. In verschiedenen fällen folgen auf das adjectiv
ergänzende nachsätze, und zwar:
1) Der eomparativ zieht einen vcrgleichungssatz nach (wu
übrigeus nicht immer der fall ist, vgl. § 165). Das gleiche kann bei
Superlativen eintreten, nur ungleich geltener, z. b.: healsbea$a rnäst \\
päraiie ic on fohlan \ grfnrgen habbe )| 1195; ähnlich 2129.
2 Der positiv kann einen graduierenden znsatz haben, der
einen nachsAtz erfordert: tea-s htm sc man tö fion Uof \\ fxet hr frone
breostivylm | forberan ne mehte || 1876; vgl. auch «o pees fröd UofaA \\
tumena bcarna | pa-t pone grund wite || 136C.
3) Zahlreich sind die nachsätze nach impersonalieu: n<r* öa
Oft; tö don || }xvt da dtfdcean tuj | eft gemetton, || 2591, sted bid geo-
morltc | gomelum ceorle \\ tö gebidanne . . . 2444, pasi wojs yldum cüp I
pat hie ne möste . . . 705-
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ADJECT1VA IM BEOWULFEPOS.
419
8 178. Vom gebrauche der negationen bei adjectiven
ist schon behandelt die ausschliessung eines hölieren grades
einer eigenschaft durch negierung des comparativs (vgl. § 165,4).
Analog der § 162, 2 besprochenen Verwendung von im- kann
die negation des gegenteils der position dienen: nö his lifecddl ||
sdrlic pühte \ secga cenegum || 841, ne to gncaÖ gifa 1930, u.ö.
Eine besondere art der Verwendung: der negation im prädicativsatze
ist diese: an einem ruhepunkte der erzählung, bei neuem einsäte oder der-
gleichen (§173), wird etwas au sich denkbares für den vorliegenden fall
ausgeschlossen. Solch ein sätzchen pflegt gerade einen zweiten halbvers
zu füllen: nm he forht stcä deh 2967b, nas Ju't lengra fyrM 134b, ncvs
k fd>ge p('t gyt 2151b; vgl. 83. 271. 1002. 1575. 2415. 2975.
$ 179. Besondere betrachtung erheischt noch die ad-
jectivhäufung: es werden zu gleicher zeit von einein dinge
mehrere (fast immer zwei) eigenschaften ausgesagt, die für
die Charakteristik gleichen wert haben:
asetton | segen gyldenne \\ heah ofer heafod 47, sinces brtßla, \\ ga-
molft-a.T oiid güdröf 607, Od was . . . Beowulf Seyidinga |! Uof Uodrynwg
...|| foleum gefreite 53. Diese häufung kommt in B. 1—1250 etwa 70
mal vor, nämlich 36 mal von lebewesen. 31 mal von natnrdingen und säch-
lichen concreten, 3 mal von abstracten, d.h. in 100 versen findet man
durchschnittlich 5, 5 stellen. — Personen: 34. 54. 58. 102. 121. 129. 132.
196. 237. 262. 279. 340. 357. 416. 4437. 4*7. 403 u s w.; — sächl. con-
creta: 32. 47. 82. 214. 218. 222. 302. 304. 307. 322. 325. 412. 438. 453.
485 u.s.w.; — abstracta: 49. 133. 191.
§ 180. Die frage, ob ein verwendetes adjectivum jedes-
mal auch dem inhalt des ganzen satzes angemessen sei,
muss zu des dichters gunsten beantwortet werden. Zur Cha-
rakterisierung einer speciellen Situation bietet ja der Wort-
schatz der adjectiva nicht vielerlei dar, aber einerseits ist das
übrige material so reichhaltig, andrerseits sind die eigen-
schaften so eng mit den dingen verwachsen und ist auch alles
so verwendet, dass man kaum eine stelle als 'katachrestisch*
wird nachweisen können. Dagegen passen eine grosse anzahl
gar trefflich iu den Zusammenhang:
atidon fia \ Uofne pt-oden 34. h<rf<lc fxt gtf'ihod, ... ]| snotor oml
stcydferhd scle Hrodjärcs 825, ic pis gid bt pc | äwnec wintrum fröd 172 :.
Auffällig könnte höchstens erscheinen, da;-* die leute Bcowulfc, die sich
eben feige benommen haben, wie sie den schätz aus der drachenhöhle holen,
gleich wider nidhedige tuen 3165 heissen; doch vielleicht kam dem dichter
die höhle auch nach de« drachen tode noch unheimlich vor. Leichter
420 SCHEINERT
erklärbar ist es, wenn Hereraod 1713 bolgenmod, 1715 mrfre peoden heisst.
Mctre peoden ist eben der herscber als solcher, und überdies ist vum
peoden eine stebende formel, die einzige im Beowulf (15 mal;. Denn die
stehenden epitheta Homers, ohne die ein gewisses substantivuni selten er-
scheint, und die selten mit einem andern verbunden werden, gibt es im
ags. nicht. So ist auch märe peoden eine blosse nominalformel und findet
auf verschiedene personen anwendung, während die homerischen epitheta
perpetua im wesentlichen auf ein bestimmtes object beschränkt sind. Im
gegensatz zu dieser wortfreibeit herscht im ags. die dargelegte typische
begriffrgebundenheit. Aehnliche formein wie märe peoden (aber sehr selten
und deshalb kaum formelhaft sind geong cempa 1948- 2014. 2*326. hak
hildedeor 1646. 1816. 3111, swiHe gesibas 29. 1934. 2040. 2518; heah bei
sele, ealdstceord.
III. Capitel. Znr weiteren beurteil ung.
§ 181. Um die analysierte art und weise der darstellung
durch adjectiva in ihrer bedeutung für die gesammte darstel-
lung sowie in ihren eigenheiten weiter zu bestimmen, sind
Untersuchungen über die darstellung durch die mittel der spräche
überhaupt anzustellen. Es wird also zu vergleichen sein:
1) die darstellung durch andere mittel des directen stils:
substantiva, verba, und die mannigfaltigsten combinationen;
2) die mehrzahl der poetischen adjectiva mit anderen
arten der poetischen ausdrucksfülle (z. b. den adverbien);
3) die indirecte darstellung: wie offenbaren sich die Cha-
raktere durch reden, handeln und durch ihre Wirkung auf
andere, und wie viel von den Charakteren wird auch durch
adjectiva geschildert?
4) Alles dies, zunächst natürlich die Verwendung der ad-
jectiva, ist in anderen literaturwerken zu untersuchen, vorerst
im epos.
Im rahmen dieser arbeit können und sollen naturgemäß
über die aufgeworfenen fragen bloss noch ein paar andentungen
gegeben werden.
I. Die adjectiva in der Judith und im Cy newulf ischen
Guthlac.
§ 182. Zur vergleichung mit dem Beowulf wähle ich
aus den angelsächischen epen die Judith (J.) als eins der
poetisch wertvollsten, und als ein gedieht extrem geistlicher
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ADJECTIVA IM BEOWULFEPOS.
421
richtung das von GuMacs tod (G. = Gufcl. B 791—1353), das
mit recht Cynewulf zugeschrieben wird. Es bedarf nun nicht
näherer ausführung, dass das typische der Charakterisierung
im Beowulf sich in beiden gedienten widerfindet, dass alle
drei gedichte das schwerwuchtige in ethos und pathos der
darstellung gemeinsam haben. Trotzdem sind natürlich unter-
schiede vorhanden, die teils durch die Verschiedenheit der
Stoffe, teils durch die der dichter bedingt werden. Und die
müssen sich dann auch aus dem gebrauch der adjectiva er-
kennen lassen.1) Davon ein paar proben.
L Judith.
§ 183. Die vergleichung mit der Judith erfordert, wTeil
das gedieht nicht vollständig erhalten ist, einige vorsieht,
selbst wenn man annimmt, dass das verlorene stück bloss eine
knappe Schilderung der feinde und der not der belagerung
enthalten habe. Es wird also, auch schon wegen der kürze
des gedichts, gut sein, bloss wert auf das zu legen, was im
Beowulf der Judith gegenüber nicht vorkommt,
Die Judith behandelt einen geistlichen stoff. Dies zeigt sich auch
darin, dass für gott im B. 22 mal ein adjectivum angewendet wird, in der
Judith, die etwa ein neuntel vom umfange des B. hat, 14 mal. Dabei ist
noch eine merkwürdige Verschiedenheit des Wortschatzes zu beachten: ece
und tcUi's, die im B. bevorzugt werden, fehlen in J. ganz, dagegen finden
wir einmal Uof (347), das im B. bloss beziehungen von menschen unter-
einander bezeichnet.
Die adjectiva für Holo fernes könnte man als eine combination
derer für den reckentypus und derer für Grendel ansehen; einerseits vioJij,
8triömöd, andrerseits bealofuü.
Judith, die heldin des gedieht* , erfährt eine ausführlichere Schilde-
rung als die frauen im B. Natürlich ist sie beahhroden, ceöele, aber auch
alf&cinu, und durch ihre tat hat sie ansprach auf die epitheta des mann-
lichen heldentypus (morfij 335, ellenröf 109. 146), am meisten aber wird
ihre klugheit betont. Doch verleugnet der dichter auch seine geistliche
tendenz nicht und nennt seine heldin halig, wogegen es für 'fromm' noch
keinen adjectivbegriff in vollzogener abstraction gibt; denn dass sie tat-
sächlich fromm und demütig ist, zeigen die gebete, die ihr der dichter in
den mund legt.
Die mannen, juden wie heiden, werden in der hauptsache in der
altepischen art geschildert.
') Für diese habe ich das material annähernd in der Vollständigkeit wie
aus dem Beowulf auch aus der Judith und aus dem Guölac gesammelt.
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422
SCH l'INERT
Bei den tieren ist anf die im B. fehlenden adjectiva für den adler
hinzuweisen: tarn dtes gtorn} ürigfedera, saloicigpada, hyrnednebba 210.
Sächliche concreta wie ' waffen', 'kostbarkeiten', 'bürg' erlialten
ganz ähnliche epitheta beigelegt wie im B.: glänz, grosse, stoff, Verzierung,
eindruck bezeichnend. Interessant ist, dass das gold einmal als read ,3&*
erscheint. Jedenfalls ist zweifellos, dass der dichter eine recht lebhafte
freude am sinnlich anschanbaren besitzt.
Die Charakterisierung der allgemeineren begriffe und abstracta, deren
zahl nicht gross ist, stimmt im wesentlichen zu der im Beowulf.
§ 184. Ueber den adjectivschatz sei nach den einzelnen
bedeutungsgruppen folgendes bemerkt:
IT. Die helligkeitsangaben tiberwiegen auch in J. die färben-
worte, von denen bloss read 339 und, will man diea hinzuzählen, har 328
vorkommen. Die ausdrücke für 'geschmückt' sind verhältnismässig etwa
ebenso häutig, aber im einzelnen meist andere (z. b. golde gtfraHtxcod 171.
329, beagutn gehla-st 3(5); statt der composita auf -mal 'daraasciert', gibt
es das eine scirmdled, und im B. fehlt gänzlich ein so specieller ansdrnck
für körperliche Schönheit wie bldchleor 128.
III. Sogar ftir 'tapfer', das im B. so reichlich vertreten ist, hat J.
eine reihe eigener worte, z. b. cllenorist 133, styrnmöd 227, stercedferhö 55.
227. 'Klug', im B. 31 mal, begegnet in J. mit 11 mal verhältmssmässig
viel häutiger: das intellectuelle ist dem dichter wichtig. Dabei wird das
hier mangelnde, im B. so häufige wis ersetzt durch die dort unbekannten
gleaw (171t mit znsatz 13. 140. 148) und fioneol (bloss in comp., z. b. staro-
Öoncol 145. 331. 131. 172. 342).
IV. Ma-gtneacen 293 wird wie eacen B. 198 (§ 12) 'machtvoll', 'ge-
waltig' bedeuten.
V. Merkwürdig ist, dass in der ganzen Judith göd und dessen Syno-
nyma zum ausdruck der gesamintfähigkeit fehlen, und dass von den aus-
drücken für 'boshaft' keiner mit den im B. gebrauchten identisch ist x b.
bealoful 48. 63. 100. 248, hctepoticol 105), vgl. § 187, V.
VI. Aus den gefühlsadjectiven sind ein paar im B. nicht vorhandene
-//c-bildungen zu erwähnen: torhtlic 157, forhiUc 245, wistectslic 65, sicid-
lic 240.
VIH. ZustAndsangaben , wie im B., gibt es 30 gegen 150 in dem
neunmal so umfangreichen B.
§ 185. Für die adjectiva insgesammt ist zu bemerken,
dass die für personen gebrauchten 70 °/0 von allen ausmachen
(im B. bloss 52 °/0), und dass, was die einfügung in den satz
betrifft, die attributive, appositive und substantivierte art die
übrigen in viel höherem grade überwiegen (90 % zu 10 %)
als im B. (77 zu 23).
Der fundamentale unterschied beider gediente aber liegt
darin, dass im B. auf 100 langzeilen im durchschnitt etwa 4S
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ADJECT1VA IM BEOWULFEPOS.
423
adjectiva kommen, in der J. (mit der gesammtzahl 269) etwa 76.
Und zwar lässt sich speciell noch feststellen, dass die zustands-
angaben in der J. fast noch einmal so häufig sind, die übrigen
noch ein halb mal so häufig als im B. Es kommen nämlich auf
100 Beowulfverse ca. 4 zustandsang., 44 andere, = 48,
100 Judithverse ca. 8 „ 68 „ = 76.
Ein wenig trägt hier wol der umstand mit bei, dass es für die J.
keine substantivischen composita, keine kcnningar gibt, dass also an deren
stelle einfache substantiva (z. b. mttgd) mit einem adjectivum treten müssen,
aber der dichter hat ganz offenkundig überhaupt eine besondere neigung,
durch adjectiva zu charakterisieren. Dies zeigt sich in der anhäufung von
adjectiven auf eine stelle: getcrec nü, mihtig dryhten, || torhtmud tire»
brytta ... 92, pä seo gleaice het \ golde gefrattexcod ... 171, earn cttes
georn, | ürigfedera, || salotcigpdda \ . . . hymednebba 210, hü se stidmoda |
styrmde and gylede, \\ modig and medugäl 25. Solche stellen finden sich
in den 350 Judithversen 40, gegen 70 in B. 1—1250, d. h. auf 100 Judith-
verse kommen ca. 11,5, auf ebensoviel Beowulfverse ca. 5,5. Der Judith-
dichter (dem im ganzen eine grosse klarheit der darstellung nachzurühmen
ist) kann sich also auch im einzelnen an theoretischen, aufklarenden angaben
nicht genug tun.
2. Guthlao.
§ 180. In Guölacs tod als einer heiligengeschichte tritt
das geistliche dement weit mehr in den Vordergrund als in
der Judith.
Für 'gott' gibt es verhältnismässig weniger adjectiva als in der J.,
dafür kommt aber auch Christus ^1072 ff.) vor, und zwar mit denselben
adjectiven (ece, almihtig). Für die 'teufel' wird kein rechtes adjectivum
gefunden, öfter werden auf sie participia verwendet, die meist ihrem Un-
glück ausdrnck geben (ganz wie bei Grendel, vgl. dugude bescyrede 867,
dreamum bidrorene 873, sorgteylmum soden 1046).
Dem heiligen GuÖlac fehlt natürlich die typische eigenschaft des
beiden, die tapferkeit, nicht, wenn sie auch hier die standhaftigkeit im
dulden bedeuten muss (z. b. heard 926. 1082, tllenheard 1138, beald 1)98).
Kr ist aber auch milde, klug, trefflich, sogar adele, beliebt, und berühmt,
dazu tadig und hälig. Oft wird, wie das der Stoff mit sich bringt, die
qual des kranken (z. b. ädhcerig 987, eines uncyöig 1199) angegeben, meist
aber durch umständliche participia ijürum gesicenced 1110, mortem weel-
pilum 1127), doch ist GuÖlac bereit zum sterben (forösides füs 1023; und
sogar froh (ntödgUed 1035, nas forht 934).
Sächliche concreta sind äusserst selten: die Schöpfung ist (797)
fotger, gefealic, wynlic, das paradies Uoht (806), beorht (826), deore 1,843),
auch das haus Guölacs hat keine sinnlich erkennbare eigenschaft, sondern
ist ganz einfach hälig, 1120. 1264. 1284. Auch das schiff hat in mel, Uoht,
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424
SCHEITERT
lädt füs (1304 ff.) keine eigenschaften, die eine lebendige anschauung
voraussetzen.
Allgemeinere nnd abstracte begriffe sind ganz ausserordent-
lich häufig, und zwar beruht dies zu einem teile nuf dem Stoffe: so wenn
sehr oft 'tod' (strong, hreöe 1113, u.b.w.) begegnet, 'krankheit' ,peaH,
hat 951, u.b.w.), 'lohn', 'ewige freude', während es eine liebhaberei des
autore ist, wenn er statt von den personen so gern von ihrem 'geiste',
ihrer 'seele' redet: 950 mod Steide hcard (GuÖlac), on sargum $efan
(Guölac) 1330.
§ 187. Zum adjectivschatz sei folgendes bemerkt:
II. Bezeichnungen physischer eigenschaften begegnen im
G. halb so viel (22) als in der um über ein drittel kürzeren J. (42), und
von diesen 22 sind noch die hälfte helligkeitsausdrticke, die übrigens an
einer reihe anderer stellen auch bereits zu gefühlsangaben verblasst sind
(z. b. beorht 815. 913, leoht 1084).
III. 'Klug', 'weise' ist nicht viel seltener als 'tapfer', 'standhaft'.
Wis fehlt auch hier; neu sind deophydig 974 und deophicgende 1085.
IV. Leof wird gern gebraucht, während lad, das auf die teufel an-
wendbar wäre, nicht von personen vorkommt.
V. Auffällig ist, dass von den im B. so beliebten Worten für 'wacker'
(göd etc.) bloss einmal seiest auftritt. God, das im B., der Gen., den Ps.
sehr häufig, im Andreas auch oft begegnet, im G. A 3 mal (141. 365. 552),
ist bei Cynewulf überhaupt äusserst selten: im Crist 2 mal, aber nicht von
einer bestimmten person, sondern allgemein (911. 1576, etwa = 'recht-
schaffen '), in der Jul. 1 mal (he is tö freotule god 102), in der El. eben-
falls bloss 1 mal als adjectiv, und zwar wider von keiner bestimmten
person, und noch dazu in der reimformel frödra ond gödra 637. Ob da
ein dialektunterschied vorgelegen hat? Einigermaasen ersatz schafft sich
der dichter in Guölacs tod durch Umschreibungen wie leahtorleas (1060 ':.
weorcum wlitig (1278), die offensichtlich schon an die bedentung ♦fromm'
streifen, wofür eine deutliche Umschreibung gebildet ist mit godes tciüan
georn 839.
VI. Die gefühlsadjectiva begegnen etwa an hundert stellen
(hälig, micel, und viele vereinzelte; auch cedele gehört dazu).
VII. Die zustandsangaben sind zahlreich (GuÖlac ist 'bereit' in
sterben; sein diener 'traurig' darüber); zusammen etwa 70 auf 563 verse,
d. h. ca. 12, 5 auf 100 verse, also noch mehr als in der J. mit ca. 8.
Im ganzen aber wird die adjectivzahl der J. (77 auf 100 verse^ mit
rund 365 stellen, d. h. 65 auf 100 verse nicht erreicht, und G. nimmt somit
etwa die mitte zwischen B. und J. ein. Dabei unterscheidet er sich aber
von beiden andern durch seine fast bloss auf innerliches gerichtete geistige
atmosphäre, die den dichter mehr mitfühlen als scharf auffassen iasst.
Daher die äusserst hohe zahl der gefühlsadjectiva.
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APJECTIVA IM BE0WULFEP08.
425
II. Die adjectiva im Verhältnis zu anderen mittein
des directen stils.
§ 188. Um ein paar andeutungen über das Verhältnis
der darstellung durch adjectiva zu der durch andere mittel
des directen stils zu geben, mögen ein paar bemerkungen über
die verschiedene Verwendung der nomina bei 'Beowulf und bei
den begriffen 4 not, leid, sorge' folgen.
Die zahl aller stellen, an denen im Grendellied (B. 1—1250)
nominale ausdrücke auf Beowulf angewendet werden, be-
trägt 85 (nomen proprium, substantivische synonyma, adjectiva).
Dabei kommen 55 mal adjectiva vor, d. h. auf eine stelle 0,05
adj. Die entsprechenden zahlen für 'not, leid, sorge' sind 31,
12, 0,39. Diese begriffe haben also viel weniger adjectiva,
offenbar weil an ihnen nicht so verschiedenartige bestimmt-
heiten wie an einer person wahrgenommen werden können,
und weil sie nicht in so mannigfaltigen Verhältnissen auftreten
können.
Umgekehrt verhält es sich mit der Verteilung der poetischen
form der Variation von gegenstandsbezeichnungen. Diese tritt
bei den 69 stellen mit substantivischen ausdrücken für Beowulf
(denn von den genannten 85 sind 16 abzuziehen, die meist ein
adjectivum nach einem pronomen enthalten, z. b. 196. 203. 343.
372 etc.) 13 mal ein, also in 19 °/0 aller fälle, wobei noch die
anwendung eines pronomens mit erst nachträglich gegebenem
substantivum (248. 628. 913) als eine abart der Variation mit
eingerechnet ist. Bei 'leid, not, sorge' aber kommen auf 31
fälle 10 mit Variation, also 32 °/0. Das interessegefühl des
dichters braucht eben bei Beowulf nicht an der person als
person zu haften, sondern kann sich in der darstellung seiner
erlebnisse entladen; die inhalts- und beziehungsärmeren begriffe
wie 'leid, not, sorge' werden leicht ein paarmal ausgedrückt,
bis sich das gerade bei ihnen stark erregte gefühl des dichters
beruhigt hat, und er zu einem novum übergehen kann:
191 w*8 Jnet sc win tv sw.vfl,
laj> 7 lonssnm, )>6 on Öä leode becum,
nydwracu nil'grini, nihtbealwa m&st
§ 189. Ueber die verweudung der composita unter
den substantivischen synonymen ist etwas ähuliches zu
B.itrige sur geschieht der deuuehen iprtche. XXX. 29
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420
SCUEINKRT
bemerken. In einem compositum kann eine beziehung mit
zum ausdruck gebracht werden, die in die logisch schärferen
bestimmungen Substantiv und attribut nicht mit aufgenommen
werden könnte (oder wenigstens nicht muss): fedeeempa 1544,
$uÖcyning 2563. Wenn dalier nach Krackows Übersicht (Kra-
ckow s. 24, vgl. die fussn. vor § 156) von den synonymen für
Grendel und den drachen 60 0 für Grendels mutter 66 " 0,
für Beownlf 50 %, Hroögar 45 °'0 eomposita sind, so liegt dies
daran, dass der dichter bei der Vorstellung der ungeheuer
stets nebenvorstellungen wie 'entsetzen', 'hass', 'fluchwürdig-
keit' mitdachte, die sich in compositis ausdruck erzwangen.
Bei den helden können solche nebenvorstellungen hier und da
fehlen, andrerseits können sie öfter auch durch adjectiva aus-
gedrückt werden, weil hier die speciellen erfahrungen des
lebens mit ihrer schärferen bestimmtheit zu geböte standen.
Hinwiderum gibt es in der Judith kein einziges substantiv-
compositum für die heldin des gedichts, während für die mäuner
eine ganze anzahl zur Verfügung stehen. ') Da nun schon der
Beowulf bloss fünf composita für frauen zählt, und auch diese
bloss für die fürst in oder die gattin (folcctcm 641, fridusibb
2017, freoduwchbe 1942, hcahgcbcdda 63, gcomcoiäe 2931. 3150).
so rührt dies offenbar daher, dass der Angelsachse bei frauen
nicht eine solche menge lebensbeziehungen mitdachte wie bei
männern, die kämpfer oder fürsten oder beides waren. Soll
aber ein weib als heldin geschildert werden, so kann man
natürlich auf sie die substantivcomposita für männer nicht
übertragen (z. b. randwija, hilderinc), während adjectiva ohne
weiteres auch auf frauen angewendet werden können.
§ 190. Als beispiele weiterer arten directer Charakteri-
sierung seien erwähnt:
for his mödßrace 38ö, müdes myrde 810. — Verwant siud diesen
übrigens auch einige ausdrücke, iu die ein adjectivum eingegangen ist:
Jmrh holdne hi$e 267, Jmrh rümne sefan 278. — Wendungen mit biife
eines verbums begegnen auch: Jxtt he Jjriitijes || mann» majcncraft j
on his miuulgripe || hmporüf halbe 379, zehtcylc hiora his ferhpt
l) Für Judith werden adjectiva, einfache wie componierte, gebraucht
oder Verbindungen von adjectiv und Substantiv, in denen wider bloss ein-
fache worte wie »urjd, xcif vorkommen: wiÖ da hälgan >n(p;d 2ü0, ülcs
ellenrOf SUawhydiz tcif 148.
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I
ADJECTIVA TM HEOWri.KEPOS.
427
treoirde, \\ pett he forfde in od mfctJ, ... 1106. — Eigene aussagen wie:
habbe ic nmröa fela \\ tmgmmcn on geogo/jc 4<>s greifen schon mit in das
gebiet indirecter Charakteristik durch reden und handeln über.
Jedenfalls ist die nicht rein nominale ausdrucksweise der
directen Charakterisierung im alten epos sehr selten. Dass
dies im späteren epos anders wird, lehrt ein blick in Chaucers
Canterbury tales (vgl. § 1).
§ 191. Die adjectiva. die man als eine art poetischer
ausdrucksfülle meist epitheta ornantia genannt hat, haben
folgende parallelen:
1) Die figur der Variation, vgl. § 188; — 2) viele compositions-
glieder, nämlich solche, die bloss verstärkende zusätze sind (vgl. § 157);
— 3) adverbia, z.b. : Öd se eltengitst earfodlice präge gePolodt 86, öd
htm gebeacnod ica-s, ges<ig«l söölice sureotolan tdcne heulöegnes fiele 140:
— 4) diesen nahe kommen umstandsangaben wie inödes myrÖe 810;
— 5) Mengenangaben: mädma menigco 2143, gebdd tcintra tcorn 264.
§ 192. Für das Verhältnis der adjectiva zu den
verben findet man belege bei A. Banning, Die epischen for-
mein im Beowulf I, Marburg 1886.
Die verbalen parallelen kommen natürlich zunächst bei den Stim-
mungsangaben in betracht: nihticeorce gefeh 828b, nces hie öd-re fißle
gefean hcefdon 562. — Ohne object werden gebraucht: pd was on sdhtm
sinces brtßta 607, tceorod icits on wynne 2014, und gewöhnlich auch die
adjectiva, z. b. Geat was gl« dm od 178"). — Unter 'belehren' führt
Banning Idrena gdd auf. Dazu ist indes zu bemerken, dass durch das
ndjectiv erstens eine grössere constanz ausgedrückt wird, zweitens eine
innigere beziehung zum Charakter des lehrers.
III. Ueber die spätere epik.
§ 193. In der späteren epik und bis auf die neueste zeit
ist die Verwendung der adjectiva als darstellungsmittel von
grund aus anders geworden.
Uebergänge dazu zeigen sich schon bei Layamon. Laya-
mon, dessen vers sicher ein abkömmling des alliterationsverses
ist, bewahrt auch stilistisch noch genug anklänge an die älteste
zeit: z. b. kommt die Variation noch vor. Doch gibt es be-
deutende unterschiede: die spräche ist monotoner gewordeil,
denn der Wortschatz ist ärmer; die alten composita sind fast
ebenso gänzlich geschwunden wie die fähigkeit neue zu bilden.
Daraus ergibt sich die schwäche von Layamons Stil: er nennt
seine objecte, z. b. Vortiger, noch öfter als der Beowulfdichter
428
8CHEINERT
mit einem nominalen synonymon, aber er widerholt in unend-
licher gleichförmigkeit den blossen namen, oder pe hing, oder
Vortiger pe hing. Eine reihe andrer benennungen treten gegen
diese ganz zurück. Die eintönigkeit erstreckt sich auch auf
die adjectiva. Sie werden nur selten auf sächliche concreta,
oft auf personen angewendet, und zwar werden sie bei diesen
sehr leicht zu stehenden formein, besonders im prädicativen
gebrauch in beisätzen. >) Und auch ganz im allgemeinen nimmt
der prädicative gebrauch einen viel breiteren räum ein als im
angelsächsischen epos.
§ 194. Parallel mit der ausbildung des prädicativen ge-
brauchs, mit dem man sich dem object mehr beobachtend gegen-
überstellt, entwickelt sich auch die verweilende beschrei-
bung, z. b. beim auftreten einer neuen person. So bei Chaucer
(§ 1), so auch in der Chanson de Roland (§ 7). So wird in
Sir Gawayne and the Green kniglit (ed. Morris, EETS., 0. S. 4,
London 1864) der Grüne ritter bei seinem erscheinen an Artus'
tafeirunde von vers 136—221 geschildert z. b. 136 ff.:
per liales in at pe halle dor an aghlich mayster,
On pe most on pe inolde on mesure hyghe;
Fro pe swyre to J>e swange so sware and so J>ik,
and his lyndes and his lyines so longe and so grete etc.
Dann erst folgt wider die darstellung der begebenheiten.
Während sich also die darstellungsweise des ags. epos in
ihrem verlaufe immer ziemlich gleich bleibt, kann die neuere
epik die früher mehr in stetiger sumniierang auftretenden
Stilmittel mehr spalten und hier das eine, dort das andere
überwiegen lassen.
§ 105. Dazu kommt noch ein fundamentaler unterschied.
Die fortwährende angäbe von eigenschaften, besonders des
Charakters, wird bei personen im mittelalterlichen epos immer
seltener, während im neuesten epos (z. b. bei Tennyson) nur
noch verschwindend wenige adjectiva für Charaktereigenschaften
zu finden sind. Als beispiel sei erwähnt, dass im Beowulfepos
') So von Vortiger: ße swike tces ful deornc (und ähnlich > t. b.
2,144,12. 145,8. 20. 148,19; of celch an uuele he ices war (und ähnlich
mit war) 2,129,15. 130,14. 134,4. 130,2. 153,23. 156,11. 158,20 u s w.:
Sachsen: Jx gode beon to fihten 2, 133,20. 1U7, 1. 182, 10.
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ADJECTIVA IM BE0WULFEP08.
429
mit seinen über 3000 langversen 204 adjectiva auf den lielden
persönlich angewendet sind, in den fast 10000 reimpaaren
Gottfrieds von Strassburg (den ich Iiier heranziehe, weil über
nie. dichtungen noch keine entsprechenden arbeiten vorliegen)
bloss 107 auf Tristan (vgl. Pope, lit.3, s.39>); nicht 117, wie
Pope s. 48 sagt). Dagegen gibt es im neueren epos natürlich
viele adjectiva für sächliche concreta, auch für die äussere
erscheinung von personen, die aber dann in ihre einzelheiten
zerlegt wird; z. b. Scott, The Lady of the Lake 1, 18,346 ff.:
What though the sun, with ardent frown,
Had slightly tinged her cheek with brown, —
The sportive toi], which, short and Light,
Had dyed her glowing hue so bright,
Served too in hastier »well to show
Short glinipses of a breast of snow, etc.
Die darstellung durch adjectiva wird also in der hauptsache
auf das gebiet eingeschränkt, wo sie unentbehrlich ist, auf das
sinnlich anschauliche. Für Charaktere kann sie ab und zu
auftreten mit indirecter beziehung auf die personen (also auch
durch Zerlegung), und mehr aus Symptomen erschliessbar; so
Scott, The Lady of the Lake 1, 21, 409 ff.:
On his hold visage middle age
Had slightly pressed its signet sage,
Yet had not quenched the open truth
And fiery vehemence of youth;
Forward and frolic glee was there,
The will to do, the soul to dare,
The sparkling glance, soon blown to fire,
Of hasty love, or headlong ire.
Dies alles rührt sicherlich nicht bloss daher, dass bei zu-
nehmender arbeitsteilung und bei fortschreitender differenzie-
rung der lebens Verhältnisse die poetischen Charaktere mannig-
faltiger werden und nicht mehr mit einem adjectivum im kern
bezeichnet werden können, nicht daher, dass das neuere epos
so viele lyrische demente enthält, sondern offenbar ist auch
die kunst indirecter darstellung von personen gestiegen, und
kann der Unterstützung durch direct charakterisierende adjec-
tiva entbehren.
') Wo aber die adjectiva ans modal modirieierteu aussagen fehlen. Ueber
die indirect zu beziehenden adjectiva kann man sich bei Pope nicht orientieren.
430
RCHRINKRT, ADJECTIVA IM BEOWULFEPOS.
[Nachtrag. Zu 0. Pittrichs behandlung der adjecti vischen com-
posita, Zs. f. rom. phil. 29 (1905), 109 ff. 257 ff. (auch Leipziger habilitation«-
schrift u. d. t. l'eber wortzus.-setzung, Halle 1904) möchte ich bemerken,
dass von meinen gmppeu l,a (§ 157) im wesentlichen Pittrichs b und c
auf s. 170 entspricht, mein 4, 1 (§ 160) Pittrichs III auf s. 259 ff., die oben
in § 162, b verzeichneten Pittrichs 1 und 2 auf s. 171. — Was Pittrichs
scheiduug von Übereinstimmung»- und ab weichungs n a m en
(s. 1.11 ff.) betrifft, so dürften zu den letzteren sicher zu zählen sein die
grnppe 1,4 und einige ans 3,9 (oben § 159), wahrend meine gruppt-n l.b
und 2 (§ 157 f.) wie auch die meisten übrigen im franz. fehlende überein-
stimmungsnamen sein würden. Genaueres vermag ich kaum anzugeben, wie
ich auch nicht zu sagen wüsste, warum, um bloss ein beispiel von vielen
anzuführen, ein wort wie bienaime (bei Pittrich gruppe B. II, 1. P, a, II.
s. 259) nicht ebensogut wie bienheureux (bei Pittrich gruppe A, I, 3, c. s. 170)
zu den übereinstimmnngsnamen gehören soll. Im allgemeinen würde ich
aber geneigt sein, die übereinstimmnngsnamen mit der ersten Untergattung
der abweichnngsnamen als real determinierte (z. b. epine fdavehr,
neolatin) und als limitierend -negativ determinierte (z. b. im-
pudern, iüogique) bezeich nungsnamen zusammenzufassen, unter sie
die meisten der übrigen abweichnngsnamen mit aufzuteilen, und ihnen
andeutungsnamen gegenüberzustellen, z. b. cerf rolant. Penn wie mir
scheint, kann es für das Verständnis des psychologischen Vorgangs bei ent-
stehuug dieses ausdrucks nur irreführen, wenn man die auffassnug eines
merkmals der abweichung von andern dingen der art als etwas wesent-
liches dabei ansieht. Es kommt vielmehr darauf an, dass der uame ent-
steht unter mitwirkung einer ferner liegenden association (Wundt, Völker-
psych. 1,1*, 646 ff ), die er im hörenden wider erweckt; und so andeutend
die Vorstellung. Worte wie Hirschkäfer würden dann eine übergangsgruppe
zwischen den beiden genannten bilden. Pie andeutungsnamen (typus erq
rolant) scheinen übrigens unter den ags. adj. ebensowenig vorzukommen
wie unter den neufranzösischen. Andere fälle 8. § 155 ende. Auf näheres
kann ich hier ebensowenig eingehen wie auf eine scharf psychologisch-
genetische formuliemng meiner behandlung der composita oben § 157 ff.
Oben g 14, z. 5 ergänze 'vgl. 8 123' nach 'wird*. — § 32, 16 v. u. lies:
wröht : heard 2914; herentd : heard 2474 ]
LEIPZIG, 13. februar 1905. MORITZ SCHEIN ERT.
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I
ZUR TECHNIK DER MITTELHOCHDEUTSCHEN
DICHTUNG.
An zusammenfassenden arbeiten über die technik unserer
mhd. dichtungen ist so gut wie nichts vorhanden. Wol gibt
es zahlreiche Untersuchungen über den Stil einzelner dichter,
in den einleitungen der ausgaben, in dissertationen und Pro-
grammen. Gelegentlich werden einmal mehrere dichter oder
dichtungen in der betrachtung zusammengefasst , wie von
Roetteken in seiner schrift: Die epische kunst Heinrichs von
Veldeke und Hartmanns von Aue, Halle 1887, von Schmedes
in seinen Untersuchungen über den stil der epen Rother,
Nibelungenlied und Gudrun, Kieler diss. vom jähre 1893.
Kaum häufiger geschieht es, dass bestimmte einzelne erschei-
nungen durch ein grösseres gebiet verfolgt werden; ich nenne
die Schriften von K. M. Osterwald, Ueber die kunst der Cha-
rakteristik in der deutschen poesie des mittelalt ers, mit be-
sonderer berücksichtigung der weiblichen Charaktere im
Parzival, Merseburger programm von 1863; Leo Wolf, Be-
schreibung des mhd. volksepos nach seinen grotesken und
hyperbolischen Stilmitteln, Göttinger diss. 1902, Palaestra no.25;
W. Vogt, Die wortwiderholung ein Stilmittel im Ortnit und
Wolfdietrich A und in den mhd. spielmannsepen Orendel, Os-
wald und Salman und Morolf, Breslau 1902. Ueber das
deutsche hinaus griff das buch von Rud. Fischer, Zu den
kunstformen des mittelalterlichen epos: Hartmanns Iwein, das
Nibelungenlied, Boccaccios Filostrato und Chaucers Troylus
and Cryseyde, Wien und Leipzig 1899.
Wie auf dem gebiete der syntax. so scheint es mir auch
auf dem gebiet der poetischen technik fruchtbarer zu sein,
wenn einzelne erscheinungen über einen grösseren räum, durch
432
BKHAGHEL
längere Zeiten verfolgt werden, als wenn für einzelne werke
oder Verfasser das gesammte material vorgelegt wird. Dies
ist der gedanke, der mich geleitet hat bei den Untersuchungen,
die ich vorlegen möchte. Und zwar möchte ich zunächst
handeln über die
Freiwillige widerholung derselben vorstellungsreihe.
Ueber die widerholung derselben vorstellungsreihe, d. h.
ganzer aussagen, soll gehandelt werden. Es bleibt also die
widerholung einzelner Wörter oder wortgruppen ausser betracht,
soweit diese nicht für sich allein ganze sätze bilden, und ebenso
die erscheinung, dass ein einzelnes Satzglied durch einen ganzen
satz widerholung erfährt.1)
Dass einzelne dichter der mhd. zeit es lieben, 'mehrere
begriffe, ja vollständige gedanken und urteile mit anderen
worten zu widerholen', ist bereits mehrfach wahrgenommen
worden, so2) von Schmedes (s. 34 ff.) für Rother, Nibelungen-
lied und Gudrun, von Vogt für die von ihm behandelten dich-
tungen, vgl. s. 17, von Roetteken für H. von Veldeke und
Hartmann von Aue in der vorhingenannten Schrift s. 100—103,
für verschiedene mhd. dichtungen von Heinzel, Anz. fda. 15, 157,
für Veldeke von mir, Einl. zur Eneide s. cxxm ff., und von
Firmery, Notes critiques sur quelques traductions allemandes
de poemes franrais du moyen-äge, s. 17 ('c'est que la traduction
est abondante en repetitions de toute sorte'), für Herbort von
Fritzlar von W. Reuss, Die dichterische persönlichkeit Herborts
von Fritzlar s. 27, für Hartmann von Aue von Firmery, a.a.O.
s. 5b' ('Hartmann, qui est un charmant bavard, mais un bavard,
se repete assez souvent'), für Gottfried von Strassburg von \V.
Scherer, Literaturgeschichte s. 166, von Preuss, Strassburger
Studien 1,28, und von Firmery s. 111 ('on ne risquera pas de
') Ich meine beispiele wie die folgenden (vgl. anch meine Modi im
Heliand 8.23): W. öen. 3583 Er sprach, suohte sine bruodere, Wa si
Hilten ire chorler. — Vor. Alex. 103 Xu teil ich iu sagen von Ale-
xandere s geburte, Wie si alhi geuurie. — Laurin 142 Diu wunne
wart da zestaret, Swaz freuden an dem garten lac. — Waith. 5t», 5 Wer
gap dir minne den geicalt, Das du doch so gewaltic bist. — Diokl. 35 Da:
ich in vor mynem tode bespreche, K mir min kranckes hertze breche.
*) Nichts bei Thamhayu, Stil des Rolandslieds.
ZUR TECHNIK DER MI1D. DICHTUNG
433
se tromper beaucoup cn afflrmant que Gottfried amplifie dans
les memes cas que Hartmann'), für Konrad von Würzburg
von Joseph, Klage der kunst s. 30 und 31, für die Halbe bir
von Wolff, Einl. s. xxxv ff., für die Kudrun von Panzer, Hilde-
Kudrun s. 75, für Albrecht von Kemenaten von Zupitza, Helden-
buch 5, einl. xxn und xxiv, für das drama von Heinzel, Be-
schreibung des geistl. Schauspiels s. 118 ff.
Aber in keinem fall ist auch nur für den einzelnen dichter
oder das einzelne werk der gesammte stoff vereinigt oder gar
in den einzelheiten seiner erscheinungen untersucht. So hat
Schmedes nur die fälle 'künstlerisch wolberechtigter Variation'
verzeichnen wollen (s. 34); von den 'ungeschickten wider-
holungen', von den 'tadelnswerten tautologien' soll keine rede
sein. Noch weniger ist erkannt, welch allgemeine Verbreitung
der erscheinung zukommt. Wesentlich dem höfischen epos gilt
Scherers ausspruch, Lit.-gesch. s. 163: 'der gefühlvolle anteil
an menschen und dingen wird die quelle der epischen breite'.
Umgekehrt meinte Schmedes s. 34: 'ein so wirksames mittel
zur hebung des ausdrucks musste sich am ehesten in volks-
tümlicher dichtung von geschlecht zu geschlecht vererben'.
Endlich ist von einer wirklichen erklärung der erscheinung,
von einer einordnung in einen grösseren Zusammenhang bis
jetzt nichts wahrzunehmen.
Wie wenig die erscheinung bis jetzt die gebührende be-
achtung gefunden hat, zeigt sich auch darin, dass die wider-
holung gelegentlich den anlass gegeben hat, eine spätere ein-
schal tung anzunehmen: vgl. Annolied v. 23 ff. in Roedigers
ausgäbe; Parzival 139, 1. 2 in Leitzmanns ausgäbe; Laurin
195. 196 im Berliner heldenbuch; Schröder, Der epilog der
Eneide, Zs. fda. 47, 299 ('die art, wie das dknde gerne von
13490 den ausdruck von 13482 wider aufnimmt, ist ein psy-
chologisches charakteristicum der eiuschaltung,). Und Wolff
hätte auch nicht in der summarischen weise, wie er es getan
hat, die widerholungen verwenden dürfen bei dem von ihm
versuchten nachweis, dass die Halbe bir ein werk Konrads sei.
Wenn ich nun daran gehe, die erscheinung über ein
grösseres gebiet zu verfolgen, so kann auch ich natürlich
nicht die ganze ungeheure masse des Stoffes vorlegen. Es
muss hier das gleiche verfahren eingeschlagen werden, wie
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434
BEHAGHEL
bei umfassenderen Untersuchungen auf dem gebiete der syntax,
das verfahren, das ich in meiner arbeit über den gebrauch
der Zeitformen befolgt habe: icli greife also eine anzahl von
dichtungen heraus und trage aus bestimmten abschnitten der-
selben das material vollständig zusammen. Diese stücke sind:
Wiener Genesis von 1—4000 (nach
Piper)
Exodus von 1 — 1500 (nach Koss-
manu)
Annolied ganz
Rolandslied von 5000 - 0500
Kaiserchronik von 10M4— 11351.
12813 14000
Vorauer Alexander von 1 — 1000
Kother ganz
Nibelungenlied str. 1—240. 2000—
2100 (nach Bartsch)
Laurin 1-1890
Eilhart von 1-2000
Herbort von 1—2000
Lanzelet von 1—3500
Erec von 1—1500
Iwein von 1 —1500
Parzival von 116,5—179,12
Gottfried von 3000—4500
Flore von 1—1500
Engelhart und Engel trut von 1 - 1200
Heinrich von Freiberg von 1—1500
Diokletians leben von 1 — 1200
Wittenweilen Bing s. l — 35 einschl.
Erinnerung gauz
Der welsche gast 1 — 1500
Minnesangs Frühling von s. 1 — 100
einschl.
Walther 8. 1—75 (nach Lachmann).
Von der freiwilligen widerholung desselben gedankens
soll hier die rede sein. 8chon Vogt s. 7 hat zwischen einer
notwendigen, d.h. einer logisch bedingten, und einer nicht
notwendigen, logisch nicht bedingten ; willkürlichen' wider-
holung unterschieden. Ich möchte die letztere art lieber als
'freiwillige* bezeichnen, weil mit dem ausdruck 'willkürlich1
sich eine schiefe Vorstellung über den Ursprung dieser dinge
verbindet.
Zu den notwendigen widerholungen gehört es einerseits,
wenn dasselbe reale oder geistige geschehnis sich mehrmals
vollzieht. Dann niuss es eben auch mehrfache sprachliche
Verkörperung linden. Hierher fallen die 'widerholungen' des
homerischen epos. l)
') .Soweit die klassische philologie von solchen zu lnrichten weiss,
handelt es sich fast durchaus um wörtliche oder mehrere wörtliche wider-
holungen. Eine umfassende Sammlung von ihnen gibt Carl Ed. Schmidt.
Parallelhomer oder index aller homerischen iterata in lexikalischer anord-
nung. Göttinnen 1885. Die zahlreichen erörtemngen , die sich an sie an-
geschlossen halten, stehen zum gröbsten teil im dienst der sog. homerischen
frage. Ich nenne die folgenden, in denen weitere literatnr zu rinden ist:
G.Hermann, De iteratis apud Homerum, Opuscula 1,111; Christ. Die
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ZUR TECHNIK DER MHD. DICHTUNO.
435
Auch wo für lateinische dichter die iteratio versuum be-
handelt wird, gilt die betrachtung wol durchaus fällen unserer
notwendigen widerholung, versen, die nicht an derselben, son-
dern an verschiedenen stellen übereinstimmend auftreten.
Hierher gehören die arbeiten von Th. Fritzsche, Horatiana,
Güstrower programm 1900, und De iteratis ebda. 1903, und die
von ihm 1900, s. 3 weiter angeführten arbeiten.
Solche widerholung findet sich denn auch im altdeutschen
epos, wenn im verlaufe der erzähl ung die herkömmlichen
kämpfe, das ceremoniell der feste, der empfange von gasten
widerkehrt. Oder in der Exodus gebietet gott dem Moses
zweimal, die band in sein gewand zu stecken, und daraus
ergibt sich zweimal dieselbe handlung: 733 Ich weis er iz
neliez, In den buosem er sie stiez. — Iii Ich weis er iz aue
do ne liez, In den buosem er sie stiez. — In zwei aufeinander
folgenden schlachten bewährt Turpin seine eigene predigt:
Rol. 5161 So waz er mit munde lertc, Mit werken er iz bi-
tearte. — 5394 Tha beicarete ther thegen AI thuz er mit theme
munde lerte. Das ist insbesondere die weise des volksepos,
vgl. Panzer, Das altdeutsche volksepos s. 13 und 33. Ziemlich
häufig sind derartige notwendige widerhol ungen im Laurin:
man vgl. 417 mit 3G7 und 613 (wo die richtige lesung gewis
die in den Varianten stehende ist), 570 mit 587, 605 mit 655,
946 mit 988, 1012 mit 1038.
Für Hartmann ist es bemerkenswert, wie er gelegentlich
der in der vorläge vorhandenen widerholung aus dem wege
geht: in Chrestiens Erec ist das zusammentreffen des zwergs
widerholnngen gleicher und ähnlicher verse in der Ilias, Münchner sitzunprs-
herichte 1880, 221; Schnorr von Carolsfeld, Literaturvergleichende be-
merkungen zu Homer, Arch. f. lit.-geseh. 10. 301); Filipski, Pas stehende
heiwort im volksepos, progr. von Villach 188(1. s. vni: Sittl. IMe wider-
holnngen in der Odyssee München 1882: Pfudel, Die widerholungen bei
Homer, progr. der ritterakademie zu Liegnitz 181*1; C. Rothe, Die bedeu-
tung der widerholungen für die homerische frage, Fe» t schritt des franz.
grmuasiuros zu Berlin 18!H), s. 12t. I'ie letztgenannte abhandlung ist m. e.
das beste von dem, was bis jetzt über die angelegenheit gesagt worden
ist; Caucr, Grundfragen der Homerkritik. 8. 2<J7, hat ihre ergebnisee sich
vollkommen angeeignet. Aber auch Rothe hat den weiteren Zusammenhang
der erscheinung nicht erkannt und viel zu wenig ausserhalb des griechischen
Umschau gehalten.
:
436 BEHAGHEL
erst mit der jungfrau, dann mit Erec in ganz übereinstim-
mender weise dargestellt (157 = 202, 161 = 209, 163 = 210),
während Hartmann keine nähere Übereinstimmung der beiden
sclülderungen zeigt. Bequem macht es sich Herbort, der ein-
fach erklärt, dass die handlung gerade so verlaufen sei wie in
einem früheren fall:
215 Von also grozer frümekeit, Als ich in da vor hau geseit, Da ich
von Jason* gesprochen han: Das muget ir alhic vurstan. — 1213 Waz sal
umbc rede gemget? Daz er dort hette geklaget, Des envttrgaz er hie niht.
— 1985) Waz mac ich hie sprechen fori? Die er gesprochen hette dort,
Dieselben tcort er hie sprach. — Aehnlich Wigalois 14, 23 Waz weit ir der
rede me? iSi sagt im, als ich tu e.
Aber auch für eine und dieselbe tatsache kann ein anlass
bestehen, der ihr widerholtes aussprechen notwendig erscheinen
lässt. Es kann geschehen, dass sie bei verschiedenen gelegen-
heiten wirksam wird. Hierher gehört z. b. die widerholte
Charakteristik Berchters Roth. 45 uud 161:
45 Do heter ein graven, Der half ime teol zo waren Mit listen grozer
eren. Kr was sin man unde mac. Der was der aller getruiste man,
Den ie sichein romisc kuninc gewan. — 161 Sie leite ein vile listiger man.
Der was dem kuninge vile leph Unde nehate der untruwen niet.
Oder die doppelte Schilderung der ausstattung von Rothers
mannen, das eine mal beim verlassen des schiff es, das andere
mal bei ihrem auftreten am hofe Constantins:
Roth. 222 Ire mantcle icaren gesteinit Li der erden Mit den besten
jachanden die ge dorten gewerden. — 234 die herren ritin uffe Constan-
tinis hof. Do luhte manic jachant Von enander in daz gewant.
Hierher gehört es ferner, wenn einmal die tatsache unmittelbar
festgestellt wird und später die Wahrnehmung dieser tatsache,
der eindruck, den die tatsache macht, vorgeführt wird:
Vgl. z. b. Roth. 2431 her karte sich hine umbe Und tcranc sine hende
im vergleich mit Roth. 24«»9 Sivs du einin grawin man Mit deme schonin
barte stan, Der mich tchouwete Wunderen note? Her karte sich umbe Und
wranc sine hande. - Ferner \V. Gen. 3797 Eines tages daz gescach Daz
si in einen gesach, Er tet neizwa: werche, Da er niemannes zuo bedurfte.
Si wantc iz wäre ir wole ergangen, Daz si da nesuch niemannen. —
Ebenso Roth. 3795 Do sprach der hclit lossam: 1c sage der starke mere:
Dar stat liothercs wif Unde quelit dm erlichin Hb im vergleich mit 3844
liother quam mit listin Zo Conslantinis tiske. Bi deme saz Rotheres ictb
unde qualitc ir Hb — Piokl. 544 Und als die meister trurig waren. 7>a
kam der knabe mit liubschem gebaren Und sach die meister truren.
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j
ZUR TECHNIK DER MHD. DICHTUNG.
437
Oder es geschieht, dass eine und dieselbe tatsache auf
verschiedene personell wirkt und nun von mehreren nach-
einander ausgesprochen wird. Die erwägungen Rotliers 514 ff.
werden von seinen mannen 590 ff. widerholt.
Vgl. ferner Erec 1461 (die mutter) Diu sprach: richer got vil guoter
Du geruoche mines kindes phlegen. . . . (der vater) L'nsern hcrren got bater
Daz er ir müeste walten. — Engeln. 668 Wer mähte uf erden vinden
Zwene knaben so gar gelich? Ja, sprach der tu Ute künic rieh, Die werdent
nimmer funden. Daz got in aUen stunden l'rüeven groziu minder kan,
Daz schinet zxcare xeol hier an, Daz dise jüngelinge An aller slahte dinge
So gar gelich ander sint.
Oder die sache liegt so, dass das einmalige aussprechen
der tatsache noch nicht die genügende Wirkung erzielt hat,
dass auf eine aussage, eine frage noch nicht die gewünschte
antwort erfolgt ist, also der anlass zur aussage fortdauert:
Eilhart 1986 Dine hulde her habin sol' \
'Der in slug?' ''in truwin ja, \
Wa ist her nu?" 'hir vil na,
Dar ich in wol gevinde.'
"So heiz in vor mich bringen!"
'Sal he dine hulde han?' \
"Ja, sicaz Ive mir hat getan' \
Daz si om umme daz vorgebin" I
( 'Kusse mich, vatir, vor den degin
\ Und mache die sune vullen stete!'
"Swaz he mir tede unde hete
Getan, daz rorkise ich."
{ 'So saltu vor in küssen mich.'
"Waz wiltu mere duz ich tu?"
'So hastu lut irlichin nu I
Vorkorn?' "Ja, ich hüte han" J
— H. von F. 1009 "Zürne ich, vrouwe?", 'ja!' sprach sie, "Nein ich",
'ir tuot' — Diokletian 759 Nu ist daruff geneiget myn sin, Das dir trerdr
min reiner hl um. Ich meynen myn kuschen magfum (Der jungeling sxccig
und anticurt nicht). Zu dem knaben sy do sprach ... (781) Ich gib dir
minen maytum. — Ms. F. 93, 15 ' If OJ weit ir so eine her gcganY' 'Frouwe,
ez ist also geschehen.' 'Sugent, war umbe sint ir her? des sult ir mir
verjehen.'
Endlich gibt es fälle, wo ein und derselbe Vorgang für
unsere betrachtung verschiedene zustände durchläuft und in
mehreren derselben die sprachliche darlegung herausfordert:
wenn ein ding durch meine bände geht, so nehme ichs in die
band, es verweilt darin längere oder kürzere zeit, und ich
438
NKHAOHEL
entledige mich seiner wider. Hierher mag es gehören, wenn
wir zunächst erfahren, dass eine tatsache ins werk gesetzt
werden soll, und dann die ausfuhrung mitgeteilt wird: z. b.
Rother 1444 So heiz den schaz herrore tragin im vergleich mit
1456 Dm meren schätz man vor in troch. Aehnlich Rother
3047 = 3052. 3520 = 3530.') Besonders aber rechne ich hierher
die form der recapitulation: wenn eine tatsache y an eine tat-
sache x angeschlossen werden soll, so geschieht dies oft genug
nicht mit einem blossen do oder einer andern art der einfachen
weit erf iihrung, sondern es wird gesagt: nachdem x geschehen
war, trat y ein;
Z. b. Roth. 1S1 Von deine Stade sie voren. Eia, tce die segele duzzen,
Do au- in Ott tri tluzzen. — Vor. AI. 426 Do trat er vor mute viel, Das
im sin schenket zehrast t ut duz er ane tugent lach. Unt also der chunich
der nider viel, Alexander sin hlut triel. — Eilh. 748 Uf so singen sie: rr
gezelt. Do sie trarin uf geslagin, Do hiz der koning her vore tragin. —
Herhort 1770 l nt hiz legen den fullemunt Zu einer muren nuwe Von star-
keine gehuiee. Sie uart icit mute groz. Do die mure bereit teart, Sie
machten Kemenaten. Do sie das getaten, Sie hizzen graben irn graben. —
Parz. 155,29 Daz ors mit daz phärddin Krhuoben ein so hohen grin.
Duz cz Iicanet erhörte Vor der stat ans graben orte, Froun Ginovem
knapp unde ir mac. Vor von dem orse erhörte den bac, . . . Do gahte
dar der knappe kluoc.
Diese fälle also von notwendiger widerholung werden im
folgenden ausgeschaltet.
Die masse des Stoffs zerlege ich in zwei hauptgruppen:
widerholung mit weiterführung,
Variation.
Dem entsprechen die beiden von Vogt s. 30 aufgestellten
kategorien: Variation mit neuem inhalt im zweiten gliede —
Variation ohne neuen inhalt im zweiten gliede.
Vogt gibt freilich selber zu, dass die an erster stelle ge-
nannte abteilung im begrilT der Variation eigentlich keinen
platz habe. Aber er meint: 'das ausschlaggebende ist der ein-
druck, den die erscheinung macht, und diese beispiele machen
den eindruck der Variation'. Ueber eindrücke ist nun freilich
schwer zu streiten; ich ziehe es vor, mich an wirklich fassbare
') Hierher gehört das. was Miklosich unter der 4 widerhol iiiig ganzer
stellen' verzeichnet. Darstellung im slavischen volksepos s. 18 (Denkschriften
der k. akad. d. wissensch. Ixl. 38,).
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ZUR TECHNIK DHU MIU). UICHTUNO.
439
unterschiede zu halten, glaube aber freilich, dass nur dem ober-
flächlichen beobachter das den eindruck der Variation machen
wird, was ich in meiner ersten abteilung unterbringe; auch
werden wir sehen, dass die Ursachen beider gruppen von er-
scheinungen weit auseinander liegen.
Erster abschnitt.
Widerholung mit weiterführung, darunter verstehe
ich die erscheinung, dass von zwei aufeinander folgenden satz-
gebilden ein teil (x) der bezeichnung ein und derselben Vor-
stellung gewidmet ist, während der andere teil (y im ersten,
y1 im zweiten satze) verschiedene Vorstellungen verkörpert;
aber diese stehen logisch auf gleicher stufe, haben das gleiche
logische Verhältnis zu den übrigen Satzgliedern. Es steht also
auf der einen seite x -f y, auf der andern x -f- y1. Sollten
beide satzgebilde durch ein einziges ausgedrückt werden, so
würde es nur durch eine zusammeuzählung der beiden ab-
weichenden glieder mit hilfe der conjunction und geschehen
können: x -f (y und y>).
In der regel stimmen die sich entsprechenden satzgebilde
— es können auch mehr als bloss zwei sein — in der äusseren
form soweit überein, dass die abweichenden Satzglieder auch
grammatisch die gleiche rolle spielen und man also nach der
art des weitergeführten Satzgliedes die beispiele einteilen kann.
Gewöhnlich liegt die sache so, dass nur ein einziges Satz-
glied weitergeführt wird, alles übrige identisch ist.
a) Nur selten wird das verbum weitergeführt; ich kann
diesen fall nur mit einem beispiel aus dem Rother belegen:
7S8 Den schätz man ane zale nam Unde trog in allez daz an Uz
des kuuingis kameren: Sie vor t in uffc den wa genin llinne zo den
kielen Maniger »lachte geteilt.
Dagegen erfahren einerseits das subject, andrerseits die
bestiinmungen der verba häufig weiterführung.
b) Weiterführimg des subjects:
1) das verbum ist dasselbe: die weiterführung geschieht
meist bloss einmal:
W. Gen. 110 Vit gewaltich ist unser trehtin, Vile michel ist daz
gotes ic und er. — ebda. 1730 Do lerte er in die site, Daz er sich an
einer scante besnite, Unde suaz mannet geburte In sinevie chunne tcurte,
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440
BEHAOHEL
Daz die alle sich same besniten. — Roth. 5067 Do zoch iegelieh man
Hin zo sime lande, Dar leveten sie ane scJiande. Rother der riche Der
levete rromicliche. — Nib. 137,2 So muosen ouch die recken mit in al
zehant Damite muos ouch Sivrit. — Herbort 225 Die fürsten dar
quamen, Die die hoclizit furnamen, Die ich genennen niht enkan. Frouwen
und die dinstman Quamen alle sament dar Wol bereitet und gar. —
ebda. 1 1 72 Daz lantfolc qua m durch icu nder dare, Kitt er und frauwe n
Quanten dar durch schoiccn. — Tristan 4262 Daz weinde Marke, daz
wände ouch er (Rual), Daz weindcns algemeine. — H. v. F. 609 Die
rarsten wazzer namen, Vil herren da zuo quamen Und manch ritter
wunnenclich, Die namen wazzer und satzten sich.
Mehrmalige weiterführung ist hier nur einmal belegt:
Rol. 6202 Wole vaht Turpin Unt Gerhart vone Rossel in. Ixe unde
Pegon Vahten umbe then ewigen Ion. Wole vahten thie kuonen Kar-
linge. Man sah tha jiur prinnen . . . Wole vaht thes keiseres kunne,
Tha- mare helet Ruolant.
2) In andern fällen ist das verbum (oder eines der verben,
s. das beispiel aus dem Tristan), durch ein synonymon ersetzt,
die identischen teile erscheinen also variiert:
Bloss einfache widerholung:
W. Gen. 498 Sulvaia unt ruta, Xardus unt balsamita, Der
stauch wahset so wita; Minz unte cpphich, Chres unt lattoch,
Astriza unt wichpom Ilabent ouch suzen toum. — Anno 427 Cato
unti Pompeius Rumitin romischi hus; AI der senatus Mit sorgen
vluhin si diruz. — Roth. 4648 Do ginc der herzöge von Meran Int-
gigin der vrouwen lossam. Luppolt unde Eric in Intfiengen die koningin.
— Nib. 173,1 Damite reit ouch Sindolt unde Hunolt, Die wol ge-
dienen künden daz Gunthercs golt. Dane wart, Hagenen bruoder unde
ouch Ortwin, Die mohten wol mit eren in der herrerte stn. — Herbort
1303 Die cur galten zoume braunen Gliche der sunnen; Der spore in
gegen der sunnen schein, Als sie beide teeren ein, Daz sicert und daz schone
sjicr Als der sterre lucifer. — Tristan 4321 Nu gie der guote Marke hin
l ud husten unde enphienc in. Diu herschaft al zehant do kam l ud
kusten in besamter. — H. v. F. 53 Daz aber ich dise arbeit Hab minem
sinne vür geleit, Daz machet eines herren tugent; Sin hohe* adel.
sin edele jugent Ez mir gebot und mich sin bat. — ebda. 672 Der
megde sie [KarsieJ do seite Und dem hochgemuoten degen Mit warten
mutigen sitezen segen. Die kiuschen und die claren Vrouwen, die da waren
Mit ir in der keminaten, Iren segen ouch sie taten. — W. gast 922 Ir
gebärd hat ouch diu minn. Ich sugiu von der warheit, Vorht, tut, haz utul
girescheit, Lieb, leit, milt, erge unde zorn Hant ir gebärde niht rtrlurn.
In einem fall hat die widerholung ihren ganz besonderen grund:
Nib. 162, 1 Des sol uns helfen Ha gen e unde ouch Ortwin. Dane-
wart und Sindolt, die lieben recken din. OucJi sol da mit riten \\>lker,
der kuene man, Der sol den vanen fueren, baz ich* niemen engan.
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ZÜR TECHNIK DER MHD. DICHTUNG.
Volker wird deshalb nicht der summierung im subject
des ersten satzes angeschlossen, sondern mit einem besonderen
verbura eingeführt, weil sich daran eine zweite aussage reihen
soll, die ihm allein gelten kann, die worte: Der sol dm vancn
füeren.
Die weiterfuhrung ist eine mehrfache:
Nib. 232,3 Die stolzen Burgonden die habent so gevaren, Das si
vor allen schänden ir ere künnen wol bewaren. Man sach da vor ir handen
vil manegen satel bloz, Da von liehten stcerten das velt so lute erdoz. Die
küenen Tronegcere, die frumten groziu leit, Da mit Volkes kreßen daz
her zcsamne reit; Da frumte manegen toten des küenen Hagenen hant,
Sindolt und Ilunolt, die Gernotes man, Unt Humolt der kiiene, die
hantz so vil getan, Daz ez Liudegere mac immer wesen leit. — Herb. 763
Der minne fuer ist so starg, Daz mir sudet min marg Und brinnet min
gcbeine. Ich han dehein ädern so kleine, Sie cnsi warm und heiz.
In einem fall endlich ist das erste verbum in der wider-
holung durch das allgemeine verbum tuon wider aufgenommen:
Nib. 2076,4 Wol streit der kiiene Gernot: MMR tct oucli Gisclher
der degen.
c) Ein prädicatsnomen ist weitergeführt:
Eol. 5146 linde thie geruou'eten vore in lagen In ire eigen pluote er-
worthen! Sie lagen erstikket unde verdorben. — Kehr. 11263 Erwasplaich
unt ubel getan, Er was mit pluote berunnen. — Eilh. 1302 Do was he von
der sere genesin, He was gesunt unde vro. — Lanz. 350 Ir wellet übel sin,
Ir weUct gar der tiuvel wesen. — W. gast 199 Swa ein vrouwe reht tuot,
Ist ir gebärde niht guot Und ist ouch niht ir rede schone, Ir guot getat
ist ane kröne, Ich sagiu daz ir guot getat Mac ouch nimmer wesen stat,
Kan si niJU gebaren wol Und reden daz si reden sol.
e) Das object des verbums wird weitergeführt:
1) Das weitergeführte und das weiterführende object sind
gleichartig gebaut:
a) Ein genitiv-, dativ- oder accusativobject wird
weitergeführt:
aa) Das verbum ist das gleiche:
Die weiterführung geschieht einmal:
W. Gen. 144 Er geboth deine merern Wethe, daz is war, Daz iz lieth
pare Unde (lerne tage frume wäre. Er geboth der maninnen, Daz si liuthe
mit minnen. — ebda. 2156 Mit netzen ioch mit hunten Vieng er hirze
unde hinten. Er chund ouch fahen lieher dei vehen. — Rol. 5208 Karl
mit sinem grawen parte, Hat menegiu rike pethwungen, Thie alswarzen
Ungeren, Pulle unde Latran. Tho ih frithe von ime gewan, Vile ubele
Beiträge «ur getchichte der deutschen spräche. XXX. «JQ
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DEHAOHEL
mir gescah, Thaz i7i thaz ie zeprah; Wände er thie kuonen Sahsen
bethtoanc. — ebda. 5313 So wer genozzen hine rare, Ther have thie ere
gare, So teer morgens leve zu thirre zit, Ther have thie marke ane strit.
— Alex. 171 Der lertin chriechisch unde Latin U)U puchstabe sezzen an
eineme perment — Noch to was er ein lutzel chinl — Uni lertin vil man ich
puch. — ebda. 185 Er lertin alle wisseheit, Wie verre der sunne von
der maninnen geit, Unde lertin ouch den listf Wie hoch von dem wazzer
zem himele ist. — Roth. 620 Viere boten er do sande Vilwitin inme lande.
... Einen brief er do sante Zo eim unkundigin lande. — ebda. 2048 Nu
warte an dise schohe, Die gab mir der helit got, Unde tete mir lieris ge-
noch, Unde einin mantil wol getan — Wol mich daz ich ie dare quam!
— Unde zwelf bouge die ich han, Die gaf mir der helit lossam. — ebda.
4652 Bother huste sin wif, Si was ime alse der lif. He kuste ouch die
aldin koningin. — Eilh. 1794 Do vundin sie einen schilt rot Besengit
also garwe, Daz sie in bi der varwe Nicht mochtin irkennen; Ouch runden
sie von dem vure Ein ros vorbrant vil gare. — H. v. F. 382 Alda er
sinen vater vant Und sine muoter bi ein ander. Isote sine swesler
vander Mit züchten bi in sitzen, — Waith. 8,30 Ich sach swaz in der
werlte was, Veit walt loup ror unde gras. Swaz kriuehet unde
fliuget Und bein zer erde hinget, Daz sach ich.
Die weiterführung geschieht mehrmals:
Rol. 6211 Er sluoh selbe mit siner hatU Then herren Ealbinen
Unt sinen pruother Ebelinen. Er sluoh in vier unt zweinzeh
graven, Thie thie aller vortheristen waren. Ienoh sluog er ein vile
breite scare.
bb) Es steht einfache widerholung des verbs und ersatz
durch tuon nebeneinander in einem falle der mehrfachen
weiterfuhrung:
Kehr. 10359 Do touft in der hailige man, Die zwelf redencere tet
er alsam, Do touft er zeware Die zwene edele rihtare.
cc) Das verbum ist variiert:
W. Gen. 527 (Duo der tiufel durch uhermuot Wesen wolte same got
Unt er in verteeiz), Daz er in ab (lerne himele stiez Joch sine gesinden
alle Sant in die helle. — Exod. 906 Aaron do sagete in Alle die ere
die got Moisene, Dem heiligen man, Chunt hete getan; Ouch er offenote
Aller der diete Zeichen vile scone, Die er vone gote vrone Habete ge-
wunnen. — Kehr. 10307 .SV sant ouch ze eren Trieren der urmaren Den
roch den got selbe ze der marter truoch . . . Und dar zuo golt und ge-
staine Und ander vil manige herscaft Frumte sie ze Trieren in die
stat. — Alex. 191 Er lertin (U die chundicheit, Wie der Jumel umbe
get, Unt stach ime die list in sinen gedanc Zerchennen daz gestirnt unt
ouch sinen ganc. — Roth. 190 Swer danne wil scat nemen, Derne sai in
ane zale geben; Wil er aber bürge unde lant, Des gibich ime in ,w«
gewalt, Um in des sehen dunkel vil. — ebda. 506 Wir nOn is den herren
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20R TECHNIK DER MHD. DICDTDNO.
443
atten sagen Unde künden iz goten knechtin. — H. v. F. 66 An dem ist
daz erkennet wol, Daz er mit tugenüicher tat Vil ho er wir de encorben
hat, Zucht , maze mit bescheidenheit. Sin ellenhaftez herze treit Man-
heit, triuwe und milte. — Erinn. 74 Bichte unt bivilde, Misse unt
salinen Daz bringent si allenthalben Ze etlichem choufe. Ez si der chre-
sein oder diu toufe Od ander swaz si stden began, Daz lant si niemen
vergeben stan, Wan als dtu miete erwerben mac.
ß) Das infinitivobject ist weitergeführt, unter beibehal-
tung des regierenden verbums:
Einmalige weiterftihrung:
Exod. 708 Er hiez in erwinden, Er hiez in vahen den zagel. — Kehr.
10953 Er hiez si ain pruoder nemen Unt hiez ti vur den chunicJi tragen.
Mehrmalige:
Herb. 1168 Unt hiz im machen ein bat Unt hiz in baden unde
scheren Unt hiz des guldinen steren Nemen harte gute wäre. — ebda.
1760 Unt hiz aberuten Mos und gestruche, Busche unt ungcbruclie, Unt
hiez die gazzen reinen Unt hiz buwen unde fegen Uf die hohe und in
den grünt Und hiz legen den fuüemunt.
y) Ein objectiver satz wird weitergeführt:
Bei gleichem verbum:
Eilh. 1611 He dachte, he wolde sinen Up Wagin um daz selbe
wip, Und auch durch den willen, Daz die sine gesellen Mochten also ge-
nesen; Und dachte im sulde libir wesiti, Daz he von dem worme vor-
torbe, Den daz he ane wer irstorbe. — Parz. 126,22 »SV daJite in wil im
niht versagn: Ez muoz abr vil bcese sin. Do gedahte vier diu künegin:
Der Hute vil bi spotte sint.
Bei variiertem verbum:
W. Gen. 2747 Ich han wole besuochet, Daz din got ruochet, Und
han wole ervunteiiy Daz got durch dich Mir was gnadich. — Erinn. 598
Schowe dinen lieben man Unt tum vil vlizehlichen war, Wie sin antlutze
si gevar, Wie sin schäitel si gerichtet. Schawe vil ernstlicJie, Ob er gebar
iht vreelichen.
2) Das weitergeführte und das weiterführende object sind
ungleich gebaut:
W. Gen. 8962 Der chunig denne gebiutet, Daz man dir abe stehet
daz houbet. Er heizzet dich an den galgen hahen. — Exod. 893
Moyses ime sagete Waz er gesehen habete. Ich wetz er ime zelen began
AI diu wort diu er vernam. — Kehr. 11138 Daz buoch chundet uns sus:
Daz riche besaz Heraclius. (11155) Nu sagent uns ouch diu buoch
daz, Wie gewaltig er unter den haiden was. — ebda. 112124 Die
boten taten in ouch daz chunt, Daz chorn wuohse da in dem jare drie
stunt, Daz hon ich in den raren, Si mähten elliu tcunder da sehen umle
hören. Die boten sageten ze aller vorder ost Den herren ain m ichein
30*
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444
REHAGHEL
trost, Da wäre guot spise Als in dem pardise, Daz Hut wäre arer
fraissam. — Alex. 199 Der lertin mit getcaven faren, Unt wie er sin
sper solte tragen, . . . Unt also der stich teere getan, So lertern zu dem
swerte vahen ... Unt lertin, wie er sich solte betearn. — ebda. 216 Unt
lertin ze dinge sizzen Unt lertin wie er daz bedahte. — Eilh. 1721 Zu
dem koninge her do reit, Und sagete im groze tumheit, He hete irslagin
den trachen. Mit desin valsddichen sacJiin Sprach he zu dem koninge san,
He solde sine tochtir han.
f) Die adverbielle bestimmung des verbs — adverb,
prä positionier ausdruck, adverbialsatz — wird weitergeführt:
Das verbum ist identisch:
Exod. 1075 Xr wurchet vile starche; [Guot ist imeere chraft;] Wur-
chet tach unde naht. — Roth. 71 Siu luchtit uz deme gedigene, So
daz gesterne tut von deme himele. Siu luchtit vor anderen wiben, So
daz galt von der siden. — ebda. 198 Do voren die boten here Gegin
Constinopole dar zo Krechen. Si voren vermezzeliche. — W. gast
585 Swigent man daz lernen sol, Daz man dar nach wil sprechen wol.
. . Daz kint mit vorhten lernen sol, Swaz er dernaeh wil sprechen wol.
— ebda. 405 Ein junevrouwe sol selten ihi Sprechen, ob maus traget niht.
Ein vrowe sol ouch niJU sprechen vil, Ob si mir gelouben wil. [S. naebtr.] —
ebda. 659 Swelch kint schimpht, der schimphe also, Daz man der von
nien werde unvro. ... Man sol schimpften daz ez glimphe.
Zu dem identischen verbum ist eine Variation hinzugefügt :
W. Gen. 1359 So begunde unseren treJitin Vile harte riuwen, Daz
er ie geseuf den man. Iz rouw in vone herzen Unde begunde in harte
sm erzen, Die er geseuf zeren, Daz die deme tievele sohlen werden.
Das verbum ist durch tuon ersetzt:
Anno 637 Van Criechin unt Engelantin Die kuninge imi gebi
santin. So dedde man von Denemarkin, Von Vlanterin unti Hiu-
zinlanti.
Das verbum wird bei der widerholung variiert:
W.Gen. 1011 Daz uns daz liehet, Da uns ter tiefei mit be-
ste i che t, Daz unseeh daz tünchet gut, Da wir mite garnen den tot.
— Roth. 1 Bi deme wester en mere Saz ein kuninc, der heiz Routher ;
In der stat zu Bare Da lebete er zu wäre Mit vil grozen erin. —
Nib. 21, 9 Er versuochte vil der riche durch ellenthaften muot
Durch sine s Hb es sterke Er reit in menegiu lant — Pars. 124, 7
Des selben wer ich mich mit slegn: Für die sine muoz ich an mich legn,
Und für den schuz und für den stich Muoz ich alsus wupen mich.
— ebda. 151,13 Diu eniachte decheinen wis, Sine sähe in die den
hohsten pris Hete od solt erwerben: Si wolt e sus ersterben. Aüez lachen
si vermeit, Um daz der knappe für si reit. — H. v. F. 413 Wenne
ist die rede geschehen, Oder wa hat er dir vorjehen Der lieben mere, die
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ZUR TECHNIK DEH M1ID. DICHTUNG.
445
du sages? — Ms. F. 82,16 So ich bi ir bin, daz tatet mir den muot,
Und stirbe ab rehte, swenne ich von ir kere.
g) Endlich ein ganz eigentümlicher fall: die weiterführung
des mit der anrede verbundenen ausrufs:
Herb. 1592 Sie sprachen: owe unselic iar Und auwe unselic slag,
Ouwe unselic tag, Ouice unselige zit.
II. Ganz selten geschieht es, dass mehr als ein glied weiter-
geführt wird:
a) Es werden die aus dativ und accusativ bestehenden
ergänzungen des verbs weitergeführt:
Rother 4830 Asprinne gaf he Remis Unde lech ime die marke,
Den gen rieten allent samt Lech he die riehen Scotland. Lo-
tringin unde Brabant, Vriesen unde Hollant Gaf he vier heren.
— ebda. 4846 Erwine gaf he Ispanien. Sassen unde Turinge Gaf
he zen graten.
b) Es wird subject und object bei identischem verbum
weitergeführt:
Rother 5104 Sehe intfinc he sin rosfert, Des was der helt wolc
teert, Do intfxengin Botheres man, Swaz mit Berkere quam.
III. Schliesslich kann es geschehen, dass bei widerholtem
— variiertem — nebensatz der hauptsatz weitergeführt wird:
Exod. 761 Mir ist neizwaz gescehen, Daz ich nemach nicht
reden. Hinte ist der dritte fach, Da: ich reden niene mach. — Alex.
106 Ze den stunden do »tu sin genas, Do wart ir ein vil michcl
notfal: Diu erde erbibetc uberal, Do was der doner vil groz. ...er (die
sonne) hete vil nach sinen schimen verlorn, Do Alexander wart
geborn. — Rüther 2326 Ein in st ab sie nam Unde slouf in ein swarziz
gewete, Alse sie sich geteilot hette, Einin j)almcn sie ober ir achslen
nam, Alse sie uz deme lande wolde gan. — Nib. 172,1 Do si wolden
dem, Den vanen muose leiten Volker der küene man; Also si
tcolden riten von Wörme; über Bin, Hagcne von Tronege der muose
scarmeister sin. — ebda. 85, 1 Von swannen kamen die recken an den
Bin, Ez mühten selbe fürsten oder fürsten boten sin. Von
swannen si füeren, si sint hohe gemuot. — Erec 1001 Geschaeh tu ic
ungemach Von minen schulden, de ist mir leit. (ich habe gebii&st, laset
mich leben) Und habe ich iht des getan Des ich von rehte ingelten sol,
Daz widerdiene ich harte wol. — Erinn. 640 Xuo sich encit
umbe, Edich diu jungistc stunde Begriffe, diu dir ie zu furchten was. . . .
Unt sprich mit dem herren Jobe: 'Churzlichen vervarent miniu jar.
E dich din jungistez geligere Begriff an dem bette, Chcre din schef ze
stette'. — W. gast 671 Swer volget dem nide ode dem com, Der hat
sin zuht gar verlorn. Swer volget dem zorn, spricht unte tuot, Daz
in dar nach niht dunket guot. — ebda 784 Uceret si dan übel ode guot,
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446
BEHAOHEL
Daz mag ir werten nihtes niht. Hart si iht übeles ode siht, Daz
mant si daz si sich behuote.
B. Diesen belegen, wo die zu einander addierten glieder
die gleiche Stellung innerhalb der im ganzen parallel gebauten
sätze einnehmen, steht eine reihe von solchen gegenüber, wo
dies nicht der fall ist:
I. Die einander ergänzenden glieder erscheinen in dem
einen satz als subject, in dem andern als object oder als
adverbielle bestimmung:
Nib. 66,1 Sin vater hiez im zieren sin ritterlich geicant, Unde ir
vil lichten brüneje die wurden ouch bereit. W. Gen. 817 Duo ioch
daz icib Iribet iemer zein anderen niet, Noch unter iureme chunne
Niemer gefehede zerinne. — ebda. 1469 Mit deme selben bluote Ge-
winnen wir widere die totiffe, Die wir so dickche vlicsen, So wir uns mit
sunden bewellen. Die riuwigen zahire Gebent unsis die touffe widere.
— Nib. 229,4 Den frouwen an ir magen tet er diu grazlichen leit. Ouch
muoste da beliben vil maneger frouwen trut.
n. Was in dem einen satz object ist, erscheint in dem
andern als adverbielle bestimmung:
Eilh. 1466 Wol hundert Htter harnas Hiz he in daz sclüf tragin.
Ouch wart der kil wol beladin Mit golde und mit gewande. — Nib.
148,3 Er hiez gewinnen Hagencn undc ander sine man Und bat ouch
harte balde ze höre nach Gernote gan.
HI. Andere fälle:
Kehr. 10058 Vil michcl wart do der haiden scal Uber berch und
über tal, Si bunden uf ir gczelt; Ouch huoben di juden ir gelpf. —
Rother 75 Sie ist in midin also smal, Sie gezeme eime herren wol,
Unde mochte von ir adele Gezeme eime koninge (nach ihrer figur und
abstamniung passt sie für einen könig). — ebda. 3673 Dune salt nicht eine
dare gan. Berker ist ein wis man Unde hat dir manigen rat getan; Witt
du, koninc here, Bchalden din ere, Dan bidde mit dir gan Lup polte
den getruwen man (nimm Berchter nnd Lnppolt mit dir). — Parz. 155. 17
Wand in groz hunger niht vermeit: AI rastende er des morgens reit Von
dem vischare. Sin wunde und harnas swarc Im müedc und hunger sagete
l ud diu verre tagereise Von Artuse dem Berteneise, Da man in allent-
halben rasten lic (er fastete des morgens und auf der reise).
C. In einigen fällen mehrfacher widerholung stimmt die
construetion zum teil überein, zum teil weicht sie ab:
Eilh. 977 I salde weinete sere Und dar zu manche vrautee here. Der
konin g vil uf daz grab: Dcse icort he weincruie sprach: ... Von den in-
gesinden Was do jamer unde not. — Nib. 200,1 Sindolt und Hunolt
unde ouch Gernot Die sluogen in dem stritc manegen hclt tot. Volker
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447
und Hagene unde ouch Ortwin Die lascten imc stritc vil matteres
kämet schin Mit vliezendem bluote, die sturmkiiene man. Da wart von
Dancwarle vil michel wunder getan. — Engelh. 462 Ouch was ir leben
tugentrich An der gescfiepfede ein unt ein. Ouch floz ein spräche von
in rwein. Und was ouch ein gebatrde an in.
Sehr interessant ist es, die Verteilung dieser beispiele auf
die verschiedenen Schriftsteller zu beobachten:
Wiener Genesis 11 beispiele
Erec
1 beispiele
Exodus
5
i»
Lanzelet
1 .
Anno
2
n
Parzival
4 R
Boland
5
n
Tristan
2 n
Kaiserchronik
7
n
Engelhart
1 „
Alexander
6
■
Heinrich von Freiberg 6 „
Rother
15
n
Erinnerung
3 H
Nibelungen
12
r>
Welscher gast
7 „
Eilhart
6
n
Ms. F.
2 „
Herbort
7
n
Walther
1 n
Seit beginn der klassischen zeit also ist, wenn wir vom
Nibelungenlied, von Herbort und vom Welschen gast absehen,
diese ausdrucksform stark zurückgetreten; nur bei Heinrich
von Freiberg taucht sie wider auf.
Und bei Gottfried liegt sie sonst in rhetorisch stilisierter
form vor, in der gestalt der anaphora, vgl. Preuss, Strassburger
Studien 1, 28. Auch in stellen wie Herb. 1594 (s. oben s. 445)
dürfte die widerholung als bewusstes kunsmittel empfunden sein.
Zweiter abschnitt.
Variation.
Hier wird zunächst ein unterschied geschaffen durch die
art des räumlichen abstands zwischen den einander variieren-
den aussagen: ich unterscheide anschliessende widerholung
und wideraufnahme.
Wichtig ist es sodann in allen fällen, die gleichwertigen
aussagen nach form und inhalt mit einander zu vergleichen.
Erstes capitel.
Anschliessende widerholung.
Darunter verstehe ich die widerholung, bei der die einander
variierenden aussagen unmittelbar aufeinander folgen.
A. In weitaus den meisten fällen geschieht die widerholung
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BBBAQBSL
in der gleichen vortragsform, d. h. es wird jedesmal unmittelbar
erzählt, oder jedesmal die Wahrnehmung eines andern mit-
geteilt, oder es werden jedesmal die worte eines andern be-
richtet, entweder nur in directer, oder nur in indirecter rede,
oder die widerholungen sind teile einer betrachtung u.s.w.
Der anschluss kann ohne hilfe von conjunctionen geschehen,
oder mit hilfe von solchen vollzogen werden. Der zweite fall
ist für uns viel befremdlicher, weil die zur anweudung kom-
menden conjunctionen in den meisten fällen, wo sie sonst auf-
treten, die aufgäbe haben, neues, ergänztingen, gegensütze an-
zureihen.
L Anschluss ohne conjunctionen:
die widerholung ist keineswegs stets eine völlig genaue;
wir können vielmehr drei fälle unterscheiden:
die einander variierenden aussagen decken sich;
das zweite mal wird weniger gesagt als das erste mal;
das zweite mal wird mehr gesagt als das erste mal.
a) Die aussagen decken sich:
1) Die aussagen sind positiv gehalten:
«) Ein einzelner satz steht einem einzelnen satz gegenüber:
aa) Die aussagen geschehen in derselben satzform:
x) Die widerholung geschieht unter anweudung des gleichen
Wortlauts:
Ring 5c, 24 Hehn ab, heim ab! icas ir gemneh. — ebda. 7c, 21 S<
ruoften lant: wie guot, nie guot. — ebda. 7d, 40 Chuoucz der schre:
druez, morder, druez.
3) Es erscheinen die gleichen Wörter, aber in veränderter
reihenfolge:
Mb. F. 81,13 Ist ez ir leit, doch dien ich ir iemer merc. lauer mere
teil ich ir dienen mit st<rte, Und weiz doch wol daz ich sin niemer Ion ge-
winne. — ebda. 81,20 Xu lieze ich ez gerne, mühte ich ez Inn: Ez tceüntt
durch daz niht ron ir mine sinne, Mine sinne weint durch daz niht von ir
scheiden.
In beiden fällen steht der erste satz am schluss einer
strophe, die widerholung am beginn der nächsten; es handelt
sich also ganz deutlich um eine mit bewusstsein angewante
rhetorische figur.
a) Die aussagen sind wenigstens so weit übereinstimmend
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449
gebaut, dass die formalen subjecte zugleich sachlich einander
entsprechen:
W. Gen. 606 Von diu sol ieglich man Sinen rater ioch sine muoter
lazzen, Er sol siu begehen. — W. Gen. 2132 In der muoter icambe Waren
si sa mit champhe. Ein ander sie drungen. — Exod. 501 Sin antluzze er
nider cherte, Er verbarch siniu ougen. — ebda. 1275 Daz tcazzer ich da-
mite ruore, Ze bluote iz sich bechere, Ze bluote muoz iz werden. — Rol
5779 Zesamene sie giengen, Ein ander si umbe viengen, Si peswiefen zuo
thcn brüsten Ein ander sie kusten. — ebda. 6445 Er tcas nah zuo there
erthe komen, Vile kume er sih gehabete. — Kehr. 10435 Hie wirl du sedel-
Haft! Bowe dise hovestat. — ebda. 10815 Von gote er sich cherte, Der
toufe er widersagete. — Rother 6 Ime dient in andere heren: Zwene und
sibinzich kuninge. Biderve und vormige, Die waren ime al undertan. —
ebda. 2423 Den kerkenere man uf brach, Dar in schein do der tac, Schire
quam in daz Hecht. — Nib. 76,4 Wir icellen sciere hinnen; des ich guoten
willen hau. — ebda. 2013, 1 l'nt truogen für die titr Siben tusent toten
würfen si derfftr. — Laur. 1281 Si stiez ez ime an die hant, Des fröute
sich der wigant ; Sin herze wart fröuden vol, (Er sach diu twerc alliu wol).
— Parz. 118,9 So weitider unde roufte sich, An sin har kert er gerich.
— Tr. 3518 Sin muot begunde im uf gan, Sin herze daz wart muotes vol.
— ebda. 3215 Und hümeten vil schotte Mit ime in sinem done. Er fuor
in vor ze prise, Si nach in siner wise. — H. v. F. 21 Und ?tat so richer
rede cleit Disem sinne an gcleit. Dise materien er hat Gesprettzct in so
lichte icat. — Ring 4, 1 Sey ruoften laut, Sey schreiten fast. — ebda.
9c, 28 Ich wil nach dir verderben, Miiczli mein, nach dir So teil ich
sterben. — Ms. F. 37, 13 Ich erkos mir selbe man, Den weiten miniu ougen.
i) Die aussagen gehen in ihrem bau stärker auseinander:
W. Gen. 1891 Nu wil ich dines libes samen Den sternen ebenmazen,
Sam michel werde din chunne. — ebda. 2090 Riehe oder arme, Die cho-
ment alle zu sinem barme. In sin scoz er si setzet. — Exod. 1438 Ir lebete
lutzel über naht, Si stürben al gemeine. — Kehr. 10556 Sande Veter im
do rescain; Vil o/fenliche er in such. — Rother 1297 Den waren die porten
uf getan, Sie liezen sie uz unde in gan. — Nib. 70, 4 Von sculden si do
klageten ; des gie in wvrliche not. — ebda. 2092,3 Waz wizet ir mir recken?
waz han ich iu getan? — Laur. 960 Ich teile mit iu disen plan, Ir herren
und gesellen min. Er sol unser aller sin. — Lanz. 134 Da von waren im
entriten Die ritter alle gemeine. Er beleih vil nach aleine. — ebda. 3748
Hie mite si der rede genuoc, Wir suln diz mare legen nider. — Parz.
119,6 Etsliches sterben wart vermiten, Der bleib da lebendic ein teil. —
Tr. 3023 AU hat diu jägerie Den selben namen curie Von cuire funden
und genomen, Von cuire so ist curie komen. — Ms. F. 94, 35 Owe, sprach
ein wip, Wie vil mir doch von liebe leides ist beschert! Waz mir diu liebe
leides tuot!
In einigen fällen bilden die einander variierenden aussagen
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BEHAGHKL
glieder einer hypotaktischen periode, sind hauptsätze, zu denen
ein nebensatz die gemeinsame ergänzung bildet, oder neben-
sätze, die zum selben hauptsatz als bestimmung hinzutreten;
oder es ist beides zugleich der fall:
Laarin 1287 Et wäre wip oder man, Ez müeste in an daz leben gan,
Ich lieze ir kein genesen niet. — H. v. F. 1261 Und swaz in von mir tcirt
geseit, Daz ist die ganze tearheit, Des han ich wäre briere alhie.
W. Gen. 1167 Er phlanzote sinen garten Mit mislichen chruten, Dar sich
mit nerte, Dem hunger sich mit werte. — Tr. 4233 (Und seile dem ge-
sinde), Wie er ze marc werden liez, Den lantliuten sagen hiejs, (Ez wäre
in sincr muoter tot). — Engelh. 947 (Und alzehant do daz geschach, Daz
si mit ougen si besach), So liez si tougenlichen Nach der gesihte slichen
Ir sinne unmazen lise, Ir herze das vil wise Wolte nach den ougen Spehen
also tougen, (Ob iender an in wäre Kein sacht wandelbare).
bb) Die aussagen geschehen in verschiedener satzform:
k) Es sind hauptsätze verschiedener art, der eine ein be-
hauptungssatz, der andere ein fragesatz oder aufforderungssatz :
Exod. 1275 Daz wazzer ich damite ruore, Ze bluote iz sich bechere,
Ze bluote muoz iz werden. — Roth. 379 We trorich sie weifen! Vil trurich
iz uz ir herzen gienc. — Iwein 618 Die stimme gap in wider Mit geliehen*
galme der walt. Wie da sanc sänge galt! — Parz. 168,7 Avoy teie
stuonden siniu heinl Echt geschickede ab in schein. — Diokl. 79 Ach ycJt
vil armer eilender man, Was trostes ich hat verlorn han; Alle myn fröudc
ist gar dahin.
a) Die eine aussage geschieht in der form des nebensatzes,
die andere in der des hauptsatzes, eine ausdrucksweise, die
mit der neigung zusammenhängt, aus dem nebensatz in den
hauptsatz überzugehen (vgl. IF. 14,438):
Kehr. 10124 Der tievel gewan nie den gewalt: Swa er ie mit gote
iaht, Iz enname ie bose ende; Er wart ie der gescente. — Roth. 596 Am
VOM golt unde schätz, Des ein michil mankraft In diner kameren Is gc~
legit zo samene; Des bistu, kuninc, riche. — Nib. 2039,2 Do sluoc uf in
In nc, daz al daz hus erdoz. Palas unde turne erhuüen nach ir siegen. —
Herb. 1406 Die quam im zu sulclien staten, Wen sie da engegen was, Daz
er des Stiches genas; Die plate bestunt den »per for. — Iwein 858 Ich weiz
wol daz er rieftet An mir min ungewizzenheit ; Im ist min ungevuoge leiL
— Lanz. 537 Daz ich schiet von eime lande, Da nieman man bekande;
Da ensint niht wan vrouwen. — Tr. 3586 (Do begunde er suoze deenen),
Daz maneger da stuont unde saz, Der sin selbes namen vergaz; Da be-
gumlen herze und oren Tumben unde toren Und uz ir rehte wanken. —
ebda. 4053 Ist daz der hövesche koufman, Von dem um sin sun Tristan
So manege lugende hat geseit? Wir haben von siner frumekeit Mar unde
mare vil vernomen. — Flore 444 Den künic duhte der gewin An der
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ZUR TECFINIK DER MHD. DICHTUNO.
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frowen daz beste, Swie si doch muotveste An riuwende wäre Von herzec-
liclier sware; Ir gelimpf und fr spil Hiez si truren unde weinen. — ebda.
1492 Nu sehent, welch valsch da schine, Des er si ane schxdde zech; Er
was ir ane not gcvech. — Waith. 4, 13 (Ein bosch der bran), Da nie niht
an Besenget noch verbrennet wart; Breit unde ganz Beleip sin glänz Vor
fiurcs flammen unverschart.
ß) Dem einzelnen satz steht eine satzgruppe gegenüber:
diese besteht:
aa) aus hauptsatz und einem nebensatz.
k) Der einfache satz geht der gruppe voran:
W. Gen. 3G69 AI sin gebare was tugentlich; In elliu diu und er
tele, So hete er guote site. — Nib. 144,1 Ir habet ir zorn verdienet; ia
horten wir wol daz, Daz iu die herren beide tragent grozen haz. — Tr. 3282
Wie hete ein koufman iemer In siner unmüezekeit So groze muoze an in
geleit? SoW er die muoze mit im han, Der sich unmuoze sol began? —
ebda. 3704 Da wolten genuoge Vil gerne sin gewesen als er. Im sprach vil
maneges herzen ger Suoz' unde minneclichen zuo: A Tristan, wasre ich alse
duo. — Engelb. 290 Ich warne, an mir verderben muoz Ritters name und
ouch sin amt. Ich ßrhte, ich muoz ir beider samt Ledic unde fri gestan.
— ebda. 828 Der uz erweite künic rieh Muoste mit den kleiden Si zwene
underscheiden. Er gap in tingelich gewant, Da durch der eine würde er-
kant Vor dem andern deste baz. — W. gast 869 Wip schoene an sin und
an lere, Diu hat ir Up mit kleiner ere. Diu schwn vil lihte den eren scheit,
Wirt si niht mit dem sinne beleit.
a) Der einfache satz folgt nach:
Nib. 110,3 Ich wil an iu ertwingen, swaz ir muget han, Lant unde
bürge, daz sol mir werden undertan. — Lanz. 511 Da von vrage ich ane
nit, Daz ir mir saget, wer ir sit; Iuwcm namen sult ir mir zellen. —
Waith. 51,7 Eines friutules minne Diust niht guot, da ensi ein ander bi;
Minne entouc niht eine. — Ms. F. 71,21 (Des war si sol gedenken wol,)
daz ez ir niht enzeeme, Ob si min leben name; Sie muoz es iemer Sünde han
(widernm loslösung, 8. vorige seite).
bb) Aus hauptsatz und mehreren nebensätzen:
Engeln. 1146 Si wolte ungerne meinen Si beide sament geliehe. Diu
süeze tugentriche So rehte kiusche was benamen, Daz sich ir herze begunde
schämen, Daz ez solte brinnen Xach zweier manne minnen.
y) Es stehen sich satzgruppen gegenüber:
aa) hypotaktische perioden aus hauptsatz und nebensatz:
x) von übereinstimmendem bau:
W. Gen. 1052 Adam sin wib erchande, So noch sitc ist in demo lande.
Er hete mit ir minne, So man noh spulget hinnen unt ennen. — Exod. 747
(Ist) daz sine meinent, Daz ich dir han erzeiget, Xoh si niene geloubent,
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BEIIAGHEL
Daz ich dir hau erouget. — II. v. F. 139 Swer mer liep hat dan einez,
Der enhat nindert keincz; Stcer mit zwetn lieben liebe pflicht Hat, der en-
treit herzetüiebe nicht.
a) Von nicht übereinstimmendem bau:
W. Gen. 483 Den der stauch chumet, Neheines mazzes in gezimet; Kr
ist der tcunne so sat, Daz er czzen nemach. — Rother 854 Ich nckan ach
nicht mer gesagen, Mrar mite de kiele sin geladen, Wene mit isirinen Stangen,
Grozcn unde langen. Lach och anderis iecht dar ane, Des nekan ich u
niet gesagen. — Nib. 20, 1 Nu icas er in der Sterke, daz er teol trafen
truoc, Stces er darzuo bedorfte, des lag an im genuoc. — Ring 3d, 8 Nu
we min und umbname, Daz wir ie zesamen chamen. Daz wir ie gestochen
haben, Dess müss wir schand und laster tragen. — Diokl. 235 Wtltu gern
mt/n hulde han, So bis dinen meistern uiulertonn. Dyoclecianus, ob du das
tust, Min liebes kint du wesen must. — VV. gast 271 Kiemen wirt ze eim
ruometre, II an der vrouwcn ist unmetre. Swcr den vrouwcn ist enieiht,
Der enist ane ritemen niht.
Eine besondere art des ungleichen baus ist der chiasti-
sche bau:
Rol. 5037 Thie fieithenen waren tho gelegen, Thie thes heres scolten
phlegen. Thie thie aller vorthcroslen waren, Mit pluote sie bethekket lagern.
bb) Hypotaktische perioden, von denen die eine aus haupt-
satz und nebensatz, die andere aus hauptsatz und zwei neben-
sätzen besteht:
W. fien. 1115 So gibet er uns puozze Mit der suntone antlazze, Der
wir im beiahen, Niht der wir uberhuoben. Die müzzen wir dane tragen,
Daz wirre antlaz niene haben. — Engeln. 140 Hct ich nn so getane kunst
Da: ich nach miner girde Erhorhen möhte ir wirde, Des wolte ich gerne
vlizic sin. Künd ich ir lobes tri&ben schin Ze lichte wider bringen, Dar
nach so wolte ich ringen Als ein triuwe gernder man.
cc) Hypotaktische perioden, in denen auf beiden Seiten
mehr als ein nebensatz steht; sie sind nicht übereinstimmend
gebaut:
Engeln. 1027 Sä daz die knaben tugentrich Einander waren so gelich,
Daz kein unterscheiden Wart fanden an in beiden, So was ouch vil geba*re
Daz kumberliche swwre Diu schatte durch die beide Ute. Wie soltc ir Ivcrze
tugendhaft An den werden kinden L'nderschcide vinden, Sit daz ir ougen
beide An in kein underscheide Futulen noch ersahen?
dd) Parataktische gruppen werden einander gegenüber-
gestellt:
x) von übereinstimmendem bau:
H. v. F. 321 Durch vrenule er jene Isoten doch, Zu diser er durch
State zoch; Durch vremde er jene Isoten meit, Durch State er diser was
bereit Mit dienstlichen dingen.
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453
a) Von nicht übereinstimmendem bau:
Anno 23 Duo deilti got siniu werch al in zuei: Disiu werlt ist daz eine
deil, Daz ander ist geistin; Dannini lisit man, daz zua tcerilte sin: Dia
eine da wir inne birin, Diu ander ist geistin (so auch Kraus gegen Roe-
diger, Zs. f. d. öst gymn. 1896, s. 236).
Nib. 113,2
Ez enmüege von dinen eilen din lant den fride hau, \
Ich teil es alles wählen: und ouch diu erbe min, \
Erwirbest duz mit sterke, diu sulen dir underta>nic sin. I
Din erbe unde ouch daz mine sulen geliche ligen. \
Siceder unser einer am andern mac gesigen, '
Dem sol ez allez dienen, die Hute und ouch diu lant. I
ee) Hypotaktische und parataktische gruppe stehen einander
gegenüber:
\V. Gen. 3357 Da bevie die sconen Bachel
Ein vile michil ser.
Si teas suanger,
Si truoch sun den ander. >
Ire wart vil we, \
Do si siu ze chemenaten gie. )
Ein fall chiastischer anordnung:
Iwein570 In rüeret regen noch sunne, Noch entrüebent in die witule:
Des schirmet im ein linde, Diu ist sin schatte und sin dach. Si ist breit
hoch utul also die Daz regen noch der sunnen blic Niemer dar durch kumt.
2) Die eine aussage ist positiv, die andere negativ gehalten:
c) Die positive geht voran:
aa) Ein einzelner satz steht einem einzelnen satz gegenüber:
x) Die aussagen stimmen soweit überein, dass die formalen
subjecte auch sachlich einander entsprechen:
W. Gen. 1873 (Do aue got sach sinen tcillen,) Do hiez er in stillen,
Er hiez in daz chint nieht ruoren. — ebda. 3475 Da geswigete er, Ne
redite iz nieht mere. — Exod. 561 Mit dir teil ich tconen, Von dir newil
ich chomen. — ebda. 987 Sus getan gecJtose Daz dunchet mich so bose, Iz
in ist niuwehtes teert. — Diokl. 896 Er muosz erhemket werden; Er sol
uff diser erden Dekein wile beliben. — W. gast 147 Muoze ist jungen liutn
untugent, Trakeit ist niht tvol bi jugent.
3) Die subjecte entsprechen sich sachlich nicht:
Parz. 117,1 Der valsch so gar an ir verswant, (Htge noch ore in
nie da rant. — ebda. 173,1 Man untl uip diu sint al ein; Als diu sunn
diu hiute schein, Und ouch der name der heizet tac. Der enteederz sich ge-
scheiden mac. — Tr. 3365 Du solt mich einer bete geicern, Der teil ich VON
dir niht enbern.
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BEHAGHEti
In manchen fällen treten die einander variierenden aus-
sagen gemeinsam als bestimmung zu einem hauptsatz:
Alex. 423 Der chunich uf fon der tavelen spranch, Wände in sin sorn
twanc; Wan im der strit niwehtwol geviel. — Waith. 58,21 (Die swifelare
sprechent,) tz si alles tot, Ezn lebe nu nieman (der iht singe).
Oder als übergeordnete Sätze zu einem nebensatz:
Kehr. 10074 Gebot allen den ewarten, Das si sich sciere garten, Di
ze dem sende chomen waren, Daz ir nehain daz verbare, Er nesunge ran
der gotes urstende aine misse.
Hier ist der satz: er nesunge aine misse ergänzung eben-
sowol zu daz ir nehain daz verbwre als zu daz sie sich sciere
garten] die beziehung zu dem letztern satz ist allerdings eine
zeugmatische.
bb) Ein einzelner satz steht einer satzgruppe gegenüber:
k) Der einzelne satz steht an erster stelle:
W. Gen. 503 Der valer hiez tu iz sagen, Sprach, er nescolte iz niht
verdagen. — Erinn. 945 Da sint die gedanch alle vri; Dane tcäiz niemen
mcoz angest si.
a) Der einzelne satz steht an zweiter stelle:
Erinn. 805 Ir ist lutzel, die der triwen pflegen; Wanket unt unsterte
ist ir leben. — W. gast 722 Man sol die maze wol ersehen In allen dingen,
daz ist guot; An maze ist niht wol behuot.
cc) Satzgruppe und satzgruppe stehen einander gegenüber:
W. Gen. 61 Daz er vil sciere si verstozzen
Mit allen sinen gnozzen
Vone himile in die helle
Mit allen, die ime geJiengen
Unde dieder ioch zuo geswigen.
Sich, daz ir deheiner hie belibe. }
ebda. 555 Bevalech got deme manne, j
Daz eitie ze behaltenne,
Daz er sin ouge j
Cherte von eneme poume, \
Noch des inbizze, i
Des da ufe wuhse. I
Verbot ime vasto, |
Daz er sich dar nicht anehaße, \
Noch in es niemer so harte gezame, j
Daz si in sinen munt icht chome. )
Exod. 1253 Swie er duz zeichen sähe, \
Diu rede duhte in smahe. /
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455
Swaz er sähe mit den ougen,
Er newolt iedoch gelouben,
Daz si warhaft waren
Oder vone gote vuoren.
Rol. 5441 Kr sprah: scol JRolant gesigen, \
So wil A sehe tha beiigen. \
Behavent tfiie kristenen thie ere,
So>i« ruoke ih mere
Niuweht ze levene
Noh kröne ze tragent.
ß) Die negative aussage gebt voran:
aa) Ein einzelner satz steht einem einzelnen satz gegenüber:
k) Die aussagen geschehen in derselben satzform:
Die formalen subjecte entsprechen sich auch sachlich:
Exod. 803 Nieht des in ne verdagesi, Dise rede ime sagest. — ebda.
731 (Du stoze dine hant Sciere in daz din gewant.) Ich weiz er iz neliez,
In den buosem er sie stiez. — ebda. 881 Got in nieht hin nam Durch
8us getanen natnen, Er leib deine jungen Durch di be&nidunge. — Alex. 33
Uni ich ne wil mih niwit langer sparn, Des liedis wil ich volvarn. —
Rol. 5606 Thie heithenen ne mähten tha niht mere Jurten. Lihte waren sie
verjaget. — Mb. 2039, 4 Done konde niht verenden des sinen willen der
degen. Irinc lie Hagenen unverwundtt stan. — Lanz. 1311 Nu enwolten
sine gesellen Mit im niht lenger twellen, Si wolten heim ze lande. — Iwein
726 lehn han wider iuwem hulden Mit minem teizzen niht getan; Ane
schulde ich grozen schaden han. — ebda. 882 Und enlac ouch niht langer
da; Er gienc hin uz zuo in zehant. — Tr. 3604 Dane wart ouch ougen
niht gespart, Da kaphete vil maneger dar. — Diokl. 229 Die wisen meister
alle syben Nit lenger by dem keiser bliben; Ir ieglicher urloubes do begert.
— Ms. F. 90, 11 (So weiz ich niht vil groze schulde die ich habe,) Niuwan
eine, der enkume ich niemer abe; Aüe Sünde lieze ich wol wan die: (Ich
minne ein wip).
Die subjecte entsprechen sich sachlich nicht:
W. üen. 1078 Litze si der zähere nicht beturen, Unz iz ime maht er-
barmen; Hete imt weinent an gelegen, Unz er ire sculde hate vergeben. —
ebda. 1223 Daz oppher was ungename, Got newolt iz inpfahen. — ebda.
1572 Nieht mere sine worhten, Des gezimberes was ente. — Rol. 5317 Iwer
nehtin ne kumet niemer hinnen; Iwer armiu sele muoz iemer tha ze helle
prinnen. — ebda. 5891 (Thar nah sluoh er siven htrren,) Thine mähten unser
neheineme werren. Wir biren vore in gewis. — ebda. 6038 Wime komen
niemer hinnen; Iz ist unser jung ister tah. — Lanz. 342 Ich enweiz niender
sinen gnoz; Er treit in allen vor daz zil. — Erec 164 Zuo in was im niht
ze gach; Er reit in also verre nach. — Farz. 158,28 Diun rüerent mir kein
herzen ort; Ja muoz enmitten drinne sin Der frouwen ungedienter pin. —
Diokl. 130 (Der liebe knabe By uch belibe in der neht . . .) Der keiser sprach
45G
BEHAGHEIj
das tun ich nicht, Er muosz ein teil von mynem gesteht. — Ring 4, 6, 5
Des wart nit langer do gebitten, Vü drat si auch zesamen ritten. - W. gast
727 (Der man der sol sinne han, Wan daz vihe ist sinnes an.) Anders ist
niht zwischen in Niuwan tugetit unde sin; Der sin bescheidet einen man
Von dem vihe daz niht kan.
Die beiden aussagen sind nachsalze eines und desselben
nebensatzes:
W. gast 511 (Der wirt sol ouch der spise enpern,) Der sin geste niht
engern, Diu in ist ungemeine.
a) Die aussagen geschehen in ungleicher satzform: es wird
der nebensatz durch einen hauptsatz variiert (s. oben s. 450):
Rother 4562 (Der leide overmut, Dar von der tuevel gewan,) Daz HM
nimer zeran Ochis noch acfiis NocJi allis ungemachis; Des hat he immer
genuch. — Parz. 146,14 (So sage mir durch den dienest min Artuse und
den sinen,) Ine side niht flühtic schinen; Ich wil hie gerne beiten. — Ms. F.
84,26 (Sol ich von der gescheiden sin,) Des ica>n min leben niht lange sie.
Ich verdirbe in kurzen tagen.
bb) Der einzelne satz steht einer satzgruppe gegenüber:
k) Der einzelne satz geht voraus:
Die gruppe ist eine hypotaktische:
W. Gen. 3523 Den troum ne wolte er verswigen, (Wand er ne chund
iz vermiden,) Er muose zelten, Daz ime got ruohte offenen.
Waith. 27, 17
(Durchsüezet und geblüemet sint die reinen frouwen:)
Ez wart nie niht so wünneclicJies an ze schouwen I
In lüften noch uf erden noch in allen grüenen ouwen. f
Liljen unde rosen bluomen, swa die liuhten
In meien touwen durh daz gras, und kleiner vogele sanc,
Daz ist gein solher wünnebertulen fröidc kranc,
Swa man siht scluene frouwen.
a) Der einzelne satz folgt der — hypotaktischen —
gruppe nach:
Nih. 147, 3 Hau ich getriuwer iemen, die sol ich niht verdagen ; Disiu
starken mo2re sol icJi minen fri wenden klagen. — Eilh. 366 Bi ime lach
nichein lant, Ez en hete betwungen der degin, Wen Kurnevales eine; Die
ander lant gemeine Hate her betwungen. — Parz. 130, 14 Ich wern mich
iemen küssens wene An einen sus wol gelobten munt; Daz ist mir selten
worden kunt. — W. gast 675 Da von sol man sich wol betearn, Daz man
sinn zorn niht laz volvarn. Man sol in mit des sinnes baut Binden zuo
der zühte want.
cc) Satzgruppe und satzgruppe stehen einander gegenüber:
k) hypotaktische und hypotaktische:
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457
tValth. 22,28 Er tore, er dunkel mich niht wise Und ouch der sin ere
pnse: Ich wati si beide toren sint.
a) Hypotaktische und parataktische:
Exod. 1279 Daz wazzer iuch anestinche, Swaz ir tcclt trinchen. Ze dem
mose jouch zedem brunnen Da nemugel ir gewinnen Niht daz ir getrinchet.
So harte iz iuch anc stmchet.
Nib. 227, 1
Ze ernste und ze strite reit niemen also wol, \
So der gast ril cdele u;er Xiderlant; j
Da xeorhte michcl wunder des küenen Sicrides haut. \
Swaz die recken alle in strite hant getan,
Dancwart utul Hagene unde atuler ski'tnegcs man,
Swaz si striten nach eren, daz ist gar ein teint
Unz eine an Sivriden, des künec Sigemundes kint.
— Diokl. 155 So wil ich jnen also schriben, Daz sij nit da binden beliben ;
Sy kument alle siben her: Das ist das jeh an sy beger.
a) Parataktische und parataktische:
Ms. F. 12, 14 Ez mac niht heizen minne,
Der lange wirbet umbe ein icip.
Die Hute werdents inne,
Utul wirt zerfüeret dur nit.
Man sol ze liebe gahen: \
Deist für die merkare guot; \
Dazs iemen werde inne, j
E ir wille si ergan. )
b) Die zweite aussage bietet weniger als die erste:
1) Die erste aussage ist ausführlicher, geht mehr in die
einzelheiten als die zweite:
a) Es stehen sich einzelne Sätze gegenüber:
Rol. 5280 Michel grisgrammen unde zorn Was under in erpluot, Ge-
seriget was in der muot.
ß) Es stehen sich einzelner satz und satzgruppe gegenüber;
dabei geht natürlich die satzgruppe in der regel voraus:
aa) Die gruppe ist hypotaktisch:
Iwein 318 Und einen schaden clage ich, Daz der wafenriemen Also
rehte lützcl ist, Daz si niht lenger vrist Mit mir solde umbe gan; Ez wa;
te schiere getan. — ebda. 1454 »SV sprach: geselle, an dir ist tot Der aller
tiurste man, Der riters tiamen ie gewan Von ma)iheit und von milte. E;n
gereit nie mit schilte Dehein riter also volkomen. — Tr. 3430 l?nd wizzent
tnichel baz dan ich, ^\'a der hirz hin ziuhet Und vor den hunden fliuhet:
Die erkennent die gelegenheit. — Flore 284 Des reht des stauen herzen,
Daz wünneclicher liebe gert, Der niemen ist wert, In diuhte danne süeze,
Beiträge rur geschichte der deutschen iprache. XXX. 31
458
BBHAGHBL
Ob er liden müeze Grozen kumber von minnen. Wer mac sanfte Uep ge-
winnen? — Engelh. 1079 Da man sich des vereinet Und einen menschen
meinet Für den andern etewa, Daz fueget diu nature da Verborgen unde
tougen. Si leret terze und ougen Ein für daz ander triuten.
bb) Die gruppe ist parataktisch:
W. Gen. 3985 Sine* troumskeiden er vergaz,
Er irgaz triuwen
Iouch maniger riuwen,
Die er in dem charchare leid,
Er ime ioseph den troum skiet,
Der in azte und tranchte,
Pettote ime sanfte:
Der scenche des alles ergaz. \
Kehr. 10855 Er hiez si biten und {legen,
Daz si Mercurium anbetten;
Die teile daz er lebete,
Er habete sie mit eren
Alse enbot er den Herren . }
— Rother 4843 Bother saz bit voller hant Und deilte widene die lant, üt
richede manigen.
Ms. F. 84, 22 Ze jungest er mir überwunde \
Daz sende leit daz nahen gat:
Daz wirt lachen unde spil. I
Sin truren gat ze freuden vil. }
Gelegentlich geht umgekehrt der einfache satz voran:
Rother 1497 Da begunden vrige herren gan, Dar nacht die edilen
graven Unde alle die da waren In Constantinis hove Ane die riken her-
zogen. Swaz der anderen vrome was, Die zugin hin mit hercs craft Zo
Dietheriche.
y) Es stellt sich satzgruppe und satzgruppe gegenüber:
W. Gen. 189 Dehein leu si so her,
Noch nehein ander Her,
Iz nesi ime Untertan.
Der fogel nevliege nie so holte,
Er necliome sciere,
Swa er in höre.
DeJtein wurm si so freissam,
Er nesi im gehorsam '
Nieth ich uznime \
Iz nevolg ime. J
Alex. 97 Der was ein vurste also getan
Er ne wolte neheinem kunige wesen undertan,
Er ne wolte ouh ni uz neheinem e stürme geflichen
Swi im 8tniu dtne da irgingen.
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450
Er was ein tuerlich degen
Unde wolte ouh rehter herscefte phlegen.
Rother 289 Nu orlove mir mines herren bodescap,
Dar umbe ich bin gesant,
Waz der ein riche kuninc inbot.
Der ist der aller schoniste man,
Der ie von wibe gequam
Unde verit mit grozer menige.
Ime dienent snelle helede.
Ros unde juncvrouwen,
Unde ander ritaris gezouwe,
Des vlizit sich min herre.
Von du mahtu mit eren
Mir irlouben mines herren bodescap,
Wände her weiz aller tugende kracht.
Eilh. 1020 (Wen Isalde die im wol gunde
Daz he begrabin teere,)
Wen he or hate irslagin
Den attir libestin man
Den sie ze der werlde i getean:
Daz was der kone Morold.
Da mete hate he vorscholt,
Daz im die vrauwe teere gram,
Wen he irem ohemen nam
Beide Up und ere.
2) Die zweite aussage enthält eine allgemeine angäbe, die
erste den einzelfall, in dem das allgemeine in dieerscheinung tritt:
Alex. 38 Daz deheiner so riche wäre, \
Der ... i so manec lant gewunne I
Rother 1148 Her nam den knechten das brot, Her teten over deme disge
groze not. — Nib.2059, 4 (Sin schild was verhouwen:) einen bezzern er gewan.
Vü schiere wart der reckt do gewafent baz. — Ms. F. 46, 3 Ich kom sin
dicke in solhe not, Daz ich den liuten guoten morgen bot Engegen der
naht. Ich was so verre an si verdaht Daz ich mich underwilent niht versan.
3) Die zweite aussage enthält eine bestimmung weniger
als die erste"):
>) Da« glied, das die eine aussage mehr enthält als die andere, hebe
ich durch Sperrdruck hervor.
Daz ich der sage, herre got,
Wen he or machte groze swere
Die sie vil kume möchte getragin,
So der wunderliche Alexander.
Im ne gelicliet nefiein ander. }
31*
460
BEHAGHXL
a) Eine adverbielle bestimmung:
Kehr. 10276 Durch unser 8 unde ruoclUes du mennische werden.
Herre, du nceme bain und flaisc. — ebda. 10792 Wip, durch dine guote
Heia mich so getaner note, Netuo du des niht mere. — Nib. 221,2 Er fiele
wol gexeorben mit den helden sin Sivrit der recke, der het ez guot getan.
— Herb. 724 Sie begutulen in beider sit sweben In der minne suzze-
keit, Ir herze in uf und nider reit. — Erec 1080 Nunc xceiz ich tees ir
bitent Daz ir niht ritent Ze miner frowen der künegin. Ir soldet nu
geriten sin. — Tr. 4382 Und hast doch zwene väter als e, Hie vi inen herren
unde mich; Er ist diu vater, also bin ich. — Waith. 8, 10 Der wäre krist,
Da von du bist Nu alle frist Gehaltet und gelieret. Des bistu froice
geret. — Erinn. 763 Warne gedeechte du min mit den messen? Du hast
min gar vergezzen.
ß) Eine objective bestinimung:
W. Gen. 936 Du sprach er deine wibe manech leit, Er sprach scar-
fere worte.
Engeln. 1042 Daz herze muoz enpfaJien ]
Liep oder leit vil drate
AI nach der ougen ratt: \
Wem swaz den ougen sanfte tuot
Daz dünket ouch daz herze guot. J
Herze und ougen hant den site
Daz si gehellent under in.
Daz ouge muoz des herzen sin
Ze minneclichen dingen
Leiten unde bringen.
y) Die widerkolung ist um einen ganzen satz kürzer:
W. Gen. 1015 (Ware denchen wir armen,)
Daz wir got fercJiergen, i
Daz er nicht erchenne >
Unser hinterskrenchen, I
Daz wir in megen tringen \
Mit umeren lugen? \
6) Eigentümlich sind folgende fälle eines weniger im zweiten
satz: es bleibt das verbum unwiderholt, dagegen werden attri-
butive oder adverbielle bestimmungen der ersten aussage in
einer zweiten selbständigen aussage widerholt:
Exod. 1025 Sie dwungen vile starche Daz Hut zuo dem werche
Mit siegen unde stozzen Wunderlichen grozzen. Si enphiengen vile manigen
slach. — Nib. 187,4 Den sie doch Sivrit gewan Mit drin starken
wunden die er dem künege sluoc Durch eine wize brünne, diu was
guot genuoc. Daz swert an sinen ekken braht uz wutiden bluot. — Pari.
117,7 Sieh zoch diu frouwe jamers balt Zer waste in Soltane;
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461
Xtht durch bluomen uf die plane. Ir herzen jamer was so ganz, Sine kerte
sich an keinen kränz, Er wcere rot oder val.
c) Die zweite aussage bietet mehr als die erste:
1) Die zweite aussage ist ausführlicher, geht mehr in die
einzelheiten als die erste:
a) Es stehen sich einzelne Sätze gegenüber:
Exod. 1334 (Des ingaU daz laut harte,) Wand iz wart gczuchtgot
Mit manicvalter not; Got suohte si heime Mit herige vile ddeinime. —
Rol. 6242 Thie heithenen waren enein komen, Sie haten ire herren Mar-
silie gesworen, (So wer fluhe vone theme reale, Theme wäre ze stete ther
tot gare). — ebda. (3280 Ich versnithe thih rile harte, Vone theme guoten
Durendarte WH ih thih einen niuwen site leren. — Nib. 2066,2 Den
starken Iringen klagen si began. Si weinde sine wunden. — Herb. 502 Daz
mere breitte sich san. Uber al daz lunt Quam do der schal. — Iwein 500
Wan ich sihe wol si sinl wilde, Sine erkennent man noch sin gebot. — Waith.
57, 18 So tuot si leides mir so vil, Si kan mir rerseren Herze und den muot.
ß) Es stehen sich satz und satzgruppe gegenüber:
W. Gen. 698 Weder si tun mohte, Ub siz name Oder siz verbare. —
Kehr. 10101 (Man sach iedannoch Den potech ligen toten,) Swi in ze-
vuorten genote Die vogele joch die hunde. Di netwalten nehain stunde,
Alse daran wol seein: Iz warre hut oder bein, Aldaz si maJiten geniezen,
Anders si da niht vcrliezcn. — Roth. 2415 (Zo deme kerkenere,) Dar sie
mit notin warin. Die eilenden haftin Lagin in unkreften. — Nib. 24, 2
Die Hute in sahen gerne. Manec frouwe und manec meit Im wünschten,
Daz sin wille in iemer trüege dar. — Laur. 82 Ich muoz der reise mich
erwegen Mit tu, vil lieber herre min. Ich wil iuwer geselle sin Dort hin ze
dem garten: Da sül wir aventiure warten. — Eilh. 1037 Ouch lobete man
sie genug. Swa man guter vrauicin genug, Da bchilt sie eine den pris.
Erec 403 Er was ein grate riche,
Vil gar unlasterliche
Sins erbes verstozen
Von sinen übergenozen.
In het dehein sin bosheit
In dise annuot geleit:
Ez was von urliuge komen.
Im het diu Überkraft genomen
Allez, daz er ie gewan.
Iwein 640 iUnd zergie der vogelsanc,)
Alss ein swarzez weter twanc. }
Diu wölken begunden \
In den selben stunden
Von vier enden uf gan, [
Der lichte tac wart getan, >
Daz ich die linden kume gesach.
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462
HEOAGHEL
Herb. 620 Do brachen sie die feste, }
Sie zufurten die bürg al, \
Kemenaten unde sal, I
litis utule palas, I
Allez daz dar inne was. '
— Tr. 4487 Hie wart genigen riche; Si nigen algeliche, Die bi dem mare
waren. — Engelh. 106 (Ob triuwc p fliege niemen) So würde kranc der
riehen habe. Man zitge in unde brache in abe Ir guot und al ir ere. —
W. gast 363 Ich icil ouch daz miniu kint Diu von adel komen sint
Handeln ir gesellen wol. Ein ieglich edel kint sol Mit werken unde mit
dem muote Sinem gesellen tuon ze gtwte. — Ms. F. 14, 19 (wer eine geliebte
gewonnen hat, der schweige:) So ist er guot frowen trut, So mac er dl
wol triuten Swier wil stdle ttnd über lut.
y) Es steht satzgruppe gegen satzgruppe:
Exod. 1373 Ein here groz utule breit Daz lant iz besaz, Also icit so
iz icas. Uze unde inne So nemohtet ir vinden Niener neheine stat, Chroten
neware der michel chraft. — Rother 2216 Sone wart nie nicJtein man, Der
din genoz modite sin. Daz nemich an de truwe min, Daz nie nichein
moter getean Ein barin also lossam, Daz iz mit zuchtin, Dietherich,
Mochte gesizzin ineben dich.
Iwein 249 Man verliuset micJiel sagen, \
Man enwellez merken unde dagen. }
Maniger biut diu oren dar,
Em nemes ouch mit dem herzen war,
Sone wirt im niht ican der doz,
Und ist der schade alze groz; \
Wan si verliesent beide ir arbeit, \
Der da harrt und der da seit. I
Eugelh. 694 Iuwer lop ist flücke |
Uf erden also sere I
Daz man siht iuwer ere
Alumbe und umbe steeimen. '
Si vert ze Beheimen,
Ze Ungtftt und ze Witzen,
Ouch siht man da ze Priuzen
Vast iuwer ere erwahsen.
Franken utule Sahsen
Hat erfüllet iuwer pris.
2) Die zweite ist deutlicher, sozusagen eine auslegung
der ersten:
a) Zumeist ist die zweite aussage die nochmalige aus-
führung eines anaphorischen pronomens oder adverbs:
aa) Es stehen sich einzelne sätze gegenüber:
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403
Rother 3240 Daz dede min herre Constantin, Der liebe vater din
Sante uns over ntere. — Diokl. 152 f Miner botten sol einer ryten dar,] Sy
sprachent herre es gefettet uns wol: Der botte sin strasze ryten sol — ebda.
631 Die meister sprachent alle, 86 tcoltent alle des glich tun: Ir ieglicher
tcolt jm machen sun Einen tag. — W. gast 977 Diemüete zimt in beiden
tcol: Ein riter und ein vrouwe sol Diemüete sin. — Waith. 59, 28 Ich han
tu gar gesaget daz ir missestat: Zwei xcandel han ich iu genennet.
bb) Es stehen sicli einzelner satz und satzgruppe gegenüber:
Exod. 1466 (Dise gerte nim ze dir, Slach siege manige Uf den stoub
der erde,) Aaron tet durch not Daz ime got unt Moyses gebot: Er
machete stoub manichvalt Mit der gerte in der haut.
cc) Es stehen sich satzgruppe und satzgruppe gegenüber :
Kehr. 10953 (Er hiez si ain pruoder nemen Unt hiez si vur den chu-
nich tragen,) Der bruoder tet do durch not, Daz im sin maisler gebot:
Diu prot er uf huop, Vur den chunich er si truoch.
Rother 823 Des stcoren sie ime eide, \
Die liezin sie ummeine. \
Sie gelobetin daz sie hietin Macht ere Thideric. }
Lanz. 624 Si vragete in der nurre, \
Der enkund er niht gevristen ; j
Si geschuof mit wibes listen, |
Daz er ir alles des verjach \
Des im von kintlteit geschach. '
ß) Andere fälle:
Exod. 922 .SV suohten ir venic, Si strahten sich werde Nider zuo der
erde. — Rol. 5231 Hcithenen thie vermezzen Ilten zuo then ire rossen. Tha
Ute man vure man. — Kehr. 10319 Zir aller gesihte Chom iz hin widere
gerihte, Do samente sich daz gebaine. — Laur. 194 Des wart cz allez
sigehaft. Des gesigete ez ze allen ziten In stürmen und in striten. — Diokl.
1013 Der alt boum ist hoch und breit, Das tut dem jungen grosses leit;
Das der luffl nit zu ym mag Das schadet dem jungen nacht und tag.
3) Die erste aussage enthält eine allgemeine angäbe,
die zweite den einzelfall, in dem sich der allgemeine satz
betätigt:
a) Es stehen sich einzelne Sätze gegenüber:
W. Gen. 3690 (Zu einemc herren hiez putifar.) Der was ein geweitig
man, Derne was daz here underian. — ebda. 3888 Iz neuert umb iueh
niht rehte, Ir gehabet iueh hiute ubile. — ebda. 10861 So lebeten si iemer
scone, Gebuten über lant und über seaz. — Rol. 5231 ( So wie wir thie von
ime gesciethen,) Sane irretc um niemen, Karl nekome niemer ane unser
erbe. — Nib. 2057, 2 Daz hat mich erreizet uf maniges mannes tot. Ich
pm alrerste erzürnet uf Uawartes man. — Iwein 164 (Ich enpfahe gerne,
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464
BBHAGHEL
als ich sol, Iuwer zuht und iutcer meisterschaft). Doch hat si alze groze
kraft: Ir sprechet ahe sere Den ritern an ir ere. — Parz. 126, 11 Die
sagten mir von ritterschaft: Artus küneclichiu kraft Sol mich nach riters
eren An Schildes ambet keren. — ebda. 170,25 luch sal erbarmen notec
her: Gein des kumber sit ze wer Mit milte und mit güete. — Engeln. 248
Uf alliu sedeclichiu dinc Stuont sines herzen girde. Sin muot nach hoher
wirde Kunde ringen unde streben.
In folgenden beiden fällen sind die einander variierenden
sätze nebensätze zu einem und demselben hauptsatz:
W. Gen. 3940 (Du rat deme chunige,) Daz er mir gnade, Daz er
mich hinnen lose. — Kehr. 10192 Und mag er dir gehelfen hiute, Jlaizet
er den toten gesunt sin, (Wir revtdlcn ouch das gebot din).
ß) Es stehen sich satz und satzgruppe gegenüber:
W. Gen. 564 (La mich darane chiesen)
Übe du mir wellest gehorsamen, }
Übe du mich wellest wem, \
Daz tu ditz ein obez wellest verberti. |
ebda. 3925 "Wider an din ambahte dich setzet, }
Den pechare du im biutest, \
Also du c wonetest. J
— Iwein 243 (Sagt eure geschichte.) Swaz ir gebietent, deist getan. Sä ir
michs niht weit erlan, So rernemet ez mit guotem siie. — Flore 302 Da;
sie durch lange leide Ir triuwe nie verheztn, Des mohten sie genirzm. In
wart von stwter triuire Sorge alt, fröude niuwe. — H. v. F. 1438 Der
herre in liez, als im wol zam, Mit guoter handelunge. Tristan der süeze
iunge lliez im zu siner lipnar Zwo marc goldes wegen dar. — Ms. F.
30, 23 Vater aller teeisen Sin hantgetat erloste. In die helle schein ein
lieht: Do kam er sinen kitulen ze tröste. — ebda. 37,9 Du fliugest sicar
dir liep ist: Du erkiusest in dem walde Einn boum, der dir gevaUe.
y) Es stehen sich satzgruppen gegenüber:
Engelh. 600 Mich dünket wol daz er unt ich Gar gelich ein ander
sin. Sin forme git den selben schin, Den ouch diu mine geben kau.
Diokl. 549 Er sprach ich billichen fragen sol: \
ITrtS bristet uch myn lieben frunde, J
Des gebent mir ein Urkunde. f
Ich sihe das ir sint sere betrüebet, \
Üwer hertze ist mit untnuot geüebet.
Darummb so sagent mir den grünt. )
4) Die zweite aussage enthält ein oder mehrere glieder
weiter als die erste:
«) Ein einzelnes Satzglied tritt neu hinzu:
aa) Ein adverb zum verbum:
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465
v) Es stellen sich einzelne sätze gegenüber:
Kehr. 10834 Julianum si re weiten, Si chum in ze rihtare. — Rother
190 (ich gebe ihm schätze und bürgen;) He gerne ich daz don teil. —
ebda. 2423 Dar in schein do der tac, Schirc quam in daz lieht. — ebda.
3140 Entrouwcn, sprach der spileman, Ir Itavent ime unrechte getan, Ir
velschedin ane not. — ebda. 4727 Inde levete mit grozin erin. Die hetter
immir mere Bizze an sinin tot. — Lanr. 685 Her Dietrich muoste
entwichen Vor dem degene riche; Daz muoste er tuon durch not, —
Iwein 1205 Den mac niernm al die trist Gesehen noch gevinden. 8 am
daz holz underr rinden Alsame sit ir verborgen. — Flore 182 Do sanc
diu galander, Daz smirlin und diu nahtegal; Die horte man da über al.
H. v. F. 699 Ir wizen bein, die linden, Begonde sie dar in winden. 8ie
watd uiul war sich raste dar in. — W. gast 138 Ich teil ein ander heben
an; Ich ger dar an von gote sinne. — Ms. F. 94,25 La mich, Minne,
tri. Du solt mich eine teile sunder liebe lan. — Waith. 7,32 Ich mane
dich, gotes werde, Wir biten umb unser schulde dich, (Daz du uns sist
gencediclich.
a) Es stehen sich einzelner satz und satzgruppe gegenüber:
Anno 266 Di dir plegin ztüit unt erin, Die dagis unte nahtis
riedin, Wi si ir erin bihildin. — Kehr. 10067 i'nz iz diu chunigin verbot
Bi dem halse und bi der wide. Si steuor, swer brauche ir fride, Si hiez in
in dem sende houbten.
i) Es stehen sich satzgruppen gegenüber:
Exod. 536 Du virtu'm waz ich chode zuo dir, Virnim wolc waz ich
dir sage. — W. gast 239 Welch man zi blichen tuot, Der ist vor ruom niht
wol behuot. Der rüemt sich teer sehen Sicherheiten, Swer gebaret zihlichen.
bb) Es tritt ein attribut hinzu:
k) Es stehen sich einzelne sätze gegenüber:
Kehr. 10938 Ja gebot der gotes widerwart Hin ze Chriechen ein her-
vart, Er vazte sich über mer Mit ahn chreftigem her. — Nib. 216,2 Sun
den Sigemundes ich hie gesehen hau Sivriden den starken hau ich hie
bekant. — Waith. 15,29 (Des was ic der vater geselle, Und der geist,) den
niemen mac Sunder scheiden: es al ein, Sieht und ebener danne ein
zein (Als er Abrahame erschein). — Ms. F. 37,32 Geswigcn sint die
nahtegal, Si haut gelan ir süezez singen.
a) Es stehen sich satz und satzgruppe gegenüber:
W. gast 935 Swer den wisen erkennen sol, Der bedarf ouch sinnes
wol. Wil man ervarn sinen muot, Da zuo hart kleiner sin guot.
cc) Anderes:
Kehr. 10756 Vor aller der menige Suochte si ir venie, Dem babes
viel si ze vuozen. — Waith. 61, 8 Mir ist liep daz si mich klage Ze maze
als ez ir schone ste, Ob man ir marc von mir sage, Daz ir da von si sanfte
we. Si sol iemer mere durcli den willen min Ungefüege sware und fröide
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BEHAGHEL
lazen sin. — Ms. F. 85, 7 (Man sagt mir) daz Hute sterben; Der si wunder
die verderben, (So si minnen alze sere).
ß) Der zusatz erfolgt in der gestalt eines ganzen satzes:
aa) eines hauptsatzes, der mit und an die widerholung
angeschlossen wird:
Nib. 74, 4 Do liefen in engegenc eil der Guntheres man. Die hoh-
gemuoten recken, ritter unde kneht, Die giengen zuo den Herren Und em-
pfiengen dise geste in ir Herren laut. — H. v. F. 1070 Der »taget ich ein
gelübde bot, Die unseren Herren Crist gebar. IcJi swuor ir unde laze
ez war.
bb) Eines nebensatzes. In den meisten fällen ist der neben-
satz dann so gestaltet, dass er formal ebenso gut zu der ersten
aussage gehören könnte:
W. Gen. 804 Sprach, sie hete si verraten, Si hete si besuichen, Das
si des obezzes Helen bizzen. — ebda. 1161 Dorn unt bramen llt er uz
prechen, Den accJier er furbte, Daz deste baz darane untrte Ein iegelich
chorn, Da e stunl Hiuffolter unte dorn. — ebda. 2174 Tos aver seol werden,
Daz nemach nieman erwenten, Mannes geuverf nehüfet porvile, übe is
got niene wile. — Exod. 1061 (Wir sin dine scalche,) Du ruoch uns be-
halten, Nu Hb uns, Herre, etewaz, Daz wir dir dienen deste baz. — Kehr.
10242 Der pfar liget so manichvalt, Er ist also witen zetailet, Daz in
niemer nehain man gehailet. — Roth. 2743 Swar er zo der dicke quam,
Die slouc her alse en donir san; Swaz er der Heiden ane quam, Dar slouc
Her uffe den man, Daz sie al zescreitin. — Eilh. 1309 He was so innig-
lichin vro, He vorgaz all ir rutee, Do sin libir Here komen was. — Parz.
165, 8 Sin undencant sich Gurnemanz, Solh was sin underwinden, Daz ein
vatcr sinen fanden Mäht ez in niht baz erbieten. — Tr. 3239 Er begunde
im wol gcvallen Vor den andern allen, Sin Herze in sunder uz erlas, Wan
er von sinem bluote teas. — ebda. 3621 So lie der tagende riche Suoz'
unde wunneclicHe Sine scHanzune fliegen in, Er sanc diu leichnotelin Bri-
tunschc und galoise, Latinsche und franzoise So suoze mit dem munde,
Daz niemen wizzen künde. — Engeln. 980 Ir süezer minneclicher Up Hart
itt kuner stunde In beiden holt von grutule, Ir einic sin, ir einie leben,
Wart in zwein also gegeben Daz si beguwle minnen Mit libe und ouch
mit sinnen Si beide sament geliche, Daz so raste nimmer wip Geminnet
eines manncs Up. — Ring 4, 9 Ich wolte haben meyn gemach, Den frid so
wolt ich suocJien, Wolt ir es sein geruocHen.
In einigen anderen fällen kann sich der neue nebensatz
formal nur an die zweite aussage anschliessen:
Kol. 5112 So waz er erreihte ane theme man, j
Iz wäre stal oder Horn, \
Thaz was allez verloren. I
Er frumetc manegen heithenen bleih. '
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467
Ther stal vor ime weih,
Sam er pli wäre.
Er wart then heithcnen sware.
Roth. 244 Ir gewandes narrten sie groze wäre Eia, waz der kaffere was. Die
den rrouwen sageten, Wilich gewant de gcste haceten. — Nib. 2075,3
Si mutzen drinne ersterben in vil kurzer zit, Si arnent mit dem tode daz
in diu kiineginne git. — Iwein 1194 Herre, do gruoztet ir mieh, Und ouch
da niemen mere. Do erbutet ir mir die ere, Der ich iu hie Ionen sol. —
Tr. 3372 Swaz ir gebietet, daz bin ich: Juwer jäger und iuwer dienestman;
Daz bin ich, alse ich beste kan.
y) Der zusatz erfolgt in gestalt einer adverbiellen bestim-
mung und eines ganzen satzes:
Kehr. 11108 Sin lichname wället ze Costenobcle In dem peche unt in
dem swebele. Da wont er unz an den jungistm tach, Daz iz niemen ver-
wandelen nesol noch nemach. — ebda. 11280 Nu He du dich toufen An
den waren gelouben ; Geloube vaste, des ist dir not, Oder dir ist vil nahen
der tot. — Lanz. 3048 Daz er hete gevangen Xiht wan einen siaien helt,
Von dem uns dicke ist gezelt, Daz er ein der tiursle wolte sin, Mit den
Wehten schenkein her Maurin. Den vienc er ruht wan umbe daz, Daz man
wiste dester baz. — Erec 1225 Nu riwet ez mich ze spate. Ja warne ich
mich ze unzit, Sam der hose so er in dem netze lit.
ö) Zusätze verschiedener art treten auf in den verschiedenen
Sätzen der widerholung:
Herb. 1670 Ector hette die kraft,
Die schone hette Paris,
Elenas der was wis,
Deiphebus den richtum,
Troilus den werltrum.
Ectoris lop was gebreit
Von Sterke unt von manheit,
Do kerte er Paris
An minne allen sinen pris.
Elenas was ein wise man
Der liez sich wisagen an.
Deiphebus fil anz gemach,
Dem der richtum geschah.
Troilus sich aneliz,
Daz er ein gut turnierer hiz. )
d) Von der zweiten aussage ist einerseits ein glied der
ersten nicht widerholt, anderseits ein neues glied hinzugetreten;
es handelt sich in beiden fällen meist um adverbia oder ad-
verbielle bestimmungen:
W.Gen. 1155 Kain wart vile teacher Ze puteene den accher.
Sumer unt winter Was er vil munter. — ebda. 3157 Esau wolt in bi-
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468
HEHAUHKL
leiten Mit sinen heliten gemeiten, Er wolt in mit cren Hine heim
foren. — Kehr. 10718 (Daz tuoch si wider uf huop,) Daz pilde si umbe
di oren sluoch, Si blou iz mit dem ge wände. — Roth. 1568 Gebot den
ritarin Hin zo der wertschefte. Her hiez sie sichirliche raren. —
Ms. F. 34,3 Uf der linden obene Da sanc ein kleinez vogellin. Vor dem
w aide wart ez Int.
Andere fälle:
Nib. 63,2 So hilf ich dir der reise Mit der bcsleti waie, die ritUr
ie getruoe; Ir sult ir füeren genuoc. — Diokl. 365 Hub einer under in
allen an Und rette als manger gar wol kan. Zu dem keiscr er do
sprach. — ebda. 851 Herre hilf und vernim Mir armen durch den
zarten got, Hilf mir mine ere behaben. — Ms. F. 81,11 Ist ez ir
leit, doch dien ich iemer mere. Iemer teil ich ir dienen mit statte.
Aeusserlich ähneln diese fälle denjenigen der widerholung
mit weiterführung, sind aber doch anders geartet. Die stelle
Nib. 21, 2 (s. oben s. 444) würde bei zusammendrängung in einen
satz eine addition erfordern: 'in seinem mut und seiner stärke
ritt er'. Dagegen hier würde sich eine blosse nebeneinander-
stellung ergeben: 'sie schlug das bild mit dem gewaud um die
obren'; 'auf der linde vor dem walde sang das vöglein'.
e) Ein ganz eigentümlicher fall, wo die aussagen sich
nicht decken, ist der, dass eine allgemeinere aussage ein-
geschaltet ist in die aufzählung von einzelheiten, die zusammen-
gezählt die summe der allgemeinen aussage ergeben:
Exod. 1054 Si waren zebluwen — Si habeten vile grozze not — , Ir
werch wäre in gemerot, In alltrslahte wise Abc gewunnen diu spise.
Es bleibt eine anzahl von fällen übrig, in denen mehrere
der geschilderten erscheinungen zusammentreffen:
Erstens: die zweite bestimmung ist einerseits deutlicher
— weitere ausführung eines anaphorischen pronomens — . ander-
seits enthält sie den zusatz einer adverbiellen bestimmung:
Eilh. 713 Swcs er hete begert, I)az solde gewisliche irgan, Tristrant
der wolte in bestan Dar nach an dem dritten tage.
Zweitens: die eine aussage ist positiv, die andere negativ;
die zweite ist um einen zusatz reicher:
W. Gen. 519 Swer des einen gechort, Der tot in ferbiret, Er nerstirbet
niemer Unt ist doch ebeniunger. — Rol. 6396 Thine kröne muo: «*
ander tragen, Sine kumet niemer uf thin houbet, i'nz si thir min herrt
Karl erhübet. — Roth. 4821 Wir sulin hie bestan. Ich nekome nirnmir
hinne Ane des koningis minne. — Lanx. 1376 Do cnwas da tu cm an ahe
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469
halt, Der im iht leides teete, Fürst daz er ir gesichert hcete. Si liezens
durch ir ere Und durch die vroxcen here.
Drittens: es vereinigt sicli weiterführung und Variation,
positiver und negativer ausdruck, grössere detaillierung der
ersten aussage, hinzufügung eines gliedes in der zweiten
aussage :
Eilh. 1124 Kumeval weinete biterlichin. Die andern des ouch niht
verbarin, AUe die da bi warin, Begunde do ir bannen Tristratules un-
gemach; Graz jamir dar geschach Do sie in trugen an den se.
Hier entsprechen die beiden ersten verse inhaltlich den
fünf weiteren, und zwar enthält die erste aussage die beiden
Summanden: Kurneval — die anderen, die im folgenden alle
zusammengefasst sind. Insofern enthält die erste aussage
mehr als die zweite. Die zweite aussage bietet dafür den
zusatz der Zeitbestimmung: do sie in trugen an den se.
Die beiden Sätze der ersten aussage stellen sich als weiter-
führung des subjects dar (s. oben 440), wobei das verbum ein-
mal positiv, einmal negativ ausgedrückt ist.
II. Anschluss mit conjunctionen:
a) Parataktisch:
1) Mit un d (Joch): es ergeben sich hier — mit einer kleinen
Verschiebung — im wesentlichen dieselben Unterabteilungen wie
bei der asyndetischen anreihung.
a) Die aussagen sind beide positiv oder beide negativ
gehalten :
aa) Die aussagen decken sich:
t<) Ein einzelner satz steht einem einzelnen satz gegenüber:
Kehr. 11079 Iz teil selbe min trehtin Unt gebildet dirz der hailige
Crist. — Laar. 566 Ich teil mich dir für eigen geben Utid wil dir wesen
undertan. — Nib. 159, 1 Daz lat iueh ahten ringe Unt senftet iuwerm
muote. — Lanz. 1104 Si waren vreuden riche Unt heten tcünne die maht.
— ebda. 1856 Da von er schiere bekam Und erkorert sich an siner kraft.
— Tr. 3662 Sit ich ez iu doch sagen sol Unt ir ez wettet wizzen. — ebda.
3884 Und er nam allenthalben war Und spehete wa unde wa. — ebda. 4425
Senft' und ritterlicher pris Diu misseheüent alle wis Und mugen vil übele
samet gewesen. — Flore 1270 Daz ist min beste rat Und dunket mich guot
wilze. — Engeln. 162 Ein valscher merke Und kenne sine unsUeten art. —
ebda. 192 Der ruoche hären disiu wort Und neige herze und oren her. —
ebda. 366 Ez wirt dir guot, sam mir got, Und bringet dir noch Salden vil.
— H. v. F. 354 Rat, lieber vriunt gehiure, Und gip mir rates stiure. —
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470
BEFIAGHEL
ebda. 1506 So wil ich im erlouben zwar Die reis* und teil in lasen rar».
— Ring 4. 31 Die schand missreit uns allen Und tuot uns in dem magen
tce. — ebda. 4c, 34 Daz tuot mir zom und müt im eh ser. — ebda. 5d,28
(Vergebt utis unser bosheit:> Sey reutet uns ser und ist uns läid. — Waith.
12, 6 Her keiser, ich bin froneboU Und bring m boteschaß ton gote.
In verhältnismässig zahlreichen fällen bilden die einander
variierenden aussagen glieder einer hypotaktischen periode,
sind übergeordnete sätze, zu denen ein nebensatz die gemein-
same ergänzung bildet:
Laar. 602 So teil ich in dienen gerne Und teil in teesen undertan
(Die teile ich daz leben han). — EUh. 962 Ob sie in lebende runde, Sie
machte in teol gesunde Und hülfe im schiere uz der nod. — Lanx. 3342
Wan ez was ein ellich m<ere Und retten al die ritter daz, Daz ez der
tremde tote baz. — H. v. F. 1343 Die helde, die mit ritters tat Jr man-
heit so gewirdet hat Und ritterlich erworben han, Daz sie gesitzen dar an.
— Diokl. 455 Das sy dir gantz für war geseit Und solt ouch des sicher
sin, Das mir uff die triuwe min Kein creatur lieber ist.
Oder nebensätze, die zu einem übergeordneten satz als
bestimmung hinzutreten:
Kol. 6121 Verfluochet ist thiu muother thie in truoh Unt tha tan er ie
geborn wart. — Kehr. 10545 Nu habent si mich gezalt, Ich habe enphangen
din gewalt Und si an dinen siuol gesezzen. — Laar. 1760 Wir suln ton
1 Murine sagen, Wie dem sin dinc ergie Und sich sin leben anetic. — Herb.
169 Dem kunige was til leit, Daz Jasones lop was breit Von landen zu
landen Und daz man erkande Uber al sinen namen. — Erec 671 (Mennec-
lich ze freuden vie,) Dar nach als in duhte guot Und in lerte sin muot. —
ebda. 853 .SY wände er wa*re erslagen Und er belibe des slages da. —
H. v. F. 272 (Und als er in sin herze las Und) die Sünde geachte Und daz
unrecht betrachte. — ebda. 1270 Der schal so michel und der doz, Daz sie
die mere liezen ligen Und der rede wart geswigen Von disem enlenden man.
— W. gast 770 (Daz si tememen,) waz si guot Cml waz rehte si getan.
— ebda. 1026 (Nu teil ich sagen,) waz diu kint Suln verneinen undc lesen
Und waz in mac nütze wesen.
□) Es stehen sich satzgruppe und einzelner satz gegenüber:
Eilh. 21 (Die seibin warne ich hie mite,) Daz sie den seibin bosin
setin Eine wile tarin lazin Und sich mlcher wise mazin Die an in waruiel-
bere 8 int — Flore 1293 Verga-ze ich iuwers libes Durch minne eines andern
wibes Durch daz ich iwer nien sa-he, Und ob mir daz gesefurhe, Des wolt
ich iemer truric sin. — W. gast 788 Da wider git ir bilde dez guote, Das
si tuo reht unde wol, Und zeigt ir waz si tolgcn sol.
a) Es stehen sich satzgruppe und satzgruppe gegenüber:
Kehr. 10175 Ilechuchet sich dirre tote, Wir tolgen dinem rate, Und
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Der oning obir al gebot, Daz sich die Wigande Vlizzen in dem lande,
Stcer von Kurnevali s queme, l)az man im den Hb neme. IocJt bat he sine
libin höldin, Daz si wol bewarin woldin, Stenz man ir geringe, Daz man
die balde hinge, Oder sie singe ane rechtes zil.
In einzelnen fällen ist zu dem und noch eine weitere be-
stimmung hinzugetreten, die erst recht glauben lässt, dass der
zweite satz etwas neues bringt:
H. v. F. 128 Und er zwivalter liebe enpfant, Des nam in selber wunder
Und wundert in be sunder, Daz er leit herzeliche not Umb ietweder Isot. —
Ring 5 b, 7 Daz er wainet und auch gräin,
bb) Die zweite aussage bietet weniger als die erste:
W. Gen. 151 Unde zierten tach unde naht Mit perehteler chraft,
linde seinen vile ziere. — Tr. 3057 Die nam aber do wunder, Daz in daz
kint besunder Und mit bescheidenheite So manec jagerecht vurleüe Und
daz ez so vil wiste Von sus getanem liste.
cc) Die zweite aussage bietet mehr als die erste:
k) Die zweite aussage ist ausführlicher, geht mehr in die
einzelneren als die erste:
Alex. 199 Der lertin mit gewaven faren Unt wie er sich mit einem
seilte solte bexcaren Unt wie er sin sper solte tragen. — Nib. 127, 1 Allez
daz wir han, Daz si tu utulertan, Und si mit tu geteilet Up unde guot. —
Herb. 308 Mit guter geseüeschaft bereit, So sie sie beste funden Und er-
kiesen künden, Daz sie waren deheine zagen. — Erec 466 Und sagte sin
geverte gar Unde daz er komen dar Mit sinr amien wäre 7>e nemen den
sparweere. — ebda. 1118 Unz si im gesagte meere Wie ez ergangen wäre
Und waz ir geschach ze leide. — ebda. 1264 Und lobtens unsern trehtin
Daz im also jutigen So schone was gelungen Utu2 daz im sin erstiu ritler -
schaft Mit l ob el icher heiles kraft Iedoch also gar ergie. — Parz. 169, 29
Er sagete im gar diu underscheit Utxd wie er von siner muoter reit. —
Tr. 4159 (Uerre, ich mühte iu wunder sagenj Wie sich die dinc hat her
getragen Und wie ez sich gefueget hat Umbe Tristanden, der hie stat.
a) Die erste aussage enthält eine allgemeine angäbe, die
zweite den einzelfall, in dem das allgemeine in erscheinung tritt:
Nib. 2028,2 Ich han uf ere lazen nu lange miniu dinc Und han in
rolkes stürmen des besten vil getan. — Lanz. 346 Bereitent mich, dest an
der zit, Und sagent mir swaz ir guotes meget. — Ring 6, 35 Ich pin ein
schuldig man Und han gesundet aus der mass Wider euch auf diser strass.
— Waith. 3, 23 (Da von wirt er geuneret,) Der utis da sünde leret, Und
der uns uf unkimclte jaget.
a) Die zweite aussage enthält eine bestimmung mehr als
die erste, ein fall, der hier ziemlich stark vertreten ist.
Dieses mehr besteht zumeist in einer adverbiellen be-
stimmung:
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BEHAGHEL
Nib. 91, 2 Die edelen fürsten junc Den scaz in baten teilen, den xcoet-
lichen man, Und gerten den mit vlize. — Iwein 301 Da sluoc er an daz
et erhol Und daz ez in die burc erschal. — Engelb.. 809 Geschalte ir
eime Sterbens not Der ander leege für in tot Und wolte harte gerne
ligen. — ebda. 1135 Sus saz si redende aUe tage Und treip verholne
dise klage Mit herzen und mit munde. — Diokl. 223 (Üwer rede teil mir
gefallen) Daz ir üch aüe also erbietent Und üwer ieglicher sich teil nietten
Zu leren mynen lieben sun. — ebda. 626 Doch trüwe ich üch wol
uff enthalten Mit mynen künsten manigfalten, Daz ir den ersten tag nit
sterbent Und so ellentklichen nit rerderbent. — Ring 4 d, 18 Uilffa, herr,
und hilffa schier. — ebda. 7b, 33 Tuon wir wellen, waz wir schullen, Und
ewer gpott mit ernst herßllen. — Ms. F. 5,28 Sus kan ich an rrönden
uf stigen joch abe, Und bringe den wehsei, warn ich, durch ir liebe ze
grabe. — Waith. 18,28 Sins hundes louf sins hornes diu Erheüe im
und erschelle im wol nach eren.1) — ebda. 27,23 Daz kan trüeben muot
erfitditen Und leschet dllez truren an derselben stunt. — ebda. 38,14 (Er
armet an der sele,) Der dir volget unz anz ende mite, Und der dir aller
diner fuore stat mit willen bi.
In anderem:
EUh. 27 sulche rede Die nutze ist vernomen Utid guten liuten wol
mag vromen. — Diokl. 76 Und verschied und nam ein reines ende.
i) Die zweite aussage nimmt eine bestimmung der ersten
nicht wider auf, bringt aber eine neue:
Ms. F. 37,4 (Ez slttont ein frouwe aUeine) Und warte über heide
Unde warte ir liebe.
ß) Die eine aussage ist positiv gehalten, die andere negativ:
aa) Die positive geht voraus:
Iwein 544 (Sit din gemücte stet also,) Daz du nach ungemache stre-
best Und niht gerne sanfte lebest. — ebda. 666 Ich hete von des weteres
not Mich des libes begeben Unde enaht niht uf min leben. — H. v. F. 40
Sint daz er diz buoch vorlie Und sin niht hat voltichteL — Ring 4,4
(Wilt du reiten umb die er,) So halt dich her utul wart nit mer. — Erinn.
932 Der muos immer sin geschrenchet In der ewigen notschrange Unt chuni
ouch nimmer danne. — Ms. F. 18,27 Wie minne ein scelekeit weere Unde
harnschar nie erkos. — ebda. 20, 21 Ist danne daz er triuicen pfliget Und
den niht wil entwenken. — Waith. 29, 25 Ich trunke gerne, da man bi der
maze schenket Und da der unmaze niemen iht gedenket. — ebda. 33, 14
Wir volgen ime und komen Niemer fuoz uz sinem spor.
bb) Die negative geht voran:
Lanz. 237 (Swer da wonet einen tac), Daz er niemer riuwe pflac Und
imer vraliche warp Unz an die stunt daz er erstarp. — Iwein 538 (Si dir
>) Hier wäre es auch möglich, die adverbielle bestimmung zu beiden
verben zu ziehen.
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nu nahen ode bi Klint umb »eilte wage iht,) Daz verstcic mich niht Unde
wise mich dar. — Flore 1400 Em mohte sich getrosten niht Lud begunde
sieh wenen An clagen, truren unde senen Mit muutvcster statte. — Erinn.
739 Daz mir so icol geschalte, Daz ich den tivel itht an sarhe Unt sin
antlutze rerbare. — Ms. F. 18,22 Ich wil ir niemer abc gegan Und biut ir
Steden dienest min.
2) Mit ouch:
W. Gen. 1712 Einen sun gebare Der mtrde scarf unde grimmich,
Wider daz Hut umalich, Er wurt ouch in ungnadich.
3) Mit oder:
a) Die aussagen decken sich:
W. Gen. 202 Daz dehein eiter Si so pittir, Daz ime seade Oder irider
ime chraft habe. — Rol. 5670 Kumet uns iemen mere withere Wane thu
eine, Other levet there seilen theheiner? - ebda. 6091 Owe thaz ih thih ie
gesah Other ie theheine künde thin gewanl
ß) Die zweite bringt eine bestimmung mehr:
Kehr. 11253 Unt gclobeten, daz er daz laut Niemer mer mit in ge-
wunue, Swer 80 dannen entrunne Oder geswiche an ir not.
4) Mit noch:
a) Die aussagen decken sich:
W. Gen. 615 Duo si neduanch Nehein ubel gedanch, Noch unter ire
brüst Chom nehein ubel gelust. — Exodus 327 Daz er dan nesunne Noh
ime intrunne. — Rol. 6006 Niemer gerate ih iz thir Noh ist iz min wille.
— Kehr. 10660 Er swuor daz er ir guotes nie niht geteehe, Noch si int
nie niht enphulhe noch gegnbe. — ebda. 10710 Du nemaht dich min niht
erteern, Noch dich selben niht entern.
ß) Die zweite aussage bietet mehr:
W.Gen. 2630 Got da- netcollc Noh porlange nedulte. - H. v. F. 97S
Tristan ot nicht begerte Isoten noch entcolde, Als er er rechte sohle, Ge-
meinschaft Itaben nicht mit ir.
5) Mit wan:
a) Die beiden aussagen decken sich:
Eilh. 18 Bosheite mag man si geliehen Und dar umbe trol schelten,
Wan sie sin billicJie engelten. - Flore 850 Der muostens wesen totdertan,
Wan sie was ir getealtig. — Ms. F. 37, 23 Min tritt, du soll gäouben Dich
amlerre wibe, Wan, helt, die solt du miden. — Ms. F. 58, 2 He iesch an
mi to lose minne. Dat quam ron sinen kraulcnt sinne, Wan et ime sin
tumpheit riet.
ß) Die zweite aussage bietet mehr, enthält mehr einzel-
heiten oder eine weitere bestimmung; in diesen fällen ist es
Beiträge für geichichte der HeuUchen spräche. XXX. 32
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474
HEHAÜHEL
uns wenigstens einigermassen möglich, den zweiten satz als
begründung zu empfinden:
Lanz. 290 Wan daz er umbe ritterschaft Enteiste weder ditz uoc/i
daz, Wan er uf ros nie gcsaz, Harnaseh er niht bekande. — DiokL 276
( werft rates sint wir fro, Wenn er ist nütz and gefeüet uns teol. — Ms. F.
66) 1 Der seh(rne sumer gel uns an: Des ist vil manic rogel blide, Wan si
rrüuwent sieh ze stride Die sehet nen zit vil wol enpfan.
6) Mit da von:
W. gast 1149 (Swer an tihten ist geruoe, Der gewinnet immer gnuoe
Materje an der warheit:) Diu lüge si von im gescMeit. Da von sol ein
hü f seh man, Der sich tüiten nimet an Vü wunderwol sin bewart Daz er
niht kome in die rart Der lüge.
b) Hypotaktisch:
Es kann geschehen, dass der inhalt des hauptsatzes im
nebensatz widerholt wird:
1) In einem relativsatz:
Kehr. 10912 (Waz sol din her noeh werden,) So din sele brinnet in
der helle, Diu da iemer mer wellet. — Nib. 100, 1 NocJi weis ieh an im
mere, da: mir ist bekant. - Eilh. 1134 Do bat der here nicht me Mit im
an daz schif tragin Wen sine harfin, horte ieh sagin, Und sin swert des
he begerte. — Lanz. 1520 Do wart von im zerbrochen Manie schilt daz er
zeeloup. — H- F. 1073 (Swenne mir der sa>lden tac betaget,) Daz mir gc-
truwet würde eine maget, Die ich minem libe Zu vrouwen wul zu teilte In
rechter e sohle han. — Diokl. 362 Und giengent zuo dem keiser dar Do
sy den keiser fumlen.
2) In einem satze, der mit daz eingeleitet wird:
W. Gen. 1031 Duo hiez er den engel cherubin Dafore sten werigen
Mit furinime suerte, Daz er daz pewarte, Daz ter niemen in ehome. —
ebda. 3707 AI daz er hete, Daz pevaüi er zuo siner geweite, Daz ime al
daz wäre undertan Daz der ime scolte dienen. — Erinn. 116 (Swer in ze
gebene hat) Der mac tuon swaz er wil, Daz er dehüine wis so vil Mac
getuon böser dinge, Ez buzen die phenninge. — ebda. 554 Sus getane
räche, Wer mac sich da vor entreden, Daz er von solhen suclUen Uibe fri.
— Ms. F. 45, 21 Ah ungeloubic ist ir Up Daz si der zurifcl dar uf bringet
(Daz si hat alselhen nit). — Waith. 9, 10 Ich saeh mit minen ougen Mantie
und wibe tougen Deich gehörte und gesaeh Swaz iemen tet, swaz iemen sprach,1)
3) In causaler anfügung:
») Verwant mit unserer erscbeinnng sind stellen wie Eilb. 1054 Zu
lest begunde im stinken Daz geluppe uz der wunde, Daz niman enkwnde
Im von stänke nalen.
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475
B. Die widerholung kann geschehen in verschiedener ge-
staltung des Vortrags.
a) Die Verschiedenheit der gestaltung kann darin bestehen,
dass die tatsache das eine mal unmittelbar erzählt wird, das
andere mal mittelbar, in der art, dass die Wahrnehmung eines
anderen über die tatsache mitgeteilt wird:
Anno 4ö5 Duo gelach dir manig breit scari Mit bluote binmnin gnri,
Da mohte man sen douwen Durch helme tKirhouwen Des richin Pompeiis
man. — Herb. 187 Peleas gedachte ouch mere, Wie ein lant teere In eime
(eise uf dem mer Harte veste von gewer; Ez was ein wol bewart lant.
b) Es geschieht das eine mal die mitteilung in directer
rede, das andere mal wird über den inhalt der gedanken und
der worte bloss berichtet.
1) In der grösseren zahl der fälle geht der bericht voraus :
a) In manchen beispielen sind bericht und rede ungefähr
gleich ausführlich:
Eilh. 1227 Und bat sie getruwer rete Waz he zu dem bestin tete Um
die grozin hungirnot. 'Der litte ist mir vele tot', Sprach der koning riche,
'Nu ratet alle geliche, Wes wir werdin in ein.' — ebda. 1482 Tristrant dem
sturmanne entbot Daz he Irlunt vormede, Ab he den tod nicht gerne lede.
Ue sprach: 'ich habez wol vornomen Ab wir mit schiffen darc komen, Daz
wir vorlisen den Up.' — Engelh. 1192 Da von diu tugenthere Über ein vil
baUle kam, Daz Engelhart ein süezer nam Wcerc danne Dieterich. \Ye,
sprach si tougen icider sich, Engelhart der name guot Vil sanfter in den oren
tuot Danne Dieterich für war. — Diokl. 171 Der keiner si fruntlichen ent-
pfieng, Gar zuchtenklichen er zuo in gieng. Er sprach sint mir alle wilkumen.
ß) In einem teil der beispiele enthält der bericht nur die
allgemeine ankündiguug dessen, was die rede ausführlicher
darlegen wird:
BoL 5300 Thie Karlingen gaven ime lof unt ere. Sie sprachen alle bi
eineme munde: So wole there teile unde stunde, Thaz Kuolant ie wurthe
geboren! Er ist uns ze tröste here komen. — Rotb. 716 Unde sagete in allen
sine not, Die dar hette der helid got. Her sprach: nu vi mimet, turin Wi-
gande, Ich moz uzime lande In einis recken wise varen. Ich wene, der
kuninc Constantin Gehoubitit habe die boten min. — Nib. 77, 4 Do saget
ez im ir einer (wo der könig zn finden sei). Welt ir den künec rinden, daz
mac vil wol gescehen. In jenem sale witen han ich in gesehen. — ebda.
114,4 (Dem sol ez allez dienen, die Hute und ouch diu lant) Daz wider-
redete Hagene unde Gernot ze hant. Wir han des niht gedingen, sprach
do Gernot, Daz wir iht lande ertwingen, daz iemen drumbe tot Gelige vor
beides banden, wir haben richiu lant. — ebda. 119,4 (Nach swerten rief
do sere von Metten Ortwin:) Do understuond ez Gernot. Er sprach ze ürt-
32*
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476
BEHAGHBL
wine: 'tat iuwer zürnen sian; Uns enhat der herre Sivrit solhes niht getan.
Wir miigenz noch wol sceiden Mit zühten, dest min rat/ — ebda. 153,4
Do bat er im der m&re den künec Gunther verjehen. Mich nimet den tuichel
wumler, spracJi do Sivrit, Wie habt ir so verlieret die vrcelichen sit.
y) In zwei fällen bietet die rede ein tatsächliches mehr
und zwar beide male die angäbe eines grnndes:
Roth. 961 Do reiten ime de herren daz her ir also pflege, Daz sie ez
vur got nemen. 'Wir newizzen umbe Jiothere net. Die ist ein vreislicher diet\
Den 8tä wir grozliche geben, Daz sie uns lazen daz leben. — Parz. 117, 22
Den gebot si allen an den lip Daz se immer ritters wurden lut. Wan
friesche daz mins herzen trut, Welch ritters leben weere, Daz wurde mir
vil swarc. Nu habet iudi an der witze kraft Und helt in alle riterschafl.
ö) Zumeist ist die zweite fassung die knappere:
Eilh. 667 Des enwil ich tun nit, Swaz so mir dar umme geschit. So
sprach der helt gute, Daz fie des nicht wolde lazin sin. — Engelh. 1091
Des sjwach si dicke wider sich: Ach herre got, wie gar bin ich ... (es folgt
bis 1134 eine rede, in der Engeltrut klagt, «las» sie zwei iniinner ungleich
liebt; gott möge sie bald einen unterschied zwischen beiden ausfinden lassen,
damit sie den einen vorziehen könne, der andere ihr ein graus werden
möchte. Dann wird fortgefahren 1135—1152:) Sus saz si redende alle tage
Und treip verholen dise klage Mit herzen u>ul mit munde. Si dahte zaller
stunde Wie si des begunde Daz si gescheiden kutule Die knaben UM be-
suiuter, Also daz ir dar under Der ander misseviele Und daz ir herze
wiele Von gründe nach dem einen; Si wolte ungerne meinen Si beide sament
geliche. Diu süeze tugentriche So rehte husche was benamen Daz sich ir
herze begunde schameti, Daz ez solte brinnen Nach ztecier manne minnen.
Zweites capitel.
Wideraufnahme.
Hier ist von bedeutung die grosse der entfernung, die
zwischen der ersten aussage und der wideraufnahme liegt.«)
A. Zwischen die beiden aussagen sind nur einige worte
eingeschaltet, die einen der ersten aussage unmittelbar vonin-
liegenden satz ergänzen: die beiden aussagen decken sich:
Anno 127 (Her saminodi schilt unti sper, Halspergi unti brunigen,)
Duo gart er sich ci Sturme, [Die Mmi stalin heirtij Duo Stifter heriveirti.*)
') Die zwischen den beiden einander variierenden aussagen stehenden
teile der rede schliesse ich in den folgenden beispielen stets zwischen eckige
klammern ein.
*) Vgl. Anno 237 Daz Vierde dier ein ebir was, Iz haviti isime
awin, Daz ne condi nieman gerahin, Isirni ceine vreissam; Wi soldiz
iemir werdin sam?
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477
B. Zwischen die beiden parallelen aussagen sind ganze
Sätze eingeschaltet:
I. Ein nebensatz steht zwischen den beiden aussagen
derart, dass er der ersten untergeordnet, der zweiten über-
geordnet ist:
Herb. 820 Daz meinen so sich me emcart, Er genese miner lere, Swie
sicli er teere, An libe und an der hut.
II. Ein nebensatz steht dxo xotrov zwischen den beiden
aussagen, die einander gleich geordnet sind, derart, dass er
formal zu der ersten wie zu der zweiten aussage gezogen
werden kann. Es ist also möglich, dass satzfügungen vor-
liegen, wie sie Heliandsyntax § 531 verzeichnet sind. Wahr-
scheinlicher ist es mir aber, dass in den meisten fällen der
nebensatz als ergänzung der ersten aussage gedacht ist; dann
liegt die gleiche erscheinung vor wie unter C.
a) Die beiden aussagen decken sich:
1) Sie sind beide positiv oder beide negativ:
W. Gen. 3264 Der het einlife sune, Der si haben maliten michcle
frume, Die gerne mit in lebeten, [Vb die man sieh besniten Nah hebreis-
keme site Forne an der scante.J Si buweten gern in ire lante. — Hol. 6161
Nu hilf mir, froutee sente Marie, Thaz ih then geist min Muoze geben
withere, [E (her heUhcnc Marsilie Über thie cristene rihsente wcriJtc:} Min
lichename wnihe E begraben in there erthe. — Kehr. 9998 Der icart der
werlt widerzame, [Swaz mennis da mit icare,} Der wäre ain unvertregelich
man. — Alex. 834 »SV beseiteten sich in den se, Daz man si in allem tage
niene sach, [E man die gntnd feste zebrach], Si seneten sich in des setves
grünt (Und chomen after uz wider gesunt). — Laar. 722 Saga, [hastu die
stcesler min?] Daz soltu mich trizzen lan. — ebda. 861 Des hete wir michel
schände, [Swa man ez in dem lande Seite für ein zageheit,} Daz w<rrc uns
ein smacheit. — Eilh. 103 Du wart jamer unde not, (Do die froutee lag
tod,J Sie warin alle untro. — ebda. 342 Wen ez mit nichte vormeit [Swaz
ez gutes mochte getu Heide spate und ouch vruj Des en Hz he dorch nichein
ding. — ebda. 1511 Wir bedürfen wol wiser sinne, [Sülle wir komen hinnen,}
Daz muz mit grozin listen geschin. — Herb. 320 Daz mare sich breite, \E
er wäre vollen gekleitj Do was daz rnwre harte breit. - ebda. 543 Der
kunic eine tochter hate Harte wise an rate, [Als mir daz buch saget,} Sie
was ein harte wise maget. — Parz. 120, 3 Da mit er mangen hirz erschoz,
Des sin muoter und ir volc genoz, [Ez wäre ajber oder sne,] Dem wilde
tet sin scJiiezen we. — ebda. 161,17 {Gcwapent reitz der tumbe man Den
tac so verre,) ez hete lan Ein bloz wiser, [solt erz hau gcriten Zwene tage,}
ez weere vermiten. — Flore 1302 Ouch sulent ir mich erlazcn, [Daz ich iu
fürhten muozj Des tuont mir rat unde buoz. — Diokl. 1079 Die werdent
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478
BEHAUHEL
erst verfluchen die, [Die intern sun lassent leben hie Und in wol ntöchtcnt
getöttet hau,] Iber die trirt das fluochcn gann. — Ma. F. 40, G Sin teüU
derst ergangen, [Als wirz uns beide hau gedaJit,] So hat erz an ein
ende braJit.
2) Die eine ist positiv, die andere negativ:
a) Die positive geht voraus:
Exod. 1452 Die boten er entleerte, [Des er in vor gehiez.J Nicht er
des tie icar liez. — Roth. 10(55 Owi tee tump wer do waren, [Daz wer unse
lochte r virsageten Rothcre, Der dise rirlreif über mere,] ls negewelt nicht
groz wisheit, ') — Nib. 2034, 2 Ich wib gerne leisten, [Swaz ich gelobet hau,}
Dunh deheinc vorhte wil ihs abc gan. — ebda. 2051, l Do gedahtr Hagene:
du muost des todes wesen. [Dich envridc der übel tiuvcl,] Dune kaust niht
genesen. — Iwein 1338 Daz er sin selbes gar vergaz) Und daz vil kumc
versaz, fSo si sich rouf'te unde sluoc,] Vil ungerne er ir daz vertruoe. —
Waith. 35,33 Ir mutzet in die Hute sehen, (weit ir erkennen wol,} Nieman
uzen nach der vance loben sol.
ß) Die negative geht voraus:
Nib. 58, 1 Des enist mir niht ze muole, [Daz mir stden recken ze
Hine folgen mit Durh deheine hercart,] daz wäre mir vil leit. — ebda.
77,1 Der sol mich niht verdagen, / Ha ich den künectimle.J Daz sol man
mir sagen. — Laur. 108 In mohte niht belangen, (Swer in solte sehen an,}
Der muoste al sin truren lan.
b) Die zweite aussage bietet weniger als die erste:
Nib. 107, 1 Mir wart gesaget mare in mines vater laut, /Du-: hie bt
in wann Die küenesten recken, ] des hau ich vil vernomen, {Die ie kunec
gewänne).
Hier findet nach der wideraufnahme noch eine fortsetzung
des zwischenstehenden nebensatzes statt,
Lanr. 125 Witegc der wigant Sluoc dierosen abe zehatü In dem
rosengarten. Die guldinen borten Wurden getreten in den plan; Daz ge-
steine muost sin schineii lan, [Also wir ez haben gehwret;] Diu wunne wart
da zestaret.
c) Die zweite aussage bietet mehr als die erste:
Kehr. 10N04 Du hast disses tages iemer mer scatule, {Daz du vor mtr
bist gestanden./ Du nemaht dich es niemer mer rehaUi, Du neicellcsl
rat hau. — Roth. 211 Dri tage unde nacht Ilodich dir, sprach der kauf-
man, [Sowar du wilt ritin oder gan.] Ich wil diner schiffe wol mit triuwen
pldegen. — Nib. 42. 2 ( Horte man wol sit, Daz si den jungen woiilen ze
eime Zurren hau.) l>cs engerte niht her Sivrit, der vil wa?tlic)ie man. (Sit
daz noch beide lebeten, Sigmunt und Sigclint,} Niht icolde tragen kröne tr
beider liebez kint. — ebda. 108, 1 Ouch tuere icJi tu selben der degenheäc
>) So ist der vers offenbar zu lesen.
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ZUR TECHNIK DEU MIID. DICI1TUN0.
479
jehen, [Daz man kiinec deheinen kurner habe gesehen,} Des rcdent vil die
Hute über elliu disiu lant. — Laur. 1243 Frou Künehilt gienc sa zehant
[Da si Dietleiben vant In einer kemenatej Dar Ute si vil drate. — Parz.
168, 29 Si jähen: er wirt wol gewert, fSwa sin dienst genaden gert,] Im
ist minne und gruoz bereit. — Waith. 65, 5 Ez weer ein vil hovelicher muot,
[Des ich iemer gerne wünschen solj Frouwen und herren ZOBVM ez wol.
C. Zwischen beiden einander gleich geordneten aussagen
steht ein nebensatz, der formal Sur ersten aussage gehört,
sachlich aber zu beiden aussagen im gleichen Verhältnis steht:
L Die beiden aussagen decken sich:
a) Sie sind beide positiv:
W. Gen. 967 Unz du erstirbest Unt ze erde wirdest, Daunen du wurde
genomen, [Wuni du wäre ein stoup,} So solt tu zuo asken werden ouch.
— ebda. 3883 8i waren in sorgen, [Waz ir scolte werden,] Si waren unvro.
— Pol. 5120 (Otto unt Ive Thic wonetrn in iheme wige Also ntines dreh-
tines knehte.) Tha mite havent sie gewannen, {Da» sie gotes antlutzc scheut
Unt iemer froliche levent:] Thaz worhtc in ther guote wille. — Kehr. 10022
Silvester hat offenliche ver jehen, [Er gerbe den toten wider daz leben.} Daz
han wir alle uzer sinem munde wol vernomen. — ebda. 10902 Daz du
uobest den valant, [Den mennischen hant Mach zebrechen und verbrennen.]
Daz hast du dir reweit ze herren. — Laur. 473 Her Dietrich von Berne
Het ez betoubet gerne, [Als er von Hiltprant Jtete geheeret.] Er wolde ez
haben betaret. — Erec 1023 Ir butent ir groz ungemach, [Daz ir leider
nie geschach.] Wider si so hubent ir vil getan. — II. v. F. 312 Blanschc-
manis die werden Gar lieplich er in herzen truoc Mit rechter herzenliebe
gnuoc, [Als er ez wol crscheinctc;] Er minnetc unde meinete Von herzen
die eil schäme maget. — W. gast 157 Swer junger lebet müczeclichen, Der
ruowet alter lcsterlich*:n, []\'an er niht tuon wolde Do er mohte, da: er
sohle.] Swer an unzuht sin jugent wendet, Der hat sin alter gar geschendet.
iL Die zweite aussage bietet weniger:
Exod. 1128 Du ne habest si geledigot, [Also du iz mir gehiezze,] Noh
iz war ncliezze (die zweite aussage ist allgemeiner als die erste). — II. v. F.
85 Wir han gehört, (wie Tristrant In Arundele daz lant Zu dem herzogen
quam) . . . (167) Daz hab u ir aüez wol vornumen. — Eriim. 174 Dar umbe
heb wir uns ze ruffe Unt sprechen ez sul got misseccmoi, (Daz wir der
misse verneinen, Die wir so nicht sehen leben, Als si von rechte sohlen:]
Dar umbe si wir in crbolgen.
III. Die zweite aussage bietet mehr:
Kehr. 10628 Und hcl[e allen den, [Diez gezogenlicht vernemen,] Leben-
digen und toten, Den genade got der guote, Der himclisehe herre, Hie an
dem libe, dort an der scle. — ebda. 10804 Du hast disses tages iemer mer
scande, [Daz du vor mir bist gestanden,! Du nemaht dich es niemer mer
rehaln, Du newellest minen rat han. — Flore 292 Zwei geliebe, der leben
480
REHAGHEL
Was von m innen kumberlich, [Diu sider wurden fröuden rieh.] Von der
m innen daz kam, Diu in dicke was so gram.
I). Zwischen beiden aussagen steht ein nebensatz, der
formal zur zweiten aussage gehört, sachlich zu beiden im
gleichen Verhältnis steht: die beiden aussagen decken sich:
Lanz. 527 Dar zuo han ich vermisset gar II Vr ich bin und war ich
rar. [Het ich verpfant min houbet, Daz ez da von war verlorn, Ine seit
im wanne ich si gebornj So enwist ich doch dar umbe niht. — Tr. 3108
(Der ditiges nam ich so vil icar,) Unz mich min muot bcgunde biten Cnd
schänden sta>tecliche In fremediu künicriche; [Und wände ich gerne hat*
crkant l'nkunde Hute und fremediu laut,} Do tcas ich spate unde fruo
Also bcträhtic dar zuo.
E. Zwischen zwei nebensätzen steht ein beiden über-
geordneter satz dxo xoivov: die beiden aussagen decken sich:
Laur. 335 Swer gibt ir sit ein kücner man, [Zwar der muoz liegen
dar an,] Swer sprichet, daz ir sit ein recke.
F. Zwischen den beiden parallelen aussagen, die in neben-
sätzen niedergelegt sind, steht ein nebensatz, der mit ihnen
auf gleicher stufe der abhängigkeit steht:
Waith. 22, 12 ( Wer kan den herren von dem knehte scheiden, ) Swa
er ir gebeine blozez fände, [Het er ir joch lebender künde.] So getcurme
dez fleisch verzert.
G. Zwischen den beiden aussagen steht ein oder mehrere
selbständige sätze, deren inhalt zu beiden aussagen in der
gleichen beziehung steht. Die weiteren Unterabteilungen werden
einerseits zu machen sein nach der art der beziehung, die
zwischen der tbtd xoivov stehenden aussage und den beiden
parallelen aussagen besteht; anderseits ist es von erheblicher
bedeutung, in welcher art nach der zweiten aussage die
weitere fortsetzung geschieht, ob und in welcher weise sieh
diese an das vorhergehende anschliesst1):
I. Die in der mitte stehende aussage steht zu den beiden
einander variierenden aussagen in causalem Verhältnis:
a) Die einander variierenden aussagen decken sich:
1) Was auf die zweite der übereinstimmenden aussagen
weiter folgt, schliesst sich sachlich unmittelbar an die zweite
der einander variierenden aussagen an:
•) Ich habe diese weiter folgenden partien nur daun ausgeschrieben,
wenn schon aus wenigen worten der Zusammenhang klar wird.
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ZIR TECHNIK DBB MHD. DICHTUNG.
4SI
W. Gen. 847 So hat er sich gemeilegot. [Der tiufel des lachot.] So ist
er unreine (So nehat er geinaine Mit heiigen chitulen.) — Exod. 511 Sinen
(mines Hutes) tcuof ich han vemomen, [Diu seerfe der heidene ist in obe,f
Jr scr han ich vernomen. (Durch das bin ich here chomen.) — Rol. 5267
Iiiute scule wir vrolichc raren. [Hiute tccrthe wir lulcrc wcstepam.J Hinte
ist unser frowethc tah, ( Wamle sih vrowen mah Elliu thiu Iwilige cristen-
heit.) — ebda. 5398 Thaz tete ther herre umbe thaz: [Er wolte gerne wagen
then lif. In thuhte es wäre zit, Thaz in ther wirt periete, Thaz er ime sinen
pltenninc gave.J Thar nah vaht ther helet mare. (Manegen wunten unde
veigen Getete er unter then heithenen.) — ebda. 6357 Nune ruoche wir wer
sie sin. [Si wellent gemartherd werthen. Ouh sade wir ersterben; There
sele phlege min drchtin:] Enruochet wer thie wizcnare sin. (Sine kument
ouh niemcr hinnen. Uns rechcnt thie Karlinge.) — ebda. 6422 Sin eilen
gesweih. Er wart varlos unde pleih, Thie ougen ime vergiengen; [Thone er-
kauf er leithcr niemcn.J Sin tugent ime tho erlasc, Ze themc gesihene ime
tho gebrast. (liuolant ime thannen half.) — Kehr. 10759 Dine genade,
herre, ich suoclie; {Du rihte mir über diu chappelan, Der mir ungetriwe-
liehe min golt nam.] La dich, herre, rebarmen Über mich vil armen. (Ja
nehan ich alles trostes mere.) — ebda. 10971 Ich mach im dise erde Duz
si niemcr mer nehain icuocher bringe. [Daz habe im dirre minne! Ich
gerich minen zom: Ir habet alle samt den Up verlorn.] Elliu dise lantscaft
Ne wirt niemer mer berhaft. — Roth. 144 Eilf graven ime do swuoren
Daz si erme herren umbe die maget voren. [Sie waren dem kuninge alle
holt; Daz machete silber unde golt Daz er in kunincliche gap.J Si würben
des herren bodescap. — ebda. 918 Her sprach: kuninc, man sagetc mer ie
Von dir groze vrumecheit. fluider nu ist min arbeid Also groz zo mime
schadin . . .] Mir ist gesaget, daz du gewaldich sis. [Min dienst biede ich
dich an. — ebda. 1314 Ir zoch zo Diethcriche die kracht, Die von degen-
heite Gelidin hatten arbeite. [Sic tu hatten die kleider noch die ros. . . j Ir
zoch dar hiene ein groz heris kraß Zo Diethcriche. Her gab en rrumeliche.
— Nib. 2, 1 Ein vil edel magedin, Daz in allen landen niht scha%ners mohte
sin, Kriemhilt geheizen: si wart ein sewne wip [Dar umbe muosen degenc
vil Verliesen den Up. Der minneclichen meide triuten wol gezam. Ir muotten
küene recken: niemen was ir gram.} Ane mazen schiene so was ir edel Up:
(Der junevrouwen fügende zierten amleriu wip.) — ebda. 50, 1 Disiu selben
mare gehörte Sigemunt. [Ez reiten sine Hute:] da von wart im kunt Der
wille sines kindes, (Was im harte leit.) — ebda. 143,4 Die wellent suochen
her eulant. [Ir habet ir zom verdienet./ Si tvcllent herverten ze Wormez an
den Hin. (In hilf et vil der degene.) — Iweiii 1158 Daz ist iuwer jungeste
zit. [Ir habet minen herrn crslagen. Man mac so jtvmerlichez clagen An
ininer lieben vrouwtn Und ame gesinde schomvenj Daz ir den Up hant
verlorn. (Daz si iueh nu niht hant erslagen, Daz vristet niuwan daz clagen.)
— Lanz. 406 Er liez es heil wählen. [Daz ros begunde scre brogen Wan
er ruort ez mit den sporn. Die vrowen heten wol gesworn Daz er sich miiese
erstozen.J Gelücke was der wise sin. (Daz ros lief den wech in, Der nahe
bi dem seice lac). — ebda. 3115 So stach er manigen dernider. [Wer solte
setzen sich derwider, Wan sin gelücke nie vergaz? Man sprach dem wizen
482 BEHAGHEL
ritler baz Danne man da icman tete, Wan er wol geriten hete.J Er stark
manegcn uf das gras (Und enruohte wer in uf las.) — Tr. 3767 Waz half
in duz? fern was da niht:/ AI sin suocheti was ein tcihl. (Und alse er sin
da niht envant, Do leerte er teider Irlant.) — Flore 931 Und tuont ah ich
iueh wise. fJoch git der unwise Dein wisen dicke guoten rat, Des er selbe
niht enhat.) Dar wnbe so volgent mir. (Enhilfct ez niht, so tuont ir Dar
nach iawern willen.) — ebda. 1065 Ez hat mich tntric gemäht, So ich slafen
solte hinaJit, Daz mich beduhte [ich sach Zwo tuben inme troume. Die
sament uf einem boume GescUccliche nisten. Ein habech aller nahest
kam . . . I Dirre troum betrüebet mich. — ebda. 1224 Von amaht si nider
seic Floren in sin schoze. fDen hate si ze genoze Ir leides und ir starre.
Weder cm sanfter wäre, Daz ist niemanne kunt.J Si kam in amaht zuo der
stunt. (Flore was ir allez bi.) — Engelh. 11 Ir lop kan üeben trüeben glast,
Si wil uf erden werden gast, f Die riehen wichen man ir siht . . . 29 Trimm
ist an tugenden teste Swie truobe ir lop nu glcste. [Si leret dodi daz
beste.) — ebda. 178 Daz ich kiinne bringen Den ratschen uzer sime site.
Zcware ich warn es niht hic mite, Daz ich von hoher triuwe sage. / W an
der ungetriuwe zage Ungerne da belibet, Da man gerne tribet Von triuwen
guoter mare r/7./ Da von so muoz ich unde wil Kamen uz der zuotersihi
Daz ein triuwcloser wiht Von disem mare uf triuwe kome. (Ich wil daz
den getriuwen frome Dis aventiurc aleinc). — Erinn. 295 (Daz ist ein
strich der hvhverte.) Ez sint die allermäisten sunde Die man wider gotes
huldc mac getuon. (Dtr hohvertige man ist des tivels suon . . . (310) Von
dem diu ubermuot anegenge nam.J Si ist alles ubelis rolläist ( Unt enhrt
den hailigcn gäist Iii dein menschen nicht beliben). — \V. gast 5Kri Swigent
man daz lernen sol Daz man dar nach wil si>rec)ien wol. /Swer stcigtnt
niht lernen wil. Der spricht unnützer dinge vil.) Man sol daz zieren he/nt-
liehen Daz man wil sprechen offeidichen. (Daz kint mit vorhten lernen stA
Sieaz er dernach wil spreehen wol. — Ms. F. 32, 15 (Xu sage dem schämen
mibe, Daz mir tuot ane maze we) Daz ich si so lange mide. (Lieber hrte
ich ir minne Dan al der vogcle singen.) Nu muoz ich von ir gescheiden sin:
(Truric ist mir al daz herze min.)
2) Was auf die zweite aussage folgt, schliesst sich sach-
lich nicht an diese an, sondern an die in der mitte stehende
aussage, so dass also eine förmliche verschlingung zweier ge-
dankenreihen vorliegt (ab ab)1):
Exod. (>87 Daz Hut ist ungehorsam, (Nicht vernemen iz nerhan
Swennc diu rede wirt in wage, Sine geloubenl daz ich in sage,/ Noch ne-
horent m ine stimme, (Chodcnt ich vare mit trugedinge.) — ltoth. S47 Wände
unser was ein michil tel De ne zo rechte nebe sagen den kiel. (Wer vorttn
die preislichen diet.J Da newart schouwenis niet. (Dar ligit ein gebunden
vor sime zorne). — Nib. 2069,1 Des todes zeichen truoc Irinc der küenc
(daz was in leit gcnuoc.J Genesen niht enkunde der Hawartes man: i Dv
') Anf diese erscheinung hat schon Heinzel geachtet, Anz. fda. 15, 157.
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483
muost ez an ein strilen ron den von Tencmarke gan.) — Laur. 1607 Edeler
fürste riche, Tuo an mir tugentliche. fleh minen Up und min leben Uf dine
genade han ergeben. NiJU laz crslaJien daz volc gar.f Nim diner tugendc an
mir war (Dar umbe müezen si alle sant Dienen diner edelen hant). —
ebda. 1795 Ich silie wol, uf der erden Ist sin name getealtec gar, (Und
dienet im der enget schar, So mimu göter gar blint Und mir ouch ze nihte
sint.J Der mac wol gewaltec sin, (Daz ist an mir worden schin, Si cn-
mofiten mir gefiel fen niht: Ir lvelfe was gar enwiht.) — Eilh. 322 Der koning
hate in uz irkorn, Daz lie sines riches teilt Und im lant und ere behilt.
fllc was ein forste von dem lande.] Und stunt zu siner hatulc Allez daz in
dem höre was, (Und was geheizzen Tinas.) — Lanz. 212 Si vorhten keinen
vrcmdett gast [Schilderung der befestigungen 214— 221. J Da warens am
vorhte (dann fortsetzung der beschreibung). — Diokl. 471 Ilerre es tut mir
ungemuch Das ich uff discr krancken erden Kit mag eins kindes swanger
werden. fYedoch so habent ir einen sun Nach dem sullent ir schikken tun.]
Sit ich leitlcr keinen sun habe, (So sol der selbe liebe knabc Min lieber sun
ouch wesen). — Ms. F. 92,22 Und tuo genadecliehen dein mir; funsanfte
mir daz luot Und sol ich von dir wichen./ Du la gein mir den dinen haz.
(Son mac mir niemer werden baz, Wan in dem himelriche.)
3) Die fortsetzung steht zu der unisehliessenden und zu
der iu der mitte stehenden aussage in gleich naher oder gleich
ferner beziehung:
a) Beide aussagen sind positiv oder beide negativ:
W. Gen. 69 Do seein der gotes gwalt. fMichahel hub uf sine hant, Er
tele deine tierele einen slach, Daz der himel under ime brast . .] Vilc michel
ist diu gotes chraft. — ebda. 1102 So bim wir also gemeit, Sam uns wole
si gescehen, fSo ne welle wir sin bihte iehen.j Sus in ruume Eermezze wir
uns daunc gnuoge. — ebda. 1517 Daz si selbe unde ir wib In allen dingen
waren salich [Noch ire chinden Niemmer guotes scolte zerinnen. Den gab
diu erde Gnuog des darane solle werden ...J In alle wis waren si salik.
— Anno 422 Duo irvorhtim dar manig man, fWanti si sagin schinin So
breite scarin sini;J Des libis si alle vorhtin. — Exod. 469 Michel wunder
do genam Den vile tiurlichen man Waz diu suche wäre. (Er negesach nie
mere. Er begundc darc gahen, Daz er iz besähe;] Er wolle gerne ervinden,
Waz wäre an tisen dingen. — Kohr. 10747 Dir wirt der siege ienoch mere.
/Ich wtrne, du mir allez liugest. Und ist arer daz du mich hinaht bei ringest,
Nechumet mir min golt niht vil fruo widere, Du gewinnest vil manigen
ubelen lach,] Ich getuon dir eidlichen unchunden orslach. — ebda. 10829
Si wanden alle warliche Iz war aincs engels stimme, {Die rede begunden
si harte minnen.J Iz chome in von dem hailigen gaiste, Des versahen si
sich alre maiste. — liotb. 264 Ich wenc daz nie so manic man Schone in
(Uz laut ncijuam: (Sie sint alle wol getan, beide ros unde man.] Iz ne-
quamen ne lute so wunnenclichc In diz Uonstantinis riche. — ebda. 574
War umme her in sohle seren? flr herre hete doch schaden mere Dan der
anderin sicheinirj Man nesoldene nicht leiden. - Nib. 2097, 1 Swaz uns
484
BEHAQHEL
gcscliehen künne daz lazet kurz ergan. [Ir habt so vil gesunder und tttrrens
uns bestan Daz sie uns sturmmüedc lazent nicht genesen.] Wie lange stdn
wir recken in disen arebeiten wesen? — Eilh. 194 Daz Jte dir wolle gunnen
des Daz du beschauwest vremde lattt. [Du hast die sinen wol irkant. Die
diuen dir nu alle gerne.] Dir entoug nicht zu enperne Dir werdin ouch atuler
laut kunt. — ebda. 1783 Sich wie das ros teas beslagin: Daz hat den hclt
bergt tragin Der den tracIUn irslug [Merke ebin den gevug: Die ros man
hir nicht besleit Als an desir slawen geit.J Desir die hir gerctin is, Des wes
sichir und getcis, Der hat irslagin den scrjmnt. — Herb. 88 Unt baniche
mincn sin dar ane Daz ich in bekere deste baz. {Wen der ist herte unde
laz.J Ich wil in bigen, ob ich kan. — ebda. 727 Die frauwe begunde sieh
schämen, [Doch vurtreip si iz mit gamenj Unt wart ouch dicke vil rot. —
Erec 320 .So schein diu lieh da Durdi wiz alsam ein swan. (Man sagt,
daz nie kint gewan Ein Up so gar dem tcunsche gclich.f Ir Up scJtein durch
ir sidwc wat Alsam diu lilje, da si stat Under swarzen dornen wiz. —
ebda. 1219 < Wider iueh vergahte ich mich. Des entwanc mich kein not.»
Wan daz mirz min schalkheit gebot. [Des sol ich iu ze buoze stan] Won
ich dar an gevolget han Tumbes herzen rate. — Lauz. 30G4 Da z der
eilende So manic sper brach enzwei [Und doch von dem turnei Mit
eren fuor und ane Verlust, ] Daz er begie so manege just, Michel
wunder da geschach. — Parz. 1 IG, 5 Ez machet truric mir den Up Daz
also mangiu heizet icip. [Genuoge sint gein valsche snel, Etslic?te rahrhrs
Iure: Sus tcilent sich diu nurre.J Daz die geliehe sint genamet De* hat min
herze sich geschamet. — Engelh. 686 Und sin et in daz riche Uf imeer
hohe nulle komen. [Kan unser dienest iht gefromen, Der sol iu werden
hie bereit,} An iu wir beide suocJien Geiutde und ouch gelücke. — I>iokl. 419
l 'nd do der keiser si ersach Des ersten wibes er gar vergas. [So trol orfid
ime ir angesicht; Sin htrze das teart gefangen.] Umb die erste hat er kein
belangen. — ebda. 619 Er seit war daz liebe kint. [Er hat ez baz ilenn wir
gesehen.] Des müessen wir im der warheit jehen. — Ring 3d, 4 Die täpling
allen missend, [Ieder schluog sich an den giel, Der schimpf begond wem
reuwen * Wag, wie laut seg schreuwen.) — Ms. F. 29, 14 (Ich steic in einen
garten) Da was obez innen: Des mohte ich nihl gewinnen. [Daz kom von
unheile; Dicke weget ich den ast:] Mir wart des obezes nie niht ze teile.
— Ms. F. 59, 15 Truric ist daz herze min: [ Wan ez wil nu winter sin,
Der uns sine kraft erzeiget An den bluomen, die man siht Lichter rarux
Erbleichet gance;] Da von mir geschiht Leit, und liebes niht. — Ms. F.
89,9 Swaz ich nu gesinge, Deist allez umbe niht: [mir weiz sin niemen
dane,[ E: wiget allez ringe, (Dar ich han gedienet, da ist min Ion vil kraue.)
— Erinn. 916 Wie gitane freude mac der haben, Der got nimmer gesehrn
muoz? [Wenne wirt im ungenaden buoz, Wurde er gesundert von siner
mitwist, An den dehäin vreude ist?] Wie mücht in immer wirs geschehen,
Die got nimmer Stdn gesehen!
ß) Die eine aussage ist positiv, die andere negativ:
Nib. 101, 2 Daz wir Od verdienen des jungen recken heiz. [Sin Up der
ist so küene.J man sol in holden han. — ebda. 2010,3 ir sult die toten
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ZUR TECHNIK DEK MIID. DICHTUNG.
485
Hute uz dem huse tragen. [Wir werden noeh bestanden, ich wilz iu irar-
liehe sagen.] Sine suln uns under foezen hie niht langer ligen. — Walther
35,9 (Die andern forsten alle sint vil milte, iedoch So statcclichen niht:)
er waz ez e und ist ez noch. [Da von kan er haz damit si dermite ge-
baren.] Er enteil dekeincr lune varen.
b) Die einander variierenden aussagen decken sich nicht,
die zweite aussage bietet weniger:
1) Was auf die zweite der variierenden aussagen folgt,
schliesst sich sachlich unmittelbar an diese an: aba(a):
Laurin 269 Man sol niht forsten phenden Iii foezen und bi henden,
Die wol geben riehen solt, Beide Silber unde golt. [Hin gegen des
meien zit So kument um ander rosen ril. Für war ich das sprechen wil:]
Man sol niht fürsteti phenden Bi foezen und bi henden. (Ich hau guotes
also vil Daz ich der phant niht geben WÜ.) — Lanz. 104 Ein mehtege
samenunge Qewunnen si mit listen, Daz ez die niene leisten, Di den
künic solten warnen. [Do muost er harte garnen Daz er in die mage het
erslagen.] Si geumnnen ein mähtec mögen (Und riten in Offenheiten an.)
— Diokl. 819 Du solt es scfiriben mir, Wie din wille gen mir ste;
Diner Übe tu mir ein wenig schin. [tkler min leben ist zergangen] Schribe
balde, wende min verlangen. (Der knabe sich überreden lie: Ein schribgezug
er entpfie.)
2) Die fortsetzung steht zu den umschliessenden und zu
der in der mitte stehenden aussage in gleich nahen oder gleich
fernen beziehungen (abab):
W. Gen. 3645 Er skiet mit riuwen Von den ungetriuwen, Mit gebun-
denen armen: [Daz mähte got erbarmen.] Manigen zäher er lie Do er
von in gie. — Hol. 5767 Sie waren luter unde reine, Ane rost unt ane
meilen, Sam thin heiligen kindelin, Thiu thurh selben mitten
drehtin Herodes hiez erslahen. [Then kor sculen sie mit rehtcr urteile
hären Wände sie themc heiligen gclouvcn niht ne untwichen.J Aller slahte
lästere waren sie sicher. — Roth. 474 Ich hete eilif sune herlich. Nu sin
ir siltene an desse vart. Owi daz ich ie geborn wart! Waz ich lieber kinder
rirlorin Hanl Lupolt und Erewin Waren die edelsten sune nun. Dise zwenc
nemach ich nimmir verklagen. [Daz sal nu min rat sin, Daz wir varen
herevart.J Mich ruwent scre mine kint. — Nil). 4, 1 Ir pflogen drie kitnege
edel unde rieh, Gunther unde Gernot die recken lobt lieh, Und Giselher der
junge, ein uz eneelter degen, [Diu frouwe was ir swester,] die forsten hetens
in ir pflegen. — Trist. 3050 Und bringet iuwern prisant Ze höre nach
hovelichem site: [Da hovet ir iueh selben mite. So wizzet ouch ir selbe teol,
Wie man den hirz prisanten sol:] Prisantet in ze rehte. — Flore 334 Un-
gern unde Vergalt, Dar zuo Kriechen daz laut Hott er gar in siner
haut. [Ein sin ceheim der Storp, Ein kitnec von gebürte groz, Des Flore
vil wol genoz.] Wände er des küneges lant, Daz Hongerie waz getiant,
Nach sime tode besaz. — Ms. F. 75, 31 Jo hat si mines lones zil Gesetzet
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486
IlKHAfüIKL
an wol tusent jar. [Ich muoz verderben, daz ist war. Min herzeleit das ist
ze breit, Daz ich ie leit.J Min Ion der ist noch unbereit. — Waith. 51.22
Wir suln sin getneit, Tanzen, lachen unde singen Ane dörperheit.
f)Ve teer fröre unfro? Sit die vogele also schone Singent in ir besten donej
Tuon wir auch also! (die anfforderung, ebenso zn tnn wie die vögeh ent-
hält die anfforderung zu singen, also einen teil der einleitenden auffordening>.
— ebda. 67,35 Ez hat schau unde rede verlorn. [Da wonie ein wuntler
inne: daz fuor ine weiz war:] Da von gesieeic daz bilde iesa.
c) Die zweite aussage bietet mehr:
1) Die zweite aussage ist ausführlicher, geht mehr ins
einzelne:
«) Was auf die zweite aussage folgte schliefst sich sachlich
unmittelbar an diese an:
Nib. 15, 2 Ane recken minne so wil icJt immer sin. fSus scane ich wil
beliben unz an minen tot,] Daz idi von mannes minne sol gewinnen nimmer
not. (jYu versprich ez niht ze sere).
ß) Die fortsetzung schliesst sich an die in der mitte
stehende aussage an:
Exod.1299 Alle die lantliute Wurden zenote; [Si gruoben zallen stunden
Vil harte tieffe brunnen,] Der durst tet in vil not, (In wäre hezzer der tot ;
]\'ande sie ze neheiner stunde Wazzer nevunden.)
y) Die fortsetzung steht zu den umsch liessenden, wie zu
der an zweiter stelle stehenden aussage in gleich nahen oder
gleich fernen beziehungen:
Exod. 29 Nu sende mir sanetum Spiritum paraclitum, Der min gebende
lose, [So wil ich gerne chosenj Der heilige ge.st din Ordene die rede min.
— Roth. 91 Ich sage dir ze wäre, Herre, is tot Lipolt. [Die ist der ton allen
herzen holt Utule weit ouch wol, we ez umbe daz wiph stat.J Truwen, daz
is min rat: Der wirbcl dir aller truwelichis umbe daz megetin. — ebda. 1SCÖ
(Unde were aber Rothere gegeren Die unse toclttcr schone,) Sone tröste
dich nieman honen, (Her hette dir uze sime lande Der turin wigatule Gr-
sentit,/ daz dich nieman Mit here torste bestan. — Eugelh. 776 Sus wart
ir adel unde ir zuht Gepriset und gerüemet. [Der hof der stuont geblüemet
Mit den beiden über al.J Ouch treib man umbe als einen bai Ir lop in
deme riche. (Man jach des endeliche Si solten engel beide sant Und niht
menschen sin genant.) — Heinr. v. Fr. 430 Umb dise seliclichen rfmc Machten
kurz iren rat. [Swes man sich vor betrachtet hat, Des rates rede nicht
lange wert. Also geschach in ouch alJiie.J Vil schiere sich berieten sie Und
wurden des ze rate In ir lierzen drate; (Sie wolden Tristande Geben die
wizgehandc.) — Ms. F. 85,23 Mir gat einez ime herzen: [Da von lide ich
manegen smerzen:] Daz ersuochet mir die sinne Beide uzerhalp und inne.
2) Die zweite aussage enthält eine bestimmung mehr:
d) die fortsetzung steht zu der umschliessenden wie der
i
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zur Technik dkr Mitn. Dichtung.
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umschlossenen aussage in gleich nahen oder gleich fernen be-
ziehungen:
Roth. 4070 Ir virdinet daz himilriche. [Ja vore wir godis recht.] Sic er
hie hüte wirt ir »da gin, Des tele sal genade havin. — H. v. Fr. 12H0
Her Tristan hiez nemen war Des knappen mit richlicher pflege, [Wem er
was stete und alle icege Vorbedechtic unde vruot.J Des knappen hübesch
unde guot Hiez der zierliche degen So wol zu siner maze pflegen, Daz
sin weder e noch sit Nie me wart gepflogen haz. — Diokl. 1028
(Herre der groz bome ist also ho,) Daz er dem jungen die sunne verhalt.
[Do von des jungen krafft crkalt.J Do mag kein sunne noch regen zuo.
d) Die zweite aussage bietet zum teil weniger, zum teil
mehr als die erste:
1) Die fortsetzung schliesst sich unmittelbar an die zweite
aussage an:
Laar. 575 Hilf mir werder Dietleip, Von Stire ein ritt er unver-
zeit. [Du soll mich des geniezen lan, Daz ich din rehte steester han.J Nu
hilf mir, degen here, Durch aller frouwen ere. — Eilh. 862 Do wart
der here Tristrant Dorch die stelin ringe gewunt: [Des was he lange
ungesunt. Do stunt ez ane sone, Daz die helede kone Zu samen waren
gerant.J Getount wart do Tristrant Mit eime geluppeten spize. (Wen
mochte des nicJU vordrizen?)
2) Die fortsetzung steht zu den umschliessenden und der
umschlossenen aussage in gleich nahen oder gleich fernen be-
ziehungen:
Nib. 2084,2 Der vil snelle man, Spratic von sinen herren zen
vinden für die tür. [Man wände er witre erstorben:] er kom gesunder
wol dar für.
IL Die in der mitte stehende aussage bietet eine nähere
ausfuhrung des variierten gedankens:
a) Die beiden umschliessenden aussagen decken sich:
1) Die fortsetzung schliesst sich an die zweite der variierten
aussagen an:
W. Gen. 1485 Er sach sine scante, Spottende er danne wante, [Sine
hende sluog er zesamine.] Sines vater honde hete er ze gamine.
2) Die fortsetzung schliesst sich an die in der mitte stehende
aussage an:
Roth. 1857 Wie mochtin uffe der erden Die mantele immer werdin
Bezzer mit gevoge? [Die invillc waren hermelin ...] Wie mochte turirs
icht sin? (Dar zuo smactiz suze.) — Iwein 1110 Alsus beleip im daz leben,
Do daz tor hernider sleif. [Ez sluoc, als ich vernomen habe, Daz ros ze
mitiem satel abe, Und schriet die swert scheide Und die sporn beide Hindcr
der vertaten dan:] Er gnas als ein sa>lec man. (Do im daz ros tot lac.)
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B1EHAGHKL
3) Die fortsetzung steht der umschliessenden und der um-
schlossenen aussage gleich nahe oder gleich fern:
Roth. 1304 Wol cntfengen sie die armen Atule lezin sich ere not er-
barmen. [Dicke richte man den tisch: Da was daz inbiz geieis Allen die
des gerochten, Daz sie den helit gesochtin.J Den besclieinete men groze
minne Unde brachte sie alles godes eninne. — Herb. 494 Do gingen die
herren tcol bereit Hin gegen dem burctore. [Die junccherren gingen rore
Die in trugen ir swertj Do gingen sie zu der stat wert.
b) Die zweite aussage bietet weniger als die erste, die
fortsetzung knüpft an die zweite aussage an:
Roth. 3092 Dar in trouch man golt rot, Nuschen unde böge unde
harbant, Seltscne kramgewant, [Daz santc Constantin Mit rade na der
tochter sin.] Daz got begunde man zo tragin: (Scire wart der kiel gcladhin.)
c) Die zweite aussage bietet mehr als die erste:
1) Die fortsetzung knüpft an die zweite aussage an:
Eilh. 758 Ouch gab her im da: ros sin; [Daz was ein edel kastelan . . .]
Daz gab der koning riche Sinem nefen minneglielie Und ein swert zu
maze breit: (Den stal ez nergin vormeit, Sica ez mit zome wart geslagin.)
2) Die fortsetzung steht zu den umschliessenden wie der
umschlossenen aussage in gleich nahem oder gleich fernem
Verhältnis:
Kehr. 11053 Kr ist ain marterare here; [Mercurius hiez er . .. Er
was ain vurste in dem lande, f Durch gotes ere Wart gemartert der hailige
herrc. — Roth. 3064 Lonis du mir Constantin, Ich Itrcnge dir die tochter
din. [Wir mozin aver einin kiel ha ein, Die maniger hande wondir trage,
Golt umle stehie ...] Nu sprich waz du mir biedis; Utule behaget mir die
mede, Ich sezze in urteil den lif, Ich nebrenge der liotheres wi[. (Genadhe
herre, sprach Constantin, Ich icize dich u[ den scaz min ...) — Erec 1064
Doch räch erz ze rehte. [der zwerg wird geprügelt.] »SV« unzuht irorf ge-
rochen, Daz daz bluot ab im ran. — Laiiz. 122 Der Hute lutzrl do
genas, Die sie in der vorburc [unden; [Sie taten manege wunden Den
alten zuo den kinden.J Sie entcolten niht cricinden, E si sie gar ersluogen,
Wan si riwec herze truogcn. — Diokl. 1179 Üch gescJiicht argers denn
eym ritter geschach. [Es wirt gar ein herte sach.J Noch übeler wirt es üch
ergan, Dm er dem ritter hat getan, Der sinen besten wint ersluog.
3) Die zweite aussage nimmt ein glied der ersten nicht
auf und fügt ein neues hinzu, ohne dass die fortsetzung eine
nähere anknüpf ung bietet:
Herb. 1146 Unt hüben sich stille dan, [Die [rouwen er mit im natn.
Die schone wise MedeamJ Unt hüben sich uf da* mer.
III. Die in der mitte stehende aussage bildet den inhalt der
ankündigung, die in den umschliessenden aussagen enthalten ist:
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ZUK TECHNIK DEU MHD. DICHTUNG.
489
a) Die aussagen decken sich: die fortsetzung schliesst sicli
an die mittlere aussage an:
Kehr. 11209 Ich sage tu ze aim bispelle: [Ain Hut heuet Hebrei.J
Da sult ir tumen pilde bi. (Den zeicte got ain vil guot laut.)
b) Die zweite aussage bietet weniger: die fortsetzung hat
zu den umschliessenden wie zu der umschlossenen aussage
gleich nahe oder gleich ferne beziehungen:
Nib. 149,4 Des anticurte Gernot, ein ritter teilen und gemeit:
[Daz wer et wir mit swerten,] so sprach Gernot. — Ring 5(1,37 Doch für
war s ich euch daz künde Nach der häiligen geschrifte sag: [Die
nmd ich nit vergeben mag ...] Daz sey euch von mir gesätt.
c) Die zweite aussage bietet mehr (wie unter b):
Kehr. 10568 Hec dicit apostolus: [Hie mit soltu beslozzen sin,] Ge-
bildet dir sanete Feter der maister min.
IV. Die in der mitte stehende aussage enthält eine erklä-
rung über die umschliessenden aussagen:
a) Die beiden aussagen decken sich; die fortsetzung schliesst
sich sachlich an die zweite der umschliessenden aussagen an:
Erec 1044 (Daz ez die magt hat geslagen, Daz enwil ich niht ver-
tragen:) Vonrehtesol er garnen daz [ünde sage in umbewaz:] Da tet im
sin unztüä so wol, Daz man ims Ionen sol [Ez soltz der magt niht haben
getan. — ebda. 1219 Wider iueh vergahte ich mich: [Des sol ich iu ze
buoze stan; zu spät bereue ich meine tat.y Iu ist von mir geschehen leit.
(Ich binz der iu widerreit.)
Das eigentümliche der widerholung ist in Erec 1044 noch
der umstand, dass man nach der in der mitte stehenden er-
klärung statt der widerholung den grund für die erste aus-
sage erwarten würde (s. oben s. 473, 5).
b) Die zweite aussage bietet mehr als die erste: die fort-
setzung schliesst sich unmittelbar an die zweite aussage an:
Herb. 648 Zu dem ersten ez deine bran, Sint bran iz serc, [Daz ist
niht anders mere.J Do sie die minne ane geswanc, Noch dan was sie so
kranc, Sint quam sie in die sinne: Do sterkete sich die minne, Als ir wol
gehört her na.)
c) Die zweite aussage enthält teils weniger, teils mehr als
die erste; die fortsetzung schliesst an die zweite aussage an:
Iwein 8 Er hat bi mitten ziten Gclebct also schone, Daz er der cren
kröne Do truoc und noch sin name treit. [Des habent die warheit Sine
lantliute: Si jehent er lebe noch Mute.] Er hat den lop erworben, Ist im
der Up erstorben. So lebt doch iemtr sin name. (Er ist lasterlicher schäme
Beiträge «ur geschichte der deutschen sprach*. XXX. 33
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400
HEHAUHEL
Jemcr vil gar erteert, Der noch nach sinem 8Üe vert.) — Piokl. 47 (hteh
bitten ich uch uz hertzen gir, Daz ir einer bett icollent volgcn mir. (Da:
ist das hinderst daz ich üch bitt:] Min lieber herr, nu zornent nit, Da:
bit ieh üch durch den zarten got. (Ich han doch ie geleist üirer gebot. |
— Ms. F. 15,1 Vil scharne unde biderbe, Dar zuo edel unde guot, So
\ceiz ich eine frouteen: Der zimet teol allez daz sie tuot. [Ich sage es
nicht, weil es mir vergönnt war, mit ihr zu reden oder bei ihr zu liegen:
es ist wahr.] Sist edel und ist sefurne, In rehter maze gerne it. lehn
such nie eine frouteen Diu ir Up schöner künde han. (Durch dtiz teil
ich mich flizen, Swaz sie gebildet, Daz daz allez si getan.)
V. Was in der mitte steht, bringt ganz neues, führt die
erzählung, den gedanken weiter:
a) Die aussagen decken sich:
1) Die fortsetznng schliesst sich unmittelbar an das zweite
glied der Variation an:
Rol. 6306 Then arm er im abe swanc. [Unter thtu teart ein michrl
gethranc: l'heme kunige sie hine hülfen; (die heiden fliehen; der könig ver-
birgt sich; Roland sucht den könig und erschlägt alles.) 7 Ther kunine
verlos sinen zeswen arm. (Kr floh vile scantliche.) — Xib. 164,3 Do bot
die riefte gäbe (hinther der künec guot, [Nu saget, sprach do Gunther, den
vianden min, Si mugen mit ir reise wol da heime sin.] Dm boten rieht
gäbe man do für truoc: (Dine forsten niht versprechen die IJudegeres man.)
— Eilh. 112 (Her teant die hende sine Und weinete bitterlichen,) So tattn
sie alle geliche Die da mit ime warin. [Sie stundin bi der barin,] Sie
sehnten unde teeinten, (Wol sie bescheinten, Daz in die traute e nahe ging. )
— Iwein 739 (Ich tjostierte teider in:) Des vuort er min ros hin. [Daz beste
heil daz mir geschach, Daz was daz ich min sper zebrach. Vil schone salzte
mich sin haut Hinderz ros an daz lant.J Er nam min ros (Und liez tnich
ligen.)
2) Die fortsetzung steht zu den umschliessenden wie zu der
umschlossenen aussage in gleich nahem oder fernem Verhältnis:
W. Gen. 929 (Adam und Eva sollen ihre schuld bekennen:) leider si
newolten, [Wattte si nesolten. In ir alten rede si stunten, Die senlt nf
einander wullen:] Si newolten sich ergeben. — Kehr. 10681 Daz sie durch
ir groze not Den Unten wuosc ir tuoch, [Si chochete unde buoch,] Komaren
wuosc si ir gewant. — Roth. 2249 Der ist Bother also leib, [Her nelmt
dich virtricen nicht. Swannen du verist, helit balt, Du bist ein bode her ge-
sant.] Di sint des kuningis hulde lieb. — Laur. 414 (Da von gewinnst»
fröudcn vil.) Für war ich daz sprecJten sol: [Ich gan dir der ere wol Baz
denne dem libe min. Nim hin ditze gürtelin; Daz soltu gürten umbe den
Up, So sihestu an der selben zit Diu getwerc in dem berge wol.] Für war
ich daz sprechen sol. — Eilh. 618 (Ich gelobe bi allem rehte,) Daz ich daz
wil gerne tun. [Mine hülfe hat er dar zu,] Und ist mir innigliehin Up. —
Herb. 1959 Uz minen ougen balde! [Daz uwer der tufel tcalde.'J Bumei
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ZUR TECHNIK DER MHD. DICHTUNG.
491
balde min laut. — Erec 535 Nu hat got über mich Verhenget swes er wolde.
[Amiers demxe es solde, So ist min leben nu getan. Daz teil ich von gote
han. Kr mac den riehen steenner teil Dem armen geliehen.] Sin geicalt ist
an mir worden schin. — Lanz. 580 Min bare diun ist niht verrc hie: [Da
geruochent ir beliben Und hübschent mit den wiben: Die macfient tu kurze-
teile.] Dar enist niht ein halbiu mile. — Flore 42 Eins zagen Iverze ist ze
swach, Daz er unsenfte lebe linde nach tagenden strebe. [Des tugent diu
verdirbet, Under stundn er si verbirt.J Der enteirt an libe nocli an guote
Umbe tugent schadehaft. — W. gast 627 (in sinem muot man stillt sol
Einn vrummen man erwerben wol) Und sol sich rihten gar ttach im: Daz
ixt tugent unde sin. [Er sol die naht und den tac An in gedenken, ob er
mac. Em sol dez verlazen niht,] Und steaz im ze tuon geschiht, Da volge
mit dem biderben manne. — Ms. F. 61, 9 Des bin ich getrost ie mere Daz
mich die nidigen niden. [NU und elliu bassiu lere Daz müez in daz Iverze
sniden.] Ich teil leben mit den bliden, Mine blitschaft nifit vermiden. —
ebda. 83, 11 (Ich han mir selben gemachet die stecere,) Daz ich der ger diu
sich mir teil entsagen. [Diu mir zerwerbenne vil lihte wäre, Die fliuhe ich,
tean si mir niht kan behagen.] Ich minne die, diu mir es niht teil vertragen.
In einem fall stehen die einander variierenden aussagen
am anfang und ende zweier aufeinander folgenden Strophen
ond somit zugleich am anfang und ende eines gedichtes:
Ms. F. 83,11 Icli han mir selben gemachet die sweere, (Daz ich der
ger diu sich mir teil entsagen,) [Die fliuhe ich, tean si mir niht kan be-
hagen ... 7 Den kumber tum ich mir selben getan.
In zwei anderen beispielen steht fast ein halbes hundert
verse zwischen den übereinstimmenden aussagen; auch hier
bildet die zweite aussage einen abschluss, wenigstens den eines
abschnitts der erzählung:
Iwein 615 War ich gewesen vür war Bi dem brunnen zehen jar, lehn
begiizze in nimer me: Wan ich het ez baz gelazen e. [Lange weitererzählung :
771:] Und sa>z ich iemer da bi, lehn begüzze in niemer mere: Ich engalt
es e so sere. — Erinn. 789 Als ein diep begriffet dich der iungiste tac:
Diu guot dich mht gevristen mac. [Lange rede; 849:] Als ein diep begriffet
dich der jungist tac, Din guot dich niht gefriden mac, (Du last ez allez
hinder din.)
b) Die zweite aussage bietet weniger als die erste:
1) Die fortsetzung schliesst sich an die zweite der einander
variierenden aussagen an:
Roth. 568 Mit der vust er in scloch, Daz ime uz den halse vuor daz
bluot Und er ouch lach drie nacht, Daz er nehorte noch nesprach. fDo
sprachen Bercheris man, Her hete ime al rechte getan. War umme her in
solde seren? Ir herre liete doch schaden mere, Dan der anderin sicheinir,
Man nesolde ene nicht leUlen] Der herzöge hette den schaden, Im was ein
33*
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492
ÜEHAdHEL
micltil slach geslagen. — Nib. 5. 8 Die Herren waren miUe, mit kraft un-
mazen kücne (ihr land ist Burgund, sie wohnen in Worms;) In dienete ron
ir landen vil st oh tu ritterscaft Mit lobelichen eren. [Ihre eitern waren
llote und Dancrat,] Die drie künege waren, als ich gesaget han, Von vil
hohem eilen: in waren undertan Ouch die besten recken. (Daz tcas ron
Tronege Hagetie.) — Laur. 151 Sehet do kam dort her geriten Ein gctwcrt
mit swinden siten, Daz was Laurin genannt. (154—230 Beschreibung
Laurins.) Laurin kam für geriten (Die ßrsten heten sin gebiten.) —
ebda. 897 (An dem selben morgen) Komen sie unverborgen Für den
berc lob es am Uf einen wünneclichen plan Under eine linde grüene, [Da
erbeizten die helde küene. Ir ros duogen sie uf den plan.] Der was so
rehte wünnesam. (Uf dem plan stuont bluotes vil.)
2) Die fortsetzung steht den umschliessenden wie der um-
schlossenen aussage gleich nahe oder gleich fern:
Engelb. 885 An jaren unde an sinne Was diu vil rehte kluoge Ge-
wahsen in der fuoge, Daz si bedenken wolte, Waz werdem manne solU
Schone und lobelichen stan. [Si wolde in ir gedanken han Uz enrelter
manne pris.J Wer hövesch weere in alle wis, Des künde si getearten.
c) Die zweite aussage bietet mehr als die erste:
1) Die fortsetzung knüpft unmittelbar an die zweite der
einander variierenden aussagen an:
RoL 6311 Ze fluhte sie sih huoben. [Thie heitftenen riefen alle ze
stete: Nu rih unsih, herre Mahmet.] Sie fluhen ze den stunden Sam ther
hirz vore then hunden, (Der kuninc verhal sih mit listen.) — Laur. 131H
Do wapenten sich die viere. [Wan Dietlcip der junge degeti, Diu getwrrc
heten in daz leben Ane schaden wol genomen; Vaste werte sich der degen.
Des vlos manec tweic sin leben.] Die wile wapenten sich san Die vier
recken lo besam. (Do sprach der von Berne.) — Eilh. 1054 Zu lest be-
gunde im stinken Daz geluppe uz der tcunde, Daz nieman enkutide Im
von stänke nahen. [Er wird in ein besonderes haus untergebracht; klagen;
1082:) Sine ivundc im so scre stang, Daz sie in medin gemeine, Niwan
der koning alcine Und der troyseze Tinas, Die des armen sichen
plag in. (Alle tage sie zu im sagin.) — ebda. 1185 Uf dem se ich schaden
natu. [Ich was ouch ein speleman. Der wint hat mich getrebin here.] Ich
bin beroubit uf dem mere. Ich bin getarnt biz an den tod. (Do he gesach
sine not Do hiz her sin wol plegin.) — Tr. 3551 Mit den (mit seinen
blinden) so ruorte er unde sluoc Ursuoclic und notelin genuoc Seltsame,
süeze, guote. [Hie mite wart ime ze muote Umbe sine leicht von Bhtun.
Sus nam er sinen plectrum, Nagel unde Seiten zoher . . . J Sine noten und
sine ursuoche, Sine selts<me grüeze, Die luxrphte er also süeze, Und machete
si so schone, Daz iegelicher dar zuo lief. (Vil schiere kom diu
hoveschar.)
2) Die fortsetzung schliesst sich an die «*o xotvov stehende
aussage an:
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493
Eilh. 69 (Und tet im schaden grozen Mit sinen vechtgenozen.) Daz
vomam ein koning riche, [Der quam ouch ritterliche, Der was Rivalin ge-
nant,} Der horte sagin mere Daz dem koninge tvere Geschadet an
manegin enden. (Dar begunde er wenden Und dinte im offinbare.)
3) Die fortsetzung steht zu den umschliessenden und der
umschlossenen aussage in gleich nahem oder gleich fernem
Verhältnis:
Hol. 5183 Sie huoben thie ftuht. [Tha xcart posiu manzuht. Sie be-
fielen daz gevildej Unde fluhen ane thie perge. — Roth. 1020 Mich
machten trunkin mitte man. Von du nekan ich nicheime goten knechte Ge-
anwarten zo rechte. [Min drouwe newart nie von sinne getan. Des geloubit
mer, herre Asprian,] W'an diz mer noch in deme libe umbe gat Unde mich
so geweltigit hat, Daz ich widir nweris herren man Negeine gote rede
nekan. — ebda. 2241 Her bozte mer dicke mine not; [Des lone ime noch
got. Wir nuzzen vroliche daz lant Unde leveten vroliche samt.] Her teas
mir ie genedich unde got, Allen have mic nti virtriven der helit got.
— Laur. 108(5 Mit armen si in umbevie, [Si halste in und kusien Und
druete in an ir brüste:] Si besloz in mit den armen, Daz ez muoste er-
barmen. (Er sprach: vil liebiu sicester min.) — ebda. 1644 Tuo diner
tugetule an mir gelich. [La mich niht ungewert hie mite Und tuo noch
stres ich dich bite. W'an man vil tilgende ton dir seit:] Die laz ouch mir
sin bereit. — Waith. 483 Durch die Hute bin ich fro, Durch die Hute wil
ich sorgen: [Ist mir anders dannc also, W'az dar umbe? ich wil doch
borgen:] Swie si sint so wil ich sin, Daz si niht verdrieze min.
d) Die zweite aussage bringt zum teil mehr, zum teil
weniger als die erste aussage:
Die fortsetzung schliesst sich unmittelbar an die zweite
der einander variierenden aussagen an:
Kol. 5416 Fluide sie sie noten Mit irc scarphen swerten, [Tha:
sie sih ze jungist niene werten: Sie vielen sam thaz vihe zetale.] Sie sluogrn
sie von theme teale lichte sam thie hiinte. — Eilh. 862 Do icart der
hcre Tristrant Dorch die stelin ringe gewunt: [Des was he lange un-
gesunt. Do sinnt ez ane sone, Daz die helede kone Zu Samen waren gcrant.]
Gewunt wart do Tristrant Mit eime geluppeten spize. — ebda. 1664
Der helt do den sige genam An dem t rachin, der was gros. (Swie vele
her des sint genoz, Her kouftez doch vil turc ...] Den sege hate he ge-
wannen Mit menlichir deginheit. (Die zungin her im uz sncit.)
Derselbe gedanke kann aber auch mehr als zweimal aus-
gesprochen werden, uud zwar ist eine dreimalige Verkörperung
derselben Vorstellung gar nicht selten:
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404
BBHAGHKL
A. Die aussagen schliessen sich unmittelbar aneinander
an (eine weitere gliederung nach dem gegenseitigen Verhältnis
der verschiedenen aussagen scheint hier nicht mehr nötig):
W. Gen. 1G4 Er hiez die triU allez daz neren 1
Mit dem wochere wxde si bare, j
Daz si ime all eme wunne wäre, 1
Also iegeliches nature wäre getan, f
Er hiez sie ez allez biwaren \
Mit wäre ioch mit reste \
ebda. 433 EUiu dinch furhten dich \ I*we noch einhurnc
Alsame mich. } Scone sineme zonie,
Nieth si so gndich, \ Swenner dich fememe,
Iz ne widersitze dich. J Sine grimme er hine lege.
ebda. 10C4 So c?iom si in umnäht, So was churz ire chraft, So was si fure
tot. — ebda. 3289 Alle sis erslogen, Neheinen uberhoben, Sueher unte ge-
suicn Ilten si rerniden. — ebda. 3384 Suie michel wäre din chlage. Du
m ose s si (dein weib) tragen zu dem grabe. Vil du gechlagetest, Suie luzzcl
du darane habetest. Mit amere du dane gienge, Vil lucel du damite ver-
eidige. — ebda. 3791 Vile mähte si sih es gemun, Er newolte sin niht tun.
Vil »iahte si sih es pelgen, Er neivolte ir volgen. Daz hur er vermeit. —
Exod. 800 (Durch was tuost du ungemach Dineme chunnelinge?) Des solt
du erwiuden. Siege unde stozze Solt du im erlazzen. Durch die gotes minne
Solt du is erwinden. — ebda. 352 (Sie wollten trinken) Daz begunden in
ueren llirte unsuozze, Si wolten si verstozzen, Si newolten in gunnen Des
selben brunnen. — ebda. 485 Twele eine wila: Nicht du negahest, Here so
harte nahest. — ebda. 832 Mit heile muozzest du raren, Din got sol dich
be waren, Dieh sende er mit gesunde Heim zu dineme lande. — ebda. 13t>4
Ir bittet got daz er sinen zorn Ein
Unde mich ledige von dirre not. — Alex. 216 Unt lertin ze dinge sitzen,
Vnt lertin, wie er daz bedahte, Daz er von deine unrehti beschiede daz rehte;
l ud wie er lantreht bescheiden chunte Allen den ers gunde. — BoL (»146
Ire herce teas geseret, Ire leit harte gemeret Ane Oicme aller tiuristen kann".
Ire frowethe unt ire wunne Was utisanfte geletzet. Sie waren harte ergetzet
Ire frolidien heimverte. — Kehr. 10159 Silvester last du mich nu hören
und sehen, Daz duz mit gote maht widertuon; Und vorderst du sinen namen
dar zuo; Last du mich diu wort hören, (Ich wil midi nach dir cheren.) —
Roth. 414 (Nu sagit man von schazze und von golde:
Der kuninc heiz iz abe tragen
Und beval iz Birne, kamerare;)
Daz er is also plege \
Sowannc man iz luxben solde; ]
Iz wäre wafen oder vane, \
Daz is icht queme dane; \
Swa ein ros irsturbe, i
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ZUR TECHNIK DEK M MD. DICHTUNG.
495
Daz ein ander widir gewunnin wurde: \
Daz gebot er ime an sin leben }
Und heiz in des so plegen, \
Ob man iz immer wider gegebe, \
Daz iz dar allez were. \
ebda. 4682 Wenne durch des koningis ere, Dune bescouwedis nimmer mere
Weder lüde noch laut. Dich sloge der selve valant. Inbreche her von den
lannin, Diu levenl were irgangin. — Nib. 34, 2 In höre Sigemundes der
buhurt wart so starc, Daz man erdiezen horte palas unde sah Die hoch-
gemuoten degene die heten grcrzlichen scal. Von wisen und von tumben
Man horte manegen stoz, Daz der scefte brechen gein den lüften doz. —
Eilh. 1071 Da wart der siehe in getragin Mit unmezigen clagin Obir lut
und tougen. Do worden lutir ougen Trübe von iceinen, Do man den helt
reinen i'z der stad in daz hus trug. Lute volgeten im genug, Die alle sere
clageten, Daz sie verlorn habeten Also den wigant. — Herb. 602 Was ir
farwe wiz rot far, Noch rechte wiz noch rechte rot, Wen als zu der mazze
was not. Noch wiz noch rot darinnc schein, Daz man zwischen disen
zwein Hellte da mitten abe nam. Zuo einer gemisten varwe es quam. —
Erec 899 Wir velschen beide ritters muot Da mit und wir ie mitten tuon;
Ez ist sunder pris und ane ruom. Unser blwde: rehten Gezimt niht guoten
k ruhten. Unser siege gent niht manlichen, Wir vehten lästerlichen. — Iwein
160 Er sprach: vrouwe, es ist genuoc. Ir habt mirs joch ze vilgeseit; Und
het irs ein teil nider geleit, Daz zieme iuwerm namen wol. — ebda. 1466
Waz sol ich, swenn ich din enbir? Waz sol mir guot unde Up? Waz sol
ich unsa'ligcz wip? — Parz. 160,11 (Er was doch mässenie alhie) Also
daz kein ore nie Dehein sin untat vernam. Er was vor wildem valsche
zam: Der icas vil gar von ime geschaben. — Engelh.270 Somacvilkumc
ein edel man Wert gesin in kranker habe. An hoher wirde get im abe,
Swenne er gehles niht enhat. Als ez nu in der werde slat, So darf ein
man wol guotes, Der edeles herzen muotes Wil pflegen unde spulgen. —
ebda. 524 So laz mich raren mit dir hin, Dar du keren wellest nu. Vil
bezzer ist daz ich unt du Mit ein ander strichen Dan ob wir sundcrlicJicn
Iegelicher füeren. üb wir zein ander swücren Geselleschaft, waz würde daz?
Uns beiden wäre deste baz. — ebda. 536 So wil icJi keinem manne Ge-
selleschaft so gerne geben. Mich dunkel din vil reinez leben In der sale-
keite wol, Daz ich dir gerne leisten sol Brüederliche triuue gar. Vil harte
gerne ich mit dir var. — ebda. 566 Ach lierre got, wie gar bin ich Eins
geverten nu gewert. Allez daz min herze gert An geselle Schafte nu, Daz
hast, vil lieber herre, du Nach vollem wünsche mir beschert. Ob dirre knabe
mit mir vert, So bin ich immer Salden vol. — II. v. Fr. 761 Minne unde
lust die giengen entwer Under in hin unde lier. Die maget in siner minne
bran, Und in ir minne bran der man. Er gert ir, sie gerte sin. — ebda.
1389 Swer aber daz vorschulden kan, Und im des heiles vrou Seide gan
Und im den trost Gelücke birt. — ebda. 1416 Sin herze daz wart muotes
col, Im stolztc herze utuie muot, Sin muot der wart so rehte guot Und uf
die hübschen mere vordacht. — Diokl. 602 Nu sint ir siben meister kluog,
Ir künnent die geschrift und allen fuog Und habent an üch groz vernufft.
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4%
HKHAGHEI.
— \Y. gast 459 Ein vrouwe sol niht hindcr sich Dicke sehen, ilunket mich.
Si sol <jf h dir sich geriht Und sol ril umhe sehen niht.
B. Es schieben sich Zwischengedanken zwischen die iden-
tischen aussagen ein, so dass die widerholung als wideranfnahme
ersrheint:
I. Die einschiebung erfolgt zwischen den beiden ersten
der identischen aussagen:
Diokl. 881 Er hat minen Up gar nach gescheut, find wercnt ir nit
gar balde komen.J Er heil min ere mir benomen. Ich wer wurden gar :u
Schanden, tlfctt ich ime nit widerstanden. ) — Ms. F. 43, 1 Mich tnüet (deich
von der heben dan So cerre körn,] des muos ich wunt Beiiben: dest mir
ungesund
II. Die einschiebung erfolgt zwischen der zweiten und
dritten der identischen aussagen:
a) Die weitere fortsetzung knüpft unmittelbar an die letzte
der identischen aussagen an:
\Y. iien. 33*23 t'wer ieglich Fringe sinen roub fure mich. Swaz er da
genamc. Da; pringe here ril begarwe. fl'b got wil, Des nebistet hie pore-
rite: Ihe heolenisken meilin Nisculen unsich niht unreinen,] Lat mich stiert
alle sehen, Swaz sin uwer ieglicheme ze teile si gesechen. ( Vile skiere si
brnfittn. Daz $i da gerouhten.) — Rol. fiOOt» Xirmcr gerate ih iz tJtir («Im
M.vseu «los hornos), Xoh ist iz min wille. [Jlalcstnz in zit getan, So hatesiu
NMMfiKM herlichen man Themc riche behalten ...] Niemcr mere geplas thi*
hont, ( 1 her keiner ne mah uns niht zt helfe komen.) — Roth. 307 Xu sal
i; dir Mtmhei sin Durch dines herren willen; Nu werph swaz du willes.
//>«< bist ein wetlicher man,] Du salt minen urlob han. {Do sprach Lupolti
— Knpelh. 93*2 <hwh künde si beluogen Ir zweier salde tougen Mit herzen
und mä ougen So schone und also rehte, Daz man zicen edcle knehte Als
innccliche nie besneh. Swenn ir diu state do grschach, Daz ir nienten wart
<}rwar. So warf' si die gesiht aldar Vf die vil saldcbirren. [Si künde icol
betCirrcn In beiden minnetücke.] lieht als si wirren fhtcke, Sus fuoren uf
si dicke Ir spilende ougen blicke. (Und ulzehant do daz geschach, Daz si
mit ougen si besuch.) — Diokl. 993 Des jungen boumelins du war Htm,
End luge sunderlichen wol zu im. fleh hoffen er solle besser werdm Denn
der alte ie wart uff erden, Wie vil er lute erncret hat,] Darumb so tuo ime
guten rat. i Der gartencr sprach: ich tuon cz gern.)
b) Die fortsetzung stellt zu dem zwischengedanken und
dem schlussgedanken in gleich naher oder gleich ferner be-
ziehung:
Eilh. 834 Xein, des mag nicht gesin, Sprach Morolt der starke; Ich
wil den koning .Markin Des Zinses nicht vorlazin; fSic mochten alle wenen,
Daz icJi daz vor vorchte tcte:J Alsulchir clugin rcle Mag ich dir nicht ror-
volgin. (Mir worden alzu sere irbolgin Alle mines leeren laut.) — W. gast 90
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ZUK TECHNIK DEU MIID. DICHTUNO.
407
CM hau einn andern sin erkorn.) Daz ich mich des gern vlizen teil Und
teil dar uf gedenken vil, [Daz man mir verneine wol;J Dar nach ich temmer
ringen soL
III. Die einschiebung erfolgt an beiden stellen:
a) Die fortsetzung schliesst an den schlussgedanken an:
Parz. 138,27 (Got halte iueh, sprach des knappen munt,) Wer gap
iu den riter wunden? [Der knappe unverdrozzen Sprach:] wer hat in er-
scJwzzcn? [Geschahcz mit eime gabilot? Mich dunket, frouwe, er lige tot./
Welt ir mir da von iht sagen, Wer iu den riter habe erslagen? (Ob ich in
müge erriten, Ich teil gerne mit im striten.)
b) Die fortsetzung steht dem letzten einschub und dem
schlussgedanken gleich nah oder gleich fern:
Kehr. 10996 Nu solt du uns suntigen wegen Unt gefrist uns duz leben
Vor dem gotes widerwarten. [Du truogc uns den in dise werlt ze tröste,
Der uns von der helle reloste; Er ist suoze unde guot ... J Xu relos uns
von dem grimmigen man, Das er unsih iht zestore, Diu dinest hie iht
geiire. [Daz dingen wir an dich:] Hailigt maget, nu relosc mich. — Diokl.
649 Hcrre wir tcollent für traben /Und wcUent studieren unser list, Das
unser ieglicher üch gefrist Einen tag, des bedurffent ir.J Hie mit so wollent
riten wir. [Disen harsch sollenl ir bi üch behüben.] Wir wüllent unser
strass traben. — ebda. 83(5 Der gewin dächt mich dein, [Das weis got der
rein; So sündet ich ouch swerlieh hie an,] Kein guotes ich hie merken kan.
[Mins vatters fluoch ich gar entpfieng.J Niht nutzes mir daraus: ergieng.
Viermaliges aussprechen desselben gedankens ist schon ganz
selten:
A. Hei unmittelbarem anschlnss der verschiedenen fassnngeu:
Tr. 3494 Er künde und wolle in allen leben. Lachen, tanzen, singen,
Riten, loufen, springen, Zuhlen unde sehallen: Daz künde er mit allen. Er
lebete, swie man wolle, Und als diu jugent solle. Surs ir deheiner began,
Daz huob er iemer mit im an. — H. v. Fr. 1450 Er wil muh aeentiure
t arn. Sine jugent die gehiuren Die wil er aventiuren. Aeentiure wil er
gern Und aventiure teil er wem. Sicer aventinre an im gert, Aeentiure er
den geteert.
B. Bei einschiebung eines zwischengedankens:
a) Nach der ersten der identischen aussagen:
Engelh. 1168 (Do nam diu schaue da zehant Ir zweier namen in
den munt,) Die begundes an der stunt Merken unde prüeren sa. [Hessen
name ihr besser gefiele, den wollte sie lieben.] Ez wurden von den lobe-
samen Gemerket dise zwene namen, Dieterich und Engelhart. Ir zweier lut
vil dicke wart Geprüevct von der scho nen. Ir hellen und ir dwnen Begundes
ahten sere.
498
BEHAGHEL
}
b) Vor der letzten der identischen aussagen:
H. v. Fr. 1394 Den hat man uz besunder In so hoer werdikeit. Und
wirt sin lop so wit, so breit. Und siner cren kric Von alle der massenie
Wirt geruofen uf daz zil, [Daz einem künige teer zu vil Der sehalb&ren
werdikeit, Die im ze hove da tcirt bereit:] Und wirt sins lobes schal gesant
Mit hoer tcirde in alle lant.
Endlich fünfmaliges aussprechen desselben gedankens ist
nur einmal belegt, mit einschiebung eines zwischengedankens
vor den beiden letzten der identischen aussagen:
Engelh. 448 Der was gestalt reht als ouch er, I
-4« libe und an gebare. J
67 waren beide zware
Sere glich ein ander.
Wan eine forme vander \
An in beiden, steer si sach. j
[Got, aller Salden überdach,
Der heete an in gewundert.]
Si waren ungesundert
An allen dingen beide.
[Kein ander tinderscheide
An ir bilden wart erkant
Dan daz ir pferl und ir gewant
Ein ander waren ungelich ...]
Daz si gelich und eingevar j
An allen liden waren, 1
Da mohten bi den klaren \
Die Hute kiesen wunder an. )
Es bleiben noch einige besonders eigentümliche fälle der
widerholung zu verzeichnen.
Ich erwähne zunächst den fall, dass bei der widerholung
einer gruppe von Vorstellungen die einzelnen glieder der
gruppen verschiedene anordnung aufweisen können:
Eilh. 812 Eigen unde lehen
Wü ich mit dir teilin,
Und durch dich vuren veile
Unser Hb unde gut,
o f Daz du kerest dinen mut
~ \ Und lazest den kamp sin.
Gedenke an den Up din! 1
Daz dunkit mich gar teol getan. \
Sal ich dich nu zu dode slan,
Daz ist mir inniglichin kit.
1,
{
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ZUR TECHNIK DER MHD. DICHTUNG.
400
Schone jungeling gemeit, \
Bedenke dich des in zit 3
Und vriste dinen jungen Up! '
Ich spreche das xcerlichin: >
Ich teil dich madten riche \ 1
Und gebe dir halp min erbe i
( Sol ich dich nu vorterbin,
4 | Daz ist vil schedelich getan:
2 { Ilir um saltu din vechlin Um.
Erec 479
{So suocfie ich helfe xinde rat.
Uf gnade so si itt bejehen:
i Mir ist ein leit von im geschehen,
2 ! Daz ich immer klagen sol,
[ JSzn si daz ich michs erhol.
(Sin geticerc mich harte sere sluoc;
Daz ich im durch not rertruoc:
j lEz was getoafent unde ich bloz,
' Des iz do benamen genoz.J
3 { Oroz laster muost ich do vertragen.
I Daz sol min herze immer klagen.
2 ! Mim gefüege got noch den tac
\ Daz ich ez ge rechen tnac.
j Rates muoz ich iueh biten.
1 | Beide, helfe unde heil
IStat eil gar ane teil,
Herre, in iuicer hant.
Weiter kann es bei widerholung einer gedankenfolge ge-
schehen, dass innerhalb des einmaligen ausspreehens derselben
ein glied der rede selber wider mehrfache Verkörperung erfährt.
Hierher gehört:
Kehr. 101)85 Sie wurden harte unfro, } a i
Si rechomen vil harte: } a j
Dem tode si do H arten. b I
In allem dem closter \
Chomen si ze dem untroste. \ a
Si gedahtni ze leben niemere. } b
Die gedankenfolge 'sie wurden traurig und erwarteten den tod'
ist zweimal ausgesprochen: das erste mal erfährt das erste glied
der reihe wider selbst doppelten ausdruck.
Umgekehrt ist Engeln. 1118 bei der zweiten Verkörperung
der gedankenfolge deren zweites glied variiert worden:
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500
HEHAUHKL
Engelh. 1118
I Ich ziuhe c: an den werden Krist,
[ Mit herzen und mit sinne.
j Doch sol mir got verbieten,
b Das ich mich icoldc nieten
V Mit der tat ir beider.
| Ich arme enkan niht leider
Ms. F. 92,28 Und sohle ich inner da: gehben,
Daz ich si umbcvienge, J
So mües min herze in fröidcn stechen, ) b
Swnin daz also ergienge, } a |
So wurde ich von sorgen fri } b |
(Ir genade staut da bij j
Ob si mir des verhienge. } a !
Bei der widerholung der aus nebensatz und hauptsatz
bestellenden wortgruppe wird hier der nebensatz nicht einmal,
sondern zweimal widerholt und zwar so, dass der hauptsatz
zu den einander gleichen nebensätzen axo xoirov steht. In
diesem falle wird also ein teil der gedankenreihe zweimal, eiii
anderer dreimal ausgesprochen.
Das teilglied, das bei der widerholung einer vorstelluiurs-
gruppe für sich besonders variiert wird, kann aber auch ein
gedanke sein, der bei der ersten ausspräche noch gar nicht
vorhanden war, das zweite mal als ein mehr hinzutritt:
Diokl. 5GO
a { So forchten wir misselingen,
I W and wir haut daz firmament
b Von Orient gen Ocident
\ AI umb und umb geschowet.
a In diser zgt Jiat es nit fug.
c llerrc, wir WÖäeni üch sagen gnug:
b wir haut das gestirne beselwn;
c Das woUcnt wir üch verjehen.
a
Daz ich si beide minne
Ich enmüeze in uf der erden
Heiden holt von herzen sin:
M an daz si gcwaltic min
Daz sol den edelen sitezen
Mit gotes helfe sin verzigen.
/ewarc ich wolte c tot geligcn,
K daz min Up vil reine
Ir zweier würde gemeine.
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ZUR TECHNIK DBB IIHD. DICHTUNG,
501
Gelegentlich kann es geschehen, dass der cljto xotvov
stehende zwischengedanke widerholung erfährt:
W. Gen. 3G96 Vde wole er in benwhte, \
Wole ime spuole, ! a
Swa er dienote. I
(Ein chint was er erlieh, |
AI sin gebare tugentlich. \
In clliu diu und er tele, \
So hete er guote site.J \
Got gab im framspuot 1
In elliu diu und er bestuont. J a
Und endlich kommt es vor, dass die beiden hauptarten
der von uns besprochenen erscheinung, widerholung und weiter-
führung, vereint auftreten. Hierher gehört Kother 3140:
Neman ersturre,
E he begraeen wurde,
Man Sölden dar mide besfrichin
So leveder sicherliclie;
| Nieman inis halz noch krump,
| He newurde »eiere gesuni,
IGerorde in die koningin
Mit deme goden steine min.
Hier liegt im ganzen weiterführung vor: niemand stirbt, wenn
er damit berührt wird; niemand bleibt krank, der damit be-
rührt wird (also weiterführung des hauptsatzes bei überein-
stimmendem nebensatz (s. oben s. 445); aber der erste haupt-
satz erscheint widerholt, und zwar ist die aussage einmal
negativ, einmal positiv: nieman ersturve = so leveder sicherliche.
Dagegen erfährt der zweite der weiterführenden sätze
widerholung bei Walther 74, 14:
Mines herzen tiefiu wunde \
Diu muoz iemer offen sten, si enküsse mich mit friundes munde. \
Mines lierzen tiefiu wunde
Diu muoz iemer offen sten, si enhciUs uf und uz von gründe.
Mines herzen tiefiu wunde
Diu muoz iemer offen sten, sin werde heil von Hiltegundc.
Hier ist der nebensatz si enheiles uf und uz von gründe weiter-
führung von si enküsse mich mit friundes munde, und wird dann
widerholt durch sin werde heil von Hiltcgunde. Der dichter
selber hat freilich gewis die dreimal drei Zeilen als drei gleich-
geordnete gruppen gefasst, und sachlich enthält der erste neben-
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502
BBHAGHBL
satz dasselbe wie die beiden folgenden; so wäre es vielleicht rich-
tiger, die stelle einfach als beleg mehrfacher widerholung auf-
zufassen und zu den auf s.494 verzeichneten beispielen zu stellen.
Eilh. 27ö liegt im ganzen widerholung vor: die ersten vier
Zeilen entsprechen den zweiten vier:
Daz sie daz gar vorbcrin
Und sin geslccJdc tcoldin Min.
He begunde in iure berelin,
Swes man in dar ume zege,
Daz ez ir iegelich versicege,
^Yie es stunde umme sie.
Aber innerhalb der ersten aussage liegt weiterführung vor:
sie sollten sein land nicht nennen und sollten sein geschlecht
nicht nennen. Dabei lässt sich die vierte zeile und sin gesUchte
wolilin heiin als sachlich abhängig von den vorhergehenden
fassen, trotz des beiordnenden und, vgl. die von mir Lit-bl. 1904,
273 aus Parzival verzeichneten stellen und Kluges Zs. 6, 300.
In \V. Gen. 383 liegt im ganzen widerauf nähme vor; aber
die «jrö xoivov stehende partie ist eine mehrfache weiter-
führung des ersten gedankens:
Den selben lettun Tet er ze adaren; [Uber icglich Iii er zock Den selben
leim zach; Uz heitern leime Tet er gebe ine, Uz proder erde Hiez er daz fleisk
werden,] Uz letten deme zähen Machot er die adare.
Und ganz eigentümlich ist schliesslich:
Engdh. 854 Wol eine tohter hcete, \
Diu rein uml edel künde sin. \
Din juncfrouice minnevar \ &
Lebete sunder itewiz. j
Ich enkünde niht durchgründen 1
Jr sch(ene, ir adel, unde ir tugent. \
Iiier widerholen z. 3 und 4 die Zeilen 1 und 2, sind aber weniger
umfassend; der begriff des 'edel' bleibt unberücksichtigt. Z. 2.
5 und 6 führen den inhalt der beiden ersten verspaare weiter,
indem das Vorhandensein der trefflichen eigenschaften nicht
nur festgestellt, sondern ihre stärke gepriesen wird; zugleich
wird zum adel und zur tugend noch die Schönheit gefügt
Ich fasse nunmehr die auf s. 448—502 verzeichneten tat-
sachen in eine übersieht zusammen.
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ZUR TECHNIK DER MHD. DICHTUNG.
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511
Vergleicht man nun die zahlen, die hierbei sich für die
einzelnen dichtungen ergeben haben, mit der zahl der verse,
aus denen die belege genommen sind (s.oben s.434), so gewinnen
wir folgende verhältniszahlen:
Wiener Genesis . .
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Flore
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. • 0,7%
Engelhardt
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Rother
. . 0,92 °o
Heinrich von Freiberg
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. . 1,91 %
• 2,75
. • 1,32%
Erinnerung
• 1,05%
Eilhart
• • 1,9 •'.
. 1,4%
. • 0,9%
Ms. F. (rund 3600 verse) 1,08%
. . 0,63 %
Walther (rund 2600 verse) 1,04 %
Die erkliirung.
Wenn man die ganze masse der tatsachen überblickt, so
zeigt sich, dass die widerholung in ungemein verschiedener
äusserer form auftritt. Aber auch die inhaltlichen beziehungen
der gleichwertigen Sätze zu einander und zu ihrer Umgebung
sind recht mannigfaltig, und endlich tritt die widerholung an
ganz beliebigen punkten der darstellung auf.
Es ist danach — von einigen wenigen stellen abgesehen,
etwa einigen belegen aus dem Engelhard, ferner einigen bei-
spielen aus der lyrik, wie Ms. F. 81, 14 und 81,20, oben s. 448,
und Walther 74, 14, oben s. 501 — ganz ausgeschlossen, dass
wir es mit einem bewnsst angewanten kunstmittel zu tun haben,
und wir müssen uns nach einer andern erklärung der tat-
sachen umsehen. Da ist es nun von entscheidender bedeutung,
dass unsere erscheinung auch ausserhalb der mhd. dichtung
begegnet.
Dabei sehe ich von der älteren dichtung der germanischen
Völker ganz ab, denn mit den belegen aus diesen würde nur
eine zeitliche Vorstufe gewonnen, die lösung um einen schritt
zurückgeschoben (einzelnes bei Heinzel, Über den stil der
') Ich habe hier die zahl der verszeilen doppelt genommen, um wenig-
stens einigermassen einen vergleich mit den dichtungen in kurzzeilen zu
ermöglichen.
512
BBHAGHBL
germanischen poesie s. 9 ff. Anz. fda. 10, 220 und 15, 156, und
Beschreibung der isländischen sage, Wiener Sitzungsberichte
bd. 97, 233 und 254; bei Ten Brink, Beowulf s. 4; bei Behaghel
Heliand und Genesis s. 33; bei Alb. Hass, Das stereotype in den
altdeutschen predigten s. 92. An der letztern stelle sind belege
aus Otfried gegeben).
Ich möchte vielmehr beispiele von anderer art vorlegen:
zum teil solche aus der deutschen spräche der unmittelbaren
gegenwart, teils solche, die uns über das gebiet des deutschen
hinaus, unter umständen in weite fernen führen.
Allerdings sind die beiden hauptgruppen unserer erschei-
nung an diesen anderweitigen belegen sehr ungleich beteiligt.
Was die erste abteilung, die widerholung mit weiter-
führung betrifft, so sind die Zeugnisse für ihre weitere Ver-
breitung, die mir begegnet sind, ziemlich spärlich, so dass es
sich nicht lohnt, die beispiele nach den einzelnen literatnren
zu gruppieren. Ich ordne vielmehr nach den sachlichen Unter-
abteilungen:
A. Weiterführung des subjects:
Chanson de Roland 792 Cuntre lui vient sis cumpaitis Oliver, Vint i
Gerins et U proz quens Gerers, E vint i Otts, si vint Ber engers E vint
Sansun e Anseis Ii veillz. — ebda. 1766 Karies Tentent, ki est as por;
jjassant, Xaimes Ii duc Void, si Vescultent Ii Franc. — Chrestiens de Troies.
Erec 311 (Au conseil granz partie cort Des mellors barons de la cort.i
Li rois Liers i est alez, (Jui premiers i fu apclez. Apres Ii rois Cadoalanz
Qui mout fu sages et vaillanz. Keus et Girflcz i sont venu, A Amau/juins
Ii rois i fu. — Homers Ilias 1,437 J* aviol fiatvov itü fay/ilvt Ira/.äiior,;,
ix dl Xpiot/lq vtjdc ß't novToxoooto.
B. Weiterführung des objects:
Chanson de Rol. 18 Jo neu ai ost qui bataiüe Ii dünne, Xe ai ttl
gent ki la sue derumpet. — ebda. 198 Jo nos cunquis e Xoples et Commt-
bhs, Pris ai Valterne e la tere de l'ine.
Ein beispiel aus den stücken des Ramayana, die Bopp in
seinem Conjugationssystem übersetzt hat:
S. 171 Elephanten, U(M) mach' ich dir zum geschenk drum, Goldcntr
wagen ferner . . . geb' ich sogleich dir achthundert.
Gerhart Hauptmann, Weber, s. 84 Sc han a jäger Moritz befreit, a
vertcalter gepriegelt und fortgejat, a schandann gepriegclt und fortgejat. —
Aus mündlicher deutscher rede: (Was esse Sie dann gern?) Ei ich es^
schwei nerippche gern; ich ess' häring gern, und ich ess handkäs gern.
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ZUR TECHNIK DER MHD. DICHTUNG
513
C. Wetterführung des adverbs:
Chanson de Rol. 1824 Cascun le ficrt IV colps de sun puitjn, Ben
le batirent a fuz e a bastuns. — Erec 183 Si Fa ferne A descovert sor la
main nue; Si la fiert sor la main anverse.
D. Es wird object und adverb zugleich weitergeführt:
Erec 327 Qui de la corgiee ot ferne Sa pxwele sor la main nue, Et
ot fem tot einsimant Erec el vis mout leidemant.
Zum bewusst angewanten stilistischen kunstmittel ist die
weiterführung im serbischen liede und bei den Altai -Türken
geworden:
A. Weiterführung des subjects:
Die gesänge der Serben, von Siegfr. Kapper, Leipzig 1852
(im folgenden als ' Kapper ' citiert):
Kapper 1,203 Hingegangen sind drei weisse tage, Hingegangen shul
drei dunkle nachte.
Proben der volksliteratur der türkischen Stämme Süd-Sibi-
riens, gesammelt und übersetzt von W. Radioff. 1. Teil. Die
dialekte des eigentlichen Altai, Petersburg 1866 (im folgenden
als 'Radloff' citiert):
Radioff 25,49 Deine rippe ist noch nicht hart geworden, Dein hals-
tcirbel ist noch nicht fest gneorden. — ebda. 34, 90 Auf dem bette liegt
eine alte, Liegt ein alter.
B. Weiterführung des objects:
Kapper 1,19 Küsst das knie ihm, küsst ihm die händc. — ebda. 1,20
Er auch küsst den fuss ihm und pantoffel, Küsst den thron, darauf der
Sultan sitzet. — 1,20 Gibt ein ross ihm, gibt ihm blanke »raffen. — 1,192
Xitnmt mit sich genossen viel und diener, Führt mit sich der hundc viel
und rüden. — 1, 194 Tut darein zwei herrliche pistolen, Tut darein auch
einen goldnen handjar. — 1, 19<> Iieieh' ihm Jieu und reich' ihm süssen
hafer. — 1, 198 Nimmt den säbel, nimmt die golddukaten. — Radloff
1,42,358 Der jüngling der alten äugen Mit der handfhiche setzte er ein,
J)er jüngling des alten äugen Mit der ha nd fläche setzte er ein. — ebda.
3f>, 148 Unser jüngling Machte einen hölzernen pfeil, Machte einen hölzernen
bogen. — 38, 219 Den mächtigen schwarzen bogen Gürtete er sieh um, Das
schwarze mächtige Schwert Gürtete er sich um. — 53,734 Die magern
Kamele nahm er jetzt, Das graue vögelchen nahm er jetzt. — 1,89,22 Bat
geinen vater um seinen segen, Bat seine mutter um ihren segen.
C. Weiterführung der adverbiellen bestimmung:
Berthold v. Regensburg 1, 408, 8 Sie legent uns stricke an dem bette,
da wir an ruouen sollen; sie legent um stricke in dem slafe; sie legent
uns stricke so wir tvachen. — Kapper 1, 13 (Ist sein altes glück mit meinem
514
BBHAGHEL
rajypen.) Trägt er unversehrt dich übers tcasser, Trägt dich hin durchs
G olesch-xcaldgebirge. — ebda. 1, 14 Fliegt dahin durchs grasige gefUde,
Fliegt vorüber an den Straten Jotvans. — 1, 14 Beitet grade an des
Stromes brücke, Reitet vor die zelte Stcjesdisch Jotvans. — 1, 18 Rückwärts
eilt er über Belgrads marktplatz, Eilet hin zu seinen dunkeln Ställen. —
1,20 Führt ihn nach der veste Stambul, Führt zum sultan ihn, zu Omans
söhne, Dass der stdtan ihn daßr belohne. — Radioff 1, 16, 138 Blieb so
bis zum abend, Blieb so bis zum andern morgen. — ebda. 1, 13,53 Trabte
dorthin, trabte hierher.
D. Weiterführung des prädicatsverbs oder -adjectivs:
Radioff 1,53,767 Eine rippe mit fett nahm Ai-kan, Eine rippe mit
fett gab er seinem kinde. — ebda. 1,42,367 Ihre äugen tearen sehr hell,
Ihre äugen waren sehr schön.
E. Weiterführimg des attributs:
Radioff 1, 13, 3<Jb Neunfache fussfesseln nimm, Eiserne fussfesseln nimm.
— ebda. 3(j9 Neunfachen strick nimm, Eisernen strick nimm.
Weit zahlreicher ist die gruppe von erscheinungen ver-
treten, in die die Variation des mhd. hineingehört, die erschei-
nung, dass der gedanke als ganzes widerholt wird. Wol hat
man schon hie und da auf dergleichen geachtet: ich verweise
auf die ganz allgemein gehaltenen darlegnngen von K. Groos,
Spiele der menschen s. 474, und die freilich mehr als dürftigen
bemerkungen von Bruchmann, Poetik s. 189. Ein paar flüchtige
bemerkungen hat Stowasser hingeworfen, Wiener Studien 25.79.' i
Auf die Chanson de Roland hat Heinzel gelegentlich bezug ge-
nommen, Anz. fda. 15, 150. Auf Goethe bezieht sich der aufsatz
von W. v. Biedermann, Die widerholung als urform der dichtung
bei Goethe, Zs. f. vgl. lit.-gesch. n.f. 4, 267—273; dagegen kaum
etwas hierhergehöriges bei Tippmann, Der parallelismus in
Goethes dramatischem prosastil, Goethe-jahrb. 24, 224. Bult-
haupt bemerkt, Dramaturgie der klassiker 1,230: 'Die spräche
(des Don Carlos) widerholt gedanken und worte, eine imart
in die seihst der so exaete Lessing in seinem Nathan verfallen
ist.' Für das lateinische wäre allenfalls zu nennen Frank Fr.
Abbott, The use of repetition in Latin. Studies in classical
') 'Gütternamen fordern von selbst znr widerholung auf." Wenn aber
das deutsche Jcsses, Jesses mit ^r. 'Ahl Zft, hehr. Eli Eli verglichen wird,
so ist das natürlich falsch, denn Jesses ist nicht mehr anrufung, sondern
ist emptinduugslaut geworden und nicht anders zu beurteilen als eia
ach, ach.
ZUR TECHNIK DER MFID. DICHTUNG
515
philology vol. 3, s. 67—87. Ich kenne die abhandlung jedoch
nur aus Wölfflins Archiv 12, 429.
Aber es scheint bis jetzt niemand eine rechte Vorstellung
von dem umfang der erscheinung zu haben. Ich beginne
meinerseits mit belegen für den fall, dass die widerholung
wörtlich genau mit der ersten aussage zusammentrifft.
Zumeist ist diese art der widerholung das ergebnis der
erregung, erscheint sie in besonders lebhafter äusserung; in
der regel schliessen sich die identischen aussagen unmittelbar
aneinander an:
Goethe, Clavigo, "Werkelt, 87 Ich muss! ich muss! — Ja sie ists, sie
ists. — Leisewitz, Julius v. Tarent (Stürmer und dränger 1), s. 320 dessen
sie aus, giessen sie aus, edler jiingling. — ebda. 325, 30 Wie könnt' ich
anders, wie könnt' ich anders? — ebda. 342,24 Ziehen sie hin, [und lassen
sie ihren vater in sßinem Sterbezimmer umsonst nach seinem söhne suchen...]
Zielten sie hin! [sie haben es noch nicht gesehen, wie ein söhn...] Zielten
sie hin! — [wahrhaftig, sie können es noch nicht gesehen haben, wie der
schon sprachlose rater . . .] — Ziehen sie hin. — Schiller, Räuber (Werke 2),
31,4 Nun merk ich — nun merk ich. - ebda. 33, 16 Weisst du noch, he,
iceisst du noch? — 38,4 11 Vis hat er. was hat er? — Ernst Elias Niebergall,
Dramatische werke, hg. von G. Fuchs, 8. 149 Wos e unglick, wos e unglick.
— ebda. 155 Losse-se mich geh, hcrr Xochtschadde! [ich wahsz, dass sie's
sinn mit ihre zudringlichkeile!! Losse-se mich geh, ich kreisch feier. —
Rosegger, Kunstwart 16,372 Dann leise murmelnd: jetz hab' ich ober schaden
tattj uh mei, jetzt hab' ich schaden tan. — ebda. 16, 373 Sappencald, Hansl,
das darf niht sein! nein, llansl, das darf niht sein. Und noch lebhafter
flüsternd: ich bitt dich um alles in der weit, sein darf» niht. — Anzen-
gmber, Kreuzelechreiber 2, 8 (Breuninger) So hon ich gsagt, so hon ich
gsagt — und ich sollt da schlafen; — ich sollt da schlafen. — Aber g'schicht
ihr schon recht, g'schicht ihr schon recht. — So tut s an mir, so tut s an
mir. — B'halts nur auf, Veit, b'halt's nur auf. - Hauptmann, Webers. 42
Mir leidas nimeeh! mir leida s nimeeh, mag's kumma, wie s will. — ebda. 46
Nu do satt ersch, nu do satt ersch. — 58 Das kennt ma, das kennt ma.
— 85 's werd ernst, hcrr Dreissiger, 's teerd ernst. — 86 (Ach, willst du
das wirklich?) ieft will es, ich tcill es. — 103 Ich ha se gesahn, ich ha st
gesahn. Se sein do, muhme, se sein do.
Französisch.
S.Monnier, Scenes populaires (Paris 1846), 1,33 Mais f nons rien dit,
mon juge, j n'ons rien dit. — ebda. 1, 107 Vous y regardez donc, mam'-
selle, vous y regardez donc? — 108 Ne pleurez pas, mam'selle Olympe, ne
pfatrez pas. — 108 Je l'ignorais, mam'selle Olympe, je Yignorais. — 112
Mais on en dit une, de raison, madame Kadoulard; on en dit une. —
113 Iis ront rire . .. ils vont rire, les compagnons. — 113 X'y a pas mal
a ca, Theodore, n'y a pas mal ä ca. — 162 J en finirai, fen fxnirai quand
516
DKHAUITEL
cela me plaira. — Revue des patois Qallo-romans 1, 105 (fragment d'nn
sermon) Ah, j'en tombe de mon haut, fen tombe de monhaut, de voir tant
de chaises vides et puis si peu de gern que cela autour de moi. — ebda.
3, 292 Ah, raunen, H faut que je te mange, Ü faut que je te mange. —
3,301 (Tu es sitr, que je te devore.) Cest bon, c'est bon; va, fou. ra, passe
derant. — 4, 259 Ah, mes enfants, ce quon rit, ce quon rit — 4, 260
Songez un peu si monsieur le eure lui en disait, lui en disait.
Griechisch.1)
Aristophanes, Acharner v. 971 Aötq, co eUf<; tu ndaa noU xov ypo-
vtftov ardya. — ebda. 1054 dnoipfg dnotffoe xa xoia. — Wolken 787
qty'tSvj, vi ftivtot tiqwxov rjv; xi nouixov tjv ; — ebda. 1499 dnoXtiq äno-
kitf. — Wespen 729 m&ov m&ov Xöyoioi. — Friede 157 r* nottiq; xi
noifiq; — ebda. 16(5 cbfoAffg ft'd7to}.fTg. — Vögel 658 ovxoq, ot xaXtv, ol
xa).ä. — ebda. 680 tjXOeg, !,X&fe, a*(p&ri<;. — Lysistr. 321 nirov, xixov.
— Thesmopb. 295 fvqtjftla 'oxw, tv<pt)uia oxw. — Frösche 584 o'ifi' old'
oxt Ovfiot. — ebda. 1354 daxpvä rJ an ottfulxiov MßaXov ißakov. — Corai-
cornm Atticornm fragraenta. ed. Kock: 1,652 Xaßov Xaßov xrjg zfiob;
xdxtoxa fiov. — 2, 284 nal nal xakfto&at 7xaoa noxov. — 2, 372 aroty
avotyf xijv &voav. — 2,471 Jon 6i r<c vöwq idwo. — 2,518 £ipa, Zvoa.
Altindisch.
Raraayana (Übersetzung von Bopp in seinem Conjngationssystem) 8. 183
Stehe! stehe! so rief er aus.
Türkisch.
Radioff 1,39,246 Der jüngling fragte daspferd: Was teeisst du, Was
weisst du, mein pferd? Was iveisst du, Was weisst du, mein pferd? —
ebda. 1,55,818 Verwandt« dich, vertcatuUe dich, sprach der fürst.
Nur eine abart dieser erregungswiderholung, wie ich sie
vielleicht nennen darf, ist die widerholung, die der beteuerung.
bekräftigung dient, und die etwa durch folgende stelle aus
Anzengruber gut veranschaulicht wird: s. 160 Tic/* hab1 damals
an nix schlechte denkt, der herrgott im himmcl is mein zeug,
ich hab damals nix? schlcchts denkt.
Wesentlich hiervon abweichenden charakter zeigt eiue
zweite form der identischen widerholung — ich möchte sie die
malende widerholung nennen — , die die aufgäbe hat, die
iutensität, die dauer der handlung anschaulich zu machen:
liier schliessen sich die identischen aussagen mit notwendig-
keit unmittelbar aneinander an: ich such' und suche und kann
i) Pie griechischen beispiele verdanke ich der liebenswttrdigkeit meine«
collegen Wünsch.
ZUR TECHNIK DEli MHD. DICHTUNG.
517
doch nichts finden. Ein vereinzeltes beispiel der art ist mir
bei Berthold von Regensburg begegnet: 1, 401, 37 er seit unde
seit so bccsiu dinc. — Bei Anzengmber heisst es, Werke 6,166:
wie ich auf die stund' (fwart und g'wart hab' die jähr' her, und
ebda. 187 Schnatterts und schnatterts, dumme menscher. —
Mehrfach ist mir diese weise in den Bulgarischen Volksdich-
tungen (übersetzt von Ad. Strausz, Wien und Leipzig 1895)
begegnet:
8. 115 Doch das schöne Weibchen Stojna Schweigt und schweigt und
spricht kein wörtchen. — ebda. 140 Murho nimmt Jurvor die flöte, Bläst
und bläst auf seiner flöte. — 203 (um zu ziehen) Seine damascenerklinge;
Zieht und zieht sie, doch die klinge Bührt sich nicJU aus ihrer scheide. —
204 Bittet, bittet nun dtr könig.
Ganz gewöhnlich ist die erscheinung in der dichtung der
Altaitürken:
Radioff 1,12,24 W hierum weinte er, weinte er. — ebda. 13,40 Der
jüngling nahm den bogen, Spannte ihn, spannte ihn, sprach. — 15,119 Sie
ritt und ritt. — 35, 120 Im hause herum die kupferne angel Zog er, zog
er. — 45, 452 So ritten sie, ritten sie. — 48, 557 Sie spielten und spielten;
Tastarakai und das mittlere mädchen Spielten und spielten. — 58, 894 Mit
seinen beiden gemahlinnen Täktäbäi Mtirgän mit grauem pferde Lebte und
lebte. — 31,88 (Wohin gieng Tardanak?) Er suchte, suchte. — 33,65
Weinend gieng er fort, Gieng und gieng, Gieng und gieng. — 33, 69 Was
klappert da? sprach er, Sah nach, sah nach, nichts war da.
Hierher gehören wol auch einige beispiele aus der bugi-
schen1) geschiente des königs Indjilai, die Brandstetter über-
setzt hat (Malaio-polynesische forschungen 4). Es heisst s. 5:
dass er bei seiner gaitin, der Sitti Sapia sass. Dazu die anm.:
'die doppelsetzung drückt das »zusammen« aus'. — S. 11 dass
sie dieselben gehörig lernen. Dazu die anm.: 'das »gehörig«
liegt in der doppelsetzung'. — Es wird also im original heissen:
sass sass und lernen lernen. Dazu kommt noch s. 9, wo Brand-
stetter die widerholung für fehlerhaft erklärt: anm. 4 'das wort
sehnte sich steht incorrecter weise zweimal'.
Auch in den assyrisch -babylonischen texten, die Jensen
übersetzt hat, scheint folgendes beispiel hierher zu gehören:
Keilinschriftliche bibliothek 6, 1, 24, 64 Da laufen sie um ihn herum,
laufen um üm herum die götter, laufen um ihn herum die götter, seine
väter, laufen um ihn herum die götter.
') Die Bugier sind ein volkastamni auf Celebes.
518
BEHAGHEL
Diese beiden arten der widerholung, die erregungswider-
holung und die maleude, sind unserem Sprachgefühl vollkommen
geläufig und vertraut; darum habe ich auch bei den deutschen
beispielen mich auf eine geringe anzahl beschränken dürfen.
Anders steht es, wenn die widerholung geschieht, ohne dass
einer der zwecke damit verbunden wird, die jene beiden arten
verfolgen. Vereinzelt findet sich derartiges in der epischen
dichtung der Altaitürken:
Radlon" 1, 63, 71 Zweihundert hasen tötete sie, Zweihundert hasen tötete
sie, Den knaben ernährte sie. — ebda. 293,227 Hache tcill ich nehmen an
Kan Vudei, Rache tcill ich nehmen an Kan l'üdei. — 343.322 .Sem pferd
bestieg er, Sprengt davon, stirbt nicht, Sprengt davon, stirbt nicht.
Sodann aber in assyrisch-babylonischen texten, wenn sich
auch die beiden identischen aussagen nicht immer unmittelbar
aneinander anschliessen. So zweifelhaft und unsicher es mit
deren Verständnis bestellt ist, so sind doch in unserem fall
ihre belege einigermassen beweiskräftig, denn ob aufeinander
folgende reihen von Schriftbildern identisch sind oder nicht,
das ist wol bei jeglichem stände der auslegungskunst mit be-
stimmtheit festzustellen. Es heisst also etwa:
Keilin8chriftlichebibliothek6,l,20,3 Du bist der geehrteste unter den
grossen göttern, dein Schicksal ist ohne gleichen, dein gebot ist Anu. Mar-
duk, du bist der geehrteste unter den grossen göltern, dein Schicksal ist
ohne gleichen, dein gebot ist Anu. — 46, 8 (unten) Wie er den vater der
götter sieht, den gott von Duranki, fasste er gier nach der herschaft in
seinem herzen. Wie Zu den vater der götter sieht, den gott ton Duranki,
fasste er gier nach der herschaß in seinem herzen. — 48, 31 Den anfuhrer
riefen sie, den söhn des Anu; Anu spricfit zu ihm, ihm den befehi. Adad.
den anfuhrer, riefen sie, den söhn des Anu; Anu spricht zu ihm, ihm dm
befehi. — 54,25 Die iceise frau, die mutter, die hingesetzt, um m tun, was
gehörig ist, Siris, die weise frau, die hingesetzt, um zu tun, was gehörig ist.
Ausführlicher gehe ich ein auf die erscheinung, bei der
die widerholung nicht genau mit der ersten aussage überein-
stimmt, Ich wende mich zunächst zum altfranzösischen.
Hier habe ich beispiele gesammelt aus der Chanson de Rolland
v. 1—2000, aus dem Roman d'Eneas v. 1—1800, aus Chrestiens
Erec v. 1—1200; bei der Chanson de Rolland bleibt die er-
scheinung der sogenannten doppeltiraden hier zunächst ausser
betracht.
A. Anschliessende widerholung:
L Die aussagen decken sich:
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i
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519
a) Die art des Vortrags ist die gleiche:
1) Sie geschieht in derselben satzform:
a) Ohne conjunctionen:
aa) Beide aussagen sind positiv:
Rol. 365 Entret en sa reie, si s'est achiminez. — ebda. 1034 Sul les
eschehs ne poet il acunter, Tant en i ad que mesure n'en set. — Erec 205
Erec cele pari esperone, Des esperons au cheval done. — Eneaa G52 Seiez
segurs, mar criemdreiz rien. — ebda. 1309 Mielz voil morir, que je Ii mente
Ne qu'en altre niete m'entente: Guarder Ii voil et tenir foi. Anceis parte
terre soz mei Et tote vive me transglotc, 0 fem del ciel m'arde trestote,
Que je altrui doigne mamor. — 1339 Ja mais narreiz nul bien dclmort:
JFaites del vif vostre deport; El mort na mais recovrement: Eaites del
vif vostre talent. — 1383 Bien ert la dame anceis esprise, Et sa suer T a
en graignor mise; D'amor esteit bien enflamre, Plus Ten a ceste entalentee.
— 1509 (hie neu reviestrent dui ensemble, Fors la reine et Eitras: QU dui
ne departirent pas. — 1512 Li plus hardiz i fu coarz, Li plus vasals de
paar tremble. — 1551 De molt petit fait asez grant, Ele Vacreist et plus
et plus. — 1597 Or est mentie sa fiance, Trespasse est la covenance Qua
son ßeignor aveit plevie.
bb) Die eine aussage ist positiv, die andere negativ:
k) Die positive geht voraus:
Rol. 1476 Pramiz nus est, fin 2>rendrum aitant, Ultre cest jurn ne
senan plus virant. — En. 593 Ca nos en a a tei tramis, Que seit segurs
en ton pais, Qu'Ü neu ait guarde de ta gent. — ebda. 611 Segur seiez, ne
dotez pas. — 1652 Chascuns Faler molt desirrot, Ken i a nul cui l'ester
plaise. — Erec 1059 Et eil resjwnt: je te dirai, Ja mon non ne te celerai.
s) Die negative geht voraus:
En. 1782 Ge nel porrai mit oblier, Memberra m'en tant com vivrai.
ß) Mit conjunetion:
En. 520 La deesse Juno voleit Que Cartage fust cliies del mont Et Ii
realme ki i sont A Ii fussent trestuit acliu. — Erec 202 Et dites Ii, Quel
vatgne a moi, et nel lest mie.
2) Sie geschieht in verschiedener satzform:
Hol. 1840 De co qui calt? car ne leur valt nient.
b) Die art des Vortrags ist verschieden; es wird einmal
die tatsache selbst, das zweite mal die Wahrnehmung der tat-
sache mitgeteilt:
Erec 890 Andeus les puceles ploroient. Chascuns voit la soc plorer, A
den ses mains tandre et orcr.
IL Die zweite aussage bietet mehr als die erste:
Rol. 4 N'i ad castel ki devant lui remaigne, Mur ne citet rii est
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520
BEHAGHEL
reines a fraindre Fors Sarraguce. — ebda. 1431 C untre midi tenebres i
ad gram, N'i ad clartet se Ii ccls neu i fent. — Erec 189 Itetornee
s"an est plorant. Des yauz Ii desrandent corant Les lermes contreval la
face. — ebda. 488 (67/ atornoit an la cuisine Por le soper char et oisiaus.)
De Tatorner fu mout isniaus. liien sot aparellier et tost Cftar an essen,
oisiaus an rost. — 613 Armes buenes et beles ai, Que colantiers rot
presterai. l<eanz est Ii haubers tresliz, Et ehances ai buenes et chieres
Tot cos presterai sanz dotante.
Erec G81 Grant joie font tuit par leanz: )
Mout an est Ii pere joiatiz, |
Et la mere plore de joie.
La pucele sist tote coie, \
Mes mout estoit joianz et liee. '
B. Widerauf nähme:
L Ein nebensatz steht sachlich clxd xoivov zwischen zwei
hauptsätzen, der aber formal zur ersten aussage gehört:
Eneas 9:J6 Ja de toz ceh n issist uns fors, [Sifust detrenchiez et ocis.J
Ja uns Beult d'els nen issist ris. — Erec 87 Et fu tant triam qua» nult
terre /X'estovoit plus bei de lui querre.J Mout estoit biaus et preuz et janz
— ebda. 535 Qui tant est bele a mervoiüe [Qu an ne puet trover sa \>a-
roille?] Mout est bele, (mes vi i aus assez Yaut ses saroirs que sa biante;'.
TL Ein hauptsatz steht axö xoivov zwischen zwei neben-
sätzen:
Eneas 1671 Puis que la reine le sot, [One puis cele ore repos not]
üue ele oi la t raison.
HL Selbständige aussagen stehen zwischen den beiden
identischen aussagen:
Rol. 165 Desuz un j>/» en est Ii reis alez, Ses baruns wandet pur sun
ctuiscill finer, [Par cels de France voelt il del tut errer ...J Li empererts
s'en vait desuz un pin, Ses baruns mandet jmr sun cunseill fenir. — ebda.
718 Carles se dort, Ii empereres riches; [Sunjat qu'il eret as greignurs por:
de Sizer, Entre ses poinz teneit sa banste fraisnine ...] Carles se dort
qu'il ne s' esveillet mie. — 1093 Hollanz est proz e Oliver est sag<,
Ambedui unt mervillus vasselage; (Puis que il sunt as dievals e as arme*.
Ja pur murir n'cschiventnt bataille.J Hon sunt Ii cunte, e lur paroltf
kaltes. — 1090 Dist Oliver: Hollanz, veez en alques! [Cist nus sunt prts.
Mais trop nus est loinz Charles. Vostre olifan suner vos ne rdeigtiaste* . . .]
Guardez amunt devers les porz d'Espaigne. — 1727 Jamais Karhm de
nus n'avrat servise. [Se m'creisez, venuz i fust mi sire, Ceste bataiUe oh-
sum faite et prise ... 7 Karies Ii magnes de vos n'avrat aie. — En. 1SS
A un jor Ii mut grant tempeste. Ki molt forment connut la mer; [Les mW
comencent a walcrer, Tone et pluet, vente et esclaire, Molt comence laä
tens a faire, Chieent foldres espressementj Comeüe est la tners forment. —
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521
ebda. 195 Si fait oscur, ne veient gote, [Ne ne sevent tenir lor rote,] Ne
reient clarte ne soleil. — 196 Nc ne sevent tenir lor rote; [Ne veient
clarte ne soleil, Brisent et mast et governaü . . . J Ne eschipre ne esturman
De lor dreit cor» n'erent certan; 11 ne sevent quel part il tornent. — 422
Li rjuarel sont de marbre bis, De blatte et d'inde et de vermeil; fPar
graut esguart, par grant conseil I sont assis tot a compasj Tuit sont de
marbre et d'adamas. — 215 Miels volsisse que Achilles M'eüst ocis o
Titides, La o furent ocis tanl conte [...] Molt se demente Eneas, Mielz
volsist estre en Troie ocis La o Hector et Friamus Furent ocis et conte
et dus. — 1357 Toz les barons de cest pais Avez vos fait voz enentis, /C'ar
ne dsignastes a seignor Home de tote ceste enor; Eitz les arez en vilte.J
Vor ce vos ont coillie en he. — 1433 En tel travail et en teil peine Fu la
reine une seinaine; [Ne nuit ne jor nen ot repos, Ne por dormir nen ot
Voil clos.J En dolor est et en grant mal Et ne losot dire al vasal. —
1(K)1 Molt a le mort tost oblie, [Ja ne lavra si bien ame, Fuis fait del
vif tot son deport;] En nonchaleir a litis le mort. — 1033 Ne puet laissier
ne taut ne quant Le dit as deus ne lor comant, [Et molt dote la departie
De la dame, quel ne s'oa'e; Crient ne Ii torl a grant contrairej Et neque-
dcnt estuet Ii faire Ce que ont eomande Ii de. — 1738 Car navrai rien
ki tne confort. [Se g'ctisse de vos enfant, (Jui vos semblast ne taut ne quant
. . . J Mais ce m'est vis, nen avrai rien, Ki me face confort ne bien. —
1705 A enviz faz la departie, Nen est par mei, nel cuidiez mie. [Bien sai,
que vos nt'avez servi ...] Se je inen vois de cest pais, Ce n'est par mei,
gel vos plevis. — Erec 1G3 Dameisele, estezl fet Ii nains, [Qui de felenie
fu plains: Qu'alez vos ceste pari qucrant?] ('a ne passeroiz vos avant. —
ebda. 210 Vassaus, fet il, arriers estezl [(Ja ne sai je qu'a feire aiiez.J
Arriers vos lo que vos traiiez. — 709 La pucele meismes lärme [Lace Ii
les chauces de fer, Hauberc Ii vest de buene maille, ...] Mout lärme bien
de chief au chief. — 752 Li uns dit a lautre et conseille; (Jui est, qui est
ce Chevaliers. Mout doit estre hardiz et fiers. (Jui la bele pucele an mahnte?
[Li uns dit a lautre 'por voir, Ceste doit lesprevier aroir'. Li un la pu-
cele prisoient.J Et mainz an it ot qui disoient.: Deus! qui puet eil Cheva-
liers estre, (Jui la bele pucele adestre? — 827 Bele, fet il, avant venez!
[Loisel a la perche prenez; Car bien est droiz que vos laiiez.J Dameisele,
arant vos traiiez. — 872 (Guerpir lor estuet les estriers.) Contre terre
unbedui se ruient, [Li cheval par le chanp s'an fuient.J Cil resont tost au
piez saiüi. — 877 (Les espees des fuerres traient: Des tranchanz graitz cos
8 antredanent, [Li hiaume quassent et resonent, Fiers est Ii chaples des
espees.J Mout s'antredonent granz colees, (Jue de rien nule ne se faingnent.
— 1135 Venez an as loges a mont La ou vostre Chevalier sont. [D'iluequcs
venir le veimes, Et mes sire Gauvains meimes vos i atant.J Dame, alons i.
In einzelnen fällen wird der Zwischenraum zwischen den
beiden identischen aussagen recht beträchtlich, so
Erec 255 Siure le me covient ades [... (270) J Sture m'estuet le
chevalier.
Bciuage zur getcbichle der deutschen spräche. XXX. 35
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522
REHAGHEL
Noch grösser:
Eneas 95 Formet* aveit coilli an he Toz cels de Troie la cite Dd
jugement que fisf Paris; Por lui haeit tot U pais. [101—178 urteil des
Paris ] Pallas et Juno s'en marrirent Et cels de Troie enhairent: Por seil
radieison de Paris Hairent puis tot le pais.
Für das slavische steht bei Miklosich, Die darstellung
im slavischen volksepos, Denkschriften der k. akad. d. Wissen-
schaften bd. 38 so gut wie nichts; was er s. 18 behandelt, das
sind fälle der notwendigen widerholung.
In den von Kapper herausgegebenen gesängen der Serben
findet sich nur weniges, was nicht als bewusstes kunstmittel
erscheint:
1,8 Höre mich, o höre SwjesditscJi Iwan. — 24 Hüft herbei er seinen
treuen diener, Ruft herbei den treuen diener Hussein.
Mehr findet sich in den Bulgarischen Volksdichtungen,
übei-s. von Strauss, wenngleich der verdacht der Stilisierung
auch hier nicht überall abzuweisen ist:
A. Die aussagen decken sich:
112 Iwan Popow fuhrt nun heim sie, Führt nun heim die Samovila,
Kuß von fern schon nach der mutter, Spricht zur mutter aus der ferne
schon. — 115 (Auf den tanzplatz hin der Juda,) Wo da, flink im reigcn
tanzend, Drehen sich die vielen Juda's, Und sich drehend, ringsum tänzelnd.
Flink im kreise horo tanzen. — 115 Nimmer härm' dich, nimmer gräm
dich. — 125 Wetm sie mich liebt und mich lieb hat. — 132 Furcht' dich
nicht, nicht furcht' dich, vater. — 137 Kehr doch um, du Dona, Kehr doch
um, du liebe. — 139 Sei geduldig, wart ein wenig, (Bis ich ein paar
groschen sammle.) — 196 Voller schrecken liest dies Jane Si&man, Voller
schrecken liest er diese nachricht. — 197 Doch er hört nicht mehr auf seine
liebste, Doch nicht hört auf sie hehl Jane Siiman. — 201 Schlag sie gott,
er mög sie strafen. — 203 (Lief hinab dann in den keUer,) Brachte
neunzig arün leinwand, Bracht' von dort viel weisse leinwand.
B. Die zweite aussage bietet mehr:
124 In erfüllung gieng ihr fluch nun, Schwerer fluch gieng in erful-
lung. — 126 Euer car ein heer sich sammle, Sammle sich dreitausend
krieger.
Auch Homer bietet beispiele; ich verzeichne aus II. 1 — i
(nur den Schiffskatalog habe ich von der prüfung ausgeschlossen):
A. Anschliessende widerholung:
I. Die aussagen decken sich:
a) Sie sind beide positiv:
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II. 1,96 (ov tjxliitjo3 'Ayafiif/vtov) oiM' dniXvof bvyaxga xal ovx
an f 6t tax* axotva. — 1,362 xlxvov, xi xXahiz; xl Si ae «poivaq 'ixixo
niv&oq. — 1,509 oyo' av Axatol vlbv t/*bv xiowoiv, difiXXwolv xi h
xi/jfi. — 2,333 Aoyttot 6l fUy* i<*Xov> autpl vrjtQ o^fo6aXiov xovdßTjoav
ui'oavxwv V7i 'Ayaiwv. — 3, 71 onnoxfoog 6t xe rixfjo$ xptiaowv xe
yh'tjxai. — 3,318 Xaol 6' ^Qrjoavxo, 9(oioi 6k avtoyov. — 4,170
ui xt 9dv$g xal ndxftov uvanXijayg ßidxoio.
Eigentümlich ist folgende stelle:
II. 3,2 oQvt&tg w$, tji xt 7r*(> xXayyii ytodviov niXfi odoavd&t nun,
e«V ind olv xHfitiiva qvyov xal ä&ioyuxov oftßoov, xXayyg xal ys
ntxovxat t*n 'SIxeavoto Qoatov.
Der mit dhe relativisch beginnende satz ist gleichwertig
mit dem übergeordneten satz; wir hätten also eine parallele
zu den oben s. 474 verzeichneten fällen. Aber der relativisch
begonnene satz löst sich nach der einschaltung sofort aus der
abhängigkeit los, wird zum hauptsatz (vgl. IF. 14,457).
b) Eine der aussagen ist positiv, die andere negativ; die
positive steht regelmässig voran:
U. 1,197 ^av&rjg 61 xopyg i'Xt IlijXttwra, ouo yaivOftivq, xwv 6*
aXXwv ov xtg ooüxo (ein seitenstuck zu s. 460, 6). — 1,363 Haida, fuj
XtV&l vdw. - 3,65 Vtiüv toixv6t« 6üoa. ooaa xev avxol 6woiv, txwv
6' ovx av xi- YXotxo. — 3,82 to/jaP, uij ßdXXtxt. — 4,22 tj xoi U&qvtUq
dxiwv t)v ov6t xi tlntv.
IL Die zweite aussage bietet weniger:
II. 2,208 (tofoofvovxo tjxi,) dtq öxe xvpa noXiufXoloßoto itaXdooys
aiytaXiu fitydXoj ßoifiexai, Ofiaoaytl 6i xe novxoq.
III. Die zweite aussage bietet mehr:
11. 1,468 6alvvvx\ ov6i xt Itifib; i6titxo 6uixbq tiottq. — 3,196
avxbg 61 xxtXog cSf txmwXtixat aiiyaq uv6oüv uovtup fttv tyioyt tlaxto
nriytaifidXXw, 'dg x' dtwv fttya nwv 6iioyfxat UQytvvätov. — 4,397 %va
otor i'a olxdv6e vtto&af Malov doa rrpoä/xf. — 4,499 uXX' vh)v Uqiu-
ftoto vd&ov ßdXt Jtjuox6wvxa, ög ol 'Aßvöö&tv q/.iAf , ff«?' 'inniav wxtiumv'
tOP {*' '(J6vofvg txdooio xoXwodutvog ßdXe 601$ xöooiiv.
B. Wideraufnahme:
I. Ein einzelnes Satzglied steht der Sache nach iIjto xoi vor,
formal allerdings zur ersten aussage gehörend:
II. 3,60 altl xot xoaSirj [niXtxvg uj; taxiv drtiQrjg, not* flotv 6ta
dovybi vn dvioog . . . ] <h; aol tri oxTjÜKJOiV uxdyßrjxos rooi; iaxiv. —
4,243 xltpÖ' ovxios l'oxijxt xf&rindxes [qvU vtßooi, a"x' intl olv ixtqiov
noXioi 7it61oio Siovoat, toxäo' . . . ] wg vfttig t'oxtjxe xtltijnoxts oi'6t
35*
524
BEHAGHEL
II. Ein nebensatz steht dxo xoivov:
II. 1,234 xoöt oxtjnzooi', to fxiv 01 noxt tpvkku xtä otovc <fi'ö(t,
[Sntl 6rj Txpona rofitjv iv rpeaat ktkointv.] ov\? ara&qhjofi.
III. Eine selbständige aussage steht ibto xoivov:
II. 1,100 fiut'U xaxwv, ov ntu noxi ftot TO xoqyvov tlnaf [aiti toi
xa xüx* toxi (fila <fptoi fiarxtifo&ai,] iaQkbv rf' ovtt xi not finaz txo;
otV txu.tooaq — 1, 168 OV idv aoi noxt toor t/w ytaai;. bnitOT* Uxaol
Tpanuv txntpawo* evratoptevov TzxokitUpov \dkkrt to ftlv nktlov noix-
atxoi Tiotifioto xf'Cf(J fV"^ öiinovo',] aTap tjv Tioxe Mto^toq ix^xai, ovi
t6 yi(?uq nokv fittL,ov. — 3,32 aip 6' £ra(>ao- tlq iirvoq £y<XL,txo xftp'
ukttlvutv. o' oxt ti<; xs ipuxorxa läwv nakivaooot; antoxtj . . . ]
alxtz XU&* oftikov tdv Tqwuiv (iyf»(o/(ov. — 4, 17G xai xi n$ d>6* ifiti
Tqwwv vnfQijvoptovxtoV [oi'd' ovtWQ inl näat %6kov xtktott Ayaiit/iraiv
. . . ] <ws- KOti ric ioiet.
Indisch:
Ramayana (in Kopp, Conjugationssystem) s. 172 Ist doch jene mein
reichtum auch, AU' mein verwögen ist jene. — ebda. 1C9 Vür hundert-
tausend kühe werde die Sabala gegeben mir. [Eine perT ist sie, ehr-
würdiger! — perl' ist teert sie des königs.J Deshalb die Sabala gib mir. —
173 Sinnend dachte sie da bei sich, die teeinende, von schmerz erßUt:
(Wie denn bin ich vom einsiedler verlassen so ...] Also dachte bei sich
jene seufzend wider. — 188 Wurzeln essetul, so wie früchte, vollzog sehr
grosse buss* er dort, Aach brahmans würde stets strebend und
eifernd stets dem heiligen nach, [Weil büsserkraft des brahmans
einst ihm obgesiegt, ] (irosse busse vollzog dort im walde der büssung er. —
Nal und Danmynnti, übersetzt von L. Koaegarten, Jena 1820, s. 10 Sie ward
voll denkens {und traurig, bloss von antlitz und abgehärmt ; Damajanli war
nunmehr stets bangem seufzen ergeben nur; himmelwärts blickend.] roÜ
sinnen» wurde sie, wie betört zu schaun (bei Rückert, Werke. Frankfurt
1ST>CJ, 1x1. 12,11 ist die widerbolunj? versebwunden). — 20 Und durch die
grosse macht dieser trat ich ein hierselbst unerblickt; ah ich jetzo herein-
gieng hier, ward ich geschaut nicht, noch gehemmt (Rückert s. 17 Durch
deren macht ists auch geschehn, dass ich hier eingieng ungesehn, von nie-
mand gehindert einzugehn). — 61 Ach, ich bin tot! vertilgt bin ich! ich
fürchte mich im öden wald (Rückert 42 Ich bin tot, von furcht vernichtet,
im wald, der um mich sich verdichtet). — 64 Den nun, durch dessen Ver-
wünschung Kala, der leidvoll, leid gewann, Dieses wesen ereil ein leid,
welches grösser als unser leid! Der böse, welcher den Xala, den nicht bösen,
so weit gebracht, Finde Icidvolleres als dies, lebe sein leben sonder glück!
(Rückert 43 Durch welches wesens feindschaft und neid Der Nischader fürst
erfuhr dies leid, Dem selbigen wesen geschehe Ein grössres als unser wehe!
Durch wessen bosheit verwandelt, Der schuldlose so gehandelt. Der leide
schärfere schmerzen, Als die in meinem herzen). - 67 Und Damajanti,
verstehend diesen bösen, dem galten treu, Ward erfüllt mit heftigem com
und entbrannte vor unmut schier (Rückert 45 Wie den nietlern begriff die
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ZL'B TECHNIK DER MITD. DICHTUNG.
525
hohe, Schlug ihr aus den äugen des zornes lohe, Und ihre tcangen färbte
röter entrüstung gegen den tieretöter). — 85 Den von Nischada schaust du
bald; ihn, der beherscht Nischadas land, Nala, welcher den feind erschlägt,
Den besten edlen, Haid Bhimas, schaust du (Rückert 55 Du wirst den
Nischader wider schaun, Neu beherscheml die vateraun). — 87 Hast du
vielleicht jenen furchtlosen herrn geschaut, Nala genannt, den feimlschmettrer,
Damajantis geliebten mann? Hast du geschaut den fürsten Nischadas,
welcher mir so lieb? (Rückert 87 Hast du, o blühender Asoka, Hier nicht
gesehn den Punjasloka, den Damajantigatten, Nal, den Nischaderfürsten,
meinen gemahl?).
Es ist bezeichnend für den modernen dichter, dass Rückert
die widerholung entweder ganz beseitigt oder die Übereinstim-
mung auf ein geringeres mass zurückgeführt hat.
Türkisch:
Die belege, die ich mir verzeichnet habe, gehören alle in
das gebiet der anschliessenden widerholung:
A. Die beiden aussagen decken sich:
I. Beide aussagen sind positiv oder beide negativ:
Radioff 1,24,5 (Zu den beiden Mos gieng er;) Des Arsylan jurte
blieb leer, Des mannes jurte blieb verödet. — ebda. 38, 22G Weshalb sagte
er mir, Nach Sonnenuntergang reite nicht? Weshalb sagte er dies? —
41,324 Was für ein edler mensch Hat uns von der schwarzen nacht be-
freit? Was für ein edler mensch Hat uns den hellen tag gezeigt ? — 42,365
Jetzt standen der alte und die alte auf, Beide standen auf. — 72,346
Wie soll ich bei dieser fliege nicht durchkommen? Bei dieser fliege werde
ich durchkommen. — 75,450 (Kara Kula Mattyr War der grösste aller
fürsten,) Kan I'üdäi bekriegte ihn, Den Kara Kula Mattyr bekriegte er.
— 70,483 Die männerjurte ist leer, Die fürstenjurte ist öde. — 80,625
Tängäri Kan sagte, ich soll dich holen, Tängäri Kan hat mich beauftragt.
— 88, 861 Als er alt geworden, Geht er jetzt nicht mehr in den krieg, In
den krieg geht er nicht. — 101,406 Das pferd kehrte zurück, Das pferd
kam zurück. — 110,708 (Einen bruder hund habe ich, sagte sie, Einen
bruder kater habe ich, sagte sie.) Die brüder kamen. Der kater und der
hund kamen.
II. Die eine aussage ist positiv, die andere negativ:
Radioff 1, 52, 712 Ein kriegszug hat alles weggeführt, Nichts ist übrig
geblieben. — ebda. 35, 130 Einen rater hob' ich nicht, eine mutter hab ich
nicht. Eine waise, die ganz allein ist, bin ich.
B. Die zweite aussage bietet mehr als die erste:
Radioff 1, 63, 53 Zu des Kara Atta-kan jurte floh sie. Die alte ganz
allein Floh zu des Kara Atta-kan jurte.
C. Die zweite aussage bietet teils mehr, teils weniger als
die erste:
526
BEHAGHKL
Radioff 1, 47, 543 Vom pferde herab rief er, Bief des Ai-kan
mittlere tochter. — ebda. 108,648 Mit den vortrefflichen, mit den
vornehmen Kehrte der alte zurück, froh kehrte er zurück.
Bei manchen dieser stellen kann man zweifelhaft sein, ob
sie hierher gehören oder ob sie schon unter den begriff des
bewussten kunstmittels fallen.
Aber die erscheinung beschränkt sich keineswegs auf die
dichtung; sie findet sich auch in der literarischen prosa:
Einzelne wenige beispiele aus der Altdeutschen predigt
stehen bei Alb. Hass, Das stereotype in den altdeutschen pre-
digten s. 36 und 72. Aus Berthold v. Regensburg 1, 388—441
habe ich selber folgendes vermerkt:
A. Anschliessende widerholung:
I. Die aussagen decken sich:
398, 6 Also gar blendet dich diu hohvart, sie machet dich halt so gar
blint, daz du warnest. — 398, 13 Als gar erblendet dich diu hohvart, da:
du des teilt warnen, daz schände ere si und daz sünde almuosen si und
almuosen sünde. . . . Seht, als gar erblendet dich diu hohvart, daz du des
alles samt tarnen teilt. — 425,7 (Unde teettet ir mir niwan eine gäbe
geben,) so teil ich mit der helfe unsers herren iueh hiute leren, daz iu du
allez niht geschaden mac, weder wolf noch der are noch der ber noch diu
nater noch diu krote noch. . . . Xu seht, daz teil ich iueh alle sament leren
mit der helfe des almeht igen gotes, unde daz ir dannoch ... — 432.3 tBehi
enmitten in dem libe stet des menschen mage.) Er enpfahet ouch des ersten
daz ezzen unde daz trinken, daz get des aller ersten in den magen.
Einmal ist hauptsatz und nebensatz gleichwertig:
411,33 i'nde sint in halt ander sftnde vil unkunt, daz sie dar umbe
niht entnzzent.
II. Die zweite aussage bietet mehr:
391,14 Die habent übele koufet, die so übergroze freude gebeut umb
ein so kurzez freudelin in dirre Werlte: die habent übele gevarn, wan sie
habent weder hie noch dort niht. 392, 8 Daz daz war si, da: hat
uns der wäre sunne erzöuget : der hohe sunne hat ez unz erzöuget an dem
nidern sunnen. — 398,22 Also hat er uns erzöuget, wie gar diu hohvart
alle die gewizzenue erblende, diu an den ist, die mit grozer hohvart umbe
gent. Daz hat uns got erzöuget an dem künige Alexander. — 412, lb
Daz hat er iu under diu ougen geschriben, an daz antlütze, daz ir nach
im gebildet sil. Da (1. daz) hat er uns rehte mit ge florierten bttoch-
Stäben an daz antlütze geschriben.
B. Wideraufnahme:
1. Ein hauptsatz steht t'tso xotvov zwischen zwei neben-
sät zen oder ein nebensatz zwischen zwei hauptsätzen:
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ZUB TECHNIK DER MHD. DICHTUNG. 527
389, 13 So man malet die engele, [da seht ir teol,] swa man die engele
malet, daz man sie eht anders niht enmalet tvan ... — 393, 8 Im ist rehte
also, daz disiu tcerlt uf nihte strebet . . . freht als ein vogel, der in den
lüften iezuo ob uns stcebete utide reht an einer stat stille stüende,] also
swebet diu werlt uf nihte tcan uf der kraft unsers herren. — 393, 20 Da
von irret uns daz ertriche, daz wir hin ze naht die sunnen niemer mer
gesehen mügen unze morgen, daz si osten uf get; false her Solomon da
sprichet: orietur sol . . . / Und also irret uns diu erde gar witen und
breiten, daz wir des nidern sunnen niht gesehen mügen. — 411,8 Wellet ir
iuch genzliche vor disen vier stricken hüeten unz an iuwern tot, [so ist
nindert dehein mensche vor minen ougen, daz kristennamen habe, daz cz
iemer verlorn werde,] ist daz ir iuch niwan vor disen vier stricken behüeten
wellet.
II. Eine selbständige aussage steht obtö xoivot:
414, 4 Ir (der frouwen) ko?me ouch halt VÜ mere zuo dem himelriche
dorne der manne wan der selbe strik, [pfi, ir unseligen tiuvele!] wie manic
tusent reiner frouwen sele zuo himelriche wa?re iezuo, wan der einige strik,
den ir den frouwen so listecliche habet geleit. flr froutcen, ir sit barm-
herzic unde get gerner zuo der kirchen danne die man ... 7 iuwer
würde gar vil behalten, wan der einige strik. — 417, 11 So habent sie
gerne warm [unde ligent gerne sanfte unde gezzent unde getrinkent wolj
unde müczent alle zit warm haben. — 421,38 Und also habent uns die
unsctligen tiuvel an so manigen enden verworren in dem stricke ufschiu-
bunge der buoze, daz man lützel ieman siht, der die ane grife, [unde diu
werlt ist doch gar vol grozer sünder unde sünderinne,] und ir seht lützel
einigen der die buoze ane welle grifen. — 423,11 So bediutet der rappe
den tiurel, [wan er ist swarz unde hat scharpfe stimme unde sin atem ist
gar unreine,] unde davon bediutet er den tiuvel.
In folgendem fall schliefst sich an die widerholung der
ersten aussage eine widerholung des ano xoivov stehenden
satzes an:
390,4 lichte als alle steinen ir lieht von der sunnen nement, [also
habent alle heiligen ir gezierde und ir Schönheit von gute und engele und
allez himelische Iter:] reht als alle die Sternen des himcls, der mane unde
die planeten, die habent alle samt ir licht von der sunnen, diu uns da
liuhtet. (Und also hat allez himelische: her ... ir gezierde alle samt von der
angesihte gotes.)
Neuhochdeutsch:
A. Anschliessende widerholung:
I. Die aussagen decken sich:
a) Sie sind nicht durch conjunetionen verbunden:
1) Beide aussagen sind positiv oder beide negativ:
Räuber 21,20 Durch eure väterliche ta'htchmung erwürgt er euch,
mordet euch durch eure liebe, — ebda. 41, 1 Seht, das habt ihr zu wählen,
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528
BEB AGHEL
da ist es beisammen, was ihr wählen könnt. — 47,8 Ist dein name nicht
mensch? hat dich das weib nicht geboren? — 105,7 Sag ihnen, mein hand-
werk ist widerrergcHung, räche ist mein gewcrbe. — 107. 10 Seid ihr toll?
seid ihr wahnwitzig? — 163,4 Sei wie du teilt, namenloses jenseits, bleibt
mir nur dieses mein selbst getreu. Sei wie du teilt, teenn ich nur mwh
selbst mit hinübernehme. — Gerstäcker. Die regulatoren in Arkansas s. 5
Ein herrlicher platz das für vertrauliche Zusammenkünfte - ein qanz vor-
züglicher platz. — Fontane, Effi Briest s. 19 Ks ist am ende das beste, du
bleibst wie du bist. Ja, bleibe so. — Mai, In den Cordillercn s. 172 Jetzt
habe ich es; jetzt weiss ich es.
2) Die eine aussage ist positiv, die andere negativ:
Julius v. Tarent 337. 3 Mir für nichts feil als für deinen ersten morgen-
kuss an unserm hochzeitstagc, dafür kannst du ihn einlösen. — Ebner-
E^chenbacb, Westermanns monatshefte bd. 94, 45 Wenn das kind nicht hnttt
sterben müssen, trenn das kind noch da wäre.
b) Sie sind durch conjunetionen verbunden:
1) Durch und:
Fontane, Effi Briest s. 73 Und so lange du den um dich hast, so
lange bist du sicher und kann nichts an dich heran. — Aus einer Prüfungs-
arbeit: Auf alle fälle hatte Xotker die auswahl und konnte jederzeit da*
ihm zusagetule wählen.
2) Durch ein relativpronomen:
Aus einer seminararbeit: Der dichter concentrierte sich ausschliesslich
auf ein werk, auf das allein er seine aufmerksamkeit gerichtet hielt.
IL Die zweite aussage bietet mehr:
a) Die aussagen sind nicht conjunctionell verbunden:
Räuber 17, 8 Glaubt es nicht, vater! glaubt ihm keine silbe. - 43. 10
Kimm dich in acht! nimm dich in acht vor dem dreibeinigten tiere. —
48, 17 Schwöret mir treu und gehorsam zu bis in den tod! — schtcurt nur
d<ts bei dieser männlichen rechte. — 50. 1 Ks ist süss, es ist köstlich tfttt
— 51,23 Html du ihn selbst Bähest, ihn unter der gestalt sähest. — 55.10
Du kennst mich nicht, Amalia, du kennst mich gar nicht. — 55. 12 O >rh
kenne <lich, von itzt an kenn ich dich. — 133, 4 Ja das sah ich, durch den
tpiegel sah ichs mit diesen meinen äugen. — 136,5 Dass er sich rächen
wolle, aufs grimmigste rächen wolle. — 136,9 Dass er ihn liebe, ungemein
liebe, wie ein söhn liebe. — 139, 18 Ich tcills tun, morgen tcill ichs tun. —
145, 10 Die wirds nicht überleben, die wird sterben vor freude. — 180, 4
Sie sank, sank plötzlich zum abgrund. — 197, 1 Stirb vater! stirb durch
mich zum dritten mal. — Jul. v. Tarent 331,35 Weisst du, weisst du wirk-
lich? — ebda. 335,21 Als ich weiss, dass du damals den himmel belogst,
unschuldig belogst. — 340,13 Xur zuweilen zeigt mir ein entschlusf
den ganzen reichtum der menschheit, zeigt ihn mir auf einen äugen-
blick.
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ZUR TECHNIK DER MHD. DICHTUNG.
520
b) Sie sind durch und verbunden:
Leasing, Antiquarische briefe b. 27 Ich habe Christen gehört und ihn
über diese Sachen selbst gehört. — K.Fischer. Neue randschau 1904,
8. 349 Denn es war doch sonntag, und man wollte gern eitie stunde früher
fertig sein, um doch wenigstens etwas vom sonntag tu haben.
B. Wideraufnahme:
Räuber 142,8 So seid ihr ja widergekommen, und der alte herr ist
unter dem boden, und da seid ihr ja wider. — Jul. v. Tarent s. 320 Was,
sie stehen stille! [die idee haben sie gewis zum ersten male:] und sie springen
nicht auf wie ein rasender. — ebda. 320.30 So stark war nie eine liebe.
[Sie haben recht.] ich kenne nichts. — 332, 15 .So denk an diese Unter-
redung, [Hörst du, Ceeilia,] an diese Unterredung sollst du denken. —
337, 14 Sie liebt mich! — [Sehen sie, äbtissin, das ist eine Versicherung,
unsrer liebe würdig,/ sie liebt mich wahrhaftig. — 341,14 Wahrhaftig,
ich bin diesen gesellschaftlichen einrichtungen viel schuldig. (Sie setzen
fürsten und nonnen und zwischen beide eine kluft. Beim himmel'.J Ich bin
der gesellschuft viel schuldig. — Fontane, Effi Briest s. 79 Ich armes kleines
ding, wie du mich verwöhnst. [Dieser flügel und dieser tcppich, ich glaube
gar, es ist ein türkischer, und das bassin mit den fischchen und dazu der
Blumentisch.] Verwöhnung, wohin ich sehe. — H. Hoffmann, Stunnwolken,
^Wiesbadener Volksbücher no. 9, s. 25 Eine niedertrachtig schöne boot, knurrte
er. Nichtswürdig schön! [Mit dem ding da lauf ich bei solchem Südwest
an dem besten dumpfer vorbei.] Eine boot ist das, eine boot! — Ebner-
Eschenbach, Westennanns monatshefte bd. 94, 49 Irh hasse ihn, fwie iWi sie
liebe,] ich hasse ihn, diesen verweichlicher des rechts, diesen billig-
keitsritter.
Mundartliche deutsche prosa:
A. Anschliessende widerholung:
I. Die beiden aussagen decken sich:
a) Die satzform ist die gleiche:
1) Die sätze sind nicht durch conjunetion verbunden:
a) Beide aussagen sind positiv oder beide negativ:
Niebergall 115 Geh her, Kallche, kumm, mei herzje. — ebda. 123 (Die
lahft jetz glei iwwerahl erum un kreischt, ma dritte die purluzig gehhrie-
xcebrih drinke.) Knippelius: des is mer ahnerlah! die moog söge, wos sc
will. — ICH Des wehr e kunst genese, mein koff'er obzuschneide den hett
ich sehe meege, der des kunststick gemocht hett! — 1!H) Mei dank werd
owwer net ausbleiue, uf barohl, er werd net ausbleiwe. — Anzengruber,
Werke 5, 95 Ho« z' gut tun wollt' ich mir auf euch, gross icollt' ich mit
euch tun. — ebda. 6, 132 Möchf sein, Burgerlies, kenn rielleicht sein a
Wahrheit. — f>, 135 D' Wahrheit verbrennt dich nit wie d' sunn, teirst nit
braun davon. — 6, 162 Wann nur dös nit war, Eranz, wanns nur dös
nit gäbet. — Weber 8(i Ich weesz garni, frau pastern, mir is a so . . . ich
530
UEHAOHEL
weesz garni, wie mir zu mutte is. — ebda. 99 War tcisz nu!? Kar tcisz au!?
— 104 Do hoot der teifel seine hand im spiele. Das iis satansarbeit, wa*
die macha. — US Kummt uf a platz! uf a platz suiter kumma. —
Münch, n. nachr. 1904, no. 18, morgenbl., feuill. 8p. 3 Was hab i mi plag'n
müass'n, bis i mit dem, iras die Uut' buidung lurisz'n, fertf worn bin. Sie,
dös hat hit: kost, herr maier.
ß) Die eine aussage ist positiv, die andere negativ:
aa) Die positive geht voran:
Schmeller, Gramm. 515 ( Wenn der e ding na grad e bissl gfaüt,i da
get der glei 's mal t= w&u\) ausenander, bringst glci's mal nimme zsamm.
— Münch, n. nachr. 1904, no. 18, morgenbl., feuill. sp. 3 Aber alles ehrlich
verdient, koa Unrechts groschl is dabei. — Korrespondenzblatt d. yereins f.
siebeubürgische landeskunde 27, 111 Am moss se viuretn Gerjendach Jen
(vor dem Georgentag fangen), tco se noch net esi angem sen, nom (nach dem)
Ger jendach kan em se net mi fen.
bb) Die negative fassung geht voran:
Schmeller, Gramm. 442 (Wescht aierhänn;) aber abtritckle derfft er se
nit. Er müsst se von seihst truekle lasse. — ebda. 452 Da seigt er: hast
net genuegh mit en Hecht? Most zwe liechler anbrenn. — Niebergall 136
Eritz, mach deim vadda kahn blaue dunst vor, gesteh mer die icohrJtcit. —
Weber 40 So bleit's n no ni amvl, do teerd a da* ganza bissela schiines
assa wider von sich gahn. — clxla. 99 Ich ha doch mit kenn nischt, ich
stih doch mit alla gutt.
2) Die sätze sind durch conjunetion verbunden:
Schmeller, Gramm. 453 's ist em a auf des di doppelsichtigkait brav
vergange, und hat von dar zait an di sach nur efach gsa (gesehen). —
Anzengruber 0, 121 Was ich da sag', das gilt, und was ich sag, das wägt.
b) Die satzform ist verschieden:
Weber 103 A sate gar: sa du's denn rater . . . iich seld's ihn sahn, rater.
IL Die zweite aussage bietet mehr als die erste:
Schmeller, Gramm. 508 So segds es luedern; allsam t seyds eso. —
Anzcngrnber, Werke 6,132 Das taugt nix, Burgerlies, for ihr gesehäfi
taugt dos gor nix. — ebda. C, MX) Du musst mich anhören! du musst mich
auch anhören, eh' du mich schlecht machst. — 6,162 Ich hab' mt
gwusst, was ich tu, Eranz, ich hab' damals nit g'wusst, was ich tu. —
Weber 30 Xu do wees ich nee! i erhebt sich, bleibt stehn, grübelt) Do wees
ich werklich nee. — ebda. 79 Ecb iich das machte — eeb iich mich rer-
greifa tat a menn genussa. — 101 Mach, mach, feder dich! feder dich a su
sihr, wie de kannst! — 104 's kätna jitzt atulre zeita, meent' a. Jitzt
thät a ganz andre ding warn mit ins wabern. — 111 End dass dr<ch
teiszt! dasz d'rsch alle wiszt. — Rosegger, Kunstwart 16,372 Überrascht
rief die Greil aus: Der narrisch, das ist ober ein rechter närrisch. —
ebda. 374 Aber sauber ist er, freilich wol rechtschaffen sauber. — Zs.
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531
f. hd. mundarten 2, 30 Des stickli isch halt deckt gsii durch der gros rein
do, der het der wint und d' schlösse abghalte.
B. Wideraufnahme:
L Das zwischen beiden aussagen stehende glied ist ein
nebensatz, der sachlich zu beiden aussagen gehört, formal
allerdings nur zu einem von beiden:
Anzengruber, Werke 6, 166 So halt' ich dich sehen woll'n, vorerst
allein, [ehe noch die icelt dich so sieht — J so wollt' ich dich haben allein
vor mir — aug' in aug. — Weber 65 Dann wisz ich o, tear mich ver-
klatscht hoot bei a fabrikania, (dass iich kenn schlaag arbeit meh besah
. . . J Ich wisz, war das iis. — ebda. 89 Verlassen sie mich nicht, sc machen
mich kalt. [Wenn se mich finden,] schlagen se mich tot. — 95 Mir sein
arme, biise sindhofte menschakinder, [ni waart, dass dei fuss ins zertritt,}
a su sindhaftich und ganz verderbt sein mir.
H Es stehen selbständige aussagen zwischen den beiden
identischen aussagen, zumeist solche, die zu diesen in causalem
Verhältnis stehen:
Niebergall 126 Nah, lenger werd m' im esse jetz net mehr gewort, [der
mann bleibt e halb ewigkeit aus.] Ich rieht jetz oh. — Rosegger, Kunstwart
16, 373 ( Was wird er denn schreiben? - ) Jessas, jetzt kann ich nicht lesen!
[wer hat? mirs denn gelernt ? Dass so ein briefel kunnt komen, auf so was
hätt' eins von klein auf gar keine gedanken.J Aber na, dass ich nicht lesen
kann! — Zs. f. hd. ma. 1,365 (Das dr man nigs drfaa gmerkt het,) das
si haimlik eieeng dicht ik paebere (trinken) düet. (S'isch awer sunscht e
brafi frau gsi, um mer nit bal eini eso finde düet; i mecht nigs gege si
gseit han.j Aber sei het si halt, eweng gern ins glas gluegt. — ebda. 2, 30
luin den küfer bikunt mer jo nigs me gmacht; [die hen ürwet hiifcs wis;J
's Kaan keiner kei bschdelik me aneme. — Jahrbuch d. verein« f. nd. Sprach-
forschung 29, 43 De annern wet ek nit me, fdat stunn mal in'n bok,J awer
ek häw't wedder verjäten. — ebda. 29, 43 BCn Soldaten sin ek nit jewest,
[cen schomaker, de wulle gern for mek derbi,} da hlef ek hier.
Dreimal wird im gründe dasselbe ausgesagt in folgender
stelle der
Münch, n. nachr. 1904, no. 18, feuill. sp. 5 (Als wenn dos aa was war!)
Wir hams ja; wir können' s ja tuan; uns leid's dös.
Das gleiche ist der fall in folgendem beleg, in dem aber
zwischen die identischen aussagen andere sätze eingeschaltet
sind; die zweite einschaltung zeigt sodann ihrerseits noch zwei
belege der einfachen widerholung:
Rosegger, Kunstwart 16, 374 Das schriftlesen, dasselb' kannst nicht.
(Das ist mir ober schon rechtschaffen unlieb; jetzt, was heb' ich an? Ja
so, nur drucklesen.J L ud schrifilesen, dasselb' nicht, meinst. [Aber na, icJi
f
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532
BEHAOHEL
wein» mir jetzt frei keinen rat, Ich tceiss mir keinen menschen in der gemein
und ich trau mich nicht, freilich trau ich mich nicht.} — Gieng dir halt
nicht von statten, meinst, das schriftlesen? (Wenn du's ober dennoch tatst
probieren.)
Französische Umgangssprache und mundart.
A. Anschliessende widerhol ung:
I. Die beiden aussagen decken sich:
a) Sie geschehen in der gleichen satzform:
1) Sie sind nicht durch conjunctionen verbunden:
«) Beide aussagen sind positiv oder beide negativ:
Moimier, Seines popnlaires 1,47 Mais il m'faut ma reste, je veux ma
veste. — ebda. 1. 811 Je nc veux pas qu'on boude . . . naime pas les boudeun.
— 1, 88 Kh! bien, quoi? qnest-cc, quy a-t-il? — 1,101 ( (Je nest pas dans
une maison attssi respectable que de pareils debats doirent avoir Heu,) il
s'agit de s'amuser, nous sommes ici pour cela. — 1,125 Je quitte cetle
maison, mademoiselle; je la quittcrai. — 1,133 11 parait que ces bons amit
sont fort occupis de leurs plaisirs, quils s'amusement beaueoup. — 1, 145
(Test impossible, Mauge, c'est impraticable. 1,102 Je veux ma place, ü
me faut ma place. — 1, 199 Uetirez-rous! Voulez-vous vous retirer? — 1,200
Varbleu! si j' connais la C'oloquinte, oui je la connais. — 1,212 Je ne le
connais pas, je ne connais pas de Bossuet. — 1, 219 Cest-a-dire j NU
j)ressee, sans l'etre, j suis pressee et je ne la suis })as. — Revue des patois
Gallo-romans 1,102 Comment que nous ferons? je ne le sais pas encore,
comment que nous ferons. — ebda. 4, 257 ( Voici un violon dont le son sen-
tend ä deux Heues ä la ronde,) et puis qu'on est force de danser quund on
l'cnttnd; quand vous la menercz, tous ceux qui Venlendront seront forces
de danser.
ß) Die eine aussage ist positiv, die andere negativ:
Monnier 1, 109 (Ouf! je neu puis plus,) je suis lout en nage — je
n'ai pas un fd de sec. — Revue des patois Gallo-romans 1, 135 On peut paa
rester a rien faire comme <;a, quui que tu veux, faut bien s'oecuper pour
pas sennuyer.
2) Sie sind durch eine conjunetion verbunden:
Monnier 1, 130 Lause moi donc artieuier, et ne me coupe pas.
b) Sie geschehen in verschiedener satzform: das eine mal
mit aussagesatz, das andere mal mit fragesatz:
Moimier 1,48 Je n'lai pas fait expres, est-ce que je Tai fait expres?
II. Die zweite aussage bietet mehr:
Monnier 1,7 Eh Inn! maurais sujet ... on n'dit rien a madame ...
on n'souhaite pas l'bonsoir. — ebda. 1, 31 3Ionsieur entra chez nous pour
massacrer notre pauvre mere. Pauvre femmel il a voulu la massacrer, le
ZUR TECHNIK DER MHD. DICHTUNG.
533
gredin qu'il est. — 1,152 Mais vous rous desolez, rotts vous desesperez
sans m' entendre. — Revue des patois Gallo-romans 1,110 (Ccla vous
arrange-t-il? — ) Si eela m'arrange, ce maitre! Cest que ccla m'arrange
excessivement bien, au contraire. — 1,134 II roulait nous trouver de
leau; ü en voulait trouver, que c'aurait fait une riviere.
III. Die zweite aussage bietet teils mehr, teils weniger:
Revue des patois Gallo-romaus 1,114 11 en tirait dans le jour et
puis dans la nuit; il en tirait qu'il ne pensait plus seulement ä
manger ni dormir.
B. Wideraufnahnie:
Mounier 1, 50 He, les militaires, c'est pas la votre place, (rous netes
pas de Service; allez-vous en donc <t la plaine de Grenelle roir ros fusilles
a tnort; ca ne vous regarde pas, ca.'] rous narez pas le droit de rester
la; non vous nai'ez pas le droit de rester lit. — 1,53 (Jucüe vielle horreur!
(altes Scheusal!) feile embrasse aussi son pretre. Otez-y donc son bonnet!
on ne guillotine pas MM bonnet;] oh qu" t' es laide, vieille sorcfere. — 1,54
T'as beau rouler ies gros yeux, va! [jouis de ton reste.J T'as beau faire.
— 1, 171 Je vous en dcmande un million de pardons, monsieur; [c'est pur
um cause bien independante de via volonte que je vous ai ecrase le pied.J
Je vous en demande millt pardons.
Griechisch.
Einige beispiele habe ich mir aus Herodot aufgezeichnet:
A. Anschliessende widerholung:
xqg 'ixaXltjg f^de ZuirdvgiStjc 6* Irnioxyuitog Zi ftaotiTjg, og inl n).u
St) ihöiii (ig avrjo unixtxo, xal Ziolxrjg Jduaoog \iu\oiog xov ac
Ityouirov natg. oixot ulv mb 'Ixallrjg ft).i>ov, ix 61 xov Koknot
'lovlov \4u<fluvijOTog 'Enoorooqov 'Entda^nog- ovxog öl ix xov %
xoXnov. — 7,18 (inel dl 6aifxovhl xtg yivtxai oouq ...), fy£ „fr
avxog xgäTiouai xal xijv yvwuqv utxaxlitenai. — 7, 16 (f/ <}* xoi o
(i/d iv xolrjj t£ oy xaxvm woat. . .)
B. Wideraufnahme:
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534
BEH AOHET,
buolvx; fj ov&v i'aaov xooxov tjoav piaoxvgavrot' &tüifia wv fioi xaX
01 noooifitat rtji' 6taßoh]v, xovxovz >'f avaiti-at xqv aanlSa. — 7. 6
£cT]?Mi}r] yag V7i6 K Innauyov xov Utioioxoaxov b '(h'Ofidxottog t£ A&t;-
»ttur, [tn' avTO<fwQ(p ctlovc. vno Aaaov xov ttofxioriog ifinoiituv i$ ta
Movaalov XQqOßbv. . . J Siu tSijkaoi fttr 6 "innapzoc, ngoxtgov zQtöptvo;
xä nuhoxa.
Für das lateinische hat schon Quintilian die erscheinung
beobachtet: Instit. 8, 4, 26 Polest ascribi amplificaitoni congeries
quoque verborum ac sententiarum idem significantium. Als
beispiel gibt er:
Cicero pro Lig. 3, 9 (Juid enim tuus ille, Tubero, destrictus in ade
I'harsalico gladius agebat? cuius latus iUe mucro petebat ? qui sensu* erat
armorum tuorum? quae iua mens:* oculi? manus? ardor animt? quid
cupiebas? quid optabas?
Was Volkmann, Rhetorik der Griechen und Römer, s. 38n,
hinzutut, ist ganz verschwindend. Bei Gericke, De abundanti
dicendi genere Tacitino, Berl., diss. 1882, handelt es sich wesent-
lich um abundantia einzelner Wörter, wobei nur ganz gelegent-
lich sich beispiele ergeben, die in unsern bereich fallen, z. b.
s. 43 Hist, 4, 11 civitas verlernt se transtuleratqut.
Auf weitentlegene gebiete, in das semitische, führt uns
die geschieh tsprosa des Alten testaments, das ich hier wol in
der deutschen Übersetzung citieren darf:
A, Anschliessende widerholung:
I. Die aussagen decken sich:
a) Beide aussagen sind positiv:
Geil. 1,22 Seid fruchtbar und mehret euch. — ebda. 1,27 l'ntl gott
schuf den menschen ihm zum bilde, zum bilde gottes schuf er ihn. — 2,3
l nd segnete den siebenten tag und heiligte ihn. — 3, 3 Esset nicht davon,
ruhrets auch nicht an, idass ihr nicht sterbet.) — 3, IG Ich will dir rtel
schmerzen schaffen, wenn du schwanger wirst; du sollst mit schmerzen
kinder gebaren. — Und dein wille soll deinem manne untencorfen sein,
und er soll dein herr sein. — 4,23 Ihr weiber Lamech, höret meine rede,
und merkt, was ich sage. — 6, G Va reuet e es ihn, dass er die menschen
gemacht hatte auf erden, und es bekümmerte ihn in seinem herzen. — 6, i)
Noah war ein frommer mann und ohne wamlel, und fuhrete ein göttlich
leben zu seinen Zeiten. — G, 12 (Da sähe gott auf erden,) und siehe, sie war
verderbet, denn alles fleisch hatte seinen weg verderbet auf erden. — 6T 17
(Ich will eine sindflut mit wasser kommen lassen auf erden,) zu verderben
alles fleisch unter dem himmd. Alles, teas auf erden ist, soll untergehen.
— Richter 11, 35 Ach, meine tochter, wie beugest du mich und be-
«
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ZUR TECHNIK DER MIID. DICHTUNG.
535
In folgendem fall ist der hauptsatz inhaltsgleich mit dem
zugehörigen nebensatz:
Richter 3, 10 Und der herr gab den könig zu Syrien in seine hand,
dass seine hand über ihn zu stark ward.
b) Die eine aussage ist positiv, die andere negativ:
1) Die positive geht voraus:
Richter 2, 17 Wichen bald von dem wege, da ihre räter auf gegangen
waren, des herrn geboten zu gehorchen, und täten nicht wie dieselben. —
ebda. 8, 28 Also wurden die Midianiter gedemütiget von den kindern Israel
utul hüben ihren köpf nicht mehr empor. — ebda. 10, G Und verliessen den
herrn und dieneten ihm nicht.
2) Die negative geht voraus:
Gen. 4, 7 Aber lass du ihr nicht ihren willen, sondern hersehe über sie.
II. Die zweite aussage bietet mehr:
Gen. 2,4 Also ist himmel und erde worden, da sie geschaffen sind,
zu der zeit, da gott der herr erde und himmel machte. — ebda. 6,5 Da
aber der herr sähe, dass der menschen bosheit gross war auf erden und
alles dichten und trachten ihres herzens nur böse war immerdar. — ebda.
6, 21 Und du sollt allerlei sjjeise zu dir nehmen, die man isset, und sollt
sie bei dir sammlen, dass sie dir und ihnen zur nahrung da sein. —
Richter 4,18 Weiche, mein herr, weiche zu mir. — ebda. 7,3 (Wer blöde
und verzagt ist,) der kehre um und hebe bald sich vom gebirge Gilead.
B. Wideraufnahme:
Gen. 2, 1 Also ward vollendet himmel wul erde mit ihrem ganzen heer,
[Und also vollendete gott am siebenten tage seine werke ...] also ist himmel
und erde worden. — ebda. 3, 23 Da Hess ihn gott der herr aus dem garten
Eden, [dass er das feld bauete, davon er genommen ist,] utul trieb Adam
aus. — 6, 19 Und du sollst in den kästen tun allerlei tiere von allem fleisch,
je ein paar, männlein und fräulein, dass sie lebendig bleiben bei dir. [Von
den vögeln nach ihrer art, von dem vieh nach seiner art und von allerlei
gewürm auf erden nach seiner art ;] von den allen soll je ein paar zu dir
hineingehen, dass sie leben bleiben. — Richter 2, 11 (Da täten die kinder
Israel übel vor dem herrn) und dieneten Baalim, und verliessen den herrn,
ihrer väter gott, und folgeten andern göttern nach, und beteten sie an [und
erzürneten den Jurrn.] Denn sie verliessen je und je den herrn und dieneten
Baal uud Astharoth. — ebda. 3, 1 Dies sind die beiden, die der herr Hess
bleiben, dass er an ihnen Israel versuchte, (die nicht wussten um die kriege
Kanaan; nämlich die fünf fürsten der Philister und alle Cananiter und
Sidonier und Heviter . . .;] dieselben blieben, Israel an denselben zu ver-
suchen, dass es kund würde.
Malaio-polynesisch.
Ich benutze die bugische geschiente vom könig Indjilai,
die R. Brandstetter übersetzt hat, s. oben s. 517. In den an-
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586
NEU AUREL
merkungen, mit denen er seinen text begleitet, ist an stellen,
wo der Übersetzer im text sich freier bewegt, die wörtliche
Übersetzung mitgeteilt. In dieser quelle linde ich folgende
widerholungen:
A. Anschliessende widerholung:
I. Die aussagen decken sich:
S. 9 Als der körnig eine Zeitlang in der herschaft gewesen war und
regiert hatte (von Brandstetter abgeändert: eine Zeitlang seine herschaft
gefuhrt hatte). — 12 Wie kommt s, das* es so lange gedauert hat, bis du
dich zu mir verfügt hast, Anakoda, dass du jetzt erst gekommen bist? —
13 Ich wünschte doch, dass du diese nacht bei mir verweiltest; wir wollen
diese nacht noch beisammen sein. — 13 Denn das sind leute, auf die ick
vertraue und mich verlasse (von Br. abgeändert: auf diese kann ich mich
sicher verlassen). — 14 Sie ankerten utui Hessen das fahrzeug landen (von
Br. abgeändert). — 15 Sie rief fortwahrend: meine kinder, es sind meine
kinder. — 15 Die beteldosenträger wollten die frau des Anakoda vergewal-
tigen, sie muteten ihr schandliches zu. — IG Ein jeder von ihnen hatte einen
andern Wohnsitz, eine besondere kota bewohnte jeder meister (von Br. ab-
geändert: hatte einen andern Wohnsitz, in einer andern kota).
II. Die zweite aussage bietet mehr:
S. 6 Sie rüsteten sich, das land zu verlassen; sie rüsteten sich mit
ihren zwei kindern, Abcduledjumali und Abeduledjulali (was
der herausgeber für fehlerhaft, weitschweifig erklärt und abändert). — 8 i Wir
wollen den reichsclephanfcn loslassen,» dass er uns jemand suche, dass er
uns material zu einem Könige suche (von Br. abgeändert: jemantl suche,
den wir zum konig machen können). — 10 Vereinige sie widerum, herr, dass
sie wider bei vmander seien wie damals, da ich noch nichts böses von ihnen
erfahren hatte (hier sind hauptsatz und nebeusatz einander gleichwertig).
B. Wideraufnahme:
I. Ein hauptsatz steht and xoivov zwischen zwei haupt-
sätzen :
S. U Wo unser vater hingekommen ist, fteissen wir nicht, I wohin in
aller weit er gegangen ist.
II. Selbständige aussagen stehen axd xoivov:
S. 6 Aber Abeduledjulali hörte nicht auf zu weinen. {Daher kletUrte
der vater auf den baumj aus mitlcid, da er sah, dass sein söhn den ganzen
tag weinte. — 13 Ich beauftrage euch, die frau des Anakoda zu bewachen,
{aber das lege ich euch ans herz: schlaft mir nicht,] wacht über die frau
des Anakoda. — 17 Es war eine zeit verflossen, tot war der Wahrsager
des Königs, es war eine zeit, ein au f scher .. . (so wörtlich an der stelle, auf
die Bich anm. 9 bezieht, nach gütiger niitteilung von herrn prof. Brandatetter).
— 18 ( Wie kommts denn, dass mein haus nicht golden wurde? —) Das
ist so gekommen, lierr: {man hat den Zeitpunkt nicht innegehalten, den der
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ZUR TECHNIK DER MHD. DICHTUNG
537
Wahrsager vorgeschrieben. . . ] Deswegen wurde das haus nicht golden. —
19 Sitii Maemuna besass einen rogel, der ihr sehr lieb war. [Er frass nur,
wenn Sitti Maemuna ihm selber zu fressen gab. . . So war er, und so tat
er, immerfort,] und darum war er der Sitti Maemuna so lieb. — 23 Sie
Hess widcrum den oben erwähnten mann rufen, mit dem sie die nacht zu-
zubringen pflegte, [denn es war ihr tun und treiben, jede nacht.] Also an
diesem nachmittag Hess sie den mann rufen, — 23 Da nun getroffen waren
die Veranstaltungen und bereit waren alle nötigen dinge, da nun begab es
sich (so wörtlich an der stelle, auf die sich anm. 7 bezieht, nach gütiger
mitteilnng von herrn prof. Brandstetter).
Wie man sieht, hat Br. in einer ganzen reihe von fällen
unsere erscheinung nicht anerkannt, sie in einer freiem Über-
tragung beseitigt (vgl. oben s. 433). Das ist auch noch in
einigen anderen fällen geschehen, in denen der genaue Wort-
laut nicht vorliegt:
S. 3, anm. 22: 'Hier ist der text zn weitschweifig, indem »die turtel-
taube sprach« zweimal steht.' — 7, anm. 9: 'Der Untergang der sonne
wird im folgenden noch mehrere mal erwähnt, eine fehlerhafte Weit-
schweifigkeit:
Babylonisch.
Nur mit grossem vorbehält gebe ich belege aus keil-
inschriftlichen texten. Nicht nur verstehe ich von ihrer
spräche ebenso wenig wie vom serbischen, finnischen, altaischen,
bugischen; ich weiss auch sehr wol, wie ausserordentlich vieles
hier bis auf den heutigen tag unsicher bleibt,
A. Anschliessende widerholung, bei der die aussagen sich
decken:
Keilinschriftliche bibliothek bd. 6, 1, 16, G3 Mög' nicht geändert werden,
was immer ich schaffe, Mög nicht zurück gehn, nicht gewandelt werden ein
befehl meiner Uppen (—20,71). — 18,96 Unter den göttern, ihren erst-
gebornen, die er ihr geschart, Erhöhte sie Kingu, machte ihn gross unter
ihnen. — 26,87 Als Tiamat solcftes hörte, Ward sie wie wahnsinnig, verlor
den verstand. — 26, 91 Sie sagt einen Zauberspruch her und wirft ihre
formel hin. — 26, 94 Zum kämpfe vordrangen, zur Schlacht sich nähern.
— 28,106 Ward ihre Streitmacht zersprengt, ihre schar zersplittert. — 38,3
Alle meine geböte soll er überbringen und meine befehle insgesammt sull er
übertragen. — 38,28 Fest ist sein wort, nicht gewandelt wird sein befehl,
was aus seinem munde kommt, verändert kein gott.
Eine erscheinung, die in der deutschen, französischen und
slavischen literatur, in Finnland und Griechenland, in Baby-
lonien, Indien und Palästina, am Altai und auf Celebes begegne^
in poesie und prosa, in alter und neuer zeit, die muss auf
Beiträge tur gewichte der deutschen ipr^che. XXX. 3(J
538
BBHAGBKL
ganz allgemeinen eigensehaften der menschlichen rede beruhen.
Und wenn wir sehen, dass die erscheinung um so verbreiteter
ist, je näher ein Sprachdenkmal dem lebendig gesprochenen
wort kommt: stürm und drang, mundartlich -deutsche dialekt-
erzählung, Monnier — , so kann es keinem zweifei mehr unter-
liegen, dass die neigung zu widerholen, dasselbe zweimal zn
sagen, sei es im ganzen, sei es zum teil, eine allgemeine eigen-
schaft des gesprochenen Wortes ist, aus diesem in die ge-
schriebene spräche, in die dichtung übernommen wird.
Ich darf mich auf die ganz allgemeine erfahrung eines
jeden berufen, dass oft genug eine geschiente, ein merkwürdiges
erlebnis, ein witz vom erzähler, nachdem er kaum seine dar-
stellung beendet hat, sofort noch einmal vorgeführt wird.
Einen derartigen fall erzählt 0. Dietrich aus eigener erfahrung,
Roman, forschungen 1,43, anm. Mein zuhörer Albert Rausch
berichtet mir, dass er in zeit von sechs wochen 40 beispiele
solcher doppelerzählung beobachtet hat, dazu 5 fälle, in denen
dieselbe geschiente dreimal hintereinander erzählt wurde.
Auch in der schönen literatur ist bereits gelegentlich auf diese
erscheinung geachtet worden.
So heisst es bei Bölsche, Mittagsgöttin 2,344 Es war der landbrief-
trüger. Kr wühlte in seiner tasche und brachte mir einen brief. Es sei
ein zufall eingetreten, sein nachen habe sich festgefahren, deshalb komme
er heute so spät. Er erzäldte die geschichte zweimal mit grosser geuauig-
keit. — Oder bei Lesneur, Slavische leidenschaft (Engelhorn 18,5) 1,20
])as hatte Jean-liaptiste alles mit angcselien. Hätte ihn der signor nicht
plötzlich verlassen, so würde er die beschreibung wolgemut noch einmal
von vorne begonnen haben. — Und bei Skowronek, Das rote haus 1,3 Die
freude des ersten widersefiens war vorüber, aber die mutter konnte sich
immer noch nicht beruhigen utul erzählte nun wol schon zum sechsten oder
siebenten male haarklein den ganzen hergang.
Und wer aufmerksam ist, wird an sich selbst wie an
andern die beobachtuug jeden augenblick machen können, dass
auch die einzelne aussage, der einzelne satz, die einzelne satz-
gruppe sehr leicht widerholung erfährt. Der erkenntnis von
der allgemeinen Verbreitung der erscheinung steht freilich ein
eigentümlicher umstand im wege: sie tritt bei einzelnen per-
sonen besonders auffallend zu tage, und darüber werden die
fälle des allgemein verbreiteten, aber beim einzelnen nicht so
häufigen Vorkommens übersehen. So ist es namentlich das alter,
D
ZUR TECHNIK DER MIID. DICHTUNG.
539
das sich gern widerholt: Anzengruber, der im allgemeinen di«
widerholnng der mündlichen rede nicht gerade häufig (einige
belege s. oben s. 529 ff.) nachbildet, hat sie doch dem alten Bren-
ninger in den Kreuzelschreibern mehrfach in den mund gelegt:
2, 8 So will man doch sein Ordnung hab'n — no ja, sein Ordnung
will der mensch doch. — Seit gestert iss ans und g'schehn! Aus iss und
g'schehn is's. — Und er halt' nit amol was auf sie! Na, na, ich teeiss, er
halt' nix auf sie.
Aber auch sonst bestehen individuelle Verschiedenheiten.
So schreibt mir J.Bernhardt, er kenne einen heim, der ganz
nach der formel spreche: ich habe vergessen; ich habe nicht
daran gedacht. Und bei der Boy-Ed heisst es:
Deutsche monatsschrift 2, 342 'Zu liebe mit bedingungen habe ich kein
vertrauen. Das passt mir nicht. Das ziemt meiner tochter nicht, sich be-
dingungen stellen zu lassen. Nein, kein vertrauen habe ich zu liebe mit
bedingungen — das passt mir nicht.' Die frau stöhnte auf. Sie ivusste: er
klebte nur an zwei, drei Worten, die ihm die bezeichnendsten schienen, und
widerholte sie endlos.
Aus unmittelbarer aufzeichnung des gesprochenen Wortes
kann ich freilich nur sehr wenige beispiele der tatsächlich so
häufigen erscheinung beibringen. R. Wustmann hat Wunder-
lichs buch Ueber die satzfügung unserer Umgangssprache den
vorhält gemacht, dass es zu wenig auf unmittelbarer beobaeh-
tung des lebendigen Wortes beruhe (Anz. fda. 24. 303): theore-
tisch gewis mit recht. Aber wie die dinge liegen, enthält der
Vorwurf doch eine gewisse Unbilligkeit, Wir besitzen grosse
massen von mundartlichen sprachproben, und wir haben es in
der aufzeichnung des rein lautlichen herrlich weit gebracht.
Aber an wirklich getreuen, in jeder hinsieht echten bildern
der lebendigen gesprochenen rede fehlt es so gut wie voll-
ständig, und zwar nicht nur auf dem gebiete des deutschen:
der lebendigen rede mit ihren widerholungen, dem durch-
einanderlaufen verschiedener gedanken, dem vermischen meh-
rerer construetionen, mit ihren anakoluthen, interjectionen,
ihrem zögern, ihren unarticulierten zwischenlauten. Auch
unsere üppig und lustig aufblühende Volkskunde denkt kaum
daran, dass hier wichtige aufgaben liegen. Unsere sprach-
proben sind fast durchaus zurechtgemacht, stilisiert, Nicht
einmal die stenographischen aufzeichnungen öffentlicher reden
lassen immer erkennen, wie ihr Urheber wirklich gesprochen
3G*
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510
BEHAGHKI,
hat; was der Stenograph von Unebenheiten noch hat stehen
lassen, das beseitigt der corrector und der redner selbst l ud
zuletzt kommt noch ein schulmeisterlicher herausgeber und
conjiciert hinweg, was ihm anstössig erscheint, wie ich das
für Bismarcks reden nachgewiesen habe (Beihefte zur Zs. des
allg. d. Sprachvereins 17/18, 278). Und doch müsste es möglich
sein, ohne allzu grosse Schwierigkeiten stenographische auf-
zeichnungen wirklich geführter gespräche zu gewinnen, wie
sie für die spräche von geisteskranken bereits vorliegen (vgl.
Liebmann und Edel, Die spräche der geisteskranken nach
stenographischen aufzeichnungen, Halle 1903).
Das wenige, was ich an unmittelbar aus dem leben ge-
schöpften belegen bieten kann, verdanke ich grösstenteils
meinem schüler Albert Rausch aus Friedberg.
Gesprochenes deutsch.
A. Anschliessende widerholung:
I. Die aussagen decken sich:
a) Sie sind ohne conjuuction neben einander gestellt :
1) Beide aussagen sind positiv:
Was liegt mir daran? Ks ist mir ganz einerlei. — Wenn sie das buch
sehen wollen, ich hab's, ich besitz es. — Würden sie mir vielleicht einen
grossen dienst erweisen? Ich habe eine grosse bitte an sie, die sie nur
hoffentlich erfidlen. — Schreib ihm, ich hätte mich sehr über seinen besuch
gefreut, es sei nett geteesen, dass er den weg noch zu mir gefunden habe
— Geben sie mir bitte löschpupicr von dem dicken, roten, was gut loscht,
wissen sie, das starke, steife, was gut aufsaugt.
2) Die eine aussage ist positiv, die andere negativ:
a) Die positive geht voraus:
Du kannst jetzt gehn; du brai4chst nicht mehr hier zu bleiben. —
Siehst du, der flecken ist ganz verschwunden; es ist gar kein flecken mehr
zu sehen. — Sie sind wirklich dick geworden; sie sind bei weitem ntehi
mehr so schmal wie früher. — Komm nur bald heim! dass du mir ntrk
zu lang bleibst. — Bei dem situl auch die vorhänge den ganzett tag ge-
schlossen; niemals sieht man einen zurückgezogenen Vorhang.
ß) Die negative geht voraus:
Gehen sie bitte nicht so schnell; gehen sie bitte etwas langsamer. —
Bleiben sie doch nicht stehn; ich bitte sie, setzen sie sich doch. — Setze*
sie sich nicJd; bleiben sie stehen. — Nein, ich gehe nicht fort, ich Idet^t
hier. — Ich stehe doch nicht sj)ät auf; ich stehe, meine ich, wirklich fn>*
auf. — Er ist mir nie sympathisch gewesen; er war mir immer unangenehm
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ZUR TECHNIK DER MHD. DICHTUNG.
541
Es ist gar nicht nass heute draussen; es ist ganz trocken. — Die deutsche
romantik ist doch mit der französisclien kaum zu vergleichen; sie ist doch
was ganz anderes.
b) Sie sind durch eine conjunction verbunden:
Ich dank auch vielmals und ich dank auch recht schön.
IL Die zweite aussage bietet weniger:
(Ja, man hat furchtbar viel zu tun, wenn man es ernst nimmt mit
dem erlernen einer spräche. Es ist sehr schwer, sich so ins innere einzu-
arbeiten,) und kostet selbst bei starkem talent eisernen fleiss! Ohne fleiss
geht's absolut nicht!
III. Die zweite aussage bietet mehr:
a) Die sätze sind nicht durch conjunction verbunden:
Wo bist du denn gewesen? wo hast du dich denn herumgetrieben von
4 bis 7?
b) Verbindung durch conjunction:
Wir schauen hinaus und schauen hinaus auf den riesigen kreis
derer (aus einer commersrede).
B. Wideraufnahme:
Schaffner, wo ist der durchlaufende wagen nach Amsterdam? Gehen
sie vorn hin — Ganz vorn — [Einer der ersten ist's — der zweitvorderste
Der mit dem runden dach — neben dem Speisewagen — steht ein schild
dran — Berlin- Amsterdam. Der ist's.} Gehen sie nur vorn hin (Sie werden s
schon sehen. — Schaffner, kann man bald wider in seinen wagen umsteigen ?
(aus dem Speisewagen). Ja, bald. fS' dauert noch etwas.] Aber s' geht bald.
/.S" kommt gleich 'ne Station. Da können se noch nich.J Aber nachher, in
Güsten, da gibt's neu auf tnthalt. Da können se 'raus. [Se können auch
bis Berlin fahren im Speisewagen. Bleiben se nur drin — J Aber in Güsten
können se raus.
In manchen fällen ist die aussage nicht bloss einmal, son-
dern zwei-, dreimal widerholt:
Mach' mal den rock sauber, bürst' ihn gut aus und mach' auch mit
benzin die flecken heraus. Er muss gründlich gesäubert werden. — (Das
ist ein ganz verfluchter kerl, Wissen sie, was der gemacht hat? Die grösste
Schufterei von der weit, die hundsgemeinigste nichtsnutzerei :) seinem vater
hat er das geld aus der kasse gestohlen, aus der kasse hat ers genommen,
aus der ladenkasse heraus hat ers gegipst. — Sie müssen sich vor allem
vor feuchtigkeit schützen, [Das ist die erste bedingung. Ebenso vor über-
grosser hitze. Wechseln sie, wenn nötig, drei, viermal die strumpfe am tag,
wenn sie die geringste feuchtigkeit spüren. Gehen sie nicht allzulange auf
den nassen cementtrottoirs spazieren oder durch neblige niederungen:] Wenn
sie die feuchtigkeit möglichst meiden, können sie ohne sorgen sein — alles,
nur keine nässe! — (Anders ist es auf weiten fahrten.) Wenn ich nach
Berlin oder Paris oder London fahre, fällt es mir im träume nicht ein,
512
BEHA(;HEL
dritte zu nehmen. Solch? strecken nehme ich immer zweite, schon um nacht-
zugc benutzen zu können! /Was soll man sich auf holzbänken halbtot
fahren lassen?) Nein — bei so langen fahrten reflectiere ich auf die be-
qnemliehkeiten der zweiten Hassel — Machen sie die tiire nicfU auf, tcenn
er kommt; lassen sie sie fest zu! Nicht aufmachen, hören sie? fest zu! —
(Srhaffncr, lassen sie mich allein in dem coupe, icenns geht, nicht? Ja,
seien $ie ganz ruhig.) Sie bleiben allein bis Köln. Es kommt niemand
mehr zu ihnen; [Sie können das ganze coupe in beschlag nehmen. Schlafen
sie nur die ganze nacht. Ich gebe acht.J S' darf niemand herein. Bis Kobn
können sie sicher sein, dass niemand kommt. — Ich hab'sja gleich gesagt:
J)as musst' so komme! Das könnt' gar net anners komme! (Wenn mer tu
gehaust hat, wie der,} dann könnt' 8 gar net ausbleiwe, dass sei ganz krämche
druff geht! [Ich hab's schon lang gesagt:] S' musst so komme!
Schliesslich werden die vorhin (s. 540) erwähnten steno-
graphischen aufzeichnungen von reden von geisteskranken
immerhin mit als Zeugnis verwertet werden dürfen. Denn so
verschiedenartig auch die krankheiten derjenigen waren, deren
äusserungen uns hier vorliegen, so geht doch die erscheinung
der widerholiing durch weitaus die meisten der sprachproben
hindurch und uniss somit eine gemeinsame grimdlage im wesen
der spräche besitzen, wenn auch die häufigkeit des auftretens
mehrfach durch das nachlassen der centralen hemraungen ge-
steigert ist.
Gesprochenes Französisch.
A. Anschliessende widerholung:
I. Die aussagen decken sich:
a) Sie sind beide positiv oder beide negativ:
(J'ai dormi dcn.v-heures — Tont le restc de la nuit, je Tai passe en
veillant; c'est affreiw!) De tu- hmres de sommeil ce nest rien! Oui, ee n'e>t
rien, den.n heures. — ( Venise est la ville la plus riebe qu'on puisse ima-
giner.) ( 'est de l'or et du pourpre, Tont y est trempe en or ou en sang.
b) Die eine aussage ist positiv, die andere negativ:
1) Die positive geht voran:
Laissez donc ce crepuscule! N'allumez pas la lampe.
2) Die negative geht voran:
Nc me tourmentez pas avec cette histoirc. Laissez-moi trattqmüe. —
(Je naime pas Wiesbaden. Je nc peux pas supporter leclimat.) On Hr peui
pas respirer, ün ctouffe. — L'elui-la? Oh, il nest pas laid! liest fort ftran
garcon. — Ne ferme pas la fenetre! Laisse-la ouverte. — II ne m'a ;>o.<
laissr entrer. II m'a laisse devant la parte. — Je nc reste plus ici. Je w c*
cais! Adieu! — (Iionjour man eher;) (tu es en retard, et tu sais po*r-
ZUR TECHNIK DER MHD. DICHTUNG.
543
tant,) que je n'aime pas cela. Je deteste qu'on soit cn retard! — Suivez
mon conseil! Je vous dis: faites ce que je vous ai conseille de faire! Ce
sera votre bonheur! Vous verrez, que ce sera votre bonheur! — Dans la
littcraturc moderne, il y a une teile quantite de Lonnes choses, quil est
impossiLle, d'employer encore les memes principes de jugement qu'aupara-
vant. II ne faut plus juger ees oeuvres d'art comme on les a jugees il y
a quarante ans! — Zola n'a pas de nuanees! Non! car, quoi qu'il ait
vecu jusqu'a nos jours, il nest pas un moderne! C'est la grande erreur
qu'on commet toujours de le prendre pour un moderne! II na pas Farne
moderne! — Vous pouvez me croire! Je dis la verite. Je vous ai raconte
ces choses telles quelles sont. Et pourquoi de reste ne devrais-je pas vous
dire la verite? Ai-je une raison de deguiser les choses? — Vous ne dites pas
les choses comme elles sont, vous leur donnez des fourrures et des manteaux
et avec ca, une autre physionomie. — O, quel parfum! Mais je nai jamais
senti un parfum si fort que cela! Vraiment, c'est le plus fort parfum que
je connaisse! — Je n'ai jamais aime ce genre! Depuis ma jeunesse j'ai
deteste les gern, qui jugent si vite que cette femme.
II. Die zweite aussage bietet mehr:
Vous n'avcz pas Lonne mine: Vous etes pale, vous avez des cercles
sous les yeux, qui vous donnent Yair Lien fatigue. — (C'est de Mllt de
Boissier que je veux vous dire quelque chose, qui vom fera plaisir:) Elle
s'est fiancee — Eüe sest fxancee avec le Laron de Thymen.
B. Wideraufnahme:
Les pantalons ne sont pas Lien coupes.) Iis sont trop larges. [Ca vous
fait des plis aux genoux. Et vos jamLes semLlent plus grosses quelles ne
sont.] Decidemcnt, pa devrait etre plus etroit, plus serre. — Je n'etais pas
bien portant, sans cela, je serais venu. Je n'allais pas Lien du tout; [je
me suis fait mal au tennis, et etais forcl de rester chez moi quelque temps.J
Je serais sürement venu, si ce malaise ne m'avait pas empeche de suivre
votre aimaLle invitation. — (Connaissez vous les rers d'AlLert Samain?)
Je suis tres lieureux que vous les connaissiez, [car, quoiqu'il cn soit — ce
po'ete est peu lu par des etrangers.J I'our cela je me rejouis doublement
que vous le connaissiez et que vous fassiez une bonne exception. — Mettcz
les tasses sur la petite table en acajou. [Et dites aux Messieurs que le cafe
est servi. Au fumoir, vous comprenez, parceque gcneralement nous le
prenons dans le grand salon!J Les tasses sur la pdite table! Pas sur la
grande! faites attention! — Mais vous ne connaissez pas de tout la Si-
tuation: [Elle vous a ete aussi itrangere qu'n tous ccux, qui ne sc sont
jamais occupes de l'etat actuel.f Non, Messieurs, vous ne connaissez pas
faffaire. — Mon ami est aussi peu coupable que moi. [Nous avons commis
tous les deux le mime faux-pas, rien de plus — J mais nous sommes
tous les deux incoupables.
Drei- und mehrfache fassung desselben gedankens liegt in
folgenden beispielen vor:
(Kacontez moi cette histoire — j 0, je ne la suis plus; je Vai ouLliee.
544
HKHAGHEL
Je ne puis vraiment plus dirc comment tout sest passe. — Xous voulons
manger quelque ehose. J'ai faim; II faut que je prenne quelque chose,
fallons au pavdlon d ' Armenoville, nous mangerons des gateaux. II y a
In les bons guten tue, les rouges, tu suis! O, ils soni si bonsl Iis ont hh
goüt comme des cerises.J Viens, jai horriblement faim! — Mon Uiett,
Maman, figure toi: Le Metro sest arrete entre les stalions de lAlma et
de l'Ftoile, tont a coup le train ne marche plus, s arrete brusquement, et
nous ne pouvons pas aller plus hin — C'etait horrible! Touts les personnes
avaient peur; des dames pleuraient; nous avom tous pense que nous derions
mourir! C'etait afl'reux, et des dames pleuraient — et nous avions peur de
mourir. — Oui, aA, tnais oui; bien sür; je crois bien! Ah, je vous ervti
bien! Mais naturellement! pour sür! — Mon fils est mort comme un
heros; sa mort etait vraiment heroiqtte; sa mort etait, dans tonte $a tristeste
affreuse un acte grandiose, fier et bcau. — Allons, ne dites j)as ccla!
Je vous en prie — taisez vous! Cessez — cessez! (Je ne puis plus raun
entendre.) — 0, c'est vous! Mais je suis charmee, je suis tont ä fail en-
chantec de vous revoir! (Juel plaisir de vous revoir dans notre salon! —
Je traut e que tu ne penses pas noblement de ce sujet. Cest une facon
absurde et absolument dctestable dont tu as parle! (Je n'aurais recliement
pos pense, que tu puisses parier ahm!] C'est tris laid, tu sais? Kt pa*
gentleman-like du tout! — Viens chez moi, petite, viens, vite, dans na
bras; allons! viens, j'ai les bras ouverts, vois-tu?
Von gesprochenem englisch stehen mir nur ein paar
vereinzelte beispiele zu geböte:
A. Anschliessende widerholung:
Ii is a beautiful dag to dag — Is'nt it? A lorely day!
B. AViderauf nähme:
// am going to Francfort to morrow, I want a suit, a very good-one,
and as it is impossible to get it herc J, I am obliged to go to Franc fort,
to Mr Sureit, he is told a good tailer. — 2h, Sir, tee eome from fkt South,
[We have becn three months in Itaig, first in the South, at Roma and
Xaples, after at San ItemotJ It is from there we come.
0. Beides vereint zu dreifacher aussage:
0, I am very foml of piaging, I likc very mach the spart, [And ira<
a great sporisman when I was young, now, I am too old,J bat I hart
kept a great intcrest.
Zu den widerholungen der mündlichen rede verhält sich
nun die geschriebene spräche, die literatur, in dreifacher weise.
Entweder sie werden beibehalten, wie das eben das mhd.. das
altfranz. ja tun, oder sie werden zurückgedrängt, wie das im
allgemeinen ') in den neueren literaturen Westeuropas, aber
l) Ich sage 'im allgemeinen'; denn z. b. bei Schiller spielt die wider-
i
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545
auch in der griechischen und lateinischen geschehen ist, oder
aber sie werden zum ausgangspunkt für bewusst rhetorisch-
poetische stilmittel. So ist die einfache wörtliche widerholung
geradezu zum grundverfahren primitiver dichtung geworden.
Ich verweise auf den wenig beachteten aufsatz von W. von
Biedermann, Zur vergleichenden geschiente der poet. formen,
Zs. f. vgl. lit.-gesch. N. f. 2, 415, ferner auf Norden, Lat. kunst-
prosa2, 813. Es heisst also z. b. in einem Indianergesang:
(14*1» Annual Report of tbe Bureau of Ethnology, part2, 1054): Xebcl,
nebel, Blitz, blitz, Wirbelwind, Wirbelwind. - Oder 1055 Die felsen wider-
hallen, Die felsen widerhallen, Die felsen widerhallen, Sie widerhallen in
den bergen, Sie widerhallen in den bergen, Sie widerhallen in den bergen.
Ich möchte jedoch bezweifeln, dass diese form der wider-
holung jemals in längeren dichtlingen angewant worden ist;
was mir davon bekannt geworden, das sind nur kleinere poetische
erzeugnisse.
In höher stehenden literaturen ist dann die Variation
als bewusstes kunstmittel gehandhabt worden: so in dem be-
kannten parallelismus membrorum der hebräischen poesie, z. b.
Psalm 2, 1 — 5 Warum toben die heiden, und die leute reden so ver-
geblich? die könige im lande lehnen sich auf, und die Iwrren ratschlagen
mit einander wider den herm und seinen gcsalbeten: lasset uns zerreissen
ihre bände, und von uns werfen ihre seile. Aber der im himmel wohnet,
lachet ihr, und der fierr spottet ihr. Kr wird einst mit ihnen reden in
seinem zorn, und mit seinem grimm wird er sie schrecken.
Die erscheinung ist zuerst ausführlich erörtert worden von
dem englischen bischof Lowth (De sacra poesi Hebraeorum
praelectiones, Oxford 1753) und hat sodann die aufmerksamkeit
Herders auf sich gezogen: Vom geiste der hebr. poesie, Suplian
11, 235 ff. Weiteres bei Bleek, Einleitung in das Alte testa-
ment, 3. aufl. von Kamphausen, s. 81 ff. Ueber seine entstehung
sind gelegentlich sonderbare anschauungen geäussert worden;
der anmerkung Kamphausens s. 81 entnehme ich, dass Ley
diesen parallelismus aus der alliteration herleiten will: wenn
man die sache umdreht, wird sie ungefähr richtig werden.
Ebensowenig kann ich mich mit einer andern weitverbrei-
teten anschauung der hebraisten befreunden. Aus dem zusammen-
holung eine nicht unbeträchtliche rolle. Beispiele habe ich gegeben Bei-
hefte zur Zs. des allg. deutschen Sprachvereins 26, 184.
546
HEHAGHEL
hang, in den durch unsere darstellung der hebräische paralle-
lismus gerückt wird, ergibt sich, dass es nicht richtig ist, wenn
man ihn, wie das schon Herder tut, als eine erscheinungs-
form des rhythmus betrachtet: er ist lediglich ein rhetorisch-
stilistisches hilfsmittel, das mit der metrik, dem rhythmus so
viel oder so wenig zu tun hat wie metapher und gleichnis.
wie die aposiopese, der poetische Wortschatz. Ob daneben noch
ein fester musikalischer rhythmus besteht, ist eine frage ganz
für sich: der parallelismus ist ebensowenig ein ersatz für diesen,
als die stehenden epitheta und die gleichnisse Homers ein
ersatz für den hexameter sein könnten. Das finnische zeigt
uns ganz unmittelbar das nebeneinander von festem metrum
und von parallelismus.
Dieser parallelismus kehrt dann auch wider im ägyptischen,
vgl. Erman, Aegypten 2, 527. Genaueres jedoch über den um-
fang und die art seines auftretens in der ägyptischen literatur
ist mir nicht bekannt geworden.
Weiter zeigt sich dann der sogenannte parallelismus —
es ist das eigentlich eine wenig glückliche bezeichnung — in
der finnischen dichtung, wenn auch nicht in der durch-
greifenden weise wie im hebräischen. Comparetti in seinen
umfangreichen Untersuchungen über den Kaiewala begnügt
sich, mit wenigen Worten die tatsache im allgemeinen festzu-
stellen, Atti della accademia dei Lincei, ser. 4, vol. 8, s. (33.
Ich entnehme daher der Schief nerschen Übertragung — das
original ist mir nicht zugänglich — folgende belege der satz-
variation, die in den 510 versen der zehnten rune ent-
halten sind:
47, 7 Schlug das ross mit seiner gerte, Liess die perlenreiche tonen.
Hasch enteilt das ross des xceges, Machte, dass der teeg entsc?twindet,
Heftig lärmt des Schlittens kufc, Und es knarrt das trockne Krummholz. —
2t Sprach dort worte solcher weise, Liess sich selber so vernehmen: Frist,
o wolf, den träumegucker, Tot, o Krankheit, jenen Jxippen. — 35 DiS zum
himmcl reicht der wipfcl, llagt gerade ins gewölke, In die lüfte gehen du
zweige, Dehnen sich bis in den himmel. — VA O du alter Wäinamöinrn.
Wo hast du so lang gestecket, Bist so lange du gewesen? — 75 Spraih
der schmieder Ilmarinen, Itedet worte solcher weise (= 289). — 83 Eine
jungfrau ist im Nordland, Die sich keinem freier fuget, Die den besten
mann verschmähet. — 151 Sprach die führ1 mit goldnem wipfel, Sprach
die führ' mit schöner kröne. — ltil Sang, dass starker Sturmwind brauste,
M'ild der wind die luft bewegte, liedet worte soklver weise, Liess auf diese
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547
art sich hören: Ximm, o wind, ihn in dein fahrzeug, Trage ihn mit deinem
böte Bäsch daron ... Es erbraust ein starker Sturmwind, Wild durch-
wühlet er die lüfte. — 19G Bin füncahr nicht hergekommen, Dass die
Hunde mich hier schänden, Diese wollschwanzträger schaden An den un-
bekannten türen, Bei den fremden eingangs}) f orten. — 231 Schon gekommen
er uns den sampo schmiede, i ns den bunten
decket hdmmre. — 255 Sättigt dort den mann mit speisen. Gibt ihm auch
genug zu trinken Und bewirtet ihn gar trefflich. — 323 I m zuzuschauen,
Was wol aus dem feuer käme, Aus der flamme sich erhöbe. — 343 Aus
dem feuer drang ein nachen, Drang ein bot mit braunem scheine. — 405)
llmarinen, er der schmieder, Schmiedet mit behenden Schlägen, Klopfet mit
gar kräffgem hammer. — 417 Frisch geschmiedet mahlt der sampo, Schau-
kelt hin und her der deckel. — 4fi7 Fing nun an zu überlegen, Hielt gar
lange es im köpfe, Wie er sollt' nach hause reisen. — 488 Lies* den wind
dann kräftig wehen, Liess den nordwind heftig blasen. — 508 Sprach der
schmieder llmarinen, Selber redete der meister: Ja, schon mahlt der neue
sampo, Schicingt sich hin und her der deckel.
Im serbischen liede sind zwei ganz bestimmte formen
der widerholung zum viel angewanten kunstmittel geworden.
Auf der einen seite stehen die fälle, in denen die zweite aus-
sage um ein glied erweitert erscheint:
Kapper (s. oben s. 513) 1,8 Ich indessen will zurück ihn halten, Will
ihn halten, drei, vier teeisse tage. — ebda. 1, 10 Einen brief geschrieben
hat die königin, Einen brief gesant an Swjesdit sch Iwan. — 1,*14 Führt
mit sich die schöne Ikonta, Führt sie grade zur Buschitzakirche. —
1, 15 Buft dann aus und ruft aus weisser kehle. — 1, 19 Fielen ein die
Türken schon in Belgrad, Fielen von vier seifen in die veste. — 1,33
Drinnen wohnt der beiden Jakschitsch schwester, Wohnt darin bei jenem
Arup- Aga. — 1,33 Tränkt die wandrer alle, die da wandern, Tränkt
sie auf das wohl der beiden brüder. — 1,34 Da er ankommt vor des
hofes tore, Buft er also, ruft mit heller stimme. — 1,35 Geht der
Dmitar, geht zum schänken Jowo. — Bibliothek slaviseher poesien in
deutscher Übertragung, Prag 1876, 1, 152 Unaufhörlich stürmet er und
stürmet Früh vom morgen bis zum grauen abend.
Dabei kann es geschehen, dass in der erweiterten aussage
einzelne teile der ursprünglichen aussage anwiderholt bleiben :
Kapper 1,8 Kommen ist um's mädchen Jakschitsch Todor, Ist mit
seinen hundert Staaten kommen. — ebda. 1,15 Fliegt dahin ilurchs
grasige gefilde, Fliegt, den Knaben Stjepan an der seite. — 1, 17
Horch, da ruft die Wila schon hernieder Aus dem grünen waldgebirg
Avala, Buft hernieder in das feste Belgrad, Bufet zu den beiden
brüdern Jakschitsch. — 1,22 Halt den Sklaven er zu seiner rechten,
Hält ihn, wie das haupt er hält, das eigne. 1,31 Sieh, da kommt
den brüdern zu ein schreiben, Kommt aus Belgrad, aus der
weissen Veste.
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548
BEHAGHEL
Auf der andern seite geschieht es, dass die widerholung
gedrängter ist als die erste aussage, und dann ist entweder
bei der widerholung ein teil der glieder weggelassen, oder
lediglich das begriffswort durch das anaphorische pronomen
oder adverb ersetzt. Diese art findet sich niemals am schluss
einer gedankenreihe, sondern stets wird noch ein weiteres glied
oder weitere glieder der erzählung angereiht:
Kapper 1, 9 (Als sie nun durchs fehl von Budim reiten,) Lenkt sein
ross der köw'g hin zu Todor, Lenkt es hin und redet tu ihm leise. —
ebda. 1,18 Reitet hin zu Jakschitsch Todor grade, Reitet hin, erzählt
dem bruder alles. — 1,18 Nieder sitzt er an der Jaorika, Sitzet nieder,
rastet an dem w asser, Rastet aus und redet zu sicli selber. — 1,21
Heissl er ihn auch, ihm zur seite sitzen, Heisst ihn sitzen, spricht zu ihm
die tcorte. — 1,29 Um die lenden schnallt den sübel Stjepan, Schnaitt
ilen säbel, Rufet zu dem mädchen. — 1,32 SucJicn dort drei jähre lang
die Schwester, Suchen beide, keiner kann sie finden. — 1, 34 In den
höfen höret ihn die Schwester, Hört ihn und erkennt sogleich den bruder.
— 1,190 Halt zurück ihn an des turmes treppe, Hält zurück ihn, hält
ihn fest und fragt ihn. — 1,192 Weitum jagt drei tage lang das Türk-
lein, Jagt umher uml kann doch nichts erjagen. — 1,193 Lauter aber
lacht die junge ehefrau, Lacht, und geht hinaus zum neuen markiplatz. —
1,294 In die rechte nimmt Komnen den becher, Nimmt den beeher,
zeichnet mit dem kreuz sich, Danket gott. — Bibl. slav. poesien L, 149
Bonus '/ring schaut es (das beer) von der veste, Schaut das heer und
spricht zu sich die worte. — Kapper 1, 19 Anschaut der vesire den ge-
fangenen, Schaut ihn an und sieliet, wie er schön ist. — 1,31 Weh, zum
Imsen sitzt ihr bruder Jakschitsch, Sitzt zum bösen, Trinket kühlen roticein.
— 1,37 Gibt ihm das Araberkind die Schwester, Gibt es ihm — und Jak-
schitsch Dmitar nimmt es. — 1,227 Fasst ins aug den alten Keiwan-Aga,
Fasst ins aug' ihn, gibt der pfanne feuer, (Trifft ihn links graa" in die
Unke seite.) — Bibl. slav. poesien 1, 166 Liest das schreiben, lieset es und
lächelt.
Beiden gattungen der widerholung ist es gemeinsam, dass,
wenn man von den gliedern absieht, die in erweiterung oder
zusammendrängung einander gegenüber stehen, die übrigen
glieder wörtlich einander gleich sind, hier keine Variation
stattfindet. »)
») Aucb die anakolnthische widerholung, auf die ich als allbekannt —
vgl. z. b. meine Heliandsyntax s. 575 — bei der darstellnng des mhd. keine
rücksicht genommen habe, ist im serbischen xum bewussten kuustmittel
ausgebildet : Kapper 1,28 Reicht Harikunan, reicht ihr beide hände, Nimmt
dem pascha, nimmt ihm seinen säbel. — ebda. 1,32 Lass, o Bogdan, o ge-
liebter bruder, Lass uns, bruder, scheiden unsre wege. — 1, 195 Dränget
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549
Die beiden typen des serbischen liedes kehren auch in der
bulgarischen dichtung wider. Die belege entnehme ich den
Bulgarischen Volksdichtungen, übersetzt von Ad. Strauss, Wien
und Leipzig 1895.
Einerseits begegnet hier der fall, dass bei der widerholung
ein glied mehr geboten wird als bei der ersten aussage:
112 Fasst das haar der Samovila, Fasst ihr haar mit starken händen.
— 112 Und die fee, sie blieb gefangen, Blieb gefangen drei der jähre. —
114 Und die Schwiegermutter glaubt, Glaubt so treu dem feenworte. —
122 Ja, den Imech, den liebte Stojna, Liebte ihn mit grosser liebe. —
125 Und des euren diener giengen, Giengen zu der beiden jung fr au. —
127 Und es kommt die hehlenjung frau, Kommt auf dem beschwingten rosse.
— 128 Und gesättigt war held Branko, War gesättigt nicht von kühnheit,
War gesättigt von dem rausche. — 130 Da nun schreit der kämpe Branko,
Schreit mit aller kraft der stimme. — 130 Gift'gc schlänge, ihm gewährt
es, Gifige schlänge mit drei köpfen Ihm gewährt es, dass er rede. —
133 Führ' du alle, führ sie alle, Führ sie hin zu dem bazare. — 198 Ich
vernichte alle, Ich vernichte all' die Türkenhorden. — 200 Und da strau-
chelt bald sein stolzes kampfross, Strauchelt dort bald in den scharfen
klingen.
Anderseits begegnet der fall der gedrängten widerholung:
111 Kehr doch um, o Ivan Fopov, Kehr doch um und geh' nicht
pflügen. — 121 Utid dein lieber brtider Bidit in ihrem schösse, Buht in
jeden, der ihr in den weg tritt, Dränget jeden aus dem wege seitwärts, (Bis
sie ankommt in der weissen veste.) — 1, 197 Fiele einer von den goldnen
ballen, Die an meinem oberkleide hangen, Fiel' er dir, o Türklein, an die
sclüäfe. — 1, 198 ScJtaff zur stell' mir, Boitschitsch Alija, Schaff zur stelV
ein ross für den haiduken. — 1, 230 Tötet, dass er mit dem tod nicht ringe,
Tötet vollends mit des Schwertes schärf ihn. — Ein gleichartiges beispiel
in den Bulgarischen Volksdichtungen, übers, von Strauss s. 123 Führe, Mine,
führ' den rentier. — Im vorbeigehen sei hier noch eine merkwürdige form
der durch Unterbrechung verursachten widerholung erwähnt. Die wider-
holung geschieht ja in der regel in folge des umstandes, dass der redende
durch eine einschaltnng, die er macht, von der normalen Vollendung des
satzes abgelenkt wird. In einer novelle von Hermine Wild (Eure wege
sind nicht meine wege, Heyses novellenschatz 22, 1) bin ich aber auf sätze
gestossen, wo der, der das anakoluth durch seine einschaltnng veranlasst,
nicht der redende ist, sondern der erzähler, der sein verbum des sagens
dazwischen wirft: z. b. 8.37 Ks sind diese nacht dinge vorgefallen, sagte er
mit einem tiefen ausdruck von ernst, trauer und besorgnis, es sind dinge
vorgefallen, die zu verhindern seit jähren mein stetes bemühen war. —
62 Ja, er hat mich lieb, sagte sie sich, und ihr blick weilte sinnend auf
ihm, er hat mich sehr lieb. — 110 Ja, er liebt mich, dachte sie, er liebt mich.
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HEHAGHEL
ihrem schösse, Spielt mit ihren locken. — 123 Kömmt ihr töchterlein die
Grunka, Kämmt und (licht icol ihre haare. — 125 Und mit ihr dann aho
redet, Aho redet, also fragt sie. — 128 Magdalena aber dachte. Dachte
nach, tat ein gelübde. -~ 120 Dass du bisher nie gefragt hast, Xic gefragt
mich, und nun fragst du. — 130 Wie sie's hört, 80 sträubt *ic sich auch.
Sträubt sich und beginnt zu pfauchen. — ebda. Einholt ihn die gift'ge
Schlange, Holt ihn ein und fängt ihn sich ab. — 135 Xun gar bitter
klag* nd klagt Schön-Petka, Klagend klagt sie, geht auch nicht zur hochzeit,
— 196 Wird auch unser reich entzwei sich teilen, Wird entzwei sich teden
und dann stürzen — 198 Suchen wir den Michael Vasilic, Suchen wir und
retten wir ihn freunde. — 210 Sassen da die händler vor den buden,
Sassen vor den buden, sprachen also. — ebda. Kann herab nicht ron dem
flügelrosse. Kann herab nicht, kanns dann nicht besteigen. — 211 Und die
maid von Sidim schöpft ihm wasser. Schöpft ihm wasser und sie reicht es
dar ihm. — 215 Und sie giengen und sie setzten Hin sich an den tisch der
beiden, Setzten sich und assen, tranken.
Mehrere formen der Stilisierung finden sich wider bei den
Altai-Türken: zunächst eine, die genau der ersten serbischen
form entspricht: die form, dass die zweite aussage ein oder
auch mehrere glieder weiter enthält als die erste, im übrigen
aber mit dieser identisch ist:
Radioff 1,13,37 Einen eisernen pfeil sah der Jüngling, An den tür-
p fasten angelehnt sali er ihn. — ebda. 22,357 An der Wasserstelle stand
ein kästen, Stantl ein kästen mit goldener schrift. — 29,36 Tardanak
sprach, Sprach zu den Kindern des Jelbegen. — 37,205 Es zurück-
bringend, band er es an, An die eiserne pappel band er es an. —
54,764 lies Tastarukai köpf schlug sie. Mit der rippe schlug sie ihn. -
60,159 Eine sehne machte er, Für seinen gelben mächtigen bogen
Machte er eine sehne. — 62, 38 Das weisse vieh fing er ein und trieb es
fort. Zu des Kara Kula jurte trieb er es. — 63,48 Kara Kula Mattyn
sagte, Zu seinen sieben Wölfen sagte er. — 67,194 L'nd band sie fest.
Mit einem stock sie durchstossend band er sie fest, An den
schwan: des kalbes band er sie fest. — 71,324 Den Kan Püdai icill
ich durchstossen, Wenn Kan Püdäi kommt, Werde ich ihn mit dieser
pappel durchstossen. — 75,439 Sein Schimmel wurde wie ein füllen, Sein
Schimmel wurde wie ein räudiges füllen. — 90,57 Dn\ jüngling Hess die
weisse schlänge nicht vorbei, Ihren köpf biegend, Hess ihn die weisse
schlänge nicht vorbei. — 94, 186 Den Ai Kan und mein volk hatte ich
geschickt. Mit einem beere habe ich sie zum Karany Attu Kan ge-
schickt. — 98,318 Dies ist branntwein, Dies ist starker branntwein. —
107,628 Die brautwerber giengen werben, Zu des Sarg Kan jurte giengen
sie werben. — 108,670 Liegen blieb er, ohne besinnuug blieb er liegen.
— 113,826 Dort tötete er sie, Alle mit einander tötete er.
Aber auch zu der zweiten serbischen form, der gedrängten
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an
EU
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form, wie ich sie nennen mvhte. findet sich das seitenstück,
wenn auch nicht stark vertreten:
Radioff 1,42.362 Der <ohH rttr seite de* />«<r* Setzte sich mit ge-
kreuzten beinett, Setzte *ieh und ramrhie tatoi. — eUl». 1« >T. 022 Die biren
traten zuerst ein. Die baren traten ein und fras-vn das rott utul da< ri<h.
Nahe damit verwant sind auch noch stellen wie die folgende
(s. u.), wenngleich das merkmal der gedrängtheit fehlt:
Radioff 1,08,213 Vom rieh, das sich aufgehalten, Waren die spuren
vorhanden, Die spuren waren da, aber das rieh nicht. Von menschen, die
dort gevcohnt hatten. Die aufgerichteten jurten Karen da. Die aufgerichteten
Auch der fall, dass die beiden aussagen sich decken, hat
Stilisierung gefunden:
A. Anschliessende widerholung: der grüsste teil der aus-
sage kehrt bei der widerholung wörtlich wider, nur einzelne
glieder weichen ab:
Radioff 1,15,99 Offner felsen, Oeffne dich, Ich will meinen einzigen
bruder hineinlegen. Fester felsen, Spalte dich, Ich will den einzigen bruder
hineinlegen. Der offene felsen Oeffneie sich, Sie legte den einzigen bruder
hinein, Der feste felsen Spaltete sich, Sie legte den einzigen bruder hinein.
— ebda. 19,237 Offner felsen, Oeffne dich, Den einzigen bruder will ich
herausnehmen, Fester felsen, Spalte dich, Den einzigen bruder will ich
herausnehmen. Der offne felsen Oeffncte sich, Den einzigen bruder nahm
sie heraus, Der feste felsen Spaltete sich, Den einzigen bruder zog sie
heraus. — 19.255 In ihres bruders Handfläche Schrieb sie eine weisse
schrift: Des Ai Kan, des Kün Kan Beider Kane mittlere töchter Habe ich
in unser haus gebracht, Als ein weisser hase bin ich zum ufergebüsch ge-
laufen. In des bruders handfläche Schrieb sie eine weisse schrift: Ach,
bruder! zwei weiber hab ich dir gebracht, Ein weisser hase seiend, bin ich
ins ufergebüsch gelaufen. — 34,103 Goldener napf, von selbst fidle dich!
Goldene schale, von selbst fülle dich! — 04, 103 Auf den hohen berg steige,
Den schlaf eines herrn scJdafc, sagte er, Auf den schwarzen berg steige,
Den scJdaf eines fürsten schlafe, sagte er. — 79,505 Nachdem du Kalap
bekriegt, Kehre du mit deiner frau, wenn auch morgen, zurück! Nach-
dem du Kalap bekriegt, Kehre mit deiner frau auch morgen zurück. —
220 O Myrat mein, Myrat mein, Ein meer wird kommen, Wie kommst
du dort hinüber? An seinem säume wohnt ein rolk, Wie kommst du dort
hindurch? 0 Myrat mein, Myrat mein, Eine Wasserfläche wird kommen,
Wie kommst du dort hinüber? An ihrem ufer wohnt ein volk, Wie kommst
du dort hindurch?
Sehr merkwürdig ist aber eine nebenform, bei der in der
widerholung ein glied x durch ein glied y vertreten wird, das
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552
BEHAGHEL
mit dem glied x sachlich im Widerspruch steht; oft handelt
es sich dabei um eine Steigerung:
Radioff 1, 16, 141 Meine band, die nur den fingerhut gehalten, Hierhin,
dorthin bieget nicht! Meine band, die nur die nadel gehalten. Hierhin,
dorthin bieget nicht. — ebda. 27, 130 Alles volk versammelte er, Lies*
sechzig Stuten schlachten, Das rolle des landes versammelte er, Liess
siebenzig Stuten schlachten. — 53, 743 Sechzig stufen tötete er, Ein gast-
mahl richtete er aus, Siebenzig Stuten tütete er, Ein gastmald richtete er
aus. — 10H, 051 Seclizig junge stulen schlachtete er, Alles volk versammelte
er, Siebenzig junge stufen sclüachtete er, Alle auf der erde wohnende
menschen versammelte er. — 221 O Myrat mein, Myrat mein, Auf einem
bäum sind tausend zweige. Meinst du die abzuschneiden'!' Gegen dich einen
sind tausend menschen, Meinst du mit ihnen zu kämpfen? ü Myrat mein,
Myrat mein, Auf einem bäum sind hundert zweige, Meinst du die abzu-
schneiden? Gegen dich einen sind hundert menschen, Meinst du sie zu be-
kriegen?
B. W iderauf nähme: hier kann die widerholung eine völlig
identische sein, oder sie kann kleine abweichungen zeigen:
Radioff 1, 12, 8 (Als der jüngling so einhergegangen, MaclUe er sich
einen hölzernen pfeil, Machte sicli einen hölzernen bogen,) Gieng jagen,
[Die jüngere Schwester machte eine spindel Und spann hau f.] Her bruder
gieng jagen, (Schoss mit dem hölzernen pfeile.) — 15, 116 Sie ritt und ritt.
[Dass es icinter war, merkte sie am bereiften kragen, Dass es sommer tear,
merkte sie am erhitzten Schulterblatt.) Sie ritt und ritt. (Als sie so dahin
ritt ...) — 21,325 Hie beiden weiber giengen, Traten ins ufergebüsch und
kamen schreiend. [Altain Sain Salam stellt sich auf die lauer,} Heide
weiber kamen schreiend: Der weisse hose lief zum Altain Sain Salam. —
52,090 Ritt Ai-Kan mit den sieben Saisanen am ufer entlang, Nirgetuis
fanden sie eine fürt. [ Aufwärts ritten sie, Abwärts ritten sie,] Nirgemls
fanden sie eine furt. ('Pastarakai mit kahlem pelze.) — 63, 54 Xichts
lebendes tear da, [Nach Sonnenaufgang trabte sie, Nach Sonnenuntergang
trabte sie,] Nichts lebendes war da. — 101,420 Hieser unser vater ist be-
trunken, [Er hat mit dem Sary Kan viel branntwein getrunken,] Jetzt ist
er betrunken, sagte er, Morgen wird er lebendig sein, sagte er. — 105, 549
Morgen früh komme! [An jedes blatt binde eine silberne glocke Dies
sei meiner tochter angebinde!] Morgen früh komme! [Den branntwein
schaß" herbei! Mein kind will ich herausgeben, sagte er,] Morgen früh
komme. — 27, 100 Als Kan Püdäi gesproclten, Packte er die beiden Müs
beim kragen und beim köpf, [ Die beiden Mos fassten ihn auch. Heide
beiden rangen, Sechs monate vergiengen . . . J Kan Püdäi fasste sie beim
köpf und kragen, Am bogen des himmels entlang ScJdug er sie auf einen*
flachen stein herab. — 39,272 San eisengraues pferd Zu einer grauen
krähe machte er; [Dorthin schüttelte er es; Hierhin schüttelte er es;] Sein
graues eisenpferd Zu einer grauen krähe machte er. — 64, 85 Wider heulten
die sieben wölfe: [Können wir dein einziges kind essen, Können wir deine
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Zt'R TECHNIK DER MttD. DICHTUNG,
553
eine Jcvh essen?] So heulten die sieben wölfe. — 74,429 Schwarzes Wald-
gebirge, meine felsenburg, gib deinen segen! [Mein fliessendes und nicht
fliessendes felsenmeer, gib deinen segen.] Meine eiserne felsenburg, gib
deinen segen.
Wider anderer art ist die Stilisierung, die in den so-
genannten doppeltiraden des altfranzösischen epos vorliegt,
vgl. A. Tobler, Zs. f. völkerpsych. 4, 164—172 und Otto Dietrich,
Ueber die widerholungen in den altfranzösischen chansons de
geste, Rom. forsch. 1, 1 — 48.
Es ist mir nicht zweifelhaft, dass auch die alliteration
aus der widerholung sich entwickelt hat. Wenn die mit
einander gleichwertigen sätze auch gleichartig gebaut sind,
so ergibt es sich ganz von selbst, dass die einander ent-
sprechenden glieder synonym sind: es ist aber im allgemeinen
neigung der spräche, sachlich identisches auch in einem laut-
lich übereinstimmenden körper zum ausdruck zu bringen (vgl.
meine Deutsche spräche3 s. 154).1)
Endlich möchte ich der Vermutung ausdruck geben, dass
auch Strophe und antistrophe des griechischen chors ursprüng-
lich nichts anderes als Variationen eines und desselben
themas sind.
Wenn die widerholung ihren sitz in der mündlichen rede
hat, so ist also das auffallende, das zur erklärung zunächst
herausfordernde eigentlich nicht sowol das auftreten der wider-
holung in der literatur, als vielmehr die tatsache, dass sie an
andern orten fehlt. Will man jedoch das zurückdrängen, die
negation der widerholung psychologisch begreifen, so wird man
zuerst fragen müssen: welches sind die positiven gründe ge-
wesen, denen die widerholung der mündlichen rede ihr dasein
verdankt?
Man hat hier zwischen verschiedenen gattungen zu scheiden.
Ueber die widerholung mit weiterführung hat W. Vogt sich im
wesentlichen zutreffend geäussert (s. 55). Es handelt sich um
eine gewisse trägheit und bequemlichkeit: man erledigt erst
die eine Vorstellung, dann die zweite, vielleicht die dritte, man
nimmt nicht alle pakete auf einmal auf, um sie vereint fort-
*) Ein merkwürdiges beispiel dafür gewährt die bugische geschichte
vom könig Indjilai (s. oben s. 517), wo die drei henker des küuigä die nanien
Muhalike, Mukatile und Mutaine führen («. IG).
Beiträge xur geschichte der deutschen spräche. XXX. 37
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BKHA.GHEL
zutragen, sondern man nimmt erst eins und trägt es fort,
dann kommt man zurück und holt ein zweites u.s. w. Es
vemät sich darin eine gewisse Schwerfälligkeit des denkens,
die einer verhältnismässig niedern bildungsstufe angehört.
So kommt es. dass in der mhd. dichtung es hauptsächlich die
älteren kunstloseren denkmäler sind, die belege der erscheinung
bieten, und dass in anderen literarischen quellen die belege
verhältnismässig so selten sind.
Die wörtliche widerholung einer ganzen aussage ist etwas
ganz anderes, ist zumeist ausfluss eines erregungszustandes;
dem einmal vorhandenen reiz ist mit einer einmaligen aus-
lösung nicht genügt; er erfordert weitere betätigung. Ich er-
innere an die bekannte tatsache, dass oft genug, wenn wir
kindern etwas verbieten, doch die verbotene handlung zunächst
noch weiter geht, nicht in folge einer Ungezogenheit, sondern
in einfacher nachwirkung des einmal gegebenen anstosses.
Die psychologen reden da von circulärer reaction, vgl. Groos,
Spiele der menschen s. 41. 474 f. Ueberhaupt ist ja die wider-
holung ein urphänomen der spräche: daher die grosse rolle,
die die reduplication in der Wortbildung, in der flexion spielt;
vgl. Pott, Doppelung, Lemgo 1862, und Wundt, Völkerpsycho-
logie 1.578: Wortbildung durcli lautverdoppelung; merkwürdiger-
weise wissen aber beide gar nichts von der satzwiderholung,
so wenig wie Fr. Schultze, Völkerpsychologie, Berlin 1900. Auch
Laura Bridgman hat gern in reduplicationen gesprochen; vgl
W. Jerusalem, Laura Bridgman2 s. 45.»)
Aus solcher widerholung in der erregung erklärt sich nun
ganz einfach das auftreten der widerholung in der primitiven
dichtung, die ja durchaus ergebnis eines erregungszustandes,
eines spannungszustandes ist.
Das scheint für den artikulierten text der arbeitslieder,2)
die ja auch vielfach die widerholung zeigen, nicht zuzu-
treffen. Hier liegt aber die sache wol folgendennassen. Eine
') Diese tatsache ist mit ein grund, weshalb ich mich der anschauung
von Baldwin und Groos nicht anscbliessen kann, nach der (Groos a. a. o.
8. 474) das akustische resultat der ersten aussage zugleich wider den anreii
für die widerholung abgäbe.
») Demgegenüber überhaupt m. e. die ganze Büchersche ableitung
versagt.
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ZUR TECHNIK DSU M1ID. DICHTUNG.
555
Spannung kann auf doppelte weise ausgelöst werden. Einmal
durch Verstärkung des druckes. Das ist die regel, wenn die
poetische erregung über den menschen kommt, wenn das gefülil
des Zusammenseins mit der masse, wenn religiöse begeisterung
oder erotische regungen ihn treiben. Die Veränderung des
spannungszustandes kann aber auch bestehen in einer Ver-
minderung der hemmung: das ist zum teil der fall bei der
begeisternden Wirkung des alkohols, und sodann, wie ich raeine,
beim arbeitslied: die arbeit ist so fest eingeübt, geschieht so
wenig bewusst, dass die seelische tätigkeit des menschen, die
sonst durch äussere Verrichtungen in anspruch genommen Ist,
frei wird und in anderer richtung wirken kann.
Solche widerholungen der erregung vollziehen sich in
unserer spräche noch heute jeden augenblick, und solche fälle
liegen denn auch in den s. 515 f. gesammelten beispielen wol
ausschliesslich vor. In der mhd. literatur allerdings spielen
sie fast gar keine rolle, abgesehen von jenen wenigen bei-
spielen aus dem Ring Heinrichs von Wittenweiler (s. oben s.448),
denn im allgemeinen herscht eine kühle akademische ruhe
über den reden unserer mhd. dichtung; das gleiche höfische
gewand deckt alle, wie ja überhaupt die verschiedenen reden
nur sehr wenig individuelle prägung zeigen.
Die stärke des innern reizes wirkt auch mit beim Zustande-
kommen der malenden widerholung (oben s. 51G). Ks wird
gewissermassen der gesammtvorgang in kleinere abschnitte,
der stärkere reiz in eine summe von gleichartigen kleineren
zerlegt; vergleichen lässt sich die bezeichnung des langen
vocals durch doppelsetzung des Zeichens für den kurzen vocal.
Auch in einheitlichen formen der spräche selbst kommt es
vor, dass die reduplication die dauer oder die stärke der
handlung andeutet; s. Pott, Doppelung, z. b. s. 299.
Wenn in der mhd. dichtung diese form nicht vertreten
ist, so hängt es wol damit zusammen, dass die ausdrucksweise
noch zu vulgär, noch nicht hoffähig geworden ist.
Auch bei der widerholung, die nicht eine genau wörtliche
ist, spielt zweifellos das bedürfnis eine rolle, einen einmal vor-
handenen reiz voll auszuleben, oder, wie es Herder poetischer
ausdrückt (11,237): 'sobald sich das herz ergiesst, strömt welle
auf welle, das ist parallelismus. Es hat nie ausgeruht, hat
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556
BKHAUHEL
immer etwas neues zu sagen. Sobald die erste welle sanft
verfliesst oder sich mächtig bricht am f eisen, kommt die zweite
welle wider.'
Aber es kommt hier noch etwas anderes hinzu. Wir
haben nach dem aussprechen eines satzes sehr häufig die
emphndung, dass die widergabe nicht genau das geboten habe,
was wir eigentlich sagen wollten. So macht eine widerholung
den versuch, mit anderen Worten der Vorstellung besser bei-
zukommen, und oft ist die widerholung deutlicher, bestimmter,
ausführlicher, enthält mehr glieder als die erste aussage.
Damit stimmt die tatsache, dass in unsern Sammlungen die
rubrik, in deren belegen die zweite aussage mehr bietet als
die erste, eine recht grosse rolle spielt, während das um-
gekehrte, dass die zweite aussage weniger bietet als die erste,
weit seltener oder überhaupt nicht belegt ist.
Mit der erscheinung, dass bei der widerholung gern mehr,
gern deutlicheres, bestimmteres geboten wird, darf man auch
noch eine weitere tatsache in Verbindung bringen: weun die
eine aussage positiv, die andere negativ gehalten ist, so steht
in unseren altdeutschen beispielen die positive fassung 36 mal,
die negative 45 mal, also erheblich öfter, voran. Ein ähn-
liches Verhältnis zeigt sich in den deutschen mundartlichen
texten: die positive aussage 3 mal, die negative 5 mal voraus,
und in den belegen aus der gesprochenen deutschen rede 5 mal
gegen 8 mal. In den beispielen für das gesprochene französisch
steht die positive fassung sogar nur 2 mal vor, aber 12 mal nach.
So hat also die Bleeksche einleituug in das Alte testa-
ment3 zum teil wenigstens das richtige getroffen, wenn s. 83
gesagt wild: 'diese art des parallelisnius erklärt sich aus der
ungekünstelten einfalt und kindlichkeit der hebräischen poesie.
Wer des ausdrucks noch nicht recht mächtig ist, wird leicht
veranlasst, den eben ausgesprochenen gedanken, aus besorgnis
ihn nicht bestimmt und deutlich genug ausgesprochen zu haben,
mit etwas andern worten zu widerholen; und von diesem
streben ist der parallelismus in dieser form ursprünglich wol
ausgegangen, welche dann in der poesie als rhythmische form
offenbar mit bewusstsein festgehalten ist' Nur ist dabei die
bedeutung der poetischen erregung für die widerholung noch
ganz verkannt, und anderseits das auftreten der widerholung
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ZUR TECHNIK DEU MI1D. DICHTUNG,
557
irriger weise auf den beschränkt, der des ausdrucks noch nicht
recht mächtig sei.
Die ausführungen des Bleekschen buches aber haben schon
einen Vorgänger gehabt in der nüchternen äusserung des Herder-
schen Alciphron, die freilich von der überlegenen Weisheit des
Eutyphron-Herder nicht anerkannt wird (Werke 11. 235): 'wer
jede sache zweimal sagen muss, zeigt damit nur, dass er sie
zum ersten mal halb und unvollkommen sagte.'
In dem fall, dass* die zweite aussage ein oder mehrere
glieder weiter bietet als die erste, dürfte freilich auch die
bequemlichkeit, die trägheit eine gewisse rolle spielen: man
trachtet danach, zunächst einmal die tatsache im allgemeinen
festzustellen; nachdem diese anstrengung geleistet ist, wird es
leichter, unter widerholung des bereits erreichten ergänzungen
vorzunehmen. Hierher gehört namentlich die erste serbische
form (s. s. 547) und das seitenstück dazu, das das altaische
bietet (s. 550). Ich bemerke, dass auch in der behandlung
einzelner Satzglieder sich diese weise bemerkbar macht:
Kapper 1, 192 Macht sich auf ein Türklein von Ubdina, Von Ubdina,
jener Mut gen landscltaft. — ebda. 194 Setzt aufs haupt sich einen prächtgen
kalpak, Einen kalpak mit agraffen sieben. — Bulgarische Volksdichtungen
s. 111 Dass ich Sticht dich an mein rösslein binde, An den schweif
des schnellen rössleins. — 125 Blickt herub von ihrem söller, Von dein
schmucken, holten söller. — 130 Schlag' dich gott, du gift'ge schlänge,
Gift'gc schlänge mit drei köpfen. — 209 In der Stadt von Ofen ruft
ein herold. In der Stadt von Ofen auf dem markte. — ebda. Kauft
sogleidi dies rösslein mit sechs flügeln, Mit sechs flügeln und mit goldnen
mahnen.
Verwant damit ist die erscheinung, die ich bei Veldeke
beobachtet habe: z. b. Senat. 2, 2839: in dit eilende neder, in
dit eilende end artnoede, vgl. die einleitung meiner ausgäbe
s. cxxv und die weitern belege in R. M. Meyers artikel über
H. von Veldeke in der Allg. d. biographie.
Schliesslich wird man annehmen dürfen, dass bisweilen
jemand eine widerholung mit bewusstsein vornimmt, eingedenk
des Sprichworts: 'doppelt genäht hält besser', in fällen, wo
man es mit einem publicum zu tun hat, dessen neigung oder
fähigkeit zur aufnähme von erscheinungen oder Wahrheiten
vielleicht nicht über alle zweifei erhaben ist. Das mag bei
ermahnungen an kinder oder bei dem lehrvortrag der predigt
558
BEHAGHEL
zutreffen. Aber sicher tritt dieses bewusste handeln gegen die
andern gründe der widerholung stark zurück.
Mehr unbewusst wirkt das streben, recht eindringlich zu
sein, bei der widerholung, die der beteuerung gewidmet ist.
Natürlich aber ist auch hier die erregung immer stark mit
im spiele, und man kann öfters im zweifei sein, ob eine wider-
holung lediglich der erregung entspringt, oder ob sie der Ver-
sicherung dienen will. Das letztere ist gewis der fall bei
Anzengruber 6, 137: aber a testamcnt war auch da — es war
eins da, dagegen kann die beurteilung zweifelhaft sein, wenn
es s. 144 heisst: ich kann nit. Jakob, ich kan nit.
Man kann also im allgemeinen sagen: je naiver der mensch
spricht, je mehr er sich vom antrieb des augenblicks bestimmen
lässt, je weniger sorgsam der mensch seine aussage vorher
überlegt, desto leichter wird er zu widerholungen veranlasst
weiden. Umgekehrt, je kunstmässiger die rede wird, je mehr
reflektiert, je mehr sie in den bann des schulgerechten deukens
gerät, desto mehr wird die widerholung zurückgedrängt werden.
So möchte ich glauben, dass an dem verschwinden der wider-
holung in unserer neueren literatur das eindringen der neueu
humanistischen bilduiig erheblichen anteil besitzt. Und wenn
die mhd. dichter in dem masse, in dem sie widerholungen zu-
lassen, von einander abweichen, so hängt das zum teil mit
einem verschiedenen grade der künstlerischen Schulung, der
verstandesmässigen erwägung zusammen, daneben natürlich mit
der neigung zu grösserer oder geringerer knappheit des aus-
drucks. Aber es kommt wol noch etwas anderes hinzu. Schon
Firniery hat bemerkt, Notes critiques s. 111: 'Gottfried amplifie
dans les memes cas que Hartmann, c'est-ä-dire dans les discours
et les monologues.' Und von den von mir oben verzeichneten
beispielen der widerholung aus dem Iwein gehören nur fünf
den partien an, in denen der Schriftsteller selbst erzählend
das wort führt, dagegen einundzwanzig der betrachtung des
dicliters oder der rede der von ihm eingeführten personen, ein
Verhältnis, das zweifellos nicht dem allgemeinen Stärkeverhältnis
dieser partien entspricht. Die Ursachen dieser Verteilung liegen
einerseits wol darin, dass bei der schlichten erzählung des
Schriftstellers die erregung eine geringere rolle spielt als bei
den reden seiner personen. Anderseits wird man auch an-
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ZUR TECHNIK DEK MHD. DICHTUNG.
559
nehmen dürfen, dass es leichter ist, tatsachen zu schildern,
als empfindungen und denkvorgängen ausdruck zu verleihen.
Es wird also auch eher gelingen, eine erzählung gleich beim
ersten versuch zutreffend zu gestalten, als eine gefühlsäusse-
rung, eine betrachtung. ») Auch erzählen wir häufig das weiter,
was wir von andern erzählen hörten; es wird uns also die
mühe einigermassen erspart, die das suchen der sprachlichen
form bereitet.
Wenn also etwa das Annolied, der Alexander, Herbort,
der Lanzelet besonders wenig widerholungen aufweisen, so
spiegelt sich darin wol einfach die tatsache wider, dass beide
dichtungen sich hauptsächlich in schlichter erzählung bewegen
und reden oder betrachtungen nur wenig eintritt gestatten.
Aber freilich ist dieser unterschied zwischen erzählenden
abschnitten und partien der rede kein durchgreifender, sind
jene gründe nicht überall gleich wirksam. Auf die 5200 verse
des Rother, aus denen ich 48 belege der widerholung ver-
zeichnet habe, kommen rund 2200 verse der directen rede.
Danach würden, wenn die Variation überall gleichmässig ein-
träte, 28 fälle aus den erzählenden partien und 20 fälle aus
den partien der rede einander gegenüber stehen. Tatsächlich
sind es nur 21 fälle der erzählung und 27 fälle der rede. Die
bevorzugung der rede ist also deutlich, aber freilich viel ge-
ringer als im Iwein.
Gerade beim Anno wäre allerdings noch zu erwägen, ob
nicht etwa der Verfasser stärker unter dem einfluss der lat,
bildung stand als andere unserer altdeutschen dichter. Wenig-
stens zeigt er in dem kurzem räume von noch nicht 900 versen
auch sonst ganz auffallend starke Wirkung der lateinischen
spräche. Ich nenne zwei belege eines nach lat, muster ge-
stalteten prädicativen nomens: Anno 109 Ze Kolne was her
gewihet bischof; 57 Die zua gescephte, die her gescuoph die
hczziste, ferner die merkwürdige participialconstruction 303
Daz Ulixes mit spiezin wol gerach, Duor slafinde imi sin ougc
uz stach. Wenn es 647 heisst: Ni avir diu michil ere Iewiht
') Pas ist vielleicht auch ein grund, warum unsere mundart proben
verhältnismässig wenig belege der widerholung liefern, denn sie sind ja
überwiegend erzählender natur.
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500
BEHAGHKL
wurre sinir selin, So dede imi got also dir goltsmid duot, so
begreift sich das nur als nachbildung eines lat. absichtssatzes,
der mit ne eingeleitet ist Im deutschen ganz unerhört ist
die Wortstellung 341 Cciner sprachin, die zi vridin si gelobit
havitin, und 423 Duo zi Borne her bigondi nahan, die sich nur
erklärt bei jemand, der an die freiheit der lat. Wortstellung
gewöhnt ist.
Man könnte noch an einen andern fremden einfluss bei
diesem oder jenem denkmal denken. Die Exodus war eines
der ersten gedichte, die ich auf unsere erscheinung durchlas:
da schien es mir zulässig, eine ein Wirkung des hebr. paralle-
lismus zu vermuten. Die Wahrnehmung aber, dass gedichte
wie die Genesis, die Exodus, das Rolandslied in bezug auf
unsere erscheinung keineswegs eine Sonderstellung einnehmen,
zwingt uns, eine solche annähme ohne weiteres von der band
zu weisen; sie gestattet nicht einmal, an eine begünstigung
durch das orientalische vorbild zu glauben.
Eine eigentümliche Stellung nimmt jene figur des serb.
liedes ein, in der die zweite aussage einen gedrängten auszug
der ersten darstellt. Dass hier die zweite aussage der Ver-
deutlichung der ersten diene, davon kann natürlich keine rede
sein. Aber auch das nachklingen der erregung kann wenig-
stens nicht die allein ausschlaggebende rolle spielen: denn die
zweite aussage hat überhaupt keiue engere beziehung zur
ersten: wie schon die rhythmische gliederung zeigt, ist sie gar
nicht rückwärts gewallt, sondern vorwärts, gehört eng zu-
sammen mit den folgenden teilen der erzählung. Die saehe
verhält sich wol folgendermassen: das erste mal wird die tat-
sache um ihrer selbst willen ausgesprochen, das zweite mal
um des folgenden willen, als grundlage, als Sprungbrett für die
weitere erzählung, als hintergruud, als folie, als gegenstüek
für weitere tatsachen. Es nähert sich also in ihrer wurzel
diese form jener form der notwendigen widerholung (s. oben
s. 438): 'er tat das. Als er das getan hatte, geschah folgeudes.'
Unter den mhd. beispielen sind einige, die sich mit dieser
serb. weise vergleichen lassen, wie Nib. 74, 4 und H. v. F. 1070
(oben s. 466) und W. Gen. 519 (oben s. 468); ferner gehören
hierher gewisse fälle der wideraufnahme: diejenigen, in denen
die fortsetzung, die auf die zweite der identischen aussagen
Digitized b^tJHB^Lc?
ZUR TECHNIK DER MIID. DICHTUNG.
5G1
folgt, sachlich eine weiterführung der variierten tatsache bildet,
s. s. 481. 485—493. Bezeichnen wir die erste aussage mit a,
die einschaltung mit b, die fortsetzung der widerh ölten aus-
sage mit c, so würde ohne die widerholung die folge der ge-
danken sein: a-b-c; c würde seinen anschluss an a also nur
durch ein überspringen der beziehung über b hinweg gewinnen.
Wird aber a nach b widerholt, so lenkt die rede nach dem
Seitensprung b wider auf den hauptweg ein, der dann die
erörterung weiter leitet: es ist also wie im serb. die wider-
" holung zu einem guten teile dem folgenden zu liebe da.
Natürlich stellt sich eine solche wideraufnahme — auch
da, wo sie nicht der zurücklenkung zur eigentlichen erzählung
dient — um so leichter ein, je enger das band ist, das zwischen
der anschauung a und der anschauung b besteht. So kommt
es, dass unter den fällen der wideraufnahme diejenigen beson-
dere zahlreich sind, in denen der zwischengedanke mit den
umschliessenden aussagen in causaler Verknüpfung steht.
Aber auch ausserhalb des mhd. begegnen fälle, die ver-
wantschaft mit der gedrängten form des serb. zeigen, so im
französischen: vgl. die oben gegebenen beispiele aus dem
Roman d'Eneas 1433 (oben s. 521), aus Chrestiens Erec 535 (s.
oben s. 520). Auch unter den sogenannten doppeltiraden des
altfranz. befinden sich fälle, die als Seitenstücke des in rede
stehenden serb. Verfahrens bezeichnet werden können: 'dass,
nachdem in einer tirade die erörterung bis zu einem gewissen
punkte fortgeführt ist, wo zwar nicht ein hauptabschnitt, wol
aber eine kurze pause schicklich eintritt, die folgende tirade
die fortsetzung bringt, aber erst, nachdem in kürze die läge
der dinge, von welchen die fortsetzung ausgeht, noch einmal
dargestellt worden ist' (Ad. Tobler, Zs. f. völkerpsych. 4, 170).
Ferner neufranzösisch (mündlich):
Je suis desolee ma ch'ere Ivonne de ne pouvoir vous offrir la meme
marque que la derniire fois. [II ma ctc tout a fait impossible de f avoir;
C'est si desagreable! fest unc autre marque, quon dit aussi bonnc, eile ne
Vest pas — — non, non, non, non eile ne Vcst pas; eile est moins doucc.J
Je suis vraiment dcsolee, vous Vaimiez tant, V autre!
Auch einiges andere von dem im vorstehenden aufgeführten
lässt sich als gleichartig mit dem zuletzt erwähnten ansprechen:
Ilias 4,243 (oben s. 523 u.). Radioff 1,21,325. 201,420. 27,100
Digitized by Google
5G2
BEHAGHEL
(oben s. 552). Und schliesslich auch neuhochdeutsches und
deutschmundartliches:
Julius v. Tarent 325,4 (Verdient ich nicht, dass sie mit mir reden?)
Ich kann reden, Prinz, ich kann reden, aber Sie können nicht hören. —
ebda. 335, 32 Da nehmen sie ihr bildnis zurück — [es ist das einzige, kos
mir von unsrcr liebe noch übrig ist — J Nehmen sie, ich darf das bddnis
eines mannes nicht haben. — Ebner-Eschenbach, Westcrnianns monatshefte
94, 47 Ich tue es nicht, trenn ich ihnen sage: teerden sie meine frau — ieh
tue es nicht, es hat sich selbst getan. — Niebergall 135 Lasse se mich geh,
herr Xochtschadde. [Ich wahsz, dass sic's sein mit ihrer Zudringlichkeit! —]
Losse sc mich geh, ich kreisch feier. — Anzengruber, Werke G, 153 Ward
schon drauf kümma, Franzi! kimm schon noch drauf, lass dich vorerst nur
recht anschaun.
Die erscheinungen der widerholung, die ich beleuchtet
habe, sind zweifellos ein stück von dem, was man als epische
breite bezeichnet; für sie gilt also jedenfalls kaum die erklä-
rong der epischen breite, die Scherer, Lit.-gesch. s. 166 ge-
geben hat: 'der gefühlvolle anteil an menschen und dingen
wird die quelle der epischen breite'. Freilich gehört zur
epischen breite noch gar manches andere; sie zeigt sich ins-
besondere in der art, wie ein Vorgang, der eine einheit dar-
stellt, oder doch sich als solche fassen lässt, in eine summe
von einzelvorgängen zerlegt und in all seinen einzelheiten
geschildert wird. Wo wir sagen würden: wenn der herr ein-
schläft, oder: er tearf sich dem leimig zu füssen, heisst es in
Diokletians leben:
314 So unser herre teil slaffcn gan In dem tage ah er pfliget Vnd
nider an das bette geliget Vnd er entslajfet schiere. — 1133 Bacillus ruorte
sin ros basz Und Ute zuo dem palast. Ab stuont er gar snelle zuo hant,
Zuo dem palasz er in gie Und viel nider uf die knie.
In einer franz. gerichtsverhandlung will der angeklagte
dem richter sagen: kümmern sie sich nicht um meine Privat-
angelegenheiten; das wird jedoch in folgenderweise auseinander-
gelegt:
Je me permets de vous rappelcr, que vous parlez au vicomte . . . Vous
n'avez aueun droit de vous meler de mes affaires privees. Je vous le defends.
Uela surpasse les droits de votre fonetion de juge. Je suis pour vous un
simple numero, que vous avez ä juger, mais U vicomte ... im vous connait
pas. Je vous prie de ne plus oublier ceia.
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Z!~£ TECHNIK ZZ2. 1CET-. r-IC'äl^
Aach hi-rr Usztl das T-rfalren Irr ü:^ a=f einer
uranfänirlichen rizri^:lar; irr ^ervLILlta darsuü;2£9-
weäseM-. auch hier iririr wer-lrer m trauren sein: wie is: die
erschein ung anfgek yzjL+z? als: wie in sie allziihlioh zur?. k-
gedrängt worirn?
Doch davon TicIIeidt ein arlrr naL
Nachträge nzi beri : -ez- Eii tri! v;s i:;:s*!: ist da-Iurvh
notwendig geworden, da» t.s ke ies tei:es eire zweite evrrevtur.
auf die ich gtwime nAclpr^frrr*» »^^1 *n litt* mir in (v'.gt eines Ver-
sehens nicht m-^iL_-rn i-:.
8.432 und 514: zu der I:!er*rarl> >:*ht sind folgende ervrterungen
nachzutragen, die l-is auf die erste erst Li h ahschlass meiner alhandlung
erschienen sind: Bruno Baamrarten. Stili-t:^ he Untersuchungen zum deutsch.
Rolandsliede. Halle IS**.*, s. 5>. — Juüz* Wiegand. Stilist, Untersuchungen
zum könig Rother. Breslau 19»~»4. §- 4»«. — J:h. BetLmann, Untersuchungen
üIkt die mhd. dicbtung vom srrafen Rudolf & IS'J. — Fries, Es ist mir «re-
glückt uod gelungen (bei Schiller;. Srcdien zur vcnrl. lit.-gesch. 5. ergänz.-h.
8.311. — F. G. Huhbard . Repetition and Parallrli-m. Pubücatious of the
Mod. Lang. Assoc. of America 20.3»». — S. 435. s. 6 von oben: der titel
der zweiten Schrift von Fritz*<be, die auf der hiesigen bihliothek läugerc
zeit nicht aufzufinden war. lautet: Die widerholungen l>oi Horaz (aus dem
naehlass herausgegeben). — S. 439, tegiun des dritten ahsatzes: vor die
worte 4 in der regel stimmen ' ist ein A. zu setzen, dem das, B. s. 446
entspricht. — 8.430, beginn des vierten absatzes: vor die worte 'gewöhn-
lich liegt die Sache so' ist ein L zu setzen, dem das II. auf s. 445 ent-
spricht. — S.440. z. 23 v.u.: statt Anno 427 1. Anno 429; in der folgenden
zeile lies: Rumiti romitcJu'u hu». — S. 444. z. 19 v.o.: das beispiel W. gast
465 gehört nicht hierher, sondern auf s. 440 an den schluss des ersten ab-
schnitts. — S. 449, z. 6 v. o. : das beispiel Exod. 1275 ist zu tilgen. - S. 44«),
z. 12 v.o.: Rother 6 gehört zu s. 4*11, a. 1, «. — S. 451, z. 18 v.o.: Engelh.
290 gehört zu s.452, dd, X. — S.455, z. 12 v.u.: W.Gen. 1078 gehört auf
') Das gleiche gilt m. e. von einer erseheinung, für die Bolte neuer-
dings beispiele gesammelt hat (Deutsche lit.-zeit. Iit04, sp. 1125 und Herrigs
Archiv 112, 2(55), von jener eigentümlichen redefignr, die in der ind. poetik
als yathasainkhya bezeichnet wird, wo eine reihe von verben mit einer
reihe von snbjecten oder objeeten in Verbindung gebracht wird, während
tatsächlich jedes der verben nur zu einem subject oder objeet beeng hat,
also z. b. Die karossen, die nachiwächtcr, die trommeln, das hart nicht auf
zu rasseln, zu schreien, zu wirbeln, oder Waither 9, 68 Da ich gehörte und
gesach, swaz ieman tet, swa: ieman sprach. Derartiges ist in naiver rede
ganz geläufig; so wurde mir dieser tage erzählt: Wir bekamen da einen
ausgezeichneten kucJien und einen köstlichen kajfee, davon haben wir tüchtig
gegessen und getrunken.
564 BEHAGHEL, Z. TECHN. D. MHÜ. DICIIT. — IIOFFM ANN-KRAYER.
die folgende Reite, zu cc, X. — S. 4f>7. z-4: Exod. 1279 gehört auf ? .453.
nach zeile 4. — S. 472, z.6 v. o.: Piukl. 223 gehört auf die vorhergebende
seite, zu cc, K. — S. 478, z.8 v.u.: tilge Kehr. 10804. — S.491,z. 13 v.o.:
tilge Ms. F. Gl, 9. — S. 503 ff.: hei den zahlen der tabelle sind die im vor-
stehenden bezeichneten abiiudcningen bereits berücksichtigt. — S. 518, z. 10
v. o. : das beispiel 293, 227 gehört doch wol zur erregungswiderholung. —
S. 52^, z. G v. o. streiche das beispiel ans Gerstäcker. - - S. 530, z. 1 v. u.
streiche Rosegger 374. — 8.543, z. 1 v.o.: das beispiel Suivez ff. gehört
zu s. 542, A I a. — ebda. z. 3 v. o.: das beispiel Dans la littcraturc gehört
zu s. 542, A I b 1.
GIESSEN. 0. BEHAGHEL.
ZWEI COXJECTUREN ZU WALTHER.
34, 2S. K daz was ir lere bi den werken reine haben
beide hss., A und C. E daz ist von den erklärern mit recht
beanstandet worden. Pfeiffer conjiciert etwas gewalttätig
tdes dö was. Viel einfacher und natürlicher wäre e daz was,
was ir lere In dm werken reine.
TS, 21. Die dort den borgen dingen ist schon mehrfach
besprochen, aber noch nicht genügend erklärt worden. Ich
möchte dingen in der bedeutung 'mit Zuversicht erwarten,
hoffen' fassen, borge im sinne von 'bürge, Sicherheit leistender'.
Wenn der acc. wegen mangelnder analogica Schwierigkeiten
macht. Hesse sich statt den des einsetzen. Der sinn wäre
dann: 'die dort auf ihren bürgen (Christus) harren'.
BASEL, märz 1005. E. HOFFMANN-KRAYER.
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ALTHOCHDEUTSCHES
L Irmindeot
In dem von Herzberg-Fränkel in den Mon. germ. necrolog.
2, 1890—1904 herausgegebenen Salzburger verbrüderungsbuch
sind von einer band des 9. jh.'s ein dutzend namen eingeschrieben
worden: 9, 15, 18 Uuetti, Paldric, 19 Mülheim, Somrih, 17, 15
Pemhart, 18,8 Utteidheri, 9 SatoU, 10 Lantrat, 11 Irmindeot,
19, 1 Arnolt pbr, 2 Jacob, 3 Engiipirin, 4 Deotpurc; dazu
kommt vielleicht noch 14, 8 2 Engilfrid ep. s. die ausgäbe s. 4.
Dass der Schreiber ein Baier war, geht aus dem sprachlichen
Charakter der namen, die er eintrug, und aus der art der
anläge des Verbrüderungsbuches hervor. Er war mutmasslich
in der ersten hälfte des 9. jh.'s an der hs. tätig; man vergleiche
das ö in Sömrih und die form deot in Deotpurc; nach 850
hätte man mit Wahrscheinlichkeit Suomrth zu erwarten, vor
800 Thcot oder Teot.
Irmindeot wäre als name nur hier sicher belegt; Förste-
mann führt im Namenbuch 1 2, 483 ausser dieser form auch
einen beleg aus einer Fuldaer Urkunde von 792 an: Irmin-
teotes (gen.) Dronke no. 103, bei Schannat laute aber der name
Irminteos. Er ist ohne zweifei derselbe zeuge, der 791 Irmin-
theo (Dronke no. 99) genannt wird, das erweist ein vergleich
beider Urkunden, die beide nach Kossinna, Ueber d. ält. hfrk.
sprachdenkm. s. 9 nicht voll verlässlich sind. Aber auch sonst
stünde der name Irmindeot vereinzelt da, weil namenbildungen
mit deot als zweitem gliede vollständig fehlen; die einzige bei
Förstemann ausserdem angeführte form Verdeot des Salzburger
vb. 93, 9, welche die ausgäbe s. 745 ins 9. jh. setzt, ist offenbar
verderbt und kann keinen nachweis von namen mit -deot als
zweitem teile bilden.1)
l) Anders, aber nicht überzeugend, Socin, Mbd. nb. s. 221.
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566
SCHATZ
So darf man sicher annehmen, dass hier das im ahd. nicht
belegte wort irmindcot des Hildebrandsliedes vorliegt, über das
zuletzt W. Braune in diesen Beitr. 21, 2 f. gehandelt hat Die
erklärung dafür, wie dies wort unter die namen des vb. kommt,
scheint mir einfach: der Schreiber wollte nebst den personen,
deren namen er verzeichnete, auch die gesammte menschheit,
das ist irmindcot, ins gebet für die Salzburger verbrüderten
eingeschlossen wissen; man vergleiche die kurzen gebete in
der hs. s. 6, 1, 19 memorare digneris dominc famulos et famulas
quique sc nobis sacris orationibus vel confessionibvs commcn-
darunt ... s. 42, 103, 35 dignare dominc in memoriam sempi-
ternam commemorare et refrigerare animabus quas... migrart
iussisti und besonders die eintragung s. 44 nomina fralrum de
Svarzaha, wo es nach der auf Zählung der 57 namen heisst:
o m n tu m in im icoru m.
Dass irmindeot im 9. jh. auf bairischem boden noch lebendig
war, erscheint mir demnach erwiesen.
2. Adalporo.
Die Salzburger Arnonischen güterverzeichnisse, bekannt
unter der bezeichnung Tndiculus oder Notitia Arnonis, die jetzt
von W. Hauthaler neu herausgegeben worden sind enthalten
7, 6 Tradidit ipsc dux (der bairische herzog Theodbertus, wie
4, 2 ausweist , der am anfang des 8. jh.'s lebte, Riezler, Ge-
schichte Baierns 1, 79) in ipso pago in toco, qui vocatur Hai,
ad sal coquendum fornaecs Villi, tres sunt vestitas et VI apsas;
et hoc decrevit censum dare unusquisque homo, qui in Hai ha-
bitaret, quod barbarice dicitur adalporo, tarn hii qui in
Nana et Mona manerent, quam et Uli qui in ipsas Salinas
manermt, a medio mense madio usque ad festum saneti Martini
omni ebdomata in feria VI modium de sale dari deberent, ex-
eepto quatuor manentes. Das sonst unbelegte wort adalporo
kann hier nur die deutsche bezeichnung für census sein, also
ursprünglich die zum erbgut gehörende abgäbe; poro ist als
masculinum zu fassen wie ahd. klobo, slito u. ä., vgl. Wilmanns.
Gramm. 22, § 152; der bedeutung nach gehört es zu ahd. ga-
burien, nhd. gebühren. Weder in Schindlers Bair. wb. noch in
») Programm des Borromtiums in Salzburg 1898 = Salzlmrger Urkunden-
buch l.heft.
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ALTHOCHDEUTSCHES.
567
Heinzens ausgäbe des Indiculus Amonis (München 1869) findet
sich adalporo erörtert
3. Hanl
Dass zumal die ahd. Überlieferung altbairischer eigennamen
deren lautfonn sicher bestimmen lässt, geht aus den erörterungen
über namen des Salzburger Verbrüderungsbuches (Zs.fda.43, 1 ff.)
hervor; wie nun in namen wie ahd. Arindrttd, Madalhaid, Kacr-
lind das d auf vorahd. ]> zurückgeht, so ist auch bei hard 'wald'
die form mit -rd die ursprüngliche, nicht hart, wie spätahd.
belege auftreten und nach ihnen unsere Wörterbücher ansetzen
(nur M. Heyne hat im DWb. 4, 509 ahd. hart und hard). Das
erweisen urkundliche namen: aus Meichelbecks Hist. Frising.
no. 123 v. j. 806 Iiichhart tradidit ... in loco qui dicitur Stein-
hardt no. 379 v. j. 819 ad Steinhardt so auch no. 570. no. 821;
ferner no. 313 v. j. 814 tu loco naneupato Otmarcshard; no. 361
v.j.818 in loco nuncupante Otmarcshard; no.297 v. j. 814 Harad-
husun; no.667 v. j. 849 ad Hardhuson; no. 838 nach 850 ad Hard*
husun; aus den Monseer Urkunden no. 105 v. j. 819 in loco qui
dicitur ad Purhchard (Ilg, Zs.fda.46,297); bei Kauffmann, Gesch.
d. schwäb. ma. s. 213 v. j. 882 Hardhusa; Mon. boica 28, 2, no.90
v. j. 887 Fazouahard. Formen mit d im inlaut Hardc, Hardts,
Hardi, Harden im Urkundeubuch von Oberösterreich 1852 ff.
1,136. 144. 782. 2,742. Gegen diese verlässlichen nachweise
können spätahd. Schreibungen mit t keinen beweis abgeben,
dass hart und nicht hard die normale form sei (Braune, Ahd.
gr.i § 167, 6 und Zs. fda. 43, 25). In den Ahd. glossen finde ich
das wort nur 1, 605, 66 aus Clm. 18140 lucus : hart l loch (das
t undeutlich); Clin. 19440 hat hier hdrc. Vergleiche dagegen
bei Graff 4, 1026 aus einer Urkunde von 995 lucum quem vul-
gares hard nominant; die verschiedenen belege bei Schmeller
1, 1169 lassen deutlich die form hard erkenuen. Ich führe
noch als sichern beleg für d aus den gedichten Oswalds von
Wolkenstein 10, 10 an in dem hard, wo die drei hss. sicher rt
hätten, wenn es der spräche gemäss vorhanden gewesen wäre;
in Tirol ist das wort jetzt nicht mehr lebendig; was Schöpf
an der von Heyne a.a.O. angezogenen stelle anführt, bezieht
sich auf den beleg beim Wolkensteiner; im Tiroler idiotikon
s. 245 ist auch nur dieser verwertet.
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568 SCHATZ, ALTHOCHDEUTSCHES.
4. Gaskciti.
Der beleg abhinc ad uerticem (gcskeite) tnontis im Urkunden-
buch von Oberösterreich 1,607, no. 32 um 1140 (= Mon. boica
4, 22, do. 14) lässt es zweifelhaft, ob diese Verdeutschung", die,
soweit ich sehe, unbeachtet geblieben ist, ein ahd. collectiv
gaskcit oder gaskciti*) voraussetzt; denn gcskeite kann auch
dativ im sinne einer deutschen satzbildung mit zc sein. Wahr-
scheinlich aber liegt hier der nom. acc. eines ja-neutrums vor;
in der gleichen Urkunde ist in einer Verdeutschung der acc.
verwendet: ad giganteam viam (antisken uck).*) Der abstam-
inung nach gehört das wort eng zu ahd. sceitüa (vcrtcx) und
bedeutet das gleiche wie nhd. 'scheitel des beiges'; mit nihd.
gescheit, oder gescheide, mit dem es stammverwaut ist, dürfte
es nicht vereinigt werden.
») Wilmanns, D. gramm. 2a, § 100. 189 f.
») Schindler l 103.
INNSBRUCK, 2. fe.br. 1905. J. SCHATZ.
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ZU BEITRÄGE 30, 334.
In dem bestreben, parallelen zu einer mnl. gebrauchsweise
von licver zu finden, ist J. Franck geneigt, in verschiedenen
fällen ein adv. anzunehmen, wo ich in meiner Mhd. grammatik
ein adj. angesetzt habe. Ich glaube mit unrecht. Zweifellos
ist zunächst die auffassung in fällen wie ez ist in scrc guot
gelesen Tristan 172. Hier kann guot nur adj., also prädicat,
und gelesen prädicatives attribut sein. Andere beispiele mit
guot bei Grimm. Ebenso sind die mit bezzer aus dem älteren
mhd. zweifellos. Demgegenüber führt Grimm allerdings auch
zwei beispiele mit baz in ähnlichem sinne an (daz ist baz
verhorn und ez ist ein sehedel baz verhorn), aber, was Franck
gegenüber hervorgehoben werden muss, ohne dativ. Sonstige
analoge fälle, in denen wir genötigt wären, neben dem pari
perf. das adv. anzunehmen, sind mir nicht bekannt. Franck
meint allerdings, dass diese auffassung ebenso möglich wäre
Gregor G86 si sprächen, ditz scluvne Jcindelin daz weere schede-
lich verlorn, und er beruft sich darauf, dass die hs. J sched-
lichcn habe. Dagegen möchte ich bemerken, dass man, wenn
schedelich präd. wäre, den satz wol als angäbe einer voll-
zogenen tatsache fassen müsste, was nicht angeht. Meine
auffassung für alle diese fälle wird dadurch bestätigt, dass
auch sätze vorkommen, in denen das präd. ein subst, ist (daz
ist tu ere getan 'das ist für euch eine ehre als etwas getanes',
d.h. 'wenn ihr es tut') oder ein verbum (waz touc diu rede gc-
lenget?).
AVenn nun partieipia so als prädicatives attribut gebraucht
werden können, werden wir den nämlichen gebrauch auch bei
andern adjectiven erwarten dürfen. Ein sicheres beispiel ist
Tristan 1004 so weere er maneges bezzer tot (vgl. Franck 343 '),
weil bezzer nicht adv. sein kann. Nun ist aber gar nicht ein-
Beiträge zur geschickt« der deutschen spräche. XXX. 38
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570
ZU BEITR, 30, 334-
zusehen, warum wir an der ganz analogen stelle, von der
Franck ausgeht, A. Heinrich 755 (daz ich tu lieber wcere tot)
die construction anders auffassen sollen. Der tadel gegen
Wackernagel, der bemerkt 'wenn ich tot wäre', ist unberech-
tigt. Auch an der stelle, von der Franck s. 338 1 spricht,
Freid. 15G, 12 (in ist ein heiden lieber bi dan zteene kristen
oder dri) ist lieber nicht adv., sondern adj. und präd., dagegen
fungiert bi als prädicatives attribut, und in gehört nicht zu
bi, wie Franck meint, sondern zu lieber. Diese auffassung
wird bestätigt durch die von mir in der Mhd. gramm. an-
geführte und auch von Franck erwähnte stelle MF. 128,37
der ist leider su cere bi (die hs. C hat steere, nicht etwa swäre),
zu der ich noch eine vollkommen analoge hinzufügen kann,
Liecht. 443, 27 mirst der spiegcl su cere bi. Wenn endlich
Franck (s. 343) bemerkt, dass die fügung mit dem adv. liebe
an sich keinem zweifei unterliege, so muss ich erwidern, dass
mir ist liebe nur unpersönlich gebraucht wird, also in analogie
zu mir ist wol, wc steht, die auch in der heutigen spräche
üblich sind. Aus dem mhd. lassen sich keine belege beibringen,
die zu dem von Franck angezogenen gebrauch von mnl. liever
vollkommen stimmten.
MÜNCHEN, april 1905. H. PAUL.
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ZU SALMAN UND MOROLF.
Von dem Spielmannsgedichte Salman und Morolf waren
bisher nur zwei handschriften bekannt, die ehemals in Eschen-
burgs besitz befindliche, jetzt verschollene (E) und eine in
der kgl. privatbibliothek zu Stuttgart (S) (eine im jähre 1870
verbrannte Strassburger hs. ist nie wissenschaftlich verwertet
worden). Hierzu gesellt sich jetzt eine dritte, die kürzlich
von der kgl. off. bibliothek zu Dresden erworben worden ist
(Mscr. R 52 um, 4), von der aber leider nur eine anzahl nicht
zusammenhängender bruchstücke vorliegen, die anscheinend
aus einem bucheinband abgelöst sind. Dieses Dresdener mscr.
ist von einer der mitte des 15. jh.'s angehörenden band sauber
auf papier geschrieben und enthält auf 12 blättchen folgende
(am Schlüsse der verse häufig durch zerschneiden verstüm-
melte) teile des gedichtes: v. 218, 3 — 220, 4. 228,4 — 229,3.
236,2 — 238,4. 249,5 — 252,1. 272,1—5. 312,1 — 314,3. 328,
1—7. 340,1—5. 384,2—385,2. 393,5— 394a, 1; ferner nur ein-
zelne worte aus v. 243, 2 — 245, 2. 400, 1 — 401, 3. ') Jeder
vers beginnt mit einem rot durchstrichenen buchstaben. Dass
auch hier wie in den anderen hss. und im Strassburger drucke
von 1499 bilder sich befanden, ergibt sich aus drei noch teil-
weise erhaltenen rubriken: auf der rückseite des ersten blätt-
chens, das v. 218, 3 — 220, 4 enthält: ... wise mit der kunigin
Salome ... reit (zu ergänzen: Als Morolft' in bilgemis wise
mit der kunigin Salome spielte in dem schoffczabclbrett, vgl.
v. d. Hagen, Deutsche gedieht e des mittelalters 1, Salomon und
Morolf s. 72 zu v. 1168); auf der rückseite von bl. 4, enthal-
tend v. 249, 5 — 252,1: ... ie iuden hut abe vor der kunigin
. .. nnen (vgl. v. d. Hagen 1, 73 zu v. 1377: Hie stot Morolff
by der kiingin vor dem schock zabel hret vnd zoch die luden
hiit abe vnd gab sich der kiingin zu erkennen), und nach
v. 328, 7: Also kunig Vore einen siner ... sin frotve vnd in
der cappel ... (= v. d. Hagen zu v. 1736?). Doch ist von den
») Die verszählung nach der ausgäbe Friedrich Vogts, Die deutscheu
dichtungen von Salomou und Markolf bd. 1 (Halle 1880).
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572
SCHMIDT
bildern selbst keine spur mehr vorhanden. Die fassung des
Dresdener textes steht der des drackes am nächsten; ein
directes abhängigkeitsverhältnis zwischen beiden besteht jedoch
nicht; vielmehr ist die erstere mittelbar oder unmittelbar aus
der dem drucke und der Stuttgarter hs. zu gründe liegenden
gemeinsamen quelle (von Vogt s. x mit Y bezeichnet) ge-
flossen. Ich gebe nun im folgenden eine collation des Dres-
dener textes mit der ausgäbe Vogts.
v. 2 IS, 3 wol üf eilender] Sit sprach icoluff du eil . . . — 4 ril wonder-
baldej schnelle vtid baldc. — 5 frouwenj frotecn. — 219, 1 Von] Oder; bist
du/ hisiu. — 2 her] edelr. — 3 fremde] fromde. — 4 höret J horte; frouwej
fron e. — 5 si enmag dir: lenger nitj sü teil dir es nit lenger. — 220,1
sprach derj sprach Morolff der. — 3 läz mich rxtn bitz tnomj nü losse
mich rügen bitz morne. — 4 fruutce gerne fremde] froxce gerne fromde. —
22^,4 nü züchj sü sprach nü züch. — 5 kanst] könnest. — 229, 1 — 4 Er
sprach froice schöne küui[gin] \ was setzesttt an das houbet min | drissig
Marth goldes soitu zu w ... — 23(5,2 DU iungfroice gm uff das b ...
— 3 nü züch] sü sprach nü züch. — 237, 1 Nü züche du stoltzer degen
gut. — 2 valschc] valschcn. — 3 als] also. — 4 obe] ob. — 5 teil] icolte.
23H, 1 im] in. — 2 Morolfj Morolff (und sonst); hüten] gehieten. — 3 Uezj
lies. — 250, 1 Mit} M grosser roter anfangsbuebstabe; — freuden] froiden;
obe] ab; bretej brette. - 2 schou e die] horte der. — 3 bit sie] bitz sü;
schtchzabelsteinej schoffczabelstein. — 4 da mit] do mitte; dazj das. —
5. 6 Er gewänne eines lotcen mute \ ffur der künigin hette er kurtzeicil.
251, i Kr sprach froice ist dir das spiel. — 2 het nü der eilende n. 8. w.
— 3 Morolff hüp rff vnd sang sin st ... — 4 da] do. — 5 freudej froide;
harte] hart. — 252,1 baz] bas; dan] danne. — 272,1 Er sprach nü
müsse got miner n.s.w. — 2 nach dir der] nocJt dir Solomon. — 3 der
dich so ungerne verloren. — 4. 5 müfs er mich nü ouch verlieren | so mag
gm niemer werden r ... — 312, 1 ez] es. — 2 sü drunckent rast nid
vielcnt. — 5 er gm sin houbet abe ... — 313, 1 Er sprach das soltit . . .
boiten. — 4 bi dem har] bg dem höre. — 5 sie] sü; zwelfften] zwölfften.
314, 1 gevilde] gewilde. — 3 da: tal] das tal. — 328, 3 sneit] schneide. —
4 scharsas] schar (?) sach. — 328,5 im] dem kunifge]. — 6 wis ein] bistu.
:*4G, 1 Morolff der Iis ... — 3 Was wiltu enbietten künig. — 4 faren gon
Iherus . . . — 5 daz laz] das losse. — 384, 2. 3 Solomon lieber bruder ... I
disen stgg den soitu rff gatu — 5 das duncket mich reht (!) vnd ... —
385, 1 dar in] drin; wagen] wegen. — 2 so gesiehestu Salome din vil
wunderschönes ... — 394, 1 Solomon sprach wise ... — 2 Morolff teari
der reden geha ... — 3 er spraclt war hastu din sgnn. — 5 da von] den
wechtern. — 394 a, 1 helten] hedden. — 400,3 der meide] der meigede. —
6 her in die heidenschafft gegan.
DRESDEN.
LUDWIG SCHMIDT.
Druck von Ehrhardt Karras, Halle a. 8.
■
Digitized by OooBle
Verlag von Max Niemeyer in Halle a. d. S.
Hermaea. Ausgewählte Arbeiten aus dem germanischen Seminar iö
Halle herausgegeben von Philipp Straneh. gr. 8.
1. Freitag, Otto, Die sogenannte Chronik von Weihenstephan. Ein
Beitrag znr Karlssage. 1H05. .Ji 5,—
2. Zuc Ii hold, Hans, Des Nikolaus von Landau Sermone als Quelle
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